Der Heilige Matthias, Apostel,+64.
Auszug aus einem Bischöflich anerkannten Buch von ca. 1880
Von Anbeginn der Welt hat sich GOTTES wachende und waltende Vorsehung in der Menschengeschichte besonders darin herrlich bewiesen, dass sie den traurigen Sturz der Einen durch die erfreuliche Erhöhung der Andern gütig ersetzte, dass sie einen Verlust der Kirche durch einen andern Gewinn reichlich aufwog. So heißt es auch im Lobgesange der Hochgebenedeiten Jungfrau Maria: „Die Mächtigen hat Er vom Throne gestürzt und die Niedrigen erhoben:“ Und dies bestätigt in ergreifender Weise das heutige Fest des Heiligen Matthias (24. Februar.), welcher an die Stelle des in den Abgrund hinabgestürzten Judas zum Apostolate Jesu Christi „durch das Los“ berufen worden ist. Über die Abstammung, die Jugendzeit und die einzelnen Ereignisse während der apostolischen Wirksamkeit des Heiligen Matthias hat das Altertum der Nachwelt keine zuverlässigen Nachrichten hinterlassen. Gewiss ist nur, dass Er schon frühzeitig dem Göttlichen Heilande nachfolgte, zu den zweiundsiebzig Jüngern gehörte und Zeuge war alles dessen, was Jesus bis zu Seiner Himmelfahrt getan und gelehrt hat. In der Zeit zwischen der Himmelfahrt Jesu und der Herabkunft des Heiligen Geistes waren die Apostel und Jünger zu Jerusalem im Gebete versammelt und darauf bedacht, die Heilige zwölf Zahl der Apostel, welche Jesus ohne Zweifel mit Rücksicht auf die zwölf Stämme Israels angeordnet hatte, zu ergänzen, da das unselige Ende des Judas Ischariot eine schmerzliche Lücke in dieselbe gegriffen hatte. Der Heilige Lukas berichtet in der Apostelgeschichte Folgendes: „In denselben Tagen stand Petrus auf in der Mitte der Brüder (es waren ungefähr hundertundzwanzig Personen beisammen) und sprach: „Ihr Männer, Brüder! Jene Schriftstelle, welche der Heilige Geist durch den Mund David´s vorhergesagt hatte, musste sich an Judas erfüllen, der da Führer war von denen, die Jesum gefangen nahmen, der uns beigezählt war und Anteil an diesem Amte erhalten hatte. Dieser hat einen Acker aus dem Lohne der Ungerechtigkeit erworben, und erhängte sich, barst mitten entzwei, und alle seine Eingeweihte fielen heraus. Dieses ist Allen, die zu Jerusalem wohnten, bekannt geworden, so dass dieser Acker in ihrer Sprache Hakeldama das heißt Blutacker genannt wurde. Denn es steht im Buche der Psalmen geschrieben: „Ihre Wohnstätte soll wüste werden, und es sei keiner, der darin wohne.“ Und: „Sein Bischöfliches Amt erhalte ein Anderer.“ Es muss also aus den Männer, die während der ganzen Zeit uns beigestellt waren, seit dem der Herr Jesus unter uns aus- und eingegangen, von der Taufe des Johannes an bis zu dem Tage da Er von uns weg hinaufgenommen worden, einer aus diesen muss Zeuge Seiner Auferstehung mit uns werden. Da stellten sie zwei vor: Joseph, genannt Barsabas mit dem Zunamen, „der Gerechte“, und Matthias. Und sie beteten und sprachen: „Herr, Du Herzenskundiger Aller, zeige den an, welchen von diesen Beiden Du erwählt hast, die Stelle dieses Dienstes und des Apostelamtes zu empfangen, von welchem Judas entwichen ist, um hinzugehen an seinen Ort! Da warfen sie das Los über sie, und das Los fiel auf Matthias, und er ward den elf Aposteln beigezählt.