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  • Heilige Felix und Regula: 11. September 2012

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Heilige Felix und Regula
« am: 11. September 2012, 02:48:31 »
Heilige Felix und Regula


11. September

Felix und Regula sind zwei der drei Zürcher Stadtpatrone und Heilige der katholischen Kirche. Laut einer Legende des Frühmittelalters starben sie bei der diokletianischen Christenverfolgung als Märtyrer. Der dritte Stadtpatron, Exuperantius, ist dagegen erst seit dem 13. Jahrhundert als Figur in der Legende der Heiligen Felix und Regula überliefert.

Bis zur Reformation wurden Felix und Regula in Zürich verehrt und das Grossmünster, die Wasserkirche sowie das Fraumünster sind ihnen gewidmet. Ihr Gedenktag ist der 11. September.

Handlung


Nach der Legende sollen die Geschwister Felix und Regula Mitglieder der Thebäischen Legion gewesen sein, die um 302/03 n. Chr. bei Agaunum (Saint-Maurice) im Wallis den Märtyrertod erlitten. Zusammen mit ihrem Diener Exuperantius seien sie auf den Rat des Kommandanten der Legion, Mauritius, über die Furka, das Reusstal und den Klausenpass ins Glarnerland geflohen. Sie folgten der Linth zum Zürichsee und gelangten nach Turicum (Zürich), wo sie ihre Zelte aufschlugen und Tag und Nacht Gott dienten.

Der nach der Legende besonders grausame römische Kaiser Maximian schickte ihnen aber seine Häscher nach. Als die drei Heiligen gerade ihr Gebet verrichteten, wurden sie von den kaiserlichen Soldaten überrascht. Durch ein Wunder wurden sie jedoch nicht gleich erkannt. Erst als man ihnen die Frage stellte, ob sie Gefährten der übrigen flüchtigen Angehörigen der Thebäischen Legion, Exuperius, Candidus und Viktor seien, enthüllten sie treu ihre Identität. Trotz Folter liessen sie sich nicht zum Opfer an die römischen Götter Merkur und Jupiter zwingen. Auf Befehl des Kommandanten der Häscher, Decius, wurden sie daraufhin auf einer kleinen Insel in der Limmat enthauptet. Engel hätten danach die Leiber der Enthaupteten, die ihre Köpfe in den Armen trugen, genau 40 Ellen den Berg hinaufgetragen, wo sie begraben wurden.

Überlieferung


Die älteste schriftliche Form der Legende von Felix und Regula stammt aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts (Codex 225, Stiftsbibliothek St. Gallen). Die Einleitung mit der Formel «Tempore illo» (in jener Zeit) weist auf das karolingische Zeitalter. Die Legende entstand also nach der Passio acaunensis martyrum, in der die Legende von der Thebäischen Legion überliefert ist. Die Figur des Exuperantius taucht erst im 13. Jahrhundert auf und war ursprünglich nicht Teil der Legende.

Ausgehend von der ersten Niederschrift in Latein verbreitete sich die Legende in den folgenden Jahrhunderten. Die letzte bekannte Nacherzählung stammt vom Zürcher Schriftsteller Heinrich Brennwald .[1] Die Abfassung seiner Schweizer Chronik, die auch eine Neufassung der Legende beinhaltete, fiel in die Jahre 1508 bis 1516, der Zeit kurz vor der Reformation. Sein Manuskript wurde massgeblich von seiner Verehrung für die katholische Kirche und die Heiligen Felix und Regula beeinflusst, obwohl er im Frühjahr 1523 zum neuen Glauben überwechselte. Anders als die erste Version veröffentlichte Brennwald seine Geschichte in der Mundartsprache. Brennwalds Chronik war der erste Versuch einer pragmatischen Darstellung der Schweizergeschichte, wobei er, in seinem Bestreben die Lücken zu schliessen, oft auf mündliche Überlieferungen oder auf seine eigene Phantasie zurückgriff. 1576 wurde die Chronik vom Wettinger Abt Christoph Silberysen ein weiteres Mal veröffentlicht. Dieser liess in seiner Version zusätzlich noch kolorierte Federzeichnungen hinzufügen.

