Verrat und
Verdammung des Judas
(Vision der Hl. Maria v. Agreda)
(Aus dem Band III - Vierzehntes Hauptstück / Seite 423 -
429)
- Leben
der Jungfrau und Gottesmutter Maria -
Die Hl. Maria von Agreda berichtet ausführlich über die
Verdammung und Höllenpein des Verräters Judas. Es wurde
ihr befohlen, dieses Geheimnis eingehend zu beschreiben
zur Mahnung und Warnung für alle Christen, namentlich
für die Priester und alle Geweihten!
Der gottesräuberische Jünger (Judas) kam mit der Rotte,
die unseren Herrn Jesus gefangen genommen hatte, zum
Hause der Hohenpriester, dann zu Kaiphas. Als nun Jesus
misshandelt, gelästert und geschlagen wurde und alles in
Stillschweigen, mit wunderbarer Sanftmut und Geduld
ertrug, fing Judas an, über seine Treulosigkeit
nachzudenken. Er erinnerte sich an die Wunder, die Lehre
und an die Wohltaten des Herrn. Es trat auch vor seinen
Geist die Güte und Sanftmut der heiligsten Jungfrau
Maria, die Liebe, mit der sie an seiner Rettung
gearbeitet, und die verstockte Bosheit, mit der er dem
Sohne und der Mutter so großes Unrecht getan. Alle seine
Sünden standen vor ihm wie ein undurchdringliches Chaos,
wie ein erdrückender Berg.
Judas war jedoch von der göttlichen Gnade verlassen,
seitdem er unseren Erlöser mit einem Kuss verraten
hatte. Obwohl er nun nach den geheimen Ratschlüssen
Gottes sich selbst überlassen war, stellte er doch jene
Erwägungen an. Mit Zulassung der göttlichen
Gerechtigkeit wurden sie ihm teils von seinem
natürlichen Verstande dargeboten, teils vom Satan
eingeflüstert. Luzifer erweckte in Judas den
lebhaftesten Schmerz über seine Sünden. Dieser hatte
weder das rechte Endziel noch den rechten Beweggrund. Es
reute ihn nicht, weil er Gott beleidigt hatte, sondern
weil er fürchtete, er werde jetzt bei den Menschen in
Schande dastehen; sein Meister, ein mächtiger
Wundertäter, werde schweres Unglück über ihn bringen,
und es werde ihm nicht möglich sein, dieser Strafe zu
entgehen, da überall in der ganzen Welt das Blut des
Gerechten gegen ihn zum Himmel schreie. Da geriet Judas
ganz in Verwirrung, in geistige Finsternis und in
verzweiflungsvolle Wut gegen sich selbst. Er entfernte
sich aus der Gesellschaft der Menschen und war schon
daran, sich im Hause der Hohenpriester von der Höhe
herabzustürzen. Allein er konnte es nicht ausführen. Da
ging er hinaus, biss sich wie ein wütendes Tier in die
Hände und Arme, gab sich unsinnige Schläge auf den Kopf,
raufte sich die Haare und stieß Flüche und
Verwünschungen über sich selbst aus als über den
elendsten und unglücklichsten Menschen.
