Apostolisches Schreiben
Ordinatio Sacerdotalis
Johannes Paul II.
über die nur Männern
vorbehaltene Priesterweihe
(22. Mai 1994)
Verehrte Brüder im Bischofsamt!
1. Die Priesterweihe, durch welche das von Christus seinen Aposteln anvertraute
Amt übertragen wird, die Gläubigen zu lehren, zu heiligen und zu leiten, war in
der katholischen Kirche von Anfang an ausschließlich Männern vorbehalten. An
dieser Tradition haben auch die Ostkirchen getreu festgehalten.
Als die Frage der Ordination von Frauen in der anglikanischen Gemeinschaft
aufkam, war Papst Paul VI. darauf bedacht, in Treue zu seinem Amt, die
apostolische Überlieferung zu schützen und ebenso in der Absicht, ein neues
Hindernis auf dem Weg zur Einheit der Christen zu vermeiden, den anglikanischen
Brüdern in Erinnerung zu rufen, worin der Standpunkt der katholischen Kirche
besteht: „Sie hält daran fest, daß es aus prinzipiellen Gründen nicht zulässig
ist, Frauen zur Priesterweihe zuzulassen. Zu diesen Gründen gehören: das in der
Heiligen Schrift bezeugte Vorbild Christi, der nur Männer zu Aposteln wählte,
die konstante Praxis der Kirche, die in der ausschließlichen Wahl von Männern
Christus nachahmte, und ihr lebendiges Lehramt, das beharrlich daran festhält,
daß der Ausschluß von Frauen vom Priesteramt in Übereinstimmung steht mit Gottes
Plan für seine Kirche“.[1]
Da die Frage jedoch auch unter Theologen und in manchen katholischen Kreisen
umstritten war, beauftragte Paul VI. die Kongregation für die Glaubenslehre, die
diesbezügliche Lehre der Kirche darzulegen und zu erläutern. Das geschah durch
die Erklärung Inter Insigniores, deren Veröffentlichung der Papst nach
Bestätigung des Textes anordnete.[2]
2. Die Erklärung wiederholt und erläutert die von Paul VI. dargelegten Gründe
dieser Lehre, wobei sie schlußfolgert, daß die Kirche für sich nicht die
Vollmacht in Anspruch nimmt, „Frauen zur Priesterweihe zuzulassen“.[3]
Zu solchen fundamentalen Gründen fügt jenes Dokument noch
theologische Gründe hinzu, die die Angemessenheit jener göttlichen Verfügung für
die Kirche erläutern, und es zeigt deutlich, daß die Handlungsweise Christi
nicht auf soziologischen oder kulturellen Motiven der damaligen Zeit beruhten.
So führte Papst Paul VI. dann erläuternd aus, „der wahre Grund liegt darin, daß
Christus es so festgelegt hat, als er die Kirche mit ihrer grundlegenden
Verfassung und ihrer theologischen Anthropologie ausstattete, der dann in der
Folge die Tradition der Kirche stets gefolgt ist“.[4]
In dem Apostolischen Schreiben Mulieris dignitatem habe ich selbst diesbezüglich
geschrieben: „Wenn Christus nur Männer zu seinen Aposteln berief, tat er das
völlig frei und unabhängig. Er tat es mit derselben Freiheit, mit der er in
seinem Gesamtverhalten die Würde und Berufung der Frau betonte, ohne sich nach
den herrschenden Sitten und nach der auch von der Gesetzgebung der Zeit
gebilligten Tradition zu richten“.[5]
In der Tat bekunden die Evangelien und die Apostelgeschichte, daß diese Berufung
gemäß dem ewigen Plan Gottes erfolgte: Christus erwählte die, die er wollte
(vgl. Mk 3,13–14; Joh 6,70), und er tat das zusammen mit dem Vater „durch den
Heiligen Geist“ (Apg 1,2), nachdem er die Nacht im Gebet verbracht hatte (vgl.
Lk 6,12).
Darum hat die Kirche bei der Zulassung zum Amtspriestertum[6]
stets als feststehende Norm die Vorgehensweise ihres Herrn bei der Erwählung der
zwölf Männer anerkannt, die er als Grundsteine seiner Kirche gelegt hatte (vgl.
Offb 21,14). Sie übernahmen in der Tat nicht nur eine Funktion, die dann von
jedem beliebigen Mitglied der Kirche hätte ausgeübt werden können, sondern sie
wurden in besonderer Weise und zutiefst mit der Sendung des fleischgewordenen
Wortes selbst verbunden (vgl. Mt 10,1.7–8; 28,16–20; Mk 3,13–15; 16,14–15). Die
Apostel taten das gleiche, als sie Mitarbeiter wählten,[7]
die ihnen in ihrem Amt nachfolgen sollten.[8]
In diese Wahl waren auch jene eingeschlossen, die durch die Zeiten der
Geschichte der Kirche hindurch die Sendung der Apostel fortführen sollten,
Christus, den Herrn und Erlöser, zu vergegenwärtigen.[9]
3. Im übrigen zeigt die Tatsache, daß Maria, die Mutter Gottes und Mutter der
Kirche, nicht den eigentlichen Sendungsauftrag der Apostel und auch nicht das
Amtspriestertum erhalten hat, mit aller Klarheit, daß die Nichtzulassung der
Frau zur Priesterweihe keine Minderung ihrer Würde und keine Diskriminierung ihr
gegenüber bedeuten kann, sondern die treue Beachtung eines Ratschlusses, der der
Weisheit des Herrn des Universums zuzuschreiben ist.
