DIE MARIANISCHEN DOGMEN

          

   
   




 


 

 

  

 

Die Dogmen der kath. Kirche über die Gottesmutter Maria
 
Als mariologische Dogmen gelten heute folgende vier:
1. die Gottesmutterschaft;
2. die immerwährende Jungfräulichkeit;
3. die „unbefleckte“ Empfängnis;
4. die leibliche Aufnahme in den Himmel.
 
Die beiden ersten, die altkirchlichen Dogmen, beziehen sich auf Jesus Christus und sind allgemeiner Lehrbestand der Christenheit, das 3. und 4., die neuzeitlichen, die sich auf Beginn und Ende des Lebens von Maria selbst beziehen, sind Eigen- und Sondergut der römisch - katholischen Glaubensgemeinschaft.

 

 
Gottesgebärerin (Theotokos), Gottesmutter
                               MARIA IST IMMERWÄHRENDE JUNGFRAU
MARIA WURDE OHNE MAKEL DER ERBSÜNDE EMPFANGEN
MARIA WURDE MIT LEIB UND SEELE IN DEN HIMMEL AUFGENOMMEN
 

1. Lehrsatz:

Gottesgebärerin (Theotokos), Gottesmutter

Im Jahr 431 formulierte das Konzil von Ephesus (gegen Nestorius): „Wer nicht bekennt, dass der Emmanuel in Wahrheit Gott und die Heilige Jungfrau deshalb Gottesgebärerin (theotokos) ist, weil sie das fleischgewordene aus Gott entstammte Wort dem Fleische nach geboren hat, der sei ausgeschlossen.“ Diese Aussage wird vom Konzil von Chalcedon (451) bestätigt.  „Theotokos“ heißt: Maria ist Gottes Gebärerin, weil der Mensch, den sie aus ihrem Schoß entlässt, Gott ist und Gott auch dann bleibt, als er menschliche Natur annimmt, und Maria ist Gottes Gebärerin, weil sie in einem menschlichen Geburtsakt dem Menschen das Leben geschenkt hat, der der göttliche Logos, die zweite göttliche Person ist. 
In den östlichen Kirchen ist die Anrede Marias als „Gottesgebärerin“ (griech. Θεοτόκος Theotókos, lat. Dei Genitrix) bis heute geübte Praxis, im Westen hat sich die Rede von der „Gottesmutterschaft“ Marias durchgesetzt.

top

 2. Lehrsatz: 

"MARIA IST IMMERWÄHRENDE JUNGFRAU"

Die Bezeugung des Glaubenssatzes in der Überlieferung der Kirche
Die Aussagen des Lehramts der Kirche
 Die Christusbezogenheit des Glaubenssatzes
Die Problematik des Glaubenssatzes und heutige Zweifel
Argumente für die Jungfrauenlehre der Kirche
Die Bedeutung des Glaubenssatzes

Die sechzehnte Erscheinung in Lourdes

"Von innerer Gewalt gedrängt stand Bernadette schon früh auf, besuchte die hl. Messe und eilte zur Grotte. Früher erschien die Dame immer erst nach andächtigem Gebete. Dieses Mal hatte sie gleichsam auf Bernadette gewartet und lächelt. Überwältigt von dieser Freundlichkeit, fragt das Kind inständig: 'Madame, haben Sie die Güte und sagen Sie mir, wer Sie sind.' Auf die dritte Anfrage hin faltet die Dame ihre Hände und antwortet im Dialekt von Lourdes: "Qué soy éra Immaculada Councepciou". - Ich bin die Unbefleckte Empfängnis. Und ein drittes Mal bittet sie: "Ich wünsche eine Kapelle hier." So lesen wir im Bericht über die Erscheinungen.

Von hier ausgehend möchte ich von einem fundierten dogmatischen Hintergrund her das erste marianische Dogma der röm.- kath. Kirche beleuchten. Dies, wie erwähnt, da gerade in unseren Tagen die Dogmen unserer Kirche und insbesondere die Lehraussagen über Maria ins heftige Kreuzfeuer der Leugnung, Preisgabe und Verzerrung gelangt sind. Mit diesem Hinweis auf die Rolle Mariens im christlichen Glauben soll ein solides Glaubens- und Kenntnisfundament angeboten sowie die Liebe und Hingabe an Maria gefördert werden.

Die Bezeugung des Glaubenssatzes in der Überlieferung der Kirche

Seit dem 4. Jahrhundert glaubt die Kirche ausdrücklich als Tatsache, das heißt in geschriebener Form, daß Maria immerwährende Jungfrau ist. Diese Überzeugung schließt drei verschiedene Glaubensinhalte ein.

1. Die Jungfrauschaft Marias bis zur Empfängnis Jesu. Dies besagt, daß die Menschwerdung Jesu nicht auf menschliche Zeugung, sondern auf ein Tätigwerden des Schöpfergottes zurückzuführen ist.

2. Die Jungfräulichkeit in der Geburt Jesu. Der eigentliche Geburtsvorgang ist in außerordentlicher, die natürliche, biologische Unversehrtheit der Mutter nicht berührender Weise vor sich gegangen.

3. Die lebenslange Jungfräulichkeit Marias, das heißt, Maria ist auch nach der Geburt Jesu Jungfrau geblieben.

Der biblische Hintergrund dieser drei Momente ist unterschiedlich. Die Kindheitsgeschichten bei Matthäus und Lukas setzen die erste und die dritte Aussage eindeutig und klar voraus. Das zweite Moment bleibt überhaupt außerhalb der neutestamentlichen Aufmerksamkeit, da es, nach der überzeugten Darlegung des ersten Moments überhaupt keinen Zweifel gibt, dies bekräftigen zu müssen. Ferner ist die immerwährende Jungfrauschaft der Muttergottes von den Anfängen an Gegenstand ungezählter Verlautbarungen der Kirche, auch solcher feierlicher Natur. Für den Theologen kann es keinen Zweifel geben, daß auch in dieser Lehre ein Offenbarungselement ausgedrückt wird: er muß sie als de fide d.h. zum Glaubensgut unzertrennbar gehörend, zum Glauben verpflichtend, bezeichnen.