Als Luzifer den Judas so weit gekommen sah, gab er ihm
den Gedanken ein, zu den Priestern zu gehen, seine Sünde
einzugestehen und ihnen das Geld zurückzugeben. Judas
tat dies eiligst und sagte mit lauter Stimme: „Ich habe
gesündigt, da ich unschuldiges Blut verraten habe“ (Matth
27,4). Sie aber, nicht weniger verstockt als Judas
sagten, er hätte es vorher überlegen sollen. Die Absicht
Luzifers hierbei war, den Tod des Herrn womöglich noch
zu verhindern. Durch die abweisende Antwort der
Hohenpriester verlor Judas vollends das Vertrauen und
überzeugte sich, dass es unmöglich sei, den Tod seines
Meisters zu verhüten. Ebenso urteilte Satan, obwohl er
durch Pilatus noch weitere Anstrengungen machte. Da ihm
Judas für seine Absichten nicht mehr dienen konnte, so
vermehrte er dessen Traurigkeit und Verzweiflung und
redete ihm zu, er solle sich das Leben nehmen, um nicht
noch härtere Qualen erwarten zu müssen. Judas ging
hinaus aus der Stadt und erhängte sich an einem dürren
Baume. So endete derjenige als Selbstmörder, der zuvor
ein Gottesmörder geworden war. Dieser unglückliche Tod
des Judas fand am Freitagmittag um zwölf Uhr statt, noch
ehe unser Heiland starb. Es war nicht geziemend, dass
der Tod Jesu und die Vollendung unserer Erlösung
zusammenfalle mit dem fluchwürdigen Tode des
verräterischen Jüngers, der die Erlösung mit höchster
Bosheit verachtet hatte.
Die Teufel entführten sogleich die Seele des Judas zur
Hölle. Sein Leib aber blieb hängen, barst entzwei, und
die Eingeweide fielen heraus, zum Entsetzen aller, die
es sahen. Der Leib blieb drei Tage lang öffentlich
hängen. Zwar versuchten die Juden, ihn vom Baume
abzunehmen und heimlich zu beerdigen; denn dieses
Schauspiel war für die Pharisäer und Priester höchst
beschämend, weil es ein unwiderlegbares Zeugnis ihrer
Bosheit war. Nach drei Tagen verfügte die göttliche
Gerechtigkeit, dass die Teufel ihn abnahmen und zu
seiner Seele brachten, damit Judas in der Tiefe der
Hölle mit Seele und Leib ewig seine Sünde büße. Weil
das, was mir über die Strafe und Pein des Judas
mitgeteilt wurde, geeignet ist, HEILSAME FURCHT
einzuflößen, will ich dem erhaltenen Auftrage zufolge
alles berichten, wie es mir gezeigt wurde. Unter den
dunklen Höhlen der höllischen Kerker war noch einer
leer. Die Teufel hatten nämlich noch keine Seele
dahinein stürzen können, obgleich sie es in ihrer
Grausamkeit von Kain an bis zu jenem Tage versucht
hatten. Die Hölle selbst war über diese Unmöglichkeit
verwundert, weil sie das Geheimnis nicht kannte, bis die
Seele des Judas kam. Diese stießen sie in jenen Kerker
hinunter, in dem sich noch nie ein Verdammter befunden
hatte. Dieser Kerker, wo die Qualen und Feuerflammen
schrecklicher sind als in der ganzen übrigen Hölle, war
für jene Christen bestimmt, die trotz der empfangenen
Taufe verloren gehen, weil sie die Sakramente, die
Lehre, das Leiden und Sterben des Erlösers, sowie die
Fürsprache seiner heiligsten Mutter sich nicht zunutze
machen. Judas war der erste, der an diesen Wohltaten
überreichen Anteil erhalten und sie in schrecklicher
Weise verachtet hatte; deshalb war er auch der erste,
der an diesen Ort kam
Es ist mir befohlen worden, dieses Geheimnis eingehend
zu beschreiben zur Mahnung und Warnung für alle
Christen, namentlich für die Priester, Kirchenvorsteher
und Ordensleute, die den heiligen Leib und das kostbare
Blut unseres Herrn Jesu Christ häufiger empfangen und
wegen ihres Amtes und Standes vertrauter mit ihm sind.
Die Teufel quälten den Judas mit unbeschreiblicher
Grausamkeit, weil sie durch Christi Leiden und Tod
besiegt wurden. Den Zorn, den sie deswegen gegen den
göttlichen Heiland und seine heiligste Mutter aufs neue
fassten lassen sie, soweit es ihnen gestattet ist, an
allen denen aus, die dem verräterischen Jünger folgen
und gleich ihm die Lehre des Evangeliums, die Sakramente
des Neuen Bundes und die Frucht der Erlösung verachten.
