Lieber "Arn de Gothia" ...ich kann Dir absolut nachfühlen, wie es Dir geht!
Meine Frau sagte mir nach 12 Jahren Ehe eines Abends, dass sie seit einem halben Jahr ein Verhältnis mit einem anderen Mann (evangelisch u. geschieden) hat. Für mich brach eine Welt zusammen, wie sollte es nun mit unseren beiden Kindern (2 u. 5 Jahre) und mit mir weiter gehen? Unter Tränen habe ich sie angefleht, sich das Ganze nochmals zu überlegen u. uns alle nicht zu verlassen. An einem verlängerten Wochenende sind wir ohne Kinder (die konnten wir Gott sei Dank bei unseren Großeltern lassen) zu einer ehrlichen Aussprache in einen Kurzurlaub gefahren. Danach sagte sie, es ist wieder alles okay, sie liebt mich immer noch und möchte unsere Ehe fortsetzen. Doch kaum zuhause angekommen telefonierte sie mit ihrem neuen Freund u. fuhr die selbe Nacht noch zu ihm. Ich hatte einfach keine Chance mehr, sie für mich zurückzugewinnen. Es war alles so dunkel um mich, hoffnungslos und traurig geworden. Ich konnte nichts mehr essen u. war irgendwie total daneben. Zum Glück fingen mich Freunde auf, die versuchten, mit mir das Ganze irgendwie zu verarbeiten oder nur durch ihre Anwesenheit, Nähe, Zuwendung und Umarmungen das Ganze etwas zu lindern. Dieser menschliche u. körperliche Kontakt, der mir erst einmal half, wieder seelisch halbwegs auf die Beine zu kommen, war für mich elementar wichtig.
So ging das Ganze ungefähr ein halbes Jahr. Manchmal schöpfte ich Hoffnung es könnte wieder was werden aber als sie immer öfters mal abends zum übernachten zu ihrem Freund fuhr, war diese Hoffnung am nächsten Morgen meistens ausgelöscht.
Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, wie ich mich in diesen Stunden fühlte, während sie bei ihrem Freund übernachtete und ich daheim mit den beiden Kindern alleine war. Niemand außer Gott weiß, was ich damals gelitten habe.
Ich möchte hier auch keine schmutzige Wäsche waschen, absolut nicht. Zu einer Krise oder Trennung gehören immer zwei.
Es gab zwar schon mal Meinungsverschiedenheiten, wir haben uns aber niemals gestritten oder angeschriehen. Die Kinder hielten wir aus dem Ganzen raus so gut es eben ging aber glaubt nur nicht, dass die keine Antennen haben, wenn es in der Ehe nicht mehr stimmt.
Nach diesem besagen halben Jahr ist dann meine Frau zu ihrem neuen Freund eingezogen. Ich hatte ihr zum Abschied noch einen hübschen Blumenstrauß ins Auto gelegt u. einen Brief, dass sie sich das Ganze nochmal überlegen solle u. gerne zurückkommen darf....tja, und dann ist sie doch losgefahren.
Am selben Tag rief mich ihre beste Freundin an und sagte, dass sie bitterlich geweint hat und wahrscheinlich wieder zu mir zurückkommen wollte. Doch daraus wurde leider nichts mehr.
Wie gesagt, wir haben die Kinder so gut es ging aus allem rausgehalten. Wir haben nie einen Rosenkrieg geführt, sind so gut es eben ging, ganz normal miteinander umgegangen. Niemals wäre es uns eingefallen, die Kinder irgendwie als "Waffen" einzusetzen um den anderen auszuspionieren oder ähnliches, das war uns absolut wichtig um diesen kleinen unschuldigen Seelen nicht noch mehr Schaden zuzufügen.
Dann brauchte ich endlich auch mal eine Auszeit. Ich fuhr mit den Kindern nach Belgien in einen wunderschönen Freizeitpark...und wie es der Zufall will, traf ich dort am Anreisetag am Sandkasten eine junge Frau, die gedankenversunken mit ihrem Kind spielte. Sie beobachte mich, wie ich mit meinen Kindern umging und merkte natürlich gleich, dass diese Konstellation "ein Mann und zwei Kinder" nicht normal ist. Also erzählte ich ihr meine Geschichte u. sie mir ihre. Sie war noch ledig u. hatte von ihrem Freund ein Kind, mit dem sie zwar zusammen lebte aber Heirat nie ein Thema für ihn war, eher nur eine Zweckgemeinschaft, da sie mit 17 wegen der Trennung ihrer Eltern von Zuhause abgehauen und bei ihrem Freund als Pferde-Pflegemädchen und Haushälterin untergekommen war, parallel dazu studierte sie Medizin.