Die Aussagen des Lehramts der Kirche

Die jungfräuliche Empfängnis wird in den frühchristlichen Glaubensbekenntnissen in dem Moment schriftlich bezeugt, als sich das ursprünglich an Gott dem Schöpfer orientierte Bekenntnis um die Aussage von der Menschwerdung des Sohnes Gottes erweitert. Jesus wird dort als der vom Heiligen Geist und aus der Jungfrau Maria Geborene bezeichnet. Spätestens seit dem Beginn des 3. Jhs gehört diese Aussage zum Bestand der in der Liturgie gebräuchlichen Bekenntnisgebete. Sie wird dann auch von den konziliaren Glaubensbekenntnissen des 4. und 5. Jhs. übernommen. So erklärt das Konzil von Konstantinopel (381): "Für uns Menschen und um unseres Heiles willen ist er vom Himmel herabgestiegen. Er hat Fleisch angenommen durch den Hl. Geist aus Maria, der Jungfrau, und ist Mensch geworden." (Großes Glaubensbekenntnis der Messe).

Seitdem verschwindet dieses Bekenntnis nicht mehr aus dem Lehrgut der Kirche. Gegebenenfalls wird es lebhaft gegen Irrlehren verteidigt, was aus den Schriften katholischer Theologen in großer Regelmäßigkeit hervorleuchtet.

Die jungfräuliche Geburt ist eine Lehraussage, die sich seit dem 3. Jh. langsam in der Kirche ausbreitet. Als ersten deutlichen kirchenamtlichen Text muß hier ein Passus, von italienischen und afrikanischen Bischöfen der Lokalsynode im Lateran (649) vorgelegt, Erwähnung finden. Sein Hauptthema galt der Bekämpfung der Irrlehre des Monotheletismus. Indem sie sich gegen diese Irrlehre wenden, beschreiben sie vier Merkmale Marias:

"Wer nicht mit den heiligen Vätern im eigentlichen und wahren Sinne die heilige und immer jungfräuliche und unbefleckte (1) Maria als Gottesgebärerin bekennt, da sie eigentlich und wahrhaft das göttliche Wort selbst, das vom Vater vor aller Zeit gezeugte, in den letzten Zeiten, ohne Samen, vom Heiligen Geist empfangen (2) und unversehrt geboren (3) hat, indem unverletzt blieb ihre Jungfrauschaft auch nach der Geburt (4): der sei verurteilt."

Die lebenslange Jungfräulichkeit der Gottesmutter hat die Kirche seit alters festgehalten, auch wenn der eine oder andere Kirchenvater vor dem 4. Jahrhundert die gegenteilige Überzeugung nicht für glaubenswidrig hielt. Jedoch schon seit dem 4. Jh. nimmt diese Überzeugung im Ausdruck "semper virgo", d.h. immerwährende Jungfrauschaft, Gestalt an. Das 2. Konzil von Konstantinopel (553) verwendet ihn schon wie selbstverständlich in seinen Lehrdokumenten.

Die Christusbezogenheit des Glaubenssatzes

Die glaubensinhaltliche Eröffnung der kirchlichen Lehre über Maria muß davon ausgehen, daß die drei erwähnten Momente der Jungfräulichkeit nicht unmittelbar Maria, sondern der Absicherung des christologischen Dogmas: "Gott ist Mensch" dienen. Der zweite Artikel des Credo: "Und an Jesus Christus seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn" ist ein Christusbekenntnis. Offensichtlich aber konnten und wollten die alten Kirchenväter im Kontext der gegenwärtigen Erlösung die Geburt Jesu nicht erwähnen, ohne auf die Jungfrauenempfängnis zu sprechen zu kommen. Schon der Völkerapostel Paulus hat die Erkenntnis, daß der am Ostersonntag glorreich von den Toten Erstandene der Sohn Gottes war, bis an den Anfang des Lebens Jesu verlängert (Gal 4,4). Matthäus und Lukas greifen das bei ihm nur andeutungsweise Gesagte in den Einleitungen ihrer Evangelien auf in der Erzählung von der Geburt aus der Jungfrau. Die lehramtlichen Aussagen über Maria sind also ganz vom Osterereignis her und ganz christuszentriert zu verstehen. Erst sekundär dienen sie auch der Umschreibung der Bedeutung und der Persönlichkeit Marias, die diese in der Heilsgeschichte hat. Der gleiche Grund erklärt auch, weshalb die jungfräuliche Empfängnis erst spät in den Horizont der neutestamentlichen Schriften in Erscheinung tritt: das Nachdenken über Ostern führt allmählich zu den konkreten Aussagen über Maria. Weil die Mutter Christi heilsgeschichtliche Bedeutung hat, besagt der tiefere Inhalt dieser Lehre dann auch etwas über die anthropologische und religiöse Bedeutung der auf die sexuelle Selbstverwirklichung im anderen Geschlecht verzichtenden Existenz. Sie wird durch die Sätze von der geburtlichen und lebenslangen Jungfrauschaft der Mutter Jesu geklärt und vertieft. Diese haben also ihren Sinn in einer sich an Maria orientierenden christlichen Sicht des menschlichen Wesens.

