Autor Thema: Sehr trauriges Zeugnis einer Abtreibung gefunden im Internet  (Gelesen 6074 mal)

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Offline Silvie

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Für Kira, von Klaudia M. (Name geändert)

Ich veröffentliche diesen Teil meines Lebens, weil ich mithelfen möchte, dass das Kindermorden ein Ende nimmt. Ich veröffentliche diese Geschichte, weil es überaus leicht ist, in der Zeit, in der wir Frauen am schwächsten sind, nämlich der Schwangerschaft, unsere Ängste, dass das Kind krank sein könnte und dass wir ein solches „Monster“ niemals lieben werden können, auszunutzen, so dass wir unsere Kinder einem grausamen Tötungsakt ausliefern.

Keinem, wirklich keinem Menschen wünsche ich das, was ich seitdem durchmache.

Ich hatte schon 2 Kinder, Simon und Kati, als sich eine dritte Schwangerschaft einstellte. Wie war ich darüber unglücklich, wo wir es doch gerade geschafft hatten, aus dem „Gröbsten“ rauszusein. Wie war ich unglücklich über das Spannen in der Brust, den unangenehmen Bauch und den Gedanken, in einem reichen Land arm zu sein, weil ich Kinder habe. Dabei sind wir ja nicht wirklich arm, aber ringsum haben die Leute halt schicke Autos, die Frauen sind gut angezogen, fahren zweimal im Jahr in Urlaub. Ich habe damals nur das gesehen, was ich sehen wollte, die Realitäten (Scheidungen, Hausverkauf usw.) habe ich ausgeblendet. Es stimmt schon, ich wollte nur mich selbst bemitleiden, mir jederzeit ein neues Kleid kaufen können, mal ohne Schmuddel-T-Shirt vor den Spiegel treten, ach lauter solche Unwichtigkeiten. Aber in der Schwangerschaft bekommen die auf einmal so viel Gewicht, in der Schwangerschaft ist nichts mehr so wie es vorher war und es gibt eine effiziente Totmach-Industrie, verpackt in weißen Arzt-Kitteln, die uns vorgaukelt, „nach dem Entfernen der Frucht ist alles wieder so, als wäre sie nie dagewesen“. Das ist ein wörtliches Zitat.

An einem Nachmittag kam Kati zu mir und wollte mit ihren 9 Jahren wissen, ob es mir nicht gut ginge. Ich weinte und sie umarmte mich und schließlich fragte ich sie: „Was würdest Du denn sagen, wenn es noch ein Geschwisterchen gäbe?“ Die Antwort meines Wildfangs fiel prompt und eindeutig aus: „Also ich, ich fänd‘s voll o. k.“

Danach war für mich die Welt eigentlich wieder in Ordnung, ich dachte mir, dass alles schon auf die Reihe kommen wird und machte einen Termin beim Frauenarzt aus, da war ich 37 Jahre alt. Der war freundlich wie immer, er hatte ja schon meine beiden Großen entbunden, und redete mir immer wieder zu, ‚in meinem Alter vorsichtig zu sein und alle Untersuchungen in Anspruch zu nehmen, die notwendig sind, damit man beruhigt ist.‘ Erst nahm ich das ganze nicht so ernst, aber dann schließlich, Anfang des sechsten Monats nahm der Druck von ihm plötzlich zu. Damals war ich müde und abgespannt und sagte zu. Ich weiß es nicht mehr ganz genau, aber der schreckliche Befund, das schreckliche Wort hieß „Mosaik“ und deutete auf eine Fehlbildung hin. Dabei habe ich dann erfahren, dass es ein Mädchen ist. Mein Mann war entsetzt, meine Kinder waren entsetzt, die Großeltern waren entsetzt und mein Frauenarzt war auch entsetzt. Wie hätte ich da nicht entsetzt sein sollen? Aber ich blieb äußerlich ruhig, alle wollten ja nur das Beste für mich …

Jedenfalls saß ich eines Nachmittags im Sprechzimmer eines anderen Gynäkologen, und dort entspannte ich mich: An der Wand hing ganz groß ein Marienbild, der Arzt selbst gutaussehend, sehr höflich, setzte mir mein ‚Mosaik‘ auseinander. Mir war ganz elend, aber ich bewahrte Haltung, ich dachte mir, so ein gutaussehender Mensch, der in einer solchen Umgebung arbeitet, der kann mir nichts Böses wollen. Der kann ganz einfach nichts tun, was nicht richtig ist. Schließlich fragte ich, ob er mir dazu raten könne, das Kind zu bekommen. Er sah mich sehr liebevoll an und erklärte mir ausführlich, welche Behinderung im allerschlimmsten Fall auf mich zukäme, aber dass man das freilich erst nach der Geburt sagen könne. Und dann erklärte er mir ebenso liebevoll, dass ich auch an meine beiden anderen Kinder denken muss, für die trage ich Verantwortung, die könnten ja leicht hintenrunterfallen bei all der Sorge um das behinderte Kind … Die meisten Ehen mit behinderten Kindern würden zudem geschieden, weil die Belastung so hoch sei. Äußerlich, ich verstehe überhaupt nicht mehr wieso, blieb ich ganz ruhig, bedankte mich sehr für seine Mühe und wollte gehen. „Wenn Sie möchten, mache ich Ihnen einen Termin in der besten Kinik, die es in Heidelberg gibt, dort werden Sie freundlicher behandelt.“ Als ich auf Nachfrage erfuhr, um welche Klinik es sich handelt, war ich ziemlich baff, denn mir waren öffentliche Äußerungen bekannt, dass man dort gar keine Abtreibungen vornähme. Er sah meine Verwirrung und schlug vor, „für mich alles zu regeln“ und ich stimmte zu.