“ Der Grund, warum Er durch das Los, in welchem man eine unmittelbare Einwirkung Christi hoffte, gewählt wurde, ist unzweifelhaft der, weil nur Christus das Apostelamt verleihen kann; folglich war Matthias von GOTT selbst auserkoren, um die Treulosigkeit des „an seinen Ort“ hingegangen Verräters durch Seine Treue aufzuwägen: Und Er tat es auch wirklich mit heroischem Eifer in Seinem apostolischen Berufe. Als nach dem Pfingsfeste die Apostel sich in die Länder der Erde verteilten, um bis an die äußersten Grenzen allen Nationen und Völkern die frohe Botschaft des Heiles zu bringen, fiel dem Matthias nach der wahrscheinlichsten Überlieferung zuerst Judäa zu. Später soll sich Seine unermüdliche Tätigkeit bis hinauf an das Caspische Meer und herüber nach Macedonien ausgedehnt haben. Der so berühmte Priester Clemens von Alexandria, welcher auch in diesen Gegenden einige Zeit tätig war, berichtet vom Heiligen Matthias, dass Er in Seinen Predigten mit besonderem Nachdruck die Abtötung des Fleisches und die Beherrschung der sinnlichen Gelüste gelehrt und dabei betont habe: „Man darf die zeitlichen Dinge schon gebrauchen, aber nicht sein Herz daran hängen; man muss wider das Fleisch streiten und es fest im Zaume halten dadurch, dass man ihm Alles versagt und entzieht, wonach es nur mit unordentlicher Begierde verlangt; man muss sein vorzügliches Streben darauf richten, dass die Seele durch den Glauben und durch den Fortschritt in der Erkenntnis der Wahrheit wachse und gekräftigt werde.“ Ebenso eindringlich war Seine Ermahnung dem Nächsten ein gutes Beispiel zu geben und für ihn zu beten. Die Wichtigkeit dieser Pflicht begründetet Er mit den Worten: „Wenn der Nachbar des Gläubigen sündigt, so sündigt dieser oft selbst auch. Denn wenn wir den Nächsten stets ein gutes Beispiel geben und oft mit Inbrunst für ihn beten, wird er vor vielen Sünden bewahrt und tugendhaft bleiben; wenn wir ihm aber ein schlechtes Beispiel geben, ahmt er uns nur zu bereitwillig nach, und wir werden die Mitschuldigen an seinen Sünden.“ Auf den ältesten Bildern wird der Heilige Matthias dargestellt mit Steinen und mit einem Beile, dass von Seinem Blute gerötet ist; damit hängt zusammen die unverbürgte Überlieferung, dass Er wegen der vielen Bekehrungen und Wunder von den Juden grimmig gehasst, als Gotteslästerer vor das Gericht des Hohenpriesters Anian geführt worden sei. Dieser, ein stolzer Sadduzäer, sprach zum Angeklagten: „Die ganze Welt weiß es, in welche Schande unsere Nation gekommen ist durch einige Bösewichte, vorzüglich durch Jesus von Nazareth, der sich sogar GOTTES Sohn nannte, das Gesetz verachtete und durch Seine Zeichen die Augen vieler auf sich zog: Er war nur ein Großsprecher und ging in Seinem Wahnwitz soweit, dass Er sogar die Hohenpriester beschimpfte und die Pharisäer samt den Schriftgelehrten Heuchler nannte: Welcher Prophet hat sich je erkühnt, Solches zu sagen! Nun – Er hat für Seine Anmaßung die verdiente Strafe empfangen: Es wäre sehr zu wünschen, dass mit Ihm auch Sein Andenken vertilgt wäre, und Niemand Seine Irrlehre aussrischte. Aber leider! - Doch für die Irrenden Sorge tragen und sie auf den rechten Weg führen, ist besser, als sich freuen über ihren Untergang: Deshalb soll auch dieser da (Matthias) unsere Milde genießen und sich entschuldigen.“ Der Heilige Apostel erwiderte: „Ihr beschuldiget mich eines Lasters, dessen ich mich rühme: Ich bin ein Christ, und dass ist meine höchste Ehre: Sagt nicht der Herr durch den Propheten: „In den letzten Tagen will ich Meine Diener mit einem andern Namen nennen. Ich glaube, dass Jesus von Nazareth, den ihr getötet, der Wahre Sohn GOTTES, gleich Ewig und Herrlich mit dem Vater ist; dies bekenne ich mit Herz und Mund bis zum letzten Hauche meines Lebens.“ Anian donnerte: „Er hat GOTT gelästert, steinig Ihn!“ Als der Heilige zerschmettert am Boden lag, eilte ein römischer Soldat hin und schlug ihm mit dem Beile das Haupt ab zur beschämenden Erinnerung für die Juden, dass sie als Untertanen kein Recht mehr hatten, Jemanden mit Tode zu bestrafen. Seine Heiligen Reliquien sollen von der Kaiserin Helena nach Rom gebracht und später nach Trier übertragen worden sein, wo der Heilige Matthias als Bistumspatron verehrt wird.
