Auf den Spuren Jesu

Mit vielen Bildern der Sehenswürdigkeiten in Israel.
Als Studium oder Vorbereitung
einer Pilgerfahrt-Pilgerreise sehr geeignet.

   
   





  
 
 
 

 

 

 

1 Die Geburt der Maria  Protoevang. des Jakobus
Die Hl. Anna gilt als Mutter Marias und Grossmutter Jesu. Schon im 2. Jh. ist Jerusalem als Geburtsort Mariens bezeugt. Im 5. Jh. erwähnen Pilgerberichte die Kirche, ,wo Maria geboren ist', sie, die von GOTT seit Ewigkeit als Tabernakel für seinen Sohn gedacht war. Die Hl. Hildegard v. Bingen sah in einer Vision auf einem Thron im Himmel eine erhabene, hell leuchtende Gestalt: den allherrlichen Gott. «Doch in seiner Brust trug der Leuchtende eine dunkle Masse, es war wie nasser, schwarzer Lehm in der Grösse des menschlichen Herzens. Und dieser Lehm war rings umstrahlt von Edelsteinen und Perlen.« Von dem Leuchtenden auf dem Himmelsthron ging ein Glanz aus, der das ganze All umkreiste. Dann wurde ihr erklärt, der Lichtkreis sei ein Sinnbild für den Plan der Menschwerdung, der von Ewigkeit her im Schoss des Vaters ruhte. Das Herz aus Lehm war das Sinnbild für die heiligste Menschheit Christi, deren Leib wie der aller Menschen aus der Erde genommen ist.
 
1: St. Anna ist die schönste Kreuzfahrerkirche im HI. Land: 1142 von Königin Alda, Witwe Balduins I., zu Ehren Marias erbaut —wo 614 Perser die byzant. Kirche von Eudocia zerstört hatten. Im Innern führen Stufen zur Krypta, zum Geburtsort Mariens. Nach dem Sieg über die Kreuzfahrer (1187) wandelte Saladin die Kirche in eine Moschee- um. Erst nach dem Krimkrieg erhielten die Christen ihr Heiligtum zurück (1856). Für seine Hilfe erhielt Napoleon III. von den Türken das Gelände Bethesda-Teich/St. Anna. 1878 erwarben die Weissen Väter das Gelände.
Dass dieses Gebilde aus Erdenlehm im Herzraum des Vaters ruhte, war der Hinweis auf die Gottheit Christi, die sich in der Menschwerdung mit seiner Menschheit unzertrennlich verbunden hat. Die Menschwerdung ist es also, die den aus Lehm gebildeten Menschen hinaufhebt zu den lichten Höhen GOTTES, ja in das innerste Geheimnis der Gottheit. GOTTES Sohn wollte Mensch werden, damit der Mensch «der göttlichen Natur teilhaftig« werde» (2 Petr 1,4).
   

2. Der Engel brachte Maria die frohe Botschaft, und empfing vom Hl. Geist.
(Fra Angelico)

 

 

3. Verkündigungsgrotte
(Krypta in der Basilika

von Nazareth)

2+3 Die Verkündigung     Lk 1,26-38
Als die Zeit nahte, welche die Vorsehung zur Menschwerdung des göttlichen Wortes bestimmt hatte, vermählte sich Maria aus höherer Eingebung mit dem gottesfürchtigen Joseph. Bevor diese Ehe auf Erden geschlossen wurde, ward sie bereits im Himmel angeordnet, um das Vorbild vollkommener Ehen zu sein. In dem Augenblicke, als die hl. Jungfrau ihre Einwilligung zur Menschwerdung des Gottessohnes gegeben hatte, bildete der Hl. Geist aus den reinsten Tropfen ihres Herzblutes einen menschlichen Leib, erschuf aus Nichts eine Seele und vereinigte beide mit der anbetungswürdigen Person des ewigen WORTES. In diesem Augenblicke ward GOTT Mensch, ein Mensch wurde GOTT, und da GOTT im Schoss einer Jungfrau die menschliche Natur angenommen hatte, ward dem durch die Sünde Adams verlorenen Menschengeschlecht ein Erlöser gegeben. Welch frohes Geheimnis! Mit welch bewunderungswerten Eigenschaften begabte der ewige Vater die Seele seines Sohnes! Der Vorläufer Johannes versichert, dass ihm GOTT seinen Geist in unbegrenzter Fülle gegeben und dass er alle Dinge in seine Hände gelegt hat (Joh 3,34). Folgende Gnaden erfüllten die Seele des menschgewordenen Wortes: 1 eine Reinheit des Herzens, von der selbst der Schatten der Sünde gänzlich entfernt war; 2 eine durch die Fülle aller Tugend bis zur höchsten Stufe gesteigerte Heiligkeit; 3 ein vollkommener Besitz GOTTES und seiner eigenen Glückseligkeit; 4 eine Fülle der Weisheit und Wissenschaft; 5 eine unbeschränkte Macht, Wunder zu wirken; 6 eine unbeschränkte Gewalt, die Sünden nachzulassen, die Sakramente einzusetzen und die Religion auf der ganzen Erde zu verbreiten; 7 eine Gnade, die ihn über alle Menschen und Engel unendlich erhob.— In der Krypta der Verkündigungsbasilika in Nazareth (1969 eingeweiht) trägt der am Ort der Verkündigung stehende Altar die latein. Inschrift: «Hier ist das Wort Fleisch geworden» (die Säule rechts steht, wo Maria der Engel Gabriel erschien; die Ausgrabungen legten Teile des alten Nazareth frei, dabei wurde das älteste AVE MARIA entdeckt, in griech.).
   

4. Heimsuchungs-Kirche in Ain Karim.
(Fresco: Begegnung Elisabeth - Maria. 
Unten: Altar und der alte Brunnen.

4 Die Heimsuchung   Lk 1,39-56
«Ein Mann trat auf, von GOTT gesandt. Sein Name war Johannes. Der kam, Zeugnis zu geben, Zeugnis für das Licht. Alle sollten durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht das Licht, nur Zeugnis geben sollte er für das Licht...» (Joh 1,6-8). Das malerische Dorf in den Hügeln (1961 vom 7km entfernten Jerusalem eingemeindet) ist trotz seiner unbedeutenden Grösse sehr wichtig im Hinblick auf die Evangelien. Es wird mit Ein HaKarem (=Quelle im Weinberg) identifiziert, das schon im Alten Testament vorkommt und bis 1948 von Arabern bewohnt war. Nach deren Vertreibung siedelten sich israelische Einwanderer an. Hier spielten sich zwei Episoden ab, von denen in den Evangelien die Rede ist: 1 der Besuch Marias bei ihrer Cousine Elisabeth. «Sobald Elisabeth den Gruss Marias vernahm, frohlockte das Kind in ihrem Schosse, und Elisabeth wurde vom Hl. Geiste erfüllt. Sie rief mit lauter Stimme: ,Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes!'... Da sprach Maria: ,Hoch preist meine Seele den Herrn, und mein Geist frohlockt in GOTT, meinem Heiland'» (Lk 1,41f)]. 2 Die Geburt Johannes des Täufers «Für Elisabeth erfüllten sich ihre Tage, und sie gebar einen Sohn... Doch seine Mutter entgegnete: ,Nein, Johannes soll es heissen» (Lk 1,57f).— Die Kirche des Hl. Johannes des Täufers in Ain Karim. Die erste Kirche wurde im 5. Jh. dort erbaut, wo sich das Haus von Zacharias und Elisabeth befunden hatte.

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II. Jesus wird geboren

Im Hintergrund: Die Geburtsbasilika von Bethlehem

 

 

 

 

 

Geburtsgrotte: Altar der Geburt (darunter Silberstern, links) Futterkrippe (unter 3-Königsaltar, rechts)

 

 

 

 

Hier wurde Jesus Christus von der Jungfrau Maria geboren. (Bild von Duccio)

 

 

 

Ein Hirte wacht über seine Schafe auf dem Feld der Hirten in Bethlehem.

5+6 Die Geburt des Welterlösers in Bethlehem    Lk 2,1-7
Der Ort, wo DAS WORT Mensch wurde, ist zugleich das Schicksal des altjüdischen Volkes, das eine Heilsgeschichte war, ausgerichtet auf die Geburt des Gottessohnes. Wir sagen richtig, dass Bethlehem der Geburtsort Christi sei. Aber ER wurde nicht in Bethlehem geboren, weil dieses Städtchen so hübsch auf einem Hügel liegt, sondern weil es die Stadt Davids war, aus dessen Geschlecht der Erlöser kommen sollte. Auch in Nazareth wäre Christus als Spross aus dem Geschlechte Davids zur Welt gekommen. Aber das genügte nicht; es musste auch der Mutterboden sein, in dem dieser königliche Stammbaum verwurzelt war, damit umso deutlicher werde, wieviel erdgebundene Vorgeschichte in dieser Menschwerdung nun verkörpert wurde. Deswegen wurde Joseph mit Maria aus Nazareth weggeschickt, als ihre Zeit gekommen war; sie sind nicht bloss nach Bethlehem, sie sind in die Geschichte des Volkes Israel zurückgegangen, um das Gotteskind hineinzulegen in den Segen der Stammväter, in den Hunger und die Verheissungen der Propheten. Das Land, in dem Jesus Schritte machte, war also nicht bloss Boden unter den Füssen, den auch ein Gottessohn braucht, wenn er Mensch werden will. Es war Abrahams gelobtes, vorgeheiligtes Land, das GOTT eineinhalb Jahrtausende als den kostbarsten Acker hütete, weil in ihm das Brot für den Hunger aller Völker, die Menschwerdung, schon eingesät war. Die ganze Geschichte des Alten Testamentes war bloss ein Keimen, Blühen und Ausreifen dieser Ernte, die zuletzt aus allen Tälern des Hl. Landes, aber auch aus Ägypten und vom Euphrat nach Bethlehem eingebracht wurde. Bethlehem ist ein hebräischer Name und heisst auf deutsch Haus des Brotes, Brotspeicher. Der Herr führte Abraham hinaus in die Nacht und sagt ihm: Schau über dir den gestirnten Himmel und zähle die Sterne, wenn du kannst. So zahlreich werden deine Nachkommen sein... Nachkommenschaft wie Sterngeriesel, das war der Segen GOTTES für die Fruchtbarkeit der Stämme Israels. Aber weil in diesem Sternenhimmel Abrahams ein besonderer Stern war, der Stern von Bethlehem, deswegen fügte GOTT dem Segen für Abrahams engere Nachkommenschaft noch diesen andern grösseren Segen hinzu: «und in dir sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet sein» (Gen 1 2,3).

7 Geboren von der Jungfrau Maria    Lk 2,6
Menschlicher Verstand kann sich die Lichtjahr-Distanz nicht vorstellen. Woher soll er das Mass nehmen, um sich auszumalen, dass GOTT hier Mensch geworden ist! Hier hat der Allmächtige Raum und Zeit zusammengeführt, um unter uns zu wohnen. In der Stille dieser Felsgrotte versagen Worte, und nur staunendes Schweigen ist angebracht. Das Herz flackert wie die Öllampen über dem 1 4strahligen Silberstern, der den Geburtsort unseres Erlösers kennzeichnet. Rund um ihn verläuft die Inschrift wie ein Evangelium: Hic de Virgine Maria Jesus Christus natus est — Hier wurde Jesus Christus von der Jungfrau Maria geboren. Nirgendwo spürt man die Grösse dieses Geschenkes besser als hier, wo der Heiland sich als Kind in eine Krippe legen liess. Mütter und Kinder bringen am meisten Wärme in die Schöpfung. Deshalb hat der himmlische Vater seinen Sohn nicht als Sonne an den Himmel heften, sondern als kleines Kind einer Mutter zuerst in den Schoss, dann in die Arme legen wollen. Knien wir nieder und seien wir still, so wie Maria und Joseph in dieser Grotte vor IHM gekniet sind. Emanuel —Gott-mit-uns­ sei sein Name, sagten die Propheten. Nie war der liebe GOTT uns näher als in dieser Nacht, als ER als Kindlein kam und für seine Hilflosigkeit die Liebe einer Mutter brauchte. Später wird der Heiland Brot und Wein segnen; hier in der Grotte hat er die Liebe der Mütter gesegnet, in die ein Mensch hineingeboren wird.

