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Der hl. Schutzengel
unser unsichtbarer Begleiter und Beschützer
zusammengestellt von
Klemens Kiser
op 76
Beispiele aus den
Schriften von Pfr. Alfons Maria Weigl.
Der gute Pfr. Weigl hat drei Schutzengelschriften
herausgegeben.
“Vergeßt eure hl. Engel nicht” - 33 Auflagen 165.000
“Schutzengelerlebnisse” - 15 Auflagen
“Schutzengelgeschichten heute” -12 Auflagen 60.000
Als
Ruhestandspriester, schon einige Jahre krank, erlitt
Pfr. Alfons Maria Weigl eines Tages in der Kirche
eine große Herzschwäche. Er wurde ohnmächtig,
stürzte rücklings an den Stufen des Altars und
schlug mit dem kranken Hinterkopf auf das Pflaster.
Die Gläubigen waren tief erschrocken. Nach einer
guten Weile kam er wieder zu sich. Man trug ihn in
die Sakristei und sein erster klarer Gedanke, den er
fassen konnte, war: Daß es kein Todessturz wurde,
verdanke ich meinem hl. Schutzengel, meinem
Priesterengel. Es folgte ein monatelanges schweres
Krankenlager, aber er überstand alles und hat die
Hilfe der hl. Engel an Leib und Seele immer wieder
erfahren.
Ihnen
zum Dank versprach er eine kleine Schrift zu
schreiben. Er schrieb dann noch zwei weitere
Taschenbücher über die hl. Engel. Pfr. Alfons Weigl
starb 1990. Der Herausgeber kannte ihn noch und hat
vom Maristendruck, der die Rechte für seine Bücher
besitzt, die Erlaubnis erhalten, diese neu zu
veröffentlichen. Dafür sei Dank gesagt. Aus diesen
Bücher und Schriften stammen die folgenden
Beispiele.
Einleitung
Am ersten Sonntag im September feierte man früher
den sog. Schutzengelsonntag und den ganzen
Monat September bezeichnete man als den
Schutzengelmonat. Die Kirche lädt uns dadurch ein,
mehr an unsere hl. Engel zu denken. Wir werden an
unseren unsichtbaren Begleiter, den hl.
Schutzengel erinnert.
Der gute Gott hat ihn uns von frühester Kindheit an
zur Seite gestellt. Er ist immer bei uns geblieben
und will uns auch weiterhin beschützen. Der liebe
Gott hat ihn uns gegeben, damit wir sicher zur
ewigen Glückseligkeit gelangen. Unser Schutzengel
ist bei uns, er führt uns sicher auf diesem Weg und
schützt uns vor den vielen Gefahren, die für Leib
und Seele bestehen.
Der Schutzengel verläßt uns nicht, auch dann nicht,
wenn alle anderen Freunde uns im Stich lassen. Er
ist treu bis zu unserer letzten Stunde.
Wenn heutzutage von dem Schutzengel gesprochen wird,
so kommt als Antwort allzu oft ein Achselzucken oder
ein Lächeln über die Einfalt derjenigen, die noch an
so etwas glauben. Er wird wie eine Märchengestalt
für Kinder angesehen, mehr aber gar nicht, wenn
überhaupt. - Aber auch mancher, der an die hl. Engel
glaubt, hat eine falsche Vorstellung von ihm oder
betet zu wenig zu ihm.
Leider gibt es im Bereich der Esoterik so manche
falsche Engel, die wie ein Wolf im Schafspelz uns
ganz woanders hinführen wollen. Hier gilt der Satz
von Mephistoles bei Goethe: ‘Warum läßt du dich mit
uns ein, wenn du die Folgen nicht kannst tragen?’
Das gilt von vielem, ob Alkohol, Drogen, freier
Liebe, Geld-, Macht- und Karrierestreben. Dahinter
stehen auch mächtige Geister der Verführung, die uns
schließlich binden.
Die Schutzengel sind hl. Engel, d.h. reine
geschaffene Geister, d.h. sie schauen immerfort
den dreifaltigen Gott. Sie leben in der ewigen
Herrlichkeit. Der liebe Gott hat jedem von uns einen
seiner hl. Engel als persönlichen Leib- und
Seelenwächter geschenkt. Schon in den Psalmen beten
wir: "Die Engel sollen dich auf ihren Händen tragen,
daß dein Fuß sich an keinen Stein stoße".
Nicht nur unseren Leib beschützen sie in den
vielen täglichen Gefahren, wie zum Beispiel im
Straßenverkehr, sondern und vor allem unsere Seele.
Diese wollen sie vor den vielen Fallstricken des
bösen Feindes bewahren. Die alten Geisteslehrer
sagen uns, daß wir auch einen bösen Engel haben, der
uns immer wieder verführen will. Denn woher kommen
die plötzlichen Versuchungen, die Gedanken der Rache
oder wie es ein griechischer Geistlicher mal
formulierte, die Filme in der Phantasie, vor denen
sogar Heilige nicht geschützt sind.
Nicht allein die Kinder brauchen einen Schutzengel,
der sie vor manchen unüberlegten Handlungen
bewahrt, alle Menschen, auch die Erwachsenen,
Jung und Alt will Gott vor den Schlingen des Teufels
behüten und denen, die hineingefallen sind, wieder
heraushelfen.
Was vor langer Zeit der Herr zu Moses gesagt
hat, das gilt auch heute noch: "Siehe, ich sende
meinen Engel, daß er vor dir hergehe, damit er dich
auf deinem Weg behüte und dich an den Ort führe, den
Ich bereitet habe. Achte auf ihn und hör auf seine
Stimme. Glaubt nicht ihn mißachten zu dürfen." (Ex
23,20)
Gott hat jedem einen Schutzengel gegeben, wie einst
dem jungen Tobias den hl. Raphael. Raphael
begleitete den Jüngling auf seiner Reise und rettete
ihn beim Baden vor dem großen Fisch in der Tigris.
Raphael führte ihn weiter und Tobias gelangte sicher
bei seinen Verwandten an. Der hl. Raphael verhalf
dem Tobias zu einer glücklichen Ehe und holte
ihm sogar das ausgeliehene Geld seines Vaters von
dem Schuldner zurück. Schließlich begleitete dieser
hl. Erzengel den Tobias mit seiner Frau zurück zu
seinem Vater. Dort angekommen wies er den Tobias an,
seinen blinden Vater zu heilen und der Vater wurde
wieder sehend.
Der Vater wollte voll des Dankes diesem treuen
Beschützer und Helfer die Hälfte des
zurückerhaltenen Geldes dafür schenken.
Jedoch Raphael sagte ihnen: Preist Gott und dankt
ihm! Gebt ihm die Ehre und dankt für alles, was
er euch getan hat. - Raphael gibt sich schließlich
zu erkennen und sagte wörtlich: Während all dieser
Tage bin ich euch sichtbar gewesen, aber ich aß und
trank nicht, ihr saht nur eine Erscheinung. Und
jetzt dankt Gott, denn ich steige auf zu dem, der
mich gesandt hat.
So ist es auch, falls jemand einmal die Gunst
bekommen hat, seinen Schutzengel zu sehen. Was man
in einem solchen Fall sieht, ist nur eine
Erscheinung, damit man erkennt, der hl. Schutzengel
ist da. Doch einen Körper, wie wir haben die Engel
nicht und so brauchen sie auch nicht essen oder
trinken.
Sie schauen immerfort den dreifaltigen Gott.
Und Sie schützen uns nach dem Willen Gottes und
dafür sollen wir, wie der hl. Erzengel Raphael sagt,
allezeit Gott preisen und danken.
"Siehe", so spricht der Herr zu uns: “Ich sende
meinen Engel, daß er vor dir hergehe, damit er dich
auf deinem Weg behüte und dich an den Ort führe, den
Ich bereitet habe. Achte auf ihn und hör auf seine
Stimme. Glaubt nicht ihn mißachten zu dürfen.”
Ex 23.
Und so helfen uns auch heute noch die Engel Gottes,
wenn wir sie treu verehren.
Hl. Schutzengel mein, laß mich dir empfohlen sein.
Bezeugte Tatsachen aus dem Leben
Ein Priester* erzählt: 1925 durfte ich als Student
meine erste Romfahrt machen. Sie hätte mir aber
beinahe das Leben gekostet und zwar durch meinen
eigenen Leichtsinn. Gleich manchen wagemutigen
Römern hatte ich es mir zur Gewohnheit gemacht,
manchmal von der fahrenden Trambahn abzuspringen.
Eines Abends fuhr ich wieder von der Innenstadt in
mein Quartier, das am Stadtrand lag. Es war schon
ziemlich dunkel. Weil die Trambahnhaltestelle etwas
weiter von meinem Hotel entfernt war, sprang ich
kurzerhand wieder unter dem Fahren ab.
Mit einem Schwung sondergleichen wirbelte ich auf
dem Trottoir mehrere Meter dahin, bis ich mit meinem
Kopf an einer Mauer stand. Es tat mir nichts mehr,
aber wäre ich drei Sekunden später abgesprungen,
dann wäre ich unfehlbar mit aller Wucht an das
hervortretende Mauereck gerannt und mit
zerschmettertem Kopf liegengeblieben. Den ganzen
Abend dankte ich meinem Schutzengel, der mein Leben
so wunderbar behütet hat. Ich war ihm von dieser
Stunde an mehr wie bisher verbunden. Auch als Kaplan
erlebte ich mehrmals den greifbaren Schutz des hl.
Engels in Gefahren des Leibes und der Seele. *Vermutlich
Pfr. Weigl selbst, der 1927 zum Priester geweiht
wurde.
Die heiligmäßige Mutter Maria Theresia
Meyer-Bernhold schrieb mir eines Tages: “Bitte, übergeben
Sie jeden Morgen Ihre Pfarrgemeinde durch ein
kurzes Stoßgebet dem Schutzengel der Gemeinde!
Sie werden bald merken, wie fruchtbar sich das
auswirkt." Ein andermal bat sie: “Beten Sie im
Anschluß an den täglichen gemeinsamen
Fatima-Rosenkranz im Gotteshaus zu Ehren der
Engel aller Pfarrangehörigen ein Vaterunser. Sie
werden die Frucht dieses Gebetsgrußes spüren
lernen."
Ich tat es und gewann die innere Gewißheit, daß das
Band mit den Pfarrangehörigen enger wurde. Ja, ich
wurde innerlich gedrängt oft die Engel all der
Meinen zu grüßen, die Engel der Kinder, der Jugend,
der 'Eltern, der Kranken, der Sterbenden, der
Abseitsstehenden und der Kirchengegner. Ich wurde
gedrängt mit den Engeln öfter im Gebet zu reden und
alle Sorgen mit ihnen zu besprechen, gelegentlich
auch eine hl. Votivmesse zum Dank zu feiern. Immer
wieder wurde ich angeregt im Stillen recht häufig
zu segnen und zwar nicht nur die eigenen
Pfarrangehörigen, sondern alle Kranken und
Sterbenden auf dem weiten Erdenrund, alle Priester,
Missionare und Ordensleute, die ganze hl. Kirche
Gottes, alle Regierenden und Verantwortlichen der
Völker; besonders auch die Armen Seelen. Diese
häufige Segensanregung schreibe ich in großer
Dankbarkeit den hl. Engeln zu.
Ein Kamin stürzt ins Kinderkrankenhaus
Der bekannte Schutzengelpater Gerard Stegmiller aus
München, ✝ 1954, berichtet folgende, erschütternde
Begebenheit:
“In
München war vom 8. auf 9. Febr.1949 eine Sturmnacht.
Vom nahen St. Paul verkündete die Turmuhr eben
dreivierteleins. Da gab es einen entsetzlichen
Schlag in der Universitätskinderklinik oder
“Haunersches Kinderspital": Balken krachen, Steine
poltern, Eisen knirschen, Verputz hagelt nieder,
Kinder schreien auf und alles ist wieder
totenstill!
Ein Hauskamin zerschlug das Dach, den
Speicherboden, die Saaldecke, die Schmalseiten der
eisernen Bettstellen und begrub die Betten samt
den Kindern unter einem Schutthaufen und einem
Wirrwarr von Balken, Betonklötzen und Ziegeln.
Die Nachtärzte drücken die Tür einen spalt weit auf.
Das Herz krampft sich zusammen. Denn da ist doch
alles tot in dieser grauenvollen Stille. Aber nein:
Ein Licht flammt auf. Und schon arbeitet sich der
Stubenälteste mit, acht Jahren aus seinem
Schutthügel heraus. “Herr Chefarzt! Geben Sie mir
das Licht, da drunten liegt der Diether, da der
Horst, dort der Heribert, da der Waldemar, da der
Helmut und dort im Eck unser Dietlindchen!" “Und was
tut Dir weh?" - “Nichts! Darum kann ich gleich das
Licht halten." Eine Barmherzige Schwester leuchtet
vom Dachboden herab mit einer elektrischen Lampe.
Das sofort alarmierte Aufräumungskommando der
Feuerwehr ist mit seinem Chef zur Stelle. Die Herren
schaffen wirklich vorbildlich und werden des
Staunens nicht mehr fertig. Ein Betonklotz hat ein
Bett zu Boden geschlagen! Doch siehe! Neben dieser
“schützenden Wand" liegt wohlbehalten der Kleine und
fliegt dem rettenden Arzt um den Hals, denn beim
Onkel Doktor ist er wie immer, geborgen. Vereinte
Kräfte bergen jetzt Kind um Kind “lebend und
unversehrt" aus dem Schuttmeer.
“Wer
nicht glauben will, daß die Kinder Schutzengel
haben, der soll kommen und uns Schutt aufräumen
helfen!" Im hellerleuchteten Operationssaal ein
behutsames fachkundiges Untersuchen! Wirklich
keine Verletzung, nicht einmal eine Schramme,
nur, die Augen sind nicht ganz staubfrei, das ist
nicht schlimm; da kann man helfen. Jetzt warmes Bad,
frische Wäsche, eben überzogenes Notbett in einem
Waschkorb, auf einem Liegestuhl, auf einem Sofa und
die kleine Welt schläft wie selbstverständlich
weiter. Aber nicht alle: Sieglindchen schaukelt
lustig im Wäschekorb, wie bei Tag, wenn sie gut
aufgelegt ist. Tags darauf bekam jedes Kind ein
Schutzengelbildchen zur steten Erinnerung, wie sich
an ihm das Schriftwort erfüllte."
Eine Krankenschwester war im Gefrierraum
eingesperrt
Einmal mußte ich noch spätabends in den Keller, um
aus dem Gefrierraum eine Medizin zu holen.
Unversehens klappte hinter mir die schwere Türe,
die innen kein Schloß hatte, des Gefrierraums zu
und ich war gefangen. Da um diese Zeit niemand
mehr um die Wege war, der mein Klopfen hätte hören
können, so setzte ich all meine Hoffnung auf die hl.
Engel. Stürmisch flehte ich sie an, sie möchten mir
doch bald helfen, da ja sonst die ganze Nacht
niemand die Kranken im Stock betreue. Und es dauerte
gar nicht lange, so wurde die Türe von außen
aufgemacht, und eine alte Schwester stand
davor und sagte, sie sei so gemahnt worden, doch
noch einmal im Keller nachzuschauen, ob alles
stimme, und sie sei deshalb, noch' einmal rasch
aufgestanden und heruntergekommen. Wie haben wir
beide gedankt!" - Früher hatten die Gefrierräume nur
außen Schnapp-verriegelungen! Da war gefährlich,
zumal die Türen durch die Scharniere quasi von
selbst zufielen.
Das Auto blieb plötzlich stehen
„Mein
Missionsgebiet ist so groß, daß ich immer schon am
Donnerstagabend nach der hl. Stunde wegfahren muß,
wenn ich bis zum Herz-Jesu-Freitagabend alle meine
stundenweit auseinanderliegenden Leuten mit den hl.
Sakramenten betreut haben wollte. Aber an einem
Donnerstag ging abends ein so schweres Gewitter
nieder, daß ich bis drei Uhr morgens aufgehalten
wurde. Dann aber empfahl ich dem hl. Erzengel
Raphael wie immer auch diese Fahrt. Etwa zwei
Stunden ging es über ausgewaschene Wege ziemlich
flott vorwärts.
Da stockte plötzlich der Wagen und blieb stehen.
Nichts half. Ich mußte aussteigen und nachschauen.
Merkwürdigerweise fehlte gar nichts; Benzintank,
Zündkerzen, Hebel, alles in Ordnung. Also stieg ich
wieder ein und bat die hl. Engel um ihre Hilfe. Und
siehe, der Wagen sprang ganz brav an, doch mußte ich
ihn schon nach wenigen Metern scharf stoppen: die
ganze Straße war in einen tiefen Abgrund gerutscht. Wäre
ich in dem alten Tempo weitergefahren, hätte ich
unmöglich mehr bremsen können und ich wäre
verloren gewesen."
Sirenenalarm läßt ein Feuer entdecken
„Eines
Abends nach dem Essen ertönte laut die Sirene.
Erschrocken sprangen alle auf, und natürlich
schaute man zuerst im eigenen Hause nach. Und
richtig brannte es hinter dem Haus beim Schuppen
schon ganz hell. Sofort lief alles, um zu
löschen, und es konnte das Feuer gottlob auch bald
gelöscht werden. Weil wir aber nicht glauben
konnten, daß man dieses Feuer in dem etwa
dreiviertel Stunden entfernten nächsten Ort hatte
sehen können, fragten wir telefonisch bei der
dortigen Feuerwehr an, wo es brenne. Aber dort
war keine Sirene gegangen, nirgends in der
Umgebung hatte man eine gehört. Aber hätten wir sie
nicht gehört, wäre unser Haus in dieser Nacht
abgebrannt. Nun beten wir und unsere Kinder noch
lieber, daß die hl. Schutzengel uns behüten mögen."
Die heiligmäßige Mutter Maria Theresia
Meyer-Bernhold schreibt:
„Vielfach
plauderte ich als Kind mit dem Schutzengel. Ich
erzählte ihm und gab Aufträge für den Himmel, mit
allen möglichen Bitten kam ich zu ihm. Er mußte beim
Lernen helfen, Schmerzen lindern. Beim Spiel durfte
er mitspielen und bekam stets die besten Sachen.
Beim Beten bat ich den Engel, daß er mitbete und
mein Gebet dann zu Jesus und der Gottesmutter
bringe. Ich teilte mit ihm alle Schwierigkeiten und
Freuden. Seine Mahnungen halfen mir sehr viel. Seine
Stimme war mild und alles mit feiner Ruhe
gesprochen. Es wirkte jedes Wort friedlich und
stärkend. Beim An- und Auskleiden wußte ich, daß ich
nicht allein war. Der Schutzengel war anwesend, und
ich wollte ihn nicht durch schlechtes Benehmen
kränken.
Die Schutzengelverehrung brachte natürlich Opfer mit
sich, vor allem Entsagungen. Das darf ich nicht tun,
weil es der Schutzengel sieht. Jenes darf ich auch
nicht tun, sonst weint er. Es gehört für ein Kind
manchmal Mut dazu, sich dauernd an den Schutzengel
gebunden zu wissen und durchzuhalten, denn die
Versuchungen machen auch vor dem Kind nicht Halt. Andererseits
ist für das Kind die Liebe zum Schutzengel ein
feiner Halt und zugleich eine weise Bindung, die
im Leben oft von großer und wichtiger Bedeutung sein
kann. Dies war bei mir der Fall. Ich beginne jeden
Tag mit dem Schutzengel, ebenso jede Nacht. Ich
bitte ihn täglich um den Segen für alle, die ich
lieben darf, auch für das Vaterland usw.
Ich habe nie versäumt, die neun Engelchöre zu
verehren. Ich betete oft und gerne zu den
Himmelschören. Jede Stadt, jedes Haus,
selbstverständlich auch jede Kirche, jeder Friedhof
hat seine Engel, auch Fluren und Wälder haben sie,
die Schöpfung Gottes steht im Schutz der Engel!
Es gäbe noch viel mehr Elend in der Welt, wenn nicht
durch Gottes Güte ganze Heere von Engeln eingesetzt
wären. Sie sind ein machtvoller Bestand; eine Welt
innerhalb unserer Welt. Ich liebe es auch, die
Heiligste Dreifaltigkeit, die Gottesmutter, die
Heiligen durch die Engel zu grüßen. Schicken wir
doch oft den Schutzengel zu den armen Gefangenen in
Rußland! Das ist eine Tat der Liebe!"
Eine Lehrerin berichtet:
Eine Woche vor Weihnachten ging ich mittags von der
Schule heim. Auf der anderen Straßenseite ging ein
kleines Mädchen aus meiner ersten Klasse. Als es
mich erblickte, rannte es auf dem kürzesten Weg zu
mir herüber und geriet unter die fahrende
Straßenbahn. Das Kind wurde schwerverletzt
vorgezogen, blutüberströmt. Weil ich mich an seinem
Unglück schuldig fühlte, bestellte ich in unserem
Kloster eine Meßnovene zu Ehren der hl. Engel in
dringender Bitte um Hilfe. Ich kann die Freude und
Dankbarkeit nicht schildern, als bei Schulbeginn
nach Dreikönig das Mädchen wieder gesund in der
Schulbank saß. Kein Schaden, keine Entstellung
war zurückgeblieben. Sooft ich den
Straßenbahnfahrer treffe, beteuert er mir: “Wie
danke ich unserm Herrgott, daß das Kind wieder heil
ist!"
Eine Krankenschwester erzählt:
„Als
ich eines Morgens nach einem schweren Nachtdienst
auf dem Weg zur Kirche war, begegnete Mir das Auto
unseres Chirurgen. Ein jäher Schrecken durchfuhr
mich: Hatte er Arzt doch noch spätabends nach der
letzten Operation gesagt: “Schwester, kochen Sie
mir die Instrumente noch aus, denn ich habe gleich
am Morgen wieder eine schwere Operation!" Und nun
hatte ich in dieser schweren Nacht, allein im Stock
bei so vielen Frischoperierten, das Auskochen
(Sterilisieren) vergessen. Verzweifelt lief ich
zurück, in der Hoffnung, vielleicht noch vor der
Operation dort zu sein. Aber als ich ankam, sagte
die diensttuende Schwester gleichmütig: “Der Kropf
wird schon operiert."
Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Hilfe der
hl. Engel anzuflehen, sie mögen durch ihre Hilfe und
Fürbitte gutmachen, was ich versäumt hatte und nun
so bereute. Und Gott war so gut! Die Heilung des
Patienten erfolgte gut und schnell und ohne jede
Komplikation. Aber nun bitte ich die hl. Engel schon
vorher um ihre Hilfe, und ich habe seither auch
nichts mehr versäumt."
Eine Pilgergruppe berichtet:
„Unser
Ziel war Lourdes und Fatima. Mit dem Omnibus 6.000
km hin und zurück. Am ersten Tag vor der Abfahrt
beteten wir auf Vorschlag eines Priesters gemeinsam
im Omnibus zur Gottesmutter, zum hl. Josef, zum hl.
Engel des Fahrers sowie zu allen Engeln der
Mitpilger drei Ave Maria um Schütz und sicheres
Geleit. Täglich am Morgen, bevor wir wieder
weiterfuhren, wiederholten wir gemeinsam unsere
drei Ave Maria. Die hl. Engel gewährten uns mit
Gottes und Mariens Hilfe sicheren Schutz: sie waren
unsere besten Reisebegleiter während dieser 14
Tage. Über manche Fährnisse kamen wir glücklich an
all unsere Wallfahrtsziele und wieder heil nach
Haus!"
Feindschaft durch Gebet zu den hl. Schutzengeln
überwunden
Eine Großbäuerin erzählt: „Wir waren jahrelang
mit der Nachbarschaft verfeindet. Wir konnten
uns gegenseitig nicht genug Bosheiten antun.
Während der Volksmission wurde gepredigt, bei
Feindschaften müsse die Absolution verschoben
werden, bis eine Aussöhnung erfolgt sei. So haben
wir uns zum Schein freundlich gegrüßt und vom Wetter
gesprochen.
Wir Frauen beichteten beim gleichen Missionspater
und erhielten zur Buße, einen Monat lang täglich
etwas Bestimmtes zu den hl. Schutzengeln der Feinde
zu beten. Wir taten es; es blieb uns nicht anderes
übrig. Als der Monat zu Ende war, war auch die
Feindschaft verschwunden. Wir wurden sogar gute
Freunde. Die beiden Männer sind ein Herz und Sinn
und lachen über die Vergangenheit: Wir haben doch
wirklich gesponnen! Die beiden Frauen sind wie zwei
Schwestern geworden, die einander beraten und
helfen. Und die Kinder sind hier und dort wie zu
Hause. Und das alles nun schon sechs Jahre lang.
Hochwürden, predigen Sie es oft: Bei
Feindschaften still sein, aber täglich die hl. Engel
der Gegenpartei anrufen."
Die Frau eines Alkoholikers erzählt
Es war anläßlich einer Volksmission. Eine Frau aus
einem Nachbarort suchte einen bestimmten Pater auf.
“Hochwürden, Ihr Rat, die hl. Schutzengel der Umwelt
anzurufen, hat sich schon bewährt. Mein Mann ging
nicht alle Tage ins Gasthaus. Aber wenn er ging,
kam er meistens spät in der. Nacht betrunken heim.
Nun hörte ich Ihren Rat: besucht der Mann das
Gasthaus, soll die Frau zuhause seinen Schutzengel
und die Engel seiner Tischgesellschaft
vertrauensvoll grüßen und bitten. Sofort
befolgte ich diesen Rat. Seit einiger Zeit nun kommt
mein Mann um 10 Uhr heim, ist guter Dinge und nicht
berauscht. Jüngst sagte er: “Frau, ich weiß gar
nicht was das ist. Wenn es auf halb zehn Uhr zugeht,
dann werde ich unruhig. Es treibt mich förmlich
fort, das Bier schmeckt mir nimmer, die Gesellschaft
paßt mir nimmer. Es ist, wie wenn mich jemand
fortziehen wollte. Da muß es mir am Herzen fehlen.
Ich muß doch mal zum Doktor gehen." - “O, Dir fehlt
nichts, Du bist kerngesund, ich kenne Dich doch
schon lange. Geh nur immer gleich heim, das ist Dir
am gesündesten." Die Frau gestand: Diese Unruhe
kommt nach meiner Überzeugung vom hl. Schutzengel.
Denn während der Mann im Gasthof war, habe ich zu
Ehren seines Schutzengels und der hl. Engel aller im
Gasthaus den Schmerzhaften Rosenkranz gebetet,
damit mein Mann sich wirklich erhole und abspanne,
aber nicht der Trunksucht verfalle."
Eine seit vielen Jahren bettlägerige Frau
schreibt
Beim Morgengebet stelle ich mich täglich unter den
besonderen Schutz meines Engels: Engel Gottes! Des
höchsten Vaters Liebe hat mich dir anempfohlen.
Beschütze, heilige, leite, führe und regiere mich!"
- Dann grüße ich die hl. Schutzengel all, meiner
Kinder, Angehörigen, Freunde und Wohltäter, aller,
die mich pflegen, aller Priester, der Jugend
und besonders aller Menschen, deren Seele in Gefahr
steht ewig verloren zu gehen. Rufen die Glocken des
Gotteshauses zum hl. Meßopfer, dann bitte ich meinen
Schutzengel, für mich die hl. Messe zu besuchen und
zwar mit dem uralten Gebet:
„Hl.
Schutzengel mein, geh für mich in die Kirch' hinein;
knie hin an meinen Ort, bet für mich die Messe dort"
usw.
Sind die Schmerzen manchmal so groß, daß ich zum
Beten zu müde bin, dann freue ich mich in dem
Gedanken: Eure Engel schauen immerdar in das Antlitz
Gottes. - Verliere ich durch Besuche oder Radio zu
sehr die Sammlung in Gott, dann ist mir obiger
Gedanke ein großer Trost.
Wie oft durfte ich des hl. Schutzengels Hilfe in
rein natürlichen Dingen immer wieder erfahren! Wenn
ich zudem ganz allein auf meinem Lager liege, weil
die Angehörigen auf dem Feld sind, und ich bräuchte
ganz dringend Hilfe, dann bitte ich meinen hl.
Engel, er möge mir einen Menschen schicken und
wirklich, es kommt jemand aus der Nachbarschaft und
leistet mir Hilfe...
Wenn ich beim Rosenkranzbeten vor Müdigkeit manchmal
einschlafe, habe ich das sichere Bewußtsein, daß
mein guter Engel für mich weiterbetet. Ich glaube,
es wäre eine große Leere in meinem Leben, müßte ich
die Verbindung mit meinem hl. Schutzengel aufgeben.
Arme Menschen, die meinen, der Schutzengel sei nur
für die Kinderwelt da oder es gäbe überhaupt
keinen.
Was sagt die Hl. Schrift von den hl. Engeln? Sie
läßt uns an Hunderten Engelstellen etwas von deren
Schönheit, Größe und Macht ahnen, aber nur ahnen.
Die Engel sind die Ersterschaffenen Gottes,
seine strahlendsten Ebenbilder, ausgestattet mit
einem leuchtenden Verstand, mit gottnaher
Erkenntnis, mit machtvollem Willen, den Gesetzen von
Raum und Zeit niemals unterworfen, kraftgewaltige
Vollstrecker des göttlichen Wortes. Alles was wir
von den Engeln sagen oder schreiben ist von
menschlichen Erkennen und Erleben her beurteilt; es
reicht nie im entferntesten an ihre himmlische
Herrlichkeit. Sie sind nach Petrus “Träger der
Herrlichkeit" (2 Petr 2,11). Leider haben die
Menschen diese gewaltigen Geistwesen in ihren
Darstellungen verniedlicht und oft grausam
verkitscht. Wir können uns die Engel nur in einer
für uns verständlichen Gestalt, eines Idealmenschen,
eines verklärten jungen Menschen, vorstellen.
Die Hl. Schrift erwähnt die Chöre der Engel:
Seraphim, Cherubim und Throne, Herrschaften, Kräfte,
Gewalten und Fürste, Erzengel und Engel.
Der erste, der deutlich von den neun Chöre schreibt,
ist der hl. Dionysius.
Die drei obersten Chöre sind die großen Anbeter des
dreifaltigen Gottes; sie sind zugleich die Mittler
zwischen Gott und den tiefer stehenden Chören.
Sie sind Diener Gottes, seiner Kirche, sowie aller
Menschen. Sie führen, behüten, beraten, mahnen und
verteidigen die Menschen im Kampf gegen die
höllischen Mächte. Sie sind die Mittler zwischen
Gott und den Menschen.
Der hl. Michael als Fürst der himmlischen
Herrscharen ist ein Seraph, genauso Gabriel.
Raphael sagt, daß er einer der sieben Engel vor dem
Thron Gottes ist. In Lourdes sind die sieben Gaben
des Hl. Geistes als sieben Seraphe dargestellt, denn
die Engel vermitteln uns die Gnaden des Hl. Geistes.
So spricht der Herr schon bei Moses:
“Siehe
ich sende meinen Engel, daß er vor dir hergehe, dich
auf dem Weg behüte und dich an den Ort führe, den
ich bereitet habe. Achte auf ihn und hör auf
seine Stimme! Glaube nicht, ihn mißachten zu
dürfen. Wenn du sündigst, wird er dir nicht
verzeihen, denn mein Name ist in ihm. Wenn du aber
auf seine Stimme hörst und alles tust, was ich sage
(durch diesen Engel), so werde ich der Feind deiner
Feinde sein und schlagen, die dich schlagen. Und
mein Engel wird vor dir hergehen.” - Diese Worte aus
Ex 23,20-23, sind die Worte aus der Lesung vom
Schutzengelfest und gelten für jeden von uns.
König David schreibt im Psalm 90, diesem
ergreifenden Hohenlied des Gottver-trauens: “Gott
hat seinen Engeln deinetwegen befohlen, dich zu
behüten auf all deinen Wegen; sie sollen auf ihren
Händen dich tragen, daß dein Fuß sich an keinem
Stein stoße; schreiten kannst du auf Nattern und
auf Schlangen, zertreten wirst du Löwen und
Drachen." (Ps 90,11-13)
Eine wunderbare Stelle, die uns einmalig Gottes
Vaterliebe zum Menschen aufleuchten läßt. Er hat
nicht nur Seinen Sohn für uns dahingegeben; er hat
uns auch Seine Diener zur Seite gestellt, die schon
einmal am Anfang das Böse besiegten. Nach Seinem
Willen sollen die Engel die Menschen auf allen Wegen
geleiten und vor Gefahren des Leibes und der Seele
behüten.
Stein bedeutet nach den Gottesgelehrten die
steinernen Tafeln des Moses mit den Zehn Geboten
Gottes. Die Engel sollen uns also zu allererst vor
Übertretungen der Gottesgesetze bewahren helfen. Sie
sollen uns ferner schützen vor Nattern und
Schlangen, d. h. vor Bosheit, Neid, Mißgunst,
Falschheit, Verlogenheit der Menschen und des
Teufels; sowie vor Löwen und Drachen, das ist Gewalt
und 'Ungerechtigkeit, denen wir im Leben ausgesetzt
sind.
„Ihre
Engel schauen das Angesicht Meines Vaters."
Im Evangelium sagt Jesus, die ewige 'Wahrheit
selbst: “Seht zu, daß ihr keines von diesen Kleinen
verachtet, denn, ich sage euch, ihre Engel
schauen immerdar das Antlitz Meines Vaters, der im
Himmel ist." (Mt 18,10-11).
Der Herr sagt, daß sie alle einen Engel haben und
daß diese Engel in das Angesicht des himmlischen
Vaters schauen, etwas Wunderbares, Göttliches, und
daß sie darum von dort herrliche Erkenntnisse und
Macht für ihre Schützlinge erhalten. Wenn auch an
dieser Stelle Jesus nur von Engeln der Kinder
spricht, so ist es katholischer Glaube von Anfang
an, daß alle Menschen einen Engel haben, denn es ist
im Alten und Neuen Bund immer wieder von den
begleitenden, schützenden, helfenden Engeln die
Rede.
Einige Beispiele dafür: Ein Engel tröstete die
weinende Hagar und zeigte ihr für das verdurstende
Kind die rettende Quelle. Engel führten Lot und
seine Familie aus der brennenden Stadt Sodoma. Der
Engel Raphael geleitete Tobias in das fremde
Land, rettete ihn vor dem Rachen des Fisches; führte
ihm in Sara eine gute, tüchtige Lebensgefährtin zu,
brachte ihn wieder heil nach Hause und schenkte dem
blinden Vater das Augenlicht wieder. Ein Engel war
bei Josua, als es soweit war, daß die Israeliten in
das Land der Verheißung einziehen sollten. Ein Engel
munterte Gideon zum Kampf auf. Ein Engel rettete
Samson aus der Knechtschaft der Philister. Ein Engel
des Herrn schlug in einer Nacht 185.000 Mann im
Lager der Assyrer. Auch die Makkabäer wurden durch
Engel im Kampf unterstützt.
Engel holten Petrus und Johannes aus dem
Gefängnis. Ein Engel befreite den schlafenden
Apostelfürsten aus dem mit vier Wachen besetzten
Kerker, und als die Jünger nachts von der Magd
erfuhren, Petrus stehe draußen an der Tür und
klopfe, da sagten sie: “Du bist von Sinnen; das ist
nicht er, es ist sein Engel."
Auch erfahren wir aus der Bibel, daß die Engel den
Sterbenden beistehen und ins himmlische Reich
geleiten. Der Herr selbst hat uns dies in der
Parabel ganz plastisch erzählt: “Da starb der
Arme (Lazarus) und wurde von den Engeln in
den Schoß Abrahams getragen." (Lk 16,22)
Christus der Herr kam, um alle zu retten. Er will
nicht, so sagt Petrus in seinem 2. Brief, daß auch
nur ein einziger verloren gehe. Alle sollten zur
Sinnesänderung kommen. Dazu sind die Engel als
mächtige treue Helfer gegeben. Ja immer und immer
ist die Rede von den hl. Engeln als Wächter und
Schützer, als Begleiter und Helfer der Menschen. Es
ist Glaubenssatz der Kirche, daß jeder Mensch durch
das Erbarmen Gottes einen Schutzengel hat. Ein
wunderbares Geschenk des himmlischen Vaters! Da
diese den einzelnen Gliedern des mystischen Leibes
Christi dienen, dienen sie Christus dem Haupt
selbst.
Engel sind von Anfang bei Jesus: bei der
Verkündigung, bei der Geburt singen sie das Gloria,
nach der Versuchung in der Wüste, am Ölberg, an
Ostern und an Himmelfahrt.
Das Zeugnis der Kirchenväter und Heiligen
Der hl. Hieronymus lehrt: “So groß ist die
Würde der Seele, daß eine jede von Geburt an einen
Engel zu ihrem Schutz zugewiesen erhält."
Die hl. Cäcilia sagte zu ihrem Gatten: “Ich
habe einen Engel als Beschützer meines Leibes, der
eifersüchtig auf meine Ehre ist; verletze sie
nicht."
Der hl. Augustinus bekennt: “Wenn Gott die
Menschen so sehr geliebt hat, daß Er Seinen Sohn in
die Welt gesandt hat, warum soll Er nicht Seine
Engel schicken? - Mit großer Sorgfalt und achtsamen
Eifer stehen uns die Engel zu allen Stunden und an
allen Orten hilfreich bei. Sie eilen besorgt
zwischen uns und Gott hin und her." Und er fährt
fort: “Ach, wie doch die Engel uns lieben: sie
helfen in der Arbeit, Sie beschützen in der Ruhe,
sie feuern im Kampfe an, sie krönen im Siege." Groß
ist ihre Sorge; groß der Erweis ihrer Liebe zu uns.
Der hl. Bernhard sagt: Eine Seele ist nie
ohne Geleit der Engel, es sage mir keiner, wo sind
sie oder wer hat sie gesehen. Diese so erleuchteten
Geister wissen, daß euere Seele mehr Wert hat, als
die ganze Welt." - Ist das nicht eine lichte,
trostvolle Wahrheit? Sollen wir nicht von Herzen
dafür danken! - Magnifikat !
Der hl. Thomas von Aquin lehrt: “Die hl.
Engel beginnen ihr Schützeramt vor der Taufe. Sie
verlassen die ihnen Anvertrauten nie ganz, so
gottlos sie auch leben mögen."
Der Dichter Leon Bloy wagt zu sagen: “Der
schmutzigste Strolch ist so wertvoll, daß er von
einem beschützt wird, der über ihn ganz allein
wacht."
Der Glaube an den Schutzengel muß wieder
lebendiger werden
...Die moderne Technik, genährt von einer
materialistischen Weltanschauung, hat vielfach den
Glauben an Gott und an die Engel aus unserer Zeit
verbannt. Dadurch, daß im täglichen Leben in Presse,
Funk und Fernsehen die Wirklichkeit Gottes dauernd
unterschlagen wird, daß der Name Gottes fast nie
genannt wird, noch weniger sein Wirken, wird das
Christentum immer mehr abgebaut, ja es wird dem
Christen immer schwerer gemacht.
Aber die dämonischen Auswirkungen der Technik von
heute, die laufend unverantwortlichen Versuche mit
Atombomben, die dadurch nachgewiesene Vergiftung
der Atmosphäre, die noch nicht vorauszusehenden
Gefahren und Schädigungen für Menschen und Dinge,
steigern das Verlangen nach Geborgenheit, nach
Hilfe, nach Schutz. Diese aber können die Menschen
nicht geben. Darum wird der Glaube an den Schöpfer,
der Glaube an den Schutzengel bei vielen in dieser
Zeit wieder wacher, wieder lebendiger werden. “So
mag es sein, daß nun wieder die Stunde der Engel
ist, wie auch die Stunde Gottes unter dem
Sturmesbrausen entfesselter Schöpfungskräfte neu
angebrochen ist." (Winklhofer)
Schutzengelerscheinungen gibt es auch heute noch.
Sie sind im Leben der modernen Heiligen verbürgt,
ebenso im Leben besonders erwählter Seelen. Ich
nenne P. Reus SJ (✝ 1947), die edle Mutter Maria
Theresia Meyer-Bernhold' (✝1952) und die edle
Mutter Vogl (✝ 1956), die öfter ihren Schutzengel
sahen und reden hörten.
Das tröstende Zeugnis der hl. Kirche
Noch ein Zeugnis für den Schutz- und Geleitdienst
unseres hl. Engels und zwar im wichtigsten
Augenblick unseres Lebens darf hier angeführt
werden: Im Augenblick unseres Heimgangs. Es ist das
Zeugnis der kirchlichen Liturgie. Mit allen neun
Chören umstellt die Kirche den scheidenden Christen.
Sie sollen die Seele begleiten in die schweigenden
Weiten der Ewigkeit, daß das Sterben durch die
Hingabe des eigenen Lebens an den Höchsten zum
Gottesdienst werde. Die weihevollen Sterbegebete
gründen in dem Schriftwort: “Deiner Seele, die aus
dem Leib zieht, eile die glanzvolle Schar der Engel
entgegen."
Ziehe hin aus dieser Welt, im Namen der Engel und
Erzengel
Ergreifend betet der Priester am Sterbebett folgende
Gebete*:
“Christliche
Seele ziehe hin aus dieser Welt - im Namen der Engel
und Erzengel, im Namen der Throne und Herrschaften,
im Namen der Fürstentümer und Mächte, im Namen der
Cherubim und Seraphim. - Es weiche von dir der
furchtbare Satan mit seinen Gesellen, wenn du von
Engeln geleitet nahst, und entfliehe in die
gestaltlose Wüste ewiger Nacht. - Möge der Himmel
dir offenstehen und die Engel sich mit dir freuen! -
St. Michael, Gottes Erzengel, der zum Bannerträger
der himmlischen Heerschar erkoren ward, empfange
deine Seele! Gottes hl. Engel sollen dir
entgegeneilen und dich in die himmlische Stadt
Jerusalem geleiten."
(* Die alten Gebete vor der Liturgiereform, wo viele
gute, alte Gebete einfach gestrichen wurden, wie
auch das Erzengel Michaelgebet nach der hl. Messe.)
Die Kirche bittet all die liebevollen mächtigen
Geister, sie möchten dem armen Sterbenden zu Hilfe
kommen; sie beschwört dieselben, sie möchten die
bösen Geister vertreiben, die in diesem gefährlichen
Augenblick den Kranken beunruhigen.
Die Gebete der Kirche erstrecken sich über den Tod
hinaus, denn sobald die Seele vom Leib geschieden
ist, fleht sie innig: “Eilt herzu, Engel des Herrn;
nehmt seine (ihre) Seele auf und bietet sie dem
Allerhöchsten dar; - Christus möge dich empfangen,
der dich gerufen hat, und in Abrahams Schoß* mögen
die Engel dich geleiten. Nehmt seine (ihre) Seele
auf und bietet sie dem Allerhöchsten dar." - (*Schoß
Gottes ist gemeint.) Im Schoß des ewigen Vaters wird
uns die ewige Ruhe und das ewige Glück. Von Gott
haben uns die Engel empfangen; zu Gott tragen sie
uns zurück, diese herrlichen lichten Geistwesen.
Was folgern wir daraus?
Unbedingt mehr Glauben, mehr Vertrauen, mehr Liebe
zu unseren hl. Engeln. - Wohl gilt uns Christen der
Glaube und die Liebe zu Gott als das Höchste und
Erstrebenswerteste; wohl bleiben die hl. Sakramente
die wichtigsten Gnadenkanäle für unsere Heiligung
und das hl. Meßopfer der gnadenvollste Akt unserer
Gottes-verehrung; aber der Glaube und die Liebe
zu den hl. Engeln helfen unser Leben viel froher,
tiefer und reicher machen.
Ich schreibe ausdrücklich: der Glaube und die Liebe
zu unseren heiligen Engeln (Mehrzahl!), und nicht
bloß: zu unserem Schutzengel (Einzahl!), denn die
Hl. Schrift sagt: “Gott hat Seinen Engeln
deinetwegen befohlen." Gemeint sind auch die Engel
derer, die um uns sind: deines Gatten, deiner
Gattin, Eltern, Kinder, deiner Geschwister,
Vorgesetzten, Untergebenen, deiner Nachbarn, deiner
Arbeitskameraden und all derer, mit denen du täglich
zusammenkommst.
Gott gab in Seiner Vaterliebe jedem Menschen einen
Engel zur Seite; jeder Engel darf und will in
reichem Maß dienstbar sein. Freilich beengen die
Engel in keiner Weise unsere Freiheit. Wie Gott
selber, respektieren auch die Engel die Freiheit
eines jeden, denn das ist der Wille Gottes, daß wir
uns frei entscheiden. Sie können es nicht
verhindern, daß wir ihnen entgegen handeln, daß wir
sündigen und unseren freien Willen mißbrauchen. Wie
notwendig, daß wir ihnen, diesen großen Freunden,
die immerzu in das Antlitz Gottes schauen, stets
hörig, liebend und folgsam begegnen. Welch schwere
Verantwortung für uns!
Nichts ohne die hl. Engel - Gebet zu den
Engel der Mitmenschen
Eine viel in Anspruch genommene Geschäftsfrau,
zugleich aber treue Apostelseele, schrieb mir
folgende wertvolle Zeilen:
„Der
Schutzengel ist mir ein lieber, guter Freund, dem
ich dankbar und sehr herzlich verbunden bin. Ich
erzähle ihm von meiner Arbeit, meinen Freuden und
Leiden, bitte ihn um seine Hilfe, schicke ihn mit
“Aufträgen" zu Menschen, die mir lieb sind, und sage
ihm recht oft Dank für seine grenzenlose Geduld, die
er mit mir hat. - Eigentlich tue ich nichts, ohne
die hl. Engel herzubitten. Am Morgen erbitte ich mir
“Audienz" beim Engel meines Mannes, bei denen
unserer Kinder, bei den Engeln unserer
Angestellten, Kunden, Lieferanten und rede mit
ihnen.
Den hl. Engeln überlasse ich dann alles. Sie
entwirren Arger, beseitigen Mißver-ständnisse,
helfen mit, wenn die Arbeit menschliche Kräfte
übersteigt.
Die Engel springen ein, wenn manchmal geschäftliche
Sorgen drücken. Oft schon hat mein Mann etwa gesagt:
Geh, sprich mit den Engeln! Morgen sind mehrere
Tausend Mark zur Überweisung fällig. So etwas regt
mich nie auf. Gott weiß, was wir brauchen und die
Engel vermögen sehr viel. Sie haben mich nie
enttäuscht. Immer noch haben wir mit ihrer Hilfe
zahlen können. Die Hilfe der hl. Engel erlebe ich in
einem vernünftigen Anliegen prompt!
Ich grüße die Engel unserer Kirche, die Engel
derer, die mit mir das hl. Opfer feiern, besonders
den des zelebrierenden Priesters. Ich spreche mit
den Engeln der Menschen, die mir begegnen; mit den
Engeln der Menschen, denen ich besonders dankbar
verbunden bin; mit den Engeln meiner Sorgenkinder -
ich habe deren viele! - Ich grüße die einzelnen
Chöre der Engel und mit ihnen zusammen die
Gottesmutter. Sprich “mit ein wenig Herzklopfen"
mit dem gewaltigen Fürsten Michael, bete mit
Gabriel, dem Marienengel, den Englischen Gruß und
stehe mit dem hl. Raphael ganz auf “Du und Du". Ich
fand zu ihm in der Zeit unserer Brautschaft: Mein
Mann und ich mußten einen sehr schweren Weg in der
Liebe gehen. - Menschlich gesehen ist und bleibt es
mir unbegreiflich, wie wir es geschafft haben. Meine
Mutter, sonst so lieb und gut, hat uns - ohne
Übertreibung - das Leben zur Hölle gemacht. Mein
Mann und ich kannten uns zehn Jahre lang!
Der hl. Raphael hat alles gefügt. Die furchtbaren
Schwierigkeiten, an welchen ich unsagbar litt,
lösten sich friedlich. Mutter sah plötzlich klar, es
tat ihr leid. Wir hatten einen herrlich schönen
Hochzeitstag und das Verhältnis zwischen Mutter und
uns ist ideal. Dank euch, ihr hl. Engel!
Schwiegermutter und Schwägerinnen
Meine Schwiegermutter ist, so fährt sie fort, ein
ganz schwieriger Charakter. Ein Pessimist in
Reinkultur! Sie geht sonntags in die Kirche und ein
paar Mal im Jahr zu den Sakramenten. Unser
religiöses Tun aber ist ihr oft ein rotes Tuch. -
Meine beiden Schwägerinnen führen eine Ehe, wie es
viele gibt.
Unsere Gemeinschaft ist eine herzlich frohe. Mein
Mann ist sehr ritterlich zu mir und ich bin besorgt
um ihn. Und wieder: ein rotes Tuch! Meine
Schwägerinnen können über ihre Ehe reden. Ich kann
es nicht. Ich kann nicht mit meiner Schwieger-mutter
darüber sprechen. Ich tue es beim lieben Gott. Und
wieder: rotes Tuch! “Wir seien so anders!" Und jetzt
kommt das Lustige. Trotz all der Dinge, an denen ich
oft schmerzlich trage, habe ich ein nettes, gutes
Verhältnis zu meiner Schwiegermutter, dank der
Engel. Freilich, manchmal bombardiere ich die Engel
schier mit meinen “SOS-Signalen", aber sie kommen!
Und ich vergesse nie, ihnen zu danken. Wenn
wieder eine Schlacht geschlagen ist, freuen wir uns
beide: die Engel und ich. Das sind meine
Engelbegegnungen. Ich spreche auch mit den Engeln
der Politiker usw. - Lächeln Sie jetzt?"
Ja, wir sollten viel mehr persönlichen Kontakt,
liebenden Umgang, viel mehr vertrauensvolle
Aussprache mit unserem Engel und denen der anderen
haben!
Ihr großer dreifacher Schutz
Der Vater-Gott im Himmel gab uns das Leben, die
Gesundheit, die Arbeitskraft, lauter wertvolle
irdische Güter und zu ihrer Erhaltung gab er einen
unsichtbaren, aber starken himmlischen Freund als
Wächter und Schützer zur Seite. Ja, die hl. Engel
sind uns gegeben zum Schutz für die irdischen Güter.
Wir dürfen und müssen sie ihnen empfehlen darum
jeden Morgen dem hl. Engel Audienz geben mit einem
herzlichen Gruß:
„O
Engel mein, o Schützer mein, du Führer meiner
Seele, laß mich dir empfohlen sein, daß ich vor Gott
nicht fehle! Beschirme mich bei Tag und Nacht,
erleuchte meine Pfade, halt über mich getreue Wacht,
daß mir der Feind nicht schade!"
Oder kürzer: “Guter Engel, schütze mich bei Tag und
Nacht!"
Begleiter auf all unseren Fahrten
Wenn wir ein Fahrzeug besteigen, Fahrrad, Motorrad,
Auto, Traktor, Eisenbahn, Flugzeug usw., vergessen
wir nie, unsere hl. Engel dazu einzuladen! Grüßen
wir voll Vertrauen aber auch die hl. Engel der
Fahrzeuglenker sowie die Engel aller Mitfahrenden:
“O bitte, gebt ihr die rechte Lenkung, sobald eine
Gefahr auftaucht; seid zur Hand, wo keine andere
Hand uns beisteht; wehrt den Gefahren, die uns
verborgen sind! Ihr schaut ja in Gottes helles,
allwissendes Angesicht." Ich glaube, die vielen
erschreckenden Verkehrsunfälle würden sofort
weniger werden, wenn die hl. Engel häufiger und
vertrauensvoller zu allen Fahrten eingeladen würden.
Sie sind Helfer bei der Arbeit
Laden wir unsere hl. Engel auch zur Arbeit ein! Wir
werden freudiger, tapferer anpacken, wenn wir
wissen, der Engel Gottes ist dabei! Die edle Mutter
Vogl (✝1956) tat sich in ihrem hohen Alter beim
Einfädeln der Nadel immer recht schwer. Was machte
sie? Kindlich vertrauend bat sie jedesmal ihren
Schutzengel: “O bitt schön, hilf du mir wieder!" -
und sie bat nicht umsonst. Gerührt dankte sie ihm
jedesmal für den Liebesdienst!
Wie viel fleißiger würden unsere Kinder lernen;
wie viel folgsamer zu Hause und in der Schule sein,
wenn sie angeleitet würden, gerne an ihren heiligen
großen Engel zu denken und ihn zum Beten, zum
Folgen, zum Lernen einzuladen, so wie es Mutter
Maria Theresia Meyer-Bernhold stets als Kind tat.
Vor einer Operation sollen wir rechtzeitig
die hl. Engel der Ärzte, Krankenschwestern und des
Pflegepersonals bitten, damit sie alles Schädigende
und Störende fernhalten.
Vor wichtigen Unternehmungen (Prüfungen,
Geschäftsabschlüssen) sollen wir unseren hl. Engel
und die Engel der Beteiligten vertrauensvoll im
Geist grüßen. Weil sie unwandelbar und immerdar in
das Antlitz Gottes schauen, wissen sie Wege, wo uns
oft alles weglos erscheint.
Darum mehr Glauben, mehr Vertrauen, mehr Liebe zu
unseren hl. Engeln! Hat der hl. Bernhard nicht
recht, wenn er sagt: “Welche Ehrfurcht mußt du vor
so einem erhabenen Fürsten haben, der immer an
deiner Seite steht! Welch inniges Vertrauen, wenn du
weißt, daß er dich mit so großer Güte und Sorge
umgibt! In jedem Gemach, in jedem Winkel. Sei
ehrerbietig gegen deinen hl. Engel!"
Mitten im Kampf der Geister
Der Engel Gottes ist uns gegeben zum Schutz der
irdischen Güter, noch mehr aber zum Schutz der
seelischen Güter. Das kostbarste seelische Gut ist
das göttliche Leben in uns, die heiligmachende
Gnade. “Ihr seid teilhaftig der göttlichen Natur" (2
Petr 1,4). Dieses göttliche Gut aber tragen wir, wie
der hl. Paulus sagt, in einem zerbrechlichen Gefäß. Des
Schutzengels höchste Sorge ist es, daß wir durch
keine Todsünde Gott aus dem Herzen treiben. Der
Teufel aber, der Widersacher Gottes, der
Menschenmörder von Anbeginn, bietet alle Verführung
auf, alle Schliche, um dem Menschen das göttliche
Leben zu entreißen. Er ist ein großer Neider.
So ist der Mensch mit seinem sterblichen Leib und
seiner unsterblichen Seele auf seinem Weg zu Gott in
den Kampf der Geister gestellt, heute mehr denn je.
Dieser Kampf ist unerbittlich bis in die letzten
Konsequenzen. Das Wesentliche, um das es geht, ist
die Beute für den Teufel. Diese Beute ist immer der
Mensch, das ewige Sein des Menschen in Gott oder das
ewige Nichtsein im Abgrund der Hölle - ewig ohne
Gott. Seit der Stunde, da Luzifer mit seinem Anhang
aus der Anschauung Gottes geworfen wurde, haben die
Mächte der Finsternis die unheimliche Gier, die
Menschheit in ihren Abgrund, in ihre Finsternis
hineinzuziehen.
Die Glieder des geheimnisvollen Leibes Jesu Christi
wollen sie zu Gliedern des teuflischen Leibes Satans
machen. Der Mensch aber aus sich allein ist nicht
fähig, den Kampf mit den Mächten der Finsternis zu
bestehen: er braucht den guten Engel. Gott gab in
Seiner Liebe diesen guten starken Engel an seine
Seite, so daß kein Mensch allein ist; er ist immer
zu zweit mit ihm. Dieser gute Engel aber wendet
sein Angesicht nie vom Angesicht Gottes ab und steht
auf diese Weise beständig im strahlenden Licht der
Anschauung des Dreieinigen Gottes. In diesem Licht
kann er jede Dunkelheit der herandrängenden Mächte
der Hölle zurückweisen. Er kann wirksam eingreifen
und helfen, so der Mensch will! An uns liegt es
zuerst!
Gott lieben - unser Höchstes!
Der Engel hilft aber auch das göttliche Leben in der
Seele, in einem reichen Tugendleben zu entfalten. Er
ist ja ein Abbild des dreifaltigen Gottes, wirksam
in Seiner Kraft. Ein Beispiel aus unserer Zeit: Eine
Ordensschwester, in ihrem Beruf außerordentlich in
Anspruch genommen, aber stets voll brennenden
Verlangens, immer in der Gegenwart Gottes zu
wandeln und Gott aus ganzer Seele lieben zu dürfen,
betete oft während des Tages: “Lieber hl. Engel,
bitte sag mir jede Stunde liebe deinen Gott!" -
Und was war der Erfolg, dieses innigen Vertrauens
und Betens zu ihrem guten Engel? Diese Schwester
durfte Gott herzlich lieben lernen. Sie starb noch
jung an Jahren als eine ganz reife, gotterfüllte
Seele.
Das hohe Gut der Liebe zu den Menschen
Wie tröstlich! Die hl. Engel helfen uns Gott lieben
und sind unendlich erfreut darüber; sie helfen uns
auch den Nächsten im Kreis der Familie, der
Verwandtschaft, der Nachbarschaft, der Gemeinde in
der rechten Weise zu lieben, nur müssen wir ihre
himmlische Hilfe in Anspruch nehmen! Müssen sie
wirken lassen.
Brautleute sollen nicht nur den eigenen Engel
täglich grüßen, sondern auch den Engel des
Partners; sie sollen mit dem hl. Raphael dem
himmlischen Brautführer, auf Du und Du stehen! Ja
nicht in den Ehestand treten, ohne vorher den guten
Engel angefleht zu haben!
Der hl. Chrysostomus sagt: “Man beschwöre
seinen hl. Engel, er möge den Geist der
Unenthaltsamkeit bannen, der die Menschen nach
Art der Tiere voll heftiger Leidenschaft in die Ehe
treibt und den Geist des Christentums zu ersticken
droht!" - Heute furchtbarer denn je!
Eheleute sollten sich täglich gegenseitig ein
Segenskreuz auf die Stirne zeichnen und den hl.
Schutzengel mutig anrufen, wenn es Differenzen
gibt. Es gäbe mehr Liebe und Frieden, mehr Freude
und Glück in den Ehen, wenn man mehr die
gottliebenden Geister anrufen würde. Die Liebe muß
das Größte in der Ehe sein!
Eine werdende Mutter soll stets vertrauend den
Engel des Kindes grüßen,
das sie von Gott gesegnet unterm Herzen tragen darf,
“sie soll eine wirkliche Verehrung zum Engel ihres
Herzenskindes pflegen".
Alle Eltern sollen täglich die hl. Schutzenge
ihrer Kinder grüßen, sowie die Engel jener
Menschen mit denen die Kinder umgehen und umgehen
müssen. Wieviel Verderbnis, Verführung, Verhetzung
kommt von außen an die Kinder heran, zu Hause und
noch mehr in der Fremde. - Muß man die Kinder oder
Untergebenen zurechtweisen, so grüße man vorher kurz
und innig ihren Schutzengel. Diese bahnen unseren
Worten den Weg in ihre Herzen, auf daß de: Tadel
angenommen wird und Besserung geschieht.
Auch Kinder sollen bei Spannungen gerne die Engel
ihrer Eltern und Vorgesetzten grüßen. Es wird
ihnen nicht mehr so unnötig, verletzend und
kleinlich befohlen. Der Gehorsam wird leichter und
pflichtgemäß verständlicher geleistet. Die Liebe
wird wärmer Für manche Schwierigkeiten zwischen
Schwiegereltern und Schwieger-kindern, sowie
zwischen erwachsener Geschwistern ist die
gegenseitige Anrufung des hl. Schutzengels die beste
“Vermittlungsinstanz".
Sollen Engel ihre Helferrolle in unserem Leben
erfüllen, dann müssen wir sie unbedingt verehren.
Nicht als ob sie um jeden Preis angebettelt sein
wollten! Sie sind immer bereit zu helfen, aber die
Verehrung der hl. Engel verändert etwas in uns. Sie
macht uns empfänglich für die übernatürlichen Gnaden,
die sie uns vermitteln sollen.
Weltweite Liebe mit Hilfe der Engel
Die hl. Engel helfen uns zur rechten Liebe im engen
Kreis der Familie und Verwandtschaft, im weiten
Kreis der Gemeinde und des Volks. Christen aber
müssen in ihrer Liebe weltweit werden; heute mehr
denn je. Wie aber können wir das? - Durch das
wunderbare Gebet, das der HERR der ehrwürdigen Sr.
Betrone (✝ 1946) gegeben hat: "Jesus, Maria, ich
liebe euch. Rettet Seelen!" - Bitten wir' den hl.
Engel, er solle uns oft daran erinnern und dieses
Gebet mit uns sprechen!