    „Decius, der grausame Tyrann, befahl ihnen, den Nacken zu neigen, um ihre Häupter abschlagen zu lassen. Als die heiligen Märtyrer das gehört hatten, besangen sie den Herrn und sagten: 'Deine Wege, Herr, zeige uns, und deine Pfade lehre uns, denn du bist Gott, unser Heiland.' Nachdem sie aus einem Munde einmütig zum Herrn Jesus Christus inständig gebetet und dabei die Hände zum Himmel ausgestreckt hatten, neigten sie ihre Nacken, und als die gedungenen Mörder ihre Häupter abschlugen, starben sie für den Herrn einen ruhmreichen Tod. Und siehe, eine Stimme singender Engel und Heiliger wurde gehört, sie sagte: 'Ins Paradiess mögen euch die Engel führen und mit Herrlichkeit die Märtyrer euch aufnehmen.'“


Die Legende bedient sich in Stil und Wortwahl stark an der Heiligen Schrift. Teilweise entstammen ganze Stellen wörtlich aus dem Alten und Neuen Testament. Oft erscheinen Wendungen, die zum Sprachgut der Heiligen Schrift gehörten. Nebst diversen Psalmen wurden gewisse Redewendungen aneinandergereiht, wie sie in der lateinischen Bibel häufig vorkommen. «Zelte aufschlagen» für Wohnen, «dem Herrn anhängen», «mit Fasten und Wachen», «Tag und Nacht in Gebeten und im Wort Gottes verharren». Zusammengefügt ergeben diese Fragmente dann den Satz «… wo sie ihre Hütten aufschlugen und dem Herrn treu und fromm ergeben anhingen, indem sie Tag und Nacht in Fasten, Nachtwachen, Gebeten und im Wort Gottes verharrten».[3] An anderen Stellen wiederum sind biblische Sätze paraphrasiert, so ist der Satz «Unseren Leib hast du zwar in deiner Gewalt, unsere Seelen aber hast du nicht in deiner Gewalt, sondern allein Gott, der uns gebildet hat» eine Abwandlung von Jesu Ermahnung «Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, sondern fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib verderben kann in der Hölle» (Mt 10,28).

An einigen Stellen wird der biblische Wortlaut falsch wiedergegeben. Im ältesten erhaltenen lateinischen Text weicht etwa der Vers «Kommt ihr Gesegneten meines Vaters, empfangt das Reich, das euch Gott seit Anbeginn bereitet hat» von der Überlieferung der Vulgata (Mt 25,34) ab. Die Verheissung der Heiligen «Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden den Menschen, die guten Willens sind. Herr Jesus Christus, wir loben dich, wir preisen dich in die Ewigkeiten der Ewigkeit. Amen» stimmt mit der Version überein, die in karolingischen Liturgiebüchern gelehrt wird.[4] Der Satz der singenden Engel gegen Ende der Legende «Ins Paradies mögen euch die Engel führen und mit Herrlichkeit die Märtyrer euch aufnehmen» stammt zudem aus der gelasianisch-gallikanischen Totenliturgie des 8. Jahrhunderts, wie sie auf dem Weg von der Kirche zum Friedhof gebetet wurde. In gewissen Beerdigungsriten der katholischen Kirche begleiten diese Worte auch heute noch die Toten ins Grab. Die Legende von Felix und Regula ist die älteste, bekannte Handschrift, die das Gebet in vollem Wortlaut wiedergibt.

Die Legende gehört zur Gattung der Martyriumsgeschichten, die in der christlichen Literatur eine eigene Unterart bildet. Sie zeigen die Standhaftigkeit und die Stärke eines Heiligen auf, der selbst bei schlimmsten Verhältnissen zu seinem Glauben steht. Vorlage dazu bildet die Leidensgeschichte Jesus. Der für Märtyrerlegenden übliche Beginn «Passio sanctorum Felicis et Regula» (Leiden der Heiligen Felix und Regula) weist darauf hin.