Die Problematik des Glaubenssatzes und heutige Zweifel

Man kann nicht sagen, daß die immerwährende Jungfräulichkeit Mariens in der Kirche fraglos gewesen sei; gerade in den ersten Jahrhunderten der Geschichte der Mariologie gab es nicht unerhebliche Irritationen. Dennoch ist spätestens seit der Mitte des ersten Jahrtausends aufs ganze gesehen die Lehre innerhalb der gesamten Christenheit unangefochten. Sie bleibt es auch über die Glaubensspaltungen des 11. und des 16. Jhs. Erst in der Neuzeit gerät sie unter Kritik. Diese setzt an verschiedenen Punkten an.

a) Vom naturwissenschaftlich-biologischen Denken her schien es unmöglich, daß menschliches Leben anders denn durch sexuelle Zeugung entstehen könne. Zudem sind wir in unserem wissenschaftsgläubigen Jahrhundert daran gewöhnt, als streng wissenschaftlich nur das zu akzeptieren, was im Labor bzw. in der Praxis unter denselben Voraussetzungen jederzeit nachvollziehbar oder multiplizierbar ist. Jungfrauengeburt ist jedoch weder nachvollziehbar, wissenschaftlich beweisbar, noch irgendwie wiederholbar. Sie ist an den einmaligen, unwiderruflichen Erlösungswillen Gottes gebunden und nur im Glauben faßbar.

b) Dem kommt hinzu, daß religionsgeschichtliche Erkenntnisse scheinbare Parallelen zur Jungfrauengeburt Marias bei heidnischen Autoren zutage förderten, wonach Jungfrauengeburten offenbar zu gängigen antiken Vorstellungen gehörten. Ohne Scham verfällt auch die katholische Exegese unserer Zeit vereinzelt dem Irrtum, Marias Jungfrauengeburt in die Reihe dieser heidnischen Götterwelt einzuordnen. Insbesondere extreme feministische Theologie knüpft an diesem fatalen Irrtum an und widersetzt sich so einer von Anfang an geglaubten Offenbarungswahrheit. Von der ernsten Theologie her ließen sich diese Einwände relativ leicht entkräften, denn zu den christlichen Grundüberzeugungen gehört jene von der Allmacht und Schöpferkraft Gottes. Nimmt man sie an und stellt man sich damit mitten in den Glauben hinein, gibt es keine ernstlichen Einwände dagegen, daß Gott zwar nicht die Naturgesetze aufhebt, sie aber dergestalt in den Dienst seines Willens nehmen kann, daß er die von ihm gewünschten Wirkungen hervorbringt.

c) Eine genauere Analyse der heidnischen "Jungfrauen"-Sagen zeigt, daß es sich bei den diesbezüglichen Berichten allenfalls um Analogien zum biblischen Bericht handelt. Wenn im Mythos ein Mensch aus einer Verbindung eines Mädchens mit einer "Gottheit" entspross, handelte es sich stets um eine sexuelle Verbindung, um eine in sich normale Zeugung, bei der irgend einer der vielen Götter den Part des menschlichen Mannes übernahm. Gerade dies aber schließen die Kindheitsevangelien und die gesamte spätere christliche Tradition aus.

d) Theologisch wesentlich ernster zu nehmen waren die Einwände, die sich von den Untersuchungen der historisch-kritischen Exegese aus erhoben. Sie versuchten nachzuweisen,

- das die Kindheitsgeschichte keine "historischen Reports" sind;

- daß der lebenslangen Jungfrauenschaft Marias von vielen Texten der Bibel widersprochen zu werden scheint;

- daß endlich die Vorstellungen einer geburtlichen Unversehrtheit Marias den Aussagen über den Gottmenschen Jesus Christus widersprächen.

Ist die Jungfrauenempfängnis also eine nur-theologische Aussage, oder ist sie doch auch ein geschichtliches Ereignis? So stellt sich die Frage. In diesem Zusammenhang kann man wohl auch nicht ungerührt an der Tatsache vorbeigehen, daß heute sehr viele Katholiken keinerlei Zugang, Verständnis oder Bindung mehr zu diesem Glaubenssatz haben.

Argumente für die Jungfrauenlehre der Kirche

Es werden im allgemeinen folgende fünf Begründungen zur Stützung des Dogmas herangezogen:

- Die Reinheit und Sündenlosigkeit Jesu wie auch Marias lassen es als notwendig erscheinen, daß seine Zeugung auf die direkte Einwirkung der Kraft Gottes zurückzuführen sei. Zu dieser Auffassung tragen auch viele offizielle liturgische Texte bei. (Vgl. die "Präfation von der sel. Jungfrau Maria" im dt. Meßbuch S. 419: "Vom Heiligen Geist überschattet, hat sie deinen eingeborenen Sohn empfangen und im Glanz unversehrter Jungfräulichkeit... geboren.")

- Die Notwendigkeit eines Ausschlusses der Erbsünde von Jesus erfordert eine nichtsexuelle Zeugung.

- Die sexuelle Zeugung hätte die radikale Verfügbarkeit Marias geschmälert und sie ins Partikuläre des Generationenprozesses versetzt. (H.U. v Balthasar).

- Die wunderbare Empfängnis war für Maria und Josef ein Hinweis auf die Messianität ihres Kindes.

- Als tiefster Grund wird angeführt, daß die Gottessohnschaft Jesu letztendlich diese Weise der Menschwerdung erforderlich mache. (Diese Aussage führt vor allem H.U. v. Balthasar ins Feld).

In seinem Buch "Die Tochter Zion" schreibt Ratzinger: "Die jungfräuliche Geburt ist der notwendige Ursprung dessen, der der Sohn ist, und der darin auch erst der messianischen Hoffnung einen bleibenden und über Israel hinausweisenden Sinn gibt."

Die Bedeutung des Glaubenssatzes

Ist Maria tatsächlich durch Überschattung des Hl. Geistes schwanger geworden, dann kann das mit empirischen (d.h. mit Methoden der Erfahrung durch Beobachtung und Vergleich) oder historischen Mitteln nicht nachgewiesen, aber auch nicht bestritten werden, weil sich das Wirken des Geistes Gottes unserer Erfahrung entzieht. Die jungfräuliche Empfängnis Jesu ist eine Aussage vom Horizont des Ostergeschehens aus. Wie der Überstieg aus der Geschichte in Gottes Herrlichkeit, ist auch sein Einstieg ein Geschehen, in dem der Gottessohn die Grenze menschlicher Erfahrbarkeit überschreitet. Diesen Weg zeichnet das biblische Verständnis über die jungfräuliche Empfängnis Jesu. Diese Dimension kann zwar nicht nachgewiesen, wohl aber glaubend akzeptiert werden, weil sich darin göttliches Handeln widerspiegelt. In Jesus Christus ist das Biologische geistig-geistlich, das Göttliche leibhaftig geworden. Grundlage des kirchlichen Glaubens über die Jungfrauengeburt ist also die Menschwerdung des Gottessohnes.

