Tschenstochau
Um die im Westen wohl berühmteste Ikone, die ca. 600
Jahre alte «Schwarze Madonna» von
Tschenstochau (Czestochowa) ranken sich viele Legenden.
Sicher ist die Schutzpatronin Polens der Inbegriff für
Glaubenstreue und Vaterlandsliebe. Das Kloster auf dem
Jasna Góra
(= Heller Berg) blieb als Festung in Kriegen unbesiegt.
Paulaner - die treuen Hüter von Jasna
Góra
Der schlesische
Herzog Wladislaw v. Opole stiftete 1382 auf dem
«Hellen Berg» ein Kloster. Er rief
Paulinermönche aus Ungarn, wo Eusebius diesen
Orden gegründet hatte
(1309).
Sie stellten eine Muttergottes-Ikone, das
heutige Gnadenbild, in die kleine Klosterkirche.
Die «Nachfahren» des Hl. Paulus v. Theben
(228-318 ca.),
des ersten Eremiten in der Geschichte der
Christenheit, betreuen das Heiligtum heute noch.
Nicht nur wegen der auffallenden Wunder ziehen
die Pilger seit Jahrhunderten zu diesem
Gnadenort, sondern weil sich die Gottesmutter in
Krisenzeiten der polnischen und europäischen
Geschichte als Helferin erwies. Wie eh und je
werden die Pilger vom Gnadenbild förmlich
angezogen und sinken auf die Knie. Mit der
rechten Hand zeigt die Gottesmutter zum
göttlichen Kind auf ihrem linken Arm. Dieses
hebt die rechte Hand zum Segen und hält das
Evangelienbuch in Seiner Linken. |
|
Die «Schwarze Madonna» von Tschenstochau. Sie
ist nach dem Hodegetria-Vorbild (=die
wegweisende; Original im 5. Jh. in
Konstantinopel) zwischen dem 6.-14. Jh. gemalt
worden. Infrarot-Analysen bestätigen, dass die
Ikone durch «die Klinge einer Waffe» beschädigt
worden ist. |
Der Glaube eint eine Nation
Der tief
verwurzelte katholische Glaube hat für das
polnische Volk eine wohl einmalige Bedeutung.
Kein Land kann auf ein solch wechselhaftes
Schicksal zurückblicken. Die Regime wechselten,
das Land wurde geteilt und verschwand
schliesslich völlig von der Landkarte
(3. Teilung 1795).
Doch der polnische Katholizismus blieb. Der
Glaube war die Klammer, welche die Nation
zusammenhielt und ihr die nationale Identität
verlieh. Tschenstochau mit der «Schwarzen
Madonna» war das Symbol dieses Zusammenhaltes.
ein Stück polnischer Volksseele. Hier schöpft
das unbeugsame Volk die Kraft, über Jahrhunderte
hinweg eigenen Tyrannen oder fremden
Grossmächten zu trotzen.
So handelte Lech Walesa folgerichtig, als er die
ihm verliehene goldene Nobelpreis-Medaille der
Schwarzen Madonna von Tschenstochau schenkte.
Sie wird in der sehenswerten Schatzkammer
aufbewahrt. |
|
Kirche zur
Himmelfahrt der HI. Jungfrau Maria und der
Auffindung des HI. Kreuzes und Kloster der
Pauliner auf Jasna Góra
(Blick von Osten). Anstelle der ursprüngliche
Holzkirche wurde eine einschiffige Kirche
errichtet (142529), vor 1466 Bau der
dreischiffigen Kirche (1906 Basilika). Im 17.
Jh. umgebaut und durch Kapellen und Turm
erweitert, von dem alle 15 Minuten 36 Glocken
marianische Melodien spielen. Zur selben Zeit
Bau des Klosters, das nach dem Brand von 1690
überholt und im 18., 19. und 20. Jh. mehrfach
renoviert wurde. |
Papstbesuche
Beim
ersten Besuch von Johannes Paul II. als
Papst trafen 1979 mehr als 3 Millionen
Menschen zusammen
(wiederum
1983).