Die Gefahren für die Welt sind groß und ernst. Es
können Hunderttausende auf einmal weggerafft werden,
ja Millionen - auch ohne Krieg. Die Katastrophen in
der Welt werden immer mehr, immer unheimlicher; die
atmosphärischen Einwirkungen immer bedrohlicher. Der
Atomstaub kann zur Weltgefahr werden. Es muß für uns
Christen darum ein drängendes Anliegen sein,
täglich für die Rettung der Seelen zu beten und
zwar für alle Seelen auf dem weiten Erdenrund,
besonders aber für die Sterbenden. Normal sind es
täglich 300.000 und in der Woche ca. zwei Millionen,
die vor Gottes Gericht treten. All diesen soll unser
Gebet gehören. Wie gerne wird uns der hl. Engel
weltweit beten helfen! Dem Beten folgt das Opfern
und Leiden für dieses weltweite Apostolat, für die
Rettung der Seelen"
Die Keuschheit ist nicht mehr modern!
Höchstes Gut der Seele ist der Besitz Gottes und die
Liebe zu Ihm. Aus der wahren Gottesliebe fließt die
echte Nächstenliebe. Ein hohes Gut der Seele ist
dabei die Keuschheit, leider ein sehr verkanntes und
zertretenes Gut! Wenn schon Langbehn vor mehr als
100 Jahren klagen mußte “Keuschheit ist nicht mehr
modern" dann müssen wir es leider mit noch mehr
Schmerz sagen.
Teuflisch ist der Kampf gegen dieses hohe seelische
Gut; - offen und versteckt ist der Angriff. Im Namen
des Geschäftes wird schamlose Reklame gebracht; im
Namen der Pressefreiheit gemeinste Darstellungen in
Büchern, Illustrierten, Film, Fernsehen und
Internet. Dort breiten sich offen Lasterstätten der
Unzucht aus. Fernsehen und Internet werden zu
schandbaren Verführern. Eine erschreckende sexuelle
Sündflut ist die Folge. Beten wir oft und mit tiefem
Vertrauen zu unseren hl. Engel, ja mit allen Engeln:
Weicht ihr bösen Geister der Unkeuschheit im Namen
des dreieinigen Gottes, des Vaters und des Sohnes
und des Hl. Geistes.
Hüter keuschen Lebens
Gewiß ist nach dem Urteil der Kirchenväter die
Keuschheit oft ein Martyrium, zwar kein blutiges,
aber nicht weniger beschwerlich, sei es hinsichtlich
der Dauer durch ein ganzes Leben oder wegen der
Versuchungen Tag für Tag. Aber gerade deswegen ist
ein keusches Geschlecht ein starkes, ein Geschlecht
voll übernatürlich zeugender Kraft, glücklich und
gesegnet. “O wie schön ist ein keusches Geschlecht!
Bei GOTT und den Menschen ist es in Ehren!" Keusch
sein aber kann man nur mit der Gnade Gottes. Der
hl. Schutzengel ist ein mächtiger Hüter der
Keuschheit. Er verhindert, daß uns die bösen Geister
ununterbrochen angreifen, er jagt sie in die
Flucht; er beeinflußt Gemüt und Phantasie wohltuend.
Er hilft im Kampf zum Sieg! - Rufen wir doch den hl.
Engel bei jeder unkeuschen Versuchung.
Er hilft uns die sündige Gelegenheit fliehen: in der
Flucht liegt der Anfang des Sieges! - Rufen wir vor
allem auch Maria, die reinste und unbefleckt
empfangene Mutter des Herrn! Eine wunderbare Hilfe
ist nach dem hl. Ludwig Maria Grignion das Gebet: “O
Mutter. und Königin, ich entsage mir selbst, meiner
sinnlich fleischlichen Natur, und weihe mich ganz
dir und durch dich deinem göttlichen Sohn." -
Keuschheit ist ein hohes, wenn auch sehr
gefährdetes Gut der Seele: Selig, die reinen
Herzens sind! - Ob außer der Ehe oder in der Ehe; ob
vor der Ehe, in oder nach der Ehe: “Kein Preis wiegt
eine enthaltsame Seele auf" (Sir 26,15).
Jung oder alt! Wie viele Siege verdanken wir dem hl.
Schutzengel! Wie viel mehr würden wir ihm verdanken,
wenn wir noch treuer und vertrauender zu ihm
stünden!
Ein alter Mann sagte einmal, jedesmal wenn er in der
Versuchung zum hl. Raphael betet, geht es gut. Ein
kleines Gebet zu ihm zerstört jede Versuchung.
Vergißt er es aber, dann fällt er. Also immer zum
hl. Raphael beten!
Vergessen wir nicht: Ohne Keuschheit kein
Gnadenstand, ohne Keuschheit keinen Himmel. Selig,
die reinen Herzen sind, sagt Jesus in der
Bergpredigt.
Eine Frau erzählte mir vor Jahren einmal, sie
bestelle jeden Monat zu Ehren des Schutzengels
ihrer fünf Kinder eine Votivmesse mit der Bitte, die
hl. Engel möchten ihre Kinder keusch und rein durch
die Jugend geleiten und sie einmal den rechten Stand
wählen lassen. Ich darf bestätigen, der Segen dieser
hl. Messe wurde greifbar an diesen Kindern. - Ja,
die Votivmessen zu Ehren der hl. Schutzengel
erfreuen diese sowie den ganzen Himmel; noch mehr,
wenn wir beim hl. Opfer persönlich mitbeten, dabei
die hl. Kommunion empfangen und - das ist sehr, sehr
wichtig! - dazu jedesmal den hl. Schutzengel
einladen; ein Segensdank, den wir ihm dadurch
abstatten dürfen! Opfer und Kommunion vermehren
seine Herrlichkeit.
Wider alle Angst und Verzweiflung!
Ein weiteres seelisches Gut, das uns der hl. Engel
bewahren hilft, sei hier erwähnt: ein starkes, ein
ungebrochenes Gottvertrauen! Wenn wir manchmal
gesündigt haben; überkommt uns oft eine beschämende
Traurigkeit, die uns allen Mut nehmen will; wenn uns
mit Göttes Zulassung unsere Gesundheit, unsere
Ehre, unser Besitz, unsere Stellung geraubt wird,
werden wir ganz verzagt; wenn wir an die gefahrvolle
Zukunft, vor der wir stehen, denken, möchte uns
angst und bange werden. Gerade das ist es, was, der
Teufel will:, uns angst machen, uns mutlos machen,
uns zur Verzweiflung bringen. Das ist dann rein
Sieg! “Er ist des Menschen ältester Feind, und alle
Arten; die Menschen zu versuchen, alle die Menschen
zu Fall zu bringen, hat er selbst durch den Gebrauch
gelernt" (hl. Cyprian). Bringt er einen Menschen zur
Verzweiflung wie Judas, dann triumphiert er.
Um unserer Erlösung willen hat der Herr selbst am
Ölberg bitterste Seelenangst bis zum Rand der
Verzweiflung durchlitten - dann aber die Hilfe der
Engel angenommen. Gerade in schweren Versuchungen
sollen wir den hl. Schutzengel mehr als sonst
anrufen. Er darf helfen, er wird helfen. “Der
hl. Engel kann weder besiegt noch verführt werden"
(hl. Bernhard).
Ein Tröster in Kreuz und Leid!
Er hilft zum rechten Vertrauen, zum Frieden der
Seele, und zum starken Kreuztragen. Wenn uns auch
der gute Engel Kreuz und Leid, das Gott für uns
bestimmt hat, nicht wegnehmen kann, so kann er
trösten und stärken, auf daß wir die Prüfung
bestehen. Die leidende Liebe ist ja die größte,
die fruchtbarste. - Es wird mit Recht
angenommen, daß Seelen, die lange krank sind, zu
ihrem Schutzengel noch einen Leidensengel bekommen,
damit sie ihre Heimsuchung zum Heil der eigenen
Seele und zum Heil anderer Seelen tapfer tragen
können: welch ein wundersamer Trost!
Die unsichtbaren Freunde, die uns der Himmel zur
Seite stellt, sind uns gegeben zum Schutz der
irdischen Güter, zum Schutz der seelischen Güter
und nicht zuletzt zur Erreichung des ewigen Heils.
Gerade im Augenblick unseres Heimgangs verdoppelt
der Teufel seine Bemühungen, weil er weiß, daß
dieser Augenblick unsere Ewigkeit entscheidet. Auch
hier gilt, was der hl. Paulus schreibt: “Wir
haben zu kämpfen nicht (nur) gegen Fleisch und Blut,
sondern wider die Herrschaften und Gewalten, gegen
die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die
Geister der Bosheit in den Lüften (Eph 6,12).
Der Teufel kennt, wie der hl. Papst Gregor der
Große sagt: all unsere Schwächen, unsere
Charakterschwächen, unsere Leidenschaften, die uns
das ganze Leben hindurch geknechtet haben. Er weiß,
daß es keine Zeit gibt, die zur Verwirklichung
seiner böswilligen Absichten geeigneter wäre, als
die Zeit unmittelbar vor dem Tod, wo der Rückblick
auf die Vergangenheit und der Gedanke an die Zukunft
verwirrt und in Schrecken versetzt. -
“Je
mehr er aber sieht", so sagt Tertullian, “daß
eine Seele frei von Sünde ist, um so grausamer
greift er sie an. Seine Wut entbrennt nie stärker,
als wenn die Seele im Begriffe steht, vom Leibe zu
scheiden." “Er sucht”, wie der Herr selber sagt, “zu
verschlingen, wen er verschlingen kann."
Der Engel beschützt im Todeskampf
Der hl. Anselm berichtet: Osbert, einer
meiner Ordensgenossen, erschien mir nach seinem Tod
und sagte, der Teufel habe ihm einen schrecklichen
Kampf bereitet. “Er ließ mir alle Sünden sehen, die
ich während meiner Kindheit und Jugend begangen
habe; dann alle meine Nachlässigkeiten,
Unterlassungen und tausend Unvollkommenheiten in die
ich seit meinem Eintritt ins Kloster gefallen bin.
Aber der Engel, der mir zu Hilfe kam, lief mich die
Kraft seines Schutzes und die Süßigkeit seines
Trostes verspüren. Er schloß meinem Ankläger den
Mund und vertrieb ihn als einen Unverschämten, der
es wage, mir Sünden vorzuwerfen, die längst durch
die hl. Beichte und durch Bußübungen ausgelöscht
worden waren." -
Ja, der gute Engel wird in diesem Augenblick den
Angriffen Satans tapfer und erfolgreich widerstehen.
Seine Liebe zu uns ist deswegen so groß, weil er uns
als Ebenbilder Gottes sieht und liebt; er wird uns,
wie der hl. Bernhard sagt, mit seiner Wesenheit
umgeben gleich einer Mauer und einem
unübersteigbaren Wall gegenüber allen Mächten der
Finsternis. Er wird auf die Sinne und den Geist
erleuchtend einwirken und allen himmlischen Segen in
diesem entscheidenden Augenblick herabrufen. - Und
müßten wir ganz einsam, irgendwo verlassen, von
allen Menschen, sterben, der hl. Engel ist da. Er
wird uns nach dem Urteil eines Heiligen im letzten
Augenblick die schönsten Worte sagen, um uns gut ins
ewige Vaterhaus zu bringen. Und nicht nur er,
sondern auch noch andere Helfer - Engel werden vom
Vater im Himmel gesandt.
Zeuge und Anwalt all des Guten
Wenn wir vor Gottes Richterstuhl erscheinen, werden
unsere Engel nach Ansicht der Gottesgelehrten all
das Gute vorbringen, das wir verrichtet haben; all
die Schritte, die wir im Dienst Gottes getan; all
die Almosen, die wir gespendet; all die guten
Beichten, die wir abgelegt; all die hl. Kommunionen,
die wir empfangen; all die Bußübungen, denen wir uns
unterzogen; all die Reuetränen, die wir über unsere
Sünden geweint haben. Wie kostbar sind Tränen, die
wir aus brennender Liebesreue über unsere Sünden
vergießen! Die hl. Engel werden Zeuge und Anwalt
all des Guten sein, das wir im Leben getan.
Nicht genug: wenn unsere Seele am Ort der Reinigung
leiden und büßen muß, werden die hl. Engel nicht
ruhen, uns die Gebete und Ablässe der Heiligen zu
verschaffen, denn “es ist ein heiliger und heilsamer
Gedanke für die Verstorbenen zu beten" (2 Makk 12).
Sie werden uns auch die reiche Segensfrucht des hl.
Opfers vermitteln helfen und zwar dadurch, daß sie
die Gläubigen zur Teilnahme anregen.
Die hl. Brigitta durfte von ihrem Engel
erfahren, daß ein mächtiges Mittel zur Befreiung
einer Armen Seele oder wenigstens zur Linderung
ihrer Qualen folgendes gute Werk seit eine
Engel-Votivmesse zum Dank dafür, daß Gott uns
seine himmlischen Geister zum Schutz gegeben, verbunden
mit der Bitte, die hl. Engel möchten den Armen
Seelen ihre Liebe erweisen.
Mit dem Engel heimwärts!
Und nun der letzte Liebesdienst unseres guten hl.
Engels: er darf die gereinigte Seele ins himmlische
Paradies geleiten - heim ans Vaterherz Gottes - heim
zur Mutter aller Gnaden, der Königin aller Engel -
heim zu unseren lieben heiligen Freunden. Es wird
wahr, was der Herr zum auserwählten Volk sprach:
“Ich werde dir einen Engel geben: er wird dich
geleiten, um dich endlich in das verheißene Land zu
führen, das von Milch und Honig fließt" (Ex 23). Das
wird des Engels größte Freude sein, eine ganze
Seligkeit, seinen Schützling zum ewigen Heil, zur
“liebenden Gemeinschaft mit dem Dreifaltigen Gott"
führen zu dürfen.
Welch unaussprechliches Glück, wenn wir wie die
unschuldigen Kinder von der Erde weg direkt zum
Himmel geholt würden. - “O mein Gott, wieviel
Engel", rief ein Kind sterbend aus, “und wie schön,
wie schön!"
Die hl. Theresia von Avila, die beim Sterben
eines Kindes zugegen war, konnte sich nicht
enthalten, der trauernden Mutter zu sagen: “Mutter,
o wieviel Engel eilen herbei, um die schöne Seele
dieses kleinen irdischen Engels mit sich zu nehmen!
Es gilt für groß und klein (Ps 90):
Gott befahl den Engeln, dich zu hüten auf deinen
Wegen;
Auf Händen dich zu tragen, daß Steine deinen Fuß
nicht plagen;
Auf Nattern trittst du und auf Schlangen; auf Löwen,
Drachen ohne Bangen!
Um die Gnade eines guten Todes
Ergreifend betet die Kirche in der Votivmesse “um
die Gnade eines guten Heimgangs" folgendes
Bittgebet: Allmächtiger und barmherziger Gott, Du
hast dem Menschengeschlecht die Arzneien des Heiles
und die Gaben des ewigen Lebens geschenkt; so blicke
denn gnädig auf uns und erquicke die Seelen, die Du
erschaffen, damit sie in der Stunde ihres
Hinscheidens durch die Hände der hl. Engel ohne
Sündenmakel vor Dich, ihren Schöpfer gebracht werden
können. Durch Christus unsern Herrn.
Es gibt heute sehr edle Christen, die täglich zu den
hl. Engeln aller Sterbenden beten, weil so viele in
dieser entscheidenden Stunde nicht an ihren Engel
denken. Diese guten Seelen rufen gleichsam
stellvertretend deren himmlische Helfer;
vertrauend, liebend, dankbar. Und es ist gut so in
Hinsicht auf den geheimnisvollen Leib Jesu Christi,
dessen Glieder alle Getauften sind; ein Glied ist
für das andere verantwortlich. Glaube, Vertrauen
Liebe vermag unendlich viel bei Gott; sie sind die
Schlüssel zu seinem erbarmenden Herzen.
Darum grüßen wir in Liebe die himmlischen
Schutzgeister unserer sterbenden Brüder und
Schwestern; grüßen auf dem weiten Erdenrund die
Engel aller Menschen, die nie eine Bitte, einen
Dank, einen Gruß für sie haben. Wir erfreuen dadurch
nicht nur die Engel, sondern auch den himmlischen
Vater, der sie in so großer Liebe mit uns Menschen
verbunden hat. Alles Vertrauen zu ihnen gilt ja
letztlich ihrem unendlich erhabenen Schöpfer, in
dessen Antlitz sie immerzu schauen.
Kinder haben einen Schutzengel
„So
spricht der Heiland: Seht zu, daß ihr keines von
diesen Kleinen gering achtet; denn ich sage euch:
Ihre Engel im Himmel schauen allezeit das Angesicht
meines Vaters im Himmel.” Mt 18,10
Mit diesem Satz offenbart uns der Herr sowohl das
Dasein wie die Aufgabe der hl. Schutzengel und
unsere richtige Einstellung zu ihnen. Der Heiland
spricht nicht ausdrücklich von Schutzengeln. Dieser
Titel hat sich erst später in der Lehre der Kirche
herausgebildet. Aber sein Wort: “Ihre Engel” besagt
das gleiche, ja sogar noch mehr. “Ihre Engel", das
steht als Mahnung da: Wir sollen keines von diesen
Kleinen verachten. Ihre Engel wachen darüber und
melden es am Throne Gottes, was an den Kindern
gesündigt wird. Gott hat so in wunderbarer Weise die
Wehrlosigkeit des Kindes durch die Macht des Engels
gesichert.
Kind beim Sturz aus dem vierten Stock aufgefangen
Es war am 23. Juni 1962, einem Samstagnachmittag.
Eigentlich wollte Herr Roßteuscher an diesem Samstag
pünktlich um 11 Uhr von Besorgungen aus der Stadt
zurück sein. Ein alter Sportkamerad hielt ihn aber
dann doch etwas länger auf. Als er auf seine Wohnung
in der Johannes-Hag-Straße zuradelte, hörte er die
warnenden Rufe von Hausbewohnern. Er sah, daß in
einem Fenster im vierten Stock ein Bub herumturnte.
Nur noch mit seinen Ärmchen hielt sich der Kleine am
Fenstersims. Er zog sich hoch und war schon fast im
Fenster verschwunden, da kam er wieder und diesmal
verließen ihn die Kräfte. Schon stürzte er ab. Es
ging alles in Sekundenbruchteilen vor sich. Er
sah den fallenden Körper, stellte sich rasch
direkt in die Fallrichtung, die Arme weit
ausgebreitet. Als die Füße des Buben an seinem
Gesicht vorbei waren, griff der Mann mit beiden
Armen zu und drückte den Körper des fallenden
Buben an seine Brust. Die Geschichte ist kaum zu
glauben, aber durch mehrere Augenzeugen verbürgt.
Als ehemaliger Handballtorwart wußte Karl
Roßteuscher im richtigen Augenblick zuzugreifen.
Dann freilich riß ihm die Wucht des fallenden, etwa
35 Pfund schweren Körpers die Füße von der Erde. Der
Aufprall des Buben auf seinen Retter war so stark,
daß dieser rückwärts über eine im Hof in Hüfthöhe
angebrachte Eisenstange geschleudert wurde. Erst als
Roßteuscher auf den Boden aufschlug, mußte er den
Buben loslassen, den er immer noch an seine Brust
gepreßt hielt. So zog sich das Kind noch eine
etwa pfenniggroße Schürfwunde an der Stirne zu.
Ein sicherlich schnell verheilendes “Andenken” an
den Fenstersturz, der so tragisch hätte enden
müssen.
Wie aber kam der Bub dazu, aus dem Fenster zu
fallen? Er hatte mit einer etwa gleichaltrigen
Spielgefährtin aus dem gleichen Haus in seinem
Zimmer gespielt, während die Mutter im Zimmer
kochte. Dabei hatten die Kinder das Zimmer von innen
zugesperrt. Als sie nicht mehr aufsperren konnten,
schrieen sie der Mutter. Diese verständigte sofort
einen im gleichen Haus wohnenden Schlossermeister.
Obwohl dieser bald zur Stelle war und die Tür
öffnete, war in der Zwischenzeit der Bub aus dem
Fenster gestürzt. Wahrscheinlich glaubte er, bei
verschlossener Tür wie in einer Gartenlaube aus dem
Fenster steigen zu können. Das Kind dürfte die
Gefahr gar nicht richtig erkannt und erfaßt haben.
Irgendeine Schutzvorrichtung wies das Fenster nicht
auf.
Es klingt fast unglaublich. Bub und Retter waren
wohlauf. Als sie anschließend im Krankenhaus
genau untersucht wurden, schüttelten die Ärzte
immer wieder die Köpfe; denn weder der kleine Rainer
noch sein Retter zogen sich, so ergab der erste
Befund, irgendwelche gefährlichen inneren
Verletzungen oder einen Knochenbruch zu.
Wenige Stunden nach seinem Fenstersturz lief der Bub
schon wieder munter herum. Karl Roßteuscher mußte
sich, leicht angeschlagen, ins Bett legen. Als er
den Buben auffing, wurde er durch die Wucht des
Aufpralls rückwärts über eine Eisenstange zu Boden
gerissen. Er fiel dabei mit Rücken und Hinterkopf
auf das Betonpflaster und war davon noch etwas
benommen. So mußte der Lebensretter den Sonntag,
statt wie vorgesehen am Badeplatz, im Bett
verbringen. “Es ist nicht weiter schlimm. Ich habe
nur das Gefühl, als hätte ich im Bauch und am Rücken
einen großen Muskelkater", meinte Karl Roßteuscher.
“Als ich den Buben auffing, da habe ich freilich
fast gemeint, er reißt mir den Bauch auseinander."
War es der Mut, die Geistesgegenwart des
33-jährigen jungen Mannes, der das Kind rettete?
Sicherlich, aber noch mehr! Der Schutzengel des
Kindes hatte den ehemaligen Handballtorwart zur
rechten Minute hergeführt. - Augsburger
Rundschau, 25. VI. 1962
Hast du ihn denn nicht gesehen, Mutter?
Es war nicht lange nach Beendigung des letzten
großen Weltkrieges. Da ging eine Mutter, mit ihrem
fünfjährigen Kind an der Hand, durch die Straßen der
Stadt B. Die Stadt war zum großen Teil zerstört. Von
vielen Häusern war nichts übriggeblieben als nur ein
Trümmerhaufen. Hie und da ragte einsam eine Mauer
empor, die noch stehengeblieben war. Die Mutter mit
ihrem Kind war auf dem Wege zum Einkauf. Weit hatte
sie zu gehen, um zu einem Laden zu kommen. Plötzlich
blieb das Kind stehen, und rührte sich nicht vom
Fleck. Die Mutter, die doch weiter wollte, war
nicht imstande, die Kleine mit fortzuziehen. Schon
begann sie, mit ihr zu schelten. Da hörte sie ein
Knistern und Knacken.
Sie drehte sich schnell um, da sah sie, wie eine
schon rissige Mauer vor ihr wankte und schwankte und
dann mit donnerndem Getöse herab auf den Gehsteig
und die Straße fiel. Die Mutter stand zunächst wie
erstarrt. Dann umarmte sie die Kleine und sagte: “O
Kind, wenn du nicht stehen geblieben wärest, lägen
wir jetzt unter der Steinmauer begraben. Aber sag,
wie kam es, daß du gerade hier nicht weitergehen
wolltest?” Die Kleine antwortete: “Hast du ihn
denn nicht gesehen, Mutter?” - “Wen denn?”
fragte diese. - “Da stand ein schöner, großer
Jüngling vor mir, mit einem weißen Gewand angetan,
der ließ mich nicht weitergehen.” - “Du glückliches
Kind!” rief die Mutter aus, “da hast du deinen
Schutzengel gesehen. Vergiß es nie für dein
Leben!" Dr. K. Oberhammer
Cordulas Opfer für die Bekehrung eines alten
Mannes
Ich stehe vor einer Schar geweckter
Großstadtkinder, zweites Schuljahr. Wir sprechen in
dieser Seelsorgestunde von den Engeln. Die 18 Kinder
sollen still für sich zählen, wie viele Schutzengel
in diesem Raum sind. Das Resultat lautet einstimmig:
“Achtzehn!"
„Das
macht mich aber ganz traurig. Habe ich denn keinen
Schutzengel?"
Ein Streitgespräch kommt in Gang, das mit der
Feststellung endigt, daß auch erwachsene Menschen
Schutzengel haben. Ich muß noch die Ansicht
widerlegen, daß Kinder kleine, und Erwachsene große
Engel um sich haben. Engel sind immer groß,
majestätisch, gewaltig. Engelbabys, wie gewisse
Bildchen sie zeigen, gibt es nicht. Man könnte
denen ja auch kaum zutrauen, daß sie uns vor einer
Gefahr beschützen können.
„Wenn
ein Mensch eine schlimme Sünde tut, dann fliegt aber
der Schutzengel von ihm fort", meint Christine.
„Nein,
er kümmert sich dann erst recht um diese armen
Menschen. Denn er braucht ja nun ganz besonders
einen Helfer, um wieder in Gottes Gnade zu kommen."
„Aber
der Schutzengel weint doch, wenn man sündigt."
„Weinen
und richtig traurig sein kann ein Engel nicht. Er
schaut ja immerfort das Angesicht des allheiligen
Gottes, auch wenn er auf Erden an unserer Seite
ist. Aber freilich tut es ihm sehr, sehr leid, wenn
wir Gotteskinder Satansknechte werden, und der
herrliche Tempel des dreieinigen Gottes, den die
Seele eines Getauften darstellt, zur traurigen,
öden Ruine wird."
„Da
müht sich gewiß der Schutzengel, soviel er kann, daß
dieser arme Sünder wieder auf den Weg kommt", meint
Cordula, ein besonders eifriges und verständiges
Kind.
„Freilich
sorgt er sich dann sehr um seinen armen Schützling.
Der war ja früher ein Kind Gottes, ein Kind des
Allerhöchsten. Ein guter Christ steht also zu seinem
Schutzengel so, wie wir einander als Geschwister
nahestehen. Aber durch die Todsünde stirbt das
göttliche Leben in der Seele, und die enge
Verbindung mit Gott und den hl. Engeln hört auf. Wir
können durch Gebet und besonders durch unsere Opfer
den Schutzengeln helfen, daß die Todsünder wieder in
Gottes Gnade kommen."
Bei Cordulas Eltern ist ein alter Mann, ein
Ausgebombter, einquartiert. Das Kind fühlt, daß
dieser Mann wohl zu jenen gehört, aus denen die
Sünde den Hl. Geist vertrieben hat. Der alte Ulrich
spricht nie ein Gebet, weder daheim noch im
Gotteshause. Er flucht schändlich, trinkt ab und zu
einmal über den Durst und hat noch verschiedene
andere Erbärmlichkeiten an sich. Am Nachmittag
entspinnt sich zwischen ihm und Cordula, die der
Alte sehr gern hat, folgendes Gespräch, das die am
Fenster arbeitende Tante des Kindes mitangehört
hat:
„Große
Menschen haben auch einen Schutzengel. Wußtest du
das schon, Ulrich?"
„Ach
ne. Was du nicht sagst. Na, ich habe bestimmt
keinen. Ich bin dafür von mindestens zwei Teufeln
besessen." - „Wo sitzen die denn?"
„Einer
im Mund und einer im Bauch!" - “Dann brauchst du
eben zwei Schutzengel, damit sie diese beiden Teufel
aus dir austreiben können."
Eine ganze Weile überlegte Cordula. “Weißt du, Ulrich,
ich besorge dir meinen Schutzengel, damit er dem
deinen helfen kann, daß wieder ein Gottestempel aus
dir wird. Ob das wohl ein Opfer ist, wenn ich
das tue?"
„Na
freilich. Ein ganz großes sogar. Das darfst du nicht
tun, Cordelchen. Denk, wie leicht dir was passieren
könnte, wenn du ohne Schutzengel rumläufst."
„Das
ist lange nicht so schlimm, als wenn du ohne den Hl.
Geist im Herzen herumläufst. Und wenn ich sterben
sollte, dann komme ich ja in den Himmel, und dann
schicke ich dir meinen Schutzengel, damit du deine
zwei Teufel mal los wirst, denn mit denen darfst du
gar nie zu mir in den Himmel."
Wenige Tage später geschah es, daß Cordula auf
dem Schulweg unter ein Lastauto geriet. Das Kind
erlitt schwerste innere und äußere Verletzungen. Auf
dem Transport zum Krankenhaus starb es.
An dem alten Ulrich ist an diesem Tag ein
Gnadenwunder geschehen. Bei der Beerdigung
schluchzte er wie ein Kind. Er war überzeugt,
daß Gott das Leben seiner kleinen Freundin als Opfer
für seine sündige Seele angenommen hat. Der Gedanke,
daß als zweiter Engel nun der Schutzengel des
unschuldigen Kindes ständig um seine Seele warb,
bewirkte, daß der Hl. Geist bald wieder in seine
Seele einziehen konnte. Nun durfte Cordula in der
Seligkeit der ewigen Wohnungen Zeuge davon sein,
welche “Freude ist bei den Engeln Gottes über einen
einzigen Sünder, der Buße tut". Aus “Hoffnung”
17/1950 (Johanna Engelmann)
Ich habe nie an einen Schutzengel geglaubt...
In einer Großstadt des Ruhrgebietes schlug die Uhr
eines Kirchturmes gerade die Mittagsstunde, und
gleich darauf begannen alle Glocken zu läuten. Da
hielt auf einer sehr belebten Straße ein schwerer
Lastzug mit drei Zementsilos. Der Fahrer hatte
die Handbremse angezogen, war mit dem Beifahrer
ausgestiegen und verhandelte nun etwa fünfzig Meter
weiter an einer Baustelle mit dem Polier über das
Abladen. Die Sonne schien, Kinder spielten auf den
Bürgersteigen, und Mütter schoben ihre Kleinsten im
Sportwagen durch die Straßen. Der Motor des
Lastzuges lief noch. Plötzlich gab es einen Ruck
und der Wagen setzte sich in Bewegung, erst
langsam und dann, da die Straße ein ziemliches
Gefälle hatte, immer schneller und suchte sich, führerlos,
seinen Weg mitten durch die Großstadt. Von
Sekunde zu Sekunde steigerte sich die
Geschwindigkeit. Die Menschen ringsum begannen zu
rufen und zu schreien, aber keiner konnte helfen.
Ein Beherzter, der aufspringen wollte, mußte seine
Absicht sogleich aufgeben, da es bei diesem Tempo
Selbstmord gewesen wäre. Die beiden Fahrer
vernahmen ein Geräusch, drehten sich um und sahen
dort, wo ihr Wagen gestanden hatte, nur einen leeren
Platz. Und 500 Meter weiter abwärts entwickelte sich
die Katastrophe!
Der Lastzug raste auf den Bürgersteig zu, aber so
gespenstisch und lautlos, daß ein kleiner, etwa achtjähriger
Bub, der eben seinen Bleistift aufheben wollte,
ihn nicht bemerkte. Im selben Augenblick erfaßten
die Räder das Kind. Der Wagen rammte einen
stählernen Lichtmast, zerwühlte eine Blumenanlage
und kam schließlich an der Betonwand einer
Tankstelle zum Stehen. Sofort wollten herbeieilende
Passanten den Jungen, der unter dem Auto eingeklemmt
war, herausziehen. Doch sie zuckten zurück. Durch
den zersplitterten Lichtmast stand der ganze Wagen
unter Strom. Erst als jemand die Sicherungen
entfernt hatte, konnte man das Kind befreien. Ein
Arzt war schnell zur Stelle, ebenso ein Krankenwagen
und die Funkstreife der Polizei. Lange noch
diskutierten aufgeregte Menschen am Unfallort und
konnten sich nicht beruhigen.
Dann aber wurde die fast unglaubliche und erlösende
Nachricht laut: Der Junge war fast unverletzt,
er hatte nur unbedeutende Abschürfungen erlitten
und einen harmlosen Armbruch. Als der Fahrer des
Lastzuges das erfuhr, schlug er beide Hände vors
Gesicht. Er schämte sich nicht seiner Tränen, denn
er selber hatte zwei Kinder im gleichen Alter. Dann
sagte er: “Es heißt, Kinder hätten einen
Schutzengel. Ich habe nie daran geglaubt, sondern
immer spöttisch darüber gelacht. Jetzt glaube ich es
nicht nur, jetzt weiß ich, daß Kinder die Lieblinge
Gottes sind und einen besonderen Schutzengel
haben." Hoffnung, Sept. 1963
Ich aber fiel und fiel - Junge fiel vom Kirchturm
Meine Mutter ließ sich's nicht ausreden: jedes Kind
hat seinen Schutzengel. Ich glaubte es auch.
Vielmehr, ich glaube es noch. Und ich habe dafür
meine Gründe. So oft ich einen Nußbaum sehe, kommt
mir ein gewisser Kirchturm in den Sinn, und dann
läuft es mir stets fröstelnd über den Rücken.
Jawohl, die Spatzen waren eigentlich schuld.
In meinen Kindertagen hatte ich eine wunderliche
Liebe zu diesen Vögeln. Sie schilpten mich des
Morgens aus dem Schlaf. Um den Mittag waren sie
unfehlbar dabei, wenn man dem Geflügel das Futter
streute. Am Abend rauschten sie noch lange im
Weinstock, und das kam mir besonders geheimnisvoll
vor.
Natürlich war das Spatzenvolk nie um Quartier
verlegen in der Dachrinne, am Scheunenbalken, im
Kirchgebälk, im Starenkasten: allerwärts waren sie
zuwege. Den Bauern ein Leidwesen, dem Herrn Pfarrer
bisweilen eine ärgerliche Störung.
Mir aber waren die Spatzen immer und überall eine
rechte Herzensfreude. Wie wäre es, wenn sie auch
unter dem Turmfenster, droben bei den Blocken, eine
Hausung hätten? Gedacht - getan!
Mit meinen noch ungeschickten Händen - sechs
Jahre zählte ich damals - zimmerte ich einen
Nistkasten. Ein schweres Stück Arbeit.
Immerhin, ich brachte die Sache so ziemlich
zustande. Aber das Schwierigste war das noch nicht.
Das Schwierigste würde das Anbringen hoch oben am
Turm sein!
Gleichviel, es wollte gewagt werden! Eine morsche
Bank stand nahe beim Turmfenster. Ein wacklig Ding,
wenn man jetzt darauf stand. Hammer und Nagel in der
Hand, halben Leibes über die Fensterbrüstung
gebogen. Ei, das ging ganz gut! Ein paar Schläge auf
den Nagelkopf. Der Mörtel ließ sich den Nagel gerne
gefallen. Indes, der körnige, uralte Stein
darunter?
Fester zuschlagen! Fester zuschlagen! Dabei von
ungefähr einen Blick hinunter zur Erde. Ein weißes
Kopftuch. Die Mutter. Sie häkelte an einem
Blumenbeet in unserem Garten, der rings um die
Kirche herum lag. Sie wird doch wohl die dumpfen
Hammerschläge nicht hören! Wird doch wohl die Augen
hübsch bei ihrer Arbeit behalten!
Aber dann die morsche, unselige Bank. Weg war sie
mit einem Mal unter den Füßen. Die Schrecksekunde!
Und dann war's auch schon geschehen. Der Hammer flog
voraus. Den Nagel hielt ich noch krampfhaft zwischen
den Fingern, als ich kopfüber, kopfunter mit einem
Schrei in die Tiefe schoß. Ein blühweißes Kopftuch
blendete mir in die Augen. Meine Mutter sah
ich mit hochgerungenen Händen vor den rotflammenden
Gladiolen stehen: “Schutzengel - hilf!”
Warum gellte das so? Mutters Stimme klang doch
sonst immer so sanft!
Ich aber fiel und fiel. Wie viele Sekunden?
Mir kam es vor wie eine entsetzlich lange Zeit. Doch
dann - wie war das nur? Auf einmal war's, als
legten Hände sich mir um den Leib. Ganz linde Hände.
Hände, die mich im Sturz fingen. Gar nicht so
geschwind ging es mit mir hernieder. Es war schon
fast wie ein Schweben.
Und dann prasselte es unter mir vor brechenden
Zweigen. Geruch wie von frischem Nußlaub. Ein
paar Herzschläge später lag ich unter unserem alten
Nußbaum im Gras. Ein bißchen zerschunden im
Gesicht, an den Beinen und Händen, aber sonst noch
ganz wohlauf.
Es gab auch damals schon Zeitungen, große und
kleine, die die Tagesereignisse unter die Leute
brachten. Allein, ich stand dann doch nicht
gedruckt darin. War schade, aber es sollte eben
nicht sein. “Wir schweigen davon!” sagte meine
Mutter. “Zu allen Leuten schweigen wir davon!” Und:
“Aber danken!” sagte sie. Der Vater meinte nicht
anders.
Und in jenen Tagen offenbarte mir die Mutter mit
stillen Worten das herrliche Geheimnis von meinem
Schutzengel. Ich nahm es in mich herüber aus ihrem
frommen, treuen Herzen. Und hab es bis heute darin
behalten.
Nach Karl Burkert aus Eisemann-Wiggers
Vorlesebuch, Verlag Pfeiffer.
Familie Horbach hatte Besuch bekommen. Ganz
überraschend. Und gleich drei Personen, wenn man den
kleinen Willi mitzählt. Selbstverständlich wollten
Crämers nicht über Nacht zu Gast bleiben. Aber Herr
Horbach sagte, das käme gar nicht in Frage, sie
dürften erst am nächsten Tag weiterfahren. “Sieht
man sich nach fünf Jahren zum erstenmal, und dann
soll es kein richtiger Abend werden?
Ausgeschlossen!"
Die beiden Männer waren im Krieg und in der
Gefangenschaft Kameraden gewesen; nun fuhren Crämers
aus dem Urlaub nach Hause und hatten in der kleinen
Stadt Station gemacht. Also blieb der Besuch auch
zur Nacht; aber da mußte nach dem Abendbrot die
Wohnung doch ein bißchen “umgebaut” werden.
„Wir
versorgen rasch die Kinder, und dann machen wir es
uns gemütlich", sagte Frau Horbach.
Der kleine Willy sollte bei der vierjährigen Ursel
im Zimmer schlafen. Herr Horbach holte aus dem
Keller die alte Luftschutztrage und packte eine.
dicke Matratze darauf. “Du sollst mal sehen,
kleiner Mann, wie du drauf schlafen kannst!” Jedoch
der kleine Willy fand sich erst bereit, auf dem
“komischen Ding” zu schlafen, nachdem seine Mutter
ihm das schöne, große Bild mit dem dicken Goldrahmen
gezeigt hatte, das über dem Notbett hing. “Sieh mal
die herrlichen, riesengroßen Berge", sagte sie, “das
sieht genau aus wie da in Bayern, wo wir die ganze
Zeit gewesen sind."
„Ach",
lachte Frau Horbach, die der kleinen Ursel gerade
das Nachtkittelchen anzog, “sehen Sie sich nur das
schreckliche Bild nicht so genau an, Frau Crämer.
Ich finde es furchtbar kitschig. Aber weil Ursel
soviel Spaß daran hat, hängt es hier in ihrem
Zimmer. Sie kennt noch gar keine richtigen Berge."
Bald hörten die beiden Männer dann nebenan im Zimmer
(die Tür war nur angelehnt), wie Frau Horbach mit
der kleinen Ursel das gewohnte Nachtgebet sprach:
“Hl. Schutzengel mein, laß mich dir anbefohlen
sein..."
Über Herrn Crämers Gesicht huschte ein Lächeln. Er
war nicht für “so was", wie er das nannte, und der
Hausherr wußte noch aus den Kriegsjahren, daß der
Kamerad “von diesen Dingen überhaupt nicht viel
hielt".
„Das
versteht eure Kleine ja noch gar nicht", sagt er;
“und übrigens, Hans, Schutzengel und so - du
kennst ja meine Meinung."
Hans Horbach nickte. “Ja, deine Meinung kenn ich.
Schade, daß du sie inzwischen nicht geändert hast.
Aber was das Verstehen angeht: auch wir Erwachsenen
verstehen doch längst nicht alles, was wir trotzdem
sagen oder tun. Im Gegenteil, je älter man wird,
desto mehr sieht man ein, daß unser armer, kleiner
Verstand..."
Doch da hörten sie aus dem Nebenzimmer die
energische Stimme des kleinen Willi, der “das
Gedicht” auch lernen wollte, und er gab keine Ruhe,
bis die Tante ihm das Gedicht vom Schutzengel
wenigstens vorgesprochen hatte; er wiederholte
dann Zeile um Zeile. Seine eigene Mutter stand stumm
und hilflos daneben, ihr war das Ganze etwas
peinlich.
„Na",
sagte Herr Crämer nebenan leise, “so sind die
Kinder. Alles wollen sie nachmachen, alles wollen
sie auch haben. Sonst wird geschrien. Jetzt will
unser Willy sogar einen Schutzengel. Was er sich
darunter wohl vorstellt?” Und er lachte; aber
dieses Lachen sollte nur die Verlegenheit
verdecken.
Als sie dann, wenig später, alle beisammen saßen,
kam das Gespräch noch einmal auf das
Schutzengel-Gebet und auf Engel überhaupt. Herr
Horbach sagte: “Ich entsinne mich', Otto, daß du mir
damals im Lager von der Geschichte bei Stalino
erzählt hast. Wie war das noch? Ich meine, das paßt
auch hierher."
Der andere wurde ein bißchen rot, aber dann erzählte
er doch, daß er damals, im Krieg, ein
Zigarettenetui besessen habe, das ihm aber bald
keine Dienste mehr tun konnte, denn er brach durch
ein Versehen die beiden Hälften auseinander,
Scharnier war nicht mehr zu reparieren, ja, und dann
verlor er die eine Hälfte auch noch und war
natürlich drauf und dran, die andere fortzuwerfen;
denn was sollte er damit noch anfangen? Jedoch er
warf sie nicht fort und trug sie Wochen hindurch,
als wäre sie ein Wertobjekt, in der Tasche. Und auf
einmal kam ihm immer häufiger der Gedanke, oder
wenn man so sagen will, die Anweisung, das halbe
Etui in die linke obere Uniformtasche zu stecken. Und
dieser Gedanke ließ sich nicht abweisen: steck das
Ding doch da oben hinein; du mußt es da oben tragen!
Na ja, da war er also endlich dieser fixen Idee
gefolgt.
Vier Tage später, in der Nähe von Stalino, traf
ihn ein Granatsplitter genau vor das Etui, der
Splitter rutschte seitlich ab und brachte ihm
lediglich über den Rippen und am linken Oberarm
Fleischwunden bei, die nach vierzehn Tagen
Feldlazarett wieder in Ordnung waren. Hätte das
unsinnige Etui, dieses Stück Metall, nicht dort oben
gesessen - nun, man entsinnt sich: genau unter
diesen kleinen Uniformtaschen oben links pflegt das
Herz zu schlagen....
„Bitte
schön", sagte der Erzähler, holte das halbe Etui
hervor und zeigte es mit leisem Stolz der Runde, “das
Ding hüte ich seither wie ein Heiligtum."
„Dann
hältst du also dieses Ding für das Wesentliche?”
fragte der Hausherr. “Nun ja, ich weiß, was du sagen
willst", lenkte der andere ein, während die Frauen
versonnen und sehr ernst schwiegen, “es gibt diese
sogenannten inneren Stimmen, und es ist ja auch
tatsächlich erstaunlich und mysteriös, so etwas.
Aber ist das irgendein Beweis?"
Da ging ganz leise und vorsichtig die Tür auf, und
der kleine Willy stand barfuß auf der Schwelle.
“Aber was ist denn?” fragte die Mutter, und der
Vater drohte in halbem Ernst: “Mach mir keinen
Kummer, Junge. Jetzt marsch, ins Bett! Die kleine
Ursel schläft doch auch so schön."
Willy fügte sich nur widerstrebend. Frau Crämer ging
mit ihm, sie mußte ihm erst noch das schlafende
Mädchen zeigen, dann kroch er endlich wieder unter
die Decke und machte auch brav die Augen zu. -
„Wir
müssen ein bißchen leiser sein, bis er wieder
schläft”, sagte die Mutter, als sie zu den anderen
zurückkam. “Und dann ist es auch sicher das
ungewohnte Bett. Aber sonst schläft er eigentlich
überall, auch da unten in Bayern. Hoffentlich ist er
nicht krank."
Sie erzählten gedämpft weiter, zuerst gab noch jeder
eine Erinnerung zum besten, Erinnerungen aus der
Kindheit, aus der Kriegszeit oder der Gegenwart, wo
da irgend so ein “Zufall", wie Crämers sagten, wo da
irgendein Engel, wie Horbach es beim rechten Namen
nannte, am Werk gewesen war, um den Menschen vor
Bösem zu bewahren. Dann endlich sprachen sie von
anderen Dingen.
Und gut zwei Stunden mochten vergangen sein, da
stand, ganz leise und schlaftaumelig, der kleine
Willy schon wieder in der Tür.
„Hör
mal, Bürschlein", nahm der Vater ihn auf den Schoß
und war nahe daran, ernstlich böse zu werden: “Tut
dir etwas weh? Dann zeig, wo!"
„Komm,
Otto, gib ihn mal her", sagte die Frau, und auf
ihrem Schoß begann der Kleine augenblicklich vor
lauter Ratlosigkeit und Müdigkeit zu weinen. Im
selben Augenblick aber fuhren die Erwachsenen
erschreckt zusammen; in Ursels Zimmer war ein
Geräusch gewesen; mit zwei Schritten hatte Herr
Horbach die Tür aufgerissen und das Licht
angeknipst. Herr Crämer stand neben ihm, und beide
Männer starrten sprachlos auf das Bild, das sich
ihnen bot: Das große Gemälde über dem Notbett war
von der Wand gefallen, ein Fetzen der morschen
Kordel hing oben am Haken, und eine Spitze des
schweren, goldenen Rahmens hatte sich gerade dort in
das Kissen gebohrt, wo noch die Mulde vom Kopf des
kleinen Schläfers angedeutet war.
Niemand vermochte ein Wort zu sagen. Und erst, als
auch die beiden Frauen im Zimmer standen, deutete
Willi mit fast schon wieder schlafenden Augen auf
das Bild mit den hohen Bergen und lallte: “Bayern -
ist das nun kaputt?” Doch die Großen lachten nicht.
Herr Crämer war sehr blaß. “Der - Engel -",
flüsterte er, und seine Hände zitterten.
Friedrich Ebbinghaus, aus Eismann-Wiggers
Vorlesebuch, Verlag Pfeiffer.Der hl. Bernhard sagte einmal: “Der Engel ist
bei der Seele, Gott in der Seele. Jener ist wie ein
Zimmergenosse, Gott ist das Leben."
Viele Engel lächelten ihm zu
Ich traf am Bahnhof zu R. einen Arzt, einen alten
Bekannten aus meiner Militärzeit. Trotz der Freude
des Wiedersehens bekam die Unterredung bald einen
ernsten Charakter. Der sonst so humorvolle Mann war
gerade an diesem Tage sehr ernst. “Ach ja", sagte
er, “ich bin nicht mehr der lustige Doktor, den du
von früher her kennst. Seit ich meinen Sohn
verloren, ist es, als ob in mir etwas zerbrochen
sei. Der plötzliche, tragische Tod hinterließ in mir
ein Gefühl von Schuld!"
„Ein
Gefühl von Schuld? - Du hast doch kein Verbrechen
begangen?"
„Nein,
das nicht, aber in den letzten 25 Jahren habe ich
ein zu wenig christliches Leben geführt. Hat Gott
vielleicht durch den Tod meines lieben Karl..."
„Sei
doch still, Doktor!"
„Ich
verdiene es, daß der Herrgott mich gestraft hat,
aber in den gottverlassenen Jahren, die mich nun
gereuen, sind glücklicherweise doch auch lichte
Punkte, die mich trösten. So habe ich ungefähr
250 Kinder getauft, die sonst ohne die Taufe
gestorben wären. Ja, 250 Kinder! - An demselben
Tag, als Karl im Sterben lag, saß ich an seinem
Kopfende. Es war halbdunkel im Zimmer; er richtete
seinen Blick aufmerksam hin auf eine Stubenecke. -
“Was siehst du denn, Karl?” fragte ich. “Ich sehe
viele, viele Engel, die mir zulächeln und kommen,
mich in den Himmel zu geleiten!" - „Aber ich
sehe keine Engel, Karl!"
„Vater,
es sind mehr als 100, mehr als 200. Sie kommen,
mich zu holen, und wir kommen alle zusammen, um dich
zu holen, wenn deine Stunde schlägt!"
Ich fügte damals tief ergriffen bei: ,Wenn ich
würdig bin.' Einige Stunden darauf war mein Sohn
tot!" - „Doktor", unterbrach ich den Arzt, “hast du
denn Karl jemals erzählt von den Kindern, die du
getauft hast?"
„Nein,
ich versichere dir, ich habe nie ein Wort davon
erwähnt."
Leopold Schwarz - Aus “Hoffnung” 17/1950
Zwei gefährliche Situationen
Im Kalender heißt der September der Herbstmonat.
Das katholische Volk hat noch einen anderen Namen
für ihn. Es nennt ihn auch den Schutzengelmonat.
In jenem Monat des Jahres 1858 gab es in der
Gegend von Hamm, wo die Ahse in die Lippe
mündet, einen aufregenden Vorfall, der lange Wochen
alles Volk in Atem hielt, auch in Münsterland und in
den sauerländischen Bergen und überall, wohin er
drang, und er drang weithin.
Von den Zeitungen hatten zunächst die “Rhein-und
Ruhr-Zeitung” und das Aachener “Echo der Gegenwart”
in seiner Nummer 255 Augenzeugenberichte gebracht;
von hier waren die Berichte in alle übrigen
Zeitungen gegangen, und wer sie las, schüttelte den
Kopf. So leicht wie damals im September hat im
ganzen Bistum Paderborn kein Priester über die
Schutzengel und ihre Wirksamkeit predigen können.
Denn der Vorfall, um den es sich handelte, war von
einer Art, daß auch die Zweifelsüchtigen erschraken
und wieder, wie einst zur Kinderzeit an die Macht
des Schutzengels zu glauben begannen.
Der Sachverhalt selber ist einfach und bald
erzählt. An der oberen Lippe unweit von Hamm lag
eine städtische Wäsche und wenige Schritte davon eine
Mühle, die dem Fiskus gehörte. Sie wurde
getrieben durch zwei hintereinanderliegende Räder
von je fünfzehn rheinischen Fuß im Durchmesser,
gewaltigen Ungetümen für die damalige Zeit. Weit und
breit gab es keine Mühle mit solchen Rädern.
Aber die wasserreiche Lippe ist dort ein stattlicher
Fluß mit erstaunlicher Kraft.
An jenem Septembertag spielten am Rand der Lippe,
auf der Wiese vor der städtischen Wäsche, die beiden
Kinder des Eisenbahnbeamten Weidekamp aus Hamm, der
dreijährige Heinrich und sein Schwesterchen Maria,
das um ein Jahr älter war. Was nun folgt, ist eine
von den Begebenheiten, die sich zwar im Lauf weniger
Herzschläge abspielen, die aber niemand erleben
kann, ohne vor Entsetzen fast die Stimme zu
verlieren: Der Knabe rutscht auf der Uferböschung
aus und stürzt in die Lippe. Er wird im Nu von der
starken Strömung fortgerissen - durch die Fangbäume
dem ersten Mühlrad zugetrieben - von dessen
Schaufeln gepackt und auf das zweite Rad
hinübergeworfen - herausgewirbelt - wieder in
das Wasser geschleudert -verschwindet - kommt wieder
an die Oberfläche - jagt wie ein Pfeil dem
Badehaus zu - scheint zu zerschellen - aber er
klammert sich an einen hervorstehenden Balken - kann
sich festhalten, bis die Augenzeugen, vor
Entsetzen über den grausigen Vorfall fast gelähmt,
so weit sind, daß sie herbeieilen und ihn bergen
können.
Das gellende Hilfegeschrei auf der städtischen
Wäsche hatte alle Anwohner aus den Häusern gerufen.
- Fast besinnungslos vor Schreck ist das
Schwesterchen des Verunglückten auf die Straße
gerannt und schreit - schreit, was die
kleine Stimme hergeben kann, sieht nicht mehr, was
um es vorgeht - sieht und hört nicht, was auf
der Straße daherkommt: Ein schweres Pferdegespann im
Galopp! Einen Herzschlag später ist das Kind zu
Boden geworfen - liegt unter den Hufen - das
Fuhrwerk rasselt darüber hinweg - Frauen brechen
ohnmächtig zusammen - aber ehe man zur
Unglücksstätte kommt und das Kind aufheben will, steht
es von selber auf, tränenüberströmt - aber heil und
unversehrt!
Während die Zuschauer durcheinanderschreien und sich
nicht fassen können, kommt von drüben aus dem Haus
bei der Bleiche ein anderes Geschrei: Sie haben den
verunglückten Knaben in ein Haus getragen, ihn in
atemloser Hast ausgekleidet und auf ein Bett gelegt;
aber ehe sie mit ihren Wiederbelebungsversuchen
anfangen können, schlägt das Kerlchen die Augen
auf, gurgelt ein wenig, zappelt, will aus dem Bett.
Kein Zweifel: Nicht das geringste fehlt ihm!
Da erst, als es allmählich klar wurde, was
vorgegangen war, eine zweifache Kinderrettung im
Verlaufe von wenigen Augenblicken, löst sich der
Bann. Wo Frauen sind, da fallen sie über die Tische
und weinen. Die Männer sind bleich und still. Als
die Mutter an jenem Vormittag, da man ihr die beiden
Kinder zurückgebracht hatte, ihren kleinen Heinrich
auf den Arm nahm und ihn, weil ihr sonst nichts
einfiel, fragte, wie es ihm zumute war, lächelte er
nur: “Ich habe nichts gesehen als einen schönen
Engel!"Aus:
“Hoffnung” 17/1950
Der Schutzengel in Cantu
Diese Geschichte hat sich am 11. Nov. 1958 in Cantu
in Norditalien ereignet und war in vielen Zeitungen
und Zeitschriften zu lesen: Ein großer Zirkus hatte
in Cantu seine Zelte aufgebaut. Es war ein
Löwenzirkus. Vier ausgewachsene Löwen sollten da
ihre Kunststücke zeigen. Jeden Abend drängten sich
die Kinder aus Cantu um die Käfige, wenn die Löwen
gefüttert wurden. Das war aber auch zum Staunen.
Diese furchtbaren Tatzen, dieses schreckliche Gebiß!
Und das donnernde Gebrüll, wenn sie ihr Futter
rochen, das rohe Fleisch.
Alle hatten die Löwen gesehen. Alle sprachen nur
noch von ihnen, zu Hause, in der Schule, beim Spiel
auf der Straße. Dann aber - am 11. November -
tönten die Nothörner von den Türmen der Stadt. Sie
bliesen hastig und aufgeregt Alarm.
War Feuer ausgebrochen? Zuerst liefen alle
neugierig hinaus auf die Straßen, doch dann stürmte
alles schreiend zurück in die Häuser. Türen und
Fenster wurden verriegelt und alle Blenden
geschlossen. Kein Mensch wagte einen Blick aus dem
Fenster.
Was war geschehen? Die Lautsprecherwagen des Zirkus
rasten durch die Straßen und riefen aus: “Achtung!
Achtung! Vier Löwen sind ausgebrochen!
Einwohner von Cantu, bleibt in den Häusern!
Vorsichtig! Vorsichtig!” Ab und zu fiel ein
Schreckschuß. Sonst hörte man nichts als die vielen
lärmenden Lautsprecher. Nach einer Stunde wurde
ausgerufen: “Achtung! Achtung! Drei Löwen sind
wieder eingefangen. Der vierte hat eine Frau
angefallen und verletzt. Vorsichtig! Vorsichtig!"
Eine Mutter mit drei Kindern saß in der Küche
ihres niedrigen Hauses und zitterte wegen der großen
Gefahr. Sie betete mit ihren Kleinen zu allen hl.
Engeln: “Ihr hl. Engel Gottes, kommt!” Da, ein
jäher, wilder Sprung, ein Knall, als hätte der Blitz
eingeschlagen: das Küchenfenster fiel mit Glas und
Rahmen nach innen und der große Kopf des Löwen
schaute herein.
Schreiend ergriff die Mutter zwei ihrer Kinder und
rannte in die Scheune, auf jedem Arm ein Kind. Das
Kleinste in der Wiege war zurückgeblieben. Sie
mußte, sie wollte zurück, aber die beiden Kinder
klammerten sich in Todesangst an ihre Mutter und
ließen sie nicht los.
Was jetzt tun? Plötzlich wurde die arme Frau
ruhiger. Sie stammelte nur immerzu: “Schutzengel,
hilf! Schutzengel...” Und die beiden Kleinen sagten
auch nur schluchzend: “Schutzengel, Schutzengel..."
Die arme Mutter hörte Männerschritte vorsichtig
nahen. Es waren Leute vom Zirkus. Aber der Löwe ließ
sich nicht herauslocken. Er hatte sich neben die
Wiege gelegt, als sei er müde. -
In Eile holten die Männer einen Notkäfig herbei,
bauten ihn vor dem Fensterloch auf und legten dem
Löwen Futter hinein. Dann warteten sie ab, mit
Schußwaffen in der Hand, jeden Augenblick bereit die
Bestie zu erschießen, falls sie das Kind angreifen
würde.
Erst nach zwei Stunden erhob sich der Löwe,
streckte sich, hob witternd den Kopf und suchte sich
das Fleisch. Langsam schob er sich durch das
Fensterloch und hinein in den Käfig. Er stürzte sich
jetzt so gierig auf das Fleisch, daß er es gar nicht
merkte, wie sich hinter ihm die Schiebetür am Käfig
schloß.
Kurze Zeit danach meldete der Lautsprecher: “Alarm
vorbei! Gefahr vorüber! Alle Löwen in Sicherheit!"
Und als das Leben in der Stadt wieder seinen
gewohnten Lauf nahm, da erst vernahmen die Leute,
was geschehen war: Es war unglaublich. Der Löwe
hatte in seiner Blutgier die Frau geschlagen und
zerfetzt, aber er hatte zwei Stunden neben der Wiege
eines zwei Monate alten Kindes gelegen und es nicht
angerührt.
Viele eilten zu der Mutter hin; diese aber konnte
ihnen nichts erzählen. Sie stammelte nur immer:
“Schutzengel! Schutzengel!” Eine andere Erklärung
war für sie unmöglich.
“Sendbote
der Hl. Familie"
Auf der Säuglingsstation
„Wunderbar
ist das Wirken der Schutzengel bei den Menschen. Sie
sind die willigen Boten Gottes für die Menschen.” So
schrieb einst die sel. Anna Katharina Emmerich,
die ihr ganzes Leben hindurch ihren hl. Schutzengel
neben sich sah. -
Das sollte auch die Auffassung aller Menschen sein,
die im Leben oft den Schutz der Engel erfahren
haben, die der Engel stumm bei der Hand nahm und
sie, beladen mit leiblichen und seelischen Nöten,
sicher auf dem rechten Pfad hielt. Aber auch jene
werden es bezeugen, die durch ihren Beruf als
Eltern, Lehrer oder ähnliches selbst
Schutzengeldienst an anderen leisten dürfen. -
Aus meiner Arbeit als Krankenpflegerin möchte ich
einige Begebenheiten erzählen:
Acht Wochen waren vergangen, seitdem ich als
Krankenpflegeschülerin im Krankenhaus X arbeitete,
da wurde ich bereits zur Nachtwache in der
chirurgischen Abteilung eingeteilt. Dieser waren
auch die Wöchnerinnenstation und Säuglingsstation
angeschlossen. Unser Krankenhauskaplan, der uns gut
betreute, sagte noch vor Beginn der Nachtwache: “Schwester,
vergessen Sie die Schutzengel der Kinder nicht.”
Es war am Abend des 1. Mai. Etwas beklommen hatte
ich meinen Dienst als Nachtschwester angetreten. Das
erste Mal im Leben nachts mit Operierten,
Wöchnerinnen und Säuglingen! Ein schweres Gewitter
ging nieder; Blitze und heftige Donnerschläge
begleiteten meine ersten Abendstunden. Dumpf hallten
die Tritte in den langen, schwach erleuchteten
Krankenhausgängen. Es war fast zum Fürchten. - Die
erwachsenen Patienten waren versorgt, als ich gegen
zehn Uhr abends das Kinderzimmer betrat, um die
Säuglinge für die Nacht fertigzumachen. Ein
lähmendes Entsetzen packte mich, als ich einen
drei Tage alten Säugling - das erste Kind nach
elfjähriger Ehe - blau, Schaum vor dem Mund,
im Bettchen fand. Ein Notschrei zum hl. Schutzengel!
Das Hinaufstürzen über die Treppen, das Rufen nach
der Hebamme geschah in Bruchteilen von Sekunden.