Bei der Betrachtung dieses marianischen Dogmas darf die in der Bibel sehr klar formulierte Wirkkraft des Geistes Gottes nicht übersehen werden. Die Schwangerschaft Marias wird durch den Hl. Geist bedingt. Dadurch erscheint der Heilige Geist, die Dritte Göttliche Person, in der Heilsgeschichte in Einheit und zugleich trinitätsentsprechender Verschiedenheit zum Vater und Sohn.

Seine Übernatürlichkeit wird dadurch hervorgehoben, daß er deutlich nicht als Mariens Partner, sondern als göttliche Ursache der Zeugung Jesu beschrieben wird. Seine Wirkkraft ist daher mit den Erdentagen Jesu nicht beendet. Indem er den Geist in seine Kirche sendet, lebt Jesus in ihr real weiter - die Kirche hingegen ist real sein Leib, Gottes Volk und Grundsakrament des Christusheils.

Nicht an letzter Stelle ist durch die jungfräuliche Zeugung Jesu auch die wesentliche Gestalt von Jungfräulichkeit sichtbar geworden. Ihr eigentlicher Sinn ist nicht negativ, die Enthaltsamkeit oder gar die Verweigerung der menschlichen Geschlechtlichkeit, sondern positiv, eine Bewahrung der eigenen Integrität und Menschlichkeit für eine andere Person, in unserem Falle die Dritte Göttliche Person, um für diese und mit dieser fruchtbar zu werden. Jungfräulichkeit ist Haltung, nicht Enthaltung. Sie hat also ihrem Wesen nach einen positiven Charakter.

Bei Maria geht die jungfräuliche Bewahrung nicht auf der biologischen Ebene in der Gemeinschaft mit einem anderen Mann auf, sondern auf der Ebene von Gnade und Glaube in der Gemeinschaft mit Gott. Jungfräuliche Mutterschaft ist unter diesem Aspekt kein Widerspruch, keine Zusammenbindung widerstrebender Sachverhalte, sondern eine durchaus sinnenhafte und innerhalb des göttlichen Heilsplanes auch (theo-)logische Folgerung aus dem

Wesen menschlicher Jungfrauschaft überhaupt. Genau diese Kompromißlosigkeit zeichnet Maria vor allen anderen Menschen aus. Die aus ihrer Erwählung sich ergebende intensive Hinwendung zu Christus, ja Jüngerschaft und Nachfolge überhaupt, sind grundsätzlich, im Fall Marias auch tatsächlich, total. Sie macht ihre Zusage an Gott und damit ihre Mütterlichkeit zu ihm in keinem Moment mehr Rückgängig. Sie bleibt vollkommen in Gottes Gnade.

Erst recht gilt das von der Dimension der jungfräulichen Geburt. Sie ist gleichfalls ein Ausdruck für die vollendete Jüngerschaft, in der die endgültige Bestimmung des Menschen ausreift und sich im Eingehen zu Gott verwirklicht.

Auch hier gilt der alte Grundsatz: Was nicht von Christus aufgenommen wird, das wird auch nicht erlöst. Gerade in der Geburt des Gottessohnes erweist sich Maria als echte Partnerin im Heilsplan Gottes.  

top

3. Lehrsatz: 

"MARIA WURDE OHNE MAKEL DER ERBSÜNDE EMPFANGEN"

Maria ist heilig und sündenlos
Die Würde Marias entspringt ihrer Erwählung
Die Gnadenfülle Marias
Maria ist von der Erbschuld bewahrt geblieben

Die marianischen Dogmen wurden nicht zufällig als verbindlich definiert. Seit der Zeit der Apostel, dieselben eingeschlossen, geglaubt, wurden sie in die mündliche Weitergabe des Evangeliums Jesu Christi miteinbezogen und gelehrt. Erst als verschiedene Irrlehren die wahre Menschheit Christi zu leugnen begannen, führte dies folgerichtig auch zur Leugnung der wahren Mutterschaft Mariens. Jedoch auch umgekehrt läßt sich feststellen: Die später folgende Leugnung der wahren Gottheit Christi führte geradewegs zur Verneinung der Gottesmutterschaft Mariens. Die Gottesmutterschaft Mariens wurde ausdrücklich von den Nestorianern bestritten, die Maria den Titel "Gottesgebärerin" aberkannten und sie nur als "Menschengebärerin" sehen wollten. In dieser geschichtlichen Entwicklung wird schon fürs erste klar, daß man die marianischen und christologischen Dogmen nicht voneinander trennen und einzeln behandeln kann, zieht doch die Leugnung des einen unweigerlich auch die Verneinung des anderen mit sich. Eine Tatsache, die wir auch in unseren Tagen auffällig bemerken können.

Maria ist heilig und sündenlos

Das Zweite Vatikanische Konzil sagt über Maria (Lumen Gentium 56): "Sie umfing den Heilswillen Gottes mit ganzem Herzen und von Sünde unbehindert und gab sich als Magd des Herrn ganz der Person und dem Werk ihres Sohnes hin und diente so unter ihm und mit ihm in der Gnade des allmächtigen Gottes dem Geheimnis der Erlösung. Mit Recht sind also die heiligen Väter der Überzeugung, daß Maria nicht bloß passiv von Gott benutzt wurde, sondern in freiem Glauben und Gehorsam zum Heil der Menschen mitgewirkt hat."

