Vor
300 Jahren starb in Wien der damals wohl bekannteste
Europäer. Ohne den heiligmässigen Kapuzinerpater wäre
der Türkenansturm auf Wien nicht abgewehrt worden. Er
hat damit die abendländisch-christliche Kultur gerettet.
Er möge Europa auch künftig Vorbild für ein
missionarisches Christentum sein.
«Du
bist ein Schwächung,
zu
nichts zu gebrauchen!»
So
empfangen die Kapuziner den 17 jährigen Novizen
Fra Marco aus Aviano (Veneto) beim Eintritt. Im
Kloster Arzignano wird der in den Examen Gehemmte
vom Weiterstudium ausgeschlossen, 1655 ohne
Erlaubnis für Predigt und Beichtstuhl zum
Priester geweiht.
Die
Vorsehung lässt den Ordensgeneral die Qualitäten
von Markus erkennen. Er veranlasst ein Studium (3
Jahre Philosophie, 4 Jahre Theologie).
Mit
33 Jahren händigt man ihm das Predigerdiplom aus.
Welches Feuer sich in dem Kapuziner angesammelt
hat, zeigen seine ersten Predigten. Er will von
allen verstanden werden und nur eines erreichen:
Lebensbesserung
und -vertiefung. Der Ordensgeneral Bernardin v.
Arezzo ist beeindruckt. “So sollten wir predigen
können!“ Der sonst schweigsame Markus wird auf
der Kanzel von Begeisterung mitgerissen.
Es
wiederholen sich Szenen wiejene zu Schio 1684:
,,Am Ende der
Predigt weinten alle, riefen laut um das Erbarmen
GOTTES, schlugen an die Brust.»
Erstes
Wunder und seine Folgen
An
Mariä Geburt 1676 dokumentiert der Himmel die im
Evangelium geoffenbarte Macht des Segnens. Sr. Vincenza,
im Kloster von Padua seit 13 Jahren ans Bett gefesselt,
wird beim Segnen durch Pater Markus dauerhaft geheilt.
Nun naht das Unvermeidliche:
|
Pater
Marco d‘Aviano mit dem Gnadenbild von Pötsch,
vordem die Wiener im Stephansdom den Himmel um
Schutz vor den nahenden Türken baten. Erschütternde
Predigten und grosse Wunder trugen seinen Ruf weit
über Italien hinaus. Hohe geistliche und
weltliche Fürsten erbaten sich ihn vom Papst. Er
ist heimgegangen im Ruf der Heiligkeit in
Anwesenheit des Kaiserpaares, begraben in der
Kapuzinerkirche in Wien. Der Seligsprechungsprozess wurde 1912 eingeleitet. 250 Jahre nach dem Entsatz von Wien im Jahr 1933 wurde Marco von der herrschenden politischen
Strömung "wiederentdeckt". Man war um ein Denkmal bemüht, die Seligsprechung sollte vorangetrieben und Marco zum Schutzpatron
Österreichs ernannt werden. Aber erst am weissen Sonntag 2003 erfolgte die Seligsprechung durch Papst Johannes Paul II.
|
Krankheit
und alles menschliche Elend versammelt sich an der
Klosterpforte und sucht Hilfe. Die beeideten Aussagen
vieler Geheilter finden sich in den Archiven. Der
Klosterobere von Venedig berichtet: Wenn Markus in
unserer Kirche den Segen spendet, ist sie bis auf
den letzten Platz gefüllt. Fährt er in die Stadt,
betritt er ein Haus, überall umdrängen ihn
Hilfesuchende. Während dieser zwei Wochen geriet ganz
Venedig in Bewegung.» |
Apostel
der Liebesreue
Das Charisma der Wunderheilungen bedeutet für Markus
ständige seelische Qual. Er wünscht Einsamkeit, nicht
Sensationen. Im Sinne Jesu schätzt er die Bekehrung des
Menschen höher als sämtliche Wunder. Er versucht die
Sehnsucht der Kranken nach Heilung in den Dienst der
Bekehrung zu stellen. Markus entwirft einen eigenen
Ritus der Segenserteilung. Im Mittelpunkt steht nicht
der Krankensegen, sondern die hl. Kommunion nach dem
Schuldbekenntnis mit Reue und Beichte, also Aussöhnung
mit Gott. 1680 erscheint in Bozen die Schrift Die
Schwere der Sünde. Dieses
Erneuerungsprogramm stösst auf Widerstand. Markus wird
vor die Inquisition gestellt. Das öffentliche Segnen
wird ihm untersagt. Doch die Ärzte bestätigen die
Heilungen als wunderbar, und schon bald durchzieht
Markus wieder Norditalien. Er hält Missionen in Süddeutschland Österreich,
Frankreich
(in
Lyon vor 200000! Doch die Leibgardisten Ludwig XIV
bringen ihn gefesselt nach Belgien, weil der Sonnenkönig
seinen Auftritt in Paris fürchtet), Belgien, den
Niederlanden und der Schweiz. Sein Reueakt bewirkt
Massenbekehrungen von Ungläubigen und Erneuerung der
Sitten. Wohin er kommt, lockt er zig Tausende an,
verbreitet er
Die Reue aus Liebe zu
Gott.
