«Ich fand mich mit Leib und Seele an einem Ort versetzt, der mir die Hölle zu sein schien…»
Die heilige Theresia von Avila berichtet über die Hölle…
(Von Basilea Schlink)
Aus dem Taschenbuch: «Hölle - Himmel - Wirklichkeiten» (Seite 65 - 73)
ISBN 3-87209-300-2 Verlag Evangelische Marienschwesternschaft
«…davor aber fürchtet euch!»
Wir fürchten uns vor nichts so sehr, als wenn unser Leben bedroht ist. Um unser Leben zu retten, sind wir bereit, alles hinzugeben. Doch nun sagt Jesus: «Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und die Seele nicht töten können, fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele in die Hölle werfen kann.» (Matth. 10,28). Alle Werte unseres Denkens, unseres Fühlens, unserer Lebenseinstellung werden hier auf den Kopf gestellt. Denn fast alle fürchten sich davor, ihr Leben zu verlieren. Doch wer fürchtet sich - auch unter den Gläubigen - davor, dass er in die Hölle geworfen werden könnte, was allein des Fürchtens wert ist? Wer fürchtet sich also vor dem, der diesen Zustand herbeiführen könnte, vor unserem ewigen Gott und Richter?
Zumeist tun auch wir nicht nach Jesu Wort - und entsprechend furchtbar sind die Folgen. Jesus spricht diese Warnungen und Drohungen ja nicht aus, um uns Angst zu machen. Wenn Er warnt, geschieht das aus Liebe. Er will vermeiden, dass uns Unglück, Unheil, Gericht für Zeit und Ewigkeit trifft. Es ist also entscheidend für unser inneres Leben und für unser ewiges Schicksal, ob wir das Fürchten vor dem Zorn Gottes und vor der Hölle kennen. Denn das Dasein in der Hölle ist über jegliche Vorstellungsmöglichkeit hinaus grauenhaft und qualvoll.
Trostlos ist aber auch schon das Totenreich, das manchmal gemeint ist, wenn Luther «Hölle» übersetzt. In dies «Scheol» (hebräisch) oder den «Hades» (griechisch) kamen alle Verstorbenen vor Jesu Erscheinen, zu denen Er dann «hinuntergefahren ist in die untersten Örter der Erde» (Eph. 4,9). Und dorthin kommen jetzt noch die, die Seine Erlösung nicht wahrhaft annahmen oder Ihn nicht kannten. Denn Jesus sagt: «Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben (d.h. der kommt in das Reich Gottes, das Reich des ewigen Lebens). Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm» (Joh. 3,36). Vom Reich des Lebens geschieden heißt aber, dem Reich des Todes verfallen zu sein.
Im Alten Testament bricht immer wieder die Angst vor diesem Zustand des Totenreichs aus den Betern: «Ich werde mit Leid hinunterfahren in die Grube» (1. Mose 37,35). «… ins Land der Finsternis und des Dunkels» (Hiob 10,21). «Denn im Tode gedenkt man dein nicht; wer will dir bei den Toten danken?» (Psalm 6,6). Während es von den Toten, die «im Herrn sterben» heißt, dass sie selig sind und von ihrer Arbeit ruhen; «denn ihrer Werke folgen ihnen nach» (Offb. 14,13), gilt eine umgekehrte, negative Wirklichkeit für die, die ohne Jesus als ihren Herrn und Erlöser, ja in Feindschaft zu Ihm sterben. Sie nehmen ihre innere Unruhe ins Jenseits mit und können mit dieser Unruhe sogar auf die Lebenden zurückwirken, wie es Johann Christoph Blumhardt in seinen Geisterkämpfen erfuhr. Er erkannte dabei, dass auch diesen Unseligen «ihre Werke nachfolgten» - nämlich ihre Sünden, dass es nichts anderes ist als die unvergebene Schuld, die den Seelen im Totenreich diese quälende Unruhe verursacht und sie dann dazu bringt, andere zu quälen. Auch seine Erfahrungen - wie andererseits das strenge Gebot der Heiligen Schrift, DIE TOTEN NICHT ZU BEFRAGEN (5. Mose 18,11 u. 12), das ja nicht gegeben wäre, wenn es diese Möglichkeit nicht gäbe - zeigen, dass die Abgeschiedenen im Totenreich nicht in einem «bewusstlosen Schlaf» sind, sondern diesen Zwischenzustand bis zum Jüngsten Gericht bewusst durchgehen.