Die Auserwählung Marias

Heiligkeit ist im eigentlichen Sinne des Wortes eine Ur-Eigenschaft Gottes. "Denn Du allein bist der Heilige", beten wir im Gloria der hl. Messe. Er ist der Heilige in und aus sich selbst! Im abgeleiteten Sinn bezeichnet man sodann mit "heilig" jene Ebene der Menschen, auf der sie in einer bestimmten Nähe zu Gott stehen. Der Mensch kann sich, anhand seines freien Willens, ändern, währenddessen der Heilswille Gottes uns gegenüber unverändert bleibt. Erreicht der Mensch nun eine "gottähnliche" unveränderte Ebene in seiner Gottesbeziehung, welche nie auf der Leistung des Menschen, sondern immer auf der Gnade Gottes aufruht, so sprechen wir von einem besonderen Ruf Gottes, einem Charisma oder von der Heiligkeit eines Menschen. Auch Paulus nennt schon seine Adressaten "Heilige" (vgl. dazu Röm 1,7; 15,25; 1 Kor 1,2,; 16,1.15; 2 Kor 8,4). Hier ist an zweierlei gedacht: an die Heiligkeit, die jedem Menschen innewohnen muss anhand seiner Taufe (= Auserwählung in Tod und Auferstehung Jesu) und an den eben erwähnten besonderen Ruf Gottes zur Heiligkeit.

Unter diesen Aspekten wird die kirchliche Überzeugung von der Heiligkeit und Sündenlosigkeit der Gottesgebärerin verständlich.

Die Berufung Marias zur Gottesmutterschaft als Gottesgebärerin ist eine in der Heilsgeschichte einmalige Erwählung. So definiert schon das Konzil von Ephesus (431) gegen die Irrlehre des Nestorius das Dogma (de fide/zum Glauben verpflichtend): "Wenn jemand nicht bekennt, dass Christus in Wahrheit Gott ist und dass deswegen die Heilige Jungfrau Gottesgebärerin ist - denn sie hat dem Fleische nach den aus Gott stammenden fleischgewordenen Logos [das "Wort"] geboren -, so sei er im Banne." Sämtliche folgenden Konzile bestätigten diese Lehre des Epheser Konzils. Dieses Dogma umfasst zwei Wahrheiten:

a) Maria ist wahrhaft Mutter und

b) Maria ist wahrhaft Gottesmutter, da sie den Sohn Gottes geboren hat.

Die heilige Sündenlosigkeit Marias ist also ganz und gar eine Tat Gottes selber. Reden wir also von der Heiligkeit, von den Vorzügen, ja von der der kindlichen Hingabe an die Mutter Jesu, dann ist dies in letzter Instanz ein Loblied auf die Heiligkeit Gottes, ein Dank an die Erwählung und die Erlösung durch Jesus Christus, die Zweite Göttliche Person.

Die Würde Marias entspringt ihrer Erwählung

Der hl. Thomas von Aquin bezeichnet die Würde Marias in einem gewissen Sinn als "unendlich", ist sie doch anhand ihrer Auserwählung durch den Vater in der Kraft des Heiligen Geistes zur Mutter einer unendlichgen Person, der Zweiten Göttlichen Person geworden. (Vgl. S.th. I 25,6 ad 4). Die Kirchenväter loben Maria in erhabenen Versen und Lobgesängen, in Predigten und Schriften als ihre Herrin und Königin. "Fürwahr, im eigentlichen und wahren Sinne ist sie Gottesgebärerin und Herrin; sie gebietet über alle Geschöpfe, da sie zugleich Magd und Mutter des Schöpfers ist" (Johannes Damascenus, De fide orth. IV 14).

Wir sagten oben, dass die Heiligkeit des Menschen von der Nähe zu Gott abhängig ist. Dies bezieht sich in eminentem Masse auch auf seine Würde. Maria hat diese Würde in Demut angenommen und preist ihre Nähe zu Gott im Magnifikat: "Herabgeschaut hat der Herr auf seine niedrige Magd, darum werden mich seligpreisen alle Geschlechter."

Die Gnadenfülle Marias

Biblisch angedeutet ist die Gnadenfülle Marias im Gruss des Engels: Gegrüsset seist Du, Maria, "Du bist voll der Gnaden, der Herr ist mit Dir!" Aus dem Alten Testament wissen wir, dass nur Gott allein sich das Prädikat: "Ich bin der »Ich-bin«", der ewig in der Gegenwart Lebende, zulegte. Der ganze Zorn der Pharisäer ergoss sich des öfteren auf Jesus ob seiner "Anmassung", dasselbe Wort auch auf sich zu bezihen: "Ich bin... das Brot des Lebens, ...der Weg, das Leben und die Wahrheit, ...der gute Hirte". Nun aber verwendet der Engel eine fast ähnliche Ansprache: "...Maria, »Du bist« voll der Gnaden, der »Ich-bin« ist bei Dir"!

Der hl. Thomas von Aquin begründet die Gnadenfülle Marias so: "Je näher etwas einem Prinzip steht, umso mehr empfängt es von der Wirkung des Prinzips. Maria steht aber unter allen Geschöpfen Christus, der Urgrund der Gnade ist, als seine Mutter, körperlich und geistig am nähesten. Folglich musste sie von ihm das höchste Mass der Gnaden empfangen. Die Bestimmung Marias, die Mutter des Sohnes Gottes zu werden, erforderte eine besonders reiche Gnadenausstattung" (S.th. II 27,5).