Historischer und geographischer Hintergrund

Die Legende berichtet, dass der gottlose Kaiser Maximian zur Verfolgung von Felix und Regula grausame Schergen ausschickte. Der Verfolger der beiden hiess Decius. Als Zeitraum und Hintergrund der Geschichte dient die diokletianische Christenverfolgung, die von 302 bis 305 andauerte und das Leben zahlreicher Christen forderte. Diokletian hatte Maximian 286 zu seinem Mitkaiser ernannt. Als zweiter Regent erscheint er in vielen Märtyrerberichten als Urbild des tyrannischen Christenverfolgers.

Anders als der geschichtliche Hintergrund, der nur vage beschrieben wird, ist die Geographie ausführlich dargestellt. In der kurzen Einleitung erfährt man, dass Felix und Regula mit ihren Gefährten nach dem Ratschlag des Heerführers Mauritius zur Wanderschaft im Dienste des Herrn aufgebrochen waren. Ihr Weg führt durch Glarus weiter bis zum Kastell Turicum. Die Landschaften werden ähnlich geschildert, wie sie auch in den Werken anderer zeitgenössischer Autoren zu finden sind. Das Motiv der Reise, das Aufgeben seiner materiellen Güter um sein Leben in den Dienst von Gott zu stellen, findet sich in einer Vielzahl von zeitgenössischen Legenden. Die Beschreibung des Glarus als «wüste und öde Gegend» veranschaulicht hierbei das harte Leben eines Pilgers und ist somit nicht wörtlich zu verstehen. Der Ort war sowohl in der Spätantike, als auch in karolingischer Zeit gut besiedelt .[5]

Das Ziel der Wanderschaft von Felix und Regula liegt beim Abfluss des Zürichsees in die Limmat, unweit des Kastells Turicum. Hier treffen die Heiligen auf ihren Verfolger Decius und erleiden das Martyrium. Von der Hinrichtungsstätte am Fluss schreiten sie 40 dextri (Schritte) den Berg hinauf zu ihrer Grabstätte, 200 dextri vom Kastell entfernt. Laut der Überlieferung liegt der Richtplatz auf der Insel, auf der später die Wasserkirche errichtet wurde. Hinweise dieser Art fehlen jedoch in der ältesten Variante, in der weder die Insel, noch eine christliche Verehrung der Blutstätte erwähnt werden. Anders sieht die Situation bei den Gräbern aus; die Legende erzählt von Blinden und Lahmen, die beim Aufsuchen des Ortes geheilt wurden. Vieles spricht dafür, dass es der gleiche Ort ist, an dem später das Grossmünster errichtet wurde. Auch die Distanzangabe von 200 dextri unterstützt diese Theorie.

Gegen Ende der Legende wird berichtet, die Geschichte von Felix und Regula sei dem heiligen Mönch Florencius durch den heiligen Geist offenbart worden. Dieser Umstand trägt nur wenig zur Forschung bei, da der Name Florencius zur Merowingerzeit weit verbreitet war. Auch die Bezeichnungen «heilig» und «Mönch» helfen nicht weiter. In vergleichbaren Schriften trugen auch die Eremiten den Titel eines Mönchs und der Titel «heilig» stand zu dieser Zeit jedem Anhänger des kirchlichen Standes zu. Der «heilige Mönch Florencius» bleibt ein Unbekannter, wie der Autor, der sich auf ihn bezieht.[6]

Der Festtag


Die Legende endet mit dem Hinweis, dass das Fest der Heiligen am dritten Tag vor den Iden des September (III Idus Septembris) gefeiert wird. Im römischen Kalender bezeichnet man damit den 11. September, der als Gedenktag an Felix und Regula auch heute noch im Kalender von Zürich vermerkt ist und an dem traditionellerweise das Knabenschiessen veranstaltet wird. Die Festlegung des Datums ist unter den Forschern stark umstritten .[7] Im Kalendarium Carthaginense, einem Verzeichnis der kirchlichen Fest- und Gedenktage des 6. Jahrhunderts sind am dritten Tag vor den Kalenden des September (III Kalendas Septembris, 30. August) die Namen Felix, Eva und Regiola eingetragen. Das Kalendarium ist einzig durch die Abschrift des französischen Gelehrten Jean Mabillon überliefert. Seine bereits damals stark beschädigte Vorlage ist schon lange verloren.