8 Die Botschaft der Engel an die Hirten   Lk 2,8-20
Die erste Botschaft ergeht an Hirten. Israel ist ein Hirtenvolk, und Jesus selbst ist der Hirt der neuen Menschheit. Die Grossen verstehen diese wahre Grösse nicht. Die Reichen laufen falschem Reichtum nach und die Wissenden haben für die Weisheit des Herrn nicht das rechte Verständnis. So sind die Erstgerufenen die kleinen, armen, unwissenden Hirten auf dem Feld. Der Inhalt der Botschaft ist Frohbotschaft. In drei Worte ist sie zusammengefasst: Retter, Gesalbter, Herr. Retter ist er, weil er die Menschen, die sich selbst nicht helfen können, aus ihrer Not befreit. Gesalbter ist er, weil seine Menschennatur durch das Salböl der Gottheit zum Priester, Prophet und König geweiht ist. Und Herr ist er, weil ihm alle Macht gegeben ist im Himmel und auf Erden.— Wie seltsam ist das Zeichen: «Ihr werdet ein Kind finden, das in einer Krippe liegt.» Das Kleine wird zum Zeichen des Grossen, das Schwache zum Zeichen der Macht, das Ärmliche zum Zeichen des Reichtums. Man muss schon bei der Geburt Jesu umlernen und umdenken. Über göttliche Dinge müssen wir in anderen Kategorien denken und daran andere Massstäbe anlegen.— Die Botschaft wird durch den Gesang der Engel zum Abschluss gebracht. Diese Botschaft enthält in zwei Gliedern je drei Parallel-Elemente. Im ersten Glied ist die Rede von der Höhe, von der Ehre und von GOTT; im zweiten von der Erde, vom Frieden und von den Menschen. GoTT in der Höhe wird nun wieder die Ehre und Verherrlichung zuteil. Denn nun wird GOTTES verborgene Herrlichkeit durch Jesus sichtbar gemacht. Und er, dessen Tun den Charakter des Unendlichen hat, kann nun GOTT jene Ehre geben, die kein Mensch zu geben imstande ist.

   

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III. Jesus muss fliehen und kehrt zurück

 

 

 

 

 

 

Flucht nach Ägypten
(Fra Angelico)

 

 

 

 

 

 

Nazareth mit der Verkündigungsbasilika

9 Huldigung der drei Weisen aus dem Orient   Mt 2.1-12
Die Geburt des Messias scheidet sofort die Geister: Die Heiden kommen zur Huldigung, die Schergen des Königs von Israel zum Mord. Die 3 Weisen aus dem Orient (Sterndeuter) sehen ein Gestirn, das sie nicht deuten können. Sie erinnern sich der im Orient verbreiteten Prophezeiung Bileams (Num 24  Gen 49,10). Sie erkennen, dass der verheissene König der Juden, also der Messias, geboren sein müsse. So wirken Vernunft und Offenbarung, eigene Forschung und Wort GOTTES zusammen als Wegleitung zu Christus. Das zeitweilige Verschwinden des Sternes bewirkt ein Doppeltes: Einmal die Anfrage der 3 Weisen bei den Behörden Jerusalems. So werden König, Priester und Volk auf das Ereignis aufmerksam und vor die Entscheidung gestellt. Dann der Hinweis der Schriftgelehrten auf die Prophezeiung des Micha (Micha 5,1), wonach der Messias zu Bethlehem geboren werde. Sogar die Feinde des Messias sind jenen behilflich, die ihn ehrlich suchen. Sie finden das Kind mit der Mutter und huldigen ihm. In ihren Geschenken liegt eine tiefe Symbolik: das Gold gilt dem König, der Weihrauch seinem göttlichen Wesen und die Myrrhe seiner Menschlichkeit.

10 Die Flucht nach Ägypten    Mt 2,13-15
Durch GOTTES Hilfe entrinnen die 3 Weisen dem Feind Herodes, dem sie ahnungslos vertraut haben. Sie kehren auf einem andern Weg in die Heimat zurück. Ihr Kommen zum neugeborenen Messias sprengt den Rahmen Israels und deutet an, dass Christus der Messias der ganzen Menschheit sein wird, der Gründer der Weltkirche und der Weltmission.— Der Angriff des Herodes erfolgt mit List und Gewalt. Der Despot schreckt nicht vor dem Mord an unschuldigen Kindern zurück (Mt 2,16-18), womit sich erneut ein Prophetenwort erfüllt (Jer 31,15). Die ersten Martyrer lassen ihr Blut im Kampf der Cäsaren gegen Christus. Doch die Abwehr aller Angriffe erfolgt durch GOTTES Eingreifen. Joseph flieht mit dem Kind und der Mutter nach Ägypten. Von diesem Aufenthalt wissen wir nichts. In einer Krypta der Altstadt von Kairo, mitten im Koptenviertel, wird seit ältester Zeit ein Ort verehrt, an dem die Hl. Familie gerastet haben und in Matarieh, 10 km von Kairo, steht eine Sykomore, unter der Maria mit Vorliebe gesessen sein soll. Das apokryphe Kindheitsevangelium erzählt zwei Fabeln. In der einen möchte die Jungfrau Maria einige Früchte einer Palme essen; da sie unerreichbar sind, befiehlt das Jesuskind dem Baum, sich zu neigen. Zur Belohnung verheisst er, dass ein Engel einen seiner Zweige im Paradies einpflanzen wird, damit fortan die Palmen den Seligen zum Lobe GOTTES dienen. In der anderen Geschichte geben zwei Strassenräuber Joseph und Maria zu essen; der eine ist später der gute Schächer, dem Jesus am Kreuze das Paradies verspricht.

11 Die Rückkehr nach Nazareth   Mt 2,19-23 + Lk 2,29-40
Auf GOTTES Geheiss kehrt Joseph mit seiner Familie erst nach dem Tod des ersten Christenverfolgers zurück, aber nicht nach Bethlehem, sondern nach Nazareth in Galiläa. Jesus muss damals 8 bis 18 Monate alt gewesen sein. «Aus Ägypten habe ich meinen Sohn berufen». Darin sieht Matthäus die Erfüllung jenes Prophetenwortes, wonach Israel durch GOTT aus Ägypten ins Gelobte Land gerufen wird (Osea 11,1).
Aus der Jugend Jesu erzählt die Bibel drei Ereignisse:
1 Die Beschneidung und wie Jesu den Namen erhält, den der Engel gefordert hat. 2 Die Darstellung im Tempel und der 12jährige Jesus im Tempel. «Das Kind wuchs heran, erstarkte, war mit Weisheit erfüllt, und das Wohlgefallen GOTTES ruhte auf ihm.»

12 Die verborgenen Jahre in Nazareth   Lk 2,51-52
Warum hat Jesus, der die gewaltigste Aufgabe vor sich hatte, die je einem Menschen gestellt war, 30 Jahre in dieser Abgeschiedenheit verbracht? Das Evangelium nennt keine Gründe. Sicher ist die Verborgenheit als solche ein Grund. Sie zeigt uns, dass vor GOTT ein anderer Massstab gilt als vor den Menschen. Menschlich gesehen scheint das äussere Wirken entscheidend, vor Gott dagegen die innere Gesinnung. Gewöhnliches mit aussergewöhnlicher Liebe getan, ist vor Gott gross. Wer den Wert der Verborgenheit und der Stille nicht kennt, wird vor dem verborgenen, stillen Gott nicht bestehen. Dazu kommt als zweites die Wichtigkeit der Vorbereitung. Ein Gesetzeslehrer soll nicht vor das Volk hintreten, bevor er das 30. Lebensjahr erreicht hat. Nur der reife Mensch gilt als bereit zur Verkündigung des göttlichen Gesetzes. Darum soll auch der Priester, der GOTTES Wort verkünden und GOTTES Gnade spenden soll, sich Zeit lassen zur Vorbereitung des Geistes und des Herzens. Die Menschen, die zum Priester kommen, suchen den Mann GOTTES, der durch Studium und Gebet das Wort Gottes aufgenommen und durchdacht hat und sich ehrlich bemüht, danach zu leben. Der Mann Gottes wächst vor allem in der verborgenen Stille heran. Der Priester braucht diese stillen Jahre des Studiums und der Meditation. Nur wenn er sein Nazareth gehabt hat, wird er auch in dem, was des Vaters ist, richtig leben und wirken können. Ein drittes: Nazareth ist die Heiligung des Familienlebens. Denn dort leben Vater, Mutter und Kind als eine Gemeinschaft in Arbeit und Gebet, in Freude und in Sorge zusammen. 30 Jahre hat Christus in der kleinen, aber Hl. Familie gelebt, um der Welt die Wichtigkeit des Familienlebens und seiner Heiligung unter Beweis zu stellen.

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IV. Johannes der Wegbereiter

 

Johanneskirche in Ain Karim,
wo der Priester Zacharias mit seiner Frau Elisabeth lebte.

 

 

 

 

 

Taufstelle am Jordan.

 

 

 

 

 

 

Ich taufe euch mit Wasser,
der nach mir kommt,
ist stärker als ich...und wird euch mit dem Hl. Geist und
Feuer taufen.

 

 

Enthauptung des Johannes
 (Augsburg, um 1500)

 
13 Die Geburt Johannes des Täufers   Lk 1,57-80
Jahrhunderte hindurch ist kein Prophetenwort mehr an Israel ergangen, und man hätte meinen können, GOTT habe sein Volk vergessen. Aber GOTTES Wort war durch GOTTES Eid bekräftigt. Darum war die Erfüllung gesichert. Die Treulosigkeit Israels wird durch die Treue Jahwes überwunden. Sein heiliger Bund bewährt sich. Die Verheißung an den unfruchtbaren Abraham wird nun in der Fruchtbarkeit seines Volkes erfüllt. Das Volk GOTTES wird Gott in Freiheit dienen können. All das ist Ursache zum Lobpreis GOTTES. Der religiöse Mensch soll nicht auf sich schauen, um über die eigene Armseligkeit zu jammern. Er soll auch nicht bloss auf seine Zeit und seine Umgebung blicken, um über schlechte Zeiten und schlechte Sitten zu lamentieren, sondern er soll zu Gort aufschauen, der die Verheissung gegeben hat und sie in Treue hält. Dann wird er trotz allem zum frohen Sänger, der immer wieder den Herrn preisen kann. Etwa 6 Monate vor Jesu Geburt löst sich in Ain Karim das Stummsein des Zacharias nach der Geburt seines Sohnes Johannes auf in das Benediktus-Lied, das GOTTES Grösse preist. Dieser wird wohl in der Synagoge unterrichtet, bevor er eines Tages als prophetischer Eremit in die Wüste zieht.

14 Der Wegbereiter   Mt 3,1-12 + Mk 1,1-6 + Lk 3,1-18
Johannes ist Wegbereiter. «Prophet des Höchsten» wird er sein. Die grosse Reihe dieser geisterfüllten Gottesmänner, dieser seltsamen Gestalten aus einer andern Welt, dieser furchtlosen Verkünder göttlichen Willens findet in Johannes dem Täufer ihren Abschluss. Er ist der ausgestreckte Finger der prophetischen Hand mit dem Hinweis auf den Messias. «Du wirst vor dem Angesicht des Herrn einherschreiten», wie es einer dieser Propheten vorausgesagt hat (Malachias). Aber Johannes ist mehr als die Propheten. Sie schauten aus der Ferne, er dagegen bereitet dem bereits gekommenen Herrn aus nächster Nähe den Weg, indem er die Bussgesinnung weckt: «Tut Busse, denn das Himmelreich ist nahe herangekommen». All das geschieht durch das Erbarmen des Herzens GOTTES. Hier steht zum erstenmal im Neuen Testament dieses Wort vom erbarmenden Herzen.
«Zweimal zog Johannes drei Monate vor der Taufe durch das Land, den ankündigend, der nach ihm kommen sollte. Sein Wandeln geschah mit ungemeiner Gewalt und mit einem strengen Fortschreiten. Es war kein ruhiges Wandeln, wie das des Heilandes. Wo er nichts zu tun hatte, sah ich ihn wohl laufen von Feld zu Feld. Er ging in die Häuser, in die Schulen zu lehren und versammelte das Volk auch auf Plätzen und Strassen um sich. Ich sah, dass Priester und Obrigkeiten ihn hie und da anhielten und zur Rede stellten, aber mit Staunen und Verwunderung wieder freiliessen. Der Ausdruck: dem Herrn die Wege bereiten, war nicht bloss figürlich; denn ich sah Johannes sein Amt mit Wegbereitung beginnen und alle die Orte und Wege durchziehen, welche nachher Jesus und die Jünger gewandelt sind. Johannes hat den Heiland nur dreimal von Angesicht gesehen. Das erste Mal in der Wüste, als die Hl. Familie auf ihrer ägyptischen Flucht in seiner Nähe vorüberzog und Johannes vom Geiste geführt heraneilte, seinen Meister zu grüssen, den er schon im Mutterleibe gegrüsst hatte... Das zweite Mal sah er Jesus bei der Taufe, das dritte Mal, als er ihn am Jordan vorübergehen sah und Zeugnis von ihm gab»
(A.-K. Emmerich).

15 Die Taufe Jesu durch Johannes
Mt 3,13-17 + Mk 1,9-11 + Lk 3,21-22 + Joh 1,29f
Wahrscheinlich taufte Johannes in der Höhe von Gilgal am Jordan, dort wo Israel einst unter Josua den Fluss dank dem Eingreifen GOTTES trockenen Fusses überschritt. Er ist die Stimme des Predigers in der Wüste, die dem Herrn den Weg bereiten soll (Jes 40,3). So ruft er das Volk zur Sinnesänderung auf, zur Umkehr und Heiligung. Er weiss, dass der durch die Propheten geweissagte Erlöser jetzt erscheinen wird. Jesus kommt von Galiläa herab und lässt sich von Johannes inmitten der Menge taufen, «um die Gerechtigkeit zu erfüllen» (Mt 3,15). Und während er betet, sieht Johannes d. T. den Geist GOTTES in Gestalt einer Taube auf den betenden Jesus herabkommen und hört eine Stimme über sich. Das ist für ihn das Zeichen. Überwältigt verkündigt er: «Das ist das von GOTT erwählte Lamm, das hinwegnimmt die Sünden der Welt!... Ich bezeuge: Dieser ist GOTTES Sohn!» (Joh 1,29-34).