Ein paar Tage hatte ich noch Bedenkzeit. Erst war ich erleichtert: Es würde weggemacht. Ich rief verschiedene Personen an, von denen ich Zustimmung zu diesem Vorhaben erntete, bis auf eine Person. Diese rief ich mehrmals an und als ihre Warnungen schließlich in meinem Verstand ankamen, ging ich zu meinem Mann und erzählte ihm das. Er rief daraufhin bei ihr an und verbat sich jegliche Kommunikation. Auch hier war ich wieder sehr erleichtert.
Beim Vorstellungstermin in der Klinik, den ich mehr oder weniger benebelt wahrnahm, fragte ich mehrmals, ob das meinem Kind wehtue: Nein, das Kind spüre gar nichts, nein, es hätte gar keine Schmerzen und danach ist es so, als wäre keine Schwangerschaft dagewesen. Das glaubte ich und ging hin.

Ich weiß dann eigentlich nur noch, dass ich auf diesen Stuhl klettern musste und dass an diesem Tag überhaupt keine Freundlichkeit mehr zu spüren war, nur noch das Schnell-durchziehen-Müssen. In der Narkose hatte ich einen Traum, der sich seitdem fast jede Nacht wiederholt:

Ich sitze in einem Hubschrauber ohne Pilot und die Rotorblätter knattern laut, wir schweben über einem Fleckchen Erde, das aussieht wie das Paradies. Und doch ist da etwas Schreckliches, Tödliches, das mir Herzrasen verursacht. Plötzlich stehe ich am Boden und schaue mich um und habe schreckliche Angst. Dort vorne springt mir ein etwa einjähriges Mädchen entgegen, wunderschön anzusehen, die Händchen nach mir ausgestreckt ruft es etwas in Kindersprache. Wie erstarrt stehe ich da und will ihr entgegengehen, weil das auf einmal unheimlich wichtig ist. Die Kleine ist direkt vor mir, in einem Aubenblick würde ich sie in die Arme schließen, nichts wünsche ich sehnlicher. Da höre ich das Rotorgeknatter wieder näherkommen und Schüsse knallen. Schüsse, die von hinten den kleinen wunderschönen Kinderkörper im schönen Kleid durchschlagen und mir lauter Blutspritzer ins Gesicht, in die Haare schleudern. Überall ist Blut und das Kind bricht vor mir blutüberströmt zusammen, die Händchen zu mir hochgereckt, entsetzt, fragend und schmerzvoll schaut es mich an. Es will etwas sagen, aber es kommt Blut aus all den vielen aufgerissenen Löchern. Dann sitze ich wieder im Hubschrauber und fliege blutbesudelt weg.

Ich wache schweißgebadet auf.
In der Klinik wurde ich dann gut versorgt und nach einigen Tagen durfte ich nach Hause. Äußerlich war alles in Ordnung, ich wartete auf meine Erleichterung, die auch so nach und nach kam. Aber es kam noch etwas anderes, etwas, das ich nicht kontrollieren konnte.

Eines Morgens, nachdem die Großen zur Schule weggegangen waren, zog ich meinen Mantel an und ging in die Klinik, ich bestieg den Aufzug, lief in die Station hoch und, als ob ich neben mir stehe, höre ich mich schreien, dass sie mir mein Kind wiedergeben sollen, dass sie es umgebracht haben und dass ich gar nicht einverstanden war mit der Abtreibung. Ich schrie immer wieder, dass ich mein Kind haben will, bis sie mich schließlich in einem Raum auf eine Liege drückten und mir eine Beruhigungsspritze gaben. Ich wollte die Ärzte sprechen, ob mein Kind wirklich behindert war. Seitdem weiß ich, dass es gesund war. Ich weiß, dass Kira nicht behindert war Selbst wenn, es wäre überhaupt kein Problem gewesen, ich wollte sie nicht töten lassen.

Aber ich war schwanger und offenkundig leicht manipulierbar und ich ließ es geschehen. Ich bereue nichts im Leben mehr als diesen Schritt.
Es gibt kein Wort für die innere Qual, die nach außen nicht sichtbar ist, aber sie ist furchtbar. Selbst das Wort furchtbar ist nicht furchtbar genug, um auszudrücken, wie es in mir aussieht.

Ich bitte, ich flehe alle Ärzte an: hört damit auf.

Quelle: siehe gloria.tv

 

La Salette 1846



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