Einige Wissenschaftler sehen den Grund für die zwei verschiedenen Daten darin, dass die römische, abgekürzte Schreibweise der beiden – III Id. Sept. und III Kl. Sept. – sich sehr ähnlich sieht .[8] Dieser Umstand hatte bereits bei anderen wichtigen Tagen zu Unstimmigkeiten geführt. Die im Kalender von Karthago genannten Heiligen Felix und Regiola gehören angeblich zu einer Gruppe Märtyrer aus Abitinae, einem Gebiet in der römischen Provinz Africa. Aufgrund dessen bildete sich die Theorie heraus, dass die Reliquien der afrikanischen Märtyrer nach Zürich gebracht worden seien, wo man sie mit der Zeit heimisch machen wollte und eine eigene Legende erfand. Einer weiteren Vermutung zufolge bildete die Geschichte aus Abitinae lediglich eine Vorlage für die Schweizer Heiligen und hätte ansonsten keine Verbindung zu selben.

Darstellung der Heilige
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Auf Siegeln
Felix und Regula auf einem Stadtsiegel von 1347           

Durch das gesamte Mittelalter hindurch wurden verschiedene Siegel mit den Heiligenmotiven versehen. Eines der ersten wurde 1224 im Fraumünster hergestellt und wird der Äbtissin Adelheid von Murghart zugeschrieben, obschon ihr Name nicht auf dem Siegel steht. Typisch für die Fraumünster Siegel aus dieser Zeit ist die spitzovale Form und ein Bild mit den Köpfen Felix und Regulas sowie einer knienden Äbtissin darunter und der Hand Gottes an oberster Stelle. 1258 verwendete man erstmals ein anders Motiv: die Heiligen von der Seite gezeichnet, die ihre Häupter in ihren Händen halten. Abermals findet sich eine kniende Äbtissin unterhalb der Szene. Diese Darstellung wurde in der Folge bestimmend für alle weiteren Siegel des Fraumünster. Sie findet sich unter anderem auch in demjenigen der Elizabeth von Spiegelberg (1298) und dem der Elizabeth von Matzingen (1308). In den folgenden Jahrzehnten wurden die Darstellungen immer detailreicher und aufwändiger gestaltet.

Auf Münzen



Zürcher Dukat aus dem 17. Jahrhundert. Das Motiv auf der Vorderseite zeigt die Heiligen Felix und Regula, auf der Rückseite ist Karl der Große abgebildet.
Die frühste Darstellung der Stadtheiligen auf Münzen findet sich auf einem Denar zur Amtszeit Kaiser Heinrich II. (HRR), von dem lediglich ein Stück in Stockholm gefunden wurde. Auf der Rückseite sind die Buchstaben FELIX (REG) VL (A) eingraviert. Die vordere Seite mit der Abbildung ist nicht erkennbar.[9]

Ab dem 13. Jahrhundert wurde der Kopf von Felix für die folgenden hundert Jahre auf dem Zürcher Pfennig verwendet. Der Kopf steht für sich allein, ohne Name oder Heiligenschein. Dass es sich um den heiligen Felix handeln muss geht aus Siegelbildern des Heiligen hervor, die zur gleichen Zeit entstanden. Die periodischen Münzerneuerungen erforderten jeweils auch eine Änderung im Münzbild. So gibt es zwischen dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts und dem Beginn des 14. Jahrhunderts neun verschiedenen Pfennigtypen. Bei einigen schaute Felix nach rechts, bei anderen wiederum nach links. Ebenfalls uneinheitlich zeigt sich der Stadtname, der sowohl lateinischer (TURICUM) als auch deutscher Sprache (ZVRICH) vorhanden ist. Auf einem Pfennig wurde er zudem rückwärts geschrieben. In den folgenden Jahren wurde Felix durch Abbildungen der Fraumünsteräbtin und der Stadtherrin ersetzt.