16 Der Tod Johannes des Täufers
Mt 14,3-12 + Mk 6,17-29 + Lk 3,19-20
«Johannes aber schaute den Herrn immerdar im Geiste, denn er war stets im prophetischen Zustande. Er sah Jesus als die Erfüllung seiner Sendung, als die Wirklichkeit seines prophetischen Rufes. Jesus war ihm nicht ein Zeitgenosse, nicht ein Mitlebender; er war ihm der Erlöser der Welt, der menschgewordene Gottessohn, der Ewige erscheinend in der Zeit, und er konnte gar nicht denken, mit ihm umgehen zu wollen»
(A.-K. Emmerich).— Im Jordandickicht hausten Vipern. Mit ihnen verglich der Bussprediger die Pharisäaer und nannte sie Schlangenbrut. Hier schlossen sich die ersten fünf Apostel dem Messias an (Joh 1,35f). Hier muss auch Jesus gestanden sein, als Johannes aus dem Verlies von Machärus seine Jünger zu ihm schickte mit der Frage: «Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir einen anderen erwarten?» (Lk 7,19). Hier zeichnet sich im Wasserlauf des Jordan der Schicksalslauf des Täufers. Denn am Toten Meer, wo der Jordan mündet, hat auch der Jordanprediger Johannes seinen Lauf vollendet. Die Hinrichtungsstätte in der Herodes-Festung Machärus in den Moabiterbergen —nach dem Tanz der Salome, der Tochter Herodias—, liegt östlich des Toten Meeres. Dort hielt der Ehebrecher Herodes Antipas den lästigen Sittenprediger fest und liess ihn enthaupten, weil er wagte zu sagen: «Es ist dir nicht erlaubt, die Frau deines Bruders zu haben» (Mk 6,18).
 

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V. Jesus wirkt in Galiläa

Berg der Versuchung bei Jericho, am Abhang ein griech.-orth. Kloster.

 

Jesus lehrte und heilte vor allem im Umkreis des Sees von Genezareth.

 

 

 

Das Wirken Jesu in Galiläa konzentrierte sich um Kapharnaum, wo er seine Jünger versammelte, sie lehrte und viele Menschen heilte.

 

 

 

Westufer des See Genezareth liegt nahe bei Tabgha der Ort Dalmanutha, wo ein schlichtes Kreuz den Ort von Mk 8,10 kennzeichnet.

17 Satan versucht den Sohn GOTTES   Mt 4,1f + Mk1,12f + Lk4,1f
Nach seiner Taufe wird «Jesus vom Geist in die Wüste geführt; auf dass er von dem Teufel versucht würde». Mit der Wüste sind wohl die kahlen Hügel oberhalb Jerichos gemeint. Nach christlicher Überlieferung war es auf dem Jebel Quruntul (lat. = Mons Quarantana = Berg der 40 Tg.  (40 Tage Fasten Jesu nach seiner Taufe) —der Kuppe, auf der sich einst die Festung Dok erhob, wo Satan Jesus verführen will, aus Steinen Brot zu machen und damit die Macht GOTTES zum materiellen Vorteil zu missbrauchen. Dann verspricht Satan die Reiche dieser Welt, wenn Jesus ihn anbete. Aber Jesus widersteht, denn jede Macht, die nicht GOTT dient, ist missbrauchte Macht und dient Satan. Der Teufel führt Jesus auch nach Jerusalem, »stellt ihn oben auf den Tempel« und fordert ihn auf, sich hinabzustürzen und Engel zu seiner Rettung anzurufen. Aber Jesus gebietet dem Teufel zu weichen und zeigt seine aus dem Gehorsam zum Vater gewonnene Vollmacht, die nicht zur Sensation durch Wunder missbraucht werden soll. Dann kehrt ER nach Galiläa zurück und sagt: «Die Zeit ist erfüllt, das Reich GOTTES ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!»

18 Jesus lehrt und heilt am See Genezareth
Joh 1-17 + Mt 4-15 + Mk 1-9 + Lk 4-17
Danach verlegt er den Schwerpunkt seiner Tätigkeit an die Ufer des Sees Genezareth. Hier sammelt Jesus seine ersten Jünger. Zu Simon Petrus und dessen Bruder Andreas —Fischern aus Betsaida— sagt er, als sie am Ufer ihre Netze auswerfen: «Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen» (Mk 1,17). An welcher Stelle das geschah, wird nicht erwähnt. Ein anderes Brüderpaar —Jakobus und Johannes (die Söhne des Zebedäus)— beruft er, als sie ihre Netze flicken. Aus Betsaida stammt auch Philippus, aus Kana Simon und Natanael, den Philippus zu Jesus bringt. Später beruft Jesus noch andere, darunter den Zöllner Levi in Kapharnaum (als Matthäus schreibt dieser später das Mt-Evangelium). Durch Jesu Wort werden Lahme gehend, Blinde sehend, Taube hörend, Aussätzige rein, und Besessene werden frei. So dringt sein Ruf in Kürze über die Grenzen Galiläas hinaus.

19 Jesus lehrt und heilt in Kapharnaum
Mt 4,13f + Mk 1,21f + Lk 4,31+42f
Kapharnaum liegt 45 km von Nazareth entfernt, wo Jesus aufwuchs. Von Betsaida, wo er einem Blinden das Augenlicht wiedergibt, bis zum Gebiet von Gadara im Südosten des Sees, wo er zwei Besessene heilt, sind es ungefähr 24 km. Obwohl das Wirkungsfeld Jesu sehr klein ist, vermittelt uns die Bibel nur einen allgemeinen Eindruck von diesem Lebensabschnitt, denn die Evangelien enthalten keine Zeitangaben, und die vielen Ereignisse, Wunder und Worte Jesu werden oft ohne nähere Ortsbestimmungen wiedergegeben.— Das Fischerdorf Kapharnaum hat sich zu einer bedeutenden Stadt entwickelt. Da der See zwischen hier und Betsaida am fischreichsten war, kommen auch viele Fischer aus anderen Orten hierher. Kapharnaum wird so sehr zum Mittelpunkt von Jesu Wirken in Galiläa, dass Markus sagt, er sei hier «zu Hause» gewesen (Mk 2,1). Hier wohnt auch Petrus mit seiner Familie, dessen Schwiegermutter der Herr heilt. Jesus heilt den Knecht des römischen Hauptmanns. Hier lebt auch der Synagogenvorsteher Jairus, dessen Tochter Jesus vom Tod auferweckt. Hier heilt er den Mann mit der verdorrten Hand (Lk 6,6f). Jesu Ruf breitet sich immer weiter aus. Es wird für ihn schwierig, sich zum Beten zurückzuziehen, wie es seine Gewohnheit war. Wie er einmal in einem Haus in Kapharnaum predigt, bringen vier Männer einen Gelähmten, damit er ihn heile. Da sie wegen der Menschenmenge nicht zu Jesus vordringen können, steigen sie auf das Dach, decken einen Teil davon ab und lassen ihren Freund auf der Tragbahre durch die Öffnung zu ihm hinab. Ein anderes Mal, berichtet uns Markus, ist «die ganze Stadt» vor der Tür des Hauses versammelt, in dem Jesus sich aufhält (Mk 1,33).

20 Jesus warnt vor den Pharisäern   Mk 8,10f + Mt 16,4f
Im 3. Jahr des Wirkens Jesu —nach dem 2. Brotwunder— suchen die Pharisäer erneut den Konflikt. Sie verlangen von ihm ein Zeichen vom Himmel, und Jesus seufzt, weil sie bereits viele Zeichen erhalten haben: «Ob diesem Geschlecht je ein Zeichen gegeben wird?» (nach Matthäus wird es das Zeichen des Jonas sein). Offensichtlich werden Tod und Auferstehung Jesu ein Zeichen sein. Das abweisende Wort des Herrn weist seine Zuhörer darauf hin, dass das Himmelsbrot nur empfangen kann, wer den Glauben hat. Solange die Juden in ihrem Unglauben verharren, wird das Brot vom Himmel als Sakrament der Heidenkirche gegeben! Die beiden Brotwunder fordern eine andere Weite des Geistes und des Glaubens, ein grenzenloses Vertrauen auf den Herrn! Denn diese Wunder wollten ja das Sakrament des Brotes vorbereiten! Nur in diesem Brot erreicht die Hingabe an den Herrn in vollem Glauben, in ganzer Weite des Geistes und des Herzens, ihre Vollendung. Der Herr belehrt die Jünger, dass sie kein anderes suchen sollen. Sie brauchen kein anderes mehr: In diesem einen Brote besitzt die Kirche Christi ihre volle Selbständigkeit.

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VI. Jesus predigt und lehrt

Lukas berichtet, dass Jesus in vielen Synagogen lehrte. Aus der Synagoge seiner Heimatstadt Nazareth vertrieb man ihn.

 

 

Eine Kirche über dem NW-Ufer. Gedenkstätte der Bergpredigt. Unter der Kuppel stehen die Worte der Seligpreisungen Jesu in lateinisch.

 

 

 

 

Das Mosaik von Brot und Fisch bei Tabgha

 

 

 

 

 

 

 

21 Jesus predigt in Nazareth  Mt 13.53f + Mk 6,1f + Lk 4,16-30
Von Nazareth war Jesus einst allein gekommen. Nun kommt ER feierlich mit seinen Jüngern und tritt in seiner Vaterstadt in der Synagoge öffentlich auf. Doch die ,Seinen' verwerfen die Stunde der Gnade. Vorerst staunen sie, dass ER lehrt, sie wundern sich, wie ER lehrt und sind begeistert darüber, was ER lehrt, als ER den Jesaja-Text auf sich anwendet und seine eigene Sendung darlegt. Die anwesenden Gesetzeslehrer lassen die Stimmung umschlagen bis zur hasserfüllten Ablehnung. Das Volk hat erwartet, was Jesus in der Wüste als Versuchung von sich gewiesen hat. Die Jünger erleben, dass ein Prophet in seiner Heimat wenig gilt. So werden sie für ihre Aussendung vorbereitet: ein Prophet kann nicht daheim bleiben! Symbolisch zeichnet sich ab, dass sich das Reich von der Synagoge, d. h. von der jüdischen Heimat weg zu den Heiden draussen wenden wird.

22 Bergpredigt    Mt 5,1 f + Lk 6,20f
Unweit von Kapharnaum hält Jesus vor viel Volk seine berühmteste Rede an alle, die ihm bedingungslos nachfolgen. Ihnen gelten die Seligpreisungen. Es sind Verheissungen für das kommende Reich GOTTES. «Ihr seid das Salz der Erde!» ruft er ihnen zu. «Ihr seid das Licht der Welt!» ER gibt eindeutige Anweisungen. Durch alle Worte schimmert geheimnisvoll die Gestalt Christi selbst. Der Herr tut seine eigene Gesinnung kund. ER ist durch sein Leben der lebendige Ausleger seiner eigenen Worte. Christi Leben ist der Kommentar zu Christi Lehre. Jesu Gestalt und Persönlichkeit ist das lebendige Beispiel für die Erfüllung der Bergpredigt. Die Gesinnung, die der ganzen Bergpredigt zugrunde liegt, ist das frohe, vertrauende Aufschauen zu GOTT als dem Vater im Himmel. Wer hat das stärker und lebendiger als Jesus? ER ist der Sohn GOTTES. Der Vater ist sein eigentliches Geheimnis. Nur von da aus sind sein Wesen und sein Werk verständlich. Sein Geheimnis ist somit etwas, das über ihm steht und doch zutiefst in ihm lebt. ER weist über sich hinaus und bleibt doch ER selbst. Denn ER und der Vater sind letztlich eins. Wer durch die Bergpredigt stets die Gestalt Christi hindurchleuchten sieht und im Leben Jesu die Verwirklichung aller Forderungen der Bergpredigt findet, der wird von Staunen hingerissen wie das Volk. Denn ER spricht nicht bloss wie einer, der Macht hat. Sondern ER lebt wie einer, dessen Worte machtvoll sich auswirken zuerst bei sich selbst und dadurch auch bei andern. So zeichnet die Bergpredigt nicht nur das Christentum in seiner geistigen, seelischen Haltung, sondern vor allem Christus selbst und seine Gesinnung: Die Bergpredigt ist ein Aufriss nicht nur der Lehre, sondern des Lebens.