Es ist billig, dass die bösen Geister, als Werkzeuge der
göttlichen Gerechtigkeit, die Undankbarkeit der Erlösten
gegen ihren Erlöser züchtigen. Mögen die Kinder der
heiligen Kirche diese Wahrheit aufmerksam erwägen.
Dadurch werden sie ganz gewiss im Verstande erleuchtet
und im Herzen angetrieben, sich einer so schrecklichen
Gefahr nicht auszusetzen.
Während des ganzen Leidens Jesu Christi war Luzifer mit
seinen Dienern der Bosheit stets darauf bedacht, sich
endlich einmal Gewissheit darüber zu verschaffen, ob
Christus der Messias und Erlöser der Welt sei. Als er
dann im Garten sich wieder erheben durfte, sagte er zu
den übrigen bösen Geistern: „Es ist nicht möglich, dass
ein bloßer Mensch solche Macht besitzt. Dieser ist ohne
Zweifel Gott und Mensch zugleich. Er wird durch sein
Sterben die Erlösung bewerkstelligen und Gott Genugtuung
leisten; dann ist es um unsere Herrschaft geschehen, und
unsere Wünsche sind vereitelt. Wir haben verkehrt
gehandelt, da wir auf seinen Tod hinarbeiteten. Können
wir aber seinen Tod nicht mehr hindern, so wollen wir
wenigstens erproben, wie weit seine Geduld geht, wenn
seine Todfeinde ihn mit gottloser Grausamkeit quälen.
Treiben wir sie an, ihren Grimm an ihm auszulassen,
damit sie seinen Zorn erregen: dann wollen wir sehen,
welche Wirkung dies in ihm hervorbringen wird.“ Doch aus
gewissen geheimnisvollen Gründen vermochten sie nicht
alle ihre boshaften Pläne zur Ausführung zu bringen.
Unser Herr ließ keine anderen zu als jene, die er leiden
wollte und geziemend fand.
Auch Maria trat der anmaßenden Bosheit Luzifers hindernd
entgegen. Alle Pläne des höllischen Drachen waren ihr
offenbar. Bald verhinderte sie mit unumschränkter Gewalt
die Eingebungen des Satans ganz, so dass er sie den
Peinigern des Herrn gar nicht zuflüstern konnte. Bald
flehte sie zu Gott, er möge nicht geschehen lassen, was
Satan den Schergen eingab, und sie selbst vereitelte es
mittels ihrer heiligen Engel. Wenn dagegen Maria
erkannte, ihr göttlicher Sohn wolle diese oder jene
Misshandlungen leiden, leistete sie keinen Widerstand,
und es geschah dann, was Gott zuließ. Maria erkannte
auch alles, was bei dem unseligen Tode des Judas
vorfiel: seine Qualen, seinen Platz in der Hölle, den er
für alle Ewigkeit einnehmen muss als Meister der
Heuchelei und als Vorläufer aller derer, die unsern
Heiland mit dem Herzen und mit der Tat verleugnen, indem
sie nach den Worten des Jeremias (Jer 17,13) die Quelle
des lebendigen Wassers, unseren Herren, verlassen, um in
den Staub geschrieben und ausgeschlossen zu werden von
dem Himmel, wo die Auserwählten eingeschrieben sind.
Alles dieses schaute die Mutter der Barmherzigkeit und
über alles weinte sie bitterlich. Sie fleht zum Herrn
für das Heil der Menschen und bat, er möge sie vor
solcher Blindheit und dem schrecklichen Verderben
bewahren. Dabei unterwarf sie sich aber in die
verborgenen und gerechten Urteile seiner göttlichen
Vorsehung.