Auch wenn die Gegenwart und die Rolle der Frau im Leben und in der Sendung der
Kirche nicht an das Amtspriestertum gebunden ist, so bleiben sie doch absolut
notwendig und unersetzbar. Wie von der Erklärung Inter Insigniores
herausgestellt wurde, wünscht die Heilige Mutter Kirche, „daß die christlichen
Frauen sich der Größe ihrer Sendung voll bewußt werden: ihre Aufgabe ist
heutzutage von höchster Bedeutung sowohl für die Erneuerung und Vermenschlichung
der Gesellschaft als auch dafür, daß die Gläubigen das wahre Antlitz der Kirche
wieder neu entdecken“.[10]
Das Neue Testament und die ganze Kirchengeschichte erweisen
umfassend die Präsenz von Frauen in der Kirche, als wahre Jüngerinnen und Zeugen
Christi in der Familie und im bürgerlichen Beruf oder in der vollkommenen Weihe
an den Dienst für Gott und das Evangelium. „In der Tat hat die Kirche, indem sie
für die Würde der Frau und ihre Berufung eintrat, Verehrung und Dankbarkeit für
jene zum Ausdruck gebracht, die – in Treue zum Evangelium – zu allen Zeiten an
der apostolischen Sendung des ganzen Gottesvolkes teilgenommen haben. Es handelt
sich um heilige Märtyrerinnen, Jungfrauen, Mütter, die mutig ihren Glauben
bezeugt und dadurch, daß sie ihre Kinder im Geiste des Evangeliums erzogen, den
Glauben und die Überlieferung der Kirche weitergegeben haben“.[11]
Auf der anderen Seite ist die hierarchische Struktur der Kirche vollkommen auf
die Heiligkeit der Gläubigen ausgerichtet. Daher ruft die Erklärung Inter
Insigniores in Erinnerung, „das einzige höhere Charisma, das sehnlichst erstrebt
werden darf und soll, ist die Liebe (vgl. 1 Kor 12–13). Die Größten im
Himmelreich sind nicht die Amtsträger, sondern die Heiligen“.[12]
4. Obwohl die Lehre über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe sowohl von
der beständigen und umfassenden Überlieferung der Kirche bewahrt als auch vom
Lehramt in den Dokumenten der jüngeren Vergangenheit mit Beständigkeit gelehrt
worden ist, hält man sie in unserer Zeit dennoch verschiedenenorts für
diskutierbar, oder man schreibt der Entscheidung der Kirche, Frauen nicht zu
dieser Weihe zuzulassen, lediglich eine disziplinäre Bedeutung zu.
Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die
göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich
kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), daß die Kirche
keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle
Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.
Während sich auf euch, verehrte Brüder, und auf das ganze christliche Volk den
beständigen göttlichen Beistand herabrufe, erteile ich allen den Apostolischen
Segen.
Aus dem Vatikan, am 22. Mai, dem Pfingstfest des Jahres 1994, dem 16. meines
Pontifikates.
Joannes Paulus PP II
[1] Vgl. PAUL VI.,
Antwortschreiben an Seine Gnaden den Hochwürdigsten Herrn Dr. F. D. Coggan,
Erzbischof von Canterbury, über das Priestertum der Frau, 30. November 1975: AAS
68 (1976), 599–600: „Your Grace is of course well aware of the Catholic Church‘s
position on this question. She holds that it is not admissible to ordain women
to the priesthood, for very fundamental reasons. These reasons include: the
example recorded in the Sacred Scriptures of Christ choosing the Apostles only
among men; the constant practice of the Church, which has imitated Christ in
choosing only men; and her living teaching authority which has consistently held
that the exclusion of women from the priesthood is in accordance with God‘s plan
for his Church“ (S. 599).
[2] Vgl.
KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Erklärung Inter Insigniores über die Frage
der Zulassung von Frauen zum Amtspriestertum, 15. Oktober 1976: AAS 69 (1977),
98–116.
[3] Ebd., 100.
[4] PAUL VI.,
Ansprache über die Rolle der Frau im Heilsplan, 30. Januar 1977: Insegnamenti,
Bd. XV, 1977, 111. Vgl. auch JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben
Christifideles laici, 30. Dezember 1988, Nr. 51: AAS 81 (1989), 393–521;
Katechismus der katholischen Kirche, Nr. 1577.
[5] Apostolisches
Schreiben Mulieris dignitatem, 15. August 1988, Nr. 26: AAS 80 (1988), 1715.
[6] Vgl.
Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, Nr. 28; Dekret Presbyterorum ordinis,
Nr. 2.
[7] Vgl. 1 Tim
3,1–13; 2 Tim 1,6; Tit 1,5–9.
[8] Vgl.
Katechismus der katholischen Kirche, Nr. 1577.
[9] Vgl.
Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, Nr. 20 und Nr. 21.
[10] KONGREGATION
FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Erklärung Inter Insigniores, VI: AAS 69 (1977), 115–116.
[11] JOHANNES PAUL
II., Apostolisches Schreiben Mulieris dignitatem, Nr. 27: AAS 80 (1988), 1719.
[12] KONGREGATION
FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Erklärung Inter Insigniores, VI: AAS 69 (1977), 115.
aus: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 117: Apostolisches Schreiben
von Papst Johannes Paul II. über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe
(1994); Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Frage der Zulassung
der Frauen zum Priesteramt (1976), hg. vom Sekretariat der Deutschen
Bischofskonferenz, S. 4–7.
Erklärung der Kongregation
für die Glaubenslehre
zur Frage der
Zulassung
der
Frauen zum Priesteramt
15. Oktober
1976
EINLEITUNG:
DIE STELLUNG DER FRAU IN DER MODERNEN GESELLSCHAFT
UND IN DER KIRCHE
Zu den besonderen Merkmalen, die unsere Zeit kennzeichnen, zählte Papst Johannes
XXIII. in seiner Enzyklika Pacem in terris vom 11. April 1963 »den Eintritt der
Frau in das öffentliche Leben, der vielleicht rascher bei den christlichen
Völkern erfolgt und langsamer, jedoch in zunehmendem Umfang auch bei den Völkern
anderer Traditionen und Kulturen«. Ebenso nennt das II. Vatikanische Konzil in
seiner Pastoralkonstitution Gaudium et spes, wo es die Formen von
Diskriminierung in den Grundrechten der Person aufzählt, die überwunden und
beseitigt werden müssen, da sie dem Plan Gottes widersprechen, an erster Stelle
jene Diskriminierung, die wegen des Geschlechts erfolgt. Die Gleichheit, die
sich hieraus ergibt, wird dazu führen, eine Gesellschaft zu verwirklichen, die
nicht völlig nivelliert und einförmig, sondern harmonisch und in sich geeint
ist, wenn die Männer und die Frauen ihre jeweiligen Veranlagungen und ihren
Dynamismus in sie einbringen, wie es Papst Paul VI. erst kürzlich dargelegt hat.
Im Leben der Kirche selbst haben Frauen, wie die Geschichte bezeugt, einen
entscheidenden Beitrag geleistet und bedeutsame Werke vollbracht. Es genügt, an
die Gründerinnen der großen Frauenorden zu erinnern, wie die hl. Klara oder die
hl. Theresia von Avila. Letztere und die hl. Katharina von Siena haben der
Nachwelt so tiefgründige geistliche Schriften hinterlassen, daß Papst Paul VI.
sie unter die Zahl der Kirchenlehrer aufgenommen hat. Noch sind jene unzähligen
Frauen zu vergessen, die sich dem Herrn geweiht haben, um die tätige
Nächstenliebe zu üben oder in den Missionen zu arbeiten, noch die christlichen
Mütter, die in ihren Familien einen tiefen Einfluß ausüben und vor allem ihren
Kindern den Glauben vermitteln.