Mit dem Aufkommen der grossen Silbermünzen der Neuzeit wurden Motive der Heiligen wieder verwendet. Münzen von 1504 und 1505 zeigen Felix und Regula mit abgetrennten Köpfen und Heiligenscheinen. Zu ihren Füssen liegt das Stadtwappen und auf der rechten und linken Seite sind die Namen eingraviert. Ein Taler von 1512 wurde nach dem Vorbild eines Siegels aus dem 14. Jahrhundert geschaffen. Erstmals zeigte er alle drei Stadtheiligen auf einer Münze vereint. Auf den Goldmünzen der gleichen Zeit wurde Karl der Grosse abgebildet, der Gründer des Grossmünsters.

Nach der Reformation wurden die Stadtheiligen lange Zeit nicht mehr als Münzmotive genutzt. Etwa hundert Jahre später fanden Felix und Regula Verwendung auf einem undatierten Zürcher Dukaten. Auf der Rückseite befand sich eine Abbildung Karls des Grossen. Zeitlich dürfte seine Prägung etwa im selben Rahmen liegen, in dem der Zürcher Theologe Johann Jakob Ulrich seine Schriften veröffentlichte. In ihnen setzte er sich stark für die Wiedereinführung der Heiligen auf Münzen ein .[10] Seiner Meinung nach waren sie die ersten Vertreter des christlichen Glaubens in Zürich und als solche verdienten als solche eine besondere Ehrung. Trotz seines Einflusses als Verwalter des Grossmünsterstiftes verwendete der Dukat als letzte Münze das Heiligenmotiv von Felix und Regula.

Reformation und Gegenreformation


Ausschnitt aus dem geretteten Teil des Altarbilds von Hans Leu d.Ä.: Felix, Regula und Exuperantius, um 1500

Anders als in vielen weiteren Regionen, in denen die Reformation vonstattenging, geschah der Bildersturm, das heisst die Entfernung der Altäre, Bildwerke und des Kirchenschatzes in Zürich relativ geordnet. Der Obrigkeit gelang es, die Bildergegner zu beschwichtigen und einen Sturm auf die Kirchen zu verhindern. Eine Ausnahme stellte die Revolte vom Pfingsttag 1524 in Zollikon dar. Der Vorfall veranlasste den Rat dazu, schnell zu handeln. Gemäss einem ersten Beschluss sollten die Bilder aus den Kirchen entfernt, aber nicht zerstört werden .[11] Das Traktandum wurde am 15. Juli erlassen. Vom 20. Juni bis zum 2. Juli erfolgte die Räumung der Kirchen hinter verschlossenen Türen. Mit der Aufgabe waren die drei Prediger Zwingli, Engelhart und Leo, sowie ein Mann von jeder Zunft, der gesamte Rat und die Handwerker der Stadt, darunter Zimmerleute, Schlosser, Schmiede, Steinmetze und Hilfsarbeiter beauftragt worden .[12]

Die Gräber der Stadtheiligen waren von dieser ersten Aushebung noch nicht betroffen. Die Zürcher Kultstätte wurde erst am 12. Dezember 1524 auf das Geheiss der Stadträte aufgehoben. Offizielle Ratsakten zu diesem Vorkommnis fehlen, dennoch berichten zahlreiche zeitgenössische Autoren, darunter Gerold Edlibach und der Chronist Bernhard Wyss von der Öffnung der beiden Särge. Wenige Tage, am 17. Dezember, später folgte der Abbruch des Felix und Regula Altars. Im September 1525 beschloss der Rat daraufhin, auch die restlichen Kirchenschätze einzuziehen. Als Begründung gab man an, dass dieses Geld für die verursachten Kosten der Reformation gebraucht würde .[13] Das Stift des Grossmünster vermochte zwar einen kurzfristigen Aufschub zu erwirken, doch seine Intervention beim Stadtrat am 30. September brachte nicht die gewünschte Wende. Die knapp 30 (von 200) anwesenden Ratsherren beharrten auf ihren Forderungen. Am 2. Oktober vormittags um 7 Uhr erschien eine Ratsdelegation in der Sakristei der einstigen Grabstätte von Felix und Regula. Mit der Beschlagnahmung der kirchlichen Güter verlor sich vorerst die Spur der Stadtheiligen im Grossmünster.