Lehre der Himmelskönigin
Meine Tochter, du bist erstaunt über das unselige Los
des Judas und über den Fall der Apostel. Ich sage dir in
Wahrheit: würden alle Kinder der Kirche dies Beispiel
gebührend beherzigen, sie fänden darin die heilsame
Warnung, den gefahrvollen Zustand des sterblichen Lebens
zu fürchten. Alle Gnaden, die sie empfangen haben, sind
doch immerhin geringer als die der Apostel. Wenn diese
nun trotzdem so zahlreiche Gnaden und die Pflicht,
denselben zu entsprechen, vergessen haben, und einer von
ihnen tiefer fiel als irgendein anderer Mensch, wie
sollten also diejenigen nichts zu fürchten haben, die
nicht Apostel sind!
Aus dem Verderben des Judas und aus seiner gerechten
Strafe ersieht man, wohin die Laster und der böse Wille
einen Menschen führen können, der sich ihnen und dem
Satan hingibt, die Einsprechungen und Gnadenhilfen
Gottes aber verachtet. Ich füge noch bei: Nicht nur die
Qualen des Verräters Judas, sondern auch die Peinen
vieler Christen, die mit ihm verloren gehen und in den
nämlichen Ort der Pein hinabsteigen, sind größer als die
Qualen mancher Teufel. Denn mein göttlicher Sohn ist
nicht für die bösen Engel gestorben, wohl aber für die
Menschen. Den bösen Geistern kam die Frucht der Erlösung
nicht zugute, während sie den Kindern der Kirche in den
Sakramenten mitgeteilt wird. Die unvergleichliche
Wohltat der Erlösung gering zu schätzen, ist also nicht
so sehr die Sünde des Satans als vielmehr die der
Gläubigen, und ihnen gebührt für die Verachtung auch
eine besondere Strafe.
Das Luzifer und seine Diener sich täuschten und Christus
bis zu seinem Tode nicht als den wahren Gott und Erlöser
erkannten, dies quält sie noch immer in allen ihren
Geisteskräften. Aus diesem Schmerz entspringt in ihnen
ein furchtbarer Grimm gegen die Erlösten überhaupt,
namentlich aber gegen die Christen, denen die Erlösung
und das Blut des Lammes in reichem Maße zugewendet wird.
Darum arbeiten die bösen Geister mit aller Anstrengung
darauf hin, dass die Gläubigen das Werk der Erlösung
vergessen und sich nicht zunutze machen. In der Hölle
aber zeigen sie sich dann gegen die schlechten Christen
ganz besonders wütend und erbost, und sie würden sie
ohne jedes Erbarmen noch mehr peinigen, wenn nicht die
göttliche Gerechtigkeit anordnete, dass die Strafe den
Sünden entspreche. Gott überlässt die Strafe nicht der
Willkür der bösen Geister, sondern setzt in seiner
unendlichen Macht und Weisheit das Maß derselben fest,
so dass selbst bis an diesem Ort die Güte des Herrn
waltet.
Aus dem Falle der übrigen Apostel sollst du, meine
Tochter, ersehen, welche Gefahr für den gebrechlichsten
Menschen darin liegt, dass er selbst bei dem Empfange
der größten Gnaden und Wohltaten sich daran gewöhnt,
hartherzig, nachlässig und undankbar zu sein. Durch
Unachtsamkeit und irdische Anschauung sind die Apostel
gefallen. Denn die Wunder die Lehre, die Beispiele, die
sie vor Augen hatten, fielen in den Bereich der Sinne.
Sie waren zu wenig eingedrungen in die Geheimnisse und
in den Geist dessen, was sie in der Schule des Meisters
gesehen und gehört hatten. Meine Tochter, sei du eine
geistliche Schülerin, nicht eine irdisch gesinnte.
Bleibe nicht bei dem Sinnlichen und Äußerlichen stehen!
Erhebe deinen Geist zu dem geistigen, das mit dem
inneren Lichte erfasst wird. Ich verlange von dir, dass
du jede Vorstellung von den Geschöpfen aus deinem
Inneren austilgst, damit du fähig seiest, meine
heilbringende Lehre zu empfangen und meinem Beispiele zu
folgen. |