Unsere Zeit erhebt jedoch noch höhere Forderungen: »Da heute die Frauen eine
immer aktivere Funktion im ganzen Leben der Gesellschaft ausüben, ist es von
großer Wichtigkeit, daß sie auch an den verschiedenen Bereichen des Apostolates
der Kirche wachsenden Anteil nehmen«. Dieser Hinweis des II. Vatikanischen
Konzils hat bereits eine entsprechende Entwicklung in die Wege geleitet: die
verschiedenen Erfahrungen müssen natürlich noch reifen. Sehr zahlreich sind
jedoch schon, wie Papst Paul VI. noch bemerkt hat, die christlichen
Gemeinschaften, denen der apostolische Einsatz der Frauen sehr zum Nutzen
gereicht. Einige von diesen Frauen wurden als Mitglieder in die Gremien für die
pastorale Planung sowohl auf diözesaner wie pfarrlicher Ebene berufen. Auch der
Heilige Stuhl hat in einige Ämter der Kurie Frauen aufgenommen.
Nun haben seit einigen Jahren mehrere christliche Gemeinschaften, die aus der
Reformation des 16. Jh. oder der nachfolgenden Zeit hervorgegangen sind, auch
Frauen in der gleichen Weise wie Männern den Zugang zum pastoralen Dienst
eröffnet. Ihre Initiative hatte von Seiten der Mitglieder dieser Gemeinschaften
oder ähnlicher Gruppen Forderungen und Veröffentlichungen zur Folge, die darauf
abzielen, diese Zulassung auszuweiten, ebenso aber auch Reaktionen im
entgegengesetzten Sinn. Diese Frage stellt also ein ökumenisches Problem dar, zu
dem die katholische Kirche ihre Auffassung darlegen muß, und das umso mehr, als
man sich in verschiedenen Bereichen der öffentlichen Meinung die Frage gestellt
hat, ob die Kirche nicht auch ihrerseits ihre Praxis ändern und Frauen zur
Priesterweihe zulassen sollte. Sogar mehrere katholische Theologen haben diese
Frage offen gestellt und so zu Untersuchungen nicht nur im Bereich der Exegese,
der Patristik und der Kirchengeschichte, sondern auch auf dem Gebiet der
geschichtlichen Erforschung der Institutionen und Gebräuche, der Soziologie und
der Psychologie angeregt. Die verschiedenen Argumente, die zur Klärung dieses
bedeutsamen Problems beitragen können, sind einer kritischen Prüfung unterzogen
worden. Da es sich hierbei aber um eine Diskussion handelt, der die klassische
Theologie kaum größere Aufmerksamkeit geschenkt hat, läuft die gegenwärtige
Argumentation leicht Gefahr, einige wesentliche Elemente zu vernachlässigen.
Aus diesen Gründen erachtet es die Kongregation für die Glaubenslehre in
Erfüllung eines Auftrags, den sie vom Heiligen Vater erhalten hat, und als
Antwort auf die von ihm in seinem Schreiben vom 30. November 1975 gemachten
Erklärung als ihre Pflicht, erneut festzustellen: Die Kirche hält sich aus Treue
zum Vorbild ihres Herrn nicht dazu berechtigt, die Frauen zur Priesterweihe
zuzulassen. Gleichzeitig ist die Kongregation der Meinung, daß es in der
gegenwärtigen Situation nützlich ist, diese Haltung der Kirche näher zu
erklären, da sie von einigen vielleicht mit Bedauern zur Kenntnis genommen
werden wird. Auf längere Sicht dürfte jedoch ihr positiver Wert ersichtlich
werden, da sie dazu beitragen könnte, die jeweilige Sendung von Mann und Frau
tiefer zu erfassen.
1.
DIE TATSACHE DER TRADITION
Niemals ist die katholische Kirche der Auffassung gewesen, daß die Frauen gültig
die Priester- oder Bischofsweihe empfangen könnten. Einige häretische Sekten der
ersten Jahrhunderte, vor allem gnostische, haben das Priesteramt von Frauen
ausüben lassen wollen. Die Kirchenväter haben jedoch sogleich auf diese Neuerung
hingewiesen und sie getadelt, da sie sie als für die Kirche unannehmbar ansahen.
Es ist wahr, daß man in ihren Schriften den unleugbaren Einfluß von Vorurteilen
findet, die sich gegen die Frau richten, die sich aber – was ebenfalls
festzustellen ist – kaum auf ihre pastorale Tätigkeit und noch weniger auf ihre
geistliche Führung ausgewirkt haben. Neben diesen durch den Geist der Zeit
beeinflußten Überlegungen findet man, vor allem in den kirchenrechtlichen Werken
der antiochenischen und ägyptischen Tradition, als wesentliches Motiv dafür
angeführt, daß die Kirche, indem sie nur Männer zur Weihe und zum eigentlichen
priesterlichen Dienst beruft, jenem Urbild des Priesteramtes treu zu bleiben
sucht, das der Herr Jesus Christus gewollt und die Apostel gewissenhaft bewahrt
haben.
Dieselbe Überzeugung bestimmt auch die mittelalterliche Theologie, obgleich die
scholastischen Theologen, wenn sie die Glaubenswahrheiten durch die Vernunft zu
erklären suchen, zu dieser Frage oft Argumente anführen, die das moderne Denken
nur schwerlich gelten läßt oder sogar mit Recht zurückweist. Seither ist diese
Frage bis in unsere Zeit sozusagen nicht mehr erörtert worden, da die geltende
Praxis von einer bereitwilligen und allgemeinen Zustimmung getragen wurde.
Die Tradition der Kirche ist also in diesem Punkt durch die Jahrhunderte
hindurch so sicher gewesen, daß das Lehramt niemals einzuschreiten brauchte, um
einen Grundsatz zu bekräftigen, der nicht bekämpft wurde, oder ein Gesetz zu
verteidigen, das man nicht in Frage stellte. Jedesmal aber, wenn diese Tradition
Gelegenheit hatte, deutlicher in Erscheinung zu treten, bezeugte sie den Willen
der Kirche, dem ihr vom Herrn gegebenen Beispiel zu folgen.
Dieselbe Tradition ist auch von den Ostkirchen treu bewahrt worden. Ihre
Einmütigkeit in diesem Punkt ist umso bemerkenswerter, als ihre Kirchenordnung
in vielen anderen Fragen eine große Verschiedenheit zuläßt. Auch diese Kirchen
lehnen es heute ab, sich jenen Forderungen anzuschließen, die den Frauen den
Zugang zur Priesterweihe eröffnen möchten.
2.
DAS VERHALTEN CHRISTI
Jesus Christus hat keine Frau unter die Zahl der Zwölf berufen. Wenn er so
gehandelt hat, dann tat er das nicht etwa deshalb, um sich den Gewohnheiten
seiner Zeit anzupassen, denn sein Verhalten gegenüber den Frauen unterscheidet
sich in einzigartiger Weise von dem seiner Umwelt und stellt einen absichtlichen
und mutigen Bruch mit ihr dar.
