Die
Wahl der Hl. Jungfrau als Mutter des menschgewordenen
Wortes
Wir
müssen uns zuerst die glorreiche Auszeichnung
vorstellen, die der Schöpfer der Jungfrau Maria zuteil
werden lässt, und ihn dann bitten, dass Er uns mit
aller Ehrfurcht erfülle, die eine so hohe Auszeichnung
verdient.
Eine Betrachtung vom spanischen Jesuiten-Pater Ludovicus
de Ponte, 1554-1624
Unsere
Mittlerin
Das
ewige Wort hätte so wie Adam in Mannesgrösse zur Welt
kommen können, es wollte aber lieber so wie die übrigen
Menschen in Kindesgestalt im Schosse einer Mutter
erscheinen. Da unser Verderben durch einen Mann und ein
Weib begonnen hatte, so wollte der Sohn Gottes, dass
auch unser Heil auf gleiche Weise gewirkt werde, indem
er Mensch wurde und ein Weib zu seiner Mutter nahm.
Übrigens ehrte er dadurch auch beide Geschlechter, und
indem er sich der mütterlichen Herrschaft unterwarf,
gab er uns schon ein Beispiel der Demut, die er uns
lehren wollte.
O bewunderungswürdige Vorsehung Gottes!
Welche
Ehre für die menschliche Natur!
Welche
Lehre und welche Quelle des Vertrauens für uns!
Durch die Wahl der heiligen Jungfrau als Mutter
Deines Sohnes hast Du, o Gott, Deinen
aufrichtigen Wunsch, uns zu erlösen, hinlänglich
an den Tag gelegt. Du hast uns den höchsten
Mittler gegeben und eine Fürsprecherin, die
alles bei Dir vermag. Und da Du ihr gewiss
nichts abschlägst, um was sie für mich bittet,
so lege ich meine Lebensbesserung und mein Heil
ganz in ihre Hände. 0 göttliches Wort, wie
bewunderungswürdig ist Deine Herablassung gegen
uns, da Du wolltest, dass Deine Mutter auch
unsere Mutter sei und dass sie uns als Mittlerin
bei Dir diene, so wie Du unser Mittler bei
Deinem Vater bist! Wie sehr muss dieser Weg der
Liebe unsere Furcht mässigen! |
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Die Geburt des
Gottessohnes, von den Engeln
besungen, wurde vorerst nur den einfachen Hirten
und Weisen offenbar; schon bald musste der Messias
vor den Mächtigen fliehen (Flucht nach Ägypten). Russische Ikone |
Fürchten
wir, vor dem Vater zu erscheinen, dessen Zorn wir durch
unsere Sünden gereizt haben, so dürfen wir uns nur Dir
zu Füssen werfen, um gegen seine Gerechtigkeit Schutz
zu finden. Und lässt uns auch Deine Eigenschaft als
Richter noch nicht alle Furcht verlieren, so können wir
uns wieder beruhigen, wenn wir uns zu Deiner Mutter
wenden, die nur um Gnade für uns bittet. Wir wollen
hoffen, dass auch Du uns gnädig sein wirst, wenn wir
Dir durch diese vortreffliche Beschützerin vorgestellt
werden.
Maria,
die demütige Dienerin
Unter
allen Frauen, auf die der ewige Vater sein Augenmerk hätte
richten können, um seinem Sohne eine Mutter zu geben,
fielen seine Augen nur auf Maria, und sie allein war es,
die er mit dieser hohen Würde beehrte. Dieser Vorzug
war für sie die Quelle unendlicher Gnaden und der grössten
Auszeichnungen, die gleichsam Zugabe und notwendige
Folge waren. Warum hat aber der Herr Maria so vielen
andern vorgezogen? Die demütige Jungfrau liess es sich
niemals einfallen, die Auszeichnung ihren Verdiensten
zuzuschreiben. ,,Er
hat angesehen die Niedrigkeit seiner Magd, sagte sie,
und deshalb hat er Grosses an mir getan“
(Lk
1, 48-49), da er in meinem Nichts ein Wesen fand, woran
er seine Macht zeigen wollte. Sein Name sei dafür gebenedeit! Nehmen wir auch teil an der hohen
Auszeichnung der heiligen Jungfrau, meine Seele!