Das Heiligenbild, die fünf Altarbilder, welche ursprünglich im Auftrag des Grossmünster Zürich für die Zwölfbotenkapelle erstellt wurden, und die Legende von Felix und Regula und deren Martyrium verbildlichen, überstanden den Bildersturm nicht unversehrt. Heute bekannt unter dem Namen «Der Stadt Zürich Conterfey», sind alle fünf im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich zu betrachten. Aufgrund ihres – ehemaligen – Goldgrundes wird angenommen, dass es sich um Altarbilder handelt. Auch die Möglichkeit einer – verschollenen – sechsten Tafel ist daher nicht ausgeschlossen.

Die Reliquien

Die Pfarrkirche St. Peter und Paul in Andermatt, in der die angeblichen Häupter von Felix und Regula aufbewahrt werden.
Erhaltene Reliquien

Die einst im Grossmünster ausgestellten Häupter von Felix und Regula werden heute angeblich in der Sakristei der Pfarrkirche zu Andermatt aufbewahrt. Die noch erhaltenen Quellen, die die Echtheit dieser Reliquien bezeugen und deren Weg von Zürich nach Urseren schildern, sind verhältnismässig jung und nur wenig präzise. Die älteste bekannte Nachricht ist auf das Jahr 1648 datiert. Ihr zufolge erhielt die Jagdmattkapelle in Erstfeld eine Haarreliquie von Regula als Geschenk aus Andermatt. Das Beglaubigungsschreiben, das von Pfarrer Nicolaus Thong ergänzt in einer Abschrift in der Kapelle vorangebracht ist, hält fest, dass die Reliquie in einem Sarg gefunden wurde, welchen die Einwohner von Urseren 1525 von Zürich heimlich erhalten haben. Angeblich sei dieser zuvor in der Stadt versteckt gewesen, bis Zwingli von ihm erfuhr. Daraufhin wurde der Sarg dem sich damals in Zürich aufhaltenden Urserer Hansli Benet anvertraut, der ihn mit nach Andermatt nahm. In den folgenden Jahren befand er sich in der Obhut diverser Fürsten, die ihn auf ihren Schlössern verwahrten.[14]

Die Geschichte des Sarges wird in einem Protokoll von 1688 neu aufgegriffen, laut dem er zu dieser Zeit in Andermatt im Beisein kirchlicher und weltlicher Vertrauensmänner geöffnet wurde.[15]  Der Schreiber Cristoph Christen berichtet, dass sich nebst den Reliquien anderer Heiliger sich auch die Häupter von Felix und Regula darin befanden. Der Sarg wurde daraufhin wieder verschlossen und blieb weitere 80 Jahre der Öffentlichkeit verborgen. Erst 1730 orderte der Rat von Urseren an, zwei Schaukästen für die Häupter der Heiligen anzufertigen und sie auf dem 1716 von Jodocus Ritz erstellten Hochaltar dem Volk zur Betrachtung auszustellen .[16]

Dass die in Andermatt ausgestellten Reliquien tatsächlich denjenigen aus Zürich entsprechen, wird stark bezweifelt. Einerseits finden sich keine Indizien darauf, dass bei der Räumung des Grossmünsters am 2. Oktober 1525 etwas gefehlt hätte. Wären die Häupter von Felix und Regula verschwunden gewesen, so hätte dies für Aufsehen gesorgt. Die erste Nachricht über die Schädel findet sich allerdings erst 1648, gut 120 Jahre nach dem Bildersturm. In Thongs Abschrift werden zudem die Namen Felix und Regula mit keinem Wort erwähnt. Das Protokoll aus dem Jahr 1688 wiederum zählt eine Vielzahl von Reliquien auf, die im Sarg lagen. Viele der genannten Heiligen wurden in Zürich kaum oder gar nicht verehrt. All dies deutet darauf hin, dass die Häupter aus Andermatt nicht identisch mit den früheren aus Zürich sind. Anscheinend war man im 17. Jahrhundert darum bestrebt, die Verehrung von Felix und Regula in Andermatt neu zu beleben, nachdem diese in Zürich nach der Reformation beinahe in Vergessenheit geraten war.