So spricht er zur großen Verwunderung seiner eigenen Jünger öffentlich mit der
Samariterin (vgl. Joh 4, 27); er beachtet nicht die gesetzliche Unreinheit der
blutflüssigen Frau (vgl. Mt 9, 20-22); er läßt sich im Hause des Pharisäers
Simon von einer Sünderin berühren (vgl. Lk 7, 37 ff.); indem er der Ehebrecherin
verzeiht, möchte er zeigen, daß man mit der Verfehlung einer Frau nicht strenger
verfahren darf, als mit der von Männern (vgl. Joh 8, 11); ferner zögert er
nicht, sich vom Gesetz des Moses zu distanzieren, um die Gleichheit der Rechte
und Pflichten von Mann und Frau hinsichtlich des Ehebandes zu bekräftigen (vgl.
Mk 10, 2-11; Mt 19, 3-9).
Auf seinen Wanderpredigten ließ Jesus sich nicht nur von den Zwölf begleiten,
sondern auch von einer Gruppe von Frauen: »Maria, genannt Maria aus Magdala, aus
der sieben Dämonen ausgefahren waren, Johanna, die Frau des Chuzas, eines
Bekannten des Herodes, Susanna und viele andere. Sie alle unterstützten Jesus
und die Jünger mit dem, was sie besaßen« (Lk 8, 2-3). Im Gegensatz zur jüdischen
Mentalität, die dem Zeugnis von Frauen keinen großen Wert zuerkannte, wie es das
jüdische Gesetz bezeugt, waren es dennoch Frauen, die als erste den
auferstandenen Christus sehen durften und von Jesus den Auftrag erhielten, die
erste österliche Botschaft sogar den Aposteln mitzuteilen (vgl. Mt 28, 7-10; Lk
24, 9-10; Joh 20, 11-18), um sie darauf vorzubereiten, später selbst die
offiziellen Zeugen der Auferstehung zu werden.
Gewiß, diese Feststellungen bieten keine unmittelbare Evidenz. Man sollte sich
darüber aber nicht wundern, denn die Fragen, die sich aus dem Worte Gottes
ergeben, übersteigen die Evidenz. Um den letzten Sinn der Sendung Jesu und den
der Schrift zu verstehen, kann die rein historische Exegese der Texte nicht
genügen. Man muß jedoch anerkennen, daß es hier eine Anzahl von konvergierenden
Fakten gibt, die die bemerkenswerte Tatsache unterstreichen, daß Jesus den
Auftrag der Zwölf keinen Frauen anvertraut hat. Nicht einmal seine Mutter, die
so eng mit seinem Geheimnis verbunden ist und deren erhabene Funktion in den
Evangelien von Lukas und Johannes hervorgehoben wird, war mit dem apostolischen
Amt betraut. Das veranlaßt die Kirchenväter, sie als das Beispiel für den Willen
Christi in dieser Frage hinzustellen. Dieselbe Lehre hat noch am Anfang des 13.
Jh. Papst Innozenz III. wiederholt, indem er schrieb: »Obwohl die allerseligste
Jungfrau Maria alle Apostel an Würde und Erhabenheit übertroffen hat, hat der
Herr nicht ihr, sondern jenen die Schlüssel des Himmelreiches anvertraut«.
3.
DIE HANDLUNGSWEISE DER APOSTEL
Die apostolische Gemeinde ist dem Verhalten Jesu Christi treu geblieben.
Obgleich Maria im engen Kreis derer, die sich nach der Himmelfahrt im
Abendmahlssaal versammelten, einen bevorzugten Platz einnahm (vgl. Apg 1, 14),
war nicht sie es, die man in das Kollegium der Zwölf berief, sondern man schritt
zur Wahl, die dann auf Matthias fiel. Aufgestellt wurden zwei Jünger, die in den
Evangelien nicht einmal erwähnt werden.
Am Pfingsttag ist der Heilige Geist auf alle her abgekommen, auf Männer und
Frauen (vgl. Apg 2, 1; 1, 14), und dennoch waren es nur »Petrus zusammen mit den
Elf«, die die Stimme erhoben und verkündeten, daß in Jesus die Propheten erfüllt
sind (Apg 2, 14).
Als diese und Paulus die Grenzen der jüdischen Welt überschritten, haben die
Verkündigung des Evangeliums und das christliche Leben in der
griechisch-römischen Zivilisation sie veranlaßt, mitunter sogar auf schmerzliche
Weise mit der Beobachtung des mosaischen Gesetzes zu brechen. Sie hätten also
auch daran denken können, Frauen die Weihe zu erteilen, wenn sie nicht davon
überzeugt gewesen wären, in diesem Punkt dem Herrn die Treue wahren zu müssen.
In der hellenistischen Welt waren mehrere Kulte der heidnischen Gottheiten
Priesterinnen anvertraut. Die Griechen teilten nämlich nicht die jüdischen
Vorstellungen. Wenn auch die Philosophen die Frau als minderwertiger
beurteilten, so weisen die Geschichtsexperten doch während der römischen
Kaiserzeit auch die Existenz einer gewissen Bewegung nach, die sich um die
Förderung der Frau bemühte. In der Tat stellen wir auch in der Apostelgeschichte
und in den Briefen des hl. Paulus fest, daß die Frauen bei der Verkündigung des
Evangeliums mit den Aposteln zusammenarbeiteten (vgl. Röm 16, 3-12; Phil 4, 3);
er nennt mit Freude ihre Namen in den abschließenden Gruß werten seiner Briefe;
einige von ihnen üben häufig einen bedeutenden Einfluß bei den Bekehrungen aus:
Priscilla, Lydia und andere; Priscilla vor allem, die sich darum bemühte, die
Glaubensunterweisung des Apollo noch weiter zu vervollkommnen (vgl. Apg 18, 26);
Phöbe steht im Dienst der Gemeinde Kenchreä (vgl. Röm 16, 1). All diese
Tatsachen offenbaren in der Kirche zur Zeit der Apostel einen beachtlichen
Fortschritt im Vergleich zu den Sitten des Judentums. Und dennoch hat man
niemals daran gedacht, diesen Frauen die Weihe zu erteilen.