Der Kirchenlehrer Ephräm überliefert uns den Glauben der ersten christlichen Jahrhunderte über Maria (Carm. Nisib. 27): "Du und Deine Mutter, ihr seid die einzigen, die in jeder Hinsicht ganz schön sind; denn an dir, o Herr, ist kein Flecken; und kein Makel an Deiner Mutter." Und weiter heisst es bei demselben Kirchenvater, dass Maria ein Abbild Evas in ihrer Reinheit vor dem Sündenfall sei, ein Gegenbild jedoch, insofern Eva, nach dem Bericht der Bibel, die Ursache des Verderbens, Maria die Ursache des Heiles geworden ist. "Zwei unschuldige, zwei Einfache: Maria und Eva, waren sich ganz gleich. Später jedoch wurde die eine Ursache unseres Todes, die andere Ursache unseres Lebens" (Op. syr. II 327).

Wir sollten uns in einer Zeit, in der man sich gerne auf das Urchristentum bezieht, die Worte der Kirchenlehrer der ersten christlichen Jahrhunderte mehr und öfter ins Gedächtnis rufen!

Maria ist von der Erbschuld bewahrt geblieben

Die beiden neuzeitlichen Mariendogmen von der Unbefleckten Empfängnis und der Aufnahme Mariens in den Himmel können nicht auf empirisch nachprüfbare Tatsachen zurückgeführt werden. Sie knüpfen aber an die Realität der historischen Existenz Marias an.

Papst Pius IX. hat am 8. Dezember 1854 den Glaubenssatz: "Maria wurde ohne Makel der Erbsünde empfangen" im päpstlichen Rundschreiben "Ineffabilis" als von Gott geoffenbarte und darum von allen Gläubigen fest und standhaft zu glaubende Lehre definiert:

"Die seligste Jungfrau Maria wurde im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch ein einzigartiges Gnadengeschenk und Vorrecht des allmächtigen Gottes im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechtes, rein von jedem Makel der Erbschuld bewahrt."

Der "erste Augenblick" der Empfängnis ist jener Zeitpunkt, in dem jede einzelne Seele, von Gott neu und einmalig erschaffen, dem von den Eltern gezeugten Leib eingegeben wird. Im allgemeinen wird die erste Zellteilung nach der Befruchtung als dieser Zeitpunkt angesehen. "Erbsünde" wiederum besagt den Mangel an heiligmachender Gnade, der allen Menschen in und durch die Zeugung weitergegeben wird und vom Sündenfall Adams herrührt. Maria blieb, so sagt dieser Glaubenssatz der Kirche, vor diesem Mangel bewahrt, so dass sie im Zustand der heiligmachenden Gnade ins menschliche Dasein trat. So hat sich Gott einen für ihn würdigen Weg zu den Menschen selbst gebahnt.

Auch das Protoevangelium (Gen 3,15) stellt Maria als jene Frau in die Mitte der kommenden Generationen, die in einem unüberwindbaren Gegensatz, ja Feindschaft, dem Geist des Hochmuts, dem Satan, entgegensteht. Jeder Hochmut muss an ihr zerbrechen, jeder Stolz zuschanden werden. Dieser Gegensatz bezieht sich sowohl auf ihre Nachkommenschaft als auch auf die des Satans, dem "Vater der Lüge von Anbeginn" (vgl. Joh 8,44). So besteht denn auch der grösste Triumph des Urprinzips der Sünde und der Verführung, des Satans, darin, die Menschen von der Heiligkeit und Reinheit Marias wegzuführen, was ihm im Laufe der Geschichte nicht selten auch gelungen ist. Der Triumph Marias jedoch ist vorausgesagt: Sie wird ihm den Kopf, den Sitz des Hochmuts und des Stolzes, zertreten. Zusammen mit Christus ist sie von Gott, dem Vater, zu einer vollendeten und siegreichen Feindschaft mit der Sünde berufen. Der Sieg Marias aber wäre kein endgültiger gewesen, wenn sie jemals, und sei es nur einen Augenblick lang, unter der Sünde gestanden hätte.

 

.top

4. Lehrsatz:

 "MARIA WURDE MIT LEIB UND SEELE IN DEN HIMMEL AUFGENOMMEN"

Die Gnadenvermittlung durch Maria

Seit dem sechsten Jahrhundert schon findet sich dieser Glaubenssatz in der theologischen Überlieferung vor. Papst Pius XII. verkündete in seiner Konstitution "Munificentissimus Deus" am Allerheiligentag des Jahres 1950 das Dogma:

"Nachdem Wir nun immer wieder inständig zu Gott gefleht und den Geist der Wahrheit angerufen haben, verkünden, erklären und definieren Wir zur Verherrlichung des allmächtigen Gottes, dessen ganz besonderes Wohlwollen über der Jungfrau Maria gewaltet hat, zur Ehre seines Sohnes, des unsterblichen Königs der Ewigkeit, des Siegers über Sünde und Tod, zur Mehrung der Herrlichkeit der erhabenen Gottesmutter, zur Freude und zum Jubel der ganzen Kirche, in der Kraft der Vollmacht unseres Herrn Jesus Christus, der heiligen Apostel Petrus und Paulus und Unserer eigenen Vollmacht: es ist eine von Gott geoffenbarte Glaubenswahrheit, dass die unbefleckte, immer jungfräuliche Gottesmutter Maria nach Vollendung ihres irdischen Lebenslaufes mit Leib und Seele zur himmlischen Herrlichkeit aufgenommen ist."

Vorgängig hatte Papst Pius XII. am 1. Mai 1946 an alle Bischöfe des Erdkreises die offizielle Anfrage gerichtet, ob sie und ihr Volk die feierliche Definition der leiblichen Aufnahme Marias in den Himmel wünschten. Fast alle Bischöfe der Welt hatten zustimmend geantwortet (ihre Namen sind in der Peterskirche zu Rom in der Apsis angebracht). Schon in seiner berühmten Enzyklika "Mystici Corporis" (1943) schreibt derselbe Papst, dass es von den Anfängen an zum Glaubensgut gehöre, dass Maria "jetzt im Himmel in der Herrlichkeit des Leibes und der Seele erstrahlt und zugleich mit ihrem Sohne herrscht". Tod und Zerfall des Leibes sind Straffolgen der Sünde. Maria aber ist die Unbefleckt Empfangene, die Sündenlose und Heilige. So war es nur geziemend, dass ihr Leib vor der allgemeinen Auflösung ausgenommen wurde.

