Maria: ein GeheimnisJesus Christus ist durch die allerseligste Jungfrau Maria in die Welt gekommen, durch
sie muss er auch in der Welt herrschen.
Maria führte ein ganz verborgenes Leben. Deshalb wird sie vom Heiligen Geist und von der Kirche die 'verborgene und geheimnisvolle Mutter' genannt.
In ihrer so tiefen Demut verlangte sie nur danach, allein von Gott erkannt zu werden, aber allen Geschöpfen und sich selbst verborgen zu bleiben.
Gott erhörte ihre Bitte nach einem Leben in Verborgenheit, Armut und Demut. So gefiel es ihm, dass ihre Empfängnis und ihre Geburt, ihr Leben mit all seinen Geheimnissen, ihre Auferstehung und ihre Aufnahme in den Himmel fast allen Menschen verborgen blieb. Selbst ihre Eltern wussten nicht, wer sie in Wirklichkeit war, und die Engel fragten einander oft 'Wer ist sie?' (Hld 8,5). Denn Gott verbarg sie vor ihnen. Und wenn er ihnen etwas über Maria offenbarte, dann war es so viel wie nichts im Vergleich zu dem, was er ihnen verbarg.
Gott Vater wollte, dass Maria in ihrem Leben keine Wunder wirkte, wenigstens kein offensichtliches,
obwohl er ihr die Macht dazu verliehen hatte. Gott Sohn wollte, dass sie wenig sorach, obwohl er ihr seine Weisheit mitgeteilt hatte. Gott Heiliger Geist wollte, dass seine Apostel und Evangelisten nur sehr wenig von ihr sagten und nur soviel wie nötig, um Jesus Christus zu offenbaren, obwohl sie seine treue Braut war.
Maria ist das herrliche Meisterewerk des Allerhöchsten. Er allein hat sich vorbehalten, sie zu kennen und zu besitzen. Maria ist die wunderbare Mutter des Sohnes. Ihm hat es gefallen, sie zu erniedrigen und zu verbergen, um ihre Demut zu fördern. Er nannte sie einfach 'Frau' (Joh 2,4; 19,26) als wäre sie eine Fremde, obwohl er sie in seinem Herzen höher schätzte und mehr liebte als alle Engel und Heiligen. Maria ist der 'versiegelte Quell' (Hld 4,12) und treue Braut des Heiligen Geistes. Er allein tritt bei ihr ein.
Maria ist das Heiligtum und die Ruhestätte der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Hier ist Gott herrlicher und göttlicher als irgendwo sonst, herrlicher und göttlicher selbst als auf seinen Thron über den Cherubim und Seraphim. Kein Geschöpf, und sei es noch so rein, darf ohne besondere Gnade in dieses Heiligtum eintreten.Ich sage mit den Heiligen: Maria ist das irdische Paradies des neuen Adam. In ihr hat er Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist, um unbegreifliche Wunder in ihr zu wirken. Maria ist die Welt Gottes, groß und göttlich, voller Schönheiten und Kostbarkeiten. Sie ist die Herrlichkeit des Allerhöchsten, in der er seinen einzigen Sohn und in ihm alles, was er an Herrlichem und Kostbarem besitzt, wie in seinem eigenen Schoß verborgen hat. Welch große und verborgende Dinge hat der allmächtige getan! Maria hat es trotz ihrer tiefen Demut bekannt: 'Der Mächtige hat Großen an mir getan' (Lk 1,49). Aber die Welt ist nicht
fähig und nicht
würdig, dieses Geheimnis zu erkennen.
Die Heiligen haben wunderbare Dinge von Maria, der heiligen 'Stadt Gottes' gesagt. Wenn sie von Maria sprechen konnten, seien sie so beredt und glücklich gewesen wie sonst nie, bekennen sie und sagen, die Höhe der Verdienste Marias, die sich bis zum Thron Gottes erhöben, lasse sich nicht schauen, die Weite ihrer Liebe, die über die Erde hinausreiche, lasse sich nicht messen, die Größe ihrer Macht, die sich sogar über Gott erststrecke, lasse sich nicht begreifen, die Tiefe ihrer Demut und aller ihrer Tugenden und Gnaden lasse sich gleich einem Abgrund nicht ausloten.