23 Jesus: «Mich erbarmt des Volkes»
Mt 14,14f (+ 15,32f) + Mk 6,31f (+8,1f) + Lk 9,10f + Joh 6,1f
Am Fuss desselben Berges liegt auch Tabgha (=Siebenquell). Das Speisungswunder geschieht um die Passahzeit ein Jahr vor der Gefangennahme Jesu. Auf dem Tempelplatz in Jerusalem lässt Pilatus, der einen Aufstand befürchtet, galiläische Pilger niedermetzeln, was nach Galiläa dringt (Lk 13,1). Das aufgebrachte Volk schart sich um Jesus und erwartet, dass er sie mit Waffengewalt vom Römerjoch befreit. Aber Jesus spricht vom Anbruch eines anderen Reiches, als sie erwarten. Auch ihren irdischen Hunger wahrnehmend, nimmt er die fünf vorhandenen Gerstenbrote und zwei Fische und teilt sie nach einem Dankgebet aus. Es werden nicht nur alle satt, sondern viel bleibt übrig. Jesus hat Verständnis für die Not des darbenden Volkes, hebt aber die grössere Wichtigkeit des Reiches GOTTES hervor. ER hilft in der Not, was nicht seine eigentliche Aufgabe ist, weshalb ER nicht immer hilft. ER stillt aber den seelischen Hunger, und das immer. Auch hier wird sichtbar, wie sehr das Irdische, in diesem Fall das Brot, Zeichen von etwas Geistigem, Überirdischem ist. ER ist die eigentliche Fülle und Erfüllung für den Menschen, da dieser letztlich nur durch Unendliches ausgefüllt werden kann.

24 Jesus: «Ich bin der wahre Weinstock»   Joh15,1-8
In den Abschieds- und Trostreden vor seiner Kreuzigung gibt Jesus seinen Jüngern Sein Gebot: «Dass ihr einander liebt wie ich euch geliebt habe...». Die Rede enthält den Kerngedanken, dass die Seinen als eine doppelte Gemeinschaft zurückbleiben: als Gemeinschaft mit Ihm und als solche untereinander. Die zwei Gedanken fliessen wie Wellen ständig ineinander und werden am Bild der Rebe entwickelt: die Liebe Christi zu den Seinen als Vorbild und die Liebe der Seinen untereinander als Abbild. «Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht.» Wir möchten immer die Früchte selbst sehen, anstatt im Glauben an dieses Christuswort von der Fruchtbarkeit überzeugt zu sein. Ein Christenleben mag äusserlich erfolglos zerrinnen, in Wirklichkeit ist es ein fruchtbares Leben, wenn und weil es in Christus gelebt ist. Daneben steht der andere Satz: «Ihr bringt keine Frucht, wenn ihr nicht in mir bleibt... Ohne mich könnt ihr nichts tun...» Ein Menschenleben mag äusserlich grosse Werke vollbringen und Erfolge haben. In den Augen GOTTES ist es nichts, wenn all das nicht in Christus geschehen ist. Aus ihm allein strömt der lebendige Saft ins Rebholz und nur so entstehen die süssen Trauben. Die seinshafte Verbundenheit durch die Gnade, die gesinnungsmässige durch die Liebe und die seelisch- aktuelle im Gebet sind die entscheidenden Faktoren, die ein Leben fruchtbar machen. So ist das Bild vom Weinstock ausserordentlich treffend und tiefsinnig. Süsse Früchte, die der Mensch gewaltsam an sich reisst, sind das Bild der Sünde der ersten Seiten der Bibel. Süsse Früchte, die durch Christus im Menschen reifen, sind in der gleichen Bibel ein Bild der Gnade.

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VII. Jesus wirkt Wunder

 

 

 

 

Das Weinwunder von Kana (Darmstädter Passion)

 

 

 

 

 

Jesus heilt den Blinden von Bethsaida (Duccio)

 

Auferweckung des Lazarus (Fra Angelico)

 

25 Jesus stillt den Sturm auf dem See Mt 8,18f+Mk 4,35f+Lk 8,22f
Die Jünger fahren mit dem schlafenden Jesus über den See. Ein Sturm bricht plötzlich los. Die sturmgewohnten Fischer wecken Jesus, und man spürt in ihren Worten die Todesangst: «Meister, wir gehen unter!» Jesus erhebt sich, gebietet Wind und Wassern, und sie legen sich ihm zu Füssen. ER ist Herr der Natur. Staunend anerkennen es die Menschen: «Wer ist denn dieser, dass er den Winden und den Wogen gebietet, und sie gehorchen ihm?» Auf diese Frage findet man nur im Glauben an die Göttlichkeit eine befriedigende Antwort. Der ohnmächtige Mensch erkennt in der übermenschlichen Macht Christi dessen Gottheit, und damit erst hat er den Glauben, den Jesus fordert. Das tadelnde Wort Jesu: «Wo ist euer Glaube?» zielt auf diesen Kern. Richtiger Glaube weiss um die Macht des Herrn, fühlt sich in ihr geborgen. Wachsender Glaube ist schwindende Unruhe, schwindender Glaube ist wachsende Angst. Der Unglaube ist entweder von Existenzangst beunruhigt oder sucht im Aberglauben eine falsche Scheinsicherheit.

26 Jesus wirkt das Weinwunder in Kana   Joh 2 1-11
Johannes betont, dass es das erste Wunder Jesu sei. Der Schlüssel zum Verständnis ist durch die zwei Worte gegeben: «Noch ist meine Stunde nicht gekommen» und «er offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn». Wenn Jesus von seiner Stunde spricht, versteht er darunter immer die Stunde seiner Verherrlichung. Sein Heimgang wird der Gang in die Herrlichkeit sein. Alles ist darauf ausgerichtet.- Die Haltung seiner Mutter gegenüber ist aus diesen Worten des Nichtmehr und eines Nochnicht ersichtlich: nicht mehr das bisherige private Verhältnis von Mutter und Sohn herrscht vor; denn ER muss sich voll seinem noch nicht begründeten messianischen Reich widmen. Später wird Maria eine neue Aufgabe als Mittlerin in seinem Reich haben. Die feierliche Anrede Frau erinnert an die Frau im Paradies (Johannes: Passionsbericht und Apokalypse).— Kana ist auch ein erster Hinweis auf das eucharistische Wandlungswunder, denn die Eucharistie-Feier als Teilnahme am Leib und Blut des Herrn ist eine vorläufige Communio, die auf die Wiederkunft des Herrn weist, wo beim himmlischen Hochzeitsmahl die wahre Communio stattfinden wird. So ist also Reden und Tun auf das Dereinst ausgerichtet, weshalb es abschliessend heisst: «ER offenbarte seine Herrlichkeit.» Nun könnten die Jünger wissen, worum es geht. Die Vorbereitung ist abgeschlossen, und zwar mit dem Blick auf das Ende und die Vollendung.

27 Jesus heilt den Blinden von Bethsaida   Mk 8,22-26
Der Herr will keine Verkündigung des Wunders, weil ihm am tieferen Sinn des Wunders liegt, der jetzt noch nicht erfasst werden kann. Vor allem dieses Wunder soll Mysterium bleiben. Das eine grosse Mysterium, nach dem sich die Menschheit überall sehnt, ist hier: Einswerden mit der Gottheit, in dem er vom Gottmenschen heilend berührt wird. Dieses grosse Mysterium hat das Evangelium gebracht, hier und überall zumindest anfänglich keimhaft angedeutet: Die Einigung des Menschen mit der Gottheit vollzieht sich nur durch die Vermittlung der göttlichen Menschheit des Sohnes, wie ER es hier zeigt, mit seinen Händen und einem Speichel in den Augen des Blinden. Hier wird das wahre Schauen vorgebildet, die grosse Erleuchtung, die Christus der Menschheit bringt, vorher verkündet. Kurz zuvor hat der Herr zu den Jüngern gesagt: „Schauet, sehet...» (Mk 8,15), als ER sie warnte vor dem Sauerteig der Pharisäer. Da sie ihn nicht verstanden, sprach ER noch einmal von der Verdunkelung ihrer Einsicht, sie verstehen nicht, sie haben Augen und sehen nicht... (8,17f). Darauf folgt die umständliche Blindenheilung, abseits vom Volk, zunächst nur für die Jünger bestimmt (wie die Taubstummenheilung). Sie sollen sehen, woher das Licht und die Erleuchtung ihrer verdunkelten Einsicht kommen soll.

28 Jesus erweckt den toten Lazarus    Joh 11,38-44
Nicht jede Krankheit ist eine Folge der Sünde oder eine Strafe dafür, sondern sie kann zur Verherrlichung GOTTES dienen. Das Wunder zielt nicht in erster Linie auf Lazarus, sondern auf Jesus Christus selbst. Die Szene ist verdunkelt vom Schatten seines Todes, erschüttert vom Grauen des Jüngsten Tages und zugleich erhellt vom Osterglanz der Auferweckung: «Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. Jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben.» Es gibt also ein Leben, das keinen Tod kennt. Es ist die Teilnahme am lebendigen GOTT. Wohl geht der Mensch des Glaubens äusserlich ebenfalls durch den Tod hindurch, aber es ist nur ein äusseres Sterben. Innerlich wird das eigentliche, das wahre und ewige Leben entfaltet. Christus wird selbst durch den Tod hindurch zum eigentlichen Leben schreiten. Seitdem steht der gläubige Christ ganz anders vor den Gräbern als der ungläubige Mensch. Wer ohne Christus vor dem Grab steht, dem bleibt nur das Nichts oder höchstens die Erinnerung. Dem gläubigen Christen dagegen beginnen die Hoffnungen zu blühen. Das Ende ist für ihn ein Anfang, weil GOTT kein Ende kennt.- Der Tod Christi wird hier zugleich die Grundlage für den Aufbau der Kirche.

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VIII. Jesus verheisst

Der 12jährige Jesus im Tempel unter den Schriftgelehrten (Fra Angelico).

 

 

 

 

 

 

Jesus besuchte mit seinen Jüngern Cäsarea Philippi (Jordanquelle Banias), wo Simon Jesus als Messias erkannte, der ihn fortan Petrus hiess.

 

 

 

Petrus, Jakobus und Johannes sahen die Verklärung des Herrn auf dem Berg Tabor.

 

 

Von Galiläa nach Jerusalem gelangt Jesus nach Samaria und setzt sich am Brunnen Jakobs.

 

29 Der 12jährige Jesus im Tempel   Lk 2,41-50
Das 1. Osterfest Jesu, eines der wenigen biblisch überlieferten Ereignisse aus der 30jährigen Verborgenheit seines Lebens in Nazareth, ist nach der Anbetung durch die Hirten und die 3 Weisen ein erneutes Aufleuchten seiner göttlichen Natur. Die Antwort Jesu auf die Frage seiner Mutter: «Kind, warum hast du uns das getan?» weist Maria und mehr noch die anderen Zeugen dieser Szene auf das eine Unabdingbare im Leben Jesu hin: Das Sein beim Vater. Die Gegenfrage Jesu: «Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?» will deutlich machen: ER gehört nicht seinen irdisch-menschlichen Eltern. ER wird nicht in Nazareth, im Kreise dieser geborgenen hl. Familie bleiben. Wenn ER jetzt zurückkehrt und ihnen untertan ist, so wissen sie, dass es nur vorläufig ist, dass ER in Wirklichkeit ihnen gegeben ist, damit sie ihn wieder weggeben. ER ist in ihrer Mitte, damit sie ihn ziehen lassen in die Mitte seines Volkes und in die Mitte der Menschheit. Es darf keinen religiösen Egoismus geben, kein Für-sich-haben der Gnade, sondern ein Weitergeben. Wenn man ihn suchen will, muss man ihn beim Vater suchen. Maria und Joseph, diese Wissenden, verstanden sein Tun und sein Wort an jenem Osterfest nicht. Auch wir suchen Christus oft am falschen Ort. Wir meinen, ER müsste zu uns kommen, dorthin, wo unsere scheinbar grossen, aber kleinen Anliegen uns quälen. In Wirklichkeit müssten wir den Herrn dort suchen, wo nicht wir sind, sondern wo ER ist: Beim Vater, im Willen und im Geiste des Vaters.

30 Auf diesen Felsen will ich bauen    Mt 16,16f
Das Volk hat Jesus nicht erkannt, obwohl es ahnt, dass etwas Neues kommt, dass das Reich GOTTES nahe ist. Das Wirken im Volk begann mit den acht Seligpreisungen. Das Wirken für das neue Gottesvolk beginnt mit der Seligpreisung des Simon, der den Anfang und das Fundament der neuen Gemeinde GOTTES bildet. «Selig bist du, Simon.» In drei einprägsamen Bildern
(Fundamentes eines Baues, Schlüsselgewalt über eine Stadt und Binden und Lösen von Menschen) überträgt hier der Sohn GOTTES dem Menschen Simon die entscheidende Autorität in der neuerbauten Kirche im Reich GOTTES. Sie enthalten innerlich das Ende Israels und den Anfang der Weltkirche.— So wie Simon zu Jesus gesagt hat: «Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen GOTTES», so sagt Jesus zu ihm: «Und du bist Petrus, der Felsen, auf den ich meine Kirche baue.» Ein Zweites fügt Christus hinzu: « Dir gebe ich die Schlüssel des Himmelreiches.» Jesus ist gekommen, das Reich GOTTES zu verkünden und zu bringen. Hier gibt er einem Menschen die Schlüssel zu diesem Reich, also die Macht, hineinzulassen und draussen zu halten, die Vollmacht über den Zugang zu GOTT. Diese Macht und Autorität ist Simon als dem Ersten unter den Zwölfen übergeben. Und ein Drittes spricht Christus: «Was immer du auf Erden binden wirst, ist gebunden in den Himmeln. Und was immer du auf Erden lösen wirst, ist gelöst in den Himmeln.» Es geht also ums Reich GOTTES im Himmel und auf Erden. Diese Aussage Jesu ist für Petrus und seine Nachfolger die Blankovollmacht, im Namen GOTTES Satzungen aufzustellen und Gesetze zu geben, eine Vollmacht, die auf Erden betätigt wird, aber im Himmel anerkannt ist und Gültigkeit hat vor GOTT.