Dann ging es an die Arbeit! Das Kind wurde
entkleidet, geschüttelt, mit kaltem Wasser
abgerieben: noch rührte es sich nicht. Endlich,
nachdem es die Hebamme an den Füßen schwenkte, den
Kopf nach unten, löste sich ein Schleimpfropf (das
Kind hatte während der Geburt Fruchtwasser
geschluckt). Das Kind fing an zu schreien; es war
gerettet.
Aber die Not dieser Nacht war noch nicht zu Ende.
Wenige Stunden später wurde eine Mutter zur
Entbindung aufgenommen. Die Geburt verlief schnell
und glatt; aber das Kind war eine winzige
Frühgeburt. Als die Hebamme es mir auf die
Station brachte, sagte sie gleich: "Schwester, wenn
Ihnen dieses Kind stirbt, trifft Sie keine Schuld,
es ist zu schwach.” Wieder ein Notruf zum hl.
Schutzengel, und das in jeder weiteren Nacht
meines Dienstes. Wenn ich das in Watte gepackte
kleine Bündel wickeln mußte, streckte es die zarten
Glieder, als täte es im nächsten Augenblick den
letzten Atemzug. Ich war glücklich, wenn es wieder
zwischen seinen Wärmflaschen in den Kissen lag.
Gefüttert wurde es mit der Pipette, eine mühsame
Verrichtung. Aber die Arbeit hatte sich gelohnt.
Mein Säugling gedieh und konnte nach drei Monaten
die Klinik verlassen.
Abend für Abend, bevor ich meinen Nachtdienst
begann, habe ich meine Patienten, besonders die
Kinder, den hl. Schutzengeln empfohlen. Nach vier
Wochen, am Ende der Nachtwache, war ich zwar sehr
erschöpft, aber froh und dankbar, daß ich mit Hilfe
der Schutzengel besonders die Kinder meiner Ablösung
wohlbehalten übergeben konnte. -
Die hl. Schutzengel, der hl. Erzengel Raphael,
mußten später in meinem Dienst als Fürsorgerin
immer mit auf die Reise bei Kindertransporten. Es
war schon eine Verantwortung, manchmal während
langer Nachtfahrten die Kinder zu betreuen, oder gar
während des Krieges bei den vielen Fliegeralarmen.
Ich erlebte aber oft und oft die spürbare Begleitung
der hl. Engel.
G. R.
Endlich weiß ich, wie mein Schutzengel heißt
Als Annemarie und Hansjörg zur Schule gingen, lernte
ich mit ihnen den Katechismus. Der kleine
dreijährige Christian hörte dabei sehr aufmerksam
zu. Einmal erzählte ich ihnen die Geschichte vorn
Tobias. Die Kinder waren über den guten Ausgang
dieser Geschichte so erfreut, daß Klein-Christian
vor Freude ausrief: “Endlich weiß ich, wie mein
Schutzengel heißt: Raphael. Und gelt Mama, der
gehört mir allein, ganz allein.” Von da an begann
eine tiefe und große Schutzengelverehrung. Im Sommer
1957 mußte unser Dreijähriger mit meiner Schwester
in die Ferien ins Pustertal. Ich wollte den Buben
nicht hergeben; er wollte auch gar nicht gerne
gehen, aber meine Schwester bat mich so sehr, ihr
die Freude zu machen, daß ich zustimmte. Beim
Abschied sagte ich zum Buben: “Wenn du Kummer hast
und die Mama brauchst, dann schickst mir halt den
Raphael."
Am 20. August, dem Namenstag unseres verstorbenen
Papas, hatte ich einen Traum. Ich ging in
Meran über die Postgasse hinunter; da trat ein
Gepäckträger zu mir und bat mich, ein Paket zu
schnüren. Sofort tat ich es im Traum; aber während
ich den Spagat durchzog, riß das Papier auf und ich
hatte einen Sarg vor mir, etwa in der Größe für ein
sechsjähriges Kind. Bestürzt sagte ich zum
Gepäckträger: “Ja, weiß die Mama etwas davon?” Da
legte er den Finger an den Mund, machte pst, pst und
sagte: “Die Tanten haben es verheimlicht!” Ich
wachte auf, und es befiel mich große Angst. Ich
dachte nichts anderes als: Christian ist krank.
Es drängte mich eine innere Stimme, sofort
nachschauen zu gehen; aber da ich mein Geschäft
nicht schließen konnte und nicht ganz sicher war, ob
die Tanten mit dem Buben in Bozen oder noch in
Pfalzen bei Bruneck waren, schickte ich meine
dreizehnjährige Annemarie nach Bozen und sagte:
“Schau nach, ob die Tanten im Büro sind; denn wenn
sie vom Urlaub zurück sind, sind die Buben auch da
und dann bringst mir sie und sagst, daß Mama sehr
große Sorge um Christian hat.” Annemarie kam erst
spät abends heim und sagte: “Mama, Mama, unser
lieber Raphael hat es dir richtig gesagt. Stell dir
vor, die Tanten haben zwei Doktoren gerufen, weil
Christian ganz schwer krank ist. Die Tanten
wollten dir's verheimlichen, aber der Raphael war
doch gut und hat es dir gesagt."
Am nächsten Tag fuhren wir ganz früh nach Bozen und
holten unseren Buben. Er war recht schwach und
elend. Der Hausarzt hatte keine Hoffnung mehr,
ebensowenig der Arzt in Bozen. Nach einer kleinen
Besserung bekam der Bub Ende September einen
schweren Rückfall. Wir mußten Christian in eine
Klinik einliefern. Als ich ihn zum Abschied fragte,
wie er mich verständigen wolle, sagte er: “Ich bete:
Raphael, hol die Mama, bitte, hol die Mama!"
Die Ärzte der Klinik waren ganz verzagt über den
Zustand des Buben. Dr. K. wollte ihn unbedingt
operieren, da die Bauchspeicheldrüse vereitert
war und er eine Kanüle hätte einsetzen müssen.
Ich bat den Arzt, er solle nochmals röntgen und mit
der Operation warten. Ich wußte, daß es für
Pancreaserkrankung keine Hilfe gibt, und alle nach
einem schweren Leiden daran sterben. So ging ich in
der Früh darauf zur hl. Messe und sagte zur
Gottesmutter: “Liebe Mutter Maria, schau, wenn es
Gottes Wille ist, daß der Christian sterben muß,
dann sei so gut und nimm ihn gleich zu Dir, denn ich
bin nicht in der Lage die Krankenhauskosten zu
zahlen, weil erst vor drei Jahren mein Mann
gestorben ist und wir alles ersparte Geld für Arzt
und Medizin gebraucht haben, ja, Schulden machen
mußten. Du weißt, wie weh es mir tut, gerade ihn zu
verlieren, aber mir ist Gottes Wille gewiß recht.
Wenn Du ihn aber vielleicht einmal brauchen kannst,
dann schenke ich ihn Dir. Ziehe ihn Dir auf und Du
darfst Dein Recht allezeit geltend machen."
Ich ging sehr erleichtert nach Hause und dachte,
jetzt kann kommen, was will. Gegen Mittag erhielt
ich von der Klinik einen Anruf: ich solle sofort
kommen. Zitternd ging ich hin. Der Arzt Dr. K. kam
mir entgegen und sagte: “Frau B., Sie können Ihr
Bübl nach Hause nehmen. Wir haben es geröntgt,
es ist kein Schatten mehr wahrnehmbar. Ich kann es
mir nicht erklären. Was haben's denn getan?” Ich
gab zur Antwort: “Sie glauben ja doch nichts, aber
ich will es Ihnen sagen: ich habe sehr innig
gebetet.” - “Das muß wohl so sein; anders ist es gar
nicht möglich. Ihr Mütter könnt wohl viel mehr
als wir Ärzte. Für uns ist oft das Schneiden
leichter als so etwas. Jedenfalls gehen Sie gleich
zu Ihrem Hausarzt; er wartet auf Sie, ich habe ihn
angerufen, aber ich glaube kaum, daß diese
Besserung anhält."
Christian empfing mich jubelnd: “Zieh mich schnell
an, Mama. Der Raphael war da.” - “Ja,
welcher Raphael?” fragte ich. “Der meinige", sagte
er; “er hat mir eine gute Medizin gebracht; er
hat gesagt: ,Christian, sitz auf, ich bringe dir
die Medizin Gottes. Trink davon.' Oh, die war
gut, wie Honig, aber nicht so süß.” Ich sagte: “Da
wird halt eine Klosterfrau dagewesen sein.” “Nein,
nein, Mama. Die Klosterfrauen haben einen Schleier
auf, aber der Raphael hatte lange Haare und die
Ärmel aufgestülpt und einen Gürtel um die Mitte. Er
war ganz hell und ganz schön, oh ganz schön, und er
hat mir auch beim Trinken geholfen.” - Ich kam aus
dem Staunen nicht mehr heraus. Wir gingen zu unserem
Hausarzt. Der untersuchte ihn und drückte ganz fest
auf die Stelle, die vorher so schmerzte; der Bub
aber spürte gar nichts. Da hob ihn Dr. V. auf, küßte
Christian und sagte: “Geh schnell und laß für deinen
Papa eine hl. Messe lesen; du hast Hilfe von oben
bekommen. 99 Prozent sterben mit diesen inneren
Verbrennungen; du aber bist das glückliche eine
Prozent."
Da sagte Christian: “Nein, nein, nicht der Papa,
sondern der Raphael hat mich gesund gemacht. Ich
habe nur mit dem Raphael gesprochen, nicht mit dem
Papa. Ich sagte ihm: Bitte heile mich!” - Der Arzt
sagte und sagt es auch heute noch, daß dies ein
wirkliches Wunder sei.
Es war der 3. Okt. 1957, als ich Christian von der
Klinik abholte. Nach einigen Tagen kam unser Onkel
Pfarrer auf Besuch. Wir erzählten ihm, was
vorgefallen war. Dieser sagte uns, daß der Name
Raphael “Medizin Gottes” bedeutet. Alle in unserer
Familie lieben seitdem Raphael gar sehr, ja, wir
verehren alle Chöre der hl. Engel seitdem. H. B.
Und das Beglückende: Die Heilung hat angehalten.
Die Mutter schreibt unterm 24. Okt. 1965 an den
Herausgeber auf dessen Anfrage: “Zu Weihnachten
dieses Jahres wird Christian 14 Jahre alt. Er ist
1,80 Meter groß und stark wie ein Mann und kräftiger
als sein Bruder Hansjörg mit 18 Jahren. Aus großer
Dankbarkeit habe ich Ihnen diese lange Geschichte
mitgeteilt. Wir alle in unserer Familie lieben die
hl. Engel und ganz besonders Sankt Raphael."
(Ende Audio oben)
Um Haaresbreite
- Meißel fällt in Kinderwagen
Vor einer kleinen Strafkammer des Landgerichts in
Alt-Moabit hatte sich am 12. April 1935 der
Schmiedemeister Josef Hanke wegen Vergehens gegen
die Sicherheit des Lebens zu verantworten. Der
Anklage lag folgender Tatbestand zugrunde:
Hanke war im vierten Stock eines Hauses in der
Klopstockstraße damit beschäftigt, ein
schmiedeeisernes Gestell für Blumentöpfe außerhalb
des Fensters anzubringen. Zu diesem Zweck schlug er
mittels eines vier Kilogramm schweren Meißels und
mit einem Hammer zwei Löcher in die Außenmauer.
Hanke saß rittlings am Fensterbrett, der Oberkörper
war nach außen geneigt, mit der linken Hand hielt er
den Meißel, mit der rechten den Hammer.
Nach einigen schweren Schlägen drang der Meißel in
die Mauer, geriet jedoch auf einen harten Stein. Das
schwere Eisen entglitt der Hand und stürzte
senkrecht auf den Gehsteig.
In dem Haus, in dem Hanke arbeitete, befindet sich
eine Milchhandlung. Einen Meter rechts vom
Eingang derselben stand ein Kinderwagen. Der
schwere Meißel schlug in den Kinderwagen, in dem das
vier Monate alte Kind der Postbeamtengattin Elfriede
Kurbeck lag. Das Eisen schlug nur wenige Zentimeter
neben dem Körper des Kindes in den Polster,
durchlöcherte diesen, schlug durch den hölzernen
Boden des Kinderwagens, riß die untere Metallhülle
auf und schlug dann noch im Asphalt des Gehsteiges
ein acht Zentimeter tiefes Loch. Das Kind blieb
unverletzt.
Dann folgt kurzer Bericht über die Verhandlung, über
die Strafe, die über den Schmiedemeister Hanke
verfügt wurde, weil er sein Werkzeug nicht
vorschriftsmäßig an Schnüren gesichert hatte. Ganz
zuletzt folgt die Anmerkung eines
Berichterstatters: Frau Elfriede Kurbeck sagte aus:
“Ich war schon im Laden, als ich von einer
unbestimmten, inneren Unruhe getrieben, wieder
denselben verließ und den Kinderwagen um einige
Zentimeter nach rechts verschob. Hätte ich dies
nicht getan, wäre der Meißel wahrscheinlich auf mein
Kind gefallen und hätte es erschlagen..." Wer an
die göttliche Vorsehung glaubt, glaubt an keinen
Zufall. „Christl. Pilger” 4/1956
Der Schutzengel paßte auf
Sechsjähriger überstand Sturz aus dem D-Zug
unverletzt. - Sogar die Brille blieb heil. Die
Bundesbahn ist nicht sehr glücklich, wenn starker
Schneefall einsetzt. - Hohe Räumungskosten und
Verspätungen sind die Folge. Aber der sechsjährige
Ludwig Sommer aus Mannheim und seine Mutter werden
der weißen Pracht zeitlebens dankbar sein. Am
Donnerstag (7. Jan.1965) fuhren die beiden gegen 9
Uhr im D 19 von München nach Berchtesgaden. Der
Junge ist schwer asthmaleidend und sollte nach
Bayerisch-Gmain gebracht werden. Zwischen Endorf und
Rimsting wollte er die Toilette aufsuchen; diese war
aber wegen eines Wasserrohrschadens verschlossen. In
dem Glauben, daneben sei noch eine Toilette, öffnete
der Junge die Tür und stürzte aus dem fahrenden Zug.
Das Fehlen des Jungen wurde erst kurz vor Prien
bemerkt, als die Mutter, beunruhigt durch das lange
Ausbleiben des Sohnes, auf der Toilette nachsah. Ein
Mitreisender zog daraufhin die Notbremse.
Der von dem Unfall sofort verständigte Vorstand des
Bahnhofs Prien machte sich mit einem Rottenwagen auf
die Suche nach dem Jungen. Dieser hatte mehr als
unwahrscheinliches Glück. Er stürzte in einen
Schneehaufen - zehn Meter weiter stand ein
Fahrleitungsmast und ein Kilometerstein -,
überschlug sich ein paarmal, erhob sich unverletzt
bis auf ein paar Kratzer und kam der
Suchmann-schaft bis Rimsting zu Fuß entgegen.
Sogar seine Brille wurde unversehrt wiedergefunden.
Die einem Nervenzusammenbruch nahe Mutter konnte
ihren Sohn wieder wohlbehalten in Empfang nehmen.
“Traunsteiner
Stadtnachrichten” 1965/Nr. 5
„...
daß ich nicht der Straße anheimfiel..."
Letzten Herbst machte ich mit einer jungen
Bekannten eine Wallfahrt. Während der langen Fahrt
erzählte sie mir aus ihrer Kindheit. Viel
unermeßliches Leid hatte sie schon als kleines
Mädchen erlebt. Ihren Vater hatte sie nie
gekannt. Ihre Mutter wurde mit dem Kind von zu Hause
verstoßen. In ihrer Verlassenheit
vernachlässigte sie ihr Töchterchen und überließ es
der Straße. Als sie nach einigen Jahren wieder
heiratete, konnte sie ihr armes Kind zur Adoption
weggeben. Noch bevor die Pflegemutter ankam,
hämmerte sie dem Kinde die bitterharten Worte ein:
“So, jetzt werde ich dich endlich los; jetzt wird
eine fremde Frau kommen und dich holen!” Und sie
kam, die fremde Frau in dunklen Kleidern, und führte
das zitternde Kind fort in ein geordnetes, wenn auch
bescheidenes Dasein. Noch höre ich die Worte der
Erzählerin: “Daß ich trotz all diesem Kummer nicht
zugrunde ging und der Straße anheimfiel, verdanke
ich sicher meinem hl. Engel, der über mich wachte!”
Die Bande zwischen Mutter und Kind blieben
zerrissen. Vom pflichtvergessenen Vater weiß man
nur, daß er in einer fernen Stadt wohnt. P. J.
Der sel. Papst Pius IX. und sein Engel
Papst Pius IX. erzählte mit Vorliebe ein Erlebnis
aus seiner Jugendzeit, das die wunderbare Hilfe
seines Engels bewies. - In der väterlichen
Hauskapelle mußte er als Knabe bei der täglichen
hl. Messe den Ministrantendienst versehen. Eines
Tages, als er an der untersten Altarstufe kniete,
während der Priester die hl. Opferhandlung vollzog,
wurde ihm auf einmal angst und bange. Er wußte
nicht, warum. Sein Herz begann ihm mächtig zu
schlagen. Unwillkürlich wandte er seine Augen wie
hilfesuchend nach der gegenüberliegenden Seite des
Altares. Dort sah er einen schönen Jüngling, der
ihm winkte, zu ihm herüberzukommen. Verwirrt
durch diese Erscheinung wagte er nicht, vom Platz zu
rücken. Aber noch nachdrücklicher winkt ihm diese
leuchtende Gestalt. Da springt er auf und eilt
hinüber. Diese Erscheinung verschwand. Im selben
Augenblick aber stürzt vom Altar eine schwere
Heiligenstatue herab gerade auf den Platz, den der
kleine Ministrant soeben verlassen hatte. Oft
erzählte der Knabe später als Priester und Bischof
und zuletzt als Papst dieses unvergeßliche
Jugenderlebnis und pries es als eine Fügung und
Führung seines Schutzengels.
Es ist eine der unbegreiflichen Großtaten Gottes,
daß er dem Menschen einen eigenen Engel zum Schutz
für Leib und Seele gegeben hat. “Es sind dienende
Geister", sagt die Hl. Schrift, “gesandt zum Dienst
derer, die das Heil erlangen wollen". Empfehlen wir
uns eifrig dem Schutz unseres hl. Engels.
Hieronymus Jaegen
Mein Engel ist mir etwas wert
Ein Jugenderlebnis hat mir den Schutzengel fürs
ganze Leben nahegebracht. Im St. Gallerland steht
mein Elternhaus. Zu seinem Eingang führt eine
ziemlich steile Steintreppe, umsäumt von einem
Eisengeländer. Diese Stiege mit ihrem Geländer hatte
für uns Kinder eine besondere Anziehungskraft.
Immer wieder spielten wir darauf. Die Buben zog das
Geländer an, eine Rutschpartie machte sie selig.
Unsere Eltern hatten zwar diesen gefährlichen Sport
verboten. Aber wenn es niemand sah, wurden daran
doch allerlei Kunststücke vollbracht. Mein
kleiner Bruder Willi mit seinen drei Jahren schaute
neugierig den Turnübungen zu. In einem unbewachten
Augenblick versuchte er es den Großen
gleichzumachen - und fiel schwer zu Boden.
Wir spielten in der Nähe mit den Puppen. Meine
Schwester Klara sah ihn, warf die Puppe weg und
eilte mit lautem Geschrei ins Haus: “Mutter,
Mutter, Willi ist vom Geländer gefallen, er ist
tot.” Schreckensbleich stürzte die Mutter aus der
Küche zum Kind am Boden. Sie fürchtete, daß es blute
oder etwas gebrochen habe. Sie hob Willi sehr
behutsam auf und trug ihn ins Haus. Wir schlichen
ganz still nach. In der Stube legte sie den Buben
aufs Kanapee und schaute nach, was ihm fehle. Aber
außer einigen kleinen Schürfungen konnte sie nichts
entdecken. Der Kleine hatte sich bald von seinem
Schrecken erholt und lachte Mutter spitzbübisch an.
Diese nahm das Kind, drückte es ans Herz und sagte
ganz feierlich: “Bub, dich hat der Schutzengel
gerettet.” Wir Mädchen standen sprachlos
staunend vor diesem Wunder. Die Worte der Mutter
beeindruckten mich so tief, daß ich sie nie mehr
vergaß. Noch heute steht alles so lebendig vor
meinen Augen. Jetzt mußte die Mutter nicht mehr
warnen, es solle keines das Geländer besteigen. Ja,
als einige Zeit nachher unser Vater in den besten
Jahren im Sarg über die Stiege getragen wurde,
verlor auch dieser Spielplatz seinen Reiz.
Dieses Erlebnis des Schutzengels beeinflußte meine
Verehrung zum Schutzengel in meiner Jugend, ja bis
zum heutigen Tag. Ich forschte nach, wie ich meinem
Schutzgeist die Liebe am besten beweisen könnte. Da
las ich in einem Buch, daß die Engel und Heiligen
nichts so erfreue wie die Aufopferung des kostbaren
Blutes zu ihrer Verehrung. Das leuchtete mir
ein. So begann ich oft bei der hl. Wandlung und auch
während des Tages meinen Engel durch diese
Aufopferung zu erfreuen. Es scheint mir, daß ich in
meinem Leben auch wirklich seine Hilfe und Nähe
spüren durfte. Aus “Fegfeuer und Christliches
Leben” Sept. 1962
Es war auf einer Einöde
Die Mutter schickte die zwei Kinder ins Dorf zum
Einkaufen; es waren zwei Mädchen: das eine neun
Jahre, das andere fünf. Als sie heimwärts gingen,
wieder hinauf den Berg zum Wald, siehe, da sprang
ein Bursche aus dem Wald. Das ältere Mädchen
erkannte die Gefahr und auch den Burschen und
schrie in größter Not: “Hl. Schutzengel, hilf!”
- Und plötzlich kam jemand auf sie zu, faßte ihre
Hand, und sie kam so schnell auf den Berg, daß sie
es nicht verstehen konnte. Oben sagte die
Gestalt: “So, jetzt geh schnell heim, es geschieht
euch nichts mehr.” Zu Hause angekommen, erzählten
die Kinder ihr Erlebnis. Der Fall kam vor Gericht,
und da beteuerte das Mädchen öffentlich: “Glaubt
ihr, ich bete jeden Tag umsonst zu meinem
Schutzengel, wenn er mir nicht helfen würde!"
Pater A. O.Carm. 1965
Kind bewahrt Eltern vor Tod im Theater
Ein junges Ehepaar wollte ins Theater gehen.
Sie hatten ein vierjähriges Mädchen, das sie zu Bett
brachten wie sonst auch immer. Als sie angezogen
waren, begann das Kind zu schreien und zwar
so heftig, daß es kaum zu beruhigen war. Die Eltern
dachten, es muß doch krank sein, hat doch noch nie
geweint. So entschlossen sie sich, in eine spätere
Vorstellung zu gehen - und das Kind war sofort
ruhig. Als es wieder soweit war, und die Eltern an
nichts Schlimmes dachten, begann die Kleine wieder
ein Geschrei, noch schlimmer als zuvor; sie konnten
nicht verstehen, warum das gerade heute. Es war nie
zuvor. Sie blieben nun zu Hause und siehe da, nach
einer kurzen Zeit heulten die Sirenen: das
Ringtheater in Wien, wohin die Eltern gehen
wollten, stand in hellen Flammen. Alles
stürmte zu den Ausgängen. Durch das Gedränge aber
wurden sie versperrt. Viele konnten nicht mehr
hinaus: 200 Menschen fanden den Tod. Wer
möchte da nicht sagen, daß der Schutzengel dieses
Kindes diese Eltern vielleicht vor dem sicheren Tod
errettet hat! Pfr D.J.
Waldemar war ganz vom Schlag der Jungen seines
Alters: rauh, verwegen, draufgängerisch, im
Kirchgehen lau und säumig, um so eifriger aber beim
Kartenspielen Sonntag nachmittags, wenn er mit
seinen Freunden lustig am Biertisch saß, meist bis
tief in die Nacht hinein. Seine Eltern mochten ja
sonst nicht gerade über ihn klagen, da er ihnen mit
Liebe und Achtung begegnete, gern bei jeder Arbeit
half und seinen Wochenverdienst bis auf das
ausbedungene Taschengeld regelmäßig abgab. Dennoch
machten sie sich ein wenig Sorge um ihn, wenn er sie
des Sonntags so allein zu Hause sitzen ließ, und
nicht selten erst zu später Nachtstunde leicht
angetrunken heim kam. Gewiß, er war ein geschickter
Kartenspieler und vergnügte sich meist auf Kosten
der anderen; aber sie merkten wohl, daß das lange
Wirtshaussitzen und die leichtsinnige Gesellschaft
sich nicht gerade zum Segen für ihren Jungen
auswirkte.
Sein Arbeitsplatz war die benachbarte
Eisenerzgrube, die einen ganz schönen Verdienst
einbrachte, aber auch mit nicht geringer
Lebensgefahr verbunden war. Wie hatte doch die
besorgte Mutter ihrem Waldemar immer wieder
eingeschärft: “Vergiß doch nie, bevor du in den
Schacht einfährst, deinen hl. Schutzengel anzurufen,
dann wird er dich sicher behüten!” Die erste Zeit
hat er's auch nie versäumt, da ihn selbst jedesmal
ein Schauer erfaßte, wenn's in die dunkle Tiefe
hinabging. Bald aber war alle Angst verflogen, das
Schutzengelgebetchen wurde meist in lustigen Späßen
erstickt und unterblieb schließlich ganz und gar.
Zwei Jahre waren so vergangen, da wurde eines Tages
den Eltern plötzlich die Nachricht ins Haus
gebracht: “Ihr Sohn ist soeben schwer verwundet ins
Krankenhaus eingeliefert worden!” Mit banger Ahnung
erfüllt eilen sie zu ihm hin, und die ernsten
Mienen des Arztes und der Schwestern sagen ihnen
deutlich genug: “Hoffnungslos!” Ein Wunder
überhaupt, daß er noch lebte! Da er sich gerade
bei der Arbeit in der Grube aufgerichtet hatte, war
der Kopf noch ziemlich heil geblieben, während der
ganze Unterleib von dem herabstürzenden Gestein
entsetzlich zugerichtet war.
Als die Mutter mit tränenfeuchten Augen an sein Bett
herantrat und die fiebernde Hand schweigend in die
ihre legte, sah sie an seinen verzerrten
Gesichtszügen sogleich, daß er entsetzliche
Schmerzen ausstehen mußte. Mitleidsvoll beugte sie
sich über ihn, um ihm einige liebe, tröstende Worte
zu sagen, da hörte sie, wie er zitternd zu ihr
sprach: “Mutter, ach schon lange hatte ich nicht
mehr zum hl. Schutzengel gebetet, wie du mir immer
so ans Herz gelegt hast! Darum hat mich jetzt dieses
Unglück getroffen!” Schmerzlich stöhnte er auf,
dann sprach er weiter: “Ich will's nun aber
nachholen, Mutter! Mein hl. Schutzengel soll mir
helfen, daß ich gut sterbe!” Matt und entkräftet
schloß er die Augen; doch sah die Mutter, wie er
leise die Lippen bewegte und betete.
Drei Wochen sollte das Schmerzenslager des Armen
noch dauern; ein wahres Martyrium hatte er zu
erdulden. Sein Trost war der Heiland in der hl.
Kommunion und das tägliche Gebet. Täglich besuchten
ihn seine Eltern und auch seine Geschwister, und
jedesmal sahen sie, wie das Antlitz des Dulders -
trotz aller Pein, die er ausstehen mußte, einen
ruhigeren und verklärten Ausdruck annahm. Doch
konnte der Priester in den letzten Tagen ihm die hl.
Hostie leider nicht mehr reichen, da er auch das
Geringste, das er zu sich nahm, sogleich wieder von
sich geben mußte. Dieses Opfer aber war ihm das
allerschmerzlichste.
Der Morgen seines Sterbetages brach an. Als die
Schwester in aller Frühe an sein Bett herantrat,
ergriff der Kranke ihre Hand und flehte sie an;
“Schwester, lassen Sie mich heute noch einmal den
Heiland empfangen in der hl. Kommunion!” Der
Schwester schnitt es tief in die Seele, sie konnte
ihm ja keine zusagende Antwort geben. Da bat er noch
inniger: “Schwester, erfüllen Sie mir meine
letzte Bitte! Ich habe zum hl. Schutzengel gebetet,
und er wird bestimmt dafür sorgen, daß alles gut
geht!"
Tiefgerührt besprach sich die Schwester mit dem
Geistlichen, der einer so flehenden Bitte nicht
widerstehen konnte. Und so ging alles gut! Eine
unbeschreibliche Freude und Seligkeit lag auf
seinen Zügen, als kurze Zeit darauf die Eltern und
Geschwister zum letzten Besuche zu ihm kamen. Und
strahlenden Auges blickte er noch einmal zur Mutter
empor, als sie schmerzbewegt seine schon erkaltenden
Hände ergriff, und hauchte ihr die Worte entgegen:
“Jetzt ist mir wohl, Mutter! Mein Schutzengel hat
mich erhört! Ich durfte - den Heiland - noch einmal
- heute morgen - empfangen!"
Wenige Augenblicke noch - und Waldemar war friedlich
im Herrn entschlummert, immer noch den verklärenden
Schimmer der Freude auf seinem Antlitz.
Aus “Hoffnung", 13. Jg. Nr. 33 - Pfr. O.W.
Näher als die Eltern
Daß manchem Menschenkind die leiblichen Eltern nicht
so nahe stehen wie der Schutzengel, beweist
folgendes Geschehnis:
Ein zwölfjähriges Hamburger Mädchen ist mit
einem Kindertransport zur Erholung in die Schweiz
gekommen. Die blonde Ursula sieht mit ihren
strahlenden Augen zu der Dame auf, die sie
aufnehmen will. Anfangs zwar etwas scheu und
zurückhaltend, aber dann von ihrer Gastgeberin in
ein freundliches kleines Zimmerchen geführt, faßt
sie bald Zutrauen und beginnt schnell heimisch zu
werden. Die Reise war immerhin etwas anstrengend,
und so ist Ursula recht müde. Weil sie jetzt ein
eigenes kleines Zimmer hat, zieht sie sich bald
zurück. Fräulein Cuzmann, die gastfreundliche Dame,
will nur noch einmal nach ihrer neuen Hausgenossin
sehen und gute Nacht sagen. Aber da hat das sonst
gar nicht mißtrauische Fräulein den Eindruck, als ob
ihr Gast möglichst schnell allein sein will.
So ist sie doch ein wenig in Sorge, da sie das Kind
gar nicht kennt. Woher kommt die Unruhe, das scheue
Wesen? Sie zieht sich also nur scheinbar wieder
zurück und kann beobachten, was der kleine Gast
anstellen möchte.
Wie erstaunt ist sie aber, als das kleine Mädchen
sich vor ihr Bett hinkniet, die mageren Händchen
faltet und langsam ein Abendgebet zu sprechen
beginnt. Dabei schaut sie sich aber immer ängstlich
um, ob nicht jemand kommt. Es entgeht der
Beobachterin nicht, daß in den Blicken des Kindes
etwas mehr ist als bloße Scheu, beim Beten nicht
gesehen zu werden; etwas Angstvolles, Gehetztes!
Nein, sie muß die Kleine doch einmal fragen, warum
sie solche Angst hat. Sie geht noch einmal in das
Schlafzimmer; Ursula erschrickt, verkriecht sich in
ihr Bettchen, und kommt erst nach langem Zureden
wieder unter ihrer Bettdecke hervor. Auf die
erstaunte Frage Frl. Cuzmanns, wovor sie denn solche
Angst habe, erzählt sie schließlich stockend, daß
es zu Hause streng verboten sei, ein Gebet zu
verrichten oder aus einem Gebetbuch zu lesen.
Nach und nach erfährt das Fräulein durch die
Leiterin der Verschickungsaktion, der die Eltern der
Kleinen bekannt sind, die ganze traurige Geschichte
von Ursulas Elternhaus: Die Eltern waren früher
katholisch und erfüllten ihre kirchlichen Pflichten.
Der Mann war Regierungsangestellter. 1938 sollte er
befördert werden, wurde aber übergangen. Man ließ
ihn wissen, daß er nur befördert werden könnte, wenn
er der SSbeiträte. Als ihm seine Frau dann
dauernd in den Ohren lag, gab er schließlich nach
und stellte einen Antrag auf Aufnahme in diese
Organisation. Nun wurde ihm die Beförderung nach
einer bestimmten Bewährungszeit in Aussicht
gestellt, aber an eine neue Bedingung geknüpft: er
sollte auch aus der Kirche austreten. Nach einigem
Zögern waren beide Ehegatten auch dazu
entschlossen. Kreuz und Heiligenbilder wurden aus
der Wohnung entfernt. Die Kinder, die noch kamen,
wurden nicht getauft. Aber äußerlich ging es
aufwärts: Auto, Vergnügungsreisen, kostspielige
Garderobe, alles konnte man sich jetzt leisten. Der
Abfall machte sich bezahlt. Die schöne Uniform und
das Freisein von “kirchlichem Zwang” wurde als
angenehme Dreingabe empfunden.
Der Krieg machte allem ein Ende. In einer
Bombennacht wurde die Wohnung völlig zerstört. Von
den fünf Kindern kamen vier ums Leben und übrig
blieb nur die kleine Ursula. - Nach Kriegsende
mußte der ehemalige SS-Mann seine Staatsstellung
aufgeben und den Lebensunterhalt für sich und seine
Familie als Hilfsarbeiter bestreiten. Das
verbitterte ihn maßlos. In törichtem Trotz suchte
er seiner Wut gegen Gott und alles Religiöse
unverhüllten Ausdruck zu verleihen.
Ursula hatte aber eine Schulfreundin, mit der sie
oft zusammen spielte. Diese besuchte regelmäßig den
Religionsunterricht und erfüllte, angehalten durch
ihre fromme Mutter, treu ihre religiösen Pflichten.
Von ihr lernte Ursula viele Dinge, auch einfache
Morgen- und Abendgebete. Als sie diese aber zu Hause
verrichten wollte, bekam sie von ihrem Vater
Schläge. So mußte sie es heimlich tun und immer
warten, bis Vater und Mutter schliefen; dann ertönte
in dem kalten, heidnischen Elternhaus wie ein
tröstlicher Klang aus der anderen Welt: "Engel
Gottes, Hüter mein! Laß mich dir empfohlen sein..."
Frl. Cuzmann war tief ergriffen von dem Schicksal
Ursulas und lehrte das Mädchen noch viele schöne und
neue Gebete. An Leib und Seele gestärkt, verließ der
kleine Gast das schöne Schweizerland. Und ihr
Schutzengel war immer mit ihr und ließ das Flämmchen
ihres Glaubens zu einem starken, kräftigen Feuer
werden, das einst auch die kalte Umgebung
durchwärmen sollte. Aus “Hoffnung", Jg. 23, Nr.17
Ich sah meinen Engel
Im Jahr 1900 wurde in Brasilien ein Mädchen geboren,
das später Ordensschwester wurde und zu den
Begnadeten gehörte, die ihren Engel sehen konnten:
Cecy Cony, die spätere Franziskanerin Sr. Maria
Antonia. Sie schreibt in ihren Jugenderinnerungen
vom Eingreifen des Schutzengels in vielen Fällen und
auch davon, wie sie immer wieder das Antlitz des
Engels suchte, sah und von ihm Zustimmung oder
Verweis für all ihr Tun ablesen konnte. Ein solches
Erlebnis schilderte sie in dem Kapitel “Der
Zirkusbesitzer” in ihren Aufzeichnungen.
1908 kam ein Zirkus mit kleinen Pferden nach
Jaguarao. Sie schlug das Zelt auf einem großen
Grundstück auf, das für solche Zwecke bestimmt war.
Das Grundstück war nur zwei Straßen von unserem Haus
entfernt. Unser Schulweg führte uns täglich daran
vorbei. Eines Abends nahm uns Papa mit zum Zirkus.
Obwohl er nachher sagte, die Gesellschaft tauge
nichts, der Eintritt sei keinen Pfennig wert, war
ich ganz anderer Meinung. Ich hielt den Zirkus für
das schönste auf der Welt und bedauerte sehr, nicht
jeden Abend dorthin gehen zu können.
Die kleinen Hunde, die auf einer Strickleiter hoch
hinaufkletterten, und sich dann in ein großes
Bettuch hinabstürzten, das Männer unten ausgebreitet
hielten; das kleine Mädchen, das auf einer Kugel
tanzte; das größere, das nur mit den Füßen an einem
Trapez hing: das alles entzückte mich. Am besten
jedoch gefiel mir der häßliche Clown mit dem
gepuderten Gesicht. Er schlug seine Purzelbäume so
schnell, daß er schließlich aussah wie eine rollende
Kugel. Die ganze Gesellschaft hielt ich für von
anderen Menschen ganz verschiedene Wesen. Wie sie,
selbst Kinder von meiner Größe, das alles
fertigbrachten, begriff ich einfach nicht. Um so
mehr aber bewunderte ich sie.
Jedesmal wenn mich der Schulweg am Zirkus
vorbeiführte, blieb ich vor dem großen Tor stehen
und versuchte, durch eine offene Spalte
hindurchzuschauen. Meine Schwestern mußten mich fast
mit Gewalt von dort wegziehen. Ich dachte, wenn mich
doch Mama mit den Zirkuskindern spielen ließe, sie
würden mir dann allerlei schöne Kunststücke
vormachen. Dazu könnte ich den Clown einmal dann aus
der Nähe sehen. Da ich aber im voraus wußte, Mama
und auch Acacia würden es nicht erlauben, faßte ich
den Entschluß, an dem Nachmittag, an dem meine
Schwestern keine Schule hatten, ich also allein aus
der Schule kam, einfach ohne Erlaubnis in den
Zirkus zu gehen. So geschah es denn auch. Ich
stellte mich zunächst an den Eingang und beobachtete
das Treiben der Männer, Frauen und Kinder, die sich
hier herumtrieben, die ich aber nicht für
Zirkusleute ansah. Ich meinte nämlich, diese seien
immer so schön gekleidet wie bei den Vorstellungen.
Dicht neben mir stand ein Mann mit einer Pfeife im
Mund. Ich wandte mich an ihn und fragte: “Sind Sie
vielleicht der Zirkusbesitzer?” Auf sein Ja fuhr
ich fort: “Der Clown und die Mädchen in meinem Alter
haben mir so gut gefallen, daß ich gern mit ihnen
spielen möchte.” Der Mann lachte. Er nahm mich bei
der Hand und sagte: “Nun, dann komm, ich bringe dich
zu ihnen."
Ich hatte aber das große Eingangstor noch nicht
überschritten, da hielt mich mein Schutzengel mit
starker Hand zurück. Er zog mich an der linken
Hand, mit der ich die Büchertasche festhielt, und
der Zirkusbesitzer zerrte mich an der rechten, ließ
aber plötzlich mit einer heftigen Bewegung die Hand
los, stieß mich von sich und sagte: “Du dummes
Ding, mach daß du fortkommst!” Ich erschrak und lief
eiligst davon. Als ich schon nahe bei unserem Haus
an der Straßenecke war, blickte ich nach meinem
Schutzengel. Da sein Antlitz nicht traurig war,
vergaß ich die Sache schnell. Meine Begeisterung
für den Zirkus war dahin. Jetzt, wo ich das alles
niederschreibe, erkenne ich erst, wovor mich mein
Engel bewahrt hat. Heiliger, treuer Freund, dir von
Herzen für deine Treue Dank, und dir, o Gott, Lob! Aus
“Hoffnung", Jg. 23, Nr. 17
Rettende Hand
Wir hatten daheim ein altes hölzernes Haus, das ganz
von Balkonen - “Schrot” nannten wir sie - umgeben
war. Hinter dem Wohnhaus waren die
Wirtschaftsgebäude, darunter auch der Kornkasten, in
dem das Getreide, das Rauchfleisch und auch die
Brotlaibe aufbewahrt wurden. In diesen hölzernen
Kornkästen hielt sich alles frisch, weil sie im
Winter nicht zu kalt und im Sommer nicht zu warm
wurden. Auch dieser Kornkasten hatte seinen Schrot
(Balkon), auf den vom oberen Treppenflur aus eine
Türe hinausging. Diesen Weg gingen wir immer, wenn
wir von der Wohnstube oder Küche aus etwas im
Kornkasten holten, während das gedroschene Getreide
vom Hof aus über eine Treppe in den Kasten getragen
wurde.
An einem Herbstabend - der Tag bleibt mir ewig
unvergeßlich - schickte mich mein Mütterlein
gottselig noch um einen Laib weißen Roggenbrotes
hinauf. Wir hatten damals Zimmerleute im Haus, die
auf den verschiedenen Schroten neue Böden legten,
weil die alten von Wind und Wetter schon morsch und
mürbe waren. Für diese Handwerker brauchte Mutter
das Brot. Als folgsames Kind laufe ich im Dunkel des
frühen Herbstabends die altgewohnte Treppe hinauf in
den oberen Hausflur, trete durch die Türe, die zum
Kornkastenschrot führt, und will auf dem Schrot
weiterlaufen.
Da überfällt mich plötzlich eine Schwäche, daß
mir die Knie zittern, und ich sinke zusammen wie
ohnmächtig. Aber ich bin bei vollen Sinnen und kann
mir nicht erklären, wie mir geschieht. Rasch
überwinde ich die vermeintliche Schwäche und erhebe
mich, um mit ein paar Schritten die nahe Kastentüre
zu erreichen. Aber wieder drückt es mich auf der
gleichen Stelle in die Knie, als läge mir eine
niederzwingende Hand im Nacken. Ich denke noch an
nichts Besonderes und erhebe mich wieder, um das
Brot endlich zu holen. Aber da drückt es mich zum
dritten Mal zu Boden, und diesmal spüre ich's
deutlich wie eine Hand auf der Schulter. - Was mag
das sein?
Jetzt bin ich so in Angst und Schrecken, daß ich
mich nicht mehr weiter wage, sondern auf dem
Bretterboden des Schrotes zurückkrieche und zur
Mutter in die Küche eile, um ihr den Vorfall zu
berichten. Ich sagte ihr, ein Gespenst müsse mich
berührt haben; denn was wäre sonst auf dem Schrot
gewesen, das mich dreimal an der gleichen Stelle in
die Knie zwang? Gesehen hätte ich in der Finsternis
zwar nichts, aber wo käme die Hand her, die ich im
Nacken und auf der Schulter spürte, wenn nicht von
einem unheimlichen Nachtgespenst?
Mutter meinte lächelnd: “Tschapperl, dummes..., wo
soll denn auf dem Schrot ein Gespenst herkommen? Du
hast dich im Finstern gefürchtet und die Furcht hat
dir dann alles so vorgegaukelt. In Wirklichkeit
ist's nichts gewesen. Komm, zünde die Laterne an,
dann gehen wir zusammen auf den Schrot, und du
wirst sehen, daß kein Gespenst da ist."
Mutter nahm das Licht zur Hand und ging mit mir auf
den Schrot. Als sie aber zur Stelle kam, wo es mich
dreimal niedergedrückt hatte, daß ich keinen Schritt
mehr weitermachen konnte, da rief die Mutter
entsetzt: “Heiliger Gott - Kind! Jetzt glaub ich's
selber, was du gesagt hast. Aber es ist kein
Gespenst gewesen, das dich zu Boden drückte, sondern
dein hl. Schutzengel! Schau, einen Schritt nur
wenn du noch weitergegangen wärst, hättest du da in
die Tiefe stürzen und dich zu Tod fallen müssen auf
dem harten Hofpflaster."
Dem lieben Mütterlein traten die Tränen in die
Augen, sie nahm mich in die Arme und drückte mich
innig an sich. “Liebes Kind", sprach sie dann in
heiliger Rührung, “komm, laß uns niederknien und
dem hl. Schutzengel danken für die wunderbare
Rettung! Schau her, die Zimmerleute haben den
alten Bretterboden auf dem Schrot da weggenommen und
den neuen noch nicht gelegt. Was wäre es jetzt mit
dir, wenn du vorhin auf dem Gang zum Kornkasten
ahnungslos ins Leere getreten und auf das harte
Steinpflaster in die Tiefe gestürzt wärest? Nur dein
Schutzengel hat dich gerettet. Heiliger Gott, wie
können wir dir für dieses Wunder nur danken!"
Kinder, so innig hab ich noch nie gebetet wie damals
auf dem Schrot daheim angesichts der gähnenden
Tiefe, vor der mich die Hand meines hl.
Schutzengels errettet hat. Denkt immer daran, und
führt euren Wandel so, daß auch euch euer
Schutzengel nie verläßt. Franz
Schrönghammer-Heimdal
Wo war da der Schutzengel?
Bekenntnis eines Vaters “Elvi, bleib stehen, ein
Auto kommt.” Meine kleine sechsjährige Elvira,
die am Straßengraben gegenüber seltene Gräser
gepflückt hatte, wollte gerade wieder zu mir
herüberlaufen. Ich aber sah ein Auto mit übergroßer
Geschwindigkeit die schnurgerade Straße
dahersausen. Mein Kind hörte mich, schaute zu mir
herüber und hielt einen Moment inne. Dann blickte es
zum Auto und trippelte auf einmal los. Da war das
Unglück geschehen. Noch auf der linken Fahrbahnseite
wurde es vor meinen Augen vom daherrasenden Auto
erfaßt, eine große Strecke durch die Luft
geschleudert und fiel dann auf der Straßenböschung
nieder. Meine beiden ältesten Söhne und ich rannten
schnellstens hinzu.
Das Kind war tot. Mein Ältester hob es auf,
ich nahm es auf die Arme und trug es in mein Haus.
Meine Frau, die nebenan noch in der Abendandacht
war, ließ ich sofort holen. Der Herr Pfarrer, der
gerade mit dem Allerheiligsten den Segen erteilte,
kam auch sogleich und spendete unserer Elvira den
letzten Erweis kirchlicher Gnade, das hl. Sakrament
der Letzten Ölung. Das war am Pfingstsonntag 1965 in
Ludwigsmoos (Bayern).
Am Morgen dieses Tages hatte es ihr großer
Bruder noch an der Hand zur Kommunionbank geführt,
hin zum Tisch des Herrn. Selig lächelnd war es an
seiner Hand wieder zurück auf den Platz der
Kirchenbank gekehrt. Die ganze Gemeinde war
ergriffen, wie so ein großer Bruder so ein kleines
sechsjähriges Schwesterlein zum Heiland führte. Er
hat es wohl in diesem Augenblick schon ganz dem
Heiland zugeführt: “Laßt die Kleinen zu mir
kommen, denn ihrer ist das Himmelreich."
Morgens hat Elvira noch mit ihrer Mama im Bett
gebetet: “Wie fröhlich bin ich aufgewacht! Wie hab
ich. geschlafen so sanft die Nacht! Hab Dank im
Himmel, Du Vater mein, daß Du hast wollen bei mir
sein! Behüte mich auch diesen Tag, daß mir kein Leid
geschehen mag.” - Dann kann es doch auch kein Leid
gewesen sein, was ihr geschah, weil der Herrgott das
Gebet eines unschuldigen Kindes nicht unerhört läßt.
Er hatte es eben fortgenommen in sein ewiges,
seliges Leben. Er wußte, was dieses zarte, geistig
so weit vorauseilende Kind noch alles hätte
durchmachen müssen auf dieser sündigen Welt.
Elvira hatte eine ganz große Liebe zu Jesus. Meine
Frau hat mit ihr oft gebetet, kirchliche Lieder
gesungen, die Bibel gelesen oder sonst religiöse
Schriften. Da durfte man nie aufhören, immer wieder
mußte man weitermachen. “Bitte, lies weiter!” So kam
es ganz bestimmt aus ihrem Mund. Wenn sie ihrer Mama
sagte: “Dich hab ich am allerliebsten", dann
erwiderte meine Frau: “Den Heiland mußt du aber
lieber haben als mich!” Das konnte sie zunächst
nicht ganz verstehen, aber sie bemühte sich und
sagte: “Ja, Mama, ich tu das, aber gleich nach dem
lieben Heiland kommst du.” Als wir unser Kind im
vorigen Jahr zur Frühkommunion anmelden wollten,
weil wir sie schon gut vorbereitet glaubten, sagte
der zuständige Kaplan: “Bringt sie nur mal mit, ich
werde mit ihr ein Büchlein durchgehen, bis sie dann
so weit ist.” Eine volle Stunde gab er sich dann mit
dem Kind ab. Er war so beeindruckt von dem Wissen
des Kindes und seiner Heilandsliebe, daß er sagte:
“Mutter, Sie brauchen nicht mehr mit dem Kind zu mir
kommen; mit dem können Sie jederzeit zur Kommunion
gehen; wenn Sie wollen, dann morgen schon.”
Es war der Samstag vor dem 1. Advent 1964. Tags
darauf, am 1. Adventsonntag, kniete die kleine
Elvira neben ihren Eltern und Brüdern an der
Kommunionbank und empfing zum ersten Mal den
Heiland. Und wie war sie selig! Oft und oft sagte
sie: “Mama, ich freue mich so!” Und wenn die Mama
fragte: “Warum freust du dich denn so?", dann sagte
sie stets: “Ich weiß es nicht, aber ich freu mich
so!” Unbewußt wird sie sich ihrer Kindschaft
Gottes, ihres innigsten Verbundenseins mit Jesus
gefreut haben.
Von früh auf lehrte meine Frau das Kind mit eigenen
Worten zu beten. Das hat Elvira auch oft getan, wenn
sie abends allein zu Bett mußte. Das Alleinsein hat
sie immer so gefürchtet, aber sie hat es meist
tapfer getragen, um zu folgen und dem Heiland eine
Freude zu machen. Oft und oft sagte sie das
Sprüchlein, das ihre Mama sie gelehrt hat: “Das hab
ich mir vorgenommen: in den Himmel muß ich kommen,
mag es kosten was es will, für den Himmel ist mir
nichts zu viel."
Nun hat sie der Herrgott beim Wort genommen und hat
ihr für den Himmel ihr junges Leben abgefordert.
Auch meine Frau hat oft dem Herrn gesagt: “Lieber
tot als eine Todsünde!", wenn sie das Kind in
seiner ganzen Unschuld betrachtete. Und wie hat der
Herrgott jetzt ihre Mama beim Wort genommen, hat
gleich das Allerletzte gefordert. Wir aber haben
jetzt einen Schatz im Himmel. Unser liebes Kind,
das Schwesterlein seiner Brüder, wird uns helfen,
darf es doch ganz sicher so nah beim lieben Gott
sein, daß Er das kindliche Fürbittgebet jederzeit
hört und erhört. Gerade auch das Schutzengellied hat
mein Kindlein so gern mit seiner Mama gesungen:
“O
Engel rein, o Schützer mein, du Führer meiner Seele!
Laß mich dir anbefohlen sein, daß ich vor Gott nicht
fehle!"
Die dritte Strophe aber war ihr immer die
wichtigste:
„Trag
mein Gebet zu Gottes Thron und fleh für meine
Sünden,
hilf mir Verzeihung finden."
Wo aber war da der hl.Schutzengel meines Kindes?
Vielleicht mußte er es geradewegs in dieses Auto
hineinführen, damit es auf dem Höhepunkt seines
Lebens, ganz rein und unschuldig, zum lieben Gott
gehen durfte. Es ist an einem Ort, von dem wir es
nicht mehr zurückholen wollen, auch wenn uns Eltern
der Schmerz noch so zerwühlt und an die äußerste
Grenze des Ertragbaren führt. Wir trösten uns mit
dem Evangelium, das sie selber in der Frühe noch
gehört hat, und über welches der Kaplan auch für
ein Kind sehr anschaulich gepredigt hat: “Nur noch
eine kleine Weile! Und dann werden wir unser
Kindlein im Strahlenglanz wieder sehen."
So tapfer schrieb der Vater dieses Kindes seinem
priesterlichen Freund fünf Tage nach diesem
leidvollen, erschütternden Geschehen. A.M. Weigl
1965
Unsere Wege sind oft vielgestaltig
Es sind gefährliche Wege, dunkle Wege, harte Wege,
traurige Wege. Unsere Engel, die immerdar ins
Antlitz Gottes schauen, wollen uns aus diesen Wegen
heraus dem Lichte entgegenführen. Sie helfen den
Menschen den richtigen Weg zu Gott gehen. Sie
vermitteln klare Entscheidungen, wenn wir an
Kreuzungen anlangen. Sie stärken uns in den schweren
Prüfungen, die Gott uns schickt zur Läuterung. -
Auch in der schwersten Stunde lassen sie uns nicht
allein. A.M. W.
Der hl. Augustinus sagt: “Alles in dieser
sichtbaren Welt ist der Macht der Engel anvertraut."
Der hl. Petrus Damianus sagt: “Wer sich mit der Hl.
Schrift befaßt, weiß. daß eine Menge heimlicher
Kräfte auf dieser Erde weilt, um uns im täglichen
Kampf hilfreiche Hand zu bieten."
Auch Erwachsene haben einen Schutzengel
So kündet Psalm 90,11: “Seinen Engeln gebot
er ja deinetwegen, dich zu behüten auf all deinen
Wegen. Sie sollen auf ihren Händen dich tragen, daß
an keinem Stein sich stoße dein Fuß."
Der hl. Paulus bekennt(Hebr 1,14): “Sind sie
nicht alle dienende Geister, zum Dienste ausgesandt
um deretwillen, die das Heil erben sollen?"
Der berühmte Theologe Prof. Dr. Scheeben schreibt:
„Die
obigen Worte des hl. Paulus zwingen dazu, allen
Engeln wenigstens irgendeine Beteiligung beim
Schutz der Menschen zuzuschreiben.... Die Väter
leiten die Sorge der Engel um die Menschen zum Teil
davon her, daß sie für ihre eigene Seligkeit nicht
zu sorgen brauchen und, im Vollgefühl derselben,
die Menschen ihrer teilhaftig machen möchten... Daß
die Engel, und zwar alle, im Auftrag Gottes als
dessen Gesandte im allgemeinen in irgendwelcher
Weise zunächst für das ewige Heil der Menschen
besorgt sind, ist geoffenbarte Glaubenswahrheit und
selbst schon in dem Namen "Engel” (Bote, Gesandter)
ausgedrückt.
Die einzelnen Funktionen, welche die Engel,
besonders die ordentlichen Schutzengel, gegenüber
ihren Schützlingen ausüben, sind mannigfachster
Art. Sie tun das, was Eltern und Erzieher gegenüber
den ihnen anvertrauten Kindern tun. Die Hl. Schrift
bietet dafür die schönsten Beispiele."
Soweit der Gottesgelehrte. Die Erfahrung des Lebens
bestätigt diese Ansicht, wie wir in den folgenden
Beispielen sehen.
Der Engel Raphael und Tobias
Als Tobias ausging, traf er einen stattlichen
Jüngling, der geschürzt und reisefertig dastand. Er
wußte nicht, daß es ein Engel Gottes war. Er grüßte
ihn und sprach: “Woher bist du, trefflicher
Jüngling?” Jener antwortete: “Ich gehöre zu den
Söhnen Israels.” Tobias fragte ihn: “Weißt du den
Weg nach Medien?” Er antwortete ihm: “Ich kenne ihn.
Alle Wege in dem Land bin ich oft gegangen."
Zum Vater Tobias aber sprach der Engel: “Ich werde
deinen Sohn wohlbehalten hin- und zurückführen.”
Tobias aber sprach: “Reist glücklich! Gott sei mit
euch auf eurer Reise, und sein Engel begleite
euch!"
Zur trauernden Mutter sagte der Vater nach der
Abreise des Sohnes: “Weine nicht! Unser Sohn wird
unversehrt hinkommen und wohlbehalten zu uns
zurückkehren, und deine Augen werden ihn
wiedersehen. Denn ich glaube, daß ein guter Engel
Gottes ihn begleitet und alles gut lenkt, sodaß er
mit Freuden zu uns zurückkehrt.” Bei diesen Worten
hörte seine Mutter auf zu weinen und beruhigte sich.
Nach der Rückkehr gab sich der Engel zu erkennen.
Nach der glücklichen, gesegneten Heimkehr seines
Sohnes rief Tobias diesen zu sich und sagte ihm:
“Was geben wir dem heiligen Mann, der dich
begleitet hat?” Tobias erwiderte seinem Vater:
“Vater, welchen Lohn können wir ihm geben oder
womit können seine Wohltaten gebührend vergolten
werden? Er hat mich wohlbehalten hin- und
zurückgeführt, hat selbst das ausgeliehene Geld bei
Gabelus geholt, hat mir zu einer Frau verholfen und
den bösen Geist von ihr getrieben und ihren Eltern
damit Freude bereitet. Mich hat er bewahrt vor dem
Rachen des Fisches und dich hat er das Licht des
Himmels wieder sehen lassen. Durch ihn sind wir mit
allen Gütern überhäuft worden. Wie können wir ihm
dies alles gebührend vergelten? Ich bitte dich,
Vater, frage ihn, ob er vielleicht die Hälfte von
allem, was wir mitgebracht haben, annehmen will."
Vater und Sohn nahmen ihn also beiseite und baten
ihn, doch die Hälfte von allem anzunehmen, was sie
mitgebracht hätten. Doch er sagte zu ihnen
insgeheim: “Preist den Gott des Himmels und dankt
ihm vor allen Lebenden, daß er an euch sein Erbarmen
gezeigt hat. - Ich offenbare euch nun die Wahrheit.
Als du unter Tränen betetest und die Toten begrubst,
brachte ich dein Gebet vor den Herrn. Weil du
Gott wohlgefällig warst, mußtest du dich in der
Prüfung bewähren. Nun hat mich der Herr gesandt,
um dich zu heilen und Sarah, die Frau deines Sohnes,
von den bösen Geistern zu befreien. Denn ich bin
der Engel Raphael, einer von den sieben, die vor dem
Herrn stehen."
Bei diesen Worten erschraken sie und fielen
zitternd zur Erde auf ihr Angesicht. Der Engel aber
sprach zu ihnen:
„Friede
sei mit euch, fürchtet euch nicht! Denn daß ich bei
euch war, geschah nach Gottes Willen. Preist und
lobt ihn! Es schien zwar, als ob ich mit euch aß und
trank; ich genieße aber eine unsichtbare Speise und
einen Trank, den die Menschen nicht sehen können.
Nun ist es Zeit, daß ich zu dem zurückkehre, der
mich gesandt hat. Ihr aber preiset Gott und
verkündet all seine Wohltaten!” Nach diesen Worten
entschwand er ihren Blicken. (Tob 5,5 u.12,1 f.)
Glück oder Schutzengel?
Nachstehende Begebenheit berichtet H. E. Kraus aus
München und kann in den Münchener Zeitungen vom 21.
Nov. 1936 nachgelesen und nachgeprüft werden.
Es gibt viele Menschen, die bei dem Wort
“Schutzengel” ein Lächeln der Geringschätzung kaum
verbergen können. Und doch hat der Mensch einen
Schutzengel! Ich bin' nicht geneigt, an dieser
Wahrheit rütteln zu lassen, um so weniger, als ich
sie -von anderen Erfahrungen abgesehen - mit einem
Erlebnis aus meinem eigenen Leben belegen kann.
Am 20. Nov.1936 ging ich gegen 10 Uhr in die
St.-Peterkirche in München. Am Hochaltar wurde
gerade ein Brautpaar getraut. Vor der Mariengrotte
verrichtete ich mein übliches Gebet. Nach etwa zehn
Minuten verließ ich die Kirche wieder, um mit dem in
unmittelbarer Nähe haltenden Bus in die Ludwigstraße
zu fahren.
Der Turm der Peterskirche strebt, an den Gehsteig
anschließend, ohne jede Ausbuchtung nach oben bis
zur Estrade, von der aus sich den vielen
Turmbesuchern eine weite und schöne Rundschau auf
die Stadt München darbietet. Ich umschritt den Turm
und wollte gerade eiligen Schrittes den eben
haltenden Bus erreichen, als unmittelbar hinter mir
ein unheimliches Krachen erfolgte. Im ersten
Augenblick hatte ich den Eindruck, als wäre ein
Gerüst von Bauarbeitern horizontal auf dem Pflaster
aufgeschlagen. Ich schaute an der Turmmauer hinauf,
an der ich ein Gerüst angebracht glaubte. Aber an
der ganzen Turmmauer war nichts zu sehen. Nur: aus
der Höhe kam in langsamem Fall ein Herrenhut
herunter.
Da fuhr ein Radfahrer zu mir heran, hielt und stieg
ab. “Da haben Sie eben ein unverschämtes Glück
gehabt", meinte er. “Wieso Glück?” fragte ich.