Welch unfassbare Höhe! Welch unaussprechliche Weite! Welch unermessliche Größe! Welch unergründliche Tiefe!Tag für Tag, von einem Ende der Erde bis zum anderen, in den höchsten Höhen und in den tiefsten Tiefen, alles predigt und kündet von Maria, der wunderbaren. Die neun Chöre der Engel, Menschen jeden Geschlechtes, Alters, Standes und Bekenntnisses, Gute und Böse, ja sogar die Teufel sind durch die Kraft der Wahrheit gezwungen, sie selig zu preisen, ob sie wollen oder nicht. Alle Engel im Himmel rufen ihr unaufhörlich zu - so der heilige Bonventura: Heilig, Heilig, heilig bist du, Maria, Gottesmutter und Jungfrau! Tausend- und abertausendmal enbieten sie ihr jeden Tag den Gruß des Engels: 'Gegrüßet seist du, Maria' ...
Sie werfen sich vor ihr nieder und bitten sie um einen Auftrag, als wäre es eine Gnade. Der Heilige Michael sei der eifrigste, wenn es gilt, Maria Ehre zu erweisen oder erweisen zu lassen, obwohl er der Fürst der himmlischen Heere sei, schreibt der heilige Augustinus. Er sei stets auf die Ehre bedacht, auf ihren Wink hin einem ihrer Diener zu Hilfe zu eilen.
Die ganze Erde ist erfüllt von ihrem Ruhm, ganz besonders bei den Christen, die sie zur Patronin vieler Königreiche, Provinzen, Bistümer und Städte erwählt haben. Wie viele Kathedralen sind auf ihren Namen Gott geweiht! Keine Kirche ohne Marienaltar, kein Land, keine Gegend ohne ein Gnadenbild vor dem nicht jede Art von Krankheit geheilt und Gnaden aller Art gewährt würden! Wie viele Bruderschaften und Kongregationen ihr zu Ehren! Wie viele Angehörige der verschiedensten religiösen Gemeinschaften singen ihr Lob und preisen ihre Barmherzigkeit! Jedes Kind, das ein 'Gegrüßet seist du. Maria' stammelt, singt ihr Lob!
Jeder Sünder, und sei er noch so verstockt, hat in ihr noch einen Funken Hoffnung! Selbst die Teufel in der Hölle achten sie aus Furcht!Es ist deshalb wahr und recht, mit den Heiligen zu sagen:
VON MARIA NIE GENUG. Maria hat noch nicht genug Lob, Ehre, Liebe und Dienst empfangen. Sie verdient noch mehr Lob, Verehrung, Liebe und Dienst.
So muss man mit dem Heiligen Geist sagen:
'Alle Herrlichkeit der Königstochter ist in ihrem Innern' (Ps 44,14 Vg), so als ob alle äußere Ehre, die ihr Himmel und Erde erweisen, nichts wäre im Vergleich zu der Ehre, die sie in ihrem Innern vom Schöpfer empfängt. Sie bleibt den kleinen Geschöpfen unbekannt, weil sie nicht in die innersten Geheimnisse des Königs einzudringen vermögen.
So müssen wir mit dem Apostel rufen:
'Kein Auge hat geschaut, kein Ohr gehört, keines Menschen Herz erfasst' (1Kor 2,9): die Schönheit, die Größe und die Herrlichkeit Marias, die das Wunder aller Wunder der Gnade, der Natur und der Herrlichkeit ist.
'Wenn du die Mutter verstehen willst, suche den Sohn zu begreifen,' sagt ein Heiliger. Maria ist Gottes würdige Mutter. Hier kann man nur ehrfürchtig schweigen.
Ich habe dies mit besonderer Herzensfreude geschrieben, um zu zeigen, dass Maria bis jetzt nicht erkannt worden ist. Das ist einer der Gründe dafür, dass Jesus Christus nicht so erkannt ist, wie es sein müsste. Wenn Erkenntnis und Herrschaft Christi in die Welt kommen sollen, was sicher ist, dann nur als notwendige Folge der Erkenntnis und der Herrschaft Marias. Sie hat Jesus beim ersten Mal zur Welt gebracht, auch beim zweiten Mal wird sie ihn der Welt offenbaren.