Dann aber wird die Stunde kommen, da Jesus als der wiederkommende Herr erscheint, «zu richten die Lebendigen und die Toten» (2. Tim. 4,1). Dann wird das Totenreich seine Pforten öffnen, und die Toten werden hervorgehen zum Gericht. «Und ich sah die Toten, beide groß und klein stehen vor Gott, und Bücher wurden aufgetan … Und der Tod und das Totenreich gaben die Toten, die darin waren; und sie wurden gerichtet, ein jeglicher nach seinen Werken» (Offb. 20,12 u. 13). Von jenem Endgericht sagt Jesus, dass Er dann als Weltenrichter die zur Linken verurteilen wird: «Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln» (Matth. 25,41).
Vor dieser Hölle, der «Gehenna», kann Jesus uns nicht genug warnen um ihrer Schrecklichkeit willen. Er sagt im Blick darauf: «Sie werden ausgestoßen in die Finsternis hinaus; da wird sein Heulen und Zähneklappern» (Matth. 8,12, auch Matth. 13,42). Jesus sieht die Hölle als etwas so Grauenhaftes an, dass Er sagt, wir sollen uns lieber verstümmeln, uns Schwerstes im Leben hier zumuten und erleiden, um von der Sünde loszukommen, nur damit wir vom Höllenreich errettet werden. «Es ist dir besser, dass du einäugig in das Reich Gottes gehst, als dass du zwei Augen habest und werdest in das höllische Feuer geworfen, wo ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht verlöscht» (Mark. 9,47 u. 48). Mit diesem Aufruf zeigt Jesus, dass keine Qual auf Erden mit der Qual der Hölle auch nur im entferntesten zu vergleichen ist.
Wir meinen wohl zumeist, wenn wir von unermesslichen Qualen, etwa in Konzentrationslagern, hören, dass es nichts Furchtbareres gäbe. Doch solche Orte des Schreckens, solche Kerker und Gefängnisse hier auf Erden sind immer nur ein ganz blasser Schatten von der Hölle, für die Jesus ja auch das Wort «Kerker» gebraucht. Und alle derartigen Leiden auf Erden sind niemals zu vergleichen mit den höllischen Qualen. Dennoch hilft uns die Schilderung - etwa des «Tullianums», des berüchtigten Kerkers im alten Rom-, die Höllenqualen real zu sehen.
Dieser Kerker, von dem jeder Römer nur mit Schaudern und Entsetzen sprach, war in den massiven Fels des kapitolinischen Hügels in Rom eingehauen. Das Tullianum stellte ein Verließ dar, aus dem es kein Entrinnen gab. An Seilen wurden die Gefangenen in die lichtlose Tiefe hinabgelassen, und hoch über ihnen, an dem Eingang, hielt eine starke Mannschaft Tag und Nacht Wache. In dieser Kerkerhaft gingen die Gefangenen durch die Vorhölle der Hölle. Sie waren mit beiden Beinen an einen Mauerring gekettet, und die Ratten nagten an ihren Füßen. Aus allen Winkeln strömte der grauenvolle Gestank verwesenden - lebenden und toten - Fleisches. Niemals fiel ein Lichtschein in den Kerker. Ringsum hörte man das Stöhnen der anderen Gefangenen, aber keiner konnte den anderen sehen, denn es gab in diesen Tiefen - ob bei Tag oder Nacht - nichts als Nacht.
Eine anschauliche Schilderung von höllischen Zuständen gibt Theresia von Avila nach jenen kurzen Augenblicken ihres visionären Erleidens der Hölle:
«Ich fand mich mit Leib und Seele an einen Ort versetzt, der mir die Hölle zu sein schien. Ich begriff, dass ich nach dem Willen des Herren den Ort sehen sollte, der mir von den Dämonen im Jenseits bereitet war und den ich mit meinen Sünden verdient hatte. Das Ganze währte nur kürzeste Zeit. Doch wenn ich noch viele Jahre lebte, unmöglich würde ich es vergessen.