Der Radfahrer deutete auf einen Kleiderklumpen
seitlich zu meinen Füßen.... Ich wurde leichenblaß;
vom Turm war aus 63 Meter Höhe ein Mann
heruntergesprungen. Und was sich als das
horizontale Aufschlagen eines Gerüstbrettes
angehört, war nichts anderes als das Brechen der
Knochen und Glieder des unglücklichen Menschen beim
Aufschlagen auf das Straßenpflaster. Sofort sammelte
sich eine Menge Menschen an; beherzte Männer nahmen
den Toten auf und trugen ihn in einen nahegelegenen
Hausflur.
Der Radfahrer aber meinte noch: “Nur einen halben
Schritt - dann wären Sie von dem herab sausenden
Körper mit zu Boden gerissen worden und würden wohl
jetzt ebenso in den Hausflur hinübergetragen wie
dieser unglückliche Mensch!"
„Schutzengel",
kam es leise aus meinem Mund.
Der Radfahrer lächelte eigen, stieg wieder auf sein
Rad und fuhr über den Marienplatz davon. Mag einer
sagen, es wäre “Zufall” gewesen, daß gerade der Bus
heranfuhr, der mich veranlaßt hätte, meine Schritte
zu beschleunigen. Mag ein anderer sagen, was immer
er will, ich sage, daß die schirmende Hand meines
Schutzengels sichtbar über mir gewaltet hat. Aus
“Hoffnung", 17/1950
Fünf Menschen wurden errettet
In New York wurde der in der 47. Straße wohnende
Bankbeamte William Cranks mitten in der Nacht durch
das Klingeln seines Telefons aus dem Schlaf
geschreckt. Schlaftrunken erhebt er sich und geht,
unter der Einwirkung starker Kopfschmerzen etwas
taumelnd, an den Apparat, wo er dann feststellt, daß
es sich um eine falsche Verbindung handelt. Wie er
nun seine Frau weckt, um ihr zu sagen, wie unwohl er
sich fühle, bemerkt er zu seinem Entsetzen, daß
die Frau wie leblos im Bett liegt. Schnell reißt er
das Fenster auf und telefoniert sogleich der
Polizei, der es dann gelingt, die Frau und die drei
Kinder mit Hilfe von Sauerstoffapparaten wieder ins
Leben zurückzurufen. Später stellte sich heraus, daß
der Badeofen defekt war und daß deshalb Gas in das
Schlafzimmer einströmte. - Der falschen
Telefonverbindung also hatten hier fünf Menschen
ihre Lebensrettung zu verdanken. - Die fünf
glücklich geretteten Menschen müssen einen guten
Schutzengel gehabt haben. Bildpost: 16. 9. 1962
Der Revolver lag schon bereit
Eine adelige Dame, die ihren Schutzengel von
Kindheit an hoch verehrte, war im Krieg
Rotkreuzschwester. Sie erlebte eine Reihe
merkwürdiger, wirklich auffallender innerer
Ermahnungen, durch die sie die Patienten aus
höchster Leibes- und Seelengefahr erretten durfte.
Sie schreibt diese innere Führung ihrem hl. Engel
zu. Lassen wir sie selbst eines dieser Erlebnisse
berichten:
Es war in Salzburg in einem Lazarett. Ich
pflegte neben vielen anderen auch einen
schwerverwundeten Oberleutnant. Im Nahkampf mit den
Russen waren ihm mehrere Rippen eingedrückt worden.
Seitdem bekam er häufig schwerste Asthmaanfälle,
jedesmal schier zum Ersticken, wenn er nicht
innerhalb kürzester Zeit eine Spritze bekam. Der
junge Mensch war am Verzweifeln, weil es einfach
nicht besser werden wollte. Laut ärztlicher
Anweisung hatte ich ihm jeden Abend eine Spritze zu
geben.
Es war wieder an einem Abend. Ich hatte ihm bereits
die Spritze verabreicht und lag todmüde im Bett. Der
Dienst war ja streng. Da überkam mich auf einmal
eine starke innere Unruhe: “Wenn dieser
schwerleidende junge Mensch einen Revolver bei sich
hätte? - Schau doch einmal nach bei ihm!” Dieser
Gedanke ließ mich nicht mehr los. Ich wehrte mich
eine Weile dagegen, wie man sich als Todmüder gegen
jede Anstrengung wehrt; aber ich bekam keine Ruhe
mehr. Ich mußte aufstehen und nachschauen. Ohne
Licht zu machen, begab ich mich ganz leise ins
Krankenzimmer. Der Patient schlief. Ich bückte mich,
zog den Koffer unterm Bett hervor und fing an, darin
im Finstern zu suchen. Ich tastete die einzelnen
Gegenstände ab. Es war, als führte mich eine Hand. Richtig!
Da war der Revolver. Ich nahm ihn zu mir und
verbarg ihn in meinem Zimmer. Jetzt konnte ich
ruhig einschlafen.
Am nächsten Morgen machte ich, wie üblich, meine
Krankenvisite in allen Zimmern. Als ich das Zimmer
des Oberleutnants betrat, schaute mich dieser
eigenartig fragend an. Ich dachte: Da ist etwas
passiert. Plötzlich fragte er: “Schwester, wo ist
mein Revolver? Haben Sie ihn mir fortgenommen?” “Ja,
ich hab ihn seit gestern Abend auf meinem Zimmer.”
Etwas erregt sagte er: “Denken Sie, Schwester,
ich hätte mich heute Nacht aus Verzweiflung
erschießen wollen, weil ich einfach diese Qual
nicht mehr aushalten wollte.” Jetzt erzählte ich
ihm, daß ich ausgerechnet gestern abend von dieser
Unruhe ergriffen worden sei; alle die Wochen
vorher, in denen ich ihn pflegte, sei mir nicht ein
einziges Mal der Gedanke an den Revolver gekommen.
Ich sagte ihm offen ins Gesicht: “Das verdanken Sie
meinem Schutzengel. Er war der nächtliche Mahner."
Der junge Mann war betroffen. Er sprach sich jetzt
manches Leid von der Seele. Ich hörte mütterlich zu
und konnte ihn dann überzeugen, daß er wieder einmal
gut beichten müsse. Er gestand mir, daß er schon
jahrelang nimmer gebeichtet hätte. Bald war
Gelegenheit dazu. Wir gingen beide zusammen zur hl.
Kommunion. Allein, so meinte er, hätte er nach so
langer Zeit nicht mehr die rechte Schneid. Gern ging
ich mit ihm und dankte dabei dem Herrn für seine
Erbarmung und dem hl. Engel für seine gnadenhafte
Hilfe.
Der Schwerleidende aber ist nach wochenlanger
Behandlung wieder genesen und konnte sich einer
guten Gesundheit erfreuen. A. M. Weigl
Wir lagen in vorderster Kampflinie
Drüben an der Wolga - und im Norden die tobende
Schlacht: zerwühlte Erde, brennende und rauchende
Trümmer, das nie endende Aufblitzen und die
Einschläge der Granaten, Rauchsäulen und das seit
Stunden schon anhaltende, alles in Schmutz und Rauch
hüllende Trommelfeuer der Stalinorgeln - ein
furchtbares, grausiges Bild. Das Wasser tropft von
den Wänden des Unterstandes, unerbittlich geht die
Zeit dahin. Schweigend hocken wir auf engstem Raum
zusammen und sinnen. Wie viele Kameraden sind in den
letzten Tagen gefallen, verwesen nun irgendwo
zwischen den Stellungen! - Man muß alle Seelenkräfte
zusammennehmen, um durchhalten zu können.
Vor einer Woche war hier in vorderster Linie ein
katholischer Feldgottesdienst gewesen. Es war ein
verhältnismäßig ruhiger Tag, und so hatte der
Divisionspfarrer die hl. Messe ziemlich ungestört
zu Ende lesen können. Zum Schluß hatte er uns allen
die hl. Kommunion gereicht. - Im feindlichen Feuer
waren wir Gott wieder viel näher gekommen. Der
Pfarrer hatte in seiner Predigt nicht viel Worte
gemacht, einige kurze, markante Sätze, gerade das
Richtige für uns. Am Ende hatte er uns zugerufen: "Betet
zu eurem Schutzengel! Ihr habt einen mächtigen
Helfer in ihm; vertraut ihm nur!” Dann hatten
wir das alte Lied gesungen: “Du mein Schutzgeist,
Gottes Engel, weiche, weiche nicht von mir..."
Das Feuer draußen wird lebhafter. Wir wissen, heute
Nacht steigt der große Angriff. Die russischen
Batterien beschießen unsere rückwärtigen Linien:
Sperrfeuer! - Ein furchtbares, gewaltiges
Schauspiel! Das Feuer wird verlegt, kommt immer
näher - immer näher. Langsam machen wir uns fertig.
Gegenüber unserer Stellung scheint die Welt
unterzugehen. Wie Nadelstiche dringen Kälte, Wind
und Regen durch unsere verschlissenen,
fadenscheinigen, verdreckten Mäntel. - Plötzlich
das Zeichen zum Angriff. Die jetzt vom Feind
besetzte Stellung soll wiedergewonnen werden. Ein
sumpfiges, von zerschossenen Bäumen und zerwühlten
Gräben bedecktes Waldstück, wie gepflügt alles,
weite Granattrichter, Baum- und Kleiderfetzen;
Leichen, Leichen. immer wieder Leichen - ein Feld
des Grauens. Wir springen von Granattrichter zu
Granattrichter. Einschläge rechts und links, vorne
und hinten. Mit keuchendem Atem, die Stirnadern dick
angeschwollen, so geht es durch die Nacht ins
Unbekannte, ohne den Weg zu kennen, ohne eine
Stellung zu wissen. - Da, der Angriff -scheint zu
stocken. Die russische Artillerie hat sich in den
letzten Tagen genau eingeschossen. Sie belegt uns
mit einem Hagel von Granaten. Der Feind schießt
Sperrfeuer.
Eine irrsinnige Angst umfängt mich, Todesangst
angesichts der Aussichtslosigkeit, aus diesem
Höllenkessel hinauszukommen. Trifft es dich -
trifft es dich nicht? Eine Granate schlägt einige
Meter vor mir ein. Ihren Sprengstücken entging
ich nur dadurch, daß ich tief im Dreck eines
Trichters lag. Die Sekunden werden zu Ewigkeiten.
Ich liege bewegungslos da, den Kopf tief
eingezogen, im gelben Schlammwasser und warte auf
die nächsten Einschläge. Herr und Gott, soll denn
alles zu Ende sein? Mein Herz schlägt bis in den
Hals vor Angst.
Da plötzlich ist es mir, als ob jemand mir zuriefe:
“Bete zu deinem Schutzengel! Er kann dir helfen.”
Der höllische Lärm ist unbeschreiblich, die Nerven
sind zum Zerreißen gespannt. Beten? Wer kann denn
hier beten! “Du mußt beten!” So höre ich
immer eindringlicher eine innere Stimme sagen.
Beten, ja beten! Dann bete ich zu meinem
Schutzengel. Viele Worte machen kann ich nicht
mehr. Ein Gebet fällt mir ein, ein kleines Gebet,
das die Mutter mich einst vor vielen, vielen Jahren
- vor Jahrhunderten, dünkt es mich - gelehrt hat,
das ich als Kind in kindlicher Sorglosigkeit
dahergeplappert habe, das ich schon lange, wie lange
schon, vergessen hatte... : “Hl. Schutzengel mein,
laß mich dir empfohlen sein...” Ich glaube, ich
habe noch nie ein Gebet mit größerer Inbrunst, mit
innigerem Vertrauen, ja mit leidenschaftlicherer
Hingabe gebetet.
Und da, inmitten von Blut und Leichen und im
Angesicht des Todes überkam mich auf einmal ein
tiefes Glücksgefühl der Geborgenheit. Ich wußte,
ich würde durchkommen. - Der Kampf ging weiter.
Durch zerschossene Wälder rückten wir im Granathagel
vor, immer vorwärts - vorwärts durch dichtes
Sperrfeuer, um uns ein Wall Toter und Verwundeter.
Der Lehm klebte dick an Händen und Füßen. Immer
weiter, immer vorwärts, hindurch durch das große
Morden, durch das Donnern, Krachen, Brüllen und
Toben. In zwei Tagen und zwei Nächten hatten wir
einige Kilometer Geländegewinn erzielt, bezahlt mit
Hekatomben Gefallener. Mir geschah nichts. Ich kam
heil durch die Hölle an der Wolga hindurch.
Wenn mich wieder Angst und Furcht in grausamer
Stärke befielen, ich brauchte nur an meinen
Schutzengel zu denken, zu ihm zu beten - und es
wurde ruhig in mir. Ich wußte, Gott hatte die
Entscheidung über mein Leben in seine Hände
gegeben; er hat mich behütet während des ganzen
Krieges; er hat mir die Kraft und Stärke gegeben,
mein Kreuz auf mich zu nehmen und auszuhalten.
„Bleib
mir dann zur Seite stehen, wenn mir Grauen macht der
Tod;
als das kühle scharfe Wehen vor des Himmels
Morgenrot.
Wird mein Auge dunkler, trüber, dann erleuchte
meinen Geist;
daß ich fröhlich zieh 'hinüber, wie man nach der
Heimat reist.”
Aus “Hoffnung", 17/1954
„Seinen
Engeln hat der Herr geboten..."
Es war im Oktober 1960. Wir gründeten eine neue
Niederlassung in Spanien; ich sollte eine Schwester
per Eisenbahn nach Saldania bei Palencia bringen,
während die übrigen im Auto vorausgefahren waren.
Die Reise anstelle der dafür bestimmten, aber
plötzlich erkrankten Oberin kam für mich ganz
unvorhergesehen. Sie fiel in die Zeit des Wechsels
zwischen Sommer- und Winterfahrplan. Ich hatte keine
Zeit mehr, mich etwas in die spanische Sprache zu
vertiefen. Das Hauptverkehrsbüro in München
meldete, daß der Winterfahrplan für das Ausland
noch nicht da sei. Das Verkehrsbüro in Augsburg schrieb
dazu noch unsere Fahrkarte von Irun nach Spanien
irrtümlicherweise nach Valencia statt nach Palencia.
In Ulm wurde das Gepäck nur bis zum
französisch-spanischen Grenzbahnhof Irun
angenommen. So mußten wir unsere Reise mit
verschiedenen Schwierigkeiten beginnen und
fortsetzen. Ich vertraute auf die Führung und den
Schutz der hl. Engel, die ich ohnedies sehr verehre.
Bereits auf dem Weg nach Paris erfuhren wir, daß der
vom Reisebüro angegebene Zug Paris-Toulouse nicht
verkehre. Wir erkundigten uns nach einem anderen und
versprachen gleichzeitig den hl. Engeln die
Aufopferung einiger hl. Messen und Kommunionen, wenn
sie uns glücklich ans Ziel kommen helfen. - So kamen
wir nachts um 12 Uhr nach Toulouse, wo uns die hl.
Engel in ein gutes Nachtquartier führten. Am Morgen
ging es weiter nach Lourdes, wo wir natürlich
Aufenthalt nahmen,, um am Abend schließlich nach
Überwindung großer Reiseschwierigkeiten nach Irun
zu kommen, weil uns wieder unser Fahrplan trotz
eingeholter Erkundigungen in Frankreich sehr
enttäuschte. Abends neun Uhr erreichten wir
glücklich die Grenzstation Irun am Golf von Biskaya.
Alles sprach bereits spanisch. Wir, der Sprache
unkundig, sollten nun erstens unsere verschriebene
Fahrkarte ungültig machen lassen, zweitens eine
neue lösen, drittens unsere Koffer aus dem Zoll
holen.
Ich nahm zu den hl. Engeln meine Zuflucht. Und die
Hilfe kam. Wir stiegen die Treppen des Bahnsteigs
hinauf zur Fahrkartenhalle. Oben stand ein junger,
vornehmer Herr da, gerade so, als hätte er auf uns
gewartet. Er fiel mir durch seine etwas anders
geartete Kleidung auf. Er sprach uns an, ob wir aus
Deutschland kämen. Freudig überrascht fragte ich: “O,
sprechen Sie deutsch?” “Ja, ich spreche
deutsch.” “Sprechen Sie auch spanisch?” “Ich spreche
auch spanisch.” Und weiter: “Kann ich Ihnen
vielleicht etwas helfen? Ich werde alles gerne für
Sie besorgen.” Er machte einen so
vertrauenswürdigen guten Eindruck, daß wir ihm ohne
Bedenken unsere Angelegenheiten klarlegten. Er
besorgte alles, ließ unsere Fahrkarten löschen,
besorgte die neuen und löste das Gepäck beim
Zollamt aus. Ein alter Zollbeamter wünschte,
daß wir die Koffer öffneten. Das gefiel unserem
Beschützer nicht. Er ging weg, kam kurz darauf mit
einem jungen Zollbeamten wieder, der einfach die
Plomben abschnitt und die Koffer herausgab.
Schließlich erbot er sich noch, unsere Koffer zum
Zug zu bringen. Er überließ uns sein Handgepäck;
eine leere Mappe und einen ganz leichten Koffer.
Eben fuhr der Expreßzug ein. Wir freuten uns, einen
guten Reisebegleiter zu bekommen. Allein er hatte
uns gegenüber seine Pflicht getan und verabschiedete
sich mit dem Bemerken, er habe einen anderen, Wagen.
Solange der gütige Beschützer bei uns war, waren
meine Augen gehalten. Als er weg war, durchzuckte
es mich mit freudiger Gewißheit: “Seinen Engeln hat
der Herr geboten...” - Man mag von diesem Erlebnis
denken, was man will: ich freue mich darüber, so oft
ich mich daran erinnere." Sr. W. R. 1965
In schwerster Ehekrise
In einer ganz schweren Not half mir ein Engel
offensichtlich (die Erzählerin und ihr Gatte sind
bereits tot):
Ich hatte nach dem zweiten Weltkrieg ein Mädchen
aufgenommen in Kost und Logis, für ganz billiges
Geld, 10.- DM im Monat. Es war als
Straßenbahnschaffnerin beschäftigt. Mein Mann
besorgte ihm eine Stelle als Wachtmeisterin im
Gefängnis, wo er in der kriminal-biologischen
Forschungsstelle tätig war. Dies Mädchen machte mir
großen Kummer, indem es sich an meinen weich
veranlagten, lungenkranken Mann heranmachte, ohne
daß ich es wußte. Mir fiel nur auf, daß es sehr
gereizt und frech gegen mich war. Und eines Tages
faßte mein Mann den Mut, mir alles einzugestehen: “Laß
mich doch nie allein!” sagte er, “die A. B. ist
stärker als ich, die vergewaltigt mich förmlich...”
- Ich war erschüttert und sagte: “Wann denn?” - "Ja,
wenn du zur Kirche gehst... “ - “Und nachmittags,
wenn du einkaufen gehst.” - Mein Mann kommt um 16
Uhr vom Dienst, und da er krank ist, legt er sich
sofort zu Bett.
Ich blieb also bei ihm sitzen mit einer Handarbeit,
und als sie reinguckte ins Zimmer und mich da sitzen
sah, verschwand sie schnell in ihrem Zimmer (sie
hatte einen Raum für sich), mußte erst den Flur
überqueren und durchs Wohnzimmer, um ins
Schlafzimmer meines Mannes zu gelangen. Mein Mann
hatte mir das Versprechen abgenommen, ihr keinen Ton
zu sagen, sie nichts merken zu lassen, daß ich davon
wüßte. Das war wohl das Schwerste, was in meiner Ehe
verlangt wurde! - Aber ich bat meinen Schutzengel
ganz innig und den ihrigen, daß er sie bewegen
solle, von selber auszuziehen. Denn hätte ich ihr
gekündigt, so hätte ich die Ehre meines Mannes in
Gefahr gebracht.
Das war entsetzlich schwer: dies Menschenkind
weiter noch am Tisch zu haben und in meiner Wohnung,
noch ein halbes Jahr lang. Ich hab diesen Zustand
nur ertragen können, indem ich täglich, stündlich
meinen Engel um Kraft bat. Und er half: das Mädchen
zog von selber aus und ging in Frieden fort. Sie
hatten beide gebeichtet in St. Elisabeth. Es ist
jetzt gut verheiratet an einen Wachtmeister. - Es
war eine furchtbare Kraftprobe damals für mich. Und
ich wäre bestimmt zusammengebrochen, hätte mein
Engel mich nicht gestärkt. Dafür sei ihm innig Dank
gesagt! M. C. 1951
Es war in Rom
Ein junger Russe stand vor mir. Ich hatte den
Eindruck, daß er mit seinen Händen ein Hufeisen
auseinanderbrechen könnte. Er war aus dem Osten
geflohen und erzählte mir: „Ich wurde in Rom, wo ich
mich länger aufhielt, von Landsleuten freundlich
angehalten und gebeten, ihnen Lotse zu einem
bestimmten Punkt der Stadt zu sein. So groß zunächst
meine Freude war, wußte ich doch bald, daß ich in eine
Falle gegangen war.
Nach kurzer Fahrt stand ich zum Verhör in einem Raum
vor einem Tisch, an dem lauter Kommunisten saßen.
Einer mit Pistole an der Seite bewachte mich. Meine
Lage war schlimm. Da rief ich zu den Engeln, und
auf einmal überkam mich eine Kraft, als würde
Eisen in mich fahren, und dann geschah es: Mit einem
Schlag lag der Kommunist neben mir am Boden, und
dann packte ich den Tisch, an dem die anderen saßen,
hob ihn auf und warf ihn auf die Sitzenden und -
draußen war ich. O, mein Engel und ich, wir halten
seitdem noch fester zusammen!"
‘Jetzt
habt ihr andere Gesichter'
Bundeswehromnibusse rollen über die Straßen. Ziel:
Altötting - Franziskushaus! Ich sitze mit meinem
unsichtbaren Begleiter im VW und steuere aus anderer
Richtung auf dasselbe Ziel los. Die Rede mit meinem
himmlischen Begleiter sind nur kurze Gedanken. Auch
die Rede der Engel zu den Menschen ist immer kurz
und knapp. Vergleiche die Hl. Schrift: Apg 12,1-11
oder Mt 2, 13-20.
Ich sage: “Hl. Engel, ruf Großalarm aus für alle
Engel der Gebirgsjäger! Hl. Krieg steht bevor!”
Einige Zeit später: Die Militärfahrzeuge mit über
hundert Gebirgsjägern sind eben in den Hof des
Exerzitienhauses eingebogen, und schon schließen
zwei Schwestern wie Cherube des Paradieses die
großen Tore und verschließen sie fest.
Was der Standortpfarrer Ludwig Radlmaier und sein
treuer Pfarrhelfer und manche betende Mutter seit
Monaten mit viel Geduld vorbereitet haben, das soll
nun in wenigen Stunden durch einen himmlischen
Gewaltstreich zum Abschluß gebracht werden. “O
Gott, in wunderbarer Ordnung hast Du Engeln und
Menschen ihre Dienste angewiesen."
Die Kämpfer von oben warten mit heiligem Ingrimm
auf den Einsatzbefehl - des Priesters. Es ist eine
erbitterte Feindschaft zwischen den Söhnen des
Himmels und den Teufeln. -
„Jetzt
los, ihr Kraftgewaltigen Gottes, schlagt zu!”
Während ich in meinen Exerzitienvorträgen die
Gemüter der Männer zum Gekreuzigten führe und mit
ihnen Gebete der Reue spreche, stürzen sich die hl.
Engel auf die höllischen Rebellen, die sich oft
schon seit Jahren in den Seelen eingenistet hatten,
von Tag zu Tag Sünde und Verführung speiend.
Wenn ein Starker das Haus bewacht, dann ist es
bewacht. Wenn aber ein stärkerer über ihn kommt,
dann ist der Starke verloren, sagt der Herr.
Ein sonnenverbrannter Unteroffizier, die
Gebirgsjägermütze verwegen über die Stirn gezogen,
sagte, bevor er mit seinen Soldaten wieder den Bus
bestieg:
„Ihr
Jäger, wenn ich überlege, wie ihr vor den
Exerzitien dreingeschaut habt, dann muß ich sagen,
daß ihr jetzt schon viel schönere Gesichter habt.”
Man glaubt nicht, was die Gnade Gottes an so wilden
Männern ausrichten kann!
In wichtigen Ehefragen
Aus einem Brief vom 16. März 1965 an den Verfasser:
„Und
jetzt muß ich Ihnen noch etwas erzählen, was Sie
sicher freut, weil es die Engel betrifft. Ich muß
hier im Ort Ehe- und Erziehungsberatung halten,
und Sie können sich denken, daß von dieser
Möglichkeit großer Gebrauch gemacht wird. Manchmal
kann man es kaum fassen, wieviel menschliches Leid
da ist. Oft schicken mir Behörden ihre Sorgenkinder,
wenn sie keinen Ausweg wissen. Die Leute, die
kommen, sind wirklich nicht immer religiös
eingestellt. Wissen Sie, was ich tu? Zunächst
immer vorher zu den Engeln der Beteiligten und dem
meinen beten. Oftmals, eigentlich immer, rufe
ich noch die großen Sieben an, die ich besonders
gern verehre, sowie die Engel des Tages. Dann höre
ich die Leute an und versuche, mich in sie
hineinzudenken und mir nüchtern von ihrer Sorge ein
Bild zu machen. Außer den rechtlichen Mitteln und
Wegen, die mir zur Verfügung stehen, spreche ich
immer, in jedem Fall klar und unmißverständlich von
der Kraft der Engel und ihrer Hilfe. Und das Echo?
Zunächst großes Staunen, oft auch verständnisloses
Schauen. Ja, und dann muß ich, wohl immer, ganz
von vorn anfangen und wie einem kleinen Kind diesen
großen Menschen erzählen, daß wir einen Engel
haben, warum usw. Daß dieser Engel eine Person
ist! Geist mit ungeahnten Kräften. Ich muß erklären,
daß es gute und böse Geister gibt. Und dann geht
immer ein Erahnen über die Gesichter, und jeder
sagt dann: “Ja, wenn das so ist! Warum sagt man
uns das nicht? Das haben wir eigentlich so noch nie
gehört."
Und dann erzähle ich ein bißl von mir, wie oft ich
die Hilfe und Kraft der Engel erlebe, daß ich sie
herzlich lieb habe und verehre, und dann einigen wir
uns immer darin, daß wir gemeinsam zu den Engeln der
Sorgenkinder beten. Und jetzt kommt was Lustiges.
Kommt doch da neulich eine Frau und sagt: Sind Sie
die Frau, die über die Engel erzählen kann? Ich
hätte eine große Sorge, und bei uns im Dorf hat man
gesagt, da müßte ich nach K. fahren.
Sie sehen, sogar von auswärts kommen sie; ich habe
etwas wie eine Engelauskunftei. Ich sage den Leuten
natürlich nur das, was man als Christ über den Engel
wissen soll. Und freuen tut es mich natürlich
mächtig, wenn ich den echten Hunger der Menschen
verspüre. Und nachher bleibt mir halt dann wieder
das Weiterleiten an die Engel. N. E.
Welch begrüßenswerte Gewohnheit, täglich am
Morgen schon die Engel all der Menschen zu grüßen,
mit denen wir tagsüber zusammenkommen! Also die
hl. Engel unserer Eltern, Kinder, Geschwister und
des Hauspersonals; die Engel unserer Chefs,
Arbeitskollegen, Untergebenen; die Engel der Leute
in der gleichen Wohnung, im gleichen Haus, in der
gleichen Ortschaft und in der Verwandtschaft. Als
Geschäftsleute auch die Engel der Lieferanten,
Kundschaften, Konkurrenten und Behörden! Pater
Gerard O. Cap.
Ich schickte den Schutzengel zu Pater Pio
Zwei Eheleute, von denen Mann und Frau Unterricht
gaben, fanden eines Tages, als sie von der Schule
nach Hause kamen, ihr Kind im Fieber vor. Sie
wandten alle Hausmittel an, doch ohne Erfolg. Es war
bereits Mitternacht. Da sagte der Mann zu seiner
Frau: “Wir müssen doch schlafen gehen und morgen
wieder in die Schule. Schlaf du hier beim Kind, ich
gehe ins andere Zimmer schlafen.” Doch bevor er
schlafen ging, fiel ihm ein, daß er in den
P.-Pio-Büchern gelesen hatte, daß man den hl.
Schutzengel zu ihm schicken könne. So tat er es
auch. Es war gerade fünf Minuten vor 1 Uhr früh. Um
3 Uhr wachte er auf. Sein erster Gedanke war:
Was wird mit dem Kind sein? Er hielt sofort
Nachschau und fand das Kind gesund im Bett.
Aus Freude weckte er die Frau auf und sagte: “Das
Kind ist gesund.” Diese gab zur Antwort: “Das kann
ich mir schon denken wieso; ich habe ja, bevor ich
schlafen ging, den hl. Schutzengel zu P. Pio
geschickt.” Es stellte sich nun heraus, daß dies
beide getan hatten.
Aus Dankbarkeit fuhr der Mann einige Wochen später
zu P. Pio, um sich bei ihm persönlich zu bedanken.
Wie er in die Sakristei ging, war soeben P. Pio von
vielen Männern umringt, doch als er diesen Mann
sah, sagte er humorvoll, mit dem Finger auf ihn
deutend: “Bei euch hat man nicht einmal in der
Nacht Ruhe."
Verlegen entschuldigte sich der Lehrer, doch P. Pio
gab gütigst zur Antwort: “Was brauchst du dich zu
entschuldigen? Ich habe immer Freude, wenn
Schutzengel kommen, auch wenn es in der Nacht ist.”
Der Mann wollte sich bedanken. “Geh zum Tabernakel
oder zur Madonna", war die Antwort. Doch der Mann
sagte verlegen und schüchtern (da alle auf ihn
blickten) noch folgendes: “P. Pio, dürfte ich Sie
fragen, welcher Schutzengel war zuerst bei Ihnen,
der von meiner Frau oder meiner?” Lächelnd gab P.
Pio zur Antwort: “Dein Schutzengel war fünf
Minuten vor 1 Uhr bei mir, der von deiner Frau etwas
später!" Karl Wagner: “Pater Pio"
In höchster Lebensgefahr
Am 13.4. 1945 geriet ich als Fürsorgerin in
große Lebensgefahr. Es gab keine Fahrgelegenheit
mehr von meinem Wohnort zum Dienstort. Also wanderte
ich früh um 6 Uhr acht Kilometer bis zu meiner
Dienststelle. Ich kam vorbei an der Kapelle unseres
Missionshauses, wo gerade an diesem Tage eine hl.
Messe für die Anliegen unserer Familie gefeiert
wurde. Ich konnte nur im Geist anwesend sein und
empfahl mich und die Meinen in Gottes Schutz und in
den Schutz der hl. Engel.
Es war bekannt, daß die Alliierten auf unser Gebiet
im Vormarsch waren. Im Laufe des Vormittags holte
ich mir telefonisch noch Anweisungen meiner
vorgesetzten Stelle. Plötzlich erfaßte mich eine
große Unruhe; ich legte den Telefonhörer auf,
noch bevor das Gespräch beendet war, und verließ
mein Dienstzimmer. Eben hatte ich den Hausflur
erreicht, da kam ein Zischen durch die Luft, es
folgte ein harter Knall. Der
Artilleriebeschuß hatte begonnen. Die ersten
Granatsplitter zertrümmerten die Fenster meines
Dienstzimmers und bohrten sich in Kopf- und
Bauchhöhe in die Tür, durch die ich das Zimmer vor
wenigen Augenblicken verlassen hatte. Nun gab es
kein Arbeiten mehr.
Ich suchte Zuflucht in einem benachbarten Heim für
Kinder und alte Leute. Die ganze Belegschaft war
schon in den Luftschutzkellern; man trug gerade die
Mittagsverpflegung herunter. Ich stand noch in der
Heimküche, da zerbarsten in unmittelbarer Nähe
wieder einige Granaten und zertrümmerten die
Fenster im Heim. Mir flogen die Glassplitter um
die Ohren ohne mich zu verletzen. Während des
anhaltenden Beschusses mußten die Kinder und alten
Leute, die alle sehr verängstigt waren, in andere
Kellerräume verlegt werden, da die Verschalungen an
den Luftschutzkellerfenstern herausgeflogen waren.
Am späten Nachmittag bot das ganze Haus einen
trostlosen Anblick, überall zertrümmerte Fenster,
Mauerlücken etc. - Die Straßen waren unruhig.
Verwundete wurden abtransportiert. Kuriere sausten
hin und her.
Mich trieb es zu meinen Angehörigen nach Hause.
Gegen den Rat der Heimleiterin machte ich mich auf.
Ich wählte einen Umweg durch den Wald. Der hl.
Schutzengel mußte mit. An einer Flakabwehrstellung
mußte ich vorbei. Ich hatte sie eben passiert, da
wurde mit solcher Heftigkeit aus allen Rohren
losgefeuert, daß ich vor Schrecken am Boden
landete. Dann aber ging es weiter im Trab. Die Sorge
um meine Angehörigen gab mir letzte Kraft. Es
dunkelte schon, als ich völlig erschöpft zu Hause
ankam. Noch war in meinem Wohnort nichts geschehen.
Auf mein Geheiß ging's anschließend, auch ohne
Alarm, in den Luftschutzkeller. Und in dieser Nacht
setzte der Artillerie-Beschuß auf die Stadt ein, der
manches zerstörte und etliche Menschenleben
forderte.
Unser Haus und meine Angehörigen blieben
verschont. Wir fanden am anderen Morgen im
Garten nur einige Glassplitter. - Und wie an diesem
Tag mußte ich noch an manchen anderen Tagen der
schweren Nachkriegszeit und später den hl. Engeln
für Schutz und Geleit danken.
Es, ist schon ein Geheimnis um die Engel, um ihr
stilles Wirken in unserem ständig bedrohten Leben.
Aber daß Gott sie seinen Kindern als “königliche
Leibgarde” (Scheeben) zur Seite gestellt hat,
ist nicht zu leugnen, und die Dankbarkeit dafür
sollten wir dadurch beweisen, daß wir immer bereit
sind, uns von unserem Engel führen zu lassen und
seinem Anruf zu folgen! G. R.
“Schluß
mit meinem Leben!"
Eine Bekannte von mir war sehr unglücklich
verheiratet. Ihr Mann war Trinker. Fast
jeden Freitag kam er besoffen nach Hause. Die Frau
litt namenlos darunter. Ich wußte um dieses Leid.
Daher besuchte ich sie oft an diesen Tagen, um ihr
etwas Trost zu bringen. Ich schaltete aber auch den
Himmel ein. Jeden Tag rief ich die Schutzengel
dieser Familie, den des Mannes, den der Frau und die
Engel der Kinder an, sie möchten eine
Gesinnungsänderung des Unglücklichen herbeiführen.
Es war wieder an einem Freitag. Ich verspürte eine
mir unerklärliche Unruhe. Ich mußte zu dieser Frau.
Obwohl sie eine Wegstunde von mir entfernt wohnte,
machte ich mich abends noch auf den Weg zu ihr. Kaum
hatte ich sie begrüßt, als sie mir sagte: “Du kommst
gerade recht. Heut will ich Schluß machen mit
meinem Leben. Ich kann nicht mehr. Zwanzig
Tabletten liegen schon bereit. Schau Du, bitte,
hernach auf meine Kinder!” Die Frau war völlig
durcheinander. Ich selbst war auch erschüttert. Ich
bin fast bis Mitternacht geblieben und habe
versucht, alle Geschütze aufzufahren, um sie von dem
Schrecklichen abzubringen. Ich betete dazwischen
immer wieder zum hl. Engel, der die Macht des Bösen
bannen möge. Endlich konnte ich ihr das Versprechen
abringen, vernünftig zu sein. Auf dem ganzen Heimweg
aber beschwor ich ihren Schutzengel und den ihres
Mannes: “Bitte, helft ihr! Besiegt Satan! Laßt sie
nicht untergeh'n!”
Einige Tage später erfuhr ich, daß der Mann viel
früher als sonst am Zahltag nach Hause kam. Er war
auch von einer Unruhe getrieben, wie er sagte,
erfüllt von einer Sorge um seine Gattin. Noch nie
hatte er von einer solchen gesprochen.
Da konnte ich die Hilfe der Schutzengel direkt
greifen. Ich aber hörte nicht auf, für diesen
Unglücklichen und seine Frau täglich weiterhin zu
beten und sie dem mächtigen führenden Schutz ihrer
hl. Engel zu empfehlen. W. P.
Die guten Mächte gegen die bösen Mächte!
Die Bosheit, die Scheinheiligkeit, Falschheit,
Verlogenheit, Ungerechtigkeit, Dummheit und
Eifersucht der Menschen sind Zulassung Gottes, weil
er auch den bösen Willen nicht antastet. Gegen alle
diese bösen Mächte aber hilft die Anrufung der
Engel. Es gilt das Heilandswort: “Es geschehe dir
so, wie du vertraut hast!"
Ein Lkw-Rad rollte wie ein Geschoß ins
Schaufenster!
Leverkusen-Schlehbusch hatte am Mittwoch (29. Mai
1965) nachmittags eine Ereignis, das die Gemüter bis
in die späten Stunden erregte. Ein in Richtung
Mittelberg fahrender Lkw aus Leverkusen hatte auf
der “Bergischen Landstraße” das linke Vorderrad
verloren. Wie ein Geschoß schnellte es über die
Straße und sprang in die Schaufenstervitrine des
Schuhhauses Müller.
Die Vitrine wurde schwer beschädigt. Nur durch viel
Glück wurde größeres Unheil verhindert. Das Lkw-Rad
war zufällig auf eine eiserne Säule der Vitrine
geprallt und gestoppt worden. Sonst wäre es
vielleicht durch das Hauptschaufenster in den Laden
geschossen. Glück hatte auch eine Kundin, die gerade
das Geschäft betreten wollte. Das Rad schnellte nur
einen Meter entfernt an ihr vorbei.
Der Lkw war nach dem Radverlust auf der Achse
gelandet. Verletzt wurde auch dadurch niemand. - So
stand es in der Zeitung. So schreiben und denken die
meisten Menschen unserer Tage: “Nur durch viel Glück
- zufällig -.” Diese Begriffe: “Glück", “Zufall",
“Schicksal” sind heute gang und gäbe. Sind sie aber
nicht im tiefsten Ausflüchte, ja Ausreden einer
nicht mehr christlichen Welt? Ein wirklicher Christ
weiß um das Walten eines persönlichen Vatergottes
und seiner von ihm bestellten Schutzengel, weiß
aber auch um die schädigende Macht böser Engel,
gegen die wir die guten Engel rufen müssen, und zwar
täglich. Hinter allem sogenannten Glück steht
immer Gottes Vaterliebe.
Der Schutzengel führt mich ans Sterbebett
Jeden Morgen fügte ich meinem Morgengruß an Gott
folgende Bitte bei: “O Gott, führe mich durch meinen
hl. Schutzengel den rechten Weg Deiner Gnade und
Liebe; führe mich zu den Menschen, denen ich helfen
soll; führe mich dorthin, wo immer Du mich brauchen
kannst!"
So hat mich am 13. April 1964 wieder einmal mein Weg
ins Krankenhaus geführt. Ich stand auf einem Gang,
wußte aber plötzlich die Zimmernummer nicht mehr, in
der mein Bekannter lag. Da, auf einmal war es, als
ob jemand sagte: “Geh schnell in das Zimmer
hinein, vor dem du stehst!” Ich öffnete die Tür
und siehe, da war der Kranke, den ich besuchen
wollte. Er freute sich sehr über mein Kommen. Ich
unterhielt mich mit ihm. Er war bei vollem Verstand.
Aber mitten in der Unterhaltung zuckte er zusammen.
Seine Kräfte schwanden, sein Gesicht verfärbte sich.
Ich war erst sehr bestürzt, faßte mich aber sofort
und betete laut und eindringlich zweimal: “Mein
Jesus, Barmherzigkeit!” und zweimal: “Jesus, verzeih
uns unsere Sünden!” Ich gab ihm noch mein
Sterbekreuzlein vom Rosenkranz zum Kuß.
Währenddessen tat er den letzten Atemzug.
Als die Angehörigen sofort gerufen wurden, war es
ihnen ein großer Trost, daß ich bei ihrem Vater war
und noch diese Reuegebete vorbeten konnte. Ich
glaube sicher, daß mich der hl. Schutzengel im
rechten Augenblick ans Sterbebett geführt hatte. Frau
M. Sch.
Die hl. Engel halfen zu einem Priesterheim
Ein leidender Priester, der schon lange nicht mehr
in der aktiven Seelsorge tätig sein und nur sitzend
im Zimmer die hl. Messe feiern konnte, suchte in
seinen alten Tagen ein bescheidenes, stilles Heim
ohne seelsorgliche Verpflichtungen. Aber wie sollte
er dazu kommen? Seine Ersparnisse hatte er Zeit
seines Priesterlebens für die Kranken, Armen und
für die Heidenmission geopfert. Da nahm er seine
Zuflucht zur hl. Familie und zu den Schutzengeln.
Diese sollten zu einem Heim verhelfen, in dem er
selbst und nach ihm wieder ein kranker Priester
seinen Lebensabend verbringen kann. Die gute hl.
Familie von Nazareth ist mit vielen Engeln am Werk
gewesen. Das geschah so:
Unerwartet konnte der Priester im Frühjahr 1965 in
der Nähe seiner Heimat ein bescheidenes
Arbeiterhäuschen mit Garten erwerben. Nach wenigen
Wochen schon erhielt er die behördliche Genehmigung
für einen Anbau mit Unterkellerung. Die Witterung in
diesem Frühjahr aber war geradezu katastrophal. Es
gab immerzu Regen, ja oft direkte Wolkenbrüche.
Eigenartigerweise aber störte das Wetter fast in
keiner Weise den Fortgang des Baues. Maurer und
Baumeister sagten: “Wir mußten nie unsere Arbeit
unterbrechen. Wir sind nie bis auf die Haut naß
geworden - wie sonst so oft. Tagsüber war das
Wetter erträglich, während abends nach
Arbeitsschluß oft ein strömender Regen einsetzte.
Es war uns direkt auffällig."
Dank der Hilfe der hl. Familie und der helfenden
Engel fanden sich in rascher Folge auch die
Handwerker, die das Werk vollenden halfen: die
Installateure und Heizungsmonteure, die Elektriker,
Fliesenleger, Spengler, Schreiner und Maler. Wie die
Speichen eines Zahnrades griffen sie rechtzeitig
ineinander und das in einer Zeit, wo Handwerker im
deutschen Wirtschaftsraum wirklich Mangelware
geworden sind.
Täglich segnete der Priester aus der Ferne die
Baustelle, die er selber krankheitshalber nicht ein
einzigesmal besuchen konnte. Täglich grüßte er
die Engel aller Beteiligten, sowohl der Bauleute und
Handwerker wie aller, die damit zu tun hatten.
Im voraus opferte er neun hl. Dankmessen zu Ehren
der hl. Familie und aller Schutzengel, besonders
auch der Engel der Wohltäter.
Die Finanzierung des Heimes war ja mit etwas vom
Entscheidendsten. Dank der Hilfe des Himmels haben
liebe Verwandte und gute Freunde in auffallender
Weise das Heim finanzieren helfen. Es ist ein Heim
der Liebe geworden. Erbaut von der Liebe, erbaut für
die Liebe, für einen kranken Priester geeignet.
Die guten hl. Engel haben greifbar in den 'Herzen
die Liebe mobilisiert. Zu Beginn des
Schutzengelmonats September konnte der kranke
Priester mit den Seinen unter den Segenswünschen des
Bischofs in dieses Heim einziehen.
Nicht genug, dieser Priester, der schon neun Jahre
lang an den Folgen einer Gehirnhautentzündung
leidet, will mit Hilfe der hl. Familie, der hl.
Mutter Anna sowie der Schutzengel das begonnene
Werk weiterführen und auch für andere leidende
Priester, die in der aktiven Seelsorge gar nichts
mehr vermögen, ein stilles Heim schaffen helfen,
womöglich jeder mit einem eigenen Haushalt...
Plötzlich ertönte die Klingel des Hotels
Gedrückt und unlustig nahm eine Frau von nicht viel
mehr als 35 Jahren die mit kostbaren Läufern
belegten Treppenstufen des Hotels. Es wäre müheloser
für sie gewesen, den Fahrstuhl zu benutzen. Aber der
Fahrstuhl war den Gästen vorbehalten und dem
Personal die Benutzung verboten. Frau Anna Beuler
gehörte zum Personal. Sie hatte seit einiger Zeit in
dem Hotel eine Halbtagsstelle inne mit dem Auftrag,
die Zimmer des dritten Stockwerkes jeden Vormittag
in Ordnung zu bringen. Frau Anna litt unter dieser
Arbeit weniger körperlich als seelisch. Aber ihr
Mann war aus dem großen Krieg nicht zurückgekehrt,
und die kleine Pension eines unteren Postbeamten,
der noch nicht viele Dienstjahre hatte, reichte
nicht für sie und ihre zehnjährige Tochter.
Die Mutter hing mit ganzer Liebe an dem Kind. Sie
betrachtete es als heiliges Vermächtnis ihres
Mannes, mit dem sie nur wenige Jahre in glücklicher
Ehe zusammenleben durfte. Gisela aber hing auch an
ihrer Mutter. Wenn sie mittags aus der Schule kam
und Frau Anna fast zu derselben Stunde von ihrer
Arbeit im Hotel, dann gab es stets ein frohes
Wiedersehen, als wären sie nach langer Zeit aus der
Fremde wieder heimgekehrt - das Kind zu seiner
Mutter und die Mutter zu ihrem Kind. Gisela hatte
stets viel zu erzählen von dem, was sie inzwischen
erlebt hatte - in der Schule und auf dem Heimweg.
Doch gestern war Gisela mit Tränen in den Augen
heimgekommen. Die Kinder hätten sie verspottet und
ausgelacht wegen ihres Mantels. Den habe sicher
schon ihre Großmutter getragen, hätten sie gesagt,
so altmodisch und schäbig sehe er aus.
Frau Anna wurde es schwer ums Herz, als Gisela ihr
dies erzählte, und am liebsten hätte sie mit dem
Kind geweint. Sie hatte diesen Mantel von einer
alten Dame für Gisela geschenkt bekommen. Er war
schon etwas abgetragen und auch zu groß für ihre
Tochter. Aber sie war dennoch sehr dankbar gewesen
für diese Gabe; denn sie hatte für den Winter Holz
und Kohlen besorgen und einige Anschaffungen machen
müssen, die für den Haushalt unentbehrlich waren, so
daß das Geld für einen neuen Mantel nicht reichte.
Dafür hatte sie jetzt dem Kinde ein Paar Schuhe
kaufen können. Die alten waren schon seit langem
brüchig, so daß Gisela bei Regen stets mit nassen
Füßen nach Hause kam. Die Mutter hatte gestern ihre
weinende Tochter zu beschwichtigen versucht. “Ach,
Gisela", hatte sie gesagt, “laß sie nur reden!
Diesen Winter hat Mutter kein Geld mehr für einen
Mantel; aber nächsten Winter wirst du - wenn Gott
will -einen neuen bekommen."
Die Tochter hatte sich bemüht, sich damit zufrieden
zu geben. Aber es. war ihr doch sehr schwer
geworden, wenn sie an die Spötteleien ihrer
Schulkameradinnen dachte. “Mutter", hatte sie
gesagt, “weißt du was? Ich trage einfach keinen
Mantel mehr, ich friere ja nicht.” Die Mutter hatte
darauf geschwiegen und im stillen überlegt, ob es
vielleicht doch noch möglich sei, die Anschaffung
zu machen.
Auch jetzt, da sie im dritten Stockwerk des Hotels
die Zimmer reinigte, ließen ihr die Gedanken keine
Ruhe. Während sie ihre Arbeit verrichtete,
überlegte und rechnete sie; doch sie 'fand keinen
Ausweg. So kam sie, mit sich selber und ihrem Leben
hadernd, auf Zimmer 17. Es war ein Einzelzimmer, das
ein vornehmer Herr bewohnte, der vor einer Woche in
einer Prachtlimousine vorgefahren war. Frau Anna
ordnete in gewohnter Geschicklichkeit das Bett und
wollte eben zum Staubtuch greifen, als sie bemerkte,
daß in der halbgeöffneten Schublade des Nachttisches
eine Brieftasche lag. Vielleicht war es nur das
kostbare Krokodilleder, das Frau Anna bewog, die
Tasche in die Hand zu nehmen. Dann aber - es war wie
in einem Zwang - öffnete sie die Brieftasche, und
ihre Augen wurden groß und größer: Geldscheine,
die Frau Anna Beuler in solcher Menge noch nie
gesehen hatte, leuchteten ihr entgegen. Sie
schrak zurück; doch vermochte sie sich von dem
Anblick nicht zu trennen, und eine Stimme raunte ihr
ins Ohr: “Es ist nicht recht: der eine kann sich
alles leisten, und der andere hat nichts - nicht
einmal so viel Geld, um seinem Kind einen
Wintermantel zu kaufen! Arbeitest du denn weniger
als die Menschen, die im Luxus leben? Den ganzen
Tag bist du auf den Beinen, und die anderen fahren
zu ihrem Vergnügen in der Welt umher. Oder bist du
so schlecht, daß Gott dich strafen will mit deiner
Armut?” Frau Anna lachte. Es war ein böses Lachen.
„Nimm
doch wenigstens einen Fünfzigmarkschein heraus",
flüsterte es weiter, “es wird kaum bemerkt werden,
daß er fehlt. Dir aber ist er eine gute Hilfe zu
einem neuen Mantel für dein Kind."
Frau Anna zitterte, und der Schweiß trat ihr auf die
Stirn. Sie bemühte sich, die Versuchung zum
Schweigen zu bringen, doch es gelang ihr nicht.
“Hast du denn dein Kind nicht lieb?” sprach es schon
wieder. “Oder sind die anderen Kinder mehr wert als
deine Tochter?"
Mein Gott, wer war das nur, der auf sie einredete?
Ein Schauer durchrieselte den Körper der Frau, und
sie fühlte, wie sie schwach und schwächer wurde.
Schon suchten ihre Finger nach einem Fünfziger, als
plötzlich die Schelle des Hotels ertönte, dreimal.
Das war das Zeichen, daß sie gewünscht wurde. Sie
legte die Brieftasche hastig in die Schublade
zurück und lief hinunter. “Frau Beuler", rief ihr
der Portier entgegen, “Sie werden am Telefon
verlangt.” - “Wer? Ich?” - “Ja.” Er überreichte ihr
den Hörer. “Wer ist da?” fragte Frau Anna in die
Muschel, “Gisela? Was gibt es denn? - Wie? Nichts? -
Hallo, Gisela? - Hallo!” Keine Antwort mehr.
Frau Anna legt den Hörer langsam und nachdenklich
auf die Gabel. Dann ging sie wieder die Treppen
hinauf. Aber wie war ihr? Sie nahm die Stufen so
leicht und beschwingt und so froh. Was war denn nur
mit ihr geschehen? Auf dem Flur begegnete sie dem
Mieter von Zimmer 17, der die vergessene Brieftasche
geholt hatte. Als Frau Anna an diesem Mittag
heimkam, wartete Gisela schon vor dem Haus auf sie.
“Nicht böse sein, Mutter!” sprang sie ihr entgegen.
“Ich hatte plötzlich so eine Angst um dich und
mußte unbedingt deine Stimme hören.” “Warst du
denn nicht in der Schule, Gisela?” - “Doch, Mutter,
aber ich bin in der Pause schnell zu Krämers nebenan
gelaufen; sie haben ja ein Telefon."
Frau Anna war so erschüttert, daß sie im Augenblick
kein Wort mehr sagen konnte. “Bist du wirklich nicht
böse, Mutter?” hörte sie ihres Kindes Stimme. “Wie
könnte ich denn meinem Engel böse sein!” sagte die
Frau. Aber Anna Beuler dachte nicht an ihr Kind, als
sie dieses aussprach. Sie dachte an den Engel, den
Gott ihr zum Schutz beigegeben. Ob er sich ihres
Kindes bedient hatte, um zu verhüten, daß sie zur
Diebin wurde?
„Wer
denn sonst", sagte sie, “hätte mein Kind
angetrieben, mich in der Pause anzurufen!"
Aber wer wollte diese Frage leichtfertig bejahen?
Wer auch wollte sie verneinen, der glaubt, daß Gott
die Würde eines Menschen so hoch einschätzt, daß er
jedem zu seiner Behütung einen Engel zuwies, der ihm
besonders in der Versuchung mahnend zur Seite steht?
Im Psalm 90 heißt es: Seinen Engeln hat Er geboten,
auf allen deinen Wegen dich zu behüten, damit dein
Fuß nicht stoße an einen Stein.” Was sind
Versuchungen anders als Steine auf unserem
Lebensweg?
I. H. - Aus Eismann-Wiggers Vorlesebuch
Erlebnisse eines Seelsorgers
Als junger Kaplan stürzte ich auf einem sehr eiligen
Versehgang mit meinem Fahrrad über einen steilen
Rain. Ich machte einen richtigen Purzelbaum damit
ins Feld. Dank der Hilfe des lieben Engels ist mir
und dem Fahrrad nichts passiert.
Als Pfarrer wurde ich eines Abends beim Heimfahren mit
meinem Motorrad von einem betrunkenen Autofahrer
gerammt und über die Böschung hinuntergestoßen.
Ich stürzte zwischen eine Telefonstange und einen
Grenzstein hinein. Mein linker Arm war etwas
luxiert. Ich hatte wohl arge Schmerzen, aber sonst
ist nichts passiert. Wie leicht hätte ich mit
einem zerschmetterten Schädel am Grenzstein liegen
bleiben können!
Ein andermal lief mir ein siebenjähriger Bub wie
blind ins Auto hinein. Ich fuhr ihn zusammen wie
ein Huhn. Ich konnte beim besten Willen nichts
dafür. Ich glaubte, der Bub sei tot. Dieser aber
hatte kaum sichtbare Hautabschürfungen an Stirn und
Knie. Seine dreizehnjährige Schwester sagte mir:
“Wir beten alle Tage vor dem Schulgehen miteinander
das Morgengebet und auch zum Schutzengel.”
Wenn ich verreise mit Bahn oder Bus, bete ich gerne,
daß die Gottesmutter und die hl. Engel mir helfen
möchten, daß ich mit solchen Menschen
zusammentreffe, die mich brauchen, denen ich
irgendwie priesterlich helfen soll und darf. Dieses
Gebet wird meistens, manchmal geradezu ergreifend
schön, erhört. Oft gibt es bei diesen Begegnungen
mit Fremden Verbindungen, die jahrelang nach beiden
Seiten hin sich fruchtbar erweisen. Wir sollten es
uns zur eisernen Gewohnheit machen, zu den
Schutzengeln aller Menschen, zu denen wir gehen,
oder die uns begegnen, zu beten! Das gäbe viele
gnadenvolle Lenkung. Pfr. L.F.
Ein geheimnisvoller Bote
- Erlebnis eines
Pfarrers
Es war im Dezember. Draußen war ein schreckliches
Wetter. Ich fühlte mich nicht besonders wohl. Eben
wollte ich zu Bett gehen, als die Nachtglocke der
Pforte läutete.
Als ich auf die Straße trat, sah ich einen kleinen
Jungen mit einer grauen Kapuze sich eben
schleunigst entfernen. Er ging in der Richtung auf
die Grenze zu. Ich rief ihm nach, er möge etwas
warten; er wandte aber bloß den Kopf, machte mir
ein Zeichen, nachzukommen und fing an zu laufen.
Ich kehrte in die Kirche zurück, um das
Allerheiligste zu holen, weckte den jungen Seppli,
meinen Ministranten, auf und ging dann so schnell
als möglich den Weg, den der junge Unbekannte, den
ich nicht mehr sah, genommen hatte. Mein armseliges
Licht leuchtete keine zehn Schritte weit in die
stockdunkle Nacht. Auf der Brücke angekommen, wußte
ich nicht, wohin ich mich wenden sollte. Von dort
führt ein Weg durch das Dorf, ein zweiter auf die
Alm und der dritte neben dem Bach in vielen
Windungen in das Tal des Doubs.
Warum ich diesen letzten Weg gewählt habe, weiß ich
nicht. Vielleicht weil die Hunde im Dorf still
waren, die sicher gebellt hätten, wäre dort jemand
vorbeigekommen. Ich hätte aber ebensogut den Weg zur
Alm einschlagen können.
Der Weg war beschwerlich. Man sah gar nichts. Der
Junge blieb verschwunden, mein Rufen blieb ohne
Antwort. Gut zwanzig Minuten war ich gegangen; ich
wollte eben umkehren, da drang ein leises Wimmern zu
mir: “Mama - Mama!” ich rief: “Heda?” - “Mama -
Mama!” schrie tief unten an der Böschung eine sehr
kindliche Stimme. Wir stiegen hinunter und fanden
unten jämmerlich weinend den Jungen mit der grauen
Kapuze. “Sind Sie wirklich unser Pfarrer? Die
Mutter ist so schlecht daran und mir tun die Füße so
weh!” - Seppli nahm den Buben, der sich den Fuß
verstaucht hatte, auf die Schulter. Wir fanden
die Frau in den letzten Zügen liegend.
Der Sachverhalt war der gewesen: Als die arme Frau
gefühlt hatte, daß es ums Letzte ging, da hatte sie
ihren Jungen zu mir geschickt, den fünfjährigen
Jean. - Später erfuhr ich von dem Kind das
Merkwürdige. Er war gar nicht zu mir gekommen, er
hatte gar nicht die Glocke geläutet - der arme
Kerl hätte in der Nacht den Weg verfehlt, war über
die Böschung gestürzt und ohnmächtig geworden.
Als er wieder zu sich gekommen war, da hatte er
jämmerlich nach der Mutter gerufen. Nicht lange;
denn bald sei ich, der Pfarrer, gekommen. O ja, es
gibt eben mehr Dinge zwischen Himmel und Erde als
unsere Schulweisheit sich träumen läßt; auch das
Wirken der hl. Schutzengel gehört dazu.
“Augsburger
kath. Kirchenzeitung” 39/1954
Plötzlich fällt er um
Ostfront 1945. Klirrender Frost begleitet den
Rückzug des deutschen Heeres in Polen. Längst ist
das Rattern der letzten Wagen im Westen erstorben
-nur ein kleines deutsches Kommando bleibt zurück
und vermint die Straße. Nichts rührt sich im nahen
Wald. Stille, unheimliche Stille allüberall.
Mißmutig und frierend stapft ein junger Grenadier
seine Wachroute entlang. Hin und her. Hin und her. Plötzlich
fällt er um - einfach um auf ebenem
Trampelpfad, ohne auszurutschen oder eingeschlafen
zu sein, und im selben Augenblick zischen die
MP-Garben eines russischen Spähtrupps knapp über ihn
hinweg. Zufall? Oder war es der Schutzengel,
der wußte, daß dieser Grenadier einmal Priester
werden sollte?
- Aus “Maria vom Guten Rat”,
1956/Nr. 9
“Wozu
denn immer das Schutzengelgebet!”
Vor einigen Jahren verletzte sich eine mir bekannte
Frau ziemlich stark an der Hand. Es kam auch noch Blutvergiftung dazu,
und auf ein Haar hätte es ihr bald den Arm und das
Leben gekostet. Als ich davon erfuhr, sagte ich ihr
auf Grund meiner eigenen Lebenserfahrung: “Rufen Sie
doch den hl. Schutzengel an! Wir sind tatsächlich
von so vielen Gefahren umgeben, da tut der Schutz
von oben wirklich not.”
“Ach”,
seufzte sie tief auf, “das habe ich ohnehin mehrere
Jahre lang täglich getan, habe es schließlich teuer
büßen müssen.” - “Was, das Schutzengelanrufen haben
Sie büßen müssen? Nicht möglich! Ausgeschlossen!”
“Nein,
nicht so, ich muß mich deutlicher aussprechen. Daß
ich die Schutzengelverehrung nach mehrjähriger Übung
aufgab, habe ich schwer büßen müssen. Gerade an
jenem Tag, wo mir das Unglück passierte, hatte ich
mir gedacht: Geh, wozu denn immer dieses
Schutzengelgebet! Das paßt doch mehr für Kinder.