Am 14./15. 8. 1991 pilgerte er am 6.
Weltjugendtag mit rund einer Million
Jugendlichen in die «heimliche
Hauptstadt des Ostens». Zum nationalen
Wallfahrtstag kommen am 26. August
alljährlich hunderttausende nach
|
1979: Papst Johannes Paul II. in
Tschenstochau. |
Tschenstochau. In den letzten
Jahrzehnten wanderte eine Kopie des
Gnadenbildes durch alle Pfarreien und
Ordenshäuser und viele Familien des
Landes. Dieser Schutzschild wird heute
durch Westimporte
(Schmutzliteratur)
durchlöchert, aber Polen wird auch
diesen Ansturm überwinden.
|
Weiheschwur
Am 26. August 1656 wird
die «Schwarze Madonna» von
König Johann-Kasimir zur «Königin von
Polen» erklärt. Heute noch bekräftigt
das gläubige Volk zu Hunderttausenden
den Weiheschwur, der damals geleistet
wurde. Berühmt ist auch das Bittgebet
von König Sobieski vor dem Gnadenbild,
bevor er nach Wien zieht und 1683 das
Abendland vor dem Islam der Osmanen
rettet. Auch P. Maximilian Kolbe, der
«Soldat der Makellosen Jungfrau», hat
sein Leben der Schwarzen Madonna
geweiht. |
|
|
Rosenkranz aus
Brotkrumen, Dornenkrone aus Stacheldraht. Im
Kloster sind diese zwei Zeugnisse aus den
Konzentrationslagern Ravensbrück und Dachau zu
sehen, die von Häftlingen verfertigt worden
sind. Ist es Zufall, dass Hoffnung und Leid so
nahe beisammenliegen? Auschwitz — Birkenau ¬Wadowice
— Tschenstochau, vier polnische Orte, kaum 100km
auseinander. Namen, die das Grauen verkörpern,,
und Namen, die für Gnade und Versöhnung stehen.
Von Wadowice fuhr der junge Karl Woityla oft
nach Tschenstochau. Bei der «Schwarzen Madonna»
hat er Kraft geschöpft, um am Leid der Menschen
nicht zu verzweifeln. Von hier kam eine
Botschaff von Liebe und Güte, von Gnade und
Verzeihung. Unter das Motto «Totus tuus» (Dir o
Mutter ganz zu eigen) stellte der spätere
Johannes Paul II. sein Gegenprogramm zu Leid und
Elend. |
Am 26. August
1656 weihte König Johann Kasimir v. Polen sich
und sein Land der Gottesmutter Maria. Seither
wird die Weihe bei bedeutenden Anlässe
wiederholt. Die Weiheformel lautet:
Königin von
Polen, ich erneuere di Gelübde unserer Väter und
erkenne Dich als unsere Patronin und Königin an.
Ich verspreche Dir, alles zu tun, was in meinen
Kräften liegt, damit Polen in Wahrheit das Reich
Deines Sohnes und Dein Reich sei ...»
Mit leidenschaftlicher Stimme antwortet das
Volk:
«Wir
schwören es Dir, Maria, Königin von Polen, wir
schwören es Dir!» «Wir wollen alles tun, was in
unserer Macht liegt, damit Polen in Wahrheit
Dein Königreich und das Deines Sohnes sei, ganz
Deiner Herrschaft untertan in unserem
persönlichen Leben, in Familie, Volk und
Gesellschaft.» |
Das
Rubingewand des Muttergottesbildes.
Nach
spanischem Vorbild wird die Ikone seit dem 17. Jh.