Untersuchung der Reliquien


1950 wurden die Reliquien erneut geöffnet und von den beiden Schädeln je ein im Durchmesser etwa fünf Zentimeter grosses Stück aus dem Bereich des Hinterhaupts herausgeschnitten. Sie wurden der in dieser Zeit neu erbauten Kirche St. Felix und Regula in Zürich geschenkt. Ein paar Jahrzehnte später öffnete man die Reliquien vorerst das letzte Mal, um sie einer eingehenden Betrachtung unterziehen zu können. Mit dieser Untersuchung wollte man das Alter der Köpfe datieren und somit Aufschluss über die Frage erhalten, woher sie stammen.[17]

Der Schädel von Felix erwies sich bei der Untersuchung als nahezu vollständig und gut erhalten, wobei jedoch der gesamte Unterkiefer fehlte. Am hinteren Teil des rechten Scheitelbeins fehlte zudem die 1950 herausgesägte Knochenscheibe. Auf der Schädelunterseite schräg links hinter der Austrittsstelle des Rückenmarks am Hinterhauptbein war ein kleines Knochenstück herausgebrochen. Die Gelenkwalzen für die bewegliche Verbindung zwischen Kopf und Wirbelsäule erwies sich als zerstört, ob auf natürliche Weise, durch Zersetzung oder durch künstlichen Eingriff war nicht festzustellen. Auf beiden Seiten an den Warzenfortsätzen waren hingegen Spuren einer absichtlichen Beschädigung festzustellen. Die ursprünglich kräftigen Fortsätze sind symmetrisch in zwei Ebenen von aussen oben nach unten innen an ihrer Basis abgesägt.

Quer über dem Hinterhaupt klebt ein ungefähr elf Zentimeter langer Papierstreifen mit einer Aufschrift aus Tusche. Wahrscheinlich führte er ursprünglich als geschlossenes Band um den ganzen Schädel herum, das nun mitten im Text entzwei gerissen worden ist. Die noch vorhandenen Wörter lauten: Anno 312 Caput S. Felicis Martyris ex Thebae oder 30. Legion. Tyguri martyrizati.

Unter dem Papierstreifen und hinter dem Loch im Hinterhaupt war ein Siegel befestigt. In der Mitte steht der Erzengel Michael auf einem Lindwurm mit ausgebreiteten und gespreizten Schwingen und einem Speer in der Hand, den er dem Ungeheuer in den Rachen stösst. Auf der rechten Hälfte sind die Buchstaben «…en Engel» auszumachen. Bei dem Siegel handelt es sich wahrscheinlich um eines aus dem Kapuzinerinnenkloster in Attinghausen bei Altdorf. Ein gleiches Exemplar hängt an einem Aussteuerbrief von 1644 aus dem Kloster und ist mit der Aufschrift «Zuo allen Heiligen Engeln» gekennzeichnet. Das Kloster brannte 1676 vollständig nieder, woraufhin ein neues in Altdorf gebaut wurde. 1677 weihten die Nonnen das neue Kloster St. Karl ein. Es ist anzunehmen, dass die Schädel von Felix und Regula jenen Frauen anvertraut wurden, um sie zu überarbeiten. Dabei kennzeichnete man sie mit dem aus dem alten Kloster geretteten Siegel, wobei nur der Abdruck auf Felix' Kopf erhalten geblieben ist.

Die Oberfläche des Schädels ist kaum angewittert, auch dünnwandige Stellen wie beispielsweise die Augenhöhlen sind vollständig erhalten. Die Knochensubstanz ist aussergewöhnlich hart, was darauf hinweist, dass das Haupt von Felix weniger als zwei Jahrhunderte im Boden ruhte. Aufgrund der Schädelmerkmale gilt die Zuordnung zum männlichen Geschlecht als gesichert. Die Befunde am Gebiss weisen darauf hin, dass er zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr verstarb. Dem entspricht auch der Zustand der Schädelnähte. Sie zeigen weder auf der Innen- noch auf der Aussenseite eine beginnende Verschmelzung, was ein Ableben zwischen 25 und 35 am Wahrscheinlichsten macht. Proportionen, Masse und Konturen entsprechen weitgehend anderen Funden, die aus zahlreichen Grabungen in Zürich aus dem Früh- und Hochmittelalter bekannt sind.

 

La Salette 1846



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