Erwachsene Leute können doch auf sich selber
aufschauen und sich in acht nehmen. In Zukunft laß
ich das bleiben! - Und sieh, schon wenige Stunden
danach war das Unglück geschehen. Das merk ich mir
aber!”Altöttinger
Liebfrauenbote 1929
Es wurde immer unheimlicher
Als junger Gymnasiast wurde ich einmal von meinem
Onkel, der Pfarrer in einem größeren
oberpfälzischen Dorf in der Nähe eines
Industriegebietes war, eingeladen, einen Teil der
Sommerferien bei ihm zu verbringen. Müde kam ich
nach einer mehrstündigen Bahnfahrt bei ihm an und
wurde von ihm und einer gütigen älteren Haushälterin
freundlich aufgenommen. Leider fand ich in der
ersten Nacht keine rechte Ruhe. Durch lautes
Schreien wurde ich aus dem tiefen Schlaf jäh
aufgeweckt. Leute liefen lärmend auf der Straße
herum; dann läutete die Glocke des Pfarrhofes. Ich
bekam einen richtigen Schrecken und fand keine Ruhe
mehr bis zum Morgen. Da erfuhr ich, daß in der Nacht
bei einer Rauferei ein Mann erstochen worden war,
und daß man meinen Onkel noch zu dem Sterbenden
geholt hatte. Das war kein guter Anfang meiner
Ferienzeit.
Nicht lange darauf kam eine Frau mit ihrem kleinen
Neffen im Pfarrhof an. Sie wollte unbedingt meinen
Onkel in einer wichtigen Angelegenheit sprechen,
doch er war gerade nach Regensburg gefahren und kam
erst gegen Abend zurück. Da die Frau von weit
hergekommen war, wollte sie unbedingt warten und
dann mit dem letzten Zug kurz vor Mitternacht nach
Hause fahren. Mein Onkel kam, die Angelegenheit
wurde erledigt, und ich erhielt den Auftrag, die
Frau mit ihrem kleinen Neffen zum Bahnhof zu
begleiten, der etwa drei Kilometer entfernt war.
Nach einer Stünde machten wir uns auf den Weg. Als
wir aus dem Dorf heraus in die dunkle Nacht traten,
sahen wir, daß in der Nähe des letzten Lichtmastes
ein Mann stand. Wir gingen nichtsahnend vorbei. Doch
nach kurzer Zeit merkten wir, daß dieser Mann
etwa fünfzig Meter hinter uns herging. Wir
dachten uns nichts weiter und vermuteten, er werde
auch auf den Bahnhof gehen. Ohne zu sprechen gingen
wir weiter. Aber die Schritte des Mannes hinter uns
wurden uns immer unheimlicher. Da sagte die Frau
leise zu mir, wir sollten schneller gehen. Da schlug
auch der Fremde, der uns folgte, einen schnelleren
Schritt ein, so daß der Abstand zwischen ihm und
uns fast immer der gleiche blieb. Jetzt wollten wir
es anders machen. Wir blieben stehen und wollten
den Unbekannten an uns vorübergehen lassen. Doch da
blieb auch er stehen und wartete, bis wir wieder
weitergingen.
Die Sache wurde immer unheimlicher. Auch die Frau
war schon ganz aufgeregt und machtemir
ein Zeichen, daß wir laufen sollten. Wir nahmen den
noch nichts ahnenden Jungen in die Mitte und fingen
zu laufen an. “Warum lauft ihr denn jetzt?” fragte
der Bub, und wir konnten ihm keine rechte Antwort
geben. Wir schauten flüchtig zurück und siehe - auch
der Mann hinter uns lief jetzt. Wir gingen wieder
langsamer und wußten keinen Rat mehr. Mein Herz
klopfte laut. Ich war ja nur ein Junge, hatte keine
Waffe und sollte die Frau mit dem Kind zum Bahnhof
begleiten, damit sie keine Angst hätten, und jetzt
hatte ich selber Angst.
Noch zehn Minuten, und wir kamen in einen tiefen
Wald, den wir durchqueren mußten. Bis wir dahin
kamen, mußte Hilfe kommen. Wir durften auf keinen
Fall uns mit diesem seltsamen Begleiter hinter
uns in den Wald wagen. Aber was sollten wir tun?
Umkehren und ihm gerade in die Hände laufen? In der
ausweglosen Verzweiflung sagte die Frau zum kleinen
Jungen: “Bet mal zum hl. Schutzengel!”
Und schon fing er mit seiner hellen Kinderstimme an:
“Hl. Schutzengel mein, laß mich dir empfohlen sein!”
Weiter kam er nicht, denn da kam plötzlich aus
dem Wald ein Licht heraus und näherte sich uns
mit ziemlicher Geschwindigkeit. Es kam näher, und
ich sah, daß es ein Radfahrer war. Ich schrie
ihm von weitem mit lauter Stimme zu: “Halt! Bitte
halt! Steigen Sie ab!” Er bremste, und vor uns stand
ein kräftiger junger Mann. Aufgeregt erzählten wir
ihm kurz alles. Er leuchtete zurück: der unheimliche
Verfolger war verschwunden.
Der junge Mann begleitete uns durch den Wald zum
Bahnhof, wo wir uns von der Frau und dem Kind
verabschiedeten. Dann begleitete er mich nach Hause.
Auf dem Weg erzählte er mir, daß er gerade von der
Nachtschicht vom Werk komme. Für uns war es klar,
daß ihn der hl. Schutzengel auf das Gebet des
Kindes hin geschickt hatte. Als ich bei meinem Onkel
ankam, bekam ich Schüttelfrost und phantasierte.
Erst nach drei Tagen war ich wieder auf den Beinen
und konnte alles Erlebte dem erstaunten Onkel
erzählen. Aus “Maria vom Guten Rat”, Okt.1959
Mütter erzählen...
Aus Berlin:
Ich kam einmal, als ich noch berufstätig war, aus
der Kirche und wollte über die Leipzigerstraße in
Berlin gehen, um in das Bürohaus zu gelangen. Als
ich auf die Fahrbahn gehen wollte, faßte mich
jemand an. Ich drehte mich um, aber niemand war da.
In dem Augenblick fuhr ein Auto vorbei. Hätte ich
meinen Weg ohne Unterbrechung fortgesetzt, wäre ich
sicher überfahren worden. E. W. 1962
Aus Bayern:
Unser Sohn Sepp war mit dem Bulldogg beim Ackern.
Weil es an einer gefährlichen Stelle war, machte er
es selbst und nicht der Knecht. Auf einmal
überfiel mich daheim eine große Sorge. Ich hatte
keine Ruhe mehr. Was machen? Ich gab in die Richtung
sofort Weihwasser und betete zu seinem Schutzengel.
Eine Viertelstunde nachher kam Sepp, blaß: “Mama, beinahe
wäre ich mit dem Bulldogg drei Meter
hinuntergestürzt, er hängt noch an der Leite des
Abhangs. Hätte ich nicht den Igel, eine kleine
Walze, schon vorher weggemacht, wäre ich mit der
Maschine hinunter, vielleicht tot.” M. K. 1962
Aus Süddeutschland:
Unser Sohn (18 Jahre) fuhr von der Arbeit mit dem
Moped heim, reihte sich in der Hauptstraße ein, weil
er links abbiegen mußte und von unten ein Auto kam.
Er stand also und -wartete; auf einmal hat ihn von
hinten ein Auto angefahren und hat ihn ein paar
Meter vorgerissen. Das Hinterrad war
zusammengedrückt und er selbst saß auf der Straße.
Der Autofahrer hinter ihm war scheinbar nicht ganz
nüchtern gewesen. Das war im vergangenen Herbst.
Unser Sohn kam mit dem Schrecken davon. Er ließ das
Moped stehen und ging heim, ganz blaß, und sagte:
“Mama, heut hab ich einen guten Schutzengel gehabt,
ich könnte tot sein.”
Die Polizei, die gerade dazukam, fragte unsern Sohn,
wie das war. Er konnte nur sagen: “Ich weiß es
nicht. Auf einmal saß ich auf der Straße.” Der
Polizist hat geschmunzelt und gesagt: “Mehr Glück
kann man nicht haben.” - Ich muß noch beifügen, daß
wir seit siebzehn Jahren täglich abends den
Fatima-Rosenkranz beten und anschließend das Gebet:
“Ihr hl. Engel meiner täglichen Umwelt...”
M. B. 1963
Mit Hilfe der Engel ging es - Eine Schwester
berichtet:
Vielleicht macht es Ihnen Freude, wenn ich Ihnen
sage, daß ich, neu angeregt durch Ihr Schriftehen,
wieder viel mehr zu den hl. Engeln bete und auch
andere dazu anrege. Als Leiterin der Pfarrbücherei stand
ich kürzlich vor einer direkten Krise: Meine Kräfte
versagten und alle Mitarbeiter “spurten” nicht,
so daß ich bereits unserm Präses gesagt hatte: “Ich
kann nicht mehr! Was halten Sie von dem und dem als
Nachfolger?” H. H. Kaplan hatte schon ja gesagt und
ging. Es war Abend. Ich betete zu den hl. Engeln
aller Beteiligten - setzte mich nachts, ganz spät
noch, hin und schrieb auch dem H. H. Kaplan: “Stop!
Vielleicht geht's doch ohne wesentliche Änderung,
aber bitte, beten Sie mit mir zu den hl. Engeln
aller Beteiligten und zum Hl. Geist!” Die
Antwort: “Ja, das will ich tun!” Heute läuft alles
bestens. Wir haben die Ausleihzeiten verlegt, wir
haben jetzt drei Mitarbeiter weniger, aber die, die
dabei sind, sind ganz und gar dabei!” L.W. 1962
Eine Lehrerin schreibt:
Als junge Lehrerin, bestimmt nicht den
Hinterhältigkeit des Dritten Reiches gewachsen, mußte
ich zur Gauamtsleitung in X. Es galt, die
Anstellung zu erkämpfen! Gewiß, innerlich war ich
bereit, dem Herrn den Beruf zu opfern. Aber ebenso
klar wollte Gott trotzdem das Bemühen darum. Die
Regierung hatte mir, auf Grund der Qualifikation,
versprochen, daß ich beim ersten Schub der
Anstellung sein sollte. Tatsächlich wurde ich
übergangen. Grund: Vor allem meine vorausgehende
Arbeit in der katholischen Jugend. Der Tag des
Kampfes kam. Ich empfing die hl. Kommunion. Zur hl.
Messe war nicht mehr Zeit. Nach der hl. Kommunion
innere Anregung: “Öffne den Schott!” Ich tat es,
und mein Auge fiel auf die Schriftstelle: “Siehe,
ich sende meinen Engel vor dir her...” Dann schaute
ich nach dem Tag: 8. Mai, Erscheinungsfest des hl.
Erzengels Michael. - Mit Mut und Vertrauen fuhr ich
zur Gauamtsleitung. Keine Spur mehr von Angst, aber
das Bewußtsein des Zeugen: “In jener Stunde wird es
euch gegeben werden!”
Der betreffende Parteimann hatte mir gesagt: “Ich
habe Achtung vor Ihnen, weil Sie Überzeugung
haben...” Die Anstellung erfolgte. An einem
abgelegenen Ort durfte ich im Verborgenen wirken als
christliche Lehrerin, sogar im Sinne des
Kommuniondekretes Pius X. bezüglich der
Frühkommunion. K. H. 1965
Mir selbst war nichts passiert
So schreibt ein Mann: Bin 74 Jahre, noch rüstig und
fahre noch gerne Rad, fühle mich sicher im Verkehr;
vor mir braucht keiner in Sorge zu sein, umgefahren
zu werden; aber ich bin öfters in Sorge, angefahren
zu werden. Fahre fast alle Tage zur hl. Messe. So
fuhr ich auch am 1. Dez. 1961 zur Abendmesse um 1/27
Uhr. Es war sehr finster und regnete dazu. Mein
neues Rad war vorschriftsmäßig beleuchtet, hinten
und vorne, auch die Pedale. Ich fuhr ganz rechts auf
der Fahrbahn. Da überholte mich ein Lastzug, ich
wurde von dessen Anhänger am linken Mantelärmel
erfaßt, vom Rad gerissen, auf die Fahrbahn
geschleudert; ich lag jetzt hinter dem Lastzug,
das Fahrrad auf mir.
Im Moment kein Gegenverkehr, auch von hinten die
nachfolgenden Autos etwa sechzig Meter zurück. Ich
raffe mich schnell von der Fahrbahn auf, setze mich
wieder aufs Rad, als wenn nichts passiert wäre, und
fuhr weiter; zwar hing am linken Mantelärmel ein
Fetzen herunter, den mir das Fahrzeug ausgerissen
hatte. Mir selbst war nichts passiert, auch mein Rad
hatte keinen einzigen Kratzer davongetragen. Ob der
Lastwagenfahrer mich überhaupt gesehen hat, weiß
ich nicht. Er fuhr sein Tempo weiter, vielleicht war
sein Scheibenwischer nicht in Tätigkeit oder nicht
in Ordnung, oder er selbst benebelt.
Mein hl. Schutzengel hat mich hier sichtlich
beschützt, ich bete ja auch täglich zu ihm. Habe
schon oft in meinem Leben, besonders in den Kriegs-
und Nachkriegsjahren erfahren, was die Engel für uns
Menschen bedeuten, besonders wenn man sich ihnen
anvertraut im Gebet.
Alfred Gillner 1962
“Hart
an den Randstein heran!”
Ich fuhr in Fürstenfeldbruck vor ungefähr dreißig
Jahren mit dem Fahrrad den etwa vierzig Meter
breiten Marktplatz hinauf. Vor mir lag das große
Amtsgerichtsgebäude, das den ganzen Platz
abschließt. Links weg führt die Straße nach Puch,
in dessen Friedhof der berühmte Rembrandtdeutsche
Langbehn wunschgemäß seine letzte Ruhestätte
gefunden hat. Rechts weg gehen die Straßen nach
Augsburg und nach Maisach. Ich fuhr ziemlich
schnell, etwa zehn Meter links vom Bürgersteig, den
Marktplatz aufwärts. Da sagte eine innere Stimme zu
mir: “Nicht mehr treten, ganz an den Randstein
fahren!” Ich war etwa zehn Meter vor der Kurve,
Richtung Maisach angekommen. Als ich ungefähr einen
Meter vor der Kurve fuhr, kam ein Auto in hohem
Tempo um die Kurve gebraust. Wäre ich nicht am
Randstein gewesen, so wären wir beide frontal
zusammengestoßen, und ich wäre zerschmettert am
Boden gelegen. Gleichzeitig kam ein Mädchen von etwa
18 Jahren aus der Pucherstraße mit ihrem Rad daher.
Das Auto überfuhr das Rad. Es war unbrauchbar. Das
Mädchen selbst machte einen Salto mortale und stand
völlig unverletzt auf seinen Beinen. Als ich dies
sah, fuhr ich weiter. Auf dem Rückweg stellte ich
die Bremsspuren des Autos fest: 25 Zentimeter neben
dem Randstein des Bürgersteiges. So umsorgt der gute
hl. Schutzengel, der einen jeden durchs Leben
geleitet, das ihm zur Führung anvertraute
Gotteskind. “Ihre Engel schauen im Himmel allezeit
das Angesicht meines Vaters, der im Himmel ist”,
sagt Jesus (Mt 18,10). Gott hat jedem Engel seine
Aufgabe zugeteilt. “Siehe, ich sende meinen Engel
vor dir her, damit er dich auf dem Weg behüte und
dich an den Ort bringe, den ich für dich bestimmt
habe.” Pater I. R. 1965
“Hab
acht auf deinen Engel und gehorche...”
Es war am 1. Mai 1943. Ich sollte um 15 Uhr eine
Seelsorgsaushilfe auf den Weißen Sonntag antreten.
Ich war spät daran und hatte es eilig. Von einem
Mitbruder entlieh ich ein Damenrad mit einem
Kindersitz auf der Balance. Ich steckte meine
Aktentasche in den Kindersitz. Da hörte ich die
innere Stimme: “Bind's an!” - Ach, dachte
ich, bis ich lang eine Schnur hole, stecke ich sie
recht fest in den Kindersitz. Und fuhr ab. - Auf
die Asphaltstraße gekommen, gab ich Tempo, da es
nun einen Kilometer abwärts ging. Aber dann
geschah's. Ich wußte nichts mehr davon. - Nur:
Jetzt bekommst du die hl. Ölung. Später sah ich den
Arzt vor mir. Ich lag im Krankenhaus. Was war
geschehen? Die Aktentasche war aus dem
Kindersitz geglitten und in das Vorderrad
hinabgerutscht. Ich selbst war auf die Straße
geschleudert worden. Das Kinn war vom Kinnbacken
gelöst und mußte mit einer siebenfachen Naht
festgemacht werden. Ich hatte außerdem einen Schädelbruch erlitten
und war so entstellt, daß mich nicht einmal mein
Vater erkannte. Erst am 25. Mai konnte ich aus dem
Krankenhaus entlassen werden, war aber
gesundheitlich noch lange nicht auf der Höhe. - All
das war die Folge meines Ungehorsams gegenüber
jener warnenden “Stimme” meines hl. Schutzengels,
die mir doch so bekannt war. Pater I. R. 1965
Ich schrie: “Schutzengel!”
Heute war wieder Gruppennachmittag (Schönstatt
Bund). Da wir Bundesschwestern ziemlich verstreut in
unserem bayerisch-schwäbischen Heimatland wohnen,
müssen wir uns immer einen Treffpunkt ausmachen,
wohin alle ungefähr gleich gut kommen können und wo
auch gleichzeitig ein geeigneter Rahmen geboten ist.
Heute war es wieder Krumbach in Schwaben. Meine
Bundesschwester Elfriede, eine Müllerstochter, nimmt
mich immer in ihrem Opel Rekord mit. Ich habe mich
bei ihr im Wagen immer wohler gefühlt wie in anderen
Autos. Wir beten nämlich immer den Rosenkranz, wenn
wir so unterwegs sind. Heute waren die Straßen den
ganzen Tag eisfrei und die Hinfahrt klappte sehr
gut, obwohl ich ihr fortwährend von P. Petrus
erzählte, dessen Predigten in Roggenburg ich eben
hinter mir hatte.
Nach einem eifrigen Gruppennachmittag mit
anschließender Kaffeestunde verabschiedeten wir uns
als erste, da Elfriede es um diese Zeit immer schon
eilig hat, wieder heimzukommen in den Stall. Unsere
Gruppenführerin wünschte uns eine gute Heimfahrt
und sagte noch: “Glatteis hat es ja heute nicht.” - Wir
fuhren zum Ort hinaus, Richtung Weißenborn, meiner
Heimat zu, dort werde ich immer vors Haus gebracht,
und Elfriede muß noch weiter bis Remmeltshofen bei
Neu-Ulm. Ich suchte nach meinem Rosenkranz, den ich
im Auto - schon wegen des Ablaß- und
Sterbekreuzchens - immer in die Hand nehme.
Elfriede sagte: “Suchst du etwas?” “Ja, meinen
Rosenkranz.” - “Bete nur laut, dann kann ich
mitbeten!” So taktvoll und entgegenkommend ist sie,
meine gute Elfriede. -
Während des Betens sah ich, daß die Straße einen
Filmüberzug hatte, sie schimmerte verdächtig
matthell. Ich dachte, daß Elfriede das ja auch
sehe, und betete weiter. Nach dem Krumbacher Wald
fällt die Straße in eine berüchtigte Doppelkurve, an
deren Rändern schon mehrere Leichensteine stehen
dürften. Ich schaute auf den Tacho; 80 km. Elfriede
sah das Warnungsschild und ging mit der
Geschwindigkeit herunter. Sie bremste in der Kurve
- und wir gerieten ins Schleudern. Ich sah
nur, wie wir plötzlich quer, zur Fahrbahn waren. Ein
dumpfer Schlag: wir flogen im Auto hin und her,
schlugen mit den Köpfen zusammen und dann sah ich,
wie die linke Wagentür aufging und Elfriede vom Sitz
gestoßen hinausrutschte, sich aber am Steuer noch
einhielt. Der Wagen wurde vom Anprall an den
Grenzstein zurückgestoßen, tanzte nochmals - ich
schrie “Schutzengel!” und dann schauten wir uns nur
noch an. In der nächsten Sekunde stand der Wagen -
im Straßengraben, ein weiterer Grenzstein hatte ihn
gestoppt.
Uns beiden fehlte nichts, praktisch nichts. Wir
kamen kaum zur Besinnung, da standen schon ein paar
andere Autofahrer da, sie zeigten Anteilnahme und
Hilfsbereitschaft. Trotz des Hinausrutschens aus dem
Auto hatte Elfriede nur einen schmutzigen Mantel
und ich hatte leichte Kopfschmerzen. Aber das Auto!
Zwei Grenzpfähle ausreißen, das sieht man auch einem
Opel Rekord an. Ein Trumm lag auf der Straße, ich
glaube, es war der Wagenheber; die Kotflügel an
allen Seiten eingedrückt. Jedoch kein Glas kaputt
und der Motor und die Reifen ganz. - Was tun? Weit
und breit ist in der ganzen Gegend kein
Unfallkommando, nicht einmal ein Telefon. Der Mann,
den die Vorsehung uns in diesem Augenblick geschickt
hat, sagte: “Der Wagen läuft weiter, wir müßten ihn
bloß aus dem Graben heben.” Sofort packten die
inzwischen auch herzugekommenen anderen Männer an,
und ich stoppte oben an der Kurve so lange die
anderen Fahrzeuge, mit dem Kopftuch winkend und
gewärtig, daß auch sie ins Schleudern kommen und
mich, wie wir den Grenzstein, überfahren könnten.
Im Nu stand unser Wagen wieder in Fahrtrichtung. Ich
fiel schier hin, so spiegelglatt war die Straße;
dann faßte ich die Tür des Unglücksautos - und stieg
wieder ein. - Der gute Herr klärte uns noch sachlich
auf, was zu tun sei, und verschwand. Wir konnten
kaum Vergeltsgott sagen. Elfriede nahm das Steuer
wieder in die Hand. Wir fuhren ganz langsam weiter
und beteten da weiter, wo wir aufgehört hatten. Wie
hätte das ausgehen können! Wie schwer sind andere
bei geringeren Geschwindigkeiten schon verunglückt!
Und in so abgelegener Landschaft! - Mein guter
Schutzengel! Nicht einmal schwer aufgeregt haben
wir uns. Ist das nicht ein Triumph der hl. Engel!
Nachher erfuhr ich, daß Elfriede das Glatteis nicht
gesehen hatte, auch die Tücke der Kurve nicht
kannte. Ich werfe mir jetzt vor, daß ich nicht
gewarnt hatte. Wilhelmine Wagner 1962
“Ich
besprach alles mit dem Engel.”
Seit meiner Kindheit verehre ich die Engel innig.
Doch ganz lebendig erst, seitdem ich P. Winkel
kennenlernte 1932. Den frommen Jesuiten, der uns
getraut hat und der am 7. April 1941 an einer
Angina starb. Er lebte ganz mit seinem Engel und
erreichte viel von den Engeln seiner Umgebung. Das
habe ich von ihm gelernt! Wenn ich ihn auf dem
Bahnhof in Hannover abholte, so war es unmöglich,
ihn in dem Gewühl zu treffen. Aber
erstaunlicherweise hielt der D-Zug mit dem Abteil,
in dem P. Winkel saß (er stand am Fenster und winkte
meistens), immer gerade da, wo ich wartend stand.
Als ich ihm meine Verwunderung darüber ausdrückte,
sagte er ganz schlicht: ich habe deinem Engel
Bescheid gesagt.- Und in all der drückenden
seelischen und auch körperlichen Not, die das
Verlöbnis mit einem Lungenkranken mit sich bringt,
hat uns der Schutzengel oft geholfen. Seit P.
Winkel besprach ich alles mit meinem Engel, lebte
richtig mit ihm, bat ihn, mir die Kohlen mit
hinauf zu tragen aus dem Keller, da ich schwächlich
bin. Er tat es, denn bald schienen sich meine Kräfte
zu verdoppeln.
Einmal mußte ich Holz holen. Die Frau, die mir
helfen wollte, sagte in letzter Minute ab. Die
Kinder waren in der Schule. Aber der Bauer, der das
Holz gesägt hatte, wollte sofort den Hof blank
haben. Da nahm ich voll Vertrauen die schwere
Schubkarre und bat meinen Engel, mir zu helfen. Er
tat es! ich fuhr achtmal die schwere Schubkarre mit
dem Holz nach Hause und verstaute alles allein bzw.
mit meinem Engel im Keller, ohne Schaden zu leiden,
denn ich war damals lungenkrank, hatte eine kleine
Kaverne und durfte an sich so schwere Arbeit nicht
tun. Aber es ging gut mit Hilfe meines Engels.
Einmal - es war kurz nach dem Autounfall meines
Mannes(Anfang Dezember 1947) - fuhr ich nach
Hannover, um im Vinzenzkrankenhaus mein Gedicht für
die Weihnachtsfeier abzugeben, um das mich Sr. Beda
gebeten hatte. Sie gab mir für meinen kranken Mann
eine Flasche Erdbeersaft, Apfelmost und Butter mit.
Beim Bahnhof hielt die Straßenbahnlinie 3, mit der
ich bis Endstation Empelde fahren mußte. Doch als
ich einsteigen wollte und schon auf dem Trittbrett
stand, drängten drei Männer in dem Gewühl dermaßen,
daß ich herunterstürzte und auf dem Asphalt lag;
die Bahn fuhr ab. Ich hob meine Einkaufstasche hoch,
damit nur ja der Erdbeersaft für meinen kranken Mann
nicht auslief und die Flaschen heil blieben, da doch
so große Not an Lebensmitteln war. An mich selber
dachte ich nicht. Wie betäubt lag ich da. Auf
einmal sehe ich ein bekanntes Gesicht: eine Dame
hebt mich auf und geleitet mich in die nächste
Straßenbahn und fährt ganz mit. Sie sagte: “Vor
einem Jahr haben Sie mir anempfohlen, meinen
Schutzengel ganz lebendig zu verehren. Ich hatte
gerade Dienst in der Bahnhofsmission. Da fühlte
ich mich plötzlich innerlich getrieben, hierher zu
kommen an die Haltestelle der “3", und da sah
ich Sie auf der Straße liegen.” - Es war die
Lehrerin aus Empelde, die mich früher in R. mal
besucht hatte. Offenbar hat mein Schutzengel sie
herbeigeführt, um mir zu helfen. M. C. 1951
Ihre Hilfe blieb nie aus
Kapuzinerpater Gerard Segmüller, bekannt als
Schutzengelpater, bleibt mir, so schreibt eine
Münchnerin, seit meinen Kindheitstagen in steter
Erinnerung. Ich entsinne mich noch sehr gut seiner
Predigten in St. Josef, die auf meine kindliche
Seele tiefen Eindruck machten. Er ist es, dem ich es
vor allem verdanke, daß ich schon frühzeitig in
meinem Leben meinen eigenen Schutzengel und die
meiner Umwelt verehren und lieben lernte. Es ist
gewiß nicht mein Verdienst, sondern Gnade Gottes,
wenn es mir zur Gewohnheit geworden ist, die
Schutzengel all der Menschen, die mir nahestehen und
die ich in Gefahr weiß, stets vertrauensvoll
anzurufen. Ich muß gestehen, die Hilfe der hl. Engel
blieb nie aus. Es war oft so, als wäre hier ein
wahres Wunder geschehen. Es ist etwas ganz Großes um
die gläubige Verehrung der hl. Schutzengel. Ich
grüße täglich auch die Engel aller Verlassenen und
Leidenden, aller Verzweifelnden und Sterbenden. F.
O.1961
Die unsichtbare Macht
Durch die systematischen Luftangriffe auf Stettin
wurde ein Stadtbezirk nach dem anderen zerstört.
Aber nie werde ich den einen Samstag im Herbst des
Jahres 1944 vergessen, an dem mein Leben
wunderbarerweise gerettet wurde.
Ich wollte zum Dienst gehen, und meine Tochter
steckte mir einige Fettmarken zu, damit ich in einer
Fischküche mein Mittagessen einnehmen konnte. ich
wunderte mich darüber, weil damals die Fettmarken
recht kostbar waren, und fragte auch, ob sie sie
denn entbehren könne. Doch meine Tochter antwortete:
“Ja! Ich habe sie gerade für dich aufgespart, weil
ich weiß, wie gerne du Fisch ißt.” So nahm ich
dankbar an und ging zur Arbeit.
An Samstagen arbeite ich gewöhnlich bis zwei Uhr
nachmittags in einem Baubüro. Nun bewog mich irgend
etwas, an diesem Tag eine Stunde früher Schluß zu
machen. Ich wollte noch zur Essigfabrik K. fahren,
bei der ich Monats- und Jahresabschlüsse sowie die
Überwachung der Buchhaltung übernommen hatte. Als
das besorgt war, erlaubte ich mir, voll Stolz auf
meine Fettmarken, die Prokuristin der Essigfabrik
zum Fischessen einzuladen. Doch diese erwiderte
mein Angebot mit einer Gegeneinladung: “Herr N., Sie
sind doch ein großer Kuchenfreund. Ich kaufe guten
Kuchen, koche Bohnenkaffee, und Sie essen mit uns.
Ihre Fettmarken werden Sie schon noch früh genug
los.” Frau R. war nicht weniger eigensinnig und
bestand auf ihrer Einladung. “Wenn Sie denn durchaus
nicht wollen, gehe ich eben allein!”
Damit verließ ich das Büro. In der Fischküche ging
es lebhaft zu, aber kaum war ich mit dem Essen
fertig - heulten die Sirenen Vollalarm. Der Sender
meldete: “Mit einem Terrorangriff auf Stettin ist
zu rechnen. Starke Bombengeschwader im Anflug auf
die Stadt.” Jetzt wollte ich so schnell wie
möglich zurück zur Essigfabrik. Der Weg führte am
Bahnhofsbunker vorbei.. Als ich ihn erreicht hatte,
blieb ich plötzlich stehen. Eine innere Stimme sagte
mir: “Gehe nicht in den Fabrikbunker, sondern in
diesen hier!” Nachdenklich folgte ich dieser
Einsprechung und stieg in den sicheren Bunker hinab.
Schon nach etwa fünf Minuten verkündete der
Stadtsender: “Der Angriff auf unsere Stadt
beginnt.”
Im gleichen Augenblick dröhnten auch schon die
Flakgeschütze, und noch viel gewaltiger vernahmen
wir die Einschläge der schweren Bomben. Der feste
Bunker zitterte unaufhörlich zwanzig Minuten lang.
Dann Stille und endlich Entwarnung.
Als ich die Straße betrat, bot sich mir ein Bild
schrecklicher Verwüstung. Kein Haus, keine Mauer war
heil geblieben. Nichts Gutes ahnend, lief ich zur
Fabrik. Ich konnte mich der Tränen nicht erwehren,
als ich des Fabrikgeländes ansichtig wurde; die
Gebäude waren vom Erdboden verschwunden. Die
Rettungskolonne kam, hielt aber die Freilegung des
Bunkerraumes für zwecklos. Die Männer gingen weiter.
Ich versuchte allein, einige Steine unter der
eingebrochenen Betondecke des Bunkers
hervorzuziehen, und es gelang mir auch. Es entstand
eine kleine Öffnung, durch die ich einen Namen in
den Keller rief. Eine schwache Stimme antwortete.
Einige Leute, die sich inzwischen angesammelt hatten
und die Antwort hörten, faßten voll Mut und
Zuversicht sofort mit an und begannen planmäßig die
Rettungsarbeit.
Mit Hammer und Meißel wurden die Eisenstäbe der
durchlöcherten Betondecke durchgeschlagen. Als eine
ausreichende Öffnung freigelegt war, ließ sich ein
schmächtiger junger Mann in den Keller hinab. Seiner
Anstrengung gelang es, zuerst die Frauen
herauszuheben. Als erste kam Frau R. ans Licht des
Tages. Sie blutete aus vielen Wunden, in die
außerdem der scharfe Essig gedrungen war, denn über
dem Bunker hatte sich ein Lagerraum befunden, und
der Inhalt der Essigfässer sich in den Kellerraum
ergossen. Stöhnend sagte Frau R.: “Herr N., haben
Sie einen guten Schutzengel!” Drei Frauen waren
die einzigen, die lebend geborgen werden konnten.
Weitere zehn männliche Angestellte waren tot. So
endete dieser Tag.
Dreimal an diesem Tag war das Walten einer höheren
Macht zu spüren gewesen: Warum gab mir ausgerechnet
an diesem Tag meine Tochter die Fettmarken mit?
Warum lehnte ich gerade an diesem Tag die Einladung
zum sonst so begehrten Kuchenschmaus ab, und warum
verließ ich das Baubüro um die eine entscheidende
Stunde früher, die Stunde, die ich sonst in der
Essigfabrik zugebracht und wodurch ich den Tod im
Fabrikbunker gefunden hätte? Zufall? Drei
Zufälle? Oder zeugen nicht diese drei für mich
glücklichen Umstände von einer geheimen
unsichtbaren Macht, die wohlwollend unsere Schritte
lenkt - von der Stimme und der Gewalt unseres hl.
Schutzgeistes? Seit jenen Tagen wurde mein Glaube an
die Schutzengel unerschütterlich. Aus “Hoffnung”,
23. Jg., Nr. 17
Gefährliche Situation im Wald
Es war am 26. Juli 1947, zu der Zeit also, in der
wir Normalverbraucher alle mehr oder weniger hungern
mußten. Ungefähr 34 Kilometer von meinem Wohnort
Amberg entfernt, kannte ich eine Frau, von der ich
wußte, daß sie mich nie mit leerer Tasche abziehen
ließ. Sie hatte während der letzten Kriegsjahre
auf meiner Station als Patientin gelegen und
glaubte, daß sie mir ihr Leben zu verdanken habe.
An jenem Tage machte ich mich also mit dem Rad auf
den Weg nach N. Zuvor betete ich noch zu meinem hl.
Schutzengel, den zu verehren ich damals durch eine
fromme Frau angeregt worden war. Die Straßen waren
damals noch belebt und unsicher. In N. verweilte ich
eine Zeitlang bei der Frau, die mir Eier gab. Ich
freute mich königlich darüber. In einem Eimerchen
wohlverpackt, verstaute ich sie auf dem Fahrrad.
Dann trat ich den Heimweg an. Wie würde sich meine
Mutter und auch meine Schwester, die mit ihren drei
Kindern als Flüchtling bei uns wohnte, darüber
freuen!
Ein Gewitter war im Anzug. Kaum war ich
unterwegs, da prasselte schon der erste
Regenschauer hernieder. Obwohl ich mich unter dicht
belaubte Bäume stellte, wurde ich durchnäßt. Mit
meiner empfindlichen Ware auf dem Rad wollte ich die
Hauptverkehrsstraße benutzen, die, wenngleich
länger, doch viel besser befahrbar war. Angesichts
des drohenden Gewitters entschloß ich mich aber doch
zu dem kürzeren Weg der Hinfahrt, der ziemlich
holperig war und zum Teil durch Wald führte. Die
Wolken ständen dunkeldrohend am Himmel. Der Wald
war, obgleich es erst gegen 15 Uhr war, bereits in
Zwielicht getaucht.
Da sah ich plötzlich vor mir einen Mann, der
sein Motorrad quer über den Weg gestellt hatte. Aus
seinem Rucksack schaute ein Gewehrlauf. Aha, dachte
ich, Kontrolle. Mit den Eiern im Gepäck bekam ich
doch ein leichtes Herzklopfen. Als ich ganz nahe
herangefahren war, sah ich, daß es sich um zwei
Männer handelte, die ihre beiden Fahrräder dicht
nebeneinandergestellt hatten. Was sie für Gesichter
hatten! Der eine, unleugbar ein Pole mit typisch
breiter Nase und Schildmütze, der andere war schwarz
mit langen Haarsträhnen, die ihm ins Gesicht
fielen. Die beiden mochten etwa Mitte der zwanziger
Jahre sein. Ich spürte es sofort, daß die beiden
mich überfallen wollten. Für einen Augenblick
schloß ich meine Augen und betete: ‘Hl.
Schutzengel, hilf mir jetzt!’
Seit einiger Zeit war die Gegend hier sehr
unsicher. Eine Beerenleserin war umgebracht worden
und auch sonst hatten sich allerlei Vorfälle
ereignet, aus denen zu schließen war, daß dieser
Wald zum Schlupfwinkel für Verbrecher diente. -
Nachdem ich das Stoßgebet verrichtet hatte, fuhr
ich an den beiden vorbei. Sie starrten mich böse an,
taten mir aber nichts. Im Gegenteil: es war, als ob
sie stumm wären und an ihren Platz gefesselt.
Nachdem ich an den beiden Menschen vorbei war,
erfaßte mich plötzlich ein kalter Schauer. Ich fuhr
wie gehetzt weiter, bis ich wieder an gefahrlosere
Gegenden kam. Noch nie war ich ängstlich gewesen,
trotzdem ich sehr viel allein unterwegs war. Ich
fühlte hier instinktiv, daß die beiden Männer mich
hatten überfallen wollen, aber durch meinen
Schutzengel daran gehindert worden waren. “Hoffnung”,
Jg. 23, Nr. 17
Kann da etwas dran sein?
Ich fuhr mit meinem Motorrad vor einigen Monaten
auf der Waldstraße, die nach X. führt. Plötzlich
bekomme ich eine Panne. Weit und breit kein
Mensch und kein Fahrzeug, zu sehen. Ich mache mich
daran, den Schaden festzustellen; wechsle die
Zündkerzen aus, sehe den Vergaser nach und kann
nichts finden. Ich versuche aufs neue zu starten,
trete an - nichts! Der Motor springt und springt
nicht an. Ratlos, aber auch wütend, will ich mir
gerade durch einen Fluch Luft machen, da -ja, ob du
es nun glaubst oder nicht - höre ich eine klare
Stimme: “Halt! Der Motor springt nicht eher an,
als ich mit dir gesprochen habe.” Ich fahre
erschreckt herum und gewahre zu meinem noch größeren
Erstaunen eine hohe, edle Priestergestalt. Aber der
wohlgestaltete Fremde in den priesterlichen
Gewändern war kein Priester, war überhaupt kein
Mensch.
“Ich
bin dein Schutzengel. Gott läßt dir sagen: wenn du
dein Leben nicht besserst, wirst du in- einem halben
Jahre tot und verdammt sein.” - Ja, ich weiß, es
klingt unwahrscheinlich, märchenhaft, aber ich habe
es erlebt. Wenn ich noch nachträglich eine
Sinnestäuschung darin sehen wollte, mein jetziger
Zustand belehrt mich eines Besseren. Seit einiger
Zeit werde ich immer elender, nehme rapid ab und
glaube wirklich bald an meinen frühen Tod.
“Aber
was wurde aus der Gestalt?” wollte Egon noch wissen,
dem ich dies erzählte. “Das ist ja 'das Seltsame”,
berichtete Gustav weiter, “die Gestalt verschwand,
wie man das immer so in ähnlichen Geschichten lesen
kann. Und merkwürdigerweise sprang auch mein Motor
beim ersten Versuch an, ohne daß ich noch etwas
daran gedacht hatte. Aber mein Erlebnis ist nun mal
keine Kalendergeschichte. Ich wollte, ich hätte bloß
geträumt! Ich nahm die ganze Sache auch nicht ernst
Ich trieb es so wie bisher; meine Frau hatte nichts
zu lachen, und in die Kirche brachte mich die
Engelsgestalt auch nicht, meine anderen
leichtsinnigen Streiche sind dir zum Teil bekannt;
vieles ist schlimmer, als es die Leute erzählen.
Aber seit ich an diesem unerklärlichen
Kräfteverfall leide, vor dem auch die Ärzte ratlos
stehen und weder Ursache noch Heilmittel wissen,
scheint mir die geheimnisvolle Botschaft von
bitterem Ernst zu sein. Ich werde wohl bald, sterben
müssen.”
Der Freund hatte meine Anklage und die Befürchtung
erschüttert angehört und meinte nun voll tiefem
Ernst: “Ja höre, Gustav, wenn das so ist, wie du
erzählst, so ist ja kaum noch ein Zweifel möglich,
daß Gott dir auf diese wunderbare Weise eine letzte
eindringliche Mahnung zur Lebensbesserung zukommen
ließ. Ich würde an deiner Stelle einmal mit einem
Priester sprechen darüber.” Ich widersprach
nicht mehr. Nein, ich nahm mir die Mahnung des
Freundes zu Herzen und - begann mit einer Beichte
meine Lebensbesserung. Und die Mahnung des
Schutzengels war nicht vergeblich gewesen. Ich
wurde ein anderer. Gleichzeitig mit meinem
ernsthaften Streben, ein anständiger Mensch, ein
guter, treuer Gatte zu sein, kehrten meine alten
Kräfte wieder, die ich früher nur zur Sünde
mißbraucht hatte und ich dankte Gott. Authentischer
Bericht von P.K.“Hoffnung”, 1923;
Darum laßt uns, Brüder, Gottes Engel innig
lieben!
Sie werden einmal unsere Miterben sein. Jetzt sind
sie unsere Führer und Schützer auf all unseren
Wegen. Die hl. Engel können nicht überwunden
werden. Sie können auch selbst nicht in die Irre
führen. Sie sind getreu, klug und mächtig. Was
sollen wir fürchten? Folgen wir ihnen doch in Treue,
so wandeln wir im Schutz des Himmelsgottes. So oft
darum eine heftige Versuchung dich überkommt, rufe
deinen Schutzengel an, deinen Führer, deinen Helfer
in guten und in bösen Stunden! Der hl. Bernhard
Erlebnis in bitterster Gefangenschaftsnot
Es war im Jahr 1919. Ich befand mich mit etwa 800
Kriegskameraden im Gefangenenlager Tours in
Frankreich. Heimweh und Hunger zehrten an
unserer Lebenskraft. Hunger - Hunger! Täglich
starben liebe Kameraden an Erschöpfung. Wann werde
ich drankommen?
Eines Abends hatte ich ein Erlebnis, das ich nie
mehr vergessen werde:
Schon brennt das Licht dort an der Wache, wo mehrere
französische Soldaten stehen. Meine Kameraden
liegen bereits mit knurrendem Magen auf den harten
Holzpritschen. Sie können vor Hunger nicht
schlafen. Ich gehe noch im Hof auf und ab und
bete den Rosenkranz. Bei einem “Vater unser”
bleibe ich stehen und bete aus Herzensgrund: “Vater
im Himmel, gib mir doch etwas zum Essen, sonst
sterbe ich auch bald wie meine Kameraden.” “Voulez
vous du pain?” (Wollen Sie Brot haben?), sagt
da, während ich noch bete, ein französischer
Soldat. “Oui, monsieur!” (Ja!), sage ich
begierig. Er gibt mir zwei große Stücke weißes
Weizenbrot und zwei große Stücke gebratenes
Schweinefleisch. Ich kann gerade noch zweimal “Merci
bien!” (Vielen Dank!) sagen, und der Soldat war
fort. Einfach plötzlich weg, so wie er früher
plötzlich auf denk weiten leeren Hof vor mir
gestanden hatte. Sogleich ging ich zu der Baracke,
wo ein guter, treuer Kamerad schon auf der Pritsche
lag. “Jupp, komm heraus!” “Ach was”, sagte er, “laß
mich doch, ich bin so schwach.” “Komm doch schnell,
ich muß dir was sagen.” Endlich kommt er. “Da schau,
was ich habe!” Er traute seinen Augen nicht, als er
in meinen beiden Händen Brot und Fleisch sah. Ich
erzählte: “Jupp”, sagte ich, “ohne Zweifel war
das mein Schutzengel. Ich hatte doch immer die
Wache, die am anderen Ende des Hofes stand, im Auge
gehabt. Nichts rührte sich dort. Außerdem hätte es
kein französischer Soldat gewagt, zu mir zu kommen
oder mir gar etwas zu geben.” Dann aßen wir mit
Ehrfurcht von dieser Himmelsgabe. Immer wieder
mußte ich sagen: “Du, das war der Schutzengel.”
Das glaube ich noch heute im Jahre 1965. Pater
Benedikt Rixner SVD
Der Schutzengel und der plötzliche Tod
Von 1944 bis 1946 war ich als Krankenvikar bei einem
kranken Pfarrer in einem schwäbischen Dorf. Da hatte
ich zwei Erlebnisse, die in aller Deutlichkeit die
Sorge der Schutzengel für das Heil der Seele
offenbaren.
Im April des Jahres 1945 war die erste Begebenheit.
Am Samstag vor dem Guten-Hirten-Sonntag, am 13.
April, kam vormittags während der Schulpause ein
Bub aus den oberen Klassen zur mir aufs Zimmer
ins Pfarrhaus und sagte mir: “Es fällt gerade eine
Schulstunde aus. Ich habe schon lange nicht mehr
gebeichtet. Darf ich jetzt beichten?”
Er war ein ordentlicher und ehrfürchtiger Bub. Aber
durch die Wirren des Kriegsendes und wohl auch durch
den Einfluß der Nazizeit war er beim
Sakramentenempfang nicht so fleißig und hatte noch
nicht die Ostersakramente empfangen. Er kniete sich
dann auf den Betschemel und bereitete sich vor. Da
er gut begabt und im Grunde auch religiös veranlagt
war, brauchte er kein Buch. Etwa zehn Minuten
dauerte seine Vorbereitung, während ich an meiner
Predigt über den “Guten Hirten” arbeitete. Dann kam
er an den Tisch, kniete sich vor mir nieder und
legte sein Bekenntnis ah, Ich sprach ihm dann vom
Guten Hirten, der sein Schäflein auf die Schulter
nimmt und zur Herde zurückträgt. Da ich aber merkte,
daß er sich nicht gern mit einem “Schäflein”
vergleichen ließ, sagte ich ihm etwas über die
Auferstehung und über den machtvollen Sieger über
Tod und Teufel.
Ich erinnere mich dessen noch sehr deutlich, wie er
mich dabei auf einmal mit seinen großen, dunklen
Augen ansah, als ob irgend eine Vorahnung der
kommenden Dinge in ihm lebendig sei. Nach der
Absolution ging er in die Kirche. Nach einiger Zeit
verließ er sie und ging pfeifend zur Schule zurück.
Am nächsten Morgen kommunizierte er in der
Frühmesse. Mir fiel seine Sammlung und sein großer
Ernst auf. Während des Amtes blieb er daheim. Er
wohnte in der Nähe der Kirche.
Als das Amt aus war - ich war beim Auskleiden in
der Sakristei - da erscholl plötzlich das Knattern
von Maschinengewehren. Zum erstenmal im Dorf ein
Tieffliegerangriff! Voll Schrecken liefen viele
Leute wieder ins Gotteshaus. Ich nahm das hl. Öl und
eilte hinaus. Sofort wies man mich auch schon auf
die Unglücksstelle. Es war im Hof, der zum
Elternhaus des Buben gehörte. Dort bot sich mir ein
schauerliches Bild. Einige ältere Burschen hatten
mit einem Fernglas die Flieger beobachtet, von denen
plötzlich einer auf sie herabgestoßen war und auf
die Burschen geschossen hatte. Einem war der Fuß ab,
andere waren sonst verletzt. Unbeachtet lag an der
Mauer des Hauses der Bub. Ich sah ihn sofort, hob
ihn auf und trug ihn ins Haus. Aber auf der
Türschwelle schaute er mich wieder mit seinen
schönen Augen an, legte den Kopf zur Seite und war
tot. Sogleich spendete ich ihm noch das Sakrament
der Letzten Ölung. Dann lag er wie verklärt auf
dem Totenbett. Eine Kugel hatte ihn ins Herz
getroffen. Nun war er dem Guten Hirten begegnet. Der
Sieger über Tod und Teufel hatte ihn in sein
Lichtreich aufgenommen. Der Schutzengel
hatte ihn tags zuvor gemahnt, während seine
Kameraden Fußball spielten, im Sakrament der Buße
seine Seele zu reinigen und kurz vor seinem Tod die
hl. Kommunion zu empfangen.
Zehn Tage später haben die Franzosen das Dorf
eingenommen. Kurz darauf, Anfang Mai, tat der
Schutzengel den gleichen Dienst an einer Frau. An
einem Wochentag kam morgens schon vor sechs Uhr eine
Frau ans Pfarrhaus und bat um die Beichte und hl.
Kommunion. Sie sagte, sie könne nicht bis zur
hl. Messe warten, da sie Waschtag habe; es ließ
ihr etwas keine Ruhe, sie wolle vorher die
Sakramente empfangen.
Gegen neun Uhr kam jemand zum Pfarrhaus geeilt
und meldete mir, daß jemand von einer Kugel
getroffen worden sei. Ich war erschüttert, als ich
wenige Minuten später diese Frau in ihrer
Waschküche tot fand. Sie hatte über der
Waschküche ihr Gastzimmer, das von einem
französischen Offizier belegt worden war. Dieser
hatte tags zuvor einem Deutschen einen Revolver oder
eine Maschinenpistole abgenommen. Sein Bursche
sollte sie reinigen. Dieser wußte nicht, daß sie
geladen war. Während er an der Waffe herumhantierte,
ging sie los, die Kugel ging durch den Fußboden des
Zimmers und traf die Frau, die an der Wanne stand,
direkt ins Genick. Sie konnte noch zwei Schritte
machen und brach tot zusammen. Gott hatte ihre Seele
in die ewige Heimat geholt.
Weder die Frau noch der Bub hatten beim Empfang der
Sakramente an den Tod gedacht. Für sie aber hatte
der Schutzengel gesorgt.
P. Bonifaz, Admont (aus Benediktusboten)
Welch hohes Interesse
hat doch der heilige Gott, um uns ganz sicher in den
Himmel zu bringen, weil er eigens Fürsten des
Himmels beauftragt, unsere ständigen Weggefährten,
Führer und Schützer zu sein!
Der hl. Engel an unserer Seite ist der Anbeter,
Wächter und Diener des in uns wohnenden Gottes. Er
begleitet uns zu unserem besonderen Gericht. Er
tröstet uns im Fegfeuer und ist unser mitjubelnder
Gefährte im Himmel.
Pater Gerard O. Cap.
Schutzengel führt gut in die ewige Heimat
Es war an einem kalten Winterabend. Unheimlich
heulte der Sturm in dem Geäst der Bäume. Schnee und
Wind hatten Gräben und Schluchten angefüllt und
verweht, daß die Landwege keine Spur mehr erkennen
ließen und das Reisen überaus gefährlich machten.
Ganz ermattet, von Kälte fast erstarrt, schleppte
sich ein Greis mühsam durch ein Tal des
schottischen Hochlandes. Die Kälte drang ihm
durch Mark und Bein. Der Greis in grober
Bauernkleidung war ein katholischer Bischof. Es
war kurz nach der Glaubensspaltung, als die
Strafgesetze in Schottland jede katholische
Religionsausübung streng untersagten und auf
alle bekannten Katholiken in schlimmster Weise
angewandt wurden. Der Tod durch Henkershand drohte
jedem katholischen Priester, der bei der Ausübung
seines heiligen Amtes angetroffen wurde. Trotz aller
Gefahren aber ging der Bischof in seinem Bistum von
Ort zu Ort, um die
noch vorhandenen wenigen Priester zu trösten und zu
ermutigen. Am Morgen jenes Tages hatte er einen von
ihnen besucht, und er hoffte, vor Eintritt der
Dunkelheit einen anderen zu erreichen.
Die Zahl der Katholiken war infolge der
Verfolgungen gering geworden - und noch geringer
war die Zahl derjenigen, die sich erlauben konnten,
einen Priester zu beherbergen. Schon lange spähte
der ehrwürdige Greis nach dem Licht eines Hauses
oder einer Felsschlucht, um Schutz zu finden gegen
den immer schärfer werdenden Nordostwind, doch
vergeblich. Vollständig erschöpft, war er nahe
daran, in den Schnee niederzusinken und den Tod zu
erwarten, überzeugt davon, daß Gott das Opfer seines
Lebens nun von ihm forderte, als er plötzlich eine
armselige Hütte vor ihm sah. Gott dankend näherte
er sich ihr, klopfte an und wurde eingelassen. Die
Hütte hatte nur zwei Räume, eine Küche und ein
Schlafzimmer. Eine alte, sauber gekleidete Frau
begrüßte den Greis und half ihm, den mit Eis und
Schnee bedeckten Mantel auszuziehen. Dann schob sie
ihm einen Stuhl an den warmen Herd.
“Ich
würde Ihnen gern ein Bett überlassen, aber in dem
einen, das wir besitzen, liegt mein kranker Mann,
der wohl kaum die Nacht überleben wird.” - “Oh, ich
bin schon glücklich, hier am warmen Herd sitzen zu
können”, erwiderte der Greis, “aber wenn ich für
Ihren Mann etwas tun kann, ich verstehe etwas von
der Heilkunde.” “Meinem Mann ist nicht mehr zu
helfen. Im Laufe des Tages war der Arzt hier, und er
meinte, daß mein Mann bei seinem hohen Alter schon
längst gestorben sein müßte. Er aber will vom
Sterben nichts wissen und behauptet immer, seine
Zeit sei noch nicht gekommen. Wie schrecklich,
plötzlich zu sterben, ohne auf den Tod vorbereitet
zu sein”, fügte die Frau weinend hinzu.
Der Bischof bat die Frau, ihn zu dem Kranken zu
führen. Hier sah er sofort, daß der Mann nur noch
wenige Stunden zu leben hatte. Nachdem er sich einen
Augenblick mit dem Kranken unterhalten hatte, fragte
er ihn, ob der Tod ihn wohlvorbereitet finde. “Ich
weiß, daß ich äußerlich dem Tod verfallen bin, aber
meine Zeit ist noch nicht gekommen”, antwortete
der Kranke. “Welchen Grund haben Sie, anzunehmen,
daß für Sie die Gesetze, der Natur verändert sind?”
fragte darauf der Bischof. “Das will ich Ihnen
sagen”, erwiderte der Sterbende. “Was soll ich
mich noch fürchten. Ich bin Katholik. Trotz
aller Gefahren bin ich meinem Glauben treu
geblieben. In den dreißig Jahren, in denen ich in
dieser Wildnis wohne, habe ich nur zweimal einen
Priester gesehen. Jeden Tag aber habe ich meinen
Schutzengel gebeten, sorgen zu wollen, daß ich nicht
sterbe ohne die Tröstungen der Religion. Ich
weiß und fühle es, daß dieses Gebet erhört wird.
Gott ist gütig. Sobald ein Priester an mein
Krankenbett tritt und mich mit den hl. Sakramenten
versehen hat, werde ich sterben, eher nicht.”
Einen Augenblick war der Bischof sprachlos, dann
sagte er: “Mein Sohn, bereite dich auf den Tod vor,
ich bin ein katholischer Priester.” Er spendete dem
glücklichen Greis die Sterbesakramente, der wenige
Stunden später an der Hand seines Schutzengels ins
himmlische Vaterland ging. Der christliche
Pilger, 39/1952
Schutzengel sein im Leben
Schwester! Bruder! Laßt uns Engel sein,
Die himmelsfroh durchs Leben eilen!
Nur Gottessehnsucht tief im Herzen drin,
Und warme Lieb' zum Helfen und zum Heilen!
Kein Weg sei uns zu hart, zu lang, zu weit.
Da, wo es gilt, des Herren Reich zu mehren!
Am 24. Mai 1961, 19 Uhr, erlitt in Gaustadt bei
Bamberg die zwölfjährige Maria Katharina einen
Unfalltod. Dieser unerwartete Tod erschütterte
alle, die das Kind auch nur flüchtig kannten. Maria
Katharina war überragend in jeder Art: In allen
Schulfächern; auch in allen musischen Fächern. Sie
konnte beseelt schön malen, zeichnen, sang innig,
spielte Klavier, Flöte, Mundharmonika. Sie war auch
ganz lebensnah; konnte radeln, rodeln, Skifahren,
schlittschuhfahren, schwimmen, ballspielen. Machte
gern und gut Haus- und Gartenarbeit. Sie sah, was zu
tun war. Sie tat alles beseelt.
Am Karfreitag ging sie zur Kirche mit Steinchen im
Schuh. Die Angehörigen merkten es nur am Hinken. Als
beim Kuckucksruf Kinder sich ausdachten, was sie
sich wünschen sollten, rief Maria: “Ich wünsch mir
den Himmel!” In einem Schulheft steht in einem
Aufsatz von ihr: “Wenn ich mal eine Stiefmutter
haben sollte, will ich beten, daß sie mich liebt und
daß ich sie lieben möchte....” Eine Frau mußte zum
Bahnhof, ca. sechs Kilometer. Maria lief
unaufgefordert mit, um tragen zu helfen.
Im Ertragen von Unrecht war sie heldenhaft. Sie
trug hartes Unrecht nicht einen Augenblick nach.
Wenn solches geschah, glich sie sofort aus. Sie
konnte mit einem Nein nicht leben. Es war uns ein
Geheimnis, wie sie schweigend über Unrecht siegte.
Sie war ein Himmelskind, ein Engel, aber auch auf
der Erde daheim. Das Kind berechtigte zu der
Zuversicht, eine große, segensreiche,
kulturschaffende Frau zu werden.
An der Unfallstelle blieben einige hundert Menschen
über eine Stunde schweigend stehen, bis Maria in die
Friedhofskapelle gefahren wurde. Wir fanden nach
ihrem Tod in ihrem Gebetbuch ein Gebet, das
sie wohl selbst geformt hat. Es ist handgeschrieben
und hat die Handschrift der Siebenjährigen:
“Gott,
nimm meinen Mund.
Ich will heute nur Gutes sagen.
Nimm meine Hände.
Ich will fleißig arbeiten.
Nimm meine Füße,
sie sollen mich tragen, wohin Du es
willst.
Nimm meine Gedanken.
Ich will Dich lieben und keine
Sünde denken.
Gott, ich gehöre Dir.”
Nach diesem Gebet lebte sie, lebte das Leben eines
Engels, das vielen zum Vorbild wurde. Gleich Maria
Katharina beten heute schon viele Kinder dieses
Gebet und wollen leben wie sie.
Ihr Klassenlehrer sagte an ihrem Grab: “Maria hat
mich nur einmal betrübt: Durch ihren Tod.” Der
78-jährige Lehrer, der sich die ganze Woche auf die
Musikstunde freute, die er ihr gab, sagte: “Ihr Tod
muß fruchtbar werden, dann verliert er seine
Furchtbarkeit. Nein, der ̦Zufall' hat keine
zerstörende Macht; der Tod ist kein ̦Räuber'. Es
ist an uns, den ̦Zufall' zur Vorsehung zu machen.
Gott hat uns durch sie ein Stück Paradies erleben
lassen. Er will uns zuweilen das Paradies erleben
lassen. Die Guten bringen es zurück. Das Paradies
wird dann zu unserer Aufgabe. An unserem Kind
wurden wir gewahr: In der hohen Welt gilt nicht
Alter noch Geschlecht. Gilt nur die hohe Welt. Dies
Kind bekam es früh, groß zu schenken und zu führen.
Es war ein Engel, von Gott geschenkt.” Nach Josef
Kühnel
Der Schutzengel Alois
Der Alois war was Besonderes, das wußten sie im
ganzen Dorf. Sie nannten ihn auch nicht anders
als den Schutzengel oder kurz den Engel. Wer
aber ob dieser Ehre neugierig wurde und den
Schutzengel sehen wollte, der spürte zuerst eine
arge Enttäuschung. Denn der Bub im Rudel der
anderen Dorfbuben war schon gar nichts
Außergewöhnliches. Genau so sommersprossig, genau so
ruppig, um kein Härchen zahmer, um keine Faser
besser angezogen. Barfüßig wie alle, geflickte Hosen
und vollgestopfte Taschen mit Spagatschnüren, alten
Nägeln, ein paar schöngeformten Kieseln, einigen
Eicheln, abgebrannten Zündhölzern. Das alles gab es
beim Schutzengel Alois genau so wie bei den anderen.
Auch im Reden kein Unterschied. Er sprach die echte
kernige Bubensprache. Und im Wettrennen die
fliegenden Beine, im Futtern die gleichen schnellen
Finger, dasselbe Geschleck und derselbe
unergründliche Magen wie bei den fünfundsiebzig. Was
soll man da sagen zu einem so seltsamen Namen?
Die Nörgler gingen allemal den gleichen Weg. Sie
zogen den Mund schief, und dann meinten sie so
nebenbei: “Schutzengel? Schutzengel! Ist ein Unsinn
und beinah eine Sünd für so einen Lauskerl.” - Aber
dann fing einer aus der Reihe der Alten zu reden an.
Er führte den Fremden ein Stückerl hinter die
Häuserreihe oder neben den Bauerngärten entlang,
stocherte seine Pfeife behaglich durch, und dann
begann er: “Was die Stadtleut nicht mit ihren zehn
Fingern dergreifen, das glauben sie nicht. Und weil
der Alois nicht einen strohgelben Schopf hat wie ein
Heiligenbild und nicht Tag und Nacht mit gefalteten
Händen wie eine leibhaftige Kerze geht, so gilt er
nicht. Aber wir Bauern wissen's und unsere Kinder
wissen's grad ebenso. Drei Stückln will ich Ihnen
erzählen.