Mitwirkung mit der Gnade
Hier ist ein besonders geeigneter Anlass, dich allen Ernstes an die Worte des Heiligen Paulus zu erinnern: „Wir ermahnen euch, dass ihr nicht vergeblich die Gnade GOTTES empfanget.“
„Wirket mit Furcht und Zittern euer Heil.“ Stelle einen aufmerksamen Vergleich an zwischen dem ewig unseligen Judas und seinem Ewig Seligen Amtsnachfolger, dem Heiligen Matthias:
1. Ihr gleicher Anfang. Beide waren geborene Juden; Beide waren Apostel, von Jesus Christus selbst zu diesem Erhabenen Stande, zu dieser Höchsten Würde berufen; Beide waren über jedes Bedenken und jeden Zweifel sicher und gewiss, dass ihr Beruf der rechte ihnen von GOTT bestimmte sei – eine sehr trostvolle Beruhigung. - Beide waren Augen- und Ohrenzeugen des ganzen öffentlichen Lebens Jesu von Anfang an, Seiner Wunderbaren Tugenden, Seiner Predigten und Göttlichen Wundertaten und genossen die beste Schule und Ausbildung für ihre apostolische Mission: Beide erhielten die gleiche Sakramentale Weihe und Bischöfliche Vollmacht, als Stellvertreter Christi und Ausspender der Geheimnisse GOTTES und erfreuten sich der ausdrücklichen Verheißung Jesu: „Ihr, die ihr Mir nachgefolgt seid, werdet bei der Wiedergeburt, wann der Menschsohn auf dem Throne Seiner Herrlichkeit sitzen wird, und auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme richten.“ Beide waren also reich an Gnaden, an Göttlicher Unterstützung, ihre erhabene Bestimmung für dieses Erdenleben und ihr glorreiches Ziel in der Ewigkeit zu erreichen. - Auch dir werden Zeichen und Beweise nicht fehlen, dass du dich im rechten dir von GOTT vorherbestimmten Stande befindest; noch weniger wirst du mit Grund und Recht dich beklagen dürfen, dass GOTT dir Seine Gnade nicht in reichlichstem Maße zuteile, dass dir der Katechismus nicht erklärt, das Evangelium nicht gepredigt, das Gebet nicht gestattet oder der oftmalige Zutritt zu den Heiligen Sakramenten verweigert werde; auch du kennst den großen Lohn in der Ewigkeit, über welchen du schon bei der Heiligen Taufe mit dem Vater, Sohn und Heiligen Geist einig geworden bist. Aber wie steht es um die Mitwirkung mit dieser Gnadenfülle?
2. Ihr ungleiches Ende. Du kennst es von Beiden: Judas ging hin, verriet Jesum und – erhängte sich; Matthias ging hin, predigte Jesum und – starb für Ihn den Märtyrertod. Judas wirkte mit der empfangenen Gnade nicht mit, sondern folgte seiner Begierde nach Geld und Besitz; er hörte nicht auf die Mahnungen Jesu, sondern auf den Klang der Silberlinge; er trennte sich von Jesus, verriet Ihn und verzweifelte an Seiner Barmherzigkeit; er vereinigte sich mit den Feinden des Erlösers, leistete ihnen mühsame Dienste in der Nacht und wurde dann von ihnen mit Hohn und Verachtung abgewiesen. Gemartert vom eigenen Gewissen, verlassen von der Gnade, verworfen von den Menschen, starb er an einem Stricke, und seine Leichenrede war: „Besser wäre es, wenn dieser Mensch nie geboren worden.“ Matthias wirkte mit der Gnade treu mit, harte aus indem an Tröstungen und Freuden so reichen Dienste Jesu, rettete Tausende von Mitmenschen aus Sünde und Elend für den Himmel, wurde innig verehrt von der ganzen Christenheit und starb voll süßer Sehnsucht nach der Seligen Ewigkeit auf dem Kampfplatze unsterblichen Ruhmes; Seine Leichenrede hat der Evangelist Matthäus aufbewahrt: „Selig seid ihr, wenn euch die Menschen schmähen und verfolgen und alles Böse mit Unwahrheit wider euch reden um Meinetwillen. Freuet euch und frohlocket; denn euer Lohn ist groß im Himmel.“ Für dieses ungleiche Ende wirst du keinen andern Grund auffinden, als die ungleiche Benützung der Gnade. Wünschest du immer und ewig glücklich zu sein wie der Heilige Apostel Matthias, so darfst du nicht die Gnade missbrauchen wie Judas, das sagt dir ganz klar deine eigene Vernunft und dein Rechtsgefühl, sondern du musst mit der Gnade mitwirken, wie Matthias getan; die Entscheidung über deine Ewigkeit liegt somit in deiner Hand!