Bezeigen wir ihr unsere Freude darüber und sprechen
wir:
Wir
wünschen dir Glück, o unvergleichliche Jungfrau, zu
der so ausgezeichneten Würde, zu der dich der Herr
erhob; gedenke aber auch, dass sie dich auffordert, die
Mutter und Fürsprecherin der Sünder zu sein, weil sie
die Veranlassung deiner
Erhöhung waren. Zeige dich als ihre Mutter und erwirb
ihnen von der göttlichen Barmherzigkeit die Verzeihung
ihrer Sünden; zeige dich als ihre Fürsprecherin und
vertritt sie vor dem Richterstuhle deines Sohnes!
Der Tabernakel
Da
der eingeborne Sohn Gottes die heilige Jungfrau zu
seiner Mutter erwählt hatte, so war sie auch infolge
dieser Wahl von allen reinen Geschöpfen zum heiligsten
und an Verdiensten ausgezeichnetsten vorherbestimmt, und
da er das Wunder ihrer ewigen Vorherbestimmung in der
Zeit wirken wollte, so erfüllte er sie gleich im ersten
Augenblicke ihrer Empfängnis mit allen Gnaden, die der
Würde einer Mutter Gottes entsprachen. Der hl.
Hieronymus versichert uns, dass alle Gnaden, die alle
Gerechten einzeln besassen, in Maria vereinigt gewesen
sind, da sie die Mutter Jesu, des Urhebers aller Gnaden,
werden sollte. Der Heilige der
Heiligen
wollte seine Wohnung heiligen (Ps
45,5), und er
gestattete nicht, dass diejenige, in deren Schosse er
wie in seinem Tabernakel ruhen wollte, auch nur von der
geringsten Makel befleckt war. Selbst ein Schatten der Sünde
würde sie unwürdig gemacht haben, die Mutter
desjenigen zu werden, der die Reinheit selber ist. Der
blosse Anstand erforderte es, dass das fleischgewordene
Wort, das, insofern es Gott war, einen in seiner Wesenheit
vollkommen reinen Vater hatte, auch insofern er Mensch
ward, eine von jeder Makel freie Mutter hatte, die an
Reinheit nur Gott und seinem Sohne Jesus Christus
nachstand. (So
lehrte der heiligmassige Pater L. de Ponte im unveränderlichen
Glauben der Kirche über die Unbefleckte Empfängnis
Mariens 250
Jahre bevor diese Lehre von der Kirche als Glaubenssatz
ausgesprochen wurde. Welche Freude würde dieser
Marienverehrer gehabt hohen, wenn er 1854 gelebt hätte,
und welche Freude auch 1950 bei der Verkündigung des
Dogmas von der leiblichen Aufnahme Mariens!).
Anbetungswürdigste Dreieinigkeit, sei gelobt und
gebenedeit wegen der grossen Gnaden, die Du der heiligen
Jungfrau erwiesen! Ewiger Vater, sei ewig gelobt, dass
Du Deinem eingeborenen Sohne eine so würdige Mutter
gegeben! Sei gepriesen, o ewiges Wort, dass Du Dir
einen so heiligen Tempel bereitet! Ich danke Dir,
Heiliger Geist, dass Du sie mit Deinen Gaben so
reichlich geschmückt hast! Seligste Jungfrau! Ich habe
keinen Ausdruck für die Freude, von der ich
durchdrungen bin, im voraus schon mit so grossen Gnaden
dich begabt und von dem Augenblicke deiner Empfängnis
ganz vom Glanze des Lichtes der göttlichen Sonne
umgeben zu sehen, die ihre Wohnung in dir aufschlagen
soll und keine Makel in dir duldete. Lass auch auf uns
einen Strahl deines Lichtes fallen, glorreiche Mutter!