Das einmal war’s im Winter. Die Buben sind in der
Schul wie auf Brennesseln gesessen. Jeder hat nur
drandenken müssen: Die Froschlacken ist zu! Eis
gibt's. Ob's noch anhalt bis Nachmittag? In der
ersten Pause war die Rede nur vom Schlittenfahren
und Rodeln. Der Alois aber hat weit andere Gedanken
gehabt. Immer ist in seinem Hirnkastl der Satz
herumgestolpert: ,Alle sein da bis auf den Toni. Grad
der Toni fehlt.' Krank ist er nicht, er hat ihn
heut früh noch gesehn... und g'lacht hat er und
'rübergeschrien: ,Dumm bist, Aloisl, dumm seid's
alle miteinander, an einem schönen Eistag
Schulhocken geh'n....”
Wie es neun war, hätt der Alois die
Tintenflaschen aus der Oberlehrerwohnung holen
sollen; mit einem abgrundtiefen Seufzer ist er
hinüber, hat die Flaschen g'nommen, dann aber nur
schnell in den Schnee hingestellt und ist fort. Wie
der Stein von den Schleudern, so geschwind. Zur
Froschlacken. Hat nicht gewußt warum, hat rennen
müssen, hat's brennheiß in sich g'spürt. Bei der
Schmied'n ist ein Brett an der Mauer gelehnt. Das
hat er mitgenommen, unter den Arm geschoben und ist
weiter -weiter.
Was dann war? Später hat er's erzählt. Dort ist
der Toni am Eisrand Schlittschuh g'fahrn, und
grad hat er woll'n in die Mitten 'nein, da war er
auf einmal weg. Ein Schrei und nichts mehr -
eingebrochen. Wenn der Alois nicht hätt sein
Brett hin geschob'n und drauf weitergerutscht wär,
so weit, bis er den Lauser erwischt und
herausgebracht hat, dem Toni hätt kein Doktor und
kein Nix mehr g'holfn. Der ̦Schutzengel' hat den
tropfnassen Toni auf den Rücken g'nommen und bis zur
Schmied'n g'schleppt, dort hat ihn der G'sell in die
Werkstatt tragen und der Alois ist davon. ln die
Schul. Die Flasche ist zwar nicht mehr im Schnee
g'steckt, die Tintengläser haben nicht so lange
warten können.
Aber wie der Bub bei der Tür 'nei ist, kerzengrad
und gar nicht so, als tät er jetzt den Lehrer
fürchten, sind alle still gewesen. Keiner hat
g'wußt, was war, aber jeder hat g'spürt, daß was
Großes vom Alois ausgegangen ist, wie das Licht von
der Sonn'. Und der Lehrer hat nur g'fragt: ,Schutzengel,
was hast du wieder getan?' Drauf hat er g'sagt:
,Den Toni aus der Froschlack'n außerzog'n - war
grad Zeit.'
Dann sind alle miteinander aufg'standn und haben
ein Vaterunser gebetet für den Toni und eins für den
Alois. Wenn's auch nicht Religionsstund war. Wie
dann alle Buben fort waren, hat der Lehrer wissen
woll'n: ̦Alois, wie kommt's, daß du's immer grad zur
richtigen Zeit weißt?' - ,Spür'n tu ich's.
Wird wohl mein richtiger Schutzengel sein, der mich
dann schickt. Beten tu ich alle Tag drum.'
So war's ein andersmal im September. Alles
hat Heidelbeeren zupft. Von der alten Eggerlies sind
die sieben Enkelkinder auf dem Schlag g'wesen, auch
das kleine, halbgescheite Gretele. Hat auch woll'n
große glänzende Schwarzbeeren finden. Jed's hat ein
Körbl voll g'habt und war voller Freud. Wie der
Alois essentragen gangen ist, grad über die
Kreuzstraßen hinaus, ist er den sieben begegnet. Er
hat nix denkt und nix g'spürt. Auf einmal, wie er
das Gretele genau anschaut, reißt's ihn jäh herum,
er springt hin und schütt' das Haferl in sein
Eß-tasch'n hinein. Das Dirndl hat plärrt, da hat
er ihr ein Stück von seinem Weck'n gegeben, dann war
wieder still. Die Nachbarin aber hat den Alois
angeherrscht: ,Schämst du dich nicht, einem kleinen
Mäderl die Schwarzbeer'n wegzustehlen?” Da sind
seine Augen groß und finster word'n und, er hat die
Tasche vor ihre Füße ausgeleert. ,Schaut's nach, Basl,
da müss'n giftige genug drunter sein.' Und,
dabei hat er auch die großen glänzenden Kugeln
gezeigt.... Die Nachbarin hat's in die Schul tragen,
der Lehrer ist zu Tod erschrocken: ̦Einbeeren',
hat er g'stottert und wieder hat er g'sagt: ,Der
Alois ist unser Schutzengel!'
Eine Weile ist der Bauer still neben dem Städter
hergangen. Endlich hat er weitergeredet. “Und was
ich euch jetzt erzähl', das war erst vorige Wochen.
Es war selber im Schutzengelhof. Im Dorf war ein
Karussell aufgestellt. Im Schutzengelhof gibt’s
keinen übrigen Pfennig für Ringelspiel und
Schaukelfliegen. Da haben sich die Kleinen selber
eine Hutschen machen woll'n. Sie haben gewartet,
bis der Alois Futterholn g'fahr'n ist, dann sind die
zwei Buben auf den Misthaufen, von dort auf die
Mauer, dann auf den alten Birnbaum nauf, werfen zwei
Kälberstrick drüber, schieben unten ein Brettl in
die Schlingen und die Hutschn war fertig. Erst ist
der eine g'fahrn, dann der andere. Der Ast hat sich
gebogen, keiner hat's g'spürt. Wie das Dirnderl
drankommen soll und sich doch ein bisserl fürcht,
schreit der Kleine, der Simon: “Wir fahr'n mit, dann
passiert dir nix. Du hockst am Brettl, und wir stehn
drauf.” Da geht's Hoftor auf und der Alois stürzt
herein wie ein Wilder. Die drei Lauser fahr'n
zusammen. Der kann doch jetzt noch nicht da sein?
Aber der Alois ist rot wie das Feuer in der Kuchl, reißt
das Dirndl vom Brett herunter, dann ist er mit
einem Satz überm Misthaufen am Baum - will den
Strick lösen, der Ast kracht und saust mit dem
Alois runter. Drunten großes Geschrei, drei
plärren, nur der Alois wischt sich das Blut mit dem
Rockärmel von der Nasen, dann fährt er sich ein
paarmal über den Schädel. Der Vater ist auch gleich
da. Alle reden auf den Buben ein, der aber geht zum
Ast und zeigt auf die Bruchstelle: ̦Da schaut's das
an! Ist nur mehr an der Rinden g'hängt. Wenn alle
drei g'hutscht hätten, wär a Unglück g'schehn.
Wir haben nit viel g'sagt, das gibts nicht bei uns
Bauern. Aber der Alois ist und bleibt unser
Schutzengel.”
Da hat's der Städter auch geglaubt und hat den Buben
noch eine Weile von der Wetterlinden aus zugeschaut.
Wie sie um ihren Ball gerannt sind! Und der Mann
unter der Linde hat sich nicht geschämt und hat
dasselbe getan wie ,die Kinder mit dem Lehrer, er
hat ein Vaterunser gebetet, langsam und jedes Wort
voller Andacht, für den “Schutzengel”. Margarete Seemann im “Seraph. Kinderfreund”
9/1962
“Wenn
ihr nicht werdet wie die Kinder...”
Man möchte sich vor ihm fürchten! Flackernd sind
seine Augen, drohend, unheilvoll, unstet die Hände.
Unwillkürlich rücken die andern im Abteil zur Seite.
Den Greis kümmert es nicht.
Eine junge Dame mit verhärmten Zügen steigt mit
einem Kind ein, anzusehen wie ein Sonnenstrahl.
Neugierig schaut die Kleine sich um, setzt sich dann
mit lieblichem Lächeln neben den grimmen Alten, als
hätten die Leute eigens für sie dort Platz gemacht. Umständlich
zieht das Kind einen weißen Rosenkranz aus der
Tasche. Die erstaunten Blicke der andern merkt
es nicht. Furchtlos lehnt es sich an den finstern
Alten. Der schaut wie gebannt auf die Kinderhände,
auf die weißen Perlen, auf die Kinderlippen, die
erst leise, dann immer hörbarer Ave um Ave beten.
Ob auch er einmal so Rosen gepflückt hat für die
himmlische Mutter? - “Heilige Maria, Mutter Gottes,
bitt für uns Sünder!” bettelt laut ein vertrauendes
Kinderherz. Der Alte zuckt zusammen, als hätte es
ihn ins Innerste getroffen. -
Gnadenruf? - Eine Pause macht die kleine Unschuld.
Ein Kreuzzeichen. Sie greift nach dem Ärmel des
Alten: “Du, ich muß ̦der Mutter Gottes ,Danke schön'
sagen, daß sie den Vater wieder gesund gemacht.
Darum gehen wir wallfahrten. Und wohin fährst du?” -- Als
der Schaffner die Fahrkarten nachschaut, löst der
Alte nach - bis Kevelaer. Er will auch einmal
wieder nach Jahrzehnten der Heimatlosigkeit - zur
Mutter! Kindeswort hat seinem frierenden Herzen die
beglückende Wärme geschenkt. - Das
Kind wurde zum Schutzengel.
“Hoffnung”, 13. Jg.,
Nr.33
Martha wurde eine andere durch einen
menschlichen Engel
In einem Spital der Innerschweiz wurde ein
26jähriges Mädchen eingeliefert: Martha. Sie sah
unheimlich aus. Fast etwas Dämonisches hatte sie an
sich. Schwarze Haare, schwarze Augen und darin
ein dunkles Glimmen. Die Schwestern wußten: die
Martha ist von ihrer eigenen Mutter zu einem
Sündenleben verführt worden. Das war ihr Beruf.
Damit verdiente sie ihr Geld. Von da her hatte sie
ihre feinen Kleider und Mäntel. - Martha hatte immer
Krach mit den andern Mädchen im Saal. Sie war wie
ein- böser Teufel: herrisch, grimmig,
jäh-auffahrend. Sie hatte hundert Wünsche und
schikanierte alle. War es die tiefe Unruhe ihres
Gewissens?
Da wurde auch die Lisbeth in den gleichen Saal
gebracht. Ausgerechnet neben Martha. Die Lisbeth war
ein blondes, 22-jähriges, liebes Mädchen. Dem stand
es deutlich im Gesicht geschrieben, daß es kein
schlechtes Gewissen hatte. Es erzählte von seiner
strengen Stelle, von dem arg kleinen Lohn. - “Ich
weiß dir schon einen bessern Verdienst, Lisbeth! Es
braucht nicht so anstrengende Arbeit, die einen
krank macht. Und es ist ein feines Leben. Die
einen Männer zahlen mir 20 Franken, andere noch mehr
wenn ich ihnen zu Willen bin.” Die Lisbeth fuhr
der Martha über's Maul: “So schäm' dich doch in
den Boden hinein! Für das bist du gut genug? Von da
her hast du die schönen Kleider? Keinen Rappen
möcht ich so verdienen. Lieber verhungern und in
alten Lumpen sterben!”
Eines Tages war Gebrüll im Saal. Fast wie ein Satan
tobte die Martha gegen die Lisbeth. In ihrer Wut
hatte sie sich ganz vergessen. Die Schwester Oberin
kam. Sie merkte bald, warum der Hexentanz
losgegangen war. - “Martha, passen Sie auf! Ein
solcher Wutanfall könnte das Ende sein. Es kann mit
Ihrer Krankheit immer noch auf beide Seiten gehen.
Wollen Sie so in die Ewigkeit? Heute Nacht kann es
noch sein!” - Tod - Tod - das war für Martha wie
eine kalte Dusche. Sofort wurde sie ruhiger und sann
nach. Sie redete nicht mehr viel. Eines Tages begann
Martha laut zu heulen. “Schwester, wenn die Lisbeth
eine solche Mutter gehabt hätte wie ich - um kein
Haar wäre sie besser!”
Das reine Mädchen hatte mit der Zeit nur durch seine
Art, zu leben und zu reden und zu beten, auf die
wilde Martha einen eigentümlichen Einfluß bekommen.
Die Martha selber wollte es zwar nicht haben. Wenn
sie aber die Lisbeth so oft kommunizieren und
nachher in eine heilige Sammlung versunken sah, gab
es ihr einen Stich ins Herz. Und wenn sie die
Lisbeth täglich in einem guten Buch lesen sah, so
gab es ihr einen zweiten Stich. Und wenn dann
Lisbeth in ihren eigenen Nöten und der schweren
Krankheit immer so geduldig und freundlich war -
auch gegen sie, die Martha - dann war der Stich am
stärksten.
Endlich war die Panzerwand durchstoßen. Martha
wollte beichten und einmal auch das Glück haben, das
sie auf Lisbeths Gesicht nach der hl. Kommunion so
oft sah. Sie wollte auch kein so böser Teufel
mehr sein, sondern gefällig und gütig wie die
Lisbeth. “Ich kann aber doch nicht beichten”, sagte
sie zur Nachbarin. “Ich vergehe ja vor Angst!” -
Lisbeth tröstete sie und half ihr auf sehr
zartfühlende Weise. Und schließlich gelang es: die
Martha machte Frieden mit Gott in einer guten
Beicht. Immer mehr bekam Martha durch Lisbeths
Beispiel einen heftigen Hunger nach dem Brot der
Starken. Einmal fragte sie: “Darf ich auch alle Tage
kommunizieren wie Du?”
Martha wurde langsam eine andere. Es ging zäh. Aber
es ging. Sie wurde freundlicher und viel
geduldiger. Und als sie fortgegangen und in einer
Stelle war, da vernahm die Leitung des Spitals:
Martha ist gut geblieben. “Ich hatt' einen
Kameraden, einen bessern find'st du nit!” Was so
selten vorkommt, hier war's geschehen: die gute
Kameradin hat die schlechte besiegt, weil die gute
ganz gut war - ein Engel war. Aus “Lebenskunde”
(Rex-Luzern)
Loh-Pa-Hong der Engel der Armen
“Bitte,
hier der Herr, Direktor! Über dem Büro steht in
großen chinesischen Lettern: “Direktion der
Straßenbahn von Shanghai - Schiffahrtsgesellschaft
Loh-Tsu”. Man tritt in einen großen, hellen Raum.
Ein freundlicher Mann in chinesischer Kleidung
empfängt den Besucher. über dem Schreibtisch des
Direktors der Straßenbahngesellschaft von Shanghai
steht eine große Herz-Jesu-Statue. Er schämt sich
nicht, Farbe zu bekennen, denn Loh-Pa-Hong ist
ein Nachkomme des Märtyrergeschlechtes Loh, das
schon seit 700 Jahren katholisch ist trotz aller
Verfolgungen. Am Morgen hat der Herr Direktor bei
der hl. Messe ministriert. Nachmittags wird er, wie
jeden Tag, einen Besuch beim Allerheiligsten machen.
Am Sonntagvormittag geht er zu Fuß durch die Straßen
Shanghais. In einiger Distanz folgt sein Auto. Hier
findet er bald einen armen Kuli, da ein krankes Kind
in der Sonne, dort einen hungernden Alten. Dann
fährt das Auto auf einen Wink des Herrn Direktors
vor. Der Arme wird auf die Polster gebettet und ins
St. Josephsspital gebracht. 3000 Kranke werden
ständig dort gepflegt. Zahlen können sie nicht.
Direktor Loh-Pa-Hong wird das besorgen. Es ist sein
Spital.
Im Verlauf der Jahre sind andere Häuser
dazugekommen. Schulen, Waisenhäuser, Altersheime.
Tausende von armen Chinesen - meistens Heiden -
werden dort verpflegt. Herr Direktor Loh-Pa-Hong
bezahlt. “Aber, Herr Direktor, woher nehmen Sie
denn das viele Geld?” Es ist wahr, Millionen gehen
durch seine Hände. Er ist sehr reich. Und doch sehr
arm. Denn die Millionen sind immer bald weg. Da ist
denn der Direktor der Straßenbahngesellschaft von
Shanghai zum Bettler geworden. Heidnische Chinesen
haben zu seinen Millionen noch große Summen
beigesteuert. So geht es. Nun wachsen gar zwei neue
Hospitäler aus dem Boden heraus: Eines für
Lungenkranke, eines für Wöchnerinnen.
Der Herr Direktor ist für diese armen Menschen
wirklich der Heilbringer geworden. Sie verehren
ihn fast abgöttisch. “Aber Herr Direktor, ist das
die ganze Bezahlung, die Sie erhalten für all diese
Werke?” - Da lächelt Loh-Pa-Hong: “Ich glaube nicht,
denn sonst würde ich das nicht können.” - “Aber
warum verschwenden Sie Ihre Millionen denn?!” -
Loh-Pa-Hong lächelt - und schweigt. Er weiß warum.
Im Jahr 1938. War es im Büro der Direktion? War es
auf der Straße? War es in der Stille der
mittäglichen Anbetung des Allerheiligsten - es
kracht ein Schuß! Noch einer und wieder einer! Loh-Pa-Hong
stürzt zusammen.
Sterbend wurde er dem großen Heilbringer ähnlich,
dem Heiland. Er war ein Christ. Und wie Christus
ging er vorbei - starb, von Mörderhand getroffen -
nachdem er “Wohltaten spendend” durch sein Volk
gegangen war. Und in den Spitälern weinten die
Kinder, die Greise und Krüppel. Als ein wirklicher
Engel der Armen lebt er in ihren Seelen weiter. Aus
“Lebenskunde” (Rex-Luzern)
Sie war der Schutzengel ihres Mannes
Neugierig guckte der Mond in eine Dachkammer. Er sah
ein 15-jähriges Mädchen auf den Knien, die Augen
starr auf das Bild des Gekreuzigten gerichtet. Das
bleiche Licht des Mondes wob einen Schleier um die
beiden, um den am Kreuz und um das Mädchen vor ihm.
Das Leid ihres Heilandes geht ihr gewaltig tief, der
jungen Rita. Sie erschauert ob der Liebe, die
Gott ihr im Leiden Seines Sohnes gezeigt und
geschenkt hat.
Oft kauerte sie in einem dunklen Winkel der
Dorfkirche und betete und sann über die blutige
Krone ihres Geliebten nach. Ja, diese Krone wollte
sie mit Ihm teilen, in einem Leben der Armut und
Buße - im Kloster. Das war ihr Traum. In dieser
Nacht aber träumte Rita nicht. Da war ihr Gesicht
bleich wie das Gesicht auf dem Kreuze. Denn ihre
Eltern hatten ihr verkündet: “Aus dem Kloster wird
es - nichts! - Du heiratest! Wir haben schon einen
Mann für dich gefunden!” - Darum ist Rita in dieser
Nacht so fahl. Und ihr Herz hämmert. Sie preßt die
heiße Stirne an das Kreuz.
Am anderen Tage spricht sie die Worte, die einst in
der Ölbergsnacht der Herr ihr vorgesprochen hatte:
“Wenn es möglich ist, Vater... doch nicht mein,
sondern Dein Wille geschehe...“ Rita glaubte Gottes
Willen zu tun und - heiratete, 15jährig, nach dem
Brauch jener Zeit.
Acht Tage nach der Hochzeit erhielt die junge
Frau die ersten Schläge - wilde Flüche hallten durch
das Haus. Der Mann konnte seine Frau nicht fromm
sehen. Er war ein überaus jähzorniger, gewalttätiger
und leichtsinniger Mensch, Rita aber ein stilles,
sehr empfindsames und gottinniges Wesen. Was jetzt?
Schimpfen? Auch fluchen? Dem Mann davonlaufen?
Eine “moderne” Frau in dieser Lage würde toben:
“Wenn du mich noch ein einziges Mal schlägst - laß
ich mich scheiden!”
Von Rita hörte der Mann keine solchen Worte. Sie sah
dieses Los als die ihr von Gott zugedachte Aufgabe
an. Jetzt konnte sie mit ihrem Heiland die
Dornenkrone teilen..., die Schläge und die
Verachtung und Verwünschung. Auch nicht einmal
klagte sie ihre Eltern an. Tag für Tag die gleichen
Szenen: Höllenszenen. Rita verkündet ihr Leid
keiner “verschwiegenen” Nachbarin am Dorfbrunnen.
Sie trägt es mit einer unerhörten Geduld. Sie opfert
es auf für die Seele ihres Mannes und ihrer zwei
Söhne. Sie liebt - trotz Schlägen! So war es volle
18 Jahre.
Doch eines Tages - was war das? Ein Traum aus
den Tagen der Jugend - kniete ihr Mann, Paul
Ferdinand, vor Rita nieder; er faßte ihre Hände,
und ein hilfloses Schluchzen erschütterte die starke
Gestalt: “Rita, verzeih mir!” Und Rita verzieh,
unter Tränen. Jetzt blühte das Glück in dem Hause
Ritas in Rocca. Der Mann nahm sich fest zusammen
Wohl brannte ihm manchmal die Wut noch durch. Aber
dann rannte er hinaus, bis sein Zorn verraucht war.
Er hat Rita nie mehr geschlagen. Er empfand etwas
wie eine Scheu vor übermenschlichem. Sie war ihm wie
ein Tabernakel geworden, darinnen Gott wohnt.
Einmal sah Rita durch das Fenster eine ganze Reihe
Männer kommen. Was haben sie? Sie tragen etwas ganz
sorgfältig. Es sieht aus wie eine Tragbahre. War es
ihr scharfes Auge? War es ihr frauliches Gespür? War
es ihre Liebe? - Ein gellender Schrei! Es flimmert
vor ihren Augen. Es wird dunkel und schwarz, es wird
Nacht - und als die Männer mit ihrer Last vor dem
Hause ankommen, liegt eine ohnmächtige Frau neben
der Leiche ihres Mannes. Paul Ferdinand war von
Mörderhand getroffen worden.
Der Mann erwachte nicht mehr. Aber Rita erwachte
wieder aus ihrer schweren Ohnmacht. “Wo bin ich? Wer
bist du?” Ein Mann kniet vor ihr. Er hält ihre Knie
umschlungen und bettelt mit Todesangst: “Rita,
verzeih mir, ich bin - der Mörder!” - Rita
starrt ihm in die Augen, dann schießt das Blut in
ihre Wangen, das feurige, südländische Blut. - Eine
Woge von Haß und Rachedurst stürzt an ihr Herz -
eine Sekunde - dann sieht sie ein anderes Bild - das
von der Dachkammer. Das mit den ausgestreckten
Armen, mit den zwei blutüberronnenen Augen, mit den
fieberdürren Lippen. Und ein Wort klingt irgendwo:
“Vater, verzeih ihnen...” Mit schwerem Atem und
jagendem Puls und wieder blutleerem Antlitz stößt
sie mühsam hervor: “Ja, ich verzeihe - auch dir!”
Rita gibt dem Mörder Asylrecht im Haus. So lange
durfte ihn die Polizei nicht holen. Den
Gattenmörder schützt sie vor dem Beil des Henkers; aber
vor der Wut ihrer rachsüchtigen Söhne kann sie ihn
auf die Dauer nicht schützen. Sie sind wie ihr
Vater. Ein neuer Kampf brach los in dem gequälten
Herzen der Mutter. Ist's nicht genug an einem Mord?
An einer Todsünde? Soll sie beten, daß Gott lieber
ihre Söhne wegnehme von der Erde, als daß sie ein
Verbrechen auf ihre Seele häufen? Sie ist bereit zum
Opfer. Und Gott nimmt es an. Die Söhne werden krank.
Und bald steht Rita an einer neuen Totenbahre, dann
an einer zweiten. “Herr, gib ihnen die ewige
Ruhe!...” Rita betet es nur tonlos mit bei der
Beerdigung. Sie sieht die Särge versunken im dunklen
Schoß der Erde, hört die Menge beten - wie aus der
Ferne. Jetzt ist Rita wieder allein.
Ungeheuerlich ist ihr Schmerz. Aber doch gelingt es
ihr, ein ganzes Ja dem Vater im Himmel dazu zu
sagen. Mitten im Schmerz flammt die Sehnsucht ihrer
Jugend wieder auf: Ins Kloster. Man nimmt sie
endlich auf. 44 Jahre betet, leidet sie, pflegt sie
die Kranken, als ob diese Christus wären. Dann ist
sie reif, überreif für die Fahrt über die Sterne.
Am 24. Mai 1900. Der Petersdom in Rom ist mit
Menschen gefüllt. Auf einem erhöhten Thron hat Leo
XIII. Platz genommen, inmitten vieler Kardinäle und
Bischöfe. Die Allerheiligenlitanei ertönt und die
Bitte um den Hl. Geist. Dann verkündet der Papst
als Stellvertreter Jesu Christi, als oberster und
vom Hl. Geist unfehlbar geführter Lehrer der
Kirche, daß Rita von Cascia hiermit in das
Verzeichnis der Heiligen eingetragen und in der
ganzen Kirche als Heilige verehrt werden soll.
Der Vorhang fällt. In tausendfachem Lichtgefunkel
strahlt das Bild der hl. Rita auf. Die Orgel braust,
das “Großer Gott” erklingt aus dem Mund der
Tausende, die Gewölbe beben ob den Rufen. Es war
schon Grund dazu!
Sie war ein Engel, der Schutzengel ihres Mannes
und des Mörders ihres Mannes. Der Schutzengel ihrer
Kinder. Eine vollendete, feine reife Frau, eine
Heilige. Aus “Lebenskunde” (Rex-Luzern)
“...
wenn ich auch ein grober Kerl bin”
Jules Douthulst war der große, starke, knochige
Kerl, der den Peter Mardyk für die Jocisten gewann.
Er trug eine alte, abgegriffene Mütze auf seinem
Quadratschädel. Seine Golfhose war geflickt. Das
klappernde Rad war sein unzertrennlicher Begleiter.
Der Vater war ein Säufer. Die Mutter starb im
Rausch. Julius hatte keine Eltern, kein Heim. keine
Arbeit. Er schlug sich mit den Schmugglern an der
französisch-belgischen Grenze und führte ein Leben
zwischen Tag und Nacht. Aber da packte ihn der
kleine belgische Arbeiter-Apostel Cardijn mit seiner
zündenden Lehre: Christus will den Arbeiter
herausreißen aus seinem Elend. Douthulst horchte
auf. Dann sah er es ein. Er kämpfte sich aus der
Sünde hinauf. Aber nun brannte die Flamme der
Leidenschaft für das Gute. Er wollte dem ärmsten
Volke das Christus-Glück bringen. Er wußte schon um
dessen Schmutz und Elend und gelegentliche
Niederträchtigkeit. Aber das erinnerte ihn an sein
eigenes bitteres Schicksal. Er verstand, was es
heißt, sich daraus emporzuarbeiten. Er weiß, daß in
dieser Masse Menschen sind, die fähig wären zum
Guten und zum Kämpfen, genau wie er. Aber niemand
hält ihnen die Hand hin....
Zu Hause ist er eigentlich nur, wo es nach Wolle,
Tabak, Zwiebeln und Fett riecht. Hier geht er immer
noch am liebsten spazieren. All das zeigt ihm die
Arbeit, die noch geleistet werden muß, um seine
armen Brüder hochzubringen zu einem sonnigen, erträglichen
Christenleben.
Darum feuert er die Kameraden, die er in unendlich
mühsamer Arbeit für die Jocisten gewinnt, an. “Zu
den Armen, den Verstoßenen, den Zerlumpten, den
Hinterhäuslern müßt ihr die frohe Botschaft bringen!
Die wissen ja rein nichts von Christus und seinem
Glück!”
Er begann mit Mardyk Plakate für die Versammlungen
aufzuhängen. Es kam zu Schlägereien mit den
Kommunisten. Douthulst brachte Beulen nach Hause.
Die Lauen und Angsthasen blieben von da an weg. -
Sie arbeiteten in der Nacht. Da traf Douthulst oft
altbekannte Kameraden aus der
Tabak-Schmugglerzunft. Die wollte er auch
gewinnen! Mardyk sagte zu Douthulst: “Du verlierst
deine Zeit. Mit diesen Menschen ist ja nichts mehr
anzufangen!” - “Nein!” lärmte Douthulst, “sie sind
nicht verloren! Es ist noch etwas zu machen. Wenn es
aber niemand versucht?!”
Die Musterchristen aus dem “Zirkel” schimpften über
diese Art nächtlicher Streiche. “So etwas gehört
sich nicht! Douthulst, zieh dich doch zurück... dein
grober Dialekt, deine Unfähigkeit zum Reden, dein
Weinen und Wütendwerden... dein Herumstreichen und
Diskutieren in zweifelhaften Wirtschaften!” Mardyk
aber warf ihnen als Antwort für Douthulst schon
einige Brocken an den Kopf: “Hat denn nicht das
Leben Jesu sich unter Zöllnern und Sündern
abgespielt?” - “Ja”, sagten die Muster-christen,
“das schon! Aber diese Schlägereien sind gegen die
Liebe! Das hat mit Christentum nichts zu tun!” -
“Was, Schlägereien? Wer hat denn angefangen? Das
Sichwehren gegen die Kerle, die uns verprügeln, soll
gegen die Liebe sein?” “Die Liebe”, schrie Douthulst
die Herren vom Zirkel an, “die Liebe befiehlt uns,
endlich Schluß zu machen mit der Vergiftung unseres
Volkes durch falsche Lehren und all die
Schweinereien! Die Liebe ist etwas Mutiges, Starkes!
Sie schreibt uns einmal vor, denen zu Hilfe zu
kommen, die man mordet! Selbst wenn man die Fäuste
brauchen muß, um sie zu retten!”
“Nehmt
einmal an, in der Fabrik steht ein Arbeiter. Er
erzählt seinem Lehrling, der sich nicht zu rühren
wagt, unsaubere Geschichten: ,Das muß man tun, das
ist gesund, das gehört zum Leben wie Essen und
Trinken Ihr seid da und hört es. Ihr legt Protest
ein. Der Saukerl fährt weiter mit seinen
Geschichten vor dem Lehrbuben, was macht ihr dann?”
- “Wir gehen weg, um nichts mehr zu hören!” - “Nein,
bei Gott, nein! Hier heißt es nicht weglaufen, um
nichts mehr zu hören! Hier heißt es: draufhauen! Mit
irgend etwas draufhauen! Selbst wenn man schwach
ist. Das muß aufhören!”
Das war ganz Douthulst. In der Fabrik hatte er einem
Spinner die Spule an den Kopf geworfen, weil dieser
Lump den Jungen solche Geschichten erzählte und
nicht schweigen wollte. Aber rings um Douthulst
wurde die Luft langsam sauberer, denn er war daneben
ein ganz verträglicher Kamerad und hilfsbereiter
Kerl. So geht er einsam, von vielen verlacht, von
manchen bewundert, unter seinen Kameraden von der
Joc, seine Wege. Außer ihnen hat er überhaupt
niemanden: keine Frau, keine Eltern, kein Heim.
Auf seiner Bude kocht er sich am Abend auf einem
Spirituskocher ein ärmliches Mahl. Nachher näht er
einen Flicken mehr auf seine Hemdärmel. Dann geht er
an die Arbeit: er versucht zu lesen, er lernt
rechnen; er lernt die Rechtschreibung, denn er kann
keinen ganzen Satz schreiben; er gibt sich Mühe,
seinem armen Kopf einige Gedanken und seinem
Quadratschädel einige Fetzen Bildung beizubringen,
und alles für die Joc, damit man ihn hört und an
seine Ideen glaube und eifriger ans Werk gehe... Er
spürt zu gut: “Ich bin auf dem rechten Weg, wenn ich
auch ein grober Kerl bin...”
Er hat recht, weil er mehr Vertrauen hat in die
Menschen, trotz ihrer Erbärmlichkeiten. Mag einer
noch so tief gefallen sein; Douthulst gibt seine
Sache niemals auf. Und er hat auf seinen starken
Schultern Peter Mardyk und die ganze Arbeitergruppe
von Roubaix durch das Unwetter der Anfeindungen
getragen.
Warum? Weil er Christus sieht in jedem zerfetzten
Gesellen, weil es ihn drängt, den Armen
heimzuholen...
Der richtige Nachfolger Christi ist er - Douthulst,
ein Schutzengel seiner Brüder!
Aus Van der Meersch “Menschenfischer” (Winfried
Verlag, Ausgburg)
Sie war der Engel ihrer 14 Kinder
Vor 25 Jahren schon ist sie hinübergegangen, eine
Mutter, ganz nach dem Herzen Gottes, ein wahrer
Schutzengel ihrer Kinder. Sie war 35 Jahre
Lehrersfrau in einem oberpfälzischen Dorf nahe bei
Regensburg. Vierzehn Kindern hat sie das Leben
geschenkt. Alle vierzehn hat sie zusammen mit dem
tieffrommen Gatten großgezogen und zu ansehnlichen
Lebensstellungen verholfen. Heute noch ist sie ihren
Kindern ein leuchtendes, unvergeßliches Vorbild.
Was hatte diese Mutter einen innigen Kontakt mit
Jesus im hl. Sakrament! Täglich wohnte sie dem hl.
Opfer bei, obwohl sie von schwächlicher Gesundheit
war. Mehrmals am Tag eilte sie immer wieder für
einen kurzen Augenblick zum Tabernakel. Schulhaus
und Gotteshaus standen ja nachbarlich beisammen. Das
liebende Herz dort und das liebende Herz hier
schlugen innig zusammen. Jeder Tabernakelbesuch
wurde für sie liebende Anbetung und dankbare
Verehrung des in der Brotsgestalt gegenwärtigen
Gottes. Bei jedem Besuch erbat sie sich den
himmlischen Segen für ihre zahlreiche Kinderschar.
Mutter Margarethe konnte man oft im Gotteshaus
finden. Dort wurde ihr Gottvertrauen stets neu
gestärkt; dort auch ihr von Natur aus heiteres
Wesen immer wieder von innen heraus durchstrahlt und
besonnt. Vom Tabernakel her erfuhr sie die
gnadenhafte Führung, die sie ihren Kindern eine
wirkliche Segensmutter werden ließ.
Begreiflich, daß so eine Mutter eine zarte Liebe zu
Maria, die ja die Mutter aller Kinder und aller
Mütter ist, allzeit im Herzen trug, aber auch eine
große Liebe zu den hl. Engeln, zum eigenen wie zu
denen ihrer Kinder. Sie erkannte in ihnen ihre
treuesten Freunde, ihre besten Verbündeten. Sie
zweifelte keinen Augenblick an ihrer himmlischen
Macht und Güte, an ihrer wunderbaren Führung. Diese
Mutter wußte die Engel ganz nah bei ihren Kindern
und freute sich dessen. Täglich übergab sie alle
vierzehn und später auch die Schar der Enkelkinder
dem sicheren Geleit ihrer Engel.
Was war das der Mutter ein kummervolles Anliegen,
als ihre älteste Tochter, erst 13-jährig, nach
Amerika gehen sollte. Die Eltern selbst wünschten
es so nach reiflicher Überlegung. Der kinderlose
Bruder des Vaters hatte drüben ein sehr gutgehendes
Geschäft, ja ein reiches Vermögen erworben. Er
wollte um jeden Preis eines aus der großen
Kinderschar seines Bruders adoptieren und so die
Sorgen der kinderreichen Lehrer-Eltern mindern
helfen. Darum entschlossen sich letztere, ein
Mädchen überfahren zu lassen. Die Älteste war
bereit, dem Wunsch der Eltern zu willfahren. “Mein
Kind! Nur unter dem Schutz deines hl. Engels laß ich
dich ziehen. Täglich empfehl' ich dich in der Fremde
seiner Liebe und seinem Schutze. Vergiß auch du ihn
nicht!” Mit diesen Worten nahm sie Abschied, nachdem
sie noch ein Segenskreuzlein auf des Kindes Stirne,
Mund und Brust gezeichnet hatte. Auch die übrigen
Kinder mußten in die Fremde, die fünf Buben zum
Studium, ebenso die Mädchen bis auf einige, die in
Stellung gingen, fast alle in die Großstadt. Sie
aber wußten sich geborgen unter den segnenden Händen
ihrer betenden Mutter daheim. Allen leuchtete das
Bild der Mutter in die Seele, auch weithin in die
Fremde. Sie ist zu einem Leitbild für jedes der
ihren geworden, zu einem wirklichen Schutzengel.
Heute noch schauen alle. obwohl den meisten schon
die Schläfen ergraut sind, voll Dankbarkeit auf
diese Mutter.
Dabei waren die äußeren Verhältnisse in dieser
Familie alles andere als rosig. Das Einkommen eines
Lehrers von damals war sehr dürftig. Die
Wohnverhältnisse eng. Kinderkrankheiten sehr
häufig. Die Mutter selbst infolge zahlreicher
Magengeschwüre viel krank und gebrechlich, aber all
dies Leid war überstrahlt von ihrer grenzenlosen
Mutterliebe, von ihrer tiefinnerlichen
Gotteskind-Natur. Die Opfer dieser Mutter waren die
Bausteine, für die ganze Familie geworden. Ihr Herz
war wie ein Sonnenquell, darin alle das Wunder der
Liebe schauen durften. Gott schenkte dieser edlen
Frau aber auch die Gnade, daß sie einen
liebebesonnenen einmalig schönen Lebensabend bei
ihren Kindern verleben durfte. Ihre Opfer wurden
reichlich aufgewogen.
Als sie 79-jährig an einem Donnerstagmorgen während
der hl. Messe von ihren Kindern schied, war der
Schmerz und die Trauer unendlich groß. Sie alle aber
wußten: Es ist nur ihre körperliche Hülle von uns
gegangen, nicht aber ihre liebende Seele. Diese lebt
mitten unter den Ihren weiter wie ein unsichtbarer
guter Engel bis zur Stunde. A. M. Weigl
Ein Schutzengel im Priestergewand - der hl. Don
Bosco
Es versöhnt uns mit manchen Verfallserscheinungen
unserer Zeit, zu sehen, daß ein Mann von solchem
Eigenwuchs wie Don Bosco sich behaupten und
heilig werden konnte; denn solche Gestalten sind
Zeugen für das unerschöpfliche Gnadenwirken Gottes,
das stärker ist als alle satanischen Mächte der
Welt.
Ist es nicht herrlich und beglückend, wie dieser
bettelarme Bauernbursche von Becchi in Piemont sich
emporrang zum Studium und zum Priestertum, wie er in
den heißen Sommern als Knecht auf den Äckern
arbeitet, um an den langen Wintertagen die
lateinischen Klassiker studieren zu können. Nichts
ist ihm zu schmutzig oder zu schwer, wenn er
dadurch etwas Schul- und Pensionsgeld verdienen
kann; er flickt die Strohstühle, strickt Strümpfe,
gibt Nachhilfestunden und läßt sich weder durch den
Spott der Mitschüler noch durch die neidischen
Schikanen seines Stiefbruders abschrecken. Seine
Jugend ist hart wie kaum eine zweite, aber sie ist
dennoch fröhlich und fromm, so fröhlich, daß immer
ein ganzer Schwarm von Buben um ihn herum ist, die
ihm mit einer blinden Ergebenheit folgen.
Seine unbestrittene Autorität hat ihre Gründe; es
imponiert dieser Straßenjugend, daß Giovanni Bosco
mit den Händen ein Hufeisen biegt, daß er auf ein
galoppierendes Pferd springt, daß er zaubern,
seiltanzen, feuerschlucken, zahnziehen und
musizieren kann, daß er ein Allerweltskerl ist, den
sie alle nachahmen möchten. Er aber wußte genau,
warum er die Bubenschar mit allen Kunststücken
seiner Kraft und Geschicklichkeit an sich fesselte.
Trotz seiner Jugend war ihm der Apostelberuf
eingebrannt; er wollte aus den Nachläufern, aus
verlotterten und sich selbst überlassenen
Halbwüchsigen wertvolle Menschen, eine Sturmschar
Christi machen. Deshalb führte er sie regelmäßig
nach seinen Vorstellungen in die Kirche, betete mit
ihnen den Rosenkranz oder hielt ihnen flammende
Ansprachen; wo er ein Jahr lang gelebt hatte, war
die Jugend wie verwandelt und brachte ihrerseits
einen neuen Geist in die Familien.
Seine kleinen Freunde haben ihm schmerzlich
nachgetrauert, als er mit zwanzig Jahren ins
Priesterseminar eintrat. Nachdem er Priester
geworden war, gab man ihm zuerst eine unbedeutende
Seelsorgestelle, und er war demütig genug, seine
umfassenden Kenntnisse auf allen Gebieten zu
verschweigen und zu verbergen, um nichts zu sein als
ein guter Hirt, der auch dem geringsten Menschenkind
die Liebe des gekreuzigten Erlösers entgegenbrachte.
Bald aber erweitert Don Bosco das Feld seiner
Tätigkeit, indem er sein Augenmerk besonders den
bisher weniger beachteten Randgebieten der
Pfarrseelsorge zuwendet. Kranke, Soldaten,
Gefangene, Fürsorgezöglinge und die verwahrlosten
Großstadtjungen Turins sind seine Lieblinge, für
die er jede Minute und jeden Soldo opfert. Es
erbarmt ihn, das Los der Niemandskinder ansehen zu
müssen, die von Betteleien und Diebstählen
leben, im Rinnstein nächtigen, von der Polizei
gehetzt und nicht einmal in den Kirchen geduldet
werden. Dieser Jugend ein Vater und Führer, ein
wahrer Schutzengel zu sein, ist nun der Inhalt
seines ganzen künftigen Daseins.
Er sammelt sie um sich auf Wiesen und in Scheunen,
er unterhält sie mit tausend Kunststücken. Er
schreibt Theaterszenen für sie, richtet Werkschulen
ein, erklärt ihnen den Katechismus und die
täglichen Gebete, er schafft ihnen ein Heim und
lebt selbst von Wasser und Brot, um ihnen eine Suppe
vorsetzen zu können. Verständnislos schauen
Regierung und Klerus seinen Bemühungen zu; der
Staat läßt ihn überwachen, und einige Amtsbrüder
machen sogar den Versuch, ihn in einer Irrenanstalt
unterzubringen. Aber Don Bosco ist stärker, klüger
und mutiger als alle seine Widersacher; auch ein
Mordanschlag bringt ihn nicht zum Versieht auf ein
Liebeswerk, das er für notwendig erachtet.
Unter unbeschreiblichen Mühen und Entbehrungen baut
er zäh seinen großen Plan einer umfassenden
Jugendorganisation aus. Sein Grundsatz lautet:
“Der Teufel rastet nie, den Seelen zu schaden,
darum darf auch ich nie rasten in der Arbeit für
das Heil der Seelen.”
Seinen Jungen zuliebe gibt er Zeitungslektüre und
Gesellschaften auf; sie dürfen ihn zu jeder Stunde
des Tages und der Nacht beanspruchen. Er will keine
Kopfhänger aus ihnen machen, sondern zu seinen
Erziehungsgrundsätzen gehört die Freude, gehört die
Freiheit, gehört der Sport. Die Jungen vergelten
seine Liebe mit grenzenloser Dankbarkeit; auf den
Schultern tragen sie ihn an seinen Platz, laufen
sechzig Kilometer weit ihm entgegen, er kann es
wagen, ohne einen einzigen Wachsoldaten mit
dreihundert Sträflingen einen Ausflug zu machen,
ohne daß einer davonläuft. Als seine tapfere Mutter
den Haushalt für ihn und seine Schützlinge
übernommen hatte, ging es langsam einer besseren
Zukunft entgegen. Aus den Reihen der Gassenbuben
erwuchsen ihm begeisterte Helfer; die tüchtigsten
bildete er zu Lehrern und Hilfskatecheten aus; neue
Häuser, Werkstätten und Hospize entstanden, mit
vierzig Centesimi in der Tasche begann er den Bau
einer Marienkirche, und mochte auch die Schar seiner
Zöglinge ins Riesenhafte wachsen, da war keiner, den
er abgewiesen hätte. Daß dieses gewaltige Werk der
Jugendrettung nicht mit seinem eigenen Leben stehen
und fallen dürfe, wurde ihm immer klarer. Seit dem
Jahr 1854 beschäftigte er sich deshalb mit der
Gründung einer eigenen Kongregation, die er nach dem
hl. Franz von Sales “Salesianer” nannte. Mit dem
Segen des Papstes kehrte er 1858 von Rom zurück.
Das Angebot, ihn zum Geheimkämmerer zu machen,
hatte er abgelehnt; er wollte für seine Jungen der
einfache Pfarrer bleiben. Durch die Kraft seiner
Ideen und seiner Persönlichkeit erzwang er sich die
Achtung der Staatsmänner.
So lange er lebte, gingen zweitausendfünfhundert
Priester aus seinen Anstalten hervor; zu ihrer
Unterstützung gründete er die
Schwesternkongregation der Töchter Mariens; ein
Hilfswerk für Spätberufene sammelte die
wertvollsten Kräfte aus den schaffenden Ständen und
ebnete ihnen den Weg zum Priestertum. Mit der
Ausbreitung seines Werkes mußten neue Jugendheime,
Werkschulen und Kirchen in Italien, Frankreich,
Spanien, Argentinien und Uruguay geschaffen werden.
Als Don Bosco starb, bestanden insgesamt zweihundert
Häuser der Genossenschaft, in denen über
zweihunderttausend Zöglinge die Segnungen einer
religiösen und wirtschaftlichen Lebensschulung
erfahren hatten.
Es ist wahrhaft ein Wunder, wie die Mittel für ein
solch umfassendes Liebeswerk zusammenflossen.
Wie er es fertigbrachte, die ungeheure Arbeitslast
zu bewältigen, schien selbst denen unbegreiflich,
die immer um ihn waren. Er trug ja nicht nur die
Leitung der gesamten Genossenschaft und die Sorge
für eine Armee auf seinen Schultern, sondern wollte
diese Armee auch geistig beeinflussen und
vorwärtstreiben. Deshalb seine Reisen, auf denen er
unterwegs sich mit Brot und Kastanien begnügte,
deshalb seine ausgedehnte Korrespondenz von
mehreren hundert Briefen täglich, deshalb seine
rege schriftstellerische Tätigkeit, insbesondere
durch Herausgabe der “Katholischen Volksbücher”.
Sogar auf Reisen gönnte er sich keinen Augenblick
der Ruhe. Während er selbst die Zügel in die Hand
nahm, hörte er die Beichte des Kutschers.
Er erlebte noch die Freude, daß im Januar 1888 viele
deutsche Rompilger unter Führung des Erzbischofs
von Köln und des Bischofs von Trier ihn besuchten,
zum Zeichen, daß seine große Idee, die Pädagogik der
Liebe, auch in Deutschland Wurzeln geschlagen hatte.
Am Fest des hl. Franz von Sales empfing er die
Sterbesakramente; in der Frühe des 31. Jan. 1888
schied er unter den Gebeten und Tränen seiner
Schützlinge aus diesem Leben. Die Entwicklung seines
Werkes hat dem schönen Wort recht gegeben, mit dem
er die schonungslose Aufopferung aller Kräfte
rechtfertigte: “Wer von der Arbeit getötet stirbt,
zieht auf seinen Posten Hunderte, die ihn
ersetzen.” Gekürzt aus Hümmeler “Helden und
Heilige”
Es ist eine große Gnade
andern ein Schutzengel sein zu dürfen.
Gott schenkt
den demütig Vertrauenden diese Gnade. Es ist aber
auch eine Gnade, an seinen eigenen Schutzengel zu
glauben und mit ihm einen wirklichen, persönlichen
Kontakt zu haben. Wieviel Tränen und Leiden wären
uns im Leben erspart geblieben, hätten wir immer den
Einsprechungen unseres Engels gefolgt! Die Engel
geben ja nur Einsprechungen, die zur Ehre Gottes und
zum Heil der Seelen sind. Manches Unglück unseres
Lebens wäre nicht eingetreten, hätten wir uns im
entscheidenden Augenblick seinem Schutz empfohlen!
Viele Sünden wären nicht geschehen, hätten wir mit
unserem Engel häufiger Zwiesprache gehalten. Es ist
wirklich so. Die Engel, diese himmlischen mächtigen
Lichtwesen, sind unsere besten Freunde. Sie sind
uns, wie einmal jemand sagte, näher als unser
eigener Atem. Im Auftrag Gottes und mit Seiner Liebe
und Seiner Güte gewähren sie dem Leib Schutz,
Führung der Seele, Geborgenheit dem ganzen Leben.
Die Menschen unserer Zeit aber vertrauen zuviel
auf ihr eigenes Können, auf die eigene Kraft, auf
Technik und Wissenschaft, welche aber bei aller
Präzision viele Gefahrenmomente in sich schließen.
Die in diesem Büchlein aufgeführten Beispiele
beweisen, daß es unsichtbare Kräfte gibt, die
höchste äußere und innere Gefahren abzuwehren
imstande sind. Es sind unsere Engel. Nur müssen wir
an sie glauben, müssen zu ihnen beten und zwar aus
der Tiefe! Oft schon genügt ein Gedanke an sie, ein
Wort zu ihnen. Im folgenden sind einzelne längere
Gebete angeführt.
Brüder! Schwestern! Wählt daraus, was euch zusagt!
Es kommt nie auf die Zahl und auf die Länge der
Gebete an. Es kommt beim Beten immer auf die Kraft
des Vertrauens und die Kraft der Liebe an.
Bei der Gestapo
Es war im Jahr 1937. Wir kamen aus der Kapelle; es
war gerade 6 Uhr, da schellte das Telefon. „Hier
die Geheime Staatspolizei. Die Schwester X.
hat sofort zu erscheinen." Wir gingen zu zweit.
Würde man uns trennen wie gewöhnlich? Nein, diesmal
durften wir beide ins gleiche Zimmer. Ein Tisch,
vier Stühle, zur Linken saß ein SS-Mann, im Rücken
stand ein Herr in Zivil, rechts saß ein zweiter Herr
in Zivil. Ein großer weißer Bogen wurde mir
hingeschoben. Der SS-Mann begann, die anderen
sekundierten in der Rede. „Wir möchten Ihnen die
soziale Arbeit anvertrauen. Leute wie Sie können wir
brauchen." Einen Herzschlag lang war ich verstummt.
Da sprachen sie weiter: „Unterschreiben Sie, daß
Sie aus der Kirche austreten." An der tiefen
Blässe, die das Gesicht meiner Begleiterin
zeichnete, spürte ich die Gefahr dieser Stunde.
Es war eine atemlose Stille - dann wandte ich mich
an den SS-Mann: „Würden Sie ein Vaterunser beten,
wenn Rosenberg es verlangte?" Ein höhnisches
Lachen: „Ich fühle mich mit dem Mythos des 20.
Jahrhunderts unter dem Arm s...wohl. Nein, das kommt
nicht in Frage." Er schlug mit der Hand auf den
Tisch und schob mir den weißen Bogen noch näher:
„Unterschreiben Sie!"
„Nein,
nie. Schauen Sie, das ist in der katholischen Kirche
ganz anders. Wenn der Hl. Vater in Rom etwas
befiehlt, dann geschieht das auf dem ganzen
Erdkreis. Dann würde dieses Vaterunser von jedem
Katholiken auf der ganzen Erde gebetet werden. Und
für diese heilige, römisch-katholische Kirche lege
ich jederzeit meinen Kopf hin. Das ist nämlich der
große Unterschied zwischen uns. Sie wollen 2000
Jahre alt werden und wir - sind es." Der SS-Mann
stand jäh auf und schlug die Tür hinter sich ins
Schloß. Der Herr in Zivil hatte leise das Zimmer
verlassen, und nun waren wir mit dem letzten allein:
„Es ist gefährlich, was Sie tun; sehr gefährlich.
Auch der Kopf einer Oberin kann wackeln." Vielleicht
war es das Letzte, was mir zu sagen blieb, denn noch
wußten wir nicht, - würden sie uns gehen lassen?
„Ich verstehe, daß Sie so reden müssen, aber
verstehen Sie auch mich, wenn ich Sie bitte:
Haben Sie Erbarmen mit Ihrer eigenen unsterblichen
Seele!"
Ich will nicht festhalten, was wir noch gesprochen
haben. Als wir auseinandergingen, da gaben wir uns
ganz herzlich die Hand, und es standen uns beiden
die Tränen in den Augen. Am nächsten Morgen aber
überbrachte eine unserer Schwestern ihm unser
Büchlein „Nur wer brennt - zündet" - so
hatte ich es ihm versprochen. Das war der Auftakt
gewesen für viele Vernehmungen. Das war eine Ansage
zum Kampf. Es war aber auch ein Anruf der Liebe
Gottes, die uns in diesen Jahren so oft die Frage
stellte: „Liebst du mich mehr als diese?" Und nur
Seine Gnade und Seine Kraft und die Nähe Seiner hl.
Engel war es, die uns laut und leise sagen ließ:
„Herr, Du weißt alles, - Du weißt aber auch, daß ich
Dich liebe!"
Aus „Vom jenseitigen Ufer"
Das Heldenstück eines werdenden Priesters
Am 4. Aug. 1947 war in Ursberg Primiz. Ein
wundervolles Bild: die andächtige Menge im
Klosterhof, flankiert von dem hohen Turm der alten
Prämonstratenserkirche, eingerahmt vom Mutterhaus,
unter dessen Hauptportal der kunstvoll geschmückte
Altar stand. Unter dem Dreiklang der wieder
heimgekehrten Glocken kam die Primizprozession vom
Priesterhaus Salvator herüber.
Ein Jesuit, Pater M., dem die Seelsorge in einem der
Häuser in Ursberg anvertraut ist, hielt die
Festpredigt. Ein Satz darin ließ mich vor allem
aufhorchen: “Die beiden Herren, die heute dem
Primizianten bei seiner ersten Messe assistieren,
werden besonders mit ihrem Dankgebet sein
Erstlingsopfer begleiten." Wieso sind diese
würdigen, schon ergrauten Herren dem jungen Priester
zu solchem Dank verpflichtet? -
Die hl. Handlung nahm ihren Fortgang, und man
erlebte mit dem Jungpriester den Höhepunkt der hl.
Messe: die Wandlung in der Erstmesse. Zuletzt
brauste das Tedeum unter Glockengeläute über den
Klosterhof. Man kehrte in das Priesterhaus zurück.
Die Menge zerstreute sich. Mir ließ der oben
erwähnte Satz in der Primizpredigt keine Ruhe, und
als ich am folgenden Tag dem alten Herrn begegnete,
der bei der Primiz den Diakon gemacht hatte, fragte
ich ihn geradeheraus: “Wieso sind Sie dem jungen
Herrn zu Dank verpflichtet?"
Wir setzten uns auf eine Bank im Garten. Uns
beschattete ein mächtiger Apfelbaum, an der
Hausmauer stieg ein Rebstock mit reifenden Trauben
reich beladen zum Dachfirst. Ein Lächeln der
Erinnerung - halb froh, halb traurig stieg in das
Gesicht des Herrn Pfarrers aus Oberschlesien. „Ja,
sehen Sie, das war ein Husarenstück, wirklich
wert, daß man es festhält. Es betraf jenen
berüchtigten Todesmarsch aus dem Lager Dachau.
Wir waren schon einige Tage unterwegs. Es war im
April des Jahres 1945, sehr kalt und naß. Zu Tode
erschöpft rasteten wir in der Nähe des Ammersees.
8000 Leute mit grausigem Hunger, todmüde, die Füße
voller Blasen. Wir hatten uns von gesammeltem Reisig
und etwas Heu ein Lager zurechtgemacht, wir aus dem
Priesterblock. Eine Plane hatten wir uns mitgenommen
und diese nun als niederes Zeltdach darüber
gespannt. Eben wollten wir uns darunter verkriechen,
um einigermaßen Schutz zu finden für die kommende
Nacht, als ein Lastwagen mit großem Getöse auf der
nahen Landstraße hielt. Ihm entstieg ein
Oberleutnant der Wehrmacht. Jung, energisch,
wohlgewachsen, an der Brust die Auszeichnungen für
größte Tapferkeit. An der einen Hand waren einige
Finger weggeschossen.
Der SS-Kommandant unseres Lagers war sofort bei ihm,
und wir hörten die schneidige Stimme des
Oberleutnants: “Befehl, die alten und fußkranken
Geistlichen sollen im Lastwagen weggebracht werden."
Eine Frage, offenbar nach dem Grund des Wegbringens,
wurde mit einem Achselzucken beantwortet. Wir
deuteten dieses Achselzucken dahin, daß wir zur
Exekution fortgebracht werden sollten.
Vorher hatte ein SS-Mann, von dem wir wußten, daß er
es gut mit uns meinte (es gab auch solche), gesagt:
“Es steht euch nichts Gutes bevor; haut ab!" Aber
wie hätten wir bei der starken Bewachung abhauen
können! Wir stiegen also in den Lastwagen, der
Offizier sprang auf, würdigte uns keines Blickes,
und weg ging's in sausender Fahrt. Der Fahrer kam
mir bekannt vor - ist das nicht - ein aus Dachau
entlassener Geistlicher? Aber die Hoffnung
schwand bald - das kann ja nicht sein. Wir fuhren
und fuhren, und wir dachten alle das gleiche: warum
brauchen sie so lange? warum fahren sie so weit.
Zuletzt war uns alles gleich. Tod wird auf jeden
Fall Erlösung bedeuten. Es war schon über 10 Uhr
nachts, als man uns aussteigen hieß, mit
freundlicher Stimme. Ist doch noch etwas wie
Erbarmen in dem jungen Offizier? Mit letzter Kraft,
fast wollten die Füße den Dienst versagen, erstiegen
wir die Höhe, und o Wunder - es kamen uns schwarze
Gestalten entgegen unter einem hellerleuchteten
Portal, die uns umarmten, ans Herz drückten, die vor
Rührung lachten und weinten. Man führte uns an
eine weißgedeckte Tafel und, nachdem wir uns
gestärkt hatten, jeden in ein Zimmer, in dem ein
weißüberzogenes Bett stand! Man gab uns
Gelegenheit zum Baden! Wir erlebten alles wie ein
Wunder. Als wir unsere Gefangenenkleidung mit
den Kleidern der Jesuiten aus Pullach - denn da
waren wir gelandet -, gewechselt hatten, gingen wir
noch einmal ins Refektorium. Dort stand glücklich
unser lachender Retter, Frater X., der heute seine
Primiz gehalten hat. Er schüttelte jedem von uns die
Hand.
Wie ist es zu dem Streich gekommen? Sehen Sie, das
ging so: Nach dem 20. Juli wurden alle Jesuiten aus
dem Heer gestoßen, darunter auch Frater X., der
damals Student der Theologie in Pullach war. Als er
nun von unserem Todesmarsch hörte, bekam er Befehl
von seinem Gewissen, so viele als möglich von uns
herauszuhauen. Der Fahrer war wirklich der Priester,
den ich einen Augenblick zu erkennen glaubte. Und
siehe, es war ihm gelungen!
Der Erfolg hat den jungen Oberleutnant a. D. noch
mutiger gemacht. Am folgenden Tag fuhr er noch
einmal hin, diesmal in Zivil. Er machte aber
vorher einen Abstecher über München, versorgte sich
bei der Wehrmachtverpflegungsstelle mit genügend
Brot, ergatterte einige Flaschen Schnaps, die er dem
SS-Kommandanten aushändigte, für Häftlinge, die
eventuell schlapp machen unterwegs; dann lud er
nochmals seinen Lastwagen voll mit geistlichen
Herren und brachte sie auch diesmal wohlbehalten
nach Pullach.
Als ich vor sieben Jahren geschnappt und nach Dachau
gebracht worden war, da betete ich jeden Tag zum hl.
Petrus, er möge doch auch uns einen Engel schicken,
der uns heraushole aus der Gewalt unserer Feinde.
Das Gebet wurde erhört. Gleich zwei Engel schickte
uns der liebe Herrgott: den Fahrer unseres rettenden
Wagens und den, schneidigen Engel, der heute Primiz
hielt und der seinen Mut, sein Gottvertrauen und
seine brüderliche Liebe schon in jungen Jahren unter
glänzenden Beweis gestellt hat. Aus der
“Augsburger kath. Kirchenzeitung" 1947/48
Mordanschlag vereitelt - Eine hochbetagte
Arztwitwe erzählt:
Mein Vater war Arzt in einem schönen Landstädtchen
Österreichs. Er galt als sehr pflichttreu und
religiös. Unsere ganze Familie war als streng
katholisch bekannt; sie setzte sich stets für die
Rechte der Kirche und ihre Priester ein. Einige
Kirchengegner haßten uns deswegen. Diesen Haß bekam
ich auch nach dem Tod meiner Eltern
verschiedentlich zu spüren. Ein Erlebnis ist mir
unauslöschlich eingeprägt geblieben. Es war ein
Jahr nach dem Tod meines Vaters. Ich war noch nicht
verheiratet, da hatte mich an einem Novemberabend
plötzlich eine unheimliche Angst gepackt. Ich sagte
zu meiner Angestellten, mit der ich ganz allein in
der großen Villa war: „Geh schnell hinaus und schau,
ob das Gartentor schon abgesperrt ist." Sie
antwortete: „Ja; ich selber tat es." Unser großer
Schäferhund lag im Vorzimmer und schlief. Nach
einiger Zeit hörte ich plötzlich Geräusche.
Es schienen Tritte zu sein, die vom Garten her über
die Stiege kamen. Ich sprang auf, eilte zur
Zimmertür, um sie schnell abzuschließen, nahm aber
vorher noch Weihwasser aus dem Gefäß an der Tür; da
drückte schon jemand auf die Klinke und schob den
Fuß herein.
Ein früherer Angestellter meines Vaters, den wir
entlassen mußten, stand vor mir. Wild-trotzig
war sein Blick. In der Hand hielt er eine Hacke. „Schutzengel
hilf!" - das war alles, was ich noch herausbrachte.
Der Hund lag ruhig im Zimmer und schlief. Er kannte
ja den Eindringling. Krampfhaft umkrallte dieser den
Hackenstiel. Nochmals rief ich laut: „Schutzengel!"
Mein Mädchen stand wie angenagelt vor Schreck. Auch
der Eindringling war für einen Moment ganz starr. Er
schien nicht vom Fleck zu kommen. Diesen Augenblick
benützte ich. Schnell hinaus zur hinteren Tür und
durch den Garten zum Nachbarn, einem Oberlehrer.
Der Eindringling folgte nicht.
Der Oberlehrer meinte: Sofort die Polizei anrufen!
„Nein", sagte ich. „Es ist uns nichts geschehen; wir
hatten einen großen Schutz. Zeig ich ihn an, dann
wird der Haß noch größer."
Später fiel dieser unglückliche Mensch noch tiefer.
Die Polizei faßte ihn. Er verbüßte eine längere
Zuchthausstrafe. Ehrlich gestand er auch, daß er
als Anarchist einen Mordanschlag auf mich
beabsichtigt hatte.
Nach verbüßter Zuchthausstrafe trat er als Büßer in
ein Kloster ein, um dort zu sühnen. Heute noch danke
ich meinem hl. Engel, daß er mir damals
augenblicklich geholfen hat, aber auch dafür daß
dieser arme, irregegangene Mensch zu Gott und
Kirche heimgefunden hat." Fr. Dr. H. T.
Engel rettet aus russischem Schneesturm
Ein schrecklicher Schneesturm tobte in der Nacht.
Die beiden Frauen, die mühsam gegen den Sturm
ankämpften, trugen Stiefel und waren in große
Wollschals gehüllt. Ihre Gesichter waren eis- und
schneeverkrustet und vom Frost erstarrt. Als der
Lagerführer sie beim Morgengrauen mit dreißig Rubel
und einer Liste von Aufträgen in die Stadt K.
losgeschickt hatte, schien es ein strahlender Tag
und eine ungefährliche Reise zu werden. Gegen Abend
aber schlug das Wetter unversehens um. Das Lager
konnte zwar nur wenige Werst entfernt sein, aber wie
sollten sie es erreichen? Sie liefen Gefahr, in
eine Herde von Wölfen zu geraten, die die Steppe
unsicher machten. Vor allem durften sie nicht dem
heimtückischen Schlafbedürfnis nachgeben und sich
bei ihrer Erschöpfung in den weichen Schnee setzen.
Sr. Kinga schlug ein großes Kreuzzeichen, legte den
Stock auf die Erde und tat den ihrer Gefährtin
hinzu. Dann hob sie den ersten wieder auf, legte ihn
in der Verlängerung des zweiten hin und so fort.
Zwar kamen sie nur verzweifelt langsam voran, hatten
aber die Gewißheit, sich in gerader Linie
vorwärtszubewegen. Sr. Kinga gestand ihrer Gefährtin
nicht, daß sie längst jede Orientierung verloren
hatte. Warum sollte sie „der Kleinen" Angst machen?
So näherte sie nur den Mund dem Ohr der anderen und
schrie: „Wenn wir stehenbleiben, sind wir
verloren!" Schließlich brach Schwester Gertrud
zusammen: „Lassen Sie mich sterben, Sr. Kinga! Sie
sind stärker, allein werden Sie es schaffen!"
Das war das Ende. Natürlich würde sie nicht allein
weitergehen. Und schon ließ sich Sr. Kinga an der
Seite ihrer Gefährtin niedergleiten und gab den
Kampf auf. - Plötzlich fühlte sie unter dem Schnee
etwas Hartes. Gerade an diese Stelle hatte ihr guter
Engel sie geleitet. Mit der behandschuhten Hand
begann sie zu tasten. Das war ja ein steinerner
Brunnenrand! Wo ein Brunnen war, mußte auch ein Haus
sein! Mit einem Satz richtete sie sich auf und fing
an, ihre Gefährtin zu schütteln: „Sr. Gertrud, ich
habe einen Brunnen entdeckt." Die Jüngere schien gar
nicht darauf zu reagieren. So begann sie, mit ihrer
Stange große Kreise um Schwester Gertrud zu ziehen.
Dabei stieß sie auf eine Mauer. folgte ihr und fand
eine halbverschneite Tür. Und schon fing sie an, wie
wütend zu pochen.
Hinter der Tür vernahm sie ein Geräusch, und eine
Frauenstimme rief: „Wer ist da?" Sr. Kinga:
„Monaschki (Nonnen). Öffnen Sie schnell!" Knirschend
ging die Tür auf, und die gleiche Stimme fragte
mißtrauisch: „Sind Sie allein?" - „Nein, meine
Begleiterin liegt im Schnee." Die Frau holte eine
Laterne, und zu zweit schleppten sie die völlig
Erschöpfte ins Haus, wo eine jüngere Frau bereits
wartete.
Nachdem sich die beiden Schwestern erholt hatten,
fragte die ältere Frau: „Ist es wahr, daß Sie
Monaschki sind?" - Ja. Und Sie?" - „Wir arbeiten in
der Fabrik." Schließlich erhob sich die Alte,
öffnete eine Truhe und nahm eine Ikone heraus.
„Können Sie mir auf diese Ikone schwören, daß Sie
wirklich Monaschki sind und uns nicht verraten?" Sr.
Kinga: „Ich rufe Gott und seine Mutter, die hl.
Jungfrau zu Zeugen an, daß wir wirklich Monaschki
sind."
Die Alte aber führte darauf die beiden Schwestern
in einen Keller. Er war hell erleuchtet und in
eine Kapelle verwandelt. Vor einer Bilderwand hingen
rote Lampen; Kerzen flackerten. In der Mitte lag auf
zwei Pulten je eine Ikone des Erlösers und der
Mutter Gottes, davor war ein großes Buch
aufgeschlagen. Auf dem Boden aber knieten betend
fünf Frauen. Die Alte wies auf das Buch und sagte:
„Die Hl. Schrift. Wir haben nur die Bibel", fügte
sie traurig hinzu. Schwester Kinga kam sich vor wie
im Traum. Als sie wieder oben waren, schloß die Alte
sorgfältig die Falltür, setzte sich auf eine Bank
und erzählte:
„Gott
hat euch durch seinen hl. Engel zu uns geschickt.
Seit vierzig Jahren haben wir keine richtigen
Nonnen mehr gesehen, und seit dem Weggang des
letzten Priesters sind 27 Jahre vergangen. Wir
haben uns nach der Revolution hierher geflüchtet,
und nie hat Gott zugelassen, daß sein Lob in
diesem Haus verstummte. Die Alten starben,
Jüngere kamen. Zur Zeit sind wir sieben. Aber das
Gedächtnis ist schwach, meine Tochter. Wir fürchten,
Gott nicht mehr so zu dienen, wie es nötig ist. Sagt
uns, wenn wir etwas falsch machen oder vergessen
haben. Doch unser heiliges Rußland wird wieder
erwachen."
Am nächsten Morgen mußten die beiden Ordensfrauen
wieder ins Lager zurück. Sie machten absichtlich
einen großen Umweg, ehe sie zurückkehrten. Die
Frauen dieses verborgenen Klosters haben die
Heimkehrenden nicht wiedergesehen. Aber es war
ihnen nun die Gewißheit, daß sie nicht die einzigen
waren im heiligen Rußland, die eine unbezähmbare
Hoffnung im Herzen trugen. Denn jenen Frauen war
nichts als ein geduldiges Warten verblieben, Frauen,
die seit 20 Jahren Weihwasser aufbewahrt hatten,
indem sie es unaufhörlich verdünnten, nachdem sie
den letzten Priester 1934 gesehen hatten. Aber die
Hoffnung war ihnen geblieben, daß die große
Heimsuchung eines Tages zu Ende gehen werde.
Nach „Ecclesia", Paris [Im Notfall kann man
Weihwasser strecken, indem man Wasser nachgießt,
aber immer weniger als die Hälfte.]
Eine hochbetagte, schon jahrelang kranke Mutter
schreibt mit zittriger Hand: Hochwürdiger Herr
Pfarrer! Ich teile Ihnen mit, wie mir der
Schutzengel geholfen hat. Zu meinem großen
Leidwesen lebten zwei Nachbarinnen über 6 Jahre
lang in Feindschaft. Sogar während der hl.
Mission haben sie sich nicht versöhnt. Eine wohnte
in meinem Haus parterre. Immer wieder mahnte ich,
aber mein Zureden half nichts. Ich war traurig
darüber. Da las ich in Ihrem Schutzengelbüchlein
und bat die Schutzengel, sie sollen uns helfen.
Denken Sie, nach ein paar Tagen waren die
Nachbarinnen versöhnt! Wie danke ich dafür!
Seitdem hat dieses Schutzengelbüchlein viel Trost
gebracht. Wenn die Männer abends nicht heimgehen,
rate ich ihren Frauen immer wieder: Betet zu den
Engeln eurer Männer mit großem Vertrauen und opfert
die hl. Messe zu ihrer Ehre auf.
Der Schutzengelpater Gerard mahnt
Verbinde dich oft mit dem Engel deiner Umwelt: Mit
den Engeln der Eltern und Kinder, der Geschwister,
des Hauspersonals, des Chefs, deiner Angestellten,
deiner Arbeitskollegen, der Untergebenen; mit den
Engeln jener Menschen, die mit dir das gleiche Haus
bewohnen, in der gleichen Ortschaft leben, zur
gleichen Verwandtschaft gehören. Mußt du dich einer
Operation unterziehen, rufe die hl. Engel aller
Beteiligten an: die Engel der Ärzte,
Krankenschwestern, der Pfleger.
Mußt du eine Prüfung, machen, grüße
rechtzeitig die hl. Engel aller Beteiligten: die
Engel derer, die die Aufgaben geben, korrigieren,
benoten, die Examensfragen stellen, über das
Endergebnis entscheiden. Brauchst du einen
Arbeitsposten, eine Wohnung, neues Personal usw., so
bete zum Schutzengel der Menschen, die dir helfen
können; denn „Gott hat Seinen Engeln deinetwegen
befohlen".
An den Ausgangsstellen der Bahnhöfe unserer Städte
stehen oft Hoteldiener in Reih und Glied da, bereit,
einem Gast zu Diensten zu sein. Spricht ein
Ankömmling einen Hoteldiener an mit „Bitte", dann
nimmt ihm dieser sofort die Koffer ab, hält ihm die
Ausgangstüre offen, lädt ihn ein, Platz zu nehmen im
Hotelauto, und bringt ihn raschestens ans Ziel.
Ähnlich können wir uns die hl. Schutzengel unserer
Umwelt vorstellen: sie stehen förmlich Spalier und
warten schon darauf, daß wir sie engagieren,
und sind dann ganz Aug und Ohr für uns. Gott bietet
seine Gnade an, zwingt sie aber nicht auf: er hat
Seinen Engeln deinetwegen befohlen, diese aber
warten, daß du sie anrufst!
Ausgeliehenes Geld zurückerhalten
Ich hatte für jemand eine größere Summe Geld
ausgelegt. Zuerst schien es, als ob ich nichts mehr
zurückbekommen würde. Ich betete nun täglich zu den
hl. Schutzengeln aller beteiligten Personen voll
Vertrauen und längere Zeit. Schließlich bekam ich
das Geld in Raten zurück, nachdem ich auch zu den
verlassenen Priesterseelen meine Zuflucht genommen
hatte. Witwe A. R.
Aus dem Dickicht brach eine Dogge hervor
An einem Augustvormittag ging Rosa, unsere
Haushälterin, auf einem Waldweg in Richtung Maria
Thann, um Moos- und Preiselbeeren zu pflücken. Kein
Mensch ringsum. Bis zur Kapelle waren es etwa noch
zehn Minuten zu gehen. Da tauchte etwa zwanzig
Meter entfernt links von Rosa ein großer Mann auf,
der einen bösartigen Eindruck machte. Rosa bekam
es mit der Angst zu tun und nahm betend den
Rosenkranz zur Hand. - Und alsbald ward ihr Hilfe: aus
dem Dickicht brach eine große, gelbrötliche Dogge
hervor und trieb den Fremden mit furchtbarem
Gebrüll abseits. Der Mann lief, so viel er nur
konnte, einige Zeit von dem Tier verfolgt.
Schließlich hörte das Gebell auf, der Hund kam auf
Rosa zu und lief etwa vier Meter vor ihr her. Dabei
schaute er immer wieder wachsam um, ob Rosa auch
folge. So ging es bis zur Kapelle, wo der wundersam
auf den Plan getretene Wächter verharrte. Rosa trat
in das Heiligtum und verrichtete dort dankbar ihre
Gebete. Als sie herauskam, war ihr “Freund in der
Not” verschwunden. Sie aber dankte ergriffen ihrem
hl. Engel. M. M 1966
Vertrauen zu unserem Schutzengel
Das Vertrauen zu unserem Schutzengel gründet
sich auf seine Macht und Güte. In Augenblicken der
Versuchung, in drohenden Gefahren, in wichtigen
Angelegenheiten und großen Anliegen sollen
wir um seine Hilfe und seinen Rat bitten. Ihm ist es
ein leichtes, die Schliche Satans zu erkennen und zu
vereiteln. Prof. A. D. Zürich
“Mein
Schutzengel weckt mich treu”
Eine betagte Ordensschwester schreibt: Weil ich sehr
schwerhörig bin und den Wecker morgens nie höre,
aber abends meist spät ins Bett komme, bitte ich
meinen hl. Engel, mich rechtzeitig zu wecken. Wir
müssen ja um 5 Uhr aufstehen, um rechtzeitig zum
Morgenoffizium zu kommen. Da habe ich nach mehreren
nächtlichen “Überstunden” ein paarmal verschlafen.
Seitdem bete ich regelmäßig abends vor dem
Einschlafen noch kurz: “Mein lieber hl. Engel, ich
hab dich so lieb und danke dir für all deine treue
Sorge. Bitte, sei so gut und wecke mich morgen früh
wieder!”
Und ich wache immer pünktlich auf; auch heute, da
ich um 3/4 5 Uhr aufstehen mußte, obwohl ich erst um
12 Uhr zu Bett kam. Dankbar bete ich dann jedesmal
am Morgen: “Mein Schutzengel, du hast mich wieder
geweckt, ich danke dir!” Sr. M. J. B.
Im Dezember 1963 besuchte ich eine kranke Frau. Ich
fühlte mich innerlich dazu angeregt. Als ich tags
darauf wieder zu ihr kam, sagte sie: “Ich möchte
gerne versehen werden. Wollen Sie mir bitte den
Priester holen?” Aber der Priester war verreist.
Am nächsten Tag jammerte die Frau: “Wann kommt der
Priester?” Wieder verging ein Tag. Ich ruhte nicht,
bis der Priester doch noch am Nachmittag kam, ihr
die hl. Kommunion brachte und die hl. Ölung
spendete. Wohl meinte er hernach: “Hier passiert
noch nichts. Das war übereilt.” Ich antwortete:
“Wenn jemand so oft nach dem Priester fragt, wie
diese Frau, dann darf man nicht länger warten!” Es
war Nachmittag um 1/2 5 Uhr. Abends um 8 Uhr schon
verlor die Kranke die Besinnung; als ich am nächsten
Tage wieder kam, lag sie in den letzten Zügen. Sie
hatte also gerade noch rechtzeitig die hl.
Sterbesakramente bei vollem Bewußtsein empfangen.
Wie dankte ich meinem hl. Schutzengel. Er hatte mich
zu dieser kranken Frau geführt. M. Sch. 1967
Schutzengelpost
Wir Schwestern pflegen, gerne die Schutzengelpost:
Wenn wir jemand in Bedrängnis wissen, oder wenn
besondere Schwierigkeiten beruflicher Art
auftreten, dann rufen wir unseren Schutzengel und
die Schutzengel aller Beteiligten an, auch wenn sie
sehr weit entfernt sind, und auffallend gut
“klappt” dann alles. Zum Beispiel war meine
Schwester in N. erholungsbedürftig. Sie ist als
Fernschreiberin tätig und hat es in ihrem Amt sehr
schwer, wohl auch, weil sie in ihrer Umgebung aus
ihrer religiösen Überzeugung kein Hehl macht. Nun
galt es zu beten, daß ihr eine Kur genehmigt werde;
seit dreißig Jahren allerdings die erste. Ferner
wußte ich, daß sie sich als Alleinstehende schwer
tun würde ohne Einzelzimmer.
All dies empfahl ich den hl. Engeln, besonders auch
Sankt Michael, weil die dauernden Quälereien im
Dienst (seit dreißig Jahren!) manchmal unerträglich
wurden. Und nun: In Bad Orb im Spessart bekam sie im
Sanatorium “Sonnenschein” ein Einzelzimmer im Anbau
Sankt Michael, wo sonst nur Ärztinnen und
Schwestern untergebracht werden. Dazu fand sich eine
Rotkreuzschwester, auch tief religiös, mit der sie
die täglichen Spaziergänge in die Spessartwälder
machen und auch das Gotteshaus besuchen konnte. -
Wenn die Bedrängnisse im Dienst manchmal allzugroß
werden, kommt ein Anruf oder Telegramm an die hl.
Engel. Das Vertrauen auf sie wird nicht
enttäuscht. Sr. M. B., 1967
“Die
beiden müssen auseinander!”
Es war zwei Tage vor dem ersten Adventssonntag 1961:
Mein Mann kam abends vom Dienst nach Hause und
beklagte sich, daß ihn ein Kollege schwer beleidigt
habe und daß mein Mann ihn auf Anraten anderer
anzeigen wolle. Ich bat ihn flehentlich, davon
abzulassen. Die ganze Nacht hindurch habe ich zum
Schutzengel meines Mannes und zum Schutzengel seines
Kollegen gebetet. Und mein Gebet hat eine Erhörung
gefunden, wie ich es mir nicht hätte träumen lassen.
Es war so: Dieser Kollege fuhr uns öfter mit seinem
Wagen zum Westerwald. So oft ich ihn Sonntag morgens
vor der Fahrt bat, mit uns die hl. Messe zu
besuchen, lehnte er ab und blieb im Wagen sitzen,
bis wir aus der Kirche kamen. Zweimal sind wir auf
unseren Fahrten gerade noch vor einem Unfall bewahrt
geblieben; das sah ich als ein Zeichen von oben an
und wollte nicht mehr mit ihm fahren. Der Ärger
darüber trieb ihn dazu, meinen Mann zu verleumden.
Dieser Kollege hatte keine geregelte Arbeit und
unterhielt sich immer mit dem Pförtner des Hauses,
der fast blind war und seinen Verdienst nur in
Schnaps und Tabak aufgehen ließ. Diese beiden Männer
sprachen am liebsten in übler Weise über Kirche und
Geistliche; sie machten gern üble Witze, weshalb
mein Mann immer wieder sagte: “Die
beiden müssen auseinander!” An diesem Abend vor dem
ersten Adventssonntag sagte ich zu meinem Mann: “Den
Zeitpunkt bestimmt der liebe Gott!” Am Montag darauf
bat ich meinen Mann nochmals herzlich, seinem
Kollegen zu verzeihen, ging dann zur hl. Messe, trug
dem lieben Gott, der lieben Gottesmutter und den hl.
Engeln mein Anliegen vor.
Da kam mein Mann mittags überraschend nach Hause.
Was war geschehen? Der Pförtner war am Morgen auf
dem Weg zur Arbeitsstätte verunglückt und ins
Krankenhaus gekommen. Er lebte nur noch sechs Tage.
Er konnte mit den hl. Sterbesakramenten versehen
werden. Gott Dank dafür!
Nun bekam der Fahrer die Stelle des Pförtners. Er
hat es meinem Mann hochangerechnet, daß er ihn nicht
wegen Beleidigung verklagt und auch sonst nichts
gegen ihn unternommen hatte, sonst hätte er diese
Stellung nicht bekommen. Das Erfreulichste aber
war, daß auch ein charakterlicher Wandel bei ihm
eingetreten ist. Den hl. Engeln innigen Dank in
diesem und anderen Anliegen!” A. D. 1965
Eine Tiroler Büroangestellte erzählt: Mein Urlaub
ist bald vorüber, und ich muß wieder zurück an meine
Arbeitsstelle in Venedig. Die Bürokollegen hatten
mich gebeten, Schwarzbrot aus Tirol, Sterzinger
Teebutter und Frankfurter Würstchen mitzubringen.
Gerne komme ich dieser Bitte nach, und ein ganzer
Koffer wird damit gefüllt. - Meine Schwester
begleitet mich zum Bahnhof, ich fahre über Val
Sugana nach Venedig. Außer mir ist niemand im
Abteil. Kurz vor Trient kommt ein elegant
gekleideter Herr; er mustert mich und mustert die
Koffer und fragt mich, wohin ich fahre. Ich sage,
nach Venedig. “Ach, da müssen Sie in Trient
umsteigen. Soll ich Ihnen behilflich sein beim
Umsteigen?” Erfreut darüber sage ich “Ja”.
Es kommt Trient: Bitte, umsteigen nach Val Sugana! Der
freundliche Herr nimmt meinen schweren Koffer,
fordert mich auf, auszusteigen, er komme nach. Ich
bin draußen und warte, bis der Herr mit meinem
Koffer nachkommt, aber ich warte umsonst.
Blitzschnell erfasse ich die Situation, daß ich
einem Hochstapler aufgesessen bin, rufe meinen
Engel zu Hilfe und schreie ganz laut “al ladro”,
d. h. haltet den Dieb. Ich laufe zurück in das
Abteil und schaue auf der anderen Seite des Zuges
hinaus. Ich sehe noch den Herrn mit meinem Koffer
ganz vorne in den ersten Waggon einsteigen. Der Zug
wird gestoppt, der Dieb ergriffen, der Koffer
abgenommen. Das ganze Bahnpersonal hilft mit. In ein
paar Augenblicken ist alles erledigt.
Ich konnte weiterfahren, wenn mir auch der Schrecken
noch in den Gliedern saß. Von Herzen dankte ich
meinem Schutzengel für seine Hilfe. Damals machte
ich den Vorsatz, künftig im Zug keinem Menschen zu
sagen, wohin ich fahre. H. B.
“Geh
weg von hier!”
Es war in den vierziger Jahren. Wir hatten einen
kleinen Garten gemietet. Großvater ersuchte mich,
Gemüsepflanzen zu besorgen. Sogleich fuhr ich mit
meinem Fahrrad in eine nahegelegene Großgärtnerei
und begab mich in das Treibhaus, um nach dem
Besitzer zu fragen. Inzwischen zog schnell und
unerwartet ein Gewitter herauf. Ich blieb an dem
einen Ende des Treibhauses stehen, um das Ende des
Gewitters abzuwarten. Plötzlich hörte ich eine
innere Stimme, die mir sagte: “Geh weg von
hier!” Ich folgte dieser Stimme und es zog mich
magnetisch an das andere Ende des Treibhauses.
Ich war dort kaum angekommen, schlug an der
Stelle, wo ich vorher gestanden, ein flammender
Kugelblitz ein. Im Nu war das Treibhaus eine
Schwefelwolke. Ich zitterte am ganzen Körper. Ich
hatte einen leichten Gehörschaden erlitten und eine
Herzneurose, die aber bald wieder wichen. Ich bin
heute noch davon überzeugt: hier hat der Schutzengel
geholfen. G. Z.
Täglich danken!
Die Verehrung unseres Schutzengels verlangt, daß wir
nicht nur täglich zu ihm beten und ihn um Schutz und
Hilfe bitten, sondern daß wir ihm auch täglich
danken für alle Güte, Liebe und Treue und ihn um
Verzeihung bitten für alle Vernachlässigung und
Undankbarkeit. Wir sollen auch alles vermeiden, was
ihn betrüben könnte, stets auf seine guten
Eingebungen lauschen und sie befolgen. Prof. A.
D., Zürich
Die Front kam immer näher
Es war am 14. März 1945 um die Mittagszeit. Ein
ganzes Bombengeschwader von Feindflugzeugen
überflog unsere Stadt. Es warf seine furchtbare
Last unter anderem auch auf ein Fabrikgebäude ab.
Die Belegschaft hatte zum Teil noch bis zum Mittag
gearbeitet. Und nun ruhte der Betrieb. Welch ein
Glück. Aber unsere gute Schwester arbeitete doch
noch auf dem Büro. Lebte sie noch? In wenigen
Sekunden war nämlich die ganze Fabrik in Schutt und
Asche gesunken. Das waren qualvolle Minuten in Angst
und Unsicherheit für uns. Im Keller bestürmten wir
den Himmel. Plötzlich hörten wir Schritte. Kam nun
die Schreckensnachricht? Nein, vor uns stand gesund
unsere vermeintlich unter Trümmern liegende
Schwester. Sie hatte nur einen Kratzer an der
Schläfe. Wie groß ist doch die Macht unserer hl.
Schutzengel!
Da nun am Spätnachmittag und Abend immer noch
feindliche Flieger Bomben abwarfen, flüchteten wir
in der Nacht aus unserer Wohnung in ein Bauernhaus
der Umgebung. Wenige Tage nachher, am 22. März
erhielt unser Haus in der Stadt einen Volltreffer. Wie
gut, daß wir unser Heim rechtzeitig verlassen hatten!
Wir wären alle umgekommen.
Inzwischen kam die Front immer näher. Auf dem
Bauernhof, wo wir mit noch vielen Hilfesuchenden
untergebracht waren, schützten wir uns im Silo vor
dem Beschuß der Artillerie. Wie haben wir gebetet!
Den Rosenkranz ließen wir nicht mehr aus der Hand.
Einige hängten ihn sich einfach um den Hals, um nur
nicht ohne ihn zu sein. (Aus unserer
Silogemeinschaft gingen drei Ordensberufe: ein Pater
und zwei Schwestern hervor).
Am letzten Tag der Front wurden das ganze
Wohngebäude und die Stallungen mitsamt dem Vieh ein
Raub der Flammen. Wir merkten nichts davon, obwohl
das Silo am Kuhstall lag. Es war mit Sträuchern
überdeckt. Unbegreiflicher Weise brannten die
Sträucher nicht. Der gute Gott ließ durch einen
günstigen Wind die Flammen, den Rauch sowie das
furchtbare Gebrüll der erstickenden Tiere in die
entgegengesetzte Richtung tragen. Wie durch ein
Wunder kamen wir alle mit dem Leben davon. Die auf
dem Hof liegende deutsche Wehrmacht hatte uns am
Morgen dieses Unglückstages geraten, in den Keller
zu gehen. Wir waren aber nicht darauf eingegangen
und sind dadurch ein zweites Mal dem sicheren Tod
entkommen.
Und dann kam der Feind
- für uns war die Front vorbei. Wir standen da und
waren völlig mittellos. Unser Eigenheim in der Stadt
war ein Trümmerhaufen; hier auf dem Bauernhof alles
verbrannt. Ich - schon jahrelang krank - besaß kein
Bett mehr. Mein Gesundheitszustand verschlechterte
sich sehr. In einer durchlöcherten Scheune auf dem
Fußboden auf Stroh liegend - darauf ein blaues
Inlettkissen - wurde ich mit den hl.
Sterbe-sakramenten versehen. Welche Armut! Aber noch
nicht genug! Der hochwürdige Herr Pater sagte mir:
“Ich kann dir den Heiland nicht bringen. Ich habe
keine einzige Hostie, um Zelebrieren zu können!” -
Das war am Karsamstag 1945, während schon die Kirche
das Alleluja sang (damals). Auf dem ausgebrannten
Bauernhof konnten wir nun nicht mehr bleiben. So
fuhr man mich am Osterdienstag auf einem Leiterwagen
wieder nach Bocholt, wo uns gute Nachbarn zwei
Zimmer überließen. Gottes unendliche Liebe hatte uns
allen “Plunder” zerschlagen. Eine sehr heilsame
Lehre!
Wenn ich an all das zurückdenke, muß ich in großer
Dankbarkeit bekennen, wie gut uns unsere hl. Engel
immerwährend in großen und in kleinen Nöten beraten,
leiten und schützen. M. Sch. 1967
Es war im Rußlandfeldzug 1941. Der Winter war mit
all seinem Schrecken hereingebrochen. Ich wurde
abends gegen 20 Uhr damit beauftragt, den
Gefechtstroß zu führen, während das Bataillon etwa
um 22 Uhr aufbrechen wollte. Waren wir doch gerade
im ersten großen Rückzug begriffen. Es war ein Ort,
der durch eine enge Talsenke getrennt war. Links und
rechts eines kleinen Baches standen die russischen
Holzhäuser, ärmliche Bauernhütten.
Durch das arg zerschnittene Gelände - ich war auf
der rechten Seite, und sollte laut Marschziel mit
meinen pferdebespannten Fahrzeugen und Schlitten
wieder auf die linke Seite - kam ich etwas von der
Richtung ab, zu weit nach rechts, weil keine Brücke
mehr hinüberführte. Zu unserem großen Leidwesen
waren die ganzen Hänge spiegelglatt vereist, so daß
es in dunkler Nacht böse Stürze gab. Nur
gelegentlich war eine Leuchtrakete zu sehen, aber es
war nicht sicher zu erkennen in dem leichten
Nebeldunst, ob es sich um eine deutsche oder eine
russische Rakete handelte, die einen leichten
rötlichen Schein hatte im Gegensatz zur deutschen,
deren Leuchtkraft mehr ins Weißliche ging. So lag
plötzlich eine Ortschaft vor uns. Es hieß nun
erkunden, ob sie russisch oder deutsch besetzt war.
Als Führer übernahm ich den Stoßtrupp selbst. Da
wir wußten, daß wir in dieser Gegend nahe Moskau nur
praktisch einen Finger in die russische Front
hineingebildet hatten, der mehr als 100 km lang,
aber nur etwa 8 km breit war, so konnte man nie
genau sagen, wer Herr in den Orten war. Ich pirschte
mich mit noch einem Unteroffizier und einem
Gefreiten an die ersten Hütten heran, als plötzlich
von rechts eine Gestalt auf die Häuser geschlichen
kam. Aus dieser Richtung konnten eigentlich nur die
Iwans kommen. Ich entsicherte und wollte eben
schießen, als der Schuß nicht losging. Das war
mir im ganzen Krieg noch nicht passiert.
Die Gestalt aber hatte das Klicken gehört und
schnell gerufen: “Nicht schießen, Deutsche!”
Fürwahr, das war Fügung Gottes. Es war mein eigener
Rechnungsführer aus der Zahlmeisterei, auf den ich
gezielt hatte, und der so schemenhaft vor mir
aufgetaucht war. Wie froh war ich, daß ich da
Ladehemmung hatte, wenn auch völlig unerklärlich.
Später aber überkam es mich, das könnte der
Schutzengel gewesen sein, der mich auf solche Weise
hinderte, unbewußt meinen eigenen Unteroffizier zu
erschießen. Was wäre das für eine Gewissenspein
geworden! War doch mein guter Hans ein prächtiger
Bursche und ein gläubiger praktizierender Christ,
der seinen Herrgott auch im Pulverdampf,
Gefechtslärm und Schlachtengebrüll nicht vergaß.
Sein Schutzengel hatte wieder einmal das Äußerste
von ihm abgewendet.
Wie sich hernach herausstellte, wollte der
Unteroffizier, weil es so bitter kalt war, in einer
Bauernhütte etwas Schutz und Wärme finden. Zu diesem
Zweck ging er auf eigene Faust los, während alle
übrigen meine Erkundung abwarten wollten. Dies aber
hätte ihm den Tod bringen können. Ja, unsere beiden
Schutzengel waren auch in diesem schwersten aller
Kriege zur Stelle. Davon bin ich überzeugt. Benno
Kraus
Seltsame Rettung
Am Pfingstsonntag 1945 befand sich eine Gruppe
sudetendeutscher Männer, Frauen und Kinder auf
der Flucht in den böhmischen Wäldern. Seit
Wochen hatten sie sich verborgen gehalten und waren
dann der Grenze zu nach Westen gezogen in der
Hoffnung, in wenigen Stunden bayerisches Gebiet zu
erreichen. Der Krieg war zu Ende, das
Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Dennoch
hatte die Jagd auf Menschen nicht aufgehört. Die
Verwirrung, die der Krieg in allen Köpfen
angerichtet hatte, glättete sich nicht so schnell.
Mißhandlungen waren am laufenden Band.
An diesem Tag schien die Sonne strahlend vom Himmel,
und vielleicht war es dieser strahlende Tag, der die
Gruppe herauslockte und sie unvorsichtig machte. Sie
lagerten am Waldrand auf einer Wiese, und als der
Jeep die schmale Straße herangebraust kam, war es zu
spät. Sie waren entdeckt. Es blieb nur die Flucht,
wiederum die Flucht, aber diesmal waren die
Verfolger dicht auf den Fersen. Die Chance, ihnen zu
entrinnen, war gering. Ja, es erschien umso
hoffnungsloser, als sich Hundegebell in die Rufe der
Verfolger mischte. Man hastete durch ein Waldstück
und erblickte plötzlich auf einer leichten Anhöhe
eine Kapelle. Auf dieses Ziel konzentrierten sich
die Flüchtlinge. Weshalb sie ausgerechnet von
diesem freistehenden Gebäude ihre Errettung
erwarteten, wußte später niemand zu sagen. Wie
magisch zog sie die Kapelle an, und selbst die
Kinder, eigentlich schon am Ende ihrer Kräfte,
faßten neuen Mut. Es war ein schweres, zermürbendes
Stück Weg, das auch die letzte Kraftreserve in ihnen
aufzehrte. Die Tür war offen. Als sie in der Kapelle
standen, fielen sie nieder. Ruhe überkam sie. “Die
Angst”, so berichtete später einer von ihnen, “war
von uns gewichen. Wir erwarteten in Geduld unser
Schicksal.”
Was jetzt im einzelnen geschah und warum es so
geschah, bleibt uns ein Rätsel. In dem Waldstück
zwischen der Straße und dem Kapellenhügel entdeckten
die Verfolger auf einmal keine Spur mehr.
Wahrscheinlich erschwerte auch der Tau das Aufspüren
der Spur für den Schäferhund, der vielleicht nicht
gründlich ausgebildet war. Auch waren es die
Milizsoldaten offenbar nicht gewohnt, hügelan durch
den Wald Fliehende weiter zu verfolgen. Der Sergeant
schickte einen seiner Leute hinauf zur Kapelle und
kehrte mit dem Rest seiner Mannschaft zum Jeep
zurück. Wer dieser Milizsoldat war, der an dem
strahlenden Pfingstsonntagmorgen über das
Wiesenstück zur Kapelle hinging, wird wohl für immer
ein Geheimnis bleiben. Er wird übereinstimmend als
ein schmaler, ziemlich kleiner Tscheche mit
strohblondem Haar und hellblauen Augen geschildert.
Bewaffnet war er mit einer russischen
Maschinenpistole, einer weiteren einfachen Pistole
und der nötigen Munition am Gürtel. Ob er der
deutschen Sprache mächtig war, wußte keiner der
Flüchtlinge zu sagen. Er öffnete die Tür, trat ein
und blieb - mit der Maschinenpistole im Anschlag -
an der Tür stehen. Er blickte auf die Rücken der
Knieenden, blickte dann zurück durch die offene Tür
der Kapelle den abfallenden Hügel hinunter auf die
schmale Straße, auf der jetzt der Motor des Jeeps
hörbar wurde.
Plötzlich zog er die Tür hinter sich zu, ging nach
vorn zum Altar, zog den vor den beiden Altarstufen
liegenden Teppich zur Seite, winkte die Knieenden
heran und deutete auf eine Falltür, die sich
ohne Mühe öffnen ließ. Er nickte hinunter in das
Verließ, und als die zehn Menschen darin
verschwunden waren, schloß er die Falltür und schob
den Teppich wieder auf seinen Platz zurück. Die
Eingeschlossenen hörten, wie er die Kapelle
verließ. Der kleine, ausgemauerte Raum zog sich bis
unter den Altar hin und bot ausreichend Platz für
die Flüchtlinge. Weshalb er angelegt worden war, und
zu welchem Zweck er diente, war in der Dunkelheit
nicht erkennbar. Aber das Mauerwerk erschien alt,
feucht, grob. Vielleicht stammte es aus früheren
Zeiten. Man saß auf dem Boden und lauschte nach
oben. Plötzlich wurden dumpfe Stimmen, Schritte,
wurde Klopfen hörbar. Die Milizsoldaten hatten wohl
den Angaben ihres Kameraden keinen Glauben
geschenkt. Aber die Kapelle war leer, davon mußte
sich selbst der Sergeant überzeugen. Die Falltür
entdeckte er nicht. Die Fliehenden blieben bis
zur Nacht in ihrem Versteck. Dann krochen sie heraus
und setzten ihren Weg nach Westen fort. Es
dauerte noch eine Weile, ehe sie die Grenze
erreichten. Immer wieder gerieten sie auf ihrem Weg
in gefährliche Situationen. Seitdem sie damals in
der Kapelle so wunderbar gerettet wurden, waren sie
voll unerschütterlicher Hoffnung. - Sie glaubten an
die Macht und Güte ihres Engels.
“Er
trug kein Zeichen, dieser Milizsoldat”, berichtete
einer der Geretteten, dem sich die Erinnerung daran
unauslöschlich ins Herz gegraben hat. “Seine
Handlung, - wie er den Teppich zur Seite zog, wie er
später die Falltür schloß... bestimmt war das vorher
von ihm nicht geplant gewesen. Und vielleicht hatte
er noch nicht einmal den Vorsatz dazu, als er die
Tür öffnete. Weshalb er es trotzdem getan hat?
Niemand weiß das. Aber es ist geschehen, und es ist
an uns geschehen. Wir haben es erlebt, und wenn wir
heute an einer Kapelle vorbeikommen; keiner von uns
wird vorbeigehen, sondern eintreten und dankbar
dieses Erlebnisses gedenken.” Nach Wolfgang
Altendorf
Die Barmherzigen Schwestern vom hl. Karl Borromäus,
die in Wien XVIII, Gentzgasse 104, ein großes
Greisenheim führen, haben dieses im Kriegsjahr 1945
dem Schutz der “Neun Chöre der hl. Engel” übergeben.
Bei dem fürchterlichen Bombardement blieb das
Greisenheim wunderbar beschützt. Rundum flogen die
Bomben und richteten Vernichtung an, das Heim kam
mit kleinen Fensterschäden gut davon.
Aus Dankbarkeit gegen die hl. 9 Engelchöre für den
besonderen Schutz ließen die Schwestern das schöne
Engelbuch erscheinen und verbreiten: “Die Andacht
den Neun Chören der heiligen Engel!’ von Dr.
Heinrich Maria Boudon. -
Während der Bombardierung Wiens 1944/45 habe auch
mir wieder den auffallenden Schutz meines hl. Engels
erfahren dürfen. War ich in einem Luftschutzkeller,
in dem ich mich sicher fühlte, so wollte ich
natürlich diesen immer wieder aufsuchen. Bei einem
nächsten Gang dorthin aber wurde ich wie von
einer unsichtbaren Macht davon abgehalten und
veranlaßt, anderswo hinzugehen. Das war gut so.
Nach der Entwarnung, beim Heimgehen, sah ich mit
Entsetzen das zerstörte Haus und den zerbombten
Luftschutzkeller ohne einen einzigen Überlebenden.
Und wie auffallend: So erging es mir mehrmals
während der ganzen Zeit der Bombenangriffe auf Wien
und auswärts. Deutlich fühlte ich das Walten meines
treuen hl. Engels.
Einige Male war ich auch im Luftschutzkeller eines
Pfarrhauses in Wiens 18. Bezirk. Dort fühlte ich
mich ganz sicher. Bei einem Marienbild brannte ein
kleines Lichtlein, die Priester beteten Brevier;
still beteten die übrigen Anwesenden, es war wie in
einer Kapelle. Doch auch da bestimmte mich eine
plötzliche Unruhe und Erkenntnis, dieses Haus
fernerhin zu meiden. So lief ich beim nächsten
Fliegeralarm weit weg in einen anderen
Luftschutzkeller. Nach der Entwarnung eilte ich zu
diesem Pfarrhaus, von dem nur mehr das Haustor
erhalten war. 3 Priester, 1 kranker alter
Laienbruder, eine Barmherzige Schwester und eine
Kirchendienerin waren dort ums Leben gekommen.
Wie innig dankte ich Gott und dem hl. Schutzengel
für den immerwährenden Schutz in diesen, aber auch
in anderen großen Gefahren.
Noch fällt mir ein: Ich war bei meiner Freundin zu
Besuch, 60 km von Wien entfernt. Am zweitnächsten
Tag wollte ich wieder nach Hause fahren. Meine
Freundin bestürmte mich, bei ihr zu bleiben wegen
der täglichen Bombenangriffe auf Wien; ich aber
wollte unbedingt heimfahren wegen der Sorge um
meine Wohnung. So verabschiedete ich mich und eilte
zum Bahnhof, einen Weg von 25 Minuten. Plötzlich,
auf halbem Weg wieder der bestimmte Drang “Kehr'
um, fahr nicht!” - Ich kehrte um. Am nächsten
Tag sah ich zu meinem Entsetzen, daß der Ort in den
Wiener Katakomben, in dem viele Menschen Zuflucht
gefunden hatten, furchtbar zerstört war. Alle
Menschen waren dort ums Leben gekommen. Es war
gerade die Stelle, an welcher ich mich in letzter
Zeit aufgehalten hatte. Wieder ein deutlicher
Beweis meines treuen Engelschutzes. Ihm sei Lob,
Preis, Dank und Liebe allezeit! R P.
“Seid
ihr katholische Schwestern?”
Eine Oberin berichtet unmittelbar nach dem Krieg:
Auf dem halben Weg nach Berlin mußten wir zurück.
Ich ging an zwei Stöcken - krank. Der letzte Zug
nahm uns nicht mit. Sechs Wochen nach Kriegsende
1945 stellte uns aber der Apotheker des Ortes sein
Auto zur Verfügung, und wir fuhren durch unser
Vaterland, auf das der Feind die Hand gelegt hatte.
Fast überall war das Land vom Krieg gezeichnet, die
Brücken waren zerstört. Es gab aber auch Teile des
Landes, wo nicht eine Fensterscheibe zerbrochen
war. Wunderbar war das Erlebnis, welches ich in
meinem Leben so oft und immer wieder neu erfahre,
die Einheit der katholischen Kirche. Ob die
Alliierten weiß oder schwarz waren, wir merkten
sofort, ob sie bei katholischen Schwestern den
Kindergarten besucht hatten. So standen sie an der
Autobahn um unseren Wagen und füllten unseren
hungrigen Benzintank immer von neuem. “Are You
catholic sisters?” “Seid ihr katholische
Schwestern?” Das war ihnen Dokument genug. Aber auch
die anderen haben uns mit Zuvorkommenheit behandelt.
Da kamen wir nach Magdeburg und waren Gäste des
Krankenhauses der Grauen Schwestern. Die Oberin
dieses Hauses wird für mich immer dastehen wie das
verkörperte Bild der Caritas. Wir durften ausruhen,
umgeben von sorgender Liebe, die auch an die
Weiterreise dachte. Nun kamen wir zur Elbe. Hier
stauten sich die Massen. Seit Wochen lagerten sie
dort und wollten hinüber. Ein großer Elbkahn, der
von einem Holländer gegen “allerhand
Kleingeld” geführt wurde, wollte zuletzt auch uns
aufnehmen. Wir wollten mit den Russen verhandeln.
Nachdem wir unserem Fährmann gut eingeschärft
hatten, daß wir noch einmal zurück müßten, fuhren
wir ab. Drüben standen vier Russen, einer von ihnen
sprach deutsch und französisch, aber besser
französisch.
Wir wollten nach Berlin
mit einem Wagen, um erst einmal nachzuschauen, ob
überhaupt von unseren Häusern noch etwas stehe, und
wo die Schwestern seien. Ob sie uns sicheres Geleit
geben könnten für hin und zurück? Nein, das könnten
sie nicht. Ich fragte meinen Dolmetscher, wie es
denn bei den Russen mit dem Beten und der Freiheit
der Kirche stehe. Comme ci, comme ca”, sagte mein
Russe treuherzig.
Während wir so sprachen, kamen immer mehr Russen aus
dem Walde ein wenig neugierig - Manadschkes! So
wollten wir denn zurück, als er mit einemmal sagte:
“Du schon stehst auf unser Land.” “Und unsere
Kinder, die wir drüben haben?” war meine Frage.
“Hol' die Kinder, ist dein Haus kaputt in Berlin,
kriegst schönstes Haus.” Das waren unsere ersten
“Grenzbesprechungen”.
Wir sprangen in unseren Kahn und sagten, wir würden
wiederkommen. Der Fährmann brummte (er hatte mich
schon öfter angestoßen): “Es
ist höchste Zeit.” Wir fuhren zurück und sahen, wie
in einem Jeep auf der anderen Elbseite Amerikaner
mit dem Fernglas schauten, wer da wohl vom
jenseitigen Ufer der Elbe zurückkäme. Ein unerhörtes
Ereignis um diese Zeit! Wir fuhren mit dem Wagen
zurück. So war es also noch nichts mit der
Heimfahrt.
In Bayern angekommen, fanden wir zwei Schwestern
vor, die von Berlin zu Fuß nach Bayern gekommen
waren, um zu berichten, daß das Mutterhaus stehe,
daß es den Schwestern gut gehe und der Herrgott
immer mit ihnen gewesen sei. Wir warteten ein paar
Tage und fuhren wieder an die Grenze, diesmal im
weißen Adler-Rennwagen. Ein Arzt des Dorfes hatte
ihn uns geliehen. Am Abend erreichten wir den Ort
Jesmitz an der Mulde. Hier war der Grenzübergang.
Alle Bemühungen, heimlich über die Grenze zu kommen,
scheiterten an der Furcht aller für alle. Sie
flehten uns förmlich an, Leute, die uns gar nicht
kannten, es wäre unser Tod, denn wir könnten noch
die Opfer dieser letzten Nacht in der
Friedhofskapelle sehen. Wir wollten wieder mit dem
Russen verhandeln, - aber er kam nicht über die
Holzbrücke, die halb im Wasser lag, “weil der
Kommandant nicht erlaubte”. Die Amerikaner
ihrerseits ließen uns nicht hinüber; wir sollten zum
Captain gehen. Diesmal mußten wir hinüber; denn
meine Pflicht lag in Berlin. Und ist der liebe Gott
nicht auch der Herr über alle Grenzen unseres
Landes, auch der Herr über die Russen?
Nur die Menschen setzen dem lieben Gott die Grenzen
zur Enge und kommen deshalb über die Grenzen nicht
hinweg. Wir gingen also zur Kommandantur. Der
Captain war sehr entgegenkommend. Wir sollten am
anderen Morgen um 8 Uhr wieder da sein. Punkt 8 Uhr
fanden wir uns am anderen Morgen wieder ein. Ein
Jeep brachte uns zu der berüchtigten Holzbrücke. Der
amerikanische Offizier sprang hinüber, sprach
einige Worte mit dem Russen und rief uns zu: “Du
sollst kommen, Du sollst schnell kommen!” Der Russe
verneigte sich tief und wir gingen vorüber.
Nie werde ich vergessen, wie uns die Deutschen
anschauten, die auf dem Feld am Wege arbeiteten,
wie Gespenster aus einer anderen Welt. In der hohlen
Hand riefen sie uns zu: “Kommen Sie etwa vom anderen
Ufer der Mulde?” Wir schlugen ein unerhörtes Tempo
ein - nur weiter, jetzt noch ein Schlagbaum - hier
stand ein guter Russe, der sehr müde war und ein
Kommunist, ungemein wichtig. Beide ließen uns durch.
Die Flüchtlinge strömten uns entgegen. Wir fingen
an, unseren Proviant zu verschenken. Eine Mutter
führte einen Kinderwagen, laut weinend. Zwillinge
lagen im Wagen, davon lag das eine im Sterben, halb
verhungert. Wir verschenkten weiter unseren
Proviant. Wir hörten, daß die Fahrt nach Berlin
drei Tage dauern sollte. Ein Zug führte uns ein
Stück weiter. Hier trafen wir Leute, die ihre Heimat
verloren hatten und ziellos wanderten; so
verschenkten wir das Übrige, was wir noch hatten,
denn wir wußten ja, daß die Heimat uns erwartete.
In Wittenberg stand der Zug nach Jüterbog. Als wir
ihn erreicht hatten, saßen schon die Reisenden auf
den Dächern und auf den Puffern, es war unmöglich,
noch hineinzukommen. Mit einem Mal sprang ein
junger Mann aus dem Zug heraus, der wohl unsere
Verlegenheit bemerkt hatte. Laut rufend lief er am
Zug entlang: “Ich suche zwei Plätze für Schwestern,
die den ganzen Krieg für uns gebetet haben.” Ein
eigenartiger Aufruf!! Wo wurde je in Deutschland
das gerufen? Wahrhaft: “Ich habe meinen Engeln
befohlen, daß sie deinen Weg bereiten... Noch ehe
sich jemand gemeldet hatte, sprang dieser junge
Mann in ein Abteil, räumte Kisten und Kasten
aufeinander und bot uns einen Sitz- und einen
Stehplatz an. “Das wäre eine deutsche Schande, wenn
sich für Sie kein Platz gefunden hätte.” Er
verneigte sich und ging. Alles staunte über die
Selbstverständlichkeit, mit der er handelte. Wir
möchten ihm an dieser Stelle danken, besonders für
den Bekennermut.
In Jüterbog angekommen, wollten schon alle
hinausströmen, als der Zugführer rief: “Der Zug
geht das erste Mal ausnahmsweise durch bis Berlin.”
Wir aber dankten Gott, daß wir sieben Wochen nach
dem Krieg vom südlichen Bayernland herauf über die
Mulde in zwei Tagen auf unserer alten Dorfaue
standen - vor unserem Mutterhaus. “Ich habe meinen
Engeln befohlen, daß sie dich behüten auf allen
deinen Wegen.”
- Aus “Vom jenseitigen Ufer”
Vor einigen Wochen traf ich bei einem Hausbesuch
eine junge Frau. Sie erzählte mir die Geschichte
ihrer Bewährung in schwerer Notzeit: “Es war in den
letzten Tagen des Krieges. Ich wohnte mit Vater und
Mutter und den beiden Kindern in unserem Heimatdorf
in Westpreußen. Die Eltern hatten dort im eigenen
Häuschen einen kleinen Laden. Mein Mann war Soldat
in der nächsten Stadt. Schon lange hörten wir in der
Ferne das Getöse der Front; täglich rückte sie näher
an unser Dorf heran. Wir fürchteten uns. Sollten
wir fliehen? Die Eltern waren alt, die Kinder
klein: Harald sieben, Gerhard zwei Jahre. Pferd und
Wagen hatten wir nicht. Was konnte man schon in
einem Handwägelchen mitnehmen? Wir blieben im Dorf.
Als die Russen in das Dorf einrückten, wurden alle
Männer gefangengenommen. Auch mein Vater mußte Haus
und Familie verlassen. Wir haben seitdem nichts mehr
von ihm gehört.
Eines Nachts wachte ich auf. Energisch wurde an die
Tür geklopft. Die Mutter öffnete. Zwei russische
Soldaten traten herein. Der eine, krank und müde,
setzte sich auf eine Bank in der Küche. Der andere
war sehr erregt und zornig. Er stieß die Tür zum
Schlafzimmer auf. Ich lag im Bett, meine Kinder
neben mir. Mit angsterfüllten Augen sah ich auf den
Soldaten. Was wollte er von mir? Da zog er auch
schon seine Pistole und legte auf mich an. Er
drückte ab, aber die Pistole, die sicher geladen
war, versagte. Ich zeigte auf die Kinder,
versuchte ihm klar zu machen, erst die Kinder und
dann mich zu erschießen. Dann faltete ich die Hände
und betete: “Hl. Engel, helft uns!”
Zum zweitenmal legte der Soldat auf mich an, und wieder
versagte die Waffe. Da sah der Kamerad in der
Küche auf. Er sah durch den Türspalt meine
gefalteten Hände und sagte in gebrochenem Deutsch:
“Du auch beten. Beten gut. Meine Mutter auch beten.”
Sekunden voller Spannung, die eine Ewigkeit
dauerten. Und - zum drittenmal versagte das
Schießeisen. Da änderte sich plötzlich das
Verhalten des Soldaten. Er brach vor mir
zusammen, als hätten ihn die drei Schüsse getroffen
die noch nicht ausgelöst waren. Er legte seinen Kopf
auf den Bettrand und weinte -weinte wie ein Kind.
Der Soldat aus der Küche kam und erzählte uns von
seinem Kameraden: “Er ist Apotheker. Vor einer
Stunde hat er die Nachricht bekommen, daß die
Deutschen ihm Frau und Kinder erschossen haben. Nun
wollte er nicht eher schlafen gehen, bis durch seine
Hand eine deutsche Frau mit ihren Kindern umgekommen
sei”
Ganz anders ist es gekommen. Gott hatte uns bewahrt.
Ich stand auf und deckte den beiden Soldaten den
Tisch, so gut ich es vermochte. Wir aßen
miteinander, Russen und Deutsche, mitten im Krieg
und doch als Menschen des Friedens. Aus
“Friedensbote, Kassel” 1956/32
Der Engel mit der Sonnenuhr
Ein Jurist erzählt: “Als ich im Mai 1940 mit meinen
Soldaten über die Marne setzte, und wir Paris
stürmten, holten wir uns die ersten Auszeichnungen
und Beförderungen. Meine Truppe war durch gute
Disziplin bekannt und so hoffte ich, daß wir uns
auch als Besatzung im fremden Land einen guten Namen
machen würden. Wir lernten die verschiedensten
französischen Städte kennen; schließlich wurde ich
nach Paris beordert und blieb dort bis kurz vor der
Invasion. Meine Leute indessen wurden wieder auf die
verschiedensten Kriegsschauplätze geworfen.
Erst als der Krieg in sein letztes Stadium trat,
wurde auch mir wieder eine kämpfende Truppe
anvertraut. Die Franzosen, die mir bis dahin
aufgeschlossen begegnet waren, meine Sympathien
erwidernd, wurden plötzlich sehr reserviert. Die
ersten Sabotageakte der Zivilbevölkerung waren zu
verzeichnen, Partisanenkrieg schaltete sich ein.
Eines Tages, schon auf dem Rückzug, wurden wir in
einem nordfranzösischen Städtchen einquartiert. Auch
dort fand ich nur verschlossene Gesichter. Eines
Abends - wir hatten den Kommandanten gewechselt -
kam der telefonische Befehl durch, etwaige
Sabotageakte mit Erschießung von Geiseln aus dem
Volk zu beantworten. Ich erkannte klar den Wahnwitz
eines solchen Befehls. Der ihn gegeben, mußte einen
unbeugsamen Kopf haben und unerfahren sein in der
Kriegsführung
- allein er war mein Vorgesetzter.
Ich hoffte indessen, mich weiterhin mit den
Franzosen so gut zu verstehen, daß unliebsame
Zwischenfälle vermieden werden konnten. Da wurden
eines Nachts unsere sämtlichen Pferde vergiftet.
Wir waren eine Kavallerieeinheit, und so handelte es
sich um keinen unbedeutsamen Schlag. Außerdem traf
es unsere Soldaten schwer, die ihre braven
vierbeinigen Kameraden verloren, von denen einige
den ganzen Frankreich-Feldzug mitgemacht hatten.
Auch mich packte Grimm und Schmerz, als ich in die
brechenden Augen meines guten “Panther” sah, der
sich in schwerer Kolik wälzte und erschossen werden
mußte, um seine Qual zu beenden. So etwas wurde
schon in normalen Zeiten exemplarisch bestraft, und
nun - der Regimentsbefehl fiel mir ein. In schweren,
unruhigen Gedanken schritt ich durch die kleine
Stadt und spürte, wie ich hinter den Gardinen
beobachtet wurde - in Genugtuung, in Furcht? Ja, in
manchen Augen las ich Angst, besonders in denen der
Frauen. Ahnten sie, um was es ging? Ich mußte
natürlich das Geschehene melden. Und dann? Wie
Zentnerlast lag es auf mir. Noch war ich
unschlüssig, ob ich die Meldung weitergeben solle,
da fuhr ein Karren mit Pferdekadavern an mir
vorüber, und gerechter Zorn erfaßte mich. In der
erbittertsten Phase des Krieges mußte scharf
durchgegriffen werden; - ich beschloß...
Plötzlich sah mich ein Engel an. Er stand hoch über
dem Portal der gotischen Kirche und hielt in
steinernen Händen die Sonnenuhr. Blicklos waren
seine Augen in die Ferne gerichtet, gegen den
blaßblauen Himmel, als erwarte er jederzeit einen
Befehl, der nicht von der Erde kam, sondern - von
droben. Und der Schattenzeiger der riesigen
Sonnenuhr zeigte genau fünf Minuten vor zwölf. Es
durchschauerte mich. Eine ganze Weile stand ich
stumm und starrte hinauf und die Wolken wanderten
über den Engel und über mich hin. Unerbittlich
rückte der Zeiger auf 12 zu. Eigentlich, so fiel mir
jäh ein, hätte jetzt die Glocke beginnen müssen “Der
Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft...”
Stunde der Menschwerdung. Gott war Mensch geworden.
Aber die Glocke schwieg, wie auch die
Menschlichkeit zu schweigen schien. Ich hörte sie
dennoch.
Und ich ging und gab den Bericht nicht weiter. Ein
Engel hatte mich angerührt, ich mußte dem Größeren
gehorchen. Zwar wußte ich, auch mein Leben stand auf
dem Spiel, wenn einer Meldung machte, aber - dann
kam mir das zu Hilfe, was Ungläubige Zufall nannten
- ein neuer Regimentsbefehl kam durch, daß wir
die Pferde zurücklassen sollten, wir würden am
nächsten Tag motorisiert. Das war der Rückzug, der
Anfang vom Ende, für mich aber Befreiung, - und für
die französische Bevölkerung, die aufzuatmen schien,
als keine Vergeltung erfolgte.
Wir zogen ab, mit LKWs und Krafträdern. - Wenige
Wochen später geriet ich in Gefangenschaft.
Mit vielen Kameraden wurden wir in geschlossenen
Güterwagen ins Landesinnere zurückgebracht. Wohin?
Als der Zug endlich hielt, und der Verschlag
geöffnet wurde, erstarrte ich fast vor Staunen. Wir
befanden uns in der gleichen nordfranzösischen
Stadt, in der wir vor kurzem gelegen hatten, wo
unsere Pferde umgekommen waren. Stumm
marschierten wir durch die wohlbekannten Straßen.
Die Leute standen da und sahen uns an. Erstaunlich
viel Gesichter schienen mir frei zu sein vom Haß;
lächelte mir jene Mutter dort nicht zu?
Vor dem Kriegsgericht fand sich ein Zeuge, der
aussagte, welchen Regimentsbefehl wir seinerzeit
hier erhalten, und daß ich ihm zuwidergehandelt
hatte und zwar, wie es sich ohne mein Zutun
herausstellte, in freier Entscheidung und im
Bewußtsein, was es damit auf sich hatte. Es war,
als ob ein Engel für mich eingetreten sei. Ich
glaubte ihn wiederzuerkennen, als ich nach
kurzer Haft frei wurde und vor der Kirche stand, um
von Frankreich Abschied zu nehmen.
Es war Herbst geworden. Über den fallenden Blättern
stand der zeitlose Engel und sah blicklos in den
Himmel und hielt die große Uhr Gott und der Sonne
entgegen, immer gewärtig des Befehls von oben. Ich
habe seine Mahnung bis ans Ende bewahrt.
” C. M.
L. Aus “Augsburger kath. Kirchenzeitung” 1953 Nr. 52
Was mein Vater mir vom Schutzengel erzählte
Es war im ersten Weltkrieg in Frankreich. - Mein
Vater hatte den Befehl, mit seinem Pferdefahrzeug
nachts in die vorderste Stellung zu fahren und
Munition und Lebensmittel dorthin zu bringen. Als
er zurückfahren wollte, hatte er auf einmal die
Richtung verloren. An einer Wegkreuzung scheute
das Pferd. Dieses Tier, das meinem Vater sonst
aufs Wort gehorchte, war durch nichts dazu zu
bringen, weiterzulaufen.
Plötzlich kam meinem Vater der Gedanke: “Dann laß
das Tier nur laufen, wohin es will!” - Und was
geschah? - Das Pferd machte Kehrt und lief in
die entgegengesetzte Richtung. Es brachte meinen
Vater sicher zu seiner Truppe zurück. - Der Weg,
den mein Vater einschlagen wollte, hätte direkt in
die feindliche Stellung geführt. Auch die Tierwelt
gehorcht dem Befehl Gottes und Seiner Engel, die Er
aussendet zu unserem Schutze. E. G.
Inmitten des Bombenhagels von Breslau
(Mein erschütterndstes Erlebnis)
“Sollte
ich den Fluchtweg nach Westen wählen oder in den
unzulänglichen Festungskellern Breslaus bleiben?”
Das war die erregende Frage in den Januartagen 1945,
als die russische Front immer näher kam. Ich wußte,
daß der Tod auf den tiefverschneiten Straßen genauso
auf mich lauern würde, wie in der Festung Breslau.
Es stand uns nicht einmal ein abgestützter Keller
zur Verfügung. Wir mußten uns auf das Schwerste
vorbereiten. Wir hatten nur geistige Waffen zur
Verfügung: Eine gute hl. Beichte, Weihwasser, den
Rosenkranz, Medaillen, dazu die Macht des Gebetes.
Wie viele Stoßgebete gaben uns neuen Mut! Wie
stellten wir uns immer wieder in den Schutz der hl.
Engel. Im Schutz dieser himmlischen Freunde wollten
wir ganz besonders geborgen sein! Gott allein weiß,
was wir in jenen Tagen fast pausenlos gebetet haben!
Am Palmsonntag 1945 begaben wir uns bei hellem
Sonnenschein in die Kellerkapelle auf dem Lehmdamm,
um den Beginn der “Hl. Woche” mitzufeiern. Nach dem
Gottesdienst stiegen wir aus der Kellerkapelle
wieder hoch. Zu unserem Schrecken lag unser
Stadtgebiet bereits unter Ari-Beschuß. Mit dem
herzhaften Gebet:
“Hl.
Schutzengel, hl. Engel Michael - helft! helft!”
liefen wir, meine Schwester und ich, unserer Wohnung
zu. Als wir auf unsere Straße kamen, lag diese unter
Beschuß von Schwefelgranaten. Ohne jeden Schaden
kamen wir in unser Haus. Nachmittags drei Uhr setzte
ein Fliegerangriff ein, er dauerte pausenlos bis zum
Abend. Die gegenüberliegende Straßenseite sank in
Trümmer. Schwerverwundete wurden in unser Haus
getragen. Alles half, auch auf die Gefahr hin,
selbst getroffen zu werden.
Karsamstag 1945: Während meine Schwester im Keller
für die Festtage etwas Essen zubereitete, zog ich
aus, um zur entfernt gelegenen Dominsel zu gelangen.
Mein Ziel war die Unterkirche von Hl. Kreuz, in der
das Hl. Grab aufgestellt war. Dort bekam man auch
Karsamstagsweihwasser. Wir waren nur zwei Frauen,
die vor dem Allerheiligsten am Grabaltar Anbetung
hielten. Wir hielten unsere Anbetung auch im Namen
derer, die nicht kommen konnten.
Der Russe beschoß am ganzen Nachmittag die Dominsel
mit schwerer Artillerie. Er wurde ja dazu
herausgefordert, weil der Nazi-Gauleiter angeordnet
hatte, daß die deutschen Geschütze in
unmittelbarster Nähe der alten Kirchengebäude ihre
Stellungen beziehen sollten. Der Protest der
kirchlichen Behörden hatte nichts genützt.
Die Feuerpause abwartend pirschte ich mich in
Deckung bis an die große Domstraße, die ich in Eile
überquerte. Mit einem herzlichen Dank an meinen
Schutzengel gelangte ich in den Hof des
Erzbischöflichen Palais. Dort ging's in den Keller
hinunter. Unter dem Keller lag eine Krypta, in der
ebenfalls das “Hl. Grab” aufgerichtet war. Dort
wollte ich Auferstehung mitfeiern. Viele Menschen
knieten da, ganz in Gebet versunken. Da plötzlich:
ein mächtiger Aufschrei wie aus einem Mund!
“Heiliger Gott! Erbarm Dich unser!” Ein Dröhnen und
Beben! Monstranz und Kerzen am Altar wankten.
Was war geschehen? Das Marienstift gleich nebenan
war von schweren Bomben getroffen worden und in
einem Augenblick in Trümmer gesunken. Wir zitterten
am ganzen Körper.
Es sollte jetzt die Feier der Auferstehung des Herrn
beginnen. Auf den gleichen Wegen wie ich, war auch
der Hochwürdigste Herr Weihbischof zu uns gelangt.
Mitten im Todesschatten hielten wir die
Auferstehungsfeier. Aus aller Mund tönte es:
“Triumph Der Tod ist überwunden!” Nach der Feier
ging es über Trümmer hinweg wieder nach Hause. Wir
fanden dort alle noch lebend!
Ostersonntag 1945: Strahlender Sonnenschein!
Wir eilten unter dem Schutz unserer hl. Engel in
die Kellerkapelle auf dem Lehmdamm, um dort Ostern
zu feiern. Das hl. Amt war noch nicht zu Ende, da
waren schon russische Fliegerverbände über uns.
Pausenlos griffen sie an bis abends 6 Uhr; dann erst
konnten wir die Kapelle verlassen und Gott danken,
daß unser Haus heil geblieben war.
Ostermontag 1945: Alles grau in grau! Wir gingen zur
hl. Ostermesse. Dort waren viele deutsche Soldaten.
Wir erhielten mit ihnen die hl. Absolution; sie
wurde uns nunmehr jeden Tag gegeben.
Kaum waren wir zu Hause angekommen, da war die Hölle
los. Pausenlos bombardierten die russischen
Flieger die Stadt. Die Luft erzitterte, die Erde
dröhnte und bebte den ganzen Tag. Wir saßen eng
aneinander gekauert, immerzu betend, Katholiken wie
Protestanten. Eine unvergessene Gebetsgemeinschaft.
Erst abends nach 6 Uhr gibt der Iwan Ruhe. Wir eilen
ins Freie und kennen unsere schöne Stadt nicht mehr.
Ein erschreckender Trümmerhaufen! Das war der
“Untergang von Breslau!” - Wie ich später in der
Presse las, sanken von den 32.000 Bauten der Stadt
22.000 in Trümmer.
Schwerste Stunden danach: der Sauerstoff fehlt. Wir
werden vom Staub eingewirbelt. Ausgebombte suchen
mit ihren restlichen Bündeln ein Obdach. Wenige Tage
später wird auch unser Haus getroffen. Eine Bombe
schweren Kalibers krepiert im Hof, zerstört aber nur
einen kleinen Teil unseres Hauses. Fast wie ein
Wunder ist es, daß nicht das ganze Haus in Trümmer
sinkt.
Die Front ist bereits in unmittelbare Nähe gerückt.
Wir müssen unseren Keller verlassen. Soldaten ziehen
ein. In der Kellerkapelle finden wir Aufnahme. Wir
wohnen nun direkt mit dem Heiland Tag und Nacht
zusammen. Es wird fast nur noch gebetet. Das
tröstendste Gebet ist der 90. Psalm: “Wer im Schutz
des Allerhöchsten lebt, im Schatten des Allmächtigen
,der spricht zum Herrn... Mein Schirm und meine
Wehr, mein Gott, auf den ich baue. Er deckt dich mit
Seinen Schwingen... Seinen Engeln hat Er befohlen um
deinetwillen, dich zu behüten auf allen deinen
Wegen!”
Während draußen die Stalinorgel heult, singen wir:
“Näher, mein Gott zu Dir, näher zu Dir!” Keiner
weiß, ob er das Grauen überstehen wird. Fast ein
Vierteljahr lang erleben wir in Breslau die
“Todesstunde”. Viele müssen ihr Leben geben; viele
werden gerettet.
Zum Schluß noch ein Erlebnis, das mich neben vielen
anderen Erlebnissen mein ganzes Leben lang zur
besonderen Dankbarkeit gegenüber meinem Schutzengel
verpflichtet. Um mich vor den Vergewaltigungen
zu schützen, die damals an der Tagesordnung
waren, schickte mich meine viel ältere Schwester
für die Nacht in die Obhut einer Ordensoberin.
Auf dem Weg zum Kloster laufe ich mutterseelenallein
auf der Straße dahin. Da, plötzlich kommt aus einer
Straße ein Lastwagen mit Mongolen! Der Lastwagen
hält an. Ich muß vorbei. Ich greife sofort in meine
Manteltasche nach meinem Kreuzchen und bete
inbrünstig den Exorzismus. Gemessenen Schritts, wie
von unsichtbarer Hand geführt, gehe ich am Lastwagen
vorbei. Der Abstand zwischen mir und dem Wagen ist
nur ein kleiner Schritt. Die Mongolen müssen mich
sehen - und sehen mich doch nicht. Nichts passiert.
Ganz erschüttert komme ich in die Klosterkapelle.
Wenn ich, wie soviele andre gefaßt worden wäre,
niemand hätte gewußt, wie ich verschwunden wäre. In
wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir
Flügel gebreitet! G. Z.
Im Jahr 1962 war ich beruflich in Reutlingen tätig.
Auf dem Weg zu meiner Wohnung mußte ich mit dem
Fahrrad eine Strecke weit die Hauptverkehrsstraße
benützen. Es war gerade Geschäftsschluß. Auf einer
Einfahrt in die Hauptstraße wartet ein großer
Lastwagen mit Anhänger auf Grünlicht. Ich schob das
Rad am Laster entlang bis zur Ampel, um auch gleich
vorne dran zu sein. Bei “grün” setzte ich mich aufs
Rad und bog in die Hauptstraße ein. Gleich darauf
überholte mich der Laster. Zu meinem Schrecken
streifte mich der mächtige Wagen am Ärmel und schob
mich dabei immer weiter nach rechts dem Gehweg zu.
Ich dachte in diesem Augenblick nur: Hoffentlich
hat der Wagen keinen Anhänger! Denn zwischen meinem
Vorderrad und der Straßenkante war nur noch ein
kleiner Spielraum. Da spürte ich bereits den
Anhänger, der mich noch weiter nach rechts drückte.
Niemand bemerkte meine Situation. Ich hatte keine
Angst. Mein Rad schwankte nicht. Ich hatte das
Bewußtsein, geführt zu sein. Als der Lastwagen, der
erst langsam an Geschwindigkeit zunahm, mich endlich
überholt hatte, stieg ich erleichtert vom Rad. Nur
wenig hätte gefehlt, und die Straßenkante wäre mir
zum Verhängnis geworden. Doch jetzt erst sah ich zu
meinem Erstaunen, daß der an der linken Lenkstange
angebrachte Rückspiegel, der mit seiner langen
Stange sonst weit über den Ellenbogen nach links
reichte, kerzengerade nach oben stand.
Wer hatte den Rückspiegel, dessen Stange
festgeschraubt war, nach oben gedreht? Da mich der
Laster beim Überholen so stark streifte, daß noch
lang am Oberarm ein blauer Fleck zu sehen war, hätte
mich der vorstehende Spiegel zu Fall bringen
müssen. Ich dankte meinem guten Engel, der mich so
auffallend behütet hatte. Ich hatte ihn ja jeden
Morgen um seine Hilfe angerufen. M. H., Lehrerin
“Das
war die Hilfe des Schutzengels”
Es war im Sommer 1946. Ich besuchte damals in der 8
Kilometer entfernten Kreisstadt das Gymnasium. Da
die marokkanischen Besatzungssoldaten uns die
Fahrräder weggenommen hatten, mußten wir Schüler
täglich mit einem Milchauto - eingepfercht zwischen
den Milchkannen - zur Schule fahren. Eines Tages
stieg ich als letzte zu. Das eine Bein hatte bereits
einen Platz gefunden zwischen den Milchkannen und
der Ladewand, mit dem anderen stand ich noch auf der
Abstellbank für die Kannen. In diesem Augenblick
fuhr der Fahrer los, im Glauben, alle seien droben.
Ich verlor den Halt und konnte das andere Bein nicht
mehr nachziehen. Ich fiel mit dem Kopf nach
rückwärts, während das rechte Bein zwischen den
Kannen eingeklemmt war. Durch das Geschrei der
anderen wurde der Fahrer aufmerksam und hielt. Mein
Kopf hing über dem Straßenrand, nur wenig von einem
Randstein entfernt. Als ich mich vom Schrecken
erholt hatte, und auf dem Wagen saß, da war es mir
ganz klar: Das war die Hilfe des Schutzengels!
Auch heute noch grüße ich meinen Engel jeden
Morgen. M. H.
“Ist
denn keiner da, der hilft?”
Zum hl. Schutzengel habe ich immer großes Vertrauen
und eine innige Liebe. Was ich hier niederschreibe,
schreibe ich in großer Dankbarkeit.
In jungen Jahren verdiente ich mein Brot mit Nähen
und ging viel zu Leuten ins Haus. Eine Familie
wohnte weit von meiner Wohnung entfernt. An einem
Morgen wollte ich den Weg dorthin abkürzen und ging
quer durch einen Wald. Es war ein herrlicher
Morgen, und man konnte mit den Vögeln um die Wette
singen. Das tat ich auch. Aber mit einmal sah ich
vor mir eine Gestalt aus dem Gebüsch kommen. Sie
war vielleicht fünfzig Schritte von mir entfernt.
Erst hatte ich keine Angst, bis mir dann ein
furchtbarer Gedanke kam. Ich blieb stehen und sah,
wie der Kerl auf mich zukam. Fortlaufen nützte
nichts. Mein erster Gedanke war:
“Hl.
Schutzengel, hilf!” - Ist denn keiner da, der
mir hilft!? Ich stand wie gelähmt und konnte mich
nur langsam wenden. - Und was sehe ich! Rückwärts auf
einem schmalen Querweg stand ein Mann mit Fahrrad.
Da konnte ich winken, und der gute Mann kam sofort
auf mich zu. Zufällig hatte er beim Vorbeifahren
den bösen Mann gesehen, der aber dann sofort wieder
verschwand. Nun ging ich neben dem Fahrrad meines
“Schutzengels” einen anderen Waldweg und kam gut an
meine Arbeitsstelle. Etwa vierzehn Tage später wurde
in diesem Wald ein Mann wegen
Sittlichkeitsverbrechen festgenommen. Er hatte in
den Morgenstunden immer jungen Mädchen aufgelauert.
So stand es groß in der Zeitung. Auch sein Bild
hatte man gebracht. - Mein hl. Schutzengel hat mich
schon sehr oft beschützt, aber für diesen Fall bin
ich ihm ganz besonders dankbar.
Ein anderes Ereignis! Im Winter 1954 ging ich
morgens bei Frostwetter zur Kirche und stürzte auf
glatter Straße so unglücklich, daß man mich gleich
ins Krankenhaus brachte. Wirbelbruch! Nach
der Röntgenaufnahme meinten die Ärzte, ich würde
gelähmt sein; und einer sagte unter anderem, es sei
sein erster Fall in seiner jahrelangen Praxis, daß
ein so schwerer Bruch keine Lähmung nach sich
gezogen habe. Er meinte, ich hätte aber Glück
gehabt! Prompt gab ich ihm die Antwort: “Nein, einen
Schutzengel!” Darauf meinte er: “Ja, wie Sie
wollen.”
Elisabeth Fahnenbruck
“Wir
hätten lebendig verbrennen können”
Es war vor fünf Jahren. Drei Ordensschwestern waren
im Auto. Aus einer ziemlich scharfen Kurve
herausfahrend, kam der Wagen ins Schleudern, die
Schwester Chauffeurin vermochte nicht mehr zu
bremsen. Es überschlug uns in einer Wiese, ich weiß
nicht, wie viele 'Male, so daß wir mit dem Dach auf
dem Boden zu liegen 'kamen. Es war eine
Angelegenheit von wenigen Sekunden. Ich sah's kommen
und rief, den hochgeweihten Rosenkranz mit der
wundertätigen Medaille in Händen: Liebe Mutter
Gottes, hl. Schutzengel! - und schon waren wir am
Boden. Die Fenster gingen in tausend Splitter, ohne
uns zu verletzen. Wir lagen am Boden - und ich war
draußen. Mit einem leichten Hämatom am Oberarm und
dem Schrecken kam ich davon. Die Schwester
Chauffeurin kam auch mit dem Schreck und einigen
Blutergüssen davon. Hingegen erlitt die schwerkranke
Schwester, die wir ins Provinzkrankenhaus brachten,
einige kleine Knochenbrüche, von denen sie aber
relativ schnell wieder genas.
Sofort hatten wir an der Unglücksstelle einen Arzt
und gute Leute zur Hilfe. Als die Polizei kam und
die ganze Situation überschaute, wunderte sie sich.
daß wir noch am Leben waren, vor allem aber darüber,
daß der Wagen nicht brannte. Das Benzin, das wir vor
der Abfahrt noch frisch gefaßt hatten, war nämlich
nicht zum Motor, sondern rückwärts herausgelaufen.
Die Hilfe der Gottesmutter und der lieben hl. Engel
war handgreiflich, und wir konnten nicht genug
danken. Noch in unzähligen Fällen des Alltags habe
ich deren Hilfe erfahren. Sr. M. E.
Eine Mutter erzählt
Am 2. Adventssonntag 1966 war ich bei meinem Sohn in
Kempten bei der Taufe des kleinen Andreas. Abends,
so gegen 6 Uhr, fuhren wir mit dem Auto heim. Meine
beiden kleinen Söhne, noch schulpflichtig, fuhren
mit. Ich sagte zu den beiden Kindern: “Betet
zu den hl. Schutzengeln, daß sie uns begleiten und
uns beschützen!” Nach einer halben Stunde Fahrt rammte
uns ein Auto, ein mächtiger Ruck - beide
Kotflügel waren kaputt. Hätte mein Sohn das Steuer
nicht so fest im Griff gehabt, so hätten wir uns
überschlagen. Wir fuhren langsam heim. In der
Autowerkstätte stellten sie dann noch fest, daß die
Achse fast durchgebrochen war, so daß wir alle
hätten tot sein können.
Wir beteten täglich zum hl. Schutzengel. Ohne ihn
hätte ich meine Kinder nie großbekommen, weil ich so
viel beim Arbeiten fort war. Ich habe ein
grenzenloses Vertrauen zu unserm Herrn und Gott und
zur Gottesmutter Maria. Ich bete auch viel zum hl.
Antonius und zu P. Rupert Mayer. Auch sie mögen
immer Fürbitte für mich einlegen.
Mein Mann glaubte an gar nichts. Er fluchte,
daß uns oft angst wurde. Ich habe aber besonders
während seiner Krankheit für ihn täglich zum
Schutzengel mit meinen Kindern gebetet. In seiner
letzten Stunde kam noch ein Priester. Der Sterbende
wollte ihn noch fortjagen, ich bat den Priester:
Sagen Sie ihm, in einer Stunde sei er vor dem Herrn
in der Ewigkeit! Ich ging hinaus und betete für ihn
- und der Sterbende erhielt noch die Gnade einer
guten Beichte und konnte die hl. Wegzehrung
empfangen. Eine halbe Stunde später war seine Seele
in der Ewigkeit. Für diese Gnade seines reuevollen
Heimgangs kann ich nicht genug danken. A. W. 1967
Schutzengel wurde zum Wegbereiter
- Sehr
ernste Priestergeschichte
Abbé Mirot saß auf einer Bank des Tuilerien-Gartens
in Paris und betete Brevier. Er war ganz vertieft,
daß er nicht merkte, wie ein Landstreicher neben ihm
Platz nahm. - Den Priester überfallen, kam nicht in
Frage. Es waren viele Menschen im Garten. Bestehlen?
Auch nicht! Er hatte die Hände gefaltet und schien
mitzubeten.
Abbé Mirot legte einen Finger in das Brevier, schloß
das Buch und betete das Vaterunser, indem er über
seine Brille weg ins Grüne sah. Als er an die Stelle
kam: et ne nos inducas - führe uns nicht in
Versuchung, antwortete der Landstreicher
unwillkürlich: sed libera nos a malo, sondern erlöse
uns von dem Übel. Amen.
Der Abbé wandte sich erstaunt zur Seite. Jetzt erst
bemerkte er den Vagabund. Leutselig, wie er war,
sagte der Priester: “Sie sind gewiß in Ihrer Jugend
Ministrant gewesen?” - “Ja, Hochwürden”, entgegnete
der Landstreicher kleinlaut, “ich bin Ministrant
gewesen und - mehr.” - “Gar Mesner?” - “Noch mehr!”
Abbé Mirot sah wieder über seine Brille hinweg und
wartete auf eine Erklärung. “Ich bin Priester
gewesen.” - Dem alten Herrn fiel vor Schreck
fast das Brevier aus der Hand. Die Brille rutschte
ihm auf die Nasenspitze. “Priester? Und was sind
Sie jetzt?” - “Jetzt bin ich nichts.”
Abbé Mirot musterte seinen fragwürdigen Kollegen.
Sollte es ein Schwindler sein? - Der Stromer blickte
zu Boden, er fühlte das prüfende Auge des Priesters
auf sich gerichtet. Er empfand die Verpflichtung,
den klaren Beweis für seine Behauptung zu erbringen.
- “Hochwürden denken, ich schwindle. Nein, ich
schwindle nicht. Ich sage die Wahrheit.” - Er
rezitierte - ohne Fehler - den Kanon der hl. Messe
und die Gebete, die der Priester vor der Spendung
der hl. Ölung betet. Dann erklärte er mit einer
Fülle von Gelehrsamkeit die Gnadenlehre, die das
Thema einer von ihm glänzend gelösten Preisaufgabe
gewesen war.
“Genug,
genug! Wahrhaftig, Sie sind ein Priester!” - Abbé
Mirot begann ihn mit Hochwürden anzureden, denn er
gedachte des unauslöschlichen Merkmals, das das
Sakrament der Priesterweihe der Seele einprägt.
“Ach, lieber armer Mitbruder, sagen Sie mir doch,
wie das alles gekommen ist?” Der Priester holte
tief Atem und erzählte:
“Ich
stamme aus einer kleinen Provinzstadt. Mein Vater
war Bürstenmacher und hatte 7 Kinder. Ich war der
Jüngste. Meine Mutter hatte gelobt, mich dem Dienst
Gottes zu weihen. Solange ich zu denken vermag,
sprach sie davon. Wenn sie mich nach meiner
Zustimmung fragte, sagte ich: “Ja”. Einmal, weil ich
die Priester achtete, dann aber auch, weil ich
wußte, daß dies die Mutter gern hörte, endlich, weil
ich dadurch gut bei ihr stand. - Ich muß erwähnen, daß
meine Mutter bei ihrem Plan, mich Priester werden zu
lassen, nicht allein die Ehre Gottes, sondern auch
die eigene Ehre im Auge hatte. Sie wollte sich
vor den Ihren in dem Gedanken spiegeln, einen Sohn
als Priester zu haben. Gestärkt wurde sie in ihren
Absichten durch meine Begabung. Ich war auf dem
Gymnasium in allen Fächern der Erste, ausgenommen
Mathematik. Mein Betragen war ohne Tadel. Wenn ich
aber in den Ferien bei meinen Eltern weilte, wurde
ich so magnetisch von der Welt angezogen, daß ich
zweifelte, ob mich Gott zum Priestertum berufen
habe. Ich nahm mir vor, mit meiner Mutter darüber zu
reden. Vorsichtig begann ich, als wir einmal
spazieren gingen. Sie blieb wie gebannt stehen. Ihr
Blick war verstört. Etwas wie Irrsinn flackerte in
ihren Augen.
Ich brach ab und ging zu einem anderen Thema über.
Voll Schrecken erkannte ich, daß ich mit der
Aussprache zu lange gewartet hatte. Sollte ich mich
dem Regens des Seminars anvertrauen? Ich fand nicht
den Mut, ihm eine Enttäuschung zu bereiten, denn ich
übertraf alle Alumnen an Kenntnissen.
Vor der Priesterweihe offenbarte ich meinen
Seelenzustand einem Studiengenossen und bat ihn,
bei meiner Mutter vorstellig zu werden. Er
besuchte in den letzten Ferien vor der Weihe,
während ich bei Verwandten weilte, meine Eltern und
sagte der Mutter, daß ich nach seiner Meinung - als
Priester nicht glücklich werden würde. Mutter
kam wie von Sinnen zu mir. Schaum trat ihr auf die
Lippen. Sie schrie, daß die Leute zusammenliefen.
Nach den Ferien klagte der Studienkollege: “Es gibt
nur zwei Möglichkeiten: einer wird unglücklich,
entweder Sie, oder Ihre Mutter.” - Ich
antwortete: “Dann will ich unglücklich werden.” -
Ich wurde geweiht und tröstete mich, daß ich -
einmal im Amt und im Fluß der Arbeit - darüber
hinwegkommen würde. -
Aber ich bin ein schlechter Priester geworden, bin
gefallen und wurde suspendiert. Zum Glück erlebte
die Mutter diese Schande nicht mehr. - Ich unterwarf
mich nicht den Forderungen meiner Behörde, hing
meinen Priesterrock an den Nagel und wählte die
Freiheit. Freiheit habe ich gesucht, Knechtschaft
gefunden. Ich sank von Stufe zu Stufe.” Der Priester legte seine Hände vor die Augen und
weinte. Abbé Mirot schaute tiefsinnig vor sich hin.
Seine Züge waren traurig, seine Augen feucht. Er
wußte, es gab hier noch viel zu sagen und zu fragen,
allein er wollte die schmerzende Wunde nicht unnötig
berühren. - Eine Frage jedoch konnte er nicht
unterlassen. Sie schien ihm zu dringend: “Warum
sind Sie nicht reumütig zurückgekommen, nachdem Sie
die Welt kennengelernt haben?” - Der abgefallene
Priester erwiderte:
“Tausend
Wege führen in das Reich der Sünde. Einer in das
Reich der Tugend. Der Weg ist schmal. Die Tür ist
eng. Nicht alle sind veranlagt wie der verlorene
Sohn, nicht alle haben einen solchen Vater.
Wenigstens hatte ich keine Hoffnung, ihn zu finden. Man
gleitet im Nu einen steilen, glitschigen Berg hinab.
Aber hinaufzukommen, ist schwer. Ich habe es oft
versucht: umsonst. Wenn der Teufel einmal eine Seele
in den Krallen hat, läßt er sie nicht gleich wieder
los. Er kämpft ingrimmig darum. Handelt es sich um
eine Priesterseele, dann setzt er alle Macht der
Hölle in Bewegung.”
“Und
wie kam es” forschte Abbé Mirot weiter, “daß Sie mit
mir anknüpften?” - “Ich habe Sie aus der Ferne
beobachtet, so wie ich jeden Priester beobachte, der
meinen Weg kreuzt. Eine innere Stimme hat mir
zugeflüstert: geh und vertraue dich diesem Mann an!
Er wird dir helfen. Vielleicht war es die Stimme
meines Schutzengels. Ich bete täglich zu ihm. - O
könnte ich nochmal von vorn beginnen! Es sollte
alles anders werden!”
Abbé Mirot sann einen Augenblick nach. Dann sagte er
mit frischer Tatkraft: “Sie können von vorn
beginnen. Ich werde Ihnen helfen.” Er besorgte
dem abgefallenen Priester Kleidung, Wohnung und
Arbeit; Ministrieren, Botengänge, Schreiberdienste,
Stundengeben...
Nach einem Jahr wurde der Vagabund Mesner,
zugleich Laienapostel. Mit heiligem Eifer und
herrlichem Erfolg wirkte er unter den
Wanderbettlern. Er kannte ihre Sprache, ihre Sitten
und Unsitten, ihre Leiden und Versuchungen, kannte
das Heimweh ihres Herzens und die Sehnsucht ihrer
Seele. Er durfte manche Sünder zu Christus
zurückführen.
Im dritten Jahr trat er als Bruder in ein Kloster
ein. Auch hier wirkte er mit einem Eifer, der
alle in den Schatten stellte. Er glich einem
Krieger, der - zu Anfang der Schlacht geflohen -
zurückgekehrt umso tapferer kämpfte. Nach einem Jahr
der Bewährung wurde er als P. Ludwig in das
Kloster aufgenommen.
Abbé Mirot ist immer wie verklärt, wenn er von P.
Ludwig spricht: “Daß ich dem versinkenden Priester
die Hand reichen und ihn retten durfte, erfüllt mich
mit einer solchen Freude, daß ich aufjubeln könnte.
Wenn ich in meinem Leben nichts geleistet hätte als
dies, so hätte ich genug getan.”
Erster Wegbereiter zur Umkehr aber wurde der hl.
Schutzengel. Ihm gebührt besonderer Dank! Pfr. K.
Um gar manches junge, unerfahrene Mädchen zu
warnen, will ich erzählen, wie es mir bei einer
Verdingerin (Arbeitsvermittlerin) in einer
niederbayerischen Kreisstadt erging. - Zuerst wandte
ich mich dort an die Schwestern der Marienanstalt,
Da jedoch keine passende Stelle für mich frei war,
wollte ich sogleich wieder heimfahren. Aber auf dem
Weg zur Bahn kam ich durch ein Gäßchen, in dem ein
Schild prangte mit der Aufschrift: Verdinganstalt. -
Es war Sonntag gegen Mittag, als ich zu der
Verdingerin in die Stube trat. Diese lobte meine
Zeugnisse überaus und versprach mir die besten
Stellen; nur könne sie am Sonntag nicht zu den
Herrschaften gehen, weswegen ich übernachten solle.
Auf meine Einwendung, daß ich in der Stadt fremd
sei, wußte sie sogleich Rat. Ich sollte in
Begleitung ihres Sohnes die Stadt besichtigen, mit
ihm abends ins Theater gehen usw., um so die wenigen
freien Stunden eines Dienstmädchens voll zu
genießen. - Als ich auf diese Vorschläge nicht
einging und das Haus verließ, rief sie mir nach:
Ich solle nur heimfahren, ein so “dummes Ding” passe
nicht in die Stadt; aber mein Dienstbüchlein gab sie
mir trotz Aufforderung doch nicht mit.
Noch am gleichen Abend wurde mir von Bekannten eine
Stelle angeboten. Darum schrieb ich sofort um mein
Dienstbuch und legte 50 Pfennig in Briefmarken bei;
doch nach 8 Tagen hatte ich noch kein Buch. - Mein
Weg führte mich aber wieder an dieser Stadt vorbei
und ich wollte nun das Buch selbst abholen. Doch das
ging nicht so leicht. Die Frau log mir vor, sie habe
das Buch bei einer Herrschaft liegen. - Jetzt drohte
ich ihr mit der Polizei und siehe: Im nächsten
Augenblick lag das Buch auf dem Tisch. - Nachdem ich
anfangs schon 2 Mark bezahlt hatte, forderte sie
nochmals Geld für ihre Mühe. Doch dies war mir zu
bunt; ich bezahlte ihr nichts und verließ die
unheimliche Stube.
Innig dankte ich meinem Schutzengel, daß er mich,
wie ich sicher glaube, einer schweren sittlichen
Gefahr entrissen hatte; denn das Besichtigen der
Stadt und das Theatergehen war wohl nichts anderes
als eine Falle, in der schon manches Mädchen um
seine Unschuld gebracht wurde. Ein Dienstmädchen.
A. F.
Aus 2000 m in die Tiefe
Fallschirmspringer
Bayreuth, 3. Mai 1967. “Ich hatte mit meinem Leben
schon abgeschlossen. Wie ich es als Kind gelernt
hatte, so betete ich in meinen letzten Augenblicken
zu Gott. Ich wußte, in wenigen Sekunden würde ich am
Boden aufprallen und tot liegenbleiben.” - Das
erzählt der 28jährige Sport-Fallschirmspringer Manfred
Luther aus Forchheim. Wie ein Stein war Manfred aus
2.000 m Höhe zu Boden gestürzt.
Die einzige Verletzung: eine unkomplizierte
Rückgratverstauchung. Manfred Luther war, wie
unzählige Male zuvor, auf dem Übungsgelände der
Fallschirmspringer von Bayreuth gestartet. - Nach
dem Absprung zog er 700 Meter über der Erde die
Reißleine. Aber es geschah nichts!
Luther: “Sofort zog ich die Ersatzschirmleine.
Plötzlich öffneten sich beide Schirme und
verhedderten sich. Ich glaubte, das sei das Ende.”
Mit etwa 20 Metern pro Sekunde sauste Luther in die
Tiefe - mit ordnungsgemäß geöffnetem Schirm beträgt
die Fallgeschwindigkeit nur etwa 7 Meter.
Luther: “Vor meinen Augen rollte meine
Fallschirmspringerzeit bei der Bundeswehr wie ein
überdrehter Film ab. Dann kam der Aufprall.”
Doch Luther gelang eine Seitenrolle, dann blieb er
liegen. Die Ärzte des städtischen Krankenhauses
Bayreuth: “In vier Wochen darf er wieder nach
Hause.”
Manfred Luther: “Ich weiß jetzt, ich habe einen
Schutzengel.
” Bild, 3.5.1967
“Da
hab ich einen Lenker gehabt”
Mein neuer Wirkungsort H. im Allgäu liegt mehrere
Kilometer von der Autostraße entfernt. So muß ich
zur Bushaltestelle erst eine Stunde zu Fuß gehen.
Bei der Rückkehr am Abend will ich den einsamen
Weg durch Wald und Wiesen nicht auf mich nehmen
und warte an der Einbiegung nach H. auf ein Auto,
das zufällig des Weges kommt. Das Fahren per
Anhalter ist hier ungefährlich, weil die meisten
Autos, die hier einbiegen, Dorfbewohnern gehören,
die auswärts beschäftigt sind.
Eines Abends im November wartete ich lange
vergeblich auf ein Auto. Da rief ich meinen Engel
an, er möge mir doch ein Auto schicken. Bald darauf
kam von einer Nebenstraße, die mir gegenüber in die
Hauptstraße einbog, ein Auto. Es überquerte die
Straße und nahm meine Richtung. Ich durfte
einsteigen und erfuhr, daß der junge Mann den Weg
über H. nur benützte, um auf die - drei Kilometer
östlich gelegene - Hauptstraße zu gelangen. Da er
mir seinen Heimatort sagte, fragte ich erstaunt
zurück, warum er nicht den normalen Weg, eine gute
Verbindungsstraße, zu seinem gewünschten Ziel
gefahren sei, sondern bei der Dunkelheit diesen
Nebenweg benützt habe. Da antwortete er: “Als ich um
halb acht aus dem Stall kam, kämpfte ich innerlich,
welchen Weg ich fahren solle. Da entschloß ich mich
für diesen Weg. Ich glaube, da hab ich einen guten
Lenker gehabt!” - Jetzt wußte ich sicher, daß mein
guter Engel mir das Auto geschickt hatte, denn
gerade um halb acht Uhr hatte ich ihn darum gebeten.
Lehrerin M. H. 1967
“Komm
schnell! Es riecht nach Gas!”
(Tatsachenbericht aus dem Rheinland)
Es war an einem Sonntag-Nachmittag. Wir hatten uns
zu einem Mittagsschläfchen hingelegt, mein Vater
meine Mutter und ich. - Im Nachbarhaus sagte ein
etwa dreijähriges Mädchen zu seinen Eltern,
einem Arztehepaar: “Laßt mich nicht allein!
Gleich kommt der Teufel und nimmt unsere Häuser weg.”
Die Eltern waren über diese Worte ihres kleinen
Töchterchens erstaunt und erschrocken zugleich,
weil sie nicht wußten, wie ihr Kind auf solche
Gedanken kam. - Gegen 6 Uhr nachmittags schliefen
wir immer noch. Plötzlich fühlte sich meine Mutter
gedrängt, in das Treppenhaus zu gehen und sie rief
zur zweiten Etage, wo ich schlief: “Komm schnell!
Es riecht nach Gas!” Zuerst wollte ich gar nicht
aufstehen. Aber meine Mutter ließ keine Ruhe, bis
ich endlich aufstand, instinktiv sofort alle Fenster
aufriß und nach der Ursache forschte. Als ich die
Kellertür aufmachte, war der ganze Keller voll Gas.
Mein Vater verständigte das Gaswerk, das sofort
Leute schickte. Sie mußten, die Straße aufbrechen,
weil das Gas von der Straße herins Haus
drang. Man konnte es nicht abstellen. - Als der
Arbeiter mit der Schaufel auf das Rohr stieß, worin
ein großes Loch war, gab es eine Stichflamme bis zum
Dach des Hauses. - Einige Tage vorher war bei
Erdarbeiten an der Leitung gearbeitet und dabei
wahrscheinlich das Rohr beschädigt worden. - Die
Arbeiter dichteten die undichte Stelle ab und so
kamen wir ohne Unglück davon.
Wäre meine Mutter nicht gedrängt worden, aufzustehen
und nachzusehen, hätte es ein großes Unglück
gegeben, und wir und die Bewohner des Nachbarhauses
wären wahrscheinlich nicht mit dem Leben
davongekommen.
Oft mußte ich über die Worte des Kindes
nachdenken. - Der Teufel versucht auf alle
erdenkliche Art und Weise uns zu verderben. Aber
viel stärker sind die Schutzgeister Gottes, die
überall wachen, um seine Anschläge zu vereiteln.
Man kommt im Leben in Situationen und Gefahren, die
man trotz aller Vorsicht nicht einkalkulieren kann.
Deshalb ist es so wichtig, sich den Schutzengel als
Freund zu bewahren und oft zu beten:
“Sei
in dieser Welt voll Mängel
Stets mein Freund, mein Führer hier;
Du mein Schutzgeist, Gottes Engel,
Weiche, weiche nicht von mir!” W. H. 1966
Ein Priesterengel im Todesgefängnis
Der Jesuitenpater Augustin Rösch erzählt: “Es war im
Gefängnis Moabit in Berlin. Niemand hatte den
leisesten Verdacht, daß ich Priester war. Meine
Wächter waren stets hinter mir her, daß ich mit
niemand sprechen oder in Verbindung treten konnte.
An einem Nachmittag wurde uns ein Gang in den Hof
erlaubt. Da nur die zum Tod Verurteilten in Ketten
waren, und meine Aufseher nicht wünschten, daß die
anderen Gefangenen erfahren sollten, wer zum Tod
verurteilt war, wurden meine Ketten gelöst. Als ich
in den Exerzierhof hinausrannte, stieß ich mit einem
Mann zusammen, den ich im Augenblick wiedererkannte.
Es war der Mann, um den mich die Gestapo gefragt
hatte. - Die SS kam, und wir mußten in drei Kreisen
herummarschieren. Als wir aneinander vorbeigingen,
flüsterte er mir zu: “Hochwürden, bitte die
Generalabsolution!” Wie sollte ich das zuwege
bringen? Wir besaßen weder Hosenträger noch
Schnürriemen und waren so mager, daß wir unsere
Hosen an den Händen halten mußten. Als mir mein
Freund bei der nächsten Runde in die Nähe kam,
stolperte ich und schlüpfte aus meinem Schuh. Ich
kniete nieder, um ihn wieder anzuziehen, und gab
dabei meinem Freund die Absolution.
Sein Hintermann hatte gesehen, was vor sich gegangen
war, und bei der nächsten Runde flüsterte er mir zu:
“Mir auch, Hochwürden, bitte, bitte.” Dieses
Mal gab ich vor, meinen Hut fallen zu lassen, und
absolvierte den Gefangenen. Dieser arme Mensch war
so dankbar, daß er öffentlich das Kreuzzeichen
machte und laut sagte: ,Ich danke Ihnen, Hochwürden,
ich danke Ihnen!' - ,Halt!' schrie die SS-Wache. ,Dort
wird gesprochen. Darauf steht der Tod als Strafe.
Dieser verdammte katholische Priester ist die
Ursache. Gefangener (indem er sich an mich
wandte), du gehst sofort in die Zelle 16 und
wartest, bis du gerufen wirst.' Ich ging zum Tor und
wandte mich um. Nicht einer der Gefangenen hatte
sich bewegt, aller Augen waren auf mich gerichtet,
und jedes Auge schien zu sagen:
̦Gott
sei Dank, ein Priester ist bei uns!'
Wie oft betete ich in meiner Zelle die Oration der
Komplet: Halte Einkehr, wir bitten Dich, Herr, in
dieser Behausung, und alle Nachstellungen des
Feindes verjage weit von ihr! Deine hl. Engel mögen
wohnen in ihr und uns in Frieden bewachen, und Dein
Segen sei immerdar über uns: durch Christus, unsern
Herrn. Amen.'
Und schneller, viel schneller, als ich es überhaupt
je zu denken, noch viel weniger zu hoffen gewagt
habe, kam Gott zu Besuch: der eucharistische Heiland
selber. Ich war kaum in meinen Ketten, als die
kleine Öffnung der Türe aufging. Zettel in allen
Größen wurden durchgeschoben. Durch das Aufrufen
meiner Zellennummer wußte jedermann, daß ich ein
Priester war, und wo ich hauste. Auf diesen
Zetteln standen Sündenbekenntnisse mit der Bitte um
Absolution. Von da ab hatte ich keinen
Augenblick mehr für mich selbst.
Eines Tages stürzte mein Wächter herein und
flüsterte: ̦Hochwürden, wollen Sie zur hl. Kommunion
gehen? Seien Sie morgen bereit.' Am nächsten Tag
öffnete sich die Türe, und er händigte mir ein
Marmeladenglas aus. ,Das Glas hat einen falschen
Boden, Hochwürden`, sagte er, ,essen Sie die
Marmelade, und dann werden Sie eine Hostie finden.'
Kinder brachten uns diese Tröstung. Die Kinder von
Berlin waren organisiert worden; nachdem sie die hl.
Hostien von ihren Bischöfen und Priestern erhalten
hatten, kamen sie zu den Gefängnissen und quälten
die Aufseher so lange, bis sie ihnen erlaubten,
ihren Vätern oder Onkeln nur ein wenig Marmelade
oder diesen Extrabrotlaib zu geben. Unsere
Katholiken waren unerschütterlich und setzten Leib
und Leben aufs Spiel, um uns zu helfen. Von da an
war ich niemals mehr ohne die hl. Eucharistie in
meiner Zelle. Und welchen Trost konnte ich anderen
bringen! Sogar das hl. Öl wurde hereingeschmuggelt.
Tag und Nacht war ich nun beschäftigt, Beichten zu
hören, die hl. Kommunion zu spenden und die letzte
Ölung.
Ein andermal sagte mir ein fremder Aufseher: “Einige
Zellen von hier liegt ein Gefangener im Sterben. Er
kann die Nacht nicht mehr überleben.” Da der
Aufseher ein Protestant war, so fragte ich: “Hat der
Sterbende um mich geschickt? Ist er ein Katholik?”
“Das weiß ich nicht”, war die Antwort, “aber ich
will gehen und es herausfinden. Er ist Führer der SS
und ein hoher Nazibeamter.” Der Aufseher schlüpfte
aus meiner Zelle. Einige Sekunden später kehrte er
atemlos zurück. “Ja, Hochwürden, er möchte Sie
sehen. Aber jetzt können Sie nicht kommen. Beten
Sie, daß er noch bis Einbruch der Dunkelheit am
Leben bleibe.”
In der Nacht waren unsere Zellen mit hellstem Licht
beleuchtet. Jede unserer Bewegungen wurde
beobachtet. Plötzlich tauchte unser ganzer Flügel
unter in tiefste Finsternis. Aufregung, Geschrei,
Flüche! Meine Zelle wurde geöffnet, und der Aufseher
kam herein. “Schnell, Hochwürden, schnell. Ich
bleibe hier für den Fall, daß sie die Nasen zählen. Sie
werden auf dem Gang zwei katholische Wärter finden,
die unterrichtet sind. An der Tür des Sterbenden
ist ein verläßlicher kommunistischer Aufseher.” Mir
wurde nun von den verschiedenen Männern geholfen,
deren einzige Sorge es war, es zu ermöglichen, den
sterbenden SS-Mann zu erreichen. Ich hörte seine
Beichte, spendete ihm die hl. Kommunion und die
Letzte Ölung. Ich hatte kaum geendet, als sich auch
schon die Zellentür öffnete und der kommunistische
Aufseher flüsterte: “Schnell, oder es wird zu spät
sein!” Ich stürzte den Gang hinunter zu meiner Zelle
und wechselte den Platz mit meinem Aufseher - und
schon flammte das Licht wieder auf. Die Drähte waren
durchschnitten worden, nur um mir zu einem
außergewöhnlichen Akt der Nächstenliebe zu
verhelfen.
Schon nach einigen Tagen rief man mich und andere
ins “Büro”. Wir sollten zum Verhör ins
Reichssicherheitshauptamt gefahren werden. Mein
Nachbar im Auto zitterte mitleiderregend. Er wußte
schon zuviel von den Torturen. Ich suchte ihn zu
beruhigen, indem ich meine gefesselten Hände auf
seine legte. Er war ergriffen, schaute mich dankbar
an und flüsterte nur: “Katholisch?” “Ja,
katholischer Priester...” “Oh - Absolution.”
- Ich nickte. Leise... “Jesus Barmherzigkeit... Ego
te absolvo...” Nie in meinem Leben werde ich das
Leuchten vergessen, das nun in seinen Augen
stand... Gesehen hab' ich ihn nie mehr. Der Herr war
zu ihm gekommen und hatte einen Priester vielleicht
auf seine letzte Fahrt geschickt...
Gnade Gottes in Fesseln!
Die seelische Qual - und das Alleinsein mit ihr Tag
und Nacht - ohne Arbeit, ohne Lektüre, ohne Brevier,
ohne alles - allein in den Fesseln sollte mürbe
machen. Die Spaziergänge, zu denen man mich
endlich wieder zuließ, wurden Zeiten großer Gnade:
sie wurden die Beichtzeiten für die Gefangenen.
Es war bekannt geworden, daß ich katholischer
Priester, Jesuitenpater war. - Da drängten sich auf
dem Spaziergang in den drei konzentrischen Kreisen
am Anfang die in meine nächste Nähe, die beichten
wollten. Es war oft mühsam, immer gefährlich, aber
unsagbar beglückend. Mittendrin ließ einer aus
einem anderen Kreis merken, ich solle zu ihm
kommen. Aber wie das anstellen? Ein Weg war, ohne
jede Erlaubnis zum Aufsicht führenden Feldwebel zu
gehen und etwas zu fragen. Da wurde man heillos
zusammengestaucht, und der Schluß hieß: “Los -
zurück in die Reihen - sonst... !” Und dann ging ich
- nicht an meinen alten Platz, sondern zu dem Mann
im anderen Kreis, der beichten wollte. Viel konnte
gegenseitig natürlich nicht geredet werden, aber
viel, über die Maßen viel Freude, Glück, Trost gab
die Absolution.
Später konnte es noch einfacher gemacht werden: Die
Mitgefangenen schmuggelten durch gute Posten ihre
geschriebenen Lebensbeichten in meine Zelle -
gaben dabei ein Kennzeichen, ein Stichwort für den
nächsten Spaziergang an, und so durfte ich oft eine
ganze Anzahl Lossprechungen geben. Denn jetzt war es
̦organisiert'.
Eines Tages reißt jemand meine Zellentür auf - ein
Kalfaktor, der inzwischen mir gut Freund geworden
war, flüsterte: ,Pater, wollen Sie ein warmes
Wannenbad haben?' Ich begriff nicht. Wannenbad
im SS-Zuchthaus, das für uns KZ war. Wannenbad... ?
ich muß sehr dumm geschaut haben... Jetzt brüllte er
mich schrecklich an: “Raus, raus mit Ihnen...”, und
leise sagte er: “Pater, stecken Sie Handtuch und
Seife ein!” Wie im Traum mache ich es und gehe ihm
nach, aus der Zelle heraus. Da war ich im Nu wach,
im Nu - es standen etwa zehn der allergefürchtetsten
SS-Leute da. “Was ist mit dem da?”, fragt einer von
ihnen den Kalfaktor und deutet auf mich. “Der soll
zum Büro.” Büro hieß soviel wie “zum Verhör” mit
Prügeln, Tortur usw. “Ach so, das soll ihm gut
tun! Hoffentlich bis lange in die Nacht hinein!” Es
war aber erst 1/2 10 Uhr vormittags. Der Kalfaktor
herrscht mich an: “ Vorwärts...
Tempo, Tempo...” Wie wir außer Hörweite der SS
waren, sagt er rasch: “O, Pater, die dummen Kerle!
Folgen Sie mir rasch am Büro vorbei - hinunter in
den Keller. Da drunten pfeift einer leise - dort
hinein. Alles Gute zum Wannenbad.”
Er war verschwunden. Ich tat, wie er mir gesagt
hatte; richtig, kaum war ich im untersten
Kellergang, da pfiff es leise - irgendwo im Dunkel,
und ich hörte jemand rufen: “Hierher,
Pater!” Plötzlich öffnete sich eine Tür. “Schnell,
da herein!” -Vor mir steht eine große, fast
hünenhafte Gestalt mit ungemein gütigen
Gesichtszügen. “Grüß
Gott, Pater! Alles gut gegangen?” O, dieses
heimatliche “Grüß Gott!” seit so mancher Zeit wieder
zum ersten Mal zu hören. Ich erwiderte den Gruß und
fragte: “Wo bin ich jetzt?” “In einem Baderaum.”
“Wer sind Sie?” “Der Bademeister”, antwortete er
lächelnd. “Doch nicht von Beruf?” “Nein”, sagte er,
“nein, Pater. Von Beruf bin ich Generaldirektor
einer großen Kohlengrube.” “Aber
wie kommen Sie hierher?” “Wie so viele andere auch.
Ich habe für meine Leute sorgen wollen - für Essen
- hab' Krach bekommen mit Bonzen, die nichts geben
wollten, aber selber im Überfluß leben - wurde
angezeigt - bin da.” - Seit wie lange?” “Seit
über 1 1/2 Jahren.” “Haben
Sie Verbindung mit Ihrer Frau und Familie?” “Nur
verbotener Weise.” Ich sagte ihm mein Beileid. Er
gab mir die Hand. Sein Gesicht zuckte etwas.
“Ja”,
sagte ich, “was ist nun mit mir?” “Pater, Sie sollen
auch etwas Gutes, ein warmes Wannenbad, bekommen.”
Lachend fragte ich weiter: “Was kostet das?” (Es gab
nicht viel umsonst im Zuchthaus.) “Eine Zigarre oder
drei Zigaretten für so einen Wachtmeister, der
damit sich gewinnen läßt. Wer badet, interessiert
ihn nicht. Nur der Preis für ein Bad. Aber, Pater,
wir wissen, Sie rauchen nicht - es ist schon für Sie
bezahlt. Und sehen Sie: Wenn wirklich eine Kontrolle
kommt, dann verschwinden Sie rasch hinter diesen
Kohlenhaufen; dahinter ist eine kleine “Sackgasse” -
da hinein kriechen Sie. Wenn die Posten nicht Hunde
mitnehmen, wird man Sie nicht finden.” In dem
Vorderraum waren zwei Badewannen; im Nebenraum
Heizkessel und anschließend Kohlenkeller.
“Also”,
sagte der Bademeister, “noch etwas Geduld, Pater,
und dann gibt es warmes Wasser.” Auf einmal klopft
es an der Tür. Mein Herz erschrickt heillos. “ Ruhig
bleiben, Pater, ein gefährlicher Posten klopft
nie; der reißt einfach die Tür auf.” Er öffnet.
Herein kommt ein Mitgefangener, ein ehemaliger
Stellaner (Schüler der Schule “Stella Matutina” in
Feldkirch). “Grüß Gott, Pater!” - “Grüß Gott!” -
“Sie sind erstaunt, mich hier zu sehen, Pater?”
“Ehrlich gesagt, ich bin nicht wenig erstaunt.” -
“Ja, ich bekomme auch ein Wannenbad - aber, bevor
das ist, Pater, etwas anderes. Ich habe morgen
Termin, Verhandlung vor dem Volksgerichtshof. Da
geht es um alles - ich muß wissen, wie ich mich
verhalten muß. Und darum bitte ich Sie: gehen Sie
mit mir alles durch - Helfen Sie mir, was und wie
ich reden soll...” Nun fing ich langsam zu begreifen
an, warum ich ins Bad gehen sollte. Wir sprachen
eingehend seinen ganzen Fall durch. Als wir fertig
waren, - wir saßen die ganze Zeit an einem kleinen
Wandtischlein - sagte mein Mitgefangener: “Pater,
ich danke Ihnen. Gott lohne Ihnen alles!” - “So,
Pater, und nun die Hauptsache. Ich weiß nicht, wie
es morgen gehen wird. Das steht bei Gott - es geht
ja auf Leben und Tod. Und darum, Pater, helfen Sie
mir, ich möchte jetzt eine Lebensbeichte machen.”
Und er begann: “Im Namen des Vaters und des Sohnes
und des Hl. Geistes...” Als wir zu Ende waren mit
der hl. Beichte - der Bademeister war draußen vor
dem Baderaum geblieben - sagte mein Gegenüber:
“Pater, ich danke Ihnen - Gott lohne Ihnen alles -
ich bin jetzt für alles bereit. Hier, Pater, habe
ich Ihnen etwas Brot mitgebracht - auch ein
Stücklein Wurst - essen wir noch zusammen - dann
baden Sie, Pater, Sie müssen heute den ganzen Tag
bis in die Nacht hier bleiben. Die SS meint, Sie
seien im Verhör. Es ist organisiert: es werden
eine Reihe Katholiken kommen zum Beichten; es ist
Fasten- und bald Osterzeit. Behüt' Sie Gott!” Wir
verabschiedeten uns herzlich, er ist gerettet
worden; er war Vater von vielen Kindern! Gottes
Gnade war gütig und mächtig in den Fesseln. Den
ganzen Tag über aber kamen Beichtende.
Ich selbst erlebte wie durch ein Wunder Gottes in
den letzten Apriltagen 1945 die Befreiung aus den
düsteren Todeszellen und fand mit noch zwei
Priestern Aufnahme bei Schwestern.
Münchner kath.
Kirchenzeitung 1949/1,2
Am 7. Nov 1961 ist Pater Augustin Rösch in München
gestorben. Bis zum letzten Atemzug bei Bewußtsein,
bat er die Umstehenden, heim Herannahen des Todes
das Te Deum und das Magnifikat anzustimmen, denn
jetzt komme für ihn die große Stunde, da er die
Heiligste Dreifaltigkeit von Angesicht zu Angesicht
schauen dürfe.
(Ausführlich in: A. M. Weigl “In
Gottes Vaterhand”).
Es war vor etwa 10 Jahren. Auf dem Heimweg von der
Pfarrkirche wollte ich den Weg abkürzen und mußte
dazu einen Wald passieren, an dessen Ausgang auf
einer Anhöhe ein Bauernhof lag, der von einem
bissigen Hund bewacht wurde. Da ich den Hund immer
an der Kette gesehen hatte, ging ich trotz meiner
Angst vor bösen Hunden diesen Weg. Als ich aus dem
Wald trat, hörte ich wie immer das Gekläff. Doch
dann sah ich zu meinem Entsetzen, daß der Hund
nicht an der Kette war, sondern mit wütendem
Gebell den Abhang herabjagte, direkt auf mich zu.
Ich wußte: Nur der Schutzengel kann hier helfen. Ein
Ruf: "Hl. Schutzengel hilf!" Im gleichen
Augenblick blieb der Köter auf halber Höhe des
Abhangs wie angewurzelt stehen und konnte keinen
Schritt weiter. Ich starrte fassungslos den Hund an,
und dann begriff ich, daß mein Engel den Hund
zurückgehalten hatte. Mit einem Dank an meinen guten
Engel ging ich froh nach Hause. M. H. 1967
Schutzengelamt - ein ernstes Amt
Darum noch einmal zum Schluß die wichtige
Folgerung: mehr Glaube, mehr Vertrauen, mehr Liebe
zu unseren hl. Engeln! Wir schenken den guten Engeln
Ehrfurcht wegen ihrer hohen Würde, Gehorsam wegen
ihrer göttlichen Sendung, dankbare Liebe wegen ihrer
zahllosen Wohltaten und ein unbedingtes Vertrauen
wegen ihrer Macht und oft bewährten Liebe. Die hl.
Engel werden nie laut sein, wie ja die Geheimnisse
Gottes immer stille sind.
Für uns gilt: Kein Morgen ohne ein kurzes Gebet zu
den hl. Engel und hieße es auch nur: "Hl.
Schutzengel mein, laß mich dir empfohlen sein!"
Das ist nicht ein einfaches Kindergebet, sondern das
einsichtige Gebet des mündigen Christen, der vom
Leben gehetzt wird und sich bewähren soll. - Um es
nochmals nachdrücklich zu betonen: die Engel sind
nicht nur für die Kinder da, sondern vor allem für
die Erwachsenen. Ihretwegen ist das Schutzengelamt
von Gott gestiftet, ein echtes ernstes Amt. Kein Abend ohne einen kurzen Dank für allen
Schutz, für alles Geleit, für alle Engelliebe! Das
Danken nicht vergessen! Kein Dienstag, ohne in
besonderer Weise der hl. Engel zu gedenken! Dieser
Tag der Woche ist ihnen geweiht. Da sollten wir die
Schutzengel der Gemeinde, der Pfarrei, der Diözese,
der ganzen hl. Kirche besonders grüßen. Im Monat
September, Schutzengelmonat, sollten wir uns ganz
besonders um eine rechte Verehrung und Liebe zu
unseren hl. Engeln bemühen.
Im Abendgebet der Kirche beten wir:
“Herr,
suche heim dieses Haus und verbanne alle
Nachstellungen des Feindes weit von ihm. Laß Deine
hl. Engel darin wohnen, daß sie uns in Frieden
behüten, und Dein Segen sei allezeit über uns. So
bitten wir durch Christus, unsern Herrn. Amen.”
Gebete
Hl. Schutzengel mein, laß mich dir empfohlen
sein;
in allen Nöten steh' mir bei und halte mich von
Sünden frei.
An Tag und Nacht, ich bitte dich, beschütze und
bewahre mich. Amen.
O Engel rein, o Schützer mein,
Du Führer meiner Seele,
Laß mich dir anbefohlen sein,
Daß ich vor Gott nicht fehle.
Bei hellem Tag, bei finstrer Nacht
sein Licht laß in mir scheinen;
halt über mich getreue Wacht,
mein Herz lenk nach dem deinen!
Trag mein Gebet zu Gottes Thron
und fleh für meine Sünden;
durch seinen eingebornen Sohn
hilf mir Verzeihung finden!
Errette mich von Satans Macht
und von des Fleisches Lüsten;
und gegen Welt und eitle Pracht
laß mich die Waffen rüsten.
Beschütze mich im letzten Streit,
wann Leib und Seel' sich scheiden;
begleite mich zur Ewigkeit,
wo Freud' ist ohne Leiden.
Sind sie aus irgend einem Grund verhindert, an
der hl. Messe persönlich mitzufeiern, dann beten
sie folgendes Gebet:
Heiliger Schutzengel mein,geh für mich in die Kirch' hinein.
Knie dich hin an meinen Ort,
hör' die heil'ge Messe dort.
Bei der Opf'rung bring mich dar
Gott zum Dienste ganz und gar.
Was ich hab' und was ich bin,
leg als Opfergabe hin.
Bei der heil'gen Wandlung dann
bet' mit Seraphs-lnbrunst an
unsern Heiland Jesus Christ,
der wahrhaft zugegen ist.
Bet' für die, so mich geliebt,
bet' für die, so mich betrübt.
Denk auch der Verstorb'nen mein.
Jesu Blut wasch alle rein.
Beim Genuß vom Höchsten Gut
bring mir Jesu Fleisch und Blut,
und im Geist mich ihm Verein,
laß mein Herz ein Tempel sein.
Fleh', daß allen Menschen Heil
aus dem Opfer werd' zuteil.
Ist die heil'ge Messe aus,
bring den Segen mir nach Haus. Amen.
Die Verehrung der Engel fördern helfen
ist ein ganz großes apostolisches Werk. Wir
können es durch unser Beispiel! Wir können es
durch ein werbendes Wort! Wir können es durch
die Weitergabe von Schriften über die hl.
Engel. Bitte. gebt dieses Engelsbüchlein in
recht viele Hände! Die ewige Vatergüte Gottes
möge es euch lohnen!