31 Die Verklärung Jesu auf Tabor Mt 17,1f + Mk 9,2f + Lk 9,28f
Christus ist durchstrahlt vom Glanz der Herrlichkeit GOTTES und Moses (=Gesetz) und Elias (=Propheten) sind als Zeugen zugegen. Vorübergehend wird das Gottesreich sichtbar. Alles Dunkel wird vom Licht durchstrahlt und alles Leiden von der Herrlichkeit abgelöst. Aber es ist erst Vorbereitung auf das Leiden und das Kreuz. Erst nach der Auferstehung und der Himmelfahrt wird diese Verklärung Dauerzustand sein. Es sind die gleichen drei Jünger zugegen wie bei der Auferweckung der Jairustochter. Dort haben sie die Überwindung des Todes gesehen, hier schauen sie die Verklärung nach dem Tod. Sie sind so überwältigt, dass Petrus Hütten bauen und damit dem Vorübergehenden Dauer geben will. Aber es wird ihnen gezeigt, dass der entscheidende Schritt noch fehlt, der Schritt in die Wolke. Denn eine Wolke überschattet den Herrn und die beiden Zeugen aus dem Jenseits. Die Wolke ist das Dunkel, das noch durchschritten werden muss, und sie ist zugleich Geheimnis GOTTES, in das man nur durch den Tod Einlass findet. So liegt die Verklärung noch in der Zukunft. Der Glaube ist die Kraft, die auf dem Weg des Leidens zu diesem Ziel führt. Darum das Wort: «Dieser ist mein erwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.» Es ist das Hören auf die den Jüngern so fremde Botschaft vom Leiden.

32 Jesus am Jakobsbrunnen   Joh 4,1f
Christus kommt durstig zum Brunnen. Unter der heissen Sonne des Orients hat er den Durst kennengelernt. Er wird ihm zum letzten Mal sterbend am Kreuze Ausdruck geben. Ohne das Wasser vertrocknet der Mensch, vertrocknet das Land und stirbt alles Leben. Christus gibt sich zu erkennen als die eigentliche strömende Quelle. ER ist nicht bloss Zisterne, die das Regenwasser sammelt und festhält, wie die Menschen, die die Offenbarung aufnehmen, sondern ER ist sprudelnder Quell, unerschöpflich, immer wieder frisch und erfrischend. Ohne Christus vertrocknet der Mensch, sein Innerstes dörrt aus. Weithin in der Menschheit gibt es dieses Phänomen der verbrannten Erde und der dürren Felder. Nur Christus kann göttliches Leben schenken, weil er allein menschgewordener GOTT ist. Auch der religiöse Mensch leidet gelegentlich unter innerer Trockenheit und Dürre. Aber das ist dann ein Ausdruck der innersten Sehnsucht nach Christus als dem Wasser des Lebens. Es ist nur eine vorübergehende Trockenheit, die erst recht das Verlangen nach Christus weckt, und so näher zu Christus hinführt.

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IX. Jesus wirkt und weissagt in Jerusalem

Die Palmsonntagsprozession bricht von Bethphage nach Jerusalem auf (hinten der Felsendom, davor das zugemauerte Goldene Tor, durch das Jesus am Palmsonntag einzog.

 

Die Wiederkunft des Herrn (Evangeliar Äbtissin Hidta, 1000).

 

 

 

Der Teich Siloah, wo sich der Blindgeborene waschen musste, um sehend zu werden.

 

Die Kirche Dominus flevit am Hang des Ölberges gegenüber dem Tempelberg, wo Jesus über Jerusalem weinte.

33 Jesus zieht in Jerusalem ein—Palmsonntag
Mt 21,8f + Kik 11,8f + Lk 19,36f +Joh 12,12f
Christus erfüllt die Prophezeiung des Sacharja (Sach 9,9): Auf dem Füllen einer Eselin zieht ER in Jerusalem ein als deren König, umjubelt vom Volk. Seine Anhänger gestalten den Einzug in die Stadt zu einem Triumphzug. Sie breiten die Kleider auf die Strasse, schwingen Palmzweige über ihren Köpfen und begrüssen ihn als den Sohn Davids, als den Messias, «der da kommt im Namen des Herrn». Gleichzeitig planen die Feinde das Unausweichliche, nachdem ihre Herzen nach dem Lazarus-Wunder in Bethanien noch verhärteter sind. Der 118. Psalm erfüllt sich. Auch die Apostel wirken mit und erkennen erst nachträglich, dass sie mit ihrem Tun die Schrift erfüllt haben. Doch der Jubel hat einen unheimlichen Hintergrund: Es ist der 10. Nisan, der Tag, an dem die Opferlämmer für das Opfer festlich geschmückt in die Stadt geführt werden.

 

34 Jesus spricht von seiner Wiederkunft   Mt 24,23f + Mk 13,21f
Der von Johannes beschriebene Kampf (Offb) zwischen dem Lamm und seinen Anhängern gegen das Tier mit seinem Anhang, zwischen der Frau mit der Sonne umkleidet und der grossen Hure, zwischen dem Sohn der Frau und dem Drachen, zwischen Christus und dem Antichrist, ist das gleiche, was Jesus hier andeutet: Die Weltgeschichte als ein Kampf zwischen Finsternis und Licht, zwischen den feindlichen Mächten, die gegen die Seinen aufstehen, und dem Weitergreifen des Reiches GOTTES und seiner Botschaft. Falsche Propheten stehen auf und falsche Messiasse mit falschen Botschaften, um die Menschen zu verwirren. Aber sie sind Irrlehrer und Lügenpropheten. Man soll ihnen nicht glauben, auch wenn sie Wunder wirken. Dann erst kommt das Ende dieser Zeiten (nicht das Weltende!). Plötzlich kommt es und schaurig wird es sein. Die Katastrophe wird von der Erde her aussehen, als ob die Sonne sich verfinstere, der Mond nicht mehr leuchte, die Sterne vom Himmel fallen und alle kosmischen Kräfte erschüttert seien. Dann erst kommt der Menschensohn. Sein Zeichen wird am Himmel sichtbar. Alle Völker werden beben, wenn der Menschensohn in Macht und Herrlichkeit erscheint auf den Wolken des Himmels. Aber «den Tag und die Stunde kennt niemand, nicht einmal die Engel des Himmels, auch nicht der Sohn, sondern nur der Vater allein» (Mt 24,36). Wichtiger als das Ende zu wissen ist es, die Wartezeit richtig zu verbringen: Wachen und wirken.

35 Jesus heilt den Blindgeborenen   Joh 9,1f
Auch das Kranksein hat einen religiösen Sinn. Es offenbart das Wirken GOTTES. Das gilt nicht nur für diesen Fall, wo der Blindgeborene durch Jesus geheilt wird, sondern für jede Krankheit, die im Geiste Christi getragen wird. Die Herrlichkeit GOTTES wird sichtbar in der inneren, richtigen Einstellung des Kranken, vor allem aber durch die Tatsache, dass GOTT dereinst den verklärten Leib schafft, der nie mehr erkrankt. Christus ist das Licht der Welt. Solange ER auf dieser Erde weilt, will ER als Licht, Helligkeit verbreiten.— Die Heilung erfolgt ganz anders als sonst. Am Schluss wird der Blinde zum Teich Siloah geschickt, um sich dort zu waschen. Hier ist wieder die Verbindung mit dem Laubhüttengedanken gegeben. Er soll Wasser des Heiles schöpfen. In diesem Falle sind es Wasser zur Heilung. Jetzt erst wird der Blinde sehend.— Die Feinde Jesu sind überzeugt, dass sie die eigentlich Sehenden seien. Die Juden betrachten sich als Kinder GOTTES und Christus als einen vom bösen Geist Besessenen. In Wirklichkeit ist es umgekehrt, worauf Christus im 9.Kapitel hinweist: Blinde sind sehend und Sehende blind.

36 Jesu Klageruf über Jerusalem   Lk 19.44f
Beim triumphalen Einzug nach Jerusalem, wo heute am Hang des Ölberges die kleine Kirche Dominus flevit (= der Herr weinte) steht, bricht Jesus in Tränen aus. Der Anblick Jerusalems, das bald darauf bis auf die Grundmauern zerstört wird, öffnet seinen Blick in die Vergangenheit und in die Zukunft. Denn sein Volk —und die Welt aufs Ganze gesehen— hat den eigentlichen Sinn dieser Stunde nicht erfasst. Sie lehnen ihn ab, denn sie wollen einen Messias, der ihnen als machtvoller Cäsar Freiheit und irdischen Wohlstand bringt. Der Bote des römischen Cäsar wird kommen, hoch zu Ross in die Stadt reiten. Dann werden die Steine reden, aber die erschütternde Sprache der Katastrophe. Dann ist es zur Einsicht zu spät. Der Römer wird einen Wall um diese Stadt errichten und sie erobern. Kein Stein wird auf dem anderen bleiben. Israel, das den Cäsar dem Messias vorzieht, wird den Cäsar bekommen. Israel, das dem Messias verwirft, wird verworfen. Das weiss Jesus und ER sieht es in voller Deutlichkeit voraus. Darum weint ER über das Schicksal dieser Verblendeten, denen ER seine Liebe und Hilfe schenken will, die aber nein sagen. Sie wollen ihren Tempel und ihre Stadt als Räuberhöhle, in der man materielle Schätze anhäuft. Sie wollen den Tempel nicht als eine Stätte des Gebetes und der Herrschaft des Vaters. Ihr verkehrtes Wollen ist das Nein zum Willen GOTTES. Darum ist dieser Einzug in Jerusalem nur ein äusserlicher Triumph, innerlich aber der Beginn der eigentlichen Katastrophe, scheinbar für ihn, in Wirklichkeit für sie.

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X. Jesus feiert das letzte Pascha

Die Fusswaschung durch den Herrn (Giotto).

 

 

 

 

Der Verräterkuss durch Judas (Giotto).

 

 

 

 

 

 

Einsetzung des Abendmahles (Justus v. Gent 1474)

 

 

 

Der Abendmahlssaal, wo es sich 37-40 ereignete.

37 Jesus wäscht den Aposteln die Füsse   Joh 13,1-11
In Tat und in Worten bereitet der Herr die Seinen. Und zwar sind es zwei Dinge, die dabei besonders betont werden. Das eine ist die Reinheit. Die Jünger sind erstaunt, dass der Herr an ihnen den üblichen Sklavendienst leisten will. Beim Widerstand des Petrus wird deutlich, was der Herr mit seinem Tun sagen will, denn er spricht von der Reinigung und der Reinheit, von der Reinheit des Körpers hin zur Reinheit des Herzens. Die äussere Waschung ist nur ein Zeichen der inneren Läuterung. Nur reine Menschen sind bereit und empfänglich für das Grosse, das ER ihnen nun beim Abschluss seines Lebens schenken und sagen will. Das zweite ist die Demut. In den Worten des Herrn wird das besonders betont. ER, der Meister, hat ihnen in Demut die Füsse gewaschen, also sollen sie, die Jünger, es im gleichen Geiste tun. Sie sind nicht gerufen und gesandt zum Herrschen, sondern zum Dienen. Christus hebt den Unterschied zwischen Meister und Jünger besonders hervor und betont in diesem Zusammenhang, dass, wenn der Meister demütig ist und demütig dient, der Jünger es umso mehr sein und tun muss.

38 Jesus kündigt den Verrat an
Mt 26,21f + Mk 14,18f + Lk 22,21f + Joh 13,21f
«Der Menschensohn geht hin, wie es bestimmt ist.» Der Plan GOTTES erfüllt sich somit. Jesus kennt ihn und fügt sich in Freiheit, Judas sucht ihn zu durchkreuzen. Aber GOTTES Plan verwirklicht sich unter allen Umständen. Und zwar so, dass alles in diesen Plan miteinbezogen ist: Jesu Gehorsam und Treue und des Judas Ungehorsam und Verrat. Die Pläne GOTTES können auch durch Sünde und Sünder nicht gestört werden. Gutt lässt wegen der menschlichen Freiheit das Böse zu, benützt es aber, um selbst aus dem Bösen Gutes zu machen. So steht neben der menschlichen Freiheit die unantastbare Macht GOTTES. ER ist der Herr auch über den freien Willen der Menschen und übt diese Herrschaft so aus, dass die Freiheit bleibt und doch sein GOTTES-Wille sich erfüllt. Das ist dieses erstaunlich Grosse, das eben nur GOTT möglich ist. Die beiden Sätze: «Der Menschensohn geht hin, wie es bestimmt ist. Aber wehe dem Menschen, durch den er verraten wird», stellen die Verwirklichung der Gottesherrschaft und die Freiheit des Menschen nebeneinander.— Beim Hinausgehen des Verräters heisst es: «Es war aber Nacht», äussere Nacht in den Strassen Jerusalems und innere Nacht in der Seele des Verräters und in der Geschichte der Menschheit. In dieser Nacht strahlt das Licht Christi doppelt hell und es klingt wie ein Jubelruf, wenn Christus sagt: «Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht, und Gott ist in ihm verherrlicht...»