Die Gnadenvermittlung durch Maria

In den Himmel aufgenommen, herrscht Maria mit Christus, ihrem göttlichen Sohne. Obwohl Christus der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen ist (vgl. 1 Tim 2,5), so ist doch dadurch eine sekundäre, der Erlösung durch Jesus Christus unterworfene Mittlerschaft Marias nicht ausgeschlossen. Man wird in einem zweifachen Sinne Maria als Vermittlerin verehren.

1. Maria hat, durch den Willen Gottes dazu auserkoren, der Welt den Erlöser, die Quelle der Gnaden, vermittelt.

2. Maria bleibt auch im Himmel die Mutter Jesu. Daher wird seit ihrer Aufnahme in den Himmel keine Gnade ohne ihre aktuelle Fürbitte den Menschen zuteil.

Hier sei ein Blick in unsere Schwesterkirche, in die Kirchen der Orthodoxie, erlaubt. Die fast überschwenglichen Marienhymnen kreisen um Empfängnis und Geburt Jesu und bringen Maria das höchste Lob dar. Als Beispiel diene der Hymnos Akathistos, der mit der Begegnung des Engels Gabriel mit Maria beginnt und zur Verherrlichung Marias im Himmel führt. Auffällig ist dabei, dass die lange Reihe der Lobpreisungen Marias zwar immer deutlich in Beziehung zum Geheimnis der Menschwerdung gestellt werden, Maria jedoch hin und wieder zugeschrieben wird, was streng genommen nur von Christus selber zu sagen wäre. So zum Beispiel gleich in der erstem Strophe dieses östlichen Marienhymnus:

"Sei gegrüsst, durch dich leuchtet das Heil hervor;
sei gegrüsst, dunkel wird das Unheil vor Dir!
Sei gegrüsst, den gefallenen Adam richtest Du wieder auf;
sei gegrüsst, von ihren Tränen erlösest du Eva.
Sei gegrüsst, allem menschlichen Überlegen hoch überlegen bist du;
sei gegrüsst, so abgrundtief erschauen dich die Engel nicht einmal.
Sei gegrüsst, von Uranfang des Friedensfürsten Thron;
sei gegrüsst, denn du trägst den, der alles erträgt.
Sei gegrüsst, du Stern, der offenbart die Sonne;
sei gegrüsst, aus deinem Leib ward Gott der Menschensohn.
Sei gegrüsst, aus Dir wird die Schöpfung neu geboren;
sei gegrüsst, durch dich wirkt der Schöpfer ungeboren als Kind.
Sei gegrüsst, du jungfräuliche Mutter!"

Noch weiter wagt sich im Lobpreis Marias die sechste Strophe:
"Sei gegrüsst, du erneuerst die Würde des Menschen;
sei gegrüsst, zu Grunde gehen lässt du die Verführer.
Sei gegrüsst, zertreten hast du den betrogenen Betrüger;
sei gegrüsst, die vergötterten Abgötter hast du entthront.
Sei gegrüsst, du Meer, das verschlungen die Welt der Pharaonen;
sei gegrüsst, du Fels, daran getrunken, die nach Leben dürsten.
Sei gegrüsst, Flammenzeichen, welches die Umnachteten geführt;
sei gegrüsst, du Schutzmantel um aller Welt Drangsal.
Sei gegrüsst, du Nahrung, die das Manna abgelöst;
sei gegrüsst, denn du dienst uns mit heiliger Speise.
Sei gegrüsst, du Land der Verheissungen;
sei gegrüsst, daraus Milch und Honig fliesst
Sei gegrüsst, du jungfräuliche Mutter!"

 

Katholische Mariendogmen - Übersicht Nach Karl Veitschegger © 1997/2001

Schon im Neuen Testament zeigen Lukas- und Johannesevangelium die Mutter Jesu als Ideal des gläubigen, von Gott begnadeten Menschen. Die christliche Gemeinde meditiert die Gestalt Marias weiter, ähnlich wie z. B. Israel die Gestalt Abrahams meditiert hat. Eine historische Gestalt so zu verstehen und zu deuten, dass in ihr Urbildliches und Vorbildliches erkennbar wird, entspricht biblischem Glauben. Maria ist für katholische, orthodoxe und auch manche protestantische Christinnen und Christen die lebendige "Verdichtung" und "Verkörperung" wichtiger Wahrheiten des Evangeliums. An Maria - so glauben sie - illustriert  der Heilige Geist auf besonders schöne Weise, was die Gnade Jesu Christi aus einem Menschen machen kann.

Dogma

Hauptaussage

Biblische Grundlage

Wichtige Lehrurkunden 

Bedeutung für uns

Maria Theotokos (Mutter Gottes)

 

Feste:
Weihnachten
1. Jänner

Maria darf "Gottes-Gebärerin" und "Mutter Gottes" genannt werden, weil das Kind, das sie geboren hat, Gottes ewiger Sohn ist.

Gal 4,4: Gottes Sohn - von einer Frau geboren!
Lk 1,43: "Mutter meines Herrn"
Joh 1,14: Der Gott-Logos ist Fleisch geworden.

Konzil von Ephesus 431:
Die Mutter Jesu ist theotokos

 

Historischer Kontext:
Das Volk verehrt Maria längst als "theotokos", manche Theologen finden den Ausdruck anstößig.

Gott ist in Jesus wahrhaft unser Mit-Mensch geworden. Er kennt unser Leben nicht nur "von oben" oder "von außen", sondern "aus eigener Erfahrung".

Virgo Maria
(Jungfrau und Mutter)

Fest:

Verkündigung d. Herrn 25. März

Jesus kommt von Gott. Er ist Mensch, aber kein "Erzeugnis"  menschlichen Könnens und Wollens.