In den paulinischen Briefen haben anerkannte Exegeten einen Unterschied zwischen
zwei Redeweisen des Apostels festgestellt: er spricht unterschiedslos von
»meinen Mitarbeitern« (Röm 16, 3; Phil 4, 2-3) hinsichtlich der Männer und
Frauen, die ihm auf die eine oder andere Weise in seiner apostolischen Arbeit
helfen; dagegen reserviert er die Bezeichnung »Mitarbeiter Gottes« (1 Kor 3, 9;
vgl. 1 Thess 3, 2) für Apollo, Timotheus und sich selbst, Paulus; sie werden so
bezeichnet, weil sie direkt zum apostolischen Amt und zur Verkündigung des
Gotteswortes berufen sind. Obgleich die Frauen am Tag der Auferstehung eine
bedeutsame Aufgabe zu erfüllen hatten, geht ihre Mitarbeit für den hl. Paulus
nicht bis zur offiziellen und öffentlichen Verkündigung der Frohbotschaft, die
exklusiv der apostolischen Sendung vorbehalten bleibt.
4.
DIE BLEIBENDE BEDEUTUNG DER VERHALTENSWEISE JESU UND DER APOSTEL
Könnte sich die Kirche nicht von dieser Verhaltensweise Jesu und der Apostel,
die zwar durch die ganze Tradition bis in unsere Tage als Norm angesehen worden
ist, heute eventuell entfernen? Man hat zugunsten einer positiven Beantwortung
dieser Frage verschiedene Argumente vorgebracht, die es nun zu prüfen gilt.
Man hat vor allem behauptet, daß das Verhalten Jesu und der Apostel sich durch
den Einfluß ihres Milieus und ihrer Zeit erklären ließe. Wenn Jesus, so sagt
man, weder den Frauen noch seiner eigenen Mutter ein Amt übertragen hat, das sie
den Zwölfen zuordnete, so liegt der Grund darin, daß die historischen Umstände
es ihm nicht gestatteten. Keiner hat indes jemals bewiesen, und es ist auch
nicht möglich nachzuweisen, daß dieses Verhalten sich allein an
soziologisch-kulturellen Motiven orientiert. Die Nachforschungen in den
Evangelien ergeben, wie wir oben gesehen haben, gerade das Gegenteil, daß
nämlich Jesus mit den Vorurteilen seiner Zeit gebrochen hat, indem er den
konkreten Formen der Diskriminierung der Frauen entschlossen entgegengetreten
ist. Man kann also nicht behaupten, daß Jesus sich einfach von
Opportunitätsgründen habe leiten lassen, wenn er keine Frauen in die Gruppe der
Apostel aufgenommen habe. Noch weniger hätten diese soziologisch-kulturellen
Bedingungen die Apostel im griechischen Milieu davon zurückhalten können, wo
diese Diskriminierungen nicht existierten.
Einen weiteren Einwand leitet man von dem zeitbedingten Charakter her, den man
heute in einigen Vorschriften des hl. Paulus für die Frauen und in den
Schwierigkeiten, die sich diesbezüglich aus einigen Aspekten seiner Lehre
ergeben, zu erkennen glaubt. Man muß jedoch dagegen feststellen, daß diese
Vorschriften, die wahrscheinlich durch die Sitten seiner Zeit beeinflußt sind,
sich fast nur auf disziplinare Praktiken von geringer Bedeutung beziehen, wie
z.B. die den Frauen auferlegte Verpflichtung, einen Schleier zu tragen (vgl. 1
Kor 11, 2-16); diese Forderungen haben natürlich keinen normativen Wert mehr.
Das Verbot des Apostels jedoch, daß Frauen in der Versammlung nicht »sprechen«
dürfen (vgl. 1 Kor 14, 34-35; 1 Tim 2, 12), ist anderer Natur. Die Exegeten
erklären seine richtige Bedeutung: Paulus widersetzt sich keineswegs dem Recht,
in der Versammlung prophetisch zu reden, was er den Frauen übrigens ausdrücklich
zuerkennt (vgl. 1 Kor 11, 5); das Verbot bezieht sich ausschließlich auf die
offizielle Funktion, in der christlichen Versammlung zu lehren. Diese Vorschrift
ist für den hl. Paulus mit dem göttlichen Schöpfungsplan verbunden (vgl. 1 Kor
11, 7; Gen 2, 18-24); man könnte sie nur schwerlich als Ausdruck der kulturellen
Verhältnisse ansehen. Ferner darf nicht vergessen werden, daß wir dem hl. Paulus
einen jener Texte verdanken, in denen im Neuen Testament mit größtem Nachdruck
die grundsätzliche Gleichheit von Mann und Frau als Kinder Gottes in Christus
unterstrichen wird (vgl. Gal 3, 28). Es besteht also kein Grund, ihn
unfreundlicher Vorurteile gegenüber den Frauen anzuklagen, wenn man das
Vertrauen beachtet, das er ihnen entgegenbringt, und die Mitarbeit, die er von
ihnen für seine apostolische Tätigkeit erbittet.
Außer diesen Einwänden, die man aus der Geschichte der apostolischen Zeit
entnimmt, gibt es andere, die für eine berechtigte Entwicklung in dieser Frage
eintreten und als Argument dafür auf die Praxis hinweisen, die die Kirche
hinsichtlich der Riten der Sakramente befolgt hat. Man hat hervorheben können,
wie sehr die Kirche gerade in unserer Zeit darum weiß, daß sie über die
Sakramente, obgleich sie von Christus eingesetzt worden sind, eine gewisse
Verfügungsgewalt besitzt. Sie bedient sich ihrer im Lauf der Jahrhunderte, um
für diese das äußere Zeichen und die Bedingungen der Spendung genauer zu
bestimmen: die jüngsten Entscheidungen der Päpste Pius XII. und Paul VI. sind
ein Beweis dafür. Doch muß betont werden, daß diese Gewalt, die tatsächlich
besteht, begrenzt ist. Pius XII. hat daran erinnert, als er schrieb: »Die Kirche
hat keine Gewalt über die Substanz der Sakramente, d.h. über alles, von dem
Christus nach dem Zeugnis der Quellen der Offenbarung gewollt hat, daß es im
sakramentalen Zeichen erhalten bleibt«, Dies war auch schon die Lehre des
Trienter Konzils: »Stets hatte die Kirche die Vollmacht, in der Spendung der
Sakramente unter Beibehaltung ihres Wesens Bestimmungen oder Abänderungen zu
treffen, die, entsprechend dem Wechsel von Verhältnissen, Zeit und Ort, das
Seelenheil der Empfänger oder die Ehrfurcht vor den Sakramenten förderten«.
