Das Besondere
Gericht
(oder das
persönliche Gericht)
Ludwig de Ponte
(* 1554 in Valladolid, Spanien)
starb 1624 im Rufe der Heiligkeit, nachdem er als
Philosophie- u. Theologielehrer, als Rektor und
Novizenmeister bei den Jesuiten grosse Verdienste
erworben hatte. Seine Betrachtungen vermitteln die
geistige Tiefe der damaligen Zeit und geben dank ihrer
Klarheit heute noch zeitlose Antworten auf
wiederkehrende Fragen.
Vorbereitung
1.
Wir stellen uns vor, wie wir nach dem letzten, bangen
Herzschlag hinübergehen in die Ewigkeit und vor Gottes
allsehendem Auge erscheinen. Das Urteil des nächsten
Augenblicks gilt auf ewig.
2.
Wir bitten Gott schon jetzt, unseres Gerichtes
eingedenk, um die Gnade eines guten Lebens.
Nach dem Tod
Unmittelbar nach dem Tode entscheidet ein göttlicher
Rechtsspruch endgültig über das ewige Schicksal des
Verstorbenen. Die Seelen gehen alsbald nach dem Tode in
den Himmel, oder in das Fegfeuer, oder in die Hölle ein.
Das ist die Lehre der Kirche. Verlassen von allen
Geschöpfen dieser Erde, nur im Geleit ihrer guten Werke,
tritt die Seele einsam und allein vor ihren Schöpfer.
Sie mag über Königreiche geherrscht haben, sie mag ein
Bettler gewesen sein, es gibt keine Ausnahme von dieser
Regel. Nützen und helfen werden uns nur die guten Werke.
Auf der einen
Seite der Seele steht der Schutzengel, auf der andern
der Teufel. Der Schutzengel triumphiert vor Freude, wenn
die Seele zu den Gerechten gehört, er ist traurig und
niedergeschlagen, wenn es nicht der Fall ist. Der Teufel
ergrimmt vor Missgunst und Wut, wenn das Gericht gut
ausgeht, er ist voll Hochmut und Schadenfreude, wenn die
Seele in der Todsünde gestorben ist.
Frage dich,
christlicher Mensch, auf wen würdest du in diesem
Augenblick hören, auf den Teufel oder auf deinen Engel?
Noch ist es Zeit, dir ein gutes Gericht zu verdienen.
Gott selbst ist der Richter. Er ist derselbe gütige und
allmächtige und allgegenwärtige Gott, der das Gewissen
der Bösen in Unruhe versetzt und den Guten Mut und Trost
eingibt. Ich beuge mich im Geiste vor Gott, meinem
höchsten Richter, bis in den Staub. Ich bitte ihn um
eine heilsame Furcht vor seinem ewigen Gerichte und um
ein kindliches Vertrauen auf seine Güte.
Mein Gott, Richter
über Leben und Tod, um Deiner Verdienste am Kreuze
willen bitte ich Dich um die Gnade, mein Leben so zu
leben, dass ich es jederzeit vor Dir verantworten kann.
Heilige Jungfrau, Mutter Gottes, Zuflucht der Sünder,
erflehe mir Hilfe bei Gott. Lass mich Deinem Beispiel
folgen, Gottes Geboten gehorchen und sprechen: „Mir
geschehe nach Deinem Willen."
Ort und Zeit
Was ist zu sagen über den Ort und die Zeit dieses
Gerichtes? Die Zeit ist jener Augenblick, da die Seele
vom Leibe scheidet. Es ist ein unsagbar wichtiger
Augenblick. Ich darf ihn nie vergessen. Ich muss alle
Tage meines Lebens an ihn denken. Ich muss mit allen
meinen Kräften für sein Gelingen sorgen, wenn ich auch
nur ein Quäntchen Glauben und einen Funken Vernunft
habe. Der Ort dieses Gerichtes ist kein anderer als der,
an dem ich mich im Augenblick meines Todes befinde.
Wahrscheinlich ist er das Haus, in dem ich
sterbe, das Bett, in dem ich liege, oder
jedenfalls etwas sehr Ähnliches. Immerhin habe
ich diese Dinge täglich vor Augen. Wie weise
sind jene Menschen, die in ihrem Sarge zu
schlafen pflegen. Hier, so muss ich auch sagen,
hier werde ich gerichtet werden.
Bin ich
schon jetzt in der Lage, in diesem Gericht zu
bestehen?
Ich kann
noch heute am Tage umfallen und tot sein. Auf,
meine Seele, lebe so, dass du dich nicht zu
fürchten brauchst ! Seien wir vernünftig, seien
wir weise, seien wir nüchtern, nichts ist
sicherer als der Tod, nichts ist sicherer als
das Gericht, bereiten wir uns vor. |
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Eine zentrale
"Fegfeuer"-Bibelstelle: Er... schickte 2000
Silberdrachmen nach Jerusalem, damit man dort
ein Sühnopfer darbringe (2 Makk 12,43). |
Die Kläger
Wer wird mich in diesem Gerichte anklagen ?
Mein eigenes
Gewissen, mein Schutzengel, der Teufel.
Zuerst tut der
Teufel den Mund auf. Der hl. Johannes nennt ihn den
Ankläger unserer Brüder (Offb 12, 10). Er wird mich
aller meiner wirklich begangenen Sünden anklagen und
würde noch erdichtete hinzufügen, wenn sich die
Allwissenheit Gottes betrügen liesse. Aber das geht
nicht. Auf jeden Fall wird die Anklage des Teufels
schonungslos sein.
Der zweite
Kläger ist mein eigenes Gewissen. So wie in der
heiligen Beichte jeder sein Ankläger und sein eigener
Zeuge ist, so ist es auch beim Gerichte. Es besteht nur
der eine Unterschied zwischen Beichte und Gericht, dass
man gerne beichten kommt, um losgesprochen zu werden,
zum Gerichte aber gezwungen wird, das Urteil hört zum
ewigen Leben oder zur Verdammnis.
Das letzte gilt
vor allem von jenen Sündern, die sich nicht dem
Beichtgerichte unterwerfen wollen.
Es ist ein grosser
Trost für die Sterblichen, alle Sünden stets mit wahrer
Reue hier auf Erden gebeichtet zu haben.
Als dritter
klagt uns endlich der heilige Schutzengel an. Wenn
wir hier auf Erden seinen liebevollen Ermahnungen nicht
gehorchen, so würde er uns dieses Ungehorsams wegen
verklagen müssen. Und er wäre so gern unser Beschützer
und Freund am Throne Gottes.
Ich bitte Dich, o
Herr, lass jenen, den Du mir zum Hüter hier auf Erden
gegeben hast, auch mein Freund an Deinem Throne sein.
Gib mir die Gnade, ihm hier auf Erden zu gehorchen,
damit ich ihn auch im Tode an meiner Seite habe.
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