Dokumente liefern eindeutige Beweise für wunderbare
Heilungen. In der Münchner Kapuzinerkirche bleiben 150
Krücken als Zeugen von Heilungen zurück
(ein durch
Zeugenverhöre abgefasstes Mirakelbüchlein beschreibt
391 Heilungen). P. Markus verfasst Broschüren, um
die
Liebesreue bekannt
zu machen. Nach Busspredigt und Reuegebet fordert er zu
Gottvertrauen auf, erbittet die Fürsprache der
Makellosen Jungfrau und spendet den Segen. Dann heisst
er die Kranken, ohne Krücken und Gehstöcke
herumzugehen. Wenn sie im Herzen nicht zweifelten, seien
sie geheilt. Nicht alle können zu ihm kommen, die Hilfe
brauchen. Daher segnet sie der Pater zu vereinbarten
Stunden aus der Ferne. Unter diesen Empfängern finden
sich Bischöfe, Adelige, der Kaiser und viele einfache
Menschen. Die Not kennt kein Ansehen der Person. Auf
Befehl von Kaiser Leopold geisselt er in Predigten in
der Kapuzinerkirche von Linz Missstände in der
Verwaltung, besonders die Ungerechtigkeiten in der
Rechtssprechung. Er droht ein Strafgericht an: Bekehrt
Euch! Sonst kommt über Osterreich eine Strafe, fürchterlicher
als die Pest 1679/1680! Das Türkenjahr 1683 ist die Erfüllung
dieser Drohung.
Die
Türken kommen
Kara
Mustapha 1. führt eine Riesenarmee bis vor
Wien
(ohne Tross ca. 250000 Mann. unterstützt
von ungarischen Rebellen und Frankreich). In
dieser Not weiss
sich Leopold 1. nur von Papst lnnozenz Xl. unterstützt
(1956
seliggesprochen), der einige christliche Fürsten
für eine gemeinsame Abwehr gewinnt
(Polen
unter König Sobieski, Bayern, Sachsen und das
Rheinland mit ca. 40000 Mann). Am 17. 7. 1683
beginnt die Belagerung. Rivalitäten der
Kommandeure behindern das Unternehmen. In dieser
Not erreicht man vom Papst, dass P. Markus
raschest eintreffe. Ihm gelingt die Versöhnung
der Konkurrenten. Noch mehr als auf Menschenmacht
setzt der Kapuziner auf den Allmächtigen und lässt
immerwährend wiederholen: |
Markus v. Aviano ging
während der Schlacht mit einem Kruzifix von einem
Ort zum anderen, segnete das Heer und sprach Mut
zu. |
“Jesus Maria!“ Dann
beginnt die Schlacht, die Europa vor einer
Katastrophe bewahrt und mit wilder Flucht der Türken
endet (Verlust der Türken 20000, das
christliche Heer. 1500).
5 weitere Feldzüge
bringen die Einnahme von Budapest und Belgrad (6.9
1688) unter schwersten Opfern. 1697 stossen die
Türken unter Kara Mustapha II. mit einem
Riesenheer nach Ungarn. In Wien herrscht Panik wie
1683. Wieder eilt Markus nach Wien... und am 11.
9. 1697 werden die Türken bei Zenta erneut
besiegt. |
|
|
Orginalkreuz von
Sel. Marco d‘Aviano |
Seliger Heimgang
Obwohl unter den physischen und psychischen
Belastungen stark gealtert ausgezehrt und krank, reiste
P. Markus dennoch fast jährlich nach Wien, um zwischen
Kirche und Wiener Regierung, Papst und Kaiser zu
vermitteln.
Ein letztes Mal reiste er in diesen heiklen Anliegen
1699 in die Hauptstadt des Reiches und gönnte sich keine
Schonung. Schließlich erkrankte er schwer und verfiel
zusehends. Am 12. August empfing er mit Innigkeit die
hl. Sakramente und erneuerte die Ordensgelübde, die sein
Leben geprägt hatten. Am 13. August 1699 um 11 Uhr
verschied P. Markus von Aviano in Gegenwart des Kaisers
und seiner Gattin, nachdem er sie beide noch gesegnet
hatte.
Am 17. August fand im Beisein des Kaisers und des ganzen
Hofes die Beisetzung in der Klostergruft, möglichst nahe
der kaiserlichen Begräbnisstätte, statt. Im Jahre 1703
wurde er in der rechten Seitenkapelle der
Kapuzinerkirche in Wien beigesetzt, wo er noch heute in
einer erneuerten Grabstätte ruht.
Am weissen Sonntag 2003 erfolgte die Seligsprechung
durch Papst Johannes Paul II.
Marco d‘Aviano
Porträt
|