Nach dieser Woche fuhr ich mit meinen beiden Kindern wieder nach Hause und musste diese nun in der Wohnung beim Freund von meiner Frau zum ersten Mal "abliefern". Sie zeigte mir die neu eingerichteten Kinderzimmer...........ich kam mir irgendwie total überflüssig vor.........mir standen die Tränen in den Augen, ich brachte kein Wort mehr heraus, ich wusste zwar, die Kinder sind jetzt bei ihrer Mutter, doch gleichzeitig versuchte ich mir vorzustellen, was nun in diesen Kinderseelen vorgehen musste, wenn sich nun Mutter und Vater an der Türschwelle verabschieden.
Wie gesagt, das Ganze was ich in dieser Zeit durchgemacht habe, kennt nur Gott u. das was meine Frau durchgemacht hat, auch. Ich möchte sie absolut nicht schlechtreden, sie hat in dieser Situation was die Kinder betrifft, absolut zu mir gehalten u. mich unterstützt, dafür danke ich ihr heute noch. Wir ließen uns 2 Jahre nachdem wir so getrennt gelebt hatten, zivilrechtlich scheiden. Die Scheidung war in 5 min erledigt. Die Richterin war total baff, weil es in so einem Prozess eigentlich erst einmal richtig zur Sache geht.....bei uns aber nicht, wir hatten nicht vor, uns über etwas zu streiten. Das Sorgerecht war geklärt u. sonst hatten wir nicht vor, irgendwie gegeneinander zu klagen. Im Gegenteil, als wir das Ganze hinter uns hatten, fragte mich nun meine "Ex-Frau" ob wir nicht zusammen in einem Café noch was trinken wollen. Gesagt, getan! Wir unterhielten uns noch ein wenig, vor allem natürlich über die Kinder, wie wir das in Zukunft händeln usw. Sie heiratete in der Zwischenzeit ihren Freund.
Tja, was danach kam lässt sich nun im Zeitraffertempo erklären. Nach etlichen Briefen, stundenlangen Telefonaten usw. stand meine Urlaubs-Bekanntschafts-Medizinstudentin mit Kind u. Kegel vor meiner Haustüre u. wollte gerne bei mir einziehen. Gesagt, getan! Sie absolvierte an der hiesigen Uni ihr Studium als Ärztin und nicht nur das. Eines Tages kam sie heim und offenbarte mir, dass sie schwanger sei. Wir nahmen uns in die Arme und weinten erst mal vor laute Freude. Eine Abtreibung wäre uns niemals in den Sinn gekommen!!! So war nun halt unsere Patchwork-Family komplett!! In ihrem Wesen ist sie wirklich ein Engel, obwohl sie Atheistin ist.
Es ist mir noch genau in Erinnerung als wäre es erst vor einem Augenblick geschehen.....als wir es nun "unseren" 3 Kindern erzählten, war da so eine spontane und freudige Reaktion, die absolut beispiellos ist.
Nach der Geburt unserer Tochter heiratete ich also meine 2. Frau. (aber nicht aus dem Grund, dass das Kind endlich einen ehelichen Vater hat, sondern aus Liebe).
Inzwischen ist unsere "Kleine" süße 17 Jahre alt u. macht nächstes Jahr ihr Abi. Bis jetzt möchte sie immer noch kein Taschengeld, war noch nie in einer Disco, kocht lieber stattdessen am Wochenende für uns oder backt einen Kuchen. Sie zieht sich gerne zurück u. liest lieber gute Bücher, kümmert sich gerne um die Tiere (wir haben eine kleinen Bauernhof) , Fernseher ist eher nebensächlich. Sie ist eine ganz Sanfte, noch nie gab es eine Disput oder einen verbalen Streit, manchmal denke ich darüber nach, ob sie vielleicht unbewusst uns diese Elternliebe zurückgeben möchte, was wir ihr als Neugeborenes oder später im Kindesalter geschenkt haben??? Alle unsere Kinder verstehen sich wirklich herzlich gut, bis auf unsere "Kleine" sind die übrigen 3 in der Zwischenzeit schon "ausgeflogen" und führen ihr eigenes Leben. Doch alle sind bei uns wirklich gerne zu Besuch daheim. Es ist eine liebliche Atmosphäre, die mich glücklich macht und ich daraus den Schluss ziehe, dass wir diesen Kinderseelen keine Schaden zugefügt haben und wir trotz unserer Trennung das Beste daraus gemacht haben. Im Nachhinein muss ich euch gestehen, dass ich (so wie meine jetzige Frau liebevoll meint), einen nicht normalen Babyreflex habe. Sehe ich irgendwo eine Mutter mit einem Neugeborenen, so frage ich sie, ob ich das Kleine nicht auch mal in meinen Arm nehmen darf. Ich finde Kinder einfach etwas Göttliches, ich kann nichts dafür, es ist halt eben so. Und wenn eines meiner Kinder irgendwann mal zu mir kommt und sagt: Papa, jetzt wirst Du bald Opa...........so bin ich womöglich der erste Mann hier in unserem netten "Kuhdorf", der liebevoll im Tragetuch die Enkelin oder den Enkel fest an seinen Bauch gebunden beobachtet werden kann. (obwohl ich dies bei unseren Kindern schon immer liebevoll gemacht habe..........es gibt nichts schöneres als Kinder zu behüten...........)
Im Nachhinein ist dies natürlich schon alles "lange" her, lieber "Arn de Gothia", schon über 21 Jahre, doch ich wollte einfach mal Deinen Beitrag zum Anlass nehmen, hier meine Lebensgeschichte niederzuschreiben, vielleicht hilft sie Dir ein bisschen weiter.
Viele Ehen gehen heute auseinander, indem von einem Verhältnis in das andere gewechselt wird, ohne dem Partner die Chance zu geben, das Ganze nochmals in Ruhe zu überdenken und die Möglichkeit, die Türe für eine Rückkehr offen zu halten. Ich habe nach wie vor Kontakt zu meiner ersten Frau, wir treffen uns meistens am Geburtstag unserer Kinder oder erledigen füreinander irgendwelche Aufgaben, die der andere aufgrund seiner Ausbildung einfach besser kann. Wir begegnen uns uns freundschaftlich und respektvoll.
Natürlich habe ich mir durch mein Handeln als "Geschiedener Wiederverheirateter" die Teilnahme an den Sakramenten verwirkt, was sehr schmerzt, das kannst Du mir glauben. Wenn ich beim Gottesdienst nun in der Bank sitzenbleibe und zusehen muss, wie der Priester die Kommunion an die Gläubigen verteilt, so kostet mich dies unheimlich Kraft, nicht in Tränen auszubrechen. In Gedanken kann ich einfach nur stammeln, bitte, lieber Jesus, komm trotzdem auch zu mir, lass mich wenigstens den Saum Deines Gewandes berühren, auch wenn ich Dich nun nicht mehr leiblich empfangen darf......es ist einfach zum heulen. Früher bin ich oft zur Kommunion, weil es andere halt auch getan haben, ohne vorher zu beichten. Man wollte schließlich nicht auffallen. Nun hat dies einen absolut anderen Stellenwert und weiß nun, wie weh es tut, wenn man dies aus besagten Gründen nicht mehr darf.
Was mir natürlich auch schwer zu schaffen macht, ist der Umstand, dass ich nicht mehr zur Beichte gehen darf. Nun muss ich mein "Sündenpäckchen", das von Tag zu Tag schwerer wird, bis an mein Lebensende tragen....wird es mir eines Tages nicht zu schwer, so dass ich unter dieser Last verzweifelt zusammenbreche?

Ein Mörder kann seine Tat im Beichtstuhl gestehen......jemand der ein Kind geschändet hat auch...........ihnen wird vergeben und die Absolution erteilt..............nur jemand, dessen Ehe zerbrochen ist und in einer weiteren (Zivil)-Ehegemeinschaft lebt, leider nicht.........
ich möchte hier nicht anklagen, wirklich nicht, ich stelle das katholische Kirchenrecht nicht in Frage, dazu habe ich nicht die Befugnis.
Ich möchte mich nur in Liebe der Barmherzigkeit Gottes anvertrauen, wenn ich einst vor dem Richterstuhl des Allerhöchsten stehe und Rechenschaft über mein irdisches Leben geben muss.
Bitte betet für "Arn de Gothia", aus menschlicher Sicht lässt sich da wohl nichts mehr machen, doch für Gott ist nichts unmöglich.
-Verzeihung und Barmherzigkeit-
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