Anderseits darf nicht vergessen werden, daß die sakramentalen Zeichen keine
konventionellen Zeichen sind; und selbst wenn es zutrifft, daß sie unter
bestimmten Aspekten natürliche Zeichen sind, weil sie der tiefen Symbolik der
Gesten und Dinge entsprechen, so sind sie doch mehr als das: sie sind vor allem
dafür bestimmt, den Menschen einer jeden Epoche mit dem erhabensten Geschehen
der Heilsgeschichte in Verbindung zu bringen, ihm durch den ganzen Reichtum der
Pädagogik und der Symbolik der Bibel die Erkenntnis der Gnade zu vermitteln, die
sie bezeichnen und bewirken. So ist das Sakrament der Eucharistie nicht nur ein
brüderliches Mahl, sondern zugleich auch die Gedächtnisfeier, die das Opfer
Christi und seine Hingabe durch die Kirche vergegenwärtigt und wirksam macht;
das Priesteramt ist nicht ein einfacher pastoraler Dienst, sondern gewährleistet
die Kontinuität jener Funktionen, die Christus den Zwölfen übertragen hat, und
der Gewalten, die sich darauf beziehen. Die Angleichung an bestimmte
Zivilisationen und Epochen kann also nicht, was die wesentlichen Elemente
betrifft, ihre sakramentale Bezogenheit auf die grundlegenden Ereignisse des
Christentums und auf Christus selbst abschaffen.
Es ist letztlich die Kirche, die durch die Stimme ihres Lehramtes in diesen
verschiedenen Bereichen die richtige Unterscheidung zwischen den wandelbaren und
den unwandelbaren Elementen gewährleistet. Wenn sie gewisse Änderungen nicht
übernehmen zu können glaubt, so geschieht es deshalb, weil sie sich durch die
Handlungsweise Christi gebunden weiß: ihre Haltung ist also entgegen allem
Anschein nicht eine Art Archaismus, sondern Treue. Nur in diesem einen Licht
kann sie sich selbst richtig verstehen. Die Kirche fällt ihre Entscheidungen
kraft der Verheißung des Herrn und der Gegenwart des Heiligen Geistes, und zwar
stets in der Absicht, das Geheimnis Christi noch besser zu verkünden und dessen
Reichtum unversehrt zu bewahren und zum Ausdruck zu bringen.
Diese Praxis der Kirche erhält also einen normativen Charakter: in der Tatsache,
daß sie nur Männern die Priesterweihe erteilt, bewahrt sich eine Tradition, die
durch die Jahrhunderte konstant geblieben und im Orient wie im Okzident
allgemein anerkannt ist, stets darauf bedacht, Mißbräuche sogleich zu
beseitigen. Diese Norm, die sich auf das Beispiel Christi stützt, wird befolgt,
weil sie als übereinstimmend mit dem Plan Gottes für seine Kirche angesehen
wird.
5.
DAS PRIESTERAMT IM LICHTE DES GEHEIMNISSES CHRISTI
Nachdem die Norm der Kirche und ihre Grundlagen in Erinnerung gebracht worden
sind, scheint es nützlich und angemessen zu sein, sie noch weiter zu erläutern.
Dabei soll nun die tiefe Übereinstimmung aufgezeigt werden, die die theologische
Reflexion zwischen der dem Weihesakrament eigenen Natur – mit ihrem besonderen
Bezug auf das Geheimnis Christi – und der Tatsache, daß nur Männer zum Empfang
der Priesterweihe berufen werden, feststellt. Es geht hierbei nicht darum, einen
stringenten Beweis zu erbringen, sondern diese Lehre durch die Analogie des
Glaubens zu erhellen.
Die konstante Lehre der Kirche, die das II. Vatikanische Konzil erneut
bekräftigt und präzisiert hat und die auch durch die Bischofssynode von 1971 und
durch diese Kongregation für die Glaubenslehre in ihrer Erklärung vom 24. Juni
1973 vorgetragen worden ist, bekennt, daß der Bischof oder der Priester bei der
Ausübung seines Amtes nicht in eigener Person, in persona proprio, handelt: er
repräsentiert Christus, der durch ihn handelt. »Der Priester waltet wirklich an
Christi statt«, schreibt wörtlich schon der hl. Cyprian im 3. Jahrhundert. Diese
Eigenschaft, Christus zu repräsentieren, ist es, die der hl. Paulus als
charakteristisch für seine apostolische Tätigkeit betrachtet (vgl. 2 Kor 5, 20;
Gal 4, 14). Sie erreicht ihren höchsten Ausdruck in der Feier der Eucharistie,
die die Quelle und der Mittelpunkt der Einheit der Kirche ist, das Opfermahl, in
dem sich das Volk Gottes mit dem Opfer Christi vereint. Der Priester, der allein
die Vollmacht hat, die Eucharistiefeier zu vollziehen, handelt also nicht nur
kraft der ihm von Christus übertragenen Amtsgewalt, sondern in persona Christi,
indem er die Stelle Christi einnimmt und sogar sein Abbild wird, wenn er die
Wandlungsworte spricht.
Das christliche Priesteramt ist also sakramentaler Natur: der Priester ist ein
Zeichen, dessen übernatürliche Wirksamkeit sich aus der empfangenen Weihe
herleitet, ein Zeichen aber, das wahrnehmbar sein muß und von den Gläubigen auch
leicht verstanden werden soll. Die Ökonomie der Sakramente ist in der Tat auf
natürlichen Zeichen begründet, auf Symbolen, die in die menschliche Psychologie
eingeschrieben sind: »Die sakramentalen Zeichen«, sagt der hl. Thomas,
»repräsentieren das, was sie bezeichnen, durch eine natürliche Ähnlichkeit«.
Dasselbe Gesetz der Ähnlichkeit gilt ebenso für die Personen wie für die Dinge:
wenn die Stellung und Funktion Christi in der Eucharistie sakramental
dargestellt werden soll, so liegt diese »natürliche Ähnlichkeit«, die zwischen
Christus und seinem Diener bestehen muß, nicht vor, wenn die Stelle Christi
dabei nicht von einem Mann vertreten wird: andernfalls würde man in ihm nur
schwerlich das Abbild Christi erblicken. Christus selbst war und bleibt nämlich
ein Mann.
Gewiß, Christus ist der Erstgeborene der ganzen Schöpfung, der Frauen ebenso wie
der Männer: die Einheit, die er nach dem Sündenfall wiederherstellt, ist derart,
das es nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und
Frau gibt; denn alle sind eins in Christus Jesus (vgl. Gal 3, 28).
Nichtsdestoweniger ist die Menschwerdung des Wortes in der Form des männlichen
Geschlechtes erfolgt. Dies ist natürlich eine Tatsachenfrage; doch ist diese
Tatsache, ohne daß sie im geringsten eine vermeintliche natürliche Überordnung
des Mannes über die Frau beinhaltet, unlösbar mit der Heilsökonomie verbunden:
sie steht in der Tat im Einklang mit dem Gesamtplan Gottes, wie er selbst ihn
geoffenbart hat und dessen Mittelpunkt das Geheimnis des Bundes ist.