39 Jesus setzt die Eucharistie ein Mt 26,26f+ Mk 14,22f+ Lk 22,19f
Jesu bereitet zum letztenmal die Feier des jüdischen Paschamahles vor, das zur ersten Feier des neuen und wahren Oster- und Opfermahles wird, der Eucharistie. ER feiert das grosse Liebesmahl, denn er bricht mit seinen Jüngern das Brot, mit den Worten:
«Nehmt hin und esset, das ist mein Leib.» Und er trinkt mit ihnen den Kelch, mit den Worten: «Trinket alle daraus, denn dieses ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden». Wie das Brot hier gebrochen wird, wird sein Leib im Tode brechen. Und wie der Wein hier in den Kelch fliesst, wird sein Blut am Kreuze fliessen. Sein geopferter Leib und sein Opferblut sind hier zugegen unter den Symbolen des Brotes und des Weines, denn sein Leib wird zur Speise und sein Blut wird zum Trank der Seele. Wie aus vielen Ähren das eine Brot gebacken und aus vielen Trauben der eine Kelch gefüllt wird, so werden die Vielen in ihm zur Einheit werden, wenn sie sein Fleisch essen und sein Blut trinken. Der Alte Bund ist auf dem Sinai durch das Blut eines Opfertieres geweiht und gesegnet worden. Der Neue Bund, den Christus gründet, wird geweiht und gesegnet durch sein Blut, das Blut des wahren Opferlammes. Eucharistische Feier als Tischgemeinschaft und Liebesmahl, als geistige Speise und geistiger Trank, als Geheimnis des Neuen Bundes zwischen GOTT und der Menschheit und als Mysterium des Erlösungsopfers wird hier begründet und zum erstenmal gefeiert. So ist dieses Mahl zugleich Abschluss und Anfang. Abschluss der blossen Symbolik des Alten Bundes, der alten Feste und der alten Opfer, Anfang des Neuen Bundes, der neuen Festfeiern und des neuen Opfers. Das Symbol ist abgelöst durch die Wirklichkeit. Es ist Abschiedsmahl.

40 Die Trostreden Jesu    Joh 14
Die Fusswaschung, die Entfernung des Verräters und die Voraussage der Verleugnung durch Petrus haben die Apostel aufgewühlt, so dass sie hellhörig dem Herrn lauschen: «Euer Herz bange nicht, glaubt an GOTT und glaubt an mich.» Die erste Abschiedsrede ist eigentlich kein Abschied, sondern eine erneute und vertiefte Selbstoffenbarung Christi und zeigt drei Dinge: das Ziel (Himmel als ewige Heimat), den Weg (Christus) und das Wirken auf der Erde (Werke aus dem Glauben und der Verbundenheit mit Christus). Christus bleibt nach dem Abschied geistig und unsichtbar bei den Seinen. Es sind tiefste Geheimnisse, die hier enthüllt werden, das Wesen und Wirken Christi, die Natur der Kirche, der Sinn des christlichen Lebens, die Kraft des Glaubens und des Gebetes, die Bedeutung des Wirkens und der Werke, und letztlich ist alles sinnerfüllt in und durch Christus, den einzigen Sinn des Lebens, der Geschichte und der ganzen Welt. Das Christentum ist also keine Religion neben andern, sondern es ist die Religion. Denn Christus ist der eine und einzige Sohn des himmlischen Vaters und folglich die Offenbarung GOTTES des Vaters. Man kommt nur durch GOTT zu GOTT. Christus ist der menschgewordene GOTT, also kommt man nur durch ihn zum Vater. ER ist der Weg, der den Menschen zu GOTT führt, zum eigentlichen Lebensziel.

 

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XI. Jesus wird verraten und ausgeliefert

Die Hahnenschreikirche (1931 dort erbaut, wo das Kaiphas-Haus stand, in dessen Hof Petrus seinen Herrn dreimal verleugnete).

 

In der Kirche der Nationen (= Todesangstbasilika;  links liegt der Garten Gethsemane) liegt der Felsen. auf dem Jesus vor seiner Gefangennahme betete.

 

Die Grotte der Gefangennahme Jesu. Gewölbe­Inschrift: Und sein Schweiss tropfte herab wie Blut.

 

 

 

 

 

Die Kirche Gallicantu, wo Petrus beim Hahnenschrei den Herrn dreimal verleugnete.

 

41 Jesus kündigt den Verrat an
Mt 26,31f + Mk 14.27f + Lk 22,31f + Joh 13,36f
Bei der Gründung der Kirche und der Unterweisung der Jünger hatte Petrus immer eine Sonderstellung. Er hat sie auch bei der Vorbereitung auf die Passion. Klar sagt Jesus den Seinen, dass sie alle an ihm irre werden. Denn es muss das Prophetenwort in Erfüllung gehen (Sach 13.7), dass der Hirt geschlagen wird und die Herde sich zerstreut. In diesem Geschehen der Passion wird Petrus eine traurige Führerrolle spielen. Denn er, der sich anmasst, nicht nur eine amtliche, sondern auch eine moralische Sonderstellung zu haben, empfängt die Antwort Jesu: «Noch dieser Nacht wirst du mich dreimal verleugnen.» In drei Bildern hat Jesus ihm seinen Vorrang gezeichnet: Im Bild des Fundamentes am Bau, der Schlüsselgewalt im Reich und der Vollmacht, zu binden und zu lösen. Dreimal wird Petrus den Herrn verleugnen. Es wird sichtbar, dass die Führung im Reich Gottes nicht von Menschen abhängt, sondern von Gott gegeben Ist, dass das Papsttum trotz menschlicher Schwäche in göttlicher Kraft seinen Bestand hat.

42 Jesus leidet Todesangst  Mt 26,36f + Mk 14.32f+ Lk 22,40f
In drei Abschnitten vollzieht sich der Verlauf der Passion. Jesus wird gefangen, gerichtet und gekreuzigt. Freiwillig schreitet Jesus in die Passion, die ER mit Gebet beginnt. Wohl ist ER seelisch niedergedrückt. Aber dreimal betont ER ausdrücklich im Gebet zum Vater seine Bereitschaft, während er dreimal die Jünger schlafend findet, in mangelnder Bereitschaft. Und es sind doch jene drei, die ihn in der Verklärung auf Tabor geschaut haben. Sie sehen ihn jetzt in der Niedergeschlagenheit. Aber wie sie dort die Zeichen seiner Grösse nicht richtig gedeutet haben, so geht ihnen auch hier das Verständnis für seine Erniedrigung ab. Das Leiden nimmt seinen Lauf. Menschlicher Wille und Gottes Wille decken sich keineswegs immer. Sie sind auch in Jesus getrennt: «Nicht mein, sondern dein Wille geschehe». Der Herr wird den Kelch trinken. Das Leiden wird weder verhindert noch gemildert. So ist es oft beim Gebet des Menschen.

43 Jesus wird gefangen genommen
Mt 26.47f + Mk 14,43f + Lk 22.47f + Joh 18,2f
Die Gegner bringen Militär aus der Tempelwache (unterstützt durch römische Truppen; sogar ein röm. Offizier ist zugegen. Sie befürchten einen Aufstand der Galiläer). Jesus kennt den Verräter und warnt ihn ein letztes Mal. Der Kuss als Zeichen der Liebe wird durch Judas zum Signal des Verrates. Jesus lehnt jeden Widerstand ab. ER weiss, dass sein Vater ihm an Stelle dieser zwölf Apostel, von denen der eine schon zum Verräter geworden ist, der zweite Ihn noch diese Nacht verleugnen wird und die übrigen ihn verlassen, zwölf Legionen Engel schicken würde, wenn ER ihn darum bäte. Aber Jesus will den Willen des Vaters tun und das Opfer der Erlösung darbringen. Zweimal betont Er, dass sich die Schrift erfüllen soll. Petrus greift zum Schwert. Er begegnet der Gewalt mit Gewalt. Aber Christus weist ihn zurück. ER will den Kelch trinken, den der Vater ihm reicht. Wenn die Menschen auf ihre Macht pochen, steht immer Macht gegen Macht. Das führt zu den gewaltsamen Auseinandersetzungen. Wenn sie sich nach dem Willen Gottes richten würden, dann wäre alles geordnet, denn die menschliche Macht stünde dann im Dienste der göttlichen Allmacht. Dann wäre die Macht nicht von Leidenschaft geführt und nicht Werkzeug des Hasses, sondern im Gehorsam gegen Gott eine aufbauende Kraft der Liebe.

44 Petrus verleugnet seinen Herrn
Mt 26,58f + Mk 14,54f + Lk 22,54f + Joh 18,15f
Wohl keiner der zwölf Jünger Jesu hat die Bedeutung eines Simon Petrus errungen. Petrus war ein Mann mit dem Herz auf dem rechten Fleck, manchmal voreilig, schnell mit den Worten.
So rasch er Sündigte, so rasch ist er auch in seiner Reue darüber, und in seiner Umkehr und Busse. Simon Petrus ist temperamentvoll und begeisterungsfähig, seine Entscheidungen kommen aus ganzem Herzen (Joh 6,68f). Der Jude Simon, Sohn des Johannes, aus Betsaida (Joh 1,44) war von Beruf Fischer. Simon dürfte eine typisch jüdische Elementarbildung genossen haben, die für damalige Zeiten überdurchschnittlich war. Ziel war es, die Beteiligung im Synagogengottesdienst durch Schriftlesung zu gewährleisten. Entsprechend lagen die Schwerpunkte dieser Ausbildung auf Sprachen, Textauslegung und Gedächtnisschulung. Simon selbst wohnte in Kapernaum und ging dort zusammen mit seinem Bruder Andreas (Mt 4,18), wohl mit eigenem Boot, dem Beruf des Vaters als Fischer nach.
Im Zwölferkreis gehörte er zum engsten Jüngerkreis, bestehend aus Simon, Jakobus und Johannes
(Verklärung und Garten Gethsemane). Er ist der von Christus, an die Spitze des Zwölfer-Kollegiums gestellte Apostel. Simon hörte die Predigten Jesu, er sah die Wunder, wurde von seinem Herrn ausgesandt, selbst von Gottes anbrechender Herrschaft zu verkünden und selbst Wunder in Jesu Namen zu vollbringen. Simon wagte es auf Jesu Wort hin aus dem Boot in den stürmischen See zu treten und auf dem Wasser zu wandeln. Doch dort verlässt ihn trotz erfolgreicher erster Schritte auf dem Wasser bald der Mut und er beginnt zu sinken.
Simon erkennt in Jesus den Christus den Sohn Gottes
(Mt 16,16). Darauf hin gibt ihm den Titel Fels (Fels= aramäisch: Kephas, griech. Petrus). Mt 16,18-19 Du bist Petrus , und auf diesem Felsen will ich meine Gemeinde erbauen, und die Pforten des Totenreiches sollen sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.
Die Ankündigung der Verleugnung und der Umkehr des Petrus:

Lk 22,31
Simon, Simon, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf. Lk 22,32 Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder. Lk 22,33 Darauf sagte Petrus zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit dir sogar ins Gefängnis und in den Tod zu gehen. Lk 22,34 Jesus erwiderte: Ich sage dir, Petrus, ehe heute der Hahn kräht, wirst du dreimal leugnen, mich zu kennen.
Die Verleugnung:
(Lk 22,55-62) Mitten im Hof hatte man ein Feuer angezündet und Petrus setzte sich zu den Leuten, die dort beieinandersaßen. Eine Magd sah ihn am Feuer sitzen, schaute ihn genau an und sagte: Der war auch mit ihm zusammen. Petrus aber leugnete es und sagte: Frau, ich kenne ihn nicht. Kurz danach sah ihn ein anderer und bemerkte: Du gehörst auch zu ihnen. Petrus aber sagte: Nein, Mensch, ich nicht! Etwa eine Stunde später behauptete wieder einer: Wahrhaftig, der war auch mit ihm zusammen; er ist doch auch ein Galiläer. Petrus aber erwiderte: Mensch, ich weiß nicht, wovon du sprichst. Im gleichen Augenblick, noch während er redete, krähte ein Hahn. Da wandte sich der Herr um und blickte Petrus an. Und Petrus erinnerte sich an das, was der Herr zu ihm gesagt hatte: Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich.
Wie muss es Petrus nur gegangen sein, in all den Stunden, bis er völlig unerwartet, Tage später, selbst dem Auferstandenen begegnen durfte? Wie belastete ihn seine Verleugnung?
Es ist tröstlich, dass selbst Petrus, der eine Vorrangstellung unter den zwölf Aposteln hatte, aus Angst, das gleiche Schicksal zu erleiden wie sein Meister, geleugnet hat, aber trotzdem von Jesus angenommen worden ist.
Petrus starb zwischen 64 und 67 n. Chr. in Rom den Märtyrertod.
Als er vor den Christenverfolgungen aus der Stadt fliehen wollte, begegnete er auf der Via Appia jedoch Jesus, der in die engegengesetzte Richtung ging. Auf die Frage des Petrus: "Wohin gehst du, Herr?" (Quo vadis, Domine?) entgegnete er: "Ich gehe nach Rom, um mich nochmals kreuzigen zu lassen." Beschämt drehte Petrus um und nahm den Tod am Kreuz an. Weil er sich jedoch nicht als würdig ansah, auf die gleiche Weise wie Christus zu sterben, liess er sich kopfüber kreuzigen.
Da er sein dreimaliges Verleugnen Christi bereute und Buße tun wollte, wählte er diese wesentlich schmerzlichere Variante als Sühne.
(Katholische Kirchen, die dem Hl. Petrus geweiht sind, tragen oder trugen ein dementsprechendes Kreuz auf dem Turm anstatt des üblichen Kreuzes. Vielfach wird das Petruskreuz mit einem antichristlichen Symbol verwechselt.)
Heilige Päpste, haben der kath. Kirche leuchtenden Glanz moralischer Strahlungskraft verliehen. So ist die Leitung eines Amtes von der menschlichen Grösse, als auch der Kleinheit des jeweiligen Würdenträgers abhängig. Das gilt besonders auch für kirchliche Würdenträger, denen ein Hirtenamt übertragen wurde. Darum ist der Fall des Petrus für jeden Mahnung und Warnung, niemals allein auf die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen, sondern immer und in allem, auch auf die Hilfe des Herrn zu vertrauen, der Himmel und Erde erschaffen hat.