Der Zugang schien mir wie eine sehr lange, sehr enge Gasse, vergleichbar einem ganz niedrigen, dunklen und engen Backofen, der Boden von ganz schmutzigem, stinkendem Schlamm voll eklen Gewürms. Am Ende befand sich eine Aushöhlung in der Wand … Da hinein, in bedrängende Enge, wurde ich gepresst. All dieses war eine Augenweide verglichen mit dem, was ich zu fühlen bekam. Doch alles Gesagte ist bei weitem nicht eindringlich genug.
Es ist, so scheint mir, schlechthin unmöglich, angemessenen Ausdruck zu finden, unmöglich solches zu erfassen. Ich fühlte ein Feuer in der Seele - nicht weiß ich, wie es beschreiben. Körperliche Schmerzen, selbst die unerträglichsten, die ich in diesem Leben durch gemacht hatte und die nach ärztlichem Urteil die schwersten waren, die man hier erleiden kann …, sie sind nichts im Vergleich zu dem, was ich hierbei fühlte. Und zu wissen, dass sie niemals ein Ende nehmen würden! Dies also ist nichts im Vergleich zum Hinsterben der Seele, dies ist ein Zerpresst werden, ein Erstickt werden, eine schneidende Heimsuchung, begleitet von unsäglicher, zerrüttender Verzweiflung. Wollte ich sagen, es wäre ein unausgesetztes Herausreißen der Seele, so wäre das zu wenig; denn dabei scheint ein anderer das Leben zu vernichten. Hier jedoch ist es die Seele selber, die sich zerfetzt … Nicht sah ich, wer mich peinigte. Allein ich fühlte mich brennen und zerfallen. Und dies innere Zerflammen und Verzweifeln ist das Ärgste.
In diesem unseligen Ort, darin ich stak, ohne Hoffnung auf einen Trost, dort war es unmöglich, sich zu setzen oder zu legen … Denn diese Wände, schon grauenhaft durch ihr Aussehen, sie pressen selber zusammen, und alles drosselt. Wie es bei dieser Lichtlosigkeit sein kann, weiß ich nicht - allein alles, was dem Blick qualvoll ist, das wird sichtbar.»
Diese Schilderung gibt ein Ahnen von dem, was Jesus uns vom Höllenreich sagt: Ort der Qual, der Finsternis, des immerwährenden Verbrennens, wo Heulen und Zähneknirschen sein wird. «Deine Pracht ist herunter in die Hölle gefahren samt dem Klang deiner Harfen. Maden werden dein Bett sein und Würmer deine Decke» (Jes. 14,11). Die Qual im römischen Verließ des Tullianum hatte für jeden, der da schmachtet, ein Ende. Das unendliche Grauen des Höllenreiches macht die Tatsache aus - so sagt Jesus von dieser Qual -, dass «ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht verlöscht» (Mark. 9,48).
Zur Aussichtslosigkeit des qualvollen Zustandes der Seele im Höllenreich kommt, dass sie sich selbst aus dem Bereich unseres «Vaters der Barmherzigkeit» und «Gott alles Trostes» ausgeschlossen hat. Sie ist im Bereich des Quälers Satan, dessen befriedigendestes Tun ist, die Qual seiner Untertanen im Todes- und Verzehrungsprozess mit anzusehen und sich daran zu weiden. Aller Sadismus ist aus ihm entsprungen. Die von Satan inspirierten Lagerleiter in Konzentrationslagern sind eine Abschattung dieses Wesens, das Satan und seinen Dämonen eigen ist. Lageraufseher und Kommandanten konnten oft nicht abwarten, bis ein neuer Transport mit Tausenden von Opfern an der Lagerrampe ankam, um diese armen Menschen zu quälen bis zum Tod. Wie viel mehr sind die Seelen im Höllenreich Opfer des Quälers und seiner Vasallen, wie Jesus im Gleichnis vom Schalksknecht warnend schildert: «Sein Herr überantwortete ihn den Peinigern!» (Matth. 18,34).
Verstehen wir nun, warum Jesus Seinen Jüngern gebietet: «Fürchtet euch aber vor dem, der Macht hat, Leib und Seele zu verdammen in die Hölle», nämlich vor dem heiligen Gott? Wer diese Furcht noch nicht hat, muss sie sich erbitten. Denn dieses Wort Jesu ist eine Aufforderung - und der heißt es Folge zu leisten, weil jedes Wort Jesu ein Geschehnis in sich schließt. Er wird danach handeln.[/size]