Das Heil, das von Gott den Menschen angeboten wird, die Gemeinschaft, zu der sie
mit ihm berufen sind, mit einem Wort der Bund, wird schon von den Propheten des
Alten Testaments mit Vorliebe unter dem Bild eines geheimnisvollen
Brautverhältnisses beschrieben: das erwählte Volk wird für Gott zur innig
geliebten Braut; die jüdische wie die christliche Tradition haben die Tiefe
dieser innigen Liebe erkannt, indem man immer wieder das Hohelied der Liebe
gelesen hat; der göttliche Bräutigam bleibt treu, selbst dann, wenn die Braut
seine Liebe verrät, d.h. wenn Israel Gott gegenüber untreu wird (vgl. Hos 1-3;
Jer 2). Als die »Fülle der Zeit« (Gal 4, 4) kam, hat das Wort, der Sohn Gottes,
Fleisch angenommen, um in seinem Blut, das für die vielen zur Vergebung der
Sünden vergossen wird, den neuen und ewigen Bund zu beginnen und zu besiegeln:
sein Tod wird erneut die zerstreuten Kinder Gottes versammeln; aus seiner
durchbohrten Seite wird die Kirche geboren, wie Eva aus der Seite Adams geboren
wurde. Jetzt erst verwirklicht sich vollkommen und endgültig das bräutliche
Geheimnis, das im Alten Testament angekündigt und besungen worden ist: Christus
ist der Bräutigam; die Kirche ist seine Braut, die er liebt, da er sie durch
sein Blut erworben und sie lobwürdig, heilig und ohne Makel gestaltet hat und
mit ihr nunmehr untrennbar verbunden ist. Das Brautthema, das sich von den
Briefen des hl. Paulus (vgl. 2 Kor 11, 2; Eph 5, 22-33) bis zu den Schriften des
hl. Johannes entfaltet (vgl. vor allem Joh 3, 29; Offb 19, 7 u. 9), ist auch in
den synoptischen Evangelien anzutreffen: solange der Bräutigam unter ihnen
weilt, dürfen seine Freunde nicht fasten (vgl. Mk 2, 19); das Himmelreich ist zu
vergleichen mit einem König, der für seinen Sohn ein Hochzeitsfest veranstaltet
(vgl. Mt 22, 1-14). Durch diese Sprache der Schrift, die ganz von Symbolen
durchdrungen ist und den Mann und die Frau in ihrer tiefen Identität zum
Ausdruck bringt und erfaßt, wird uns das Geheimnis Gottes und Christi
geoffenbart, ein Geheimnis, daß in sich unergründlich ist.
Das ist auch der Grund, warum man nicht die Tatsache vernachlässigen kann, daß
Christus ein Mann ist. Um die Bedeutung dieser Symbolik für die Ökonomie der
Offenbarung gebührend zu berücksichtigen, muß man daher einräumen, daß in den
Funktionen, die den Weihecharakter erfordern und wo Christus selbst, der Urheber
des Bundes, der Bräutigam und das Haupt der Kirche, in der Ausübung seiner
Heilssendung repräsentiert wird – was im höchsten Maße in der Eucharistie
geschieht – seine Rolle von einem Mann verkörpert wird (das ist der eigentliche
Sinn des Wortes persona). Das gründet bei diesem letzteren nicht in irgendeiner
persönlichen höheren Würde in der Wertordnung, sondern ergibt sich allein aus
einer faktischen Verschiedenheit in der Verteilung der Aufgaben und Dienste.
Könnte man vielleicht dagegen einwenden, daß es nun, da Christus in seiner
himmlischen Seinsweise lebt, gleichgültig sei, ob er fortan von einem Mann oder
von einer Frau repräsentiert wird, da man ja »im Zustand der Auferstehung nicht
mehr heiratet« (Mt 22, 30)? Dieser Text bedeutet jedoch nicht, daß der
Unterschied von Mann und Frau, insofern er die Identität der Person bestimmt, in
der ewigen Herrlichkeit aufgehoben wäre. Das gilt für Christus ebenso wie für
uns. Es ist offensichtlich, daß der geschlechtliche Unterschied in der
menschlichen Natur einen bedeutenden Einfluß ausübt, mehr noch als z. B. die
ethnischen Unterschiede: diese berühren die menschliche Person nicht so tief wie
der Unterschied der Geschlechter, der direkt auf die Gemeinschaft zwischen den
Personen sowie auf die menschliche Fortpflanzung hingeordnet ist und in der
biblischen Offenbarung einem ursprünglichen Willensentscheid Gottes
zugeschrieben wird: »Als Mann und Weib schuf er sie« (Gen 1, 27).
Es mag einer ferner einwenden, daß der Priester, vor allem wenn er bei den
liturgischen und sakramentalen Handlungen den Vorsitz führt, in gleicher Weise
die Kirche repräsentiert: er handelt in ihrem Namen, mit der Intention »zu tun,
was sie tut«. In diesem Sinn sagten die mittelalterlichen Theologen, daß der
Priester auch in persona Ecclesiae handle, d. h. im Namen der ganzen Kirche und
um sie zu repräsentieren. Welches auch immer die Teilnahme der Gläubigen an der
liturgischen Handlung sein mag, es ist in der Tat der Priester, der sie im Namen
der ganzen Kirche vollzieht: er betet im Namen aller; er opfert in der Messe das
Opfer der ganzen Kirche: im neuen Ostermahl wird Christus von der Kirche durch
die Priester unter sichtbaren Zeichen geopfert. Da der Priester also auch die
Kirche repräsentiert, könnte man sich da nicht denken, daß diese Repräsentation
entsprechend der schon dargelegten Symbolik auch von einer Frau vorgenommen
wird? Es ist wahr, daß der Priester die Kirche repräsentiert, die der Leib
Christi ist. Er tut das jedoch gerade deshalb, weil er zuvor Christus selbst
repräsentiert, der das Haupt und der Hirt der Kirche ist. So sagt es das II.
Vatikanische Konzil, wodurch es den Ausdruck in persona Christi genauer bestimmt
und ergänzt. In dieser Eigenschaft führt der Priester in der christlichen
Versammlung den Vorsitz und feiert er das eucharistische Opfer, »das die ganze
Kirche aufopfert und in dem sie auch sich selbst ganz als Opfer darbringt«.
Wenn man diesen Überlegungen die gebührende Bedeutung beimißt, wird man besser
erkennen, wie gut begründet die geltende Praxis der Kirche ist. Durch die
Diskussion, die in unseren Tagen um die Priesterweihe der Frau entstanden ist,
sollten sich alle Christen eindringlich dazu aufgerufen fühlen, die Natur und
die Bedeutung des Bischofs- und Priesteramtes tiefer zu erforschen und die
authentische Stellung des Priesters in der Gemeinschaft der Getauften
wiederzuentdecken, der er selbst als Glied angehört, von der er sich aber auch
unterscheidet. Denn in den Handlungen, die den Weihecharakter erfordern, ist er
für sie mit der ganzen Wirksamkeit, die dem Sakrament innewohnt, das Abbild und
Zeichen Christi selbst, der zusammenruft, von Sünden losspricht und das Opfer
des Bundes vollzieht.