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XII. Jesus wird verhört

 

Jesus als Sohn GOTTES in der Glorie (Fra Angelico); über diese Treppen wurde Jesus zum Verhör zu
Kaiphas geführt (Pilatus überlässt ihn zuerst den Juden).

 

 

 

Burg Antonia (Rekonstruktion; links: Überreste vom Fussboden), wo Jesus verhört und verurteilt wurde.

 

 

 

 

 

 

 

Herodes kleidet Jesus zum Hohn in ein weisses Gewand und schickt ihn zu Pilatus zurück (Fra Angelico).

 

 

«Ecce homo» — Seht, den Menschen (H. Bosch).

Überblick: In drei ‚Etappen' rollt das Geschehen ab: Angeklagter ist Jesus, äusserlich ohne jede Macht, und doch spricht er furchtlos vom wahren Reich und der wahren Macht, die ihm gegeben ist. Pilatus will ihn zuerst den Juden überlassen, die als Kläger auftreten. Sie wollen Jesus hinrichten, doch ihr Urteil muss vom Richter Pilatus als Vertreter der Weltmacht Roms bestätigt werden. Sie wollen sein Amtsgebäude nicht betreten, um sich nicht zu verunreinigen und das Passalamm essen zu können, während sie sich aus einem Justizmord nichts machen (Hinrichtung Jesu). Er ist am Festtag nach Jerusalem gekommen (sonst in Cäsarea). Verachtend schaut er auf die religiösen Kämpfe und behandelt ihre Führer von oben herab. Während er in aller Form feststellt, dass Jesus unschuldig sei, gibt er ihn trotzdem nicht frei, sondern sucht alle möglichen Ausflüchte und Auswege, bis er schliesslich Jesus zum Tod verurteilt.

45 Jesus vor dem jüdischen Gericht
Mt 26,67f + Mk 14,65f + Lk 22,63f + Joh 18,12f
Das jüdische Gericht hat offiziellen Charakter (alle drei Gruppen sind versammelt, Priester, Schriftgelehrte und Älteste). Die Vorwürfe und Anklagen, die sie gegen Jesus erheben, brechen in nichts zusammen. Bestochene Zeugen können ihm nichts nachweisen. Sein Wort vom Niederreissen des Tempels und vom Wiederaufbau in drei Tagen ist geheimnisvolle Andeutung seines gewaltsamen Todes und seiner Auferstehung am dritten Tag. Nur ein einziger Vorwurf und eine einzige Klage ergibt sich aus den Verhandlungen, formuliert durch den Hohenpriester als Oberhaupt des Volkes Israel: «Ich beschwöre dich beim lebendigen GOTT, dass du uns sagst, ob du der Messias, der Sohn GOTTES bist». Jesus legt das Bekenntnis ab, dass ER der Messias, der Sohn GOTTES sei, das ER erweitert durch den Hinweis auf seine Wiederkunft auf den Wolken des Himmels und seine Herrlichkeit zur Rechten des allmächtigen GOTTES. Das ist für jüdische Ohren eine Gotteslästerung, was ihre Begründung für das einstimmig gefällte Todesurteil ist. Es folgt die erste Verhöhnung: sie speien ihm ins Gesicht, schlagen ihn mit Fäusten: «Messias weissage uns, wer dich geschlagen hat».

46 Jesus vor dem heidnischen Gericht

Mt 27,2f + Mk 15,1f + Lk 23,1f + Joh 18,28f
Das heidnische Gericht verurteilt Jesus ebenfalls als Messias, aber unter der für Pilatus allein massgebenden politischen Rücksicht, dass der Messias sich als König der Juden ausgibt. Zugleich betont Pilatus, dass dieses Königtum religiöser Natur sei. Die Worte Jesu enthalten ein Doppeltes: Das Bekenntnis seiner königlichen Grösse und seines Reiches, das nicht von dieser Welt ist und darum alle Reiche dieser Welt überragt. ER ist gekommen als Zeuge der Wahrheit. Wenn Pilatus die Wahrheit sucht, wird er innerlich die Stimme GOTTES erkennen. Aber Pilatus weicht aus: Was ist schon wahr, was ist Wahrheit? Immerhin ist ihm jetzt die Unschuld des Angeklagten klar. Er will ihn freigeben. Um aber die Juden zu besänftigen, will er ihnen einen Mörder freilassen. Pilatus verurteilt ihn nicht, sondern überlässt ihn dem ‚Urteil' der Juden. So wird Jesus als religiöser Messias sterben. Die Kreuzigung wird ihn ausweisen als Sohn GOTTES.

47 Jesus vor Herodes     Lk23,7-12
Ging es vor dem jüdischen Gericht um Hoheit und Erniedrigung, vor dem heidnischen um Macht und Ohnmacht, so geht es vor Herodes um Weisheit und Torheit. Dieser glaubt sich weise. Er hatte durch die Gefangennahme des Täufers viel Sympathien verloren. So war es klug, Jesus in Ruhe zu lassen. Klugheit gebot aber nun, die Geste des Pilatus zu beantworten und ein Urteil über Jesus zu fällen. So gewann Herodes Ansehen vor allem bei den jüdischen Führern, die vor seinem Richterstuhl ihre Klage gegen Jesus vorbringen mussten. Jesus ist für Herodes ein Narr, weil ER seine Chance nicht auszunützt. ER könnte beim galiläischen Herodes auf die Zugehörigkeit zur gleichen Nation pochen, könnte die antirömische und pilatusfeindliche Haltung des Königs zu seinen Gunsten ausnützen, könnte durch kluge Antworten alle Angriffe der jüdischen Führer entwaffnen und so ein günstiges Urteil erwirken. Aber Jesus schweigt. ER weiss, dass Herodes auf seinen Wallfahrten zu den jüdischen Festen Frömmigkeit heuchelt und mehr heidnisch als jüdisch lebt. ER weiss, dass Herodes Pilatus gegenüber den Römerfreund spielt und doch ein geheimes Waffenlager angelegt hat. ER weiss, dass Herodes hier den Richter mimt, während er seine Stellung stärken will. Einem solchen ,Schein'-Menschen antwortet Jesus nicht. So schickt Herodes den Häftling im Narrengewand zu Pilatus zurück und erwidert damit die politische Höflichkeit, was seine Wirkung nicht verfehlt: «Herodes und Pilatus wurden an diesem Tag Freunde, denn vorher hatten sie in Feindschaft miteinander gelebt».

48 Jesus vor dem Pöbel

Mt 27,15f + Mk 15,6f + Lk 23,13f + Joh 18,39f
Die ,2. Etappe' war kein Verhör, keine Gerichtsverhandlung mehr, sondern ein Volksauflauf und eine Misshandlung Jesu. Vom Pöbel, der durch die Pharisäer und Schriftgelehrten fanatisiert wurde, geht die Initiative aus, dass Pilatus ihnen den Barabbas freigebe. Pilatus will Jesus freilassen. Vom Volk geht auch der Ruf aus: «Kreuzige ihn!» Dreimal betont Pilatus die Unschuld des Gefangenen. Er kommt sogar der Forderung des Volkes entgegen und lässt den unschuldig Gefangenen auspeitschen. Aber sie sind damit nicht zufrieden. Das Ganze endet mit einem Tumult: «Sie aber setzten ihm mit lautem Geschrei zu und verlangten, dass er gekreuzigt werde. Und ihr Geschrei setzte sich durch.» Es ist ein Musterbeispiel für die Unzuverlässigkeit der Masse. Neben verantwortungsbewusstem Volk mit gesundem Empfinden gibt es Masse, die nur den Namen Pöbel verdient, zusammengerotteter Haufen, wo der einzelne sein klares Urteil verliert, seine Meinung überschwemmen lässt vom Geschrei der Massen. Sie folgen dem, der am lautesten schreit. So kann ihr Hosanna jäh ins Kreuzige ihn umschlagen. Diesem verhetzten Pöbel ist auch Jesus geopfert worden.

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XIII. Jesus wird gekreuzigt und stirbt

Die Kapelle Lithostrotos steht in der Burg Antonia, wo Pilatus Jesus verurteilte (=2. Station der Via Dolorosa).

Auf diesem Pflaster des Lithostrotos wurde Jesus
vor Pilatus nach der Verurteilung das Kreuz aufgelegt.

 

In Grabeskirche: Ort wo Jesus am Kreuz auf
Golgatha starb.
Vom Kreuz wurde der
Leib Jesu zur Salbung
auf den Salbungsstein gelegt, heute in der Grabeskirche.

 


Der Golgota-Felsen wurde von einer dicken Kalkschicht befreit (er wurde wahrscheinlich "versiegelt" um zu vermeiden, dass die Pilger Steine aus dem Hl. Felsen herausbrachen und als Reliquien nach Hause nahmen!). Während der geologischen Sondierungen stiess man auf eine Stelle, wo das Material sehr weich war. Es entpuppte sich als Imitation des echten Felsens. Mit einem "Kunstpfropfen" war das nach unten konisch verlaufende Standloch des Kreuzes vor neugierigen Blicken versiegelt worden. Am untern Ende lag der abgebildete Steinring, der zur Verkeilung des Kreuz-Längsbalkens im Felsloch diente.

49 Pilatus verurteilt Jesus  
Mt 27,26f + Mk 15,15f + Lk 23,24f + Joh 16
Der jüdische Vorwurf Du bist kein Freund des Kaisers, wenn du ihn freilässt, weckt die Menschenfurcht. Sieben Ausweichversuche unternimmt Pilatus, fünf Unschuldserklärungen formuliert er. Das Wort der Juden: Wir haben keinen König als den Kaiser, ist im biblischen Zusammenhang bedeutsam. Im alten Israel hiess es: Wir haben keinen König als Gott. Jetzt verlassen sie GOTT und vertrauen auf den irdischen Cäsar. Die Priesterschaft hat die messianische Hoffnung und damit Israel verraten, das sich selbst verworfen hat, bis am Ende der Tage GOTT sich seiner erbarmt. Dies ist der zweite Sündenfall der Menschheit. In dieser ,3. Etappe' übergab Pilatus ihnen Jesus zur Kreuzigung. Dieser weltgeschichtliche Augenblick wäre der Tag der eigentlichen Menschheitskatastrophe, das Ende aller Hoffnung, wenn nicht GOTT auch das Böse zum Guten lenken würde, wenn nicht GOTTES Gnade grösser wäre als des Menschen Sünde, GOTTES Liebe stärker als der Menschen Tun.

50 Jesus auf dem Kreuzweg
Mt 27,31f + Mk 15,20f + Lk 23,26f + Joh 19,16f
Simon von Cyrene kommt zufällig des Weges und wird zum Kreuztragen genötigt. Dieser Zwang ist ihm zum Heil geworden. Immer wieder erneuert sich das im Leben der Menschen. Völlig unerwartet trifft sie ein Leid, und unvorbereitet werden sie zum Kreuztragen genötigt (Krankheit, Familienleid, Berufsschwierigkeiten, Ehekrisen, politische Katastrophen, ungerechte Behandlungen...). Sie setzen sich anfangs zur Wehr. Aber der Widerstand ist fruchtlos, und so müssen sie sich mit dem Kreuz auseinandersetzen. Kommen sie auf diese Weise Christus näher, wird die bisher bloss äussere Beziehung allmählich zu einem inneren Verständnis. Der Taufscheinchrist wird zu einem Herzenschristen.— Die Jesus beklagenden Frauen stehen im Gegensatz zu Simon offenbar auf der Seite Christi und haben Mitleid mit ihm. Christus tadelt sie. Sie sollen nicht über ihn trauern, sondern über sich. Es gibt Tränen, die keinerlei Wert haben. Es gibt eine Verbundenheit mit Christus, die nur Gefühlssache ist. Sentimentale Frömmigkeit ist seinem Wesen fremd. ER lehnt sie ab. Wer in der Erinnerung an die Passion nur in Stimmung macht, hat deren Sinn nicht verstanden. Man kann diesen Menschen nur das warnende Wort Christi zurufen: Sie sind dürres Holz. Der Einzige, der hier am Kreuzweg die richtige Haltung hat, ist ER selbst. Nur wer auf das Denken und die innerste Gesinnung Jesu achtet und eingeht, steht richtig am Kreuzweg des Herrn.

