Der Hl. Geist

Zeitalter des Heiligen Geistes?

   
   




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Die Klage ist angebracht, dass der HI. Geist in unserem religiösen Bewusstsein und Leben eine untergeordnete Rolle spielt. Das liegt vor allem daran, dass die wenigsten zu jener Höhe aufsteigen, auf der GOTT Seine tiefsten Geheimnisse und Reichtümer mitteilt, soweit sie überhaupt mitteilbar sind. Es liegt aber nicht daran, dass «Das Zeitalter des Heiligen Geistes» noch nicht angebrochen wäre, wie es der sel. Joachim von Fiore ankündigte (1130-1202), betroffen vom Zurückbleiben der Kirche hinter den Forderungen Jesu. Es scheint, dass heute bei der «Pfingstbewegung» und charismatischen Gruppen solche Vorstellungen mitspielen. Gegen diese muss deutlich daran erinnert werden, dass mit dem Zeitalter Jesu auch das Zeitalter des Heiligen Geistes begonnen hat, sichtbar und öffentlich am ersten christlichen Pfingstfest vor der staunenden Menge «aus allen Völkern unter dem Himmel». (Der folgende Beitrag basiert auf einem von Pater Gerhard Hermes SAC † in dem von ihm gegründeten «Der Fels» 1980 geschriebenen Artikel).


Im Heiligen Geiste

Von Simeon wird in der Schrift eine besondere Beziehung zum HI. Geist ausgesagt. "Der Heilige Geist ruhte auf ihm,, so heisst es bei Lukas. Und dass er vom HI. Geist eine besondere Offenbarung erhalten hatte, und schliesslich, dass er auf Antrieb des Geistes in den Tempel kam, gerade als die Jungfrau, die empfangen hatte vom HI. Geist, die geweihte Schwelle überschritt. Der gleiche Geist ist es, der ihm eine Prophezeiung auf die Zunge Iegt, so gewaltig, wie Maria seit der Botschaft des Engels keine mehr erhalten.

Der Dreifaltige Gott
(Jakob Häne †)

Wie auch hätte der Greis ohne besondere Erleuchtung in diesem unansehnlichen Kind armer Leute, die in der langen Reihe anstanden und wie die anderen rasch und zerstreut abgefertigt wurden, den von Gott gesandten Erlöser Israels und der ganzen Welt erkennen können! Wie hätte er aus eigenem das Ungeheure erfassen können, dass an diesem Kind wie an einem unbezwinglichen Felsen sich der Strom der Menschheitsgeschichte brechen und teilen werde zu Heil oder Unheil! Wie hätte er von sich aus der jungen Mutter das Schwert der Schmerzen anzukünden gewagt, das die Gedanken der Herzen in die Helle des Gerichtes hervorholen sollte! Und die Mutter selber —mit welcher Fülle und Kraft musste der Geist auf ihr ruhen, dass sie dieser blutigen Weissagung standhielt und sich von Stund an bereitete für den Stoss des Schwertes! Das bedeutet: Der erlöste Mensch, der Mensch in der Gnade Christi, steht in dem denkbar innigsten Verhältnis zum Geiste Christi, zum Heiligen Geist, der vom Vater und vom Sohne ausgeht, der vom Vater und vom Sohne gesandt wird. Die Theologie in unseren Tagen spricht von einer besonderen, nur Ihm eigenen Einwohnung. Dem steht freilich das uralte und noch von Pius XII. angemahnte Axiom entgegen, dass jegliche Tätigkeit GOTTES nach aussen den drei Personen gemeinsam ist. Aber wir rühren da an letzte Geheimnisse, bei denen die Werkzeuge unseres Verstandes nicht mehr greifen. Lassen wir, es genügt