6.
DAS PRIESTERAMT IM GEHEIMNIS DER KIRCHE
Es ist vielleicht nützlich daran zu erinnern, daß die Probleme der Ekklesiologie
und der Sakramententheologie, besonders wenn sie – wie im hier vorliegenden Fall
– das Priestertum betreffen, ihre Lösung nur im Licht der Offenbarung finden
können. Die menschlichen Wissenschaften, so wertvoll ihr Beitrag in ihrem
jeweiligen Bereich auch sein mag, können hier nicht genügen, denn sie vermögen
die Wirklichkeiten des Glaubens nicht zu erfassen: was hiervon im eigentlichen
Sinn übernatürlich ist, entzieht sich ihrer Zuständigkeit.
Ebenso deutlich muß hervorgehoben werden, wie sehr die Kirche eine Gesellschaft
ist, die von anderen Gesellschaften verschieden ist; sie ist einzigartig in
ihrer Natur und in ihren Strukturen. Der pastorale Auftrag ist in der Kirche
gewöhnlich an das Weihesakrament gebunden: es ist nicht eine einfache Leitung,
die mit den verschiedenen Formen der Autoritätsausübung im Staat vergleichbar
wäre. Er wird nicht nach dem freiem Belieben der Menschen übertragen. Wenn er
auch eine Designierung nach Art einer Wahl miteinschließt, so sind es doch die
Handauflegung und das Gebet der Nachfolger der Apostel, die die Erwählung durch
Gott verbürgen. Der Heilige Geist ist es, der durch die Weihe Anteil gibt an der
Leitungsgewalt Christi, des obersten Hirten (vgl. Apg 20, 28). Es ist ein
Auftrag zum Dienst und zur Liebe: »Wenn du mich liebst, weide meine Schafe«
(vgl. Joh 21, 15-17).
Aus diesem Grund ist nicht einzusehen, wie man den Zugang der Frau zum
Priestertum aufgrund der Gleichheit der Rechte der menschlichen Person fordern
kann, die auch für die Christen gelte. Man beruft sich zu diesem Zweck mitunter
auf die früher schon zitierte Stelle aus dem Galaterbrief (3, 28), nach der in
Christus zwischen Mann und Frau kein Unterschied mehr besteht. Doch bezieht sich
dieser Text keinesfalls auf die Ämter der Kirche. Er bekräftigt nur die
universelle Berufung zur Gotteskindschaft, die für alle die gleiche ist.
Anderseits mißversteht derjenige vor allem völlig die Natur des Priesteramtes,
der es als ein Recht betrachtet: die Taufe verleiht kein persönliches Anrecht
auf ein öffentliches Amt in der Kirche. Das Priestertum wird nicht zur Ehre oder
zum Nutzen dessen übertragen, der es empfängt, sondern zum Dienst für Gott und
die Kirche. Es ist die Frucht einer ausdrücklichen und gänzlich unverdienten
Berufung: »Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu
bestimmt« (Joh 15, 16; vgl. Hebr 5, 4).
Man sagt und schreibt ferner mitunter in Büchern oder Zeitschriften, daß einige
Frauen in sich eine Berufung zum Priestertum verspüren. Ein solches Empfinden,
so edel und verständlich es auch sein mag, stellt noch keine Berufung dar. Diese
läßt sich nämlich nicht auf eine persönliche Neigung reduzieren, die rein
subjektiv bleiben könnte. Da das Priestertum ein besonderes Amt ist, von dem die
Kirche die Verantwortung und Verwaltung empfangen hat, ist hier die Bestätigung
durch die Kirche unerläßlich: diese bildet einen wesentlichen Bestandteil der
Berufung; denn Christus erwählte die, »die er wollte« (Mk 3, 13). Hingegen gibt
es eine universelle Berufung aller Getauften zur Ausübung des königlichen
Priestertums, indem sie Gott ihr Leben aufopfern und zur Ehre Gottes Zeugnis
ablegen.
Die Frauen, die für sich das Priesteramt erbitten, sind sicher von dem Wunsch
beseelt, Christus und der Kirche zu dienen. Und es überrascht nicht, daß in dem
Augenblick, da die Frauen der Diskriminierungen bewußt werden, denen sie bisher
ausgesetzt gewesen sind, einige von ihnen dazu veranlaßt werden, sogar das
Priesteramt für sich zu erstreben. Man darf jedoch nicht vergessen, daß das
Priestertum nicht zu den Rechten der menschlichen Person gehört, sondern sich
aus der Ökonomie des Geheimnisses Christi und der Kirche herleitet. Die Sendung
des Priesters ist keine Funktion, die man zur Hebung seiner sozialen Stellung
erlangen könnte. Kein rein menschlicher Fortschritt der Gesellschaft oder der
menschlichen Person kann von sich aus den Zugang dazu eröffnen, da diese Sendung
einer anderen Ordnung angehört.
Es bleibt uns also nun noch die wahre Natur dieser Gleichheit der Getauften
tiefer zu bedenken, die eine der bedeutendsten Lehren des Christentums
darstellt: Gleichheit ist nicht gleich Identität, da die Kirche ein
vielgestaltiger Leib ist, in dem ein jeder seine Aufgabe hat. Die Aufgaben sind
aber verschieden und dürfen deshalb nicht vermischt werden. Sie begründen keine
Überlegenheit der einen über die andern und bieten auch keinen Vorwand für
Eifersucht. Das einzige höhere Charisma, das sehnlichst erstrebt werden darf und
soll, ist die Liebe (vgl. 1 Kor 12-13). Die Größten im Himmelreich sind nicht
die Amtsdiener, sondern die Heiligen.
Die Kirche wünscht, daß die christlichen Frauen sich der Größe ihrer Sendung
voll bewußt werden. Ihre Aufgabe ist heute von höchster Bedeutung sowohl für die
Erneuerung und Vermenschlichung der Gesellschaft als auch dafür, daß die
Gläubigen das wahre Antlitz der Kirche wieder neuentdecken.
Seine Heiligkeit Papst Paul VI. hat diese Erklärung in der am 15. Oktober 1976
dem unterzeichneten Präfekten der Kongregation gewährten Audienz approbiert,
bekräftigt und ihre Veröffentlichung angeordnet.
Gegeben zu Rom, bei der Kongregation für die Glaubenslehre, am 15. Oktober 1976,
dem Fest der hl. Theresia von Avila.
Franjo Card. Šeper
Präfekt