Mt 1,18-25 und Lk 1,26-38:
Jesus - durch das Wirken des Heiligen Geistes empfangen.

Glaubensbekenntnisse der Konzile von Nizäa 325 und Konstantinopel 381
Apostolikum

Wir können unser Heil nicht selbst "er-zeugen":
Jesus ist das Geschenk Gottes schlechthin.

Maria
semper virgo

(Immer- Jungfrau)

Maria bleibt zeitlebens jungfräulich. Das bedeutet: Gott hört nie auf, ihre "große Liebe" zu sein. Sie ist immer ganz offen für Gott.

Keine direkte Aussage,
aber 2 Kor 11,2 sagt:
Alle Christusgläubigen, ob Mann oder Frau, ob ledig, verheiratet oder verwitwet, sollen "Jungfrau" (im geistlichen Sinn) sein, d.h. letztlich nur Gott und Christus gehören (vgl. auch Offb 14,4; 19,6-9). Maria "verkörpert" diese Haltung auf besondere Weise!

Konzil von Konstantinopel 553 bezeichnet Maria mehrmals als aeiparthenos = Immer-Jungfrau

 

Historischer Kontext:
Enge Liaison zwischen Politik und Religion unter Kaiser Justinian. Wird Maria (unbewusst) zum Symbol für eine Gottesliebe, die sich nicht kompromittieren lässt?

Unsere Sehnsucht nach ewiger Liebe kann nur Gott stillen. Er wird sich als die wahrhaft "große Liebe" unseres Lebens erweisen.
Im Glauben sind wir jetzt schon voller Erwartung (= jungfräuliche Haltung).

Maria
immaculata

(Makellose)

 

Fest:
8. Dezember

Gott erwählt Maria und heiligt sie schon im Mutterleib - in Vorausschau auf  Christus. Er rettet sie vom ersten Augenblick ihres Lebens an vor der Macht der Sünde (Erbsünde, persönliche Sünden) und befähigt sie, ihre Aufgabe als Mutter Jesu zu erfüllen.

Keine direkte Aussage, aber erschließbar aus Lk 1,28 u. 42: Maria wird nicht mit ihrem üblichen Namen, sondern als Kecharitomene (= Begnadete, Gnadenvolle)  und als besonders "Gesegnete" begrüßt. Auf sie trifft daher wohl auch  Eph 1,3-14 besonders zu.

Eph 5,27 spricht von der  "makellosen Kirche" (ecclesia immaculata). Maria  "verkörpert" diesen gesunden, von der Sünde nicht korrumpierten Kern der Kirche.

Feierliche Verkündigung als Dogma 1854 durch Pius IX.
 

Historischer Kontext: Durch Darwins Abstammungslehre sind viele versucht, den Menschen bloß als Säugetier zu sehen. Das Dogma zeigt die andere Dimension des Menschen: seine besondere Erwählung durch Gott.

Gott erwählt, beruft und befähigt jeden Menschen zu einem sinnvollen Leben.
Wie Maria gibt er  jedem und jeder jene Charismen, die er/sie dafür braucht.

Maria
assumpta

(in den Himmel Aufgenommene)

 

Feste:
15. August
22.August

Gott lässt Maria nach Ablauf ihres Erdenlebens "mit Leib und Seele", d.h. voll und ganz, an der Osterherrlichkeit ihres Sohnes teilhaben.

Keine direkte Aussage, aber erschließbar aus
Lk 1,52: "Er erhöht die Niedrigen."

Offb 3,21: "Wer siegt, der darf mit mir auf meinem Thron sitzen..."

 

Phil 3,20f; Röm 8,28-30; Eph 2,6; Kol 3,4; Joh 12,32 u. 14,3: Das hier Gesagte trifft besonders schön auf Maria zu.

Feierliche Verkündigung als Dogma  1950 durch Pius XII.

 

Historischer Kontext:

2. Weltkrieg und Schoa vernichten 35 Mio. "Menschenleiber". Nie zuvor in der Geschichte wurde der menschliche Leib schrecklicher missachtet. Das Dogma macht auf die Würde des menschlichen Leibes aufmerksam.

Unser Leben, auch unser leibliches, ist für Großes bestimmt. In Maria zeigt Gott uns exemplarisch unsere eigene Zukunft: Wir haben Anteil an der Auferstehung Jesu Christi, an der Herrlichkeit Gottes.

   

Mariendogmen - im Dialog mit den evangelischen Kirchen

ImSeptember 2000 wurde unter dem Titel "Communio Sanctorum. Die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen" das Ergebnis einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zwischen Deutscher Bischofskonferenz und Kirchenleitung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands veröffentlicht. Dort heißt es zu den Mariendogmen:

 

"Auch evangelische Christen können glauben, dass Gott Maria schon am Anfang ihrer irdischen Existenz wie einst Jeremia ... und den Täufer Johannes ... zum Werkzeug seiner Gnade bestimmt hat. Sie müssen freilich dem Dogma von der Unbefleckten Empfängnis dann widersprechen, wenn Maria damit aus der schuldverhafteten Menschheit herausgelöst und auf eine Stufe mit dem sündenlosen Christus gestellt werden würde ... Evangelische Christen brauchen dem Dogma von 1950 (sc. über die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel) nicht zu widersprechen, wenn damit für Maria die von Paulus ausgesprochene Hoffnung ausgedrückt wird ..., dass sie nach ihrem Tod heimgehen durfte zu ihrem Erlöser. Denn das ist auch unsere Hoffnung für uns selbst und alle, die uns im Glauben vorangegangen sind. Die evangelisch-lutherische Kirche sähe freilich ihren Glauben an den einzigen Mittler Jesus Christus gefährdet, sollte Maria damit aus der Gemeinschaft der Glaubenden herausgehoben und ihrem Sohn - etwa als Mittlerin - an die Seite gestellt werden."

 

 

  www.kath-zdw.ch back top 

 Seiten-Aufrufe in ZDW   

Stats