«gekleidet». Nach der Krönung des Bildes
(1717)
fertigte Bruder Makary neue Gewänder an, die abwechselnd
verwendet wurden und Zeugnisse der europäischen
Goldschmiedekunst sind. Nach Archivquellen
(1842)
gab es drei: das Rubin-, das Diamanten- und das
Perlengewand, das 1909 mitsamt den päpstlichen Kronen
Dieben in die Hände fiel. Um den Frevel zu sühnen,
stifteten Frauen aus zwei Dörfern ihre Korallenketten
für ein Korallengewand. 1966 wurde zur Erinnerung an die
Einführung des Christentums in Polen und die Gründung
des polnischen Staates das «Gewand des 1000.
Jahrestages» gestiftet.
Überlieferung und Beglaubigung
Historisch nachweisbar wird die Schwarze Madonna
erstmals am Ende des 14. Jh. erwähnt. König Wladyslaw v.
Polen liess das Gnadenbild am 7. 9. 1382 feierlich im
Paulanerkloster auf der Jasna
Góra
in Tschenstochau aufstellen. Die Herkunft des
byzantinischen Gemäldes bleibt unklar. Neueste
wissenschaftliche Untersuchungen setzen ihr
Entstehungsdatum in das 6. Jh.
(in Künstler aus
Griechenland oder Russland soll es geschaffen haben).
Der Russ Tausender von Öllämpchen, die zu seiner
Verehrung aufgestellt wurden, haben es dunkel verfärbt.
Nach der Überlieferung soll der Evangelist Lukas noch zu
Lebzeiten der Gottesmutter das Bild gemalt haben. Er
habe dazu eine Tischplatte benutzt, die vom HI. Josef
gezimmert worden sei und in seinem Haus in Nazareth
gestanden habe. Doch wie gelangte das Heiligtum aus
Vorderasien in den polnischen Gnadenort? Die Frage
bleibt ungeklärt. Verblüffend ist jedoch ein Satz, der
sich in dem uralten Verzeichnis aller Gegenstände der
Casa Santa von Loreto findet: »Der Tisch der Heiligen
Jungfrau befindet sich in Polen, in der Stadt
Tschenstochau.» 1430 überfielen Hussiten
(=tschechische
Reformatoren von Jan Hus)
das Paulanerkloster. Die Eindringlinge verwüsteten die
Gebäude, und einer der Ketzer schlug mit seinem Schwert
auf die Ikone ein, so dass die Ikone zu Boden fiel und
in drei Teile zersprang. Auf Befehl König Jagiellos
wurde das schwerbeschädigte Gnadenbild sogleich
restauriert— die Schwertspuren auf der Wange blieben.
Die Kunde vom ruchlosen Schwertstreich der Hussiten
verbreitete sich schnell in der ganzen Umgebung. Um so
grösser war die Freude der Gläubigen, als sie schon nach
kurzer Zeit «ihre» Madonna in makellosem Glanz
erstrahlen sahen. Die ersten Gebetserhörungen und
Krankenheilungen durch die Muttergottes auf der Jasna
Góra
wurden bekannt und die Wallfahrten der Bevölkerung
setzten ein.»
Die
Schwedische Sintflut»
Gegen Ende des 30jährigen Krieges
(1618-48)
brandschatzten die grausamen Truppen des
protestantischen schwedischen Königs Karl X. Gustav auch
in Polen. Sein General Müller belagerte das Kloster auf
dem «Hellen Berg». Unter Führung von Pater Augustin
Kordecki leisteten die Mönche und einige Soldaten
tapferen Widerstand. Nach 40 Tagen Belagerung zogen die
übermächtigen Schweden ab. Die Nachricht von der
erfolgreichen Abwehr der bislang siegreichen
Protestanten verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die HI.
Madonna halte ein wunderbares Zeichen ihrer Macht
gewirkt, das sich beim «Wunder an der Weichsel»
wiederholte (1920:
gescheiterter Angriff der Bolschewiken).
Auch die Besetzung durch die Nationalsozialisten oder
die Machtübernahme durch die Kommunisten änderte nichts
daran.
Die schwarze Madonna von
Polen |