51 Jesus wird gekreuzigt
Mt 27,33f + Mk 15,22f + Lk 23,33f + Joh 19,18f
Zwischen zwei Missetätern schlagen sie Christus ebenfalls als Missetäter ans Kreuz. Damit ist ER von seinem Volk, in aller Form verurteilt, verworfen und —wie sie meinen— aus der Welt geschafft. Im Widerspruch verspottet ihn der Hohe Rat als den Gesalbten und Erwählten des Herrn. Sein Untergang am Kreuz ist der Beweis für sie, dass ER nicht der Messias ist. Sie wollen und erwarten einen andern Messias. Das gleiche gilt von den Römern. Ihr Soldatenspott gilt seinem Königtum. Pilatus lässt über dem Kreuz des Hingerichteten die höhnische Inschrift anbringen: König der Juden. Das Wort des Sterbenden: «Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun» ist nicht Vorwurf oder Richterspruch, sondern eigene Verzeihung und Bitte an den Vater im Himmel, dass auch er ihnen verzeihe. Wenn sie erfasst hätten, dass es die Geburtsstunde einer neuen Menschheit, der Anfang der Kirche, der Umschlag vom Unheil zum Heil, vom Tod zum Leben ist, würden sie anders handeln. Dann rief ER mit lauter Stimme: «Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.» Bei der Geburt Christi wurde die Nacht erleuchtet, beim Tod Christi wird der hellichte Tag verdunkelt und «Der Vorhang des Tempels riss entzwei.» Sein Tod ist aber der Anfang des eigentlichen Lebens. Darum öffnet sich die Erde, bersten die Felsen, springen die Gräber auf und erheben sich die Toten zu neuem Leben. Ein nüchterner Beobachter dieser Vorgänge, der römische Hauptmann, fasst alles zusammen: «Dieser war wirklich Sohn GOTTES». Vom Vater ist Jesus ausgegangen, zum Vater kehrt ER zurück. Der Kreislauf schliesst sich.

In der heutigen Grabeskirche steigt man rechts vom Eingang über eine schmale Treppe hinauf zu jenem erhöhten Plateau, wo auf einer Fläche von 15x4.5 m die Gedächtnisstätte des Richtplatzes Golgota und des ursprünglichen Kreuzigungsfelsens überbaut ist. Die Stätte der Kreuzigung und des Todes Jesu ist im linken Kirchenschiff der Golgota-Kapelle (auch Kalvaria-Kapelle; hier befinden sich die 11.+12. Station des Via Dolorosa-Kreuzweges) durch einen Altar gekennzeichnet. Zwischen den Säulen dieses Altars bedeckt eine Silberplatte die Felsöffnung, in der nach der Überlieferung und neusten Forschung das Kreuz Jesu stand.
An der rechten Seite dieses im Besitz der griech.-orthodoxen Kirche stehenden Altars ist eine Felsspalte zu sehen, die sich beim Tode Jesu geöffnet hat: "...die Erde bebte und die Felsen zerbarsten"
(Mt 27,51).
Adams Grab: Aus der Vision von Anna Katharina Emmerich in Geheimnisse des Alten Bundes: "Von dem Kalvarienberge hatte ich einmal das Bild, wie ein Prophet, der Gefährte des Elias, an diesem Orte, der damals ein Hügel mit Höhlen und gemauerten Grablagern war, sich in eine solche Höhle unter der Erde begab und in einem Steinsarge mit Gebeinen den Schädel Adams ergriff. Es stand die Erscheinung eines Engels bei ihm, der ihm sagte: "Dieses ist der Schädel Adams", und ihm verwehrte, denselben herauszunehmen. Es waren auf diesem Schädel dünne, gelbe Haare hie und da. Ich sah auch, dass durch die Erzählung des Propheten der Ort der Schädelstätte genannt wurde. Senkrecht über diesem Schädel kam bei der Kreuzigung der Fuss des Kreuzes Christi zu stehen Ich erhielt die Anschauung, dass diese Stelle die Mitte der Erde sei, und es wurde mir die Länge nach Morgen, Mittag und Abend mit Zahlen gesagt, die ich aber vergessen habe."




52 Jesus wird begraben
Mt 27,57f + Mk 15,42f + Lk 23,50f + Joh 19,38f
In einen unberührten jungfräulichen Schoss ist Jesus bei seiner Empfängnis gelegt worden. In ein unberührtes Grab wird sein Leib nach dem Tode gelegt. Aus Erde ist der erste Mensch genommen, zur Erde soll er als Wirkung der Sünde wieder zurückkehren. So kehrt auch der zweite Adam, Christus, der die Sünde der Welt auf sich genommen hat, zur Erde zu rück. Freilich wird er nicht lange und nicht dauernd in ihrem Schosse ruhen. Der Sabbat ist nach dem Schöpfungsbericht der Tag, an dem der Herr nach vollendetem Schöpfungswerk ruhte. Nun hat auch Jesus sein Erlösungswerk vollendet. Seine Sabbatruhe ist Zeichen der Erfüllung und Vollendung seines Tuns. Seitdem liegt über jedem christlichen Grab jene feierliche Ruhe und jenes stille Sabbatleuchten, in dem nicht Trauer und Schmerz überwiegen, sondern das Wissen um die Vollendung des Lebenswerkes und das Warten auf den Tag der Auferstehung. Aber erst wenn Leib und Seele wieder verbunden in GOTT ruhen, ist alles vollendet.

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XIV. Der auferstandene Jesus fährt in den Himmel auf

Der marmorüberdeckte hl. Stein — Ort der Auferstehung des Herrn — befindet sich im hl. Grab in der Grabes- oder Auferstehungskirche.

 

 

 

Die beiden Emmausjünger beim Brotbrechen mit dem Herrn (A. Marlinetti).

 

 

Das 1985 entdeckte Galiläa-Boot (bei seiner Rückkehr nach Galiläa, könnte es Jesus benutzt haben).

 

 

Die Himmelfahrtskapelle ist auf der höchsten Stelle des Ölbergs in Jerusalem östlich der Altstadt gelegen. Sie befindet sich an der Stelle von der aus Jesus Christus zum Himmel aufgefahren sein soll.

 

Letzter Fußabdruck Christi
in der Himmelfahrtskapelle

53 Das leere Grab  Mt 28,1f + Mk 16,2f + Lk 24,1f + Joh 20,1f
Die Auferstehung vollzieht sich trotz staatlichem Siegel und militärischem Aufgebot majestätisch. Das Überirdische wird sichtbar. Die Wachen fallen leblos zu Boden. Engel hatten die Empfängnis des Herrn an Maria verkündet, Engel hatten die Geburt Christi den Hirten kundgetan. Engel verkünden nun seine Geburt in eine andere Welt hinein: «Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? ER ist nicht hier, ER ist auferweckt.» Die Frauen sind die ersten Boten an die Jünger, und diese sollen die Botschaft weitertragen in die Welt. Die Nachricht vom grossen Geschehen wird unaufhaltsam weitergehen durch die Jahrtausende. Zugleich werden die Jünger aufgefordert, nach Galiläa zu gehen, wo sie den Herrn sehen sollen. Nach dem Engel, dem Vorläufer des Auferstandenen, wird Jesus selbst sichtbar. Das zweite ist das Erkennen und Verstehen der Worte Jesu: «Denkt doch... wie ER sagte, dass der Menschensohn den Händen der Sünder ausgeliefert werden müsse, dass ER gekreuzigt werde und am dritten Tage auferstehe.» Die Jünger hatten diese Worte immer wieder gehört, aber nie innerlich aufgenommen und sie deshalb nicht verstanden. Jetzt erst erinnern sie sich und beginnen zu verstehen.

54 Jesus erscheint zwei Jüngern  Mk 16,12f + Lk 24,13-35
Die Jünger sind gläubige Menschen, aber durch das Leiden an ihrem Glauben ungläubig geworden. Ein gekreuzigter Erlöser ist ihnen etwas Unfassliches. Sie haben die Botschaft der Frauen noch gehört, nehmen sie aber nicht an. Als Enttäuschte verlassen sie Jerusalem. Da erscheint ihnen der Herr und erklärt ihnen die Schrift. Und aus der Schrift den Sinn des Leidens als grossen Heilsplan GOTTES. «Er begann mit Moses und allen Propheten und legte ihnen aus, was in allen Schriften von IHM gesagt wird.» Zudem offenbart sich Jesus persönlich im Brotbrechen. «Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn.» Zur Schriftdeutung kommt das Geheimnis des Brotbrechens. Der Mensch kann studieren, nachdenken und beten. Es ist letztlich Gnade GOTTES, wenn sich Christus ihm kundtut. Durch diese Selbstmitteilung des Herrn vollzieht sich das gleiche wie bei den Emmausjüngern: «Es gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn.» «Noch in der gleichen Stunde machten sie sich auf und kehrten nach Jerusalem zurück.» Im Abendmahlssaal erfahren sie, dass der Herr dem Simon erschienen ist. Die gegenseitigen Berichte bestätigen somit: Dass wahrhaftig der Herr auferweckt sei!

55 Der Auferstandene erscheint den Aposteln
Lk 24,36-49 + Joh 21,1-14
Danach offenbarte sich Jesus noch einmal seinen Jüngern am See Tiberias. Bei der ersten Offenbarung nach der Auferstehung hat ER sich ihnen gezeigt und ihnen die Vollmacht zur Sündenvergebung übertragen. Bei der 2. Erscheinung hat er sie im Glauben bestärkt
(v.a. Thomas). Nun, bei der 3. Erscheinung, gibt ER ihnen das Vertrauen für ihre Sendung. Ohne ihn ist ihre Arbeit verlorene Mühe. Sie fangen nichts, auch wenn sie gemeinsam arbeiten unter der Führung des Petrus. Mit Christus und durch ihn wird der Fang ein erstaunlich grosser. Das Netz ist zu klein und zu schwach, eine solche Menge grosser Fische zu fassen, und das Fahrzeug ist zu gebrechlich, um ein solch prall gefülltes Netz ans Ufer zu bringen. So ist es in der Kirche, deren Leitung den Jüngern anvertraut ist. Rein menschlich gesehen ist sie für die Reich-Gottes-Arbeit untauglich, denn alles Menschliche ist zu klein und schwach, um GOTTES Werk zu verrichten. Sie wird darum immer wieder Zeiten der Enttäuschung, des Leerlaufes, der scheinbaren Unfruchtbarkeit haben. Aber wenn die Jünger im Glauben an IHN, im Gehorsam gegen sein Wort ihr Werk betreiben, wird ER den Fischfang immer wieder wunderbar gestalten, so dass er den menschlichen Rahmen sprengt. Die von Menschen geleitete Kirche, in der es oft allzu menschlich zugeht, ist das Werk Christi und darum Reich GOTTES auf Erden. Ist die amtliche Vollmacht von der Heiligkeit des Trägers abhängig? Die Szene am See Genesareth gibt die Antwort. Simon hat das Amt nicht verloren, das verheissende Wort Jesu geht in Erfüllung. ER überträgt ihm trotz dreimaliger Verleugnung in feierlicher Form das Amt der obersten Leitung. Petrus wird in Tabgha der oberste sichtbare Hirte der Herde Christi.

56 Jesus fährt in den Himmel auf  Mk 16,19 + Lk 24,50-51
Zweimal wird betont, dass Jesus sich segnend von den Aposteln verabschiedet habe. Es fällt kein Wort der Belehrung mehr und kein Auftrag. Alles Dunkel ist verschwunden. Trotz der Flucht in der Passion, der Verleugnung des Petrus, dem Zweifel nach der Auferstehung und der Unsicherheit noch bei der letzten Erscheinung, ist nun alles in Licht getaucht. Und im Segen des Herrn endet alles in Freude. Dieser wird ihnen die Kraft geben, ohne die sichtbare Gegenwart ihres Meisters zu leben und zu wirken und sein Werk weiterzuführen. Die Erinnerung an den segnenden Herrn wird in ihnen lebendig bleiben. Seine Auffahrt in den Himmel ist nicht nur für ihn selbst die Rückkehr zum Vater, sondern ist auch für die Jünger Hinweis auf seine Wiederkunft und danach auf ihre eigene Himmelfahrt. Sie wissen von dieser Stunde an, dass ihr Leben ein Schreiten zum Licht ist, und dass trotz allem Dunkel irdischer Existenz in feindlicher Verfolgung am Ende alles im Licht und in der Klarheit der Verklärung endet. Die Auferstehung des Herrn und seine Himmelfahrt haben ihnen den göttlichen Ursprung, das göttliche Wesen und die Erhöhung zur Rechten des Vaters endgültig gezeigt. Bewundernde Anbetung ist der einzig mögliche Ausdruck ihrer staunenden Freude. Dann «kehrten sie hocherfreut nach Jerusalem zurück, waren allzeit im Tempel und priesen GOTT».

 
 

Weitere Bilder von einer Pilgerreise in Israel im Forum unter:
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