Zerstreue unsere Finsternis und gestatte nicht, dass wir
im Schatten des Todes wohnen! Von aussen haben wir
Feinde, die es niemals wagten, sich dir zu nahen. Von
innen die böse Lust, deren Feuer niemals in dir
entbrannte. Von deiner Macht und deiner Güte hoffen wir
den Sieg über die ersteren und die Bändigung der
letzteren, damit wir einst, wenn wir hienieden deine
Heiligkeit nachgeahmt, auch der Vergeltung teilhaftig
werden, deren Krone du im Himmel trägst!
Die
Geburt Christi aus Maria
Er
ging in sie ein und trat dann nach aussen hervor, der
Aussenwelt ähnlich gestaltet und bekleidet. Sie ist
eine Rebe, die auf nicht natürliche Weise eine Traube
als Frucht hervorbrachte; und weil die Traube von
anderer Natur war als die Rebe, so nahm sie die Farbe
der Rebe an und ging dann aus ihr hervor. Sie ist die
Quelle, der lebendige Wasser für die Dürstenden entströmten;
und jene, die von diesem Trank gekostet haben, bringen
hundertfältige Frucht.
Dieser
Tag gleicht daher nicht dem ersten Schöpfungstag.
An jenem Tage wurden
die Geschöpfe ins Dasein gerufen; an diesem
wurde die Erde erneuert und gesegnet um Adams willen, um
dessentwillen sie einst verflucht worden war. Eva und
Adam brachten durch Sünden den Tod in die Welt; der
Herr der Welt aber gibt uns durch Maria neues Leben. Der
Böse hatte durch die Schlange sein Gift in Evas Ohr
entleert der Gute aber neigte seine Erbarmung herab und
trat vom Ohr aus in Maria ein. Durch die nämliche
Pforte, durch die der Tod eingetreten war, trat auch das
Leben ein, das den Tod tötete.
Eben den, den die Cherubim trugen, haben die
Arme Mariens getragen. Den GOTT, den das All
nicht fasst, fasste und trug Maria. Der König,
vor dem die Engel, diese Wesen von Feuer und
Geist, erzittern, liegt an der Brust der
Jungfrau, und sie liebkost ihn wie ein Knäblein.
Der Himmel ist der Thron seiner Majestät, und er
sitzt auf den Knien Mariens. Die Erde ist der
Schemel seiner Füsse, und wie ein Knäblein ist
er auf ihr herumgetrippelt. Seine hohle Hand war
das Mass für den Staub, und wie ein Knabe ist er
auf ihm einhergewandelt. Glücklich Adam, der
durch Christi Geburt die Herrlichkeit
wiedergefunden, die er verloren hatte! Wer hat
je gesehen, dass Lehm seinem Bildner zum Kleide
diente? |
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Obwohl
der Welt verborgen, war die HI. Nacht in
Bethlehem das grösste Ereignis für die ganze Schöpfung.
Die Chöre
der Engel, die Schutzgeister aller Geschöpfe,
umgeben anbetend das grosse Geheimnis der Geburt
des Gottessohnes
(Botticelli) |
Wer
hat je gesehen, dass
Feuer sich selbst in Windeln hüllte? Zu all diesem
erniedrigte sich GOTT um des Menschen willen. Zu all
diesem verdemütigte sich Gott um seines Knechtes
willen, der sich stolz erhoben und auf den Rat des mörderischen
Bösen das Gebot übertreten hatte. Er, der das Gebot
gegeben, verdemütigte sich, um uns zu erheben. Preis
der himmlischen Barmherzigkeit, die sich zu den
Erdbewohnern herabliess, damit die kranke Welt durch den
Arzt, der auf ihr erschien, geheilt würde! Ihm sei
Preis und dem
Vater, der ihn sandte, und Lob dem Heiligen Geiste,
immerfort und allezeit in alle Ewigkeiten ohne Ende! Der
Syrer (Ephräm: Hymnus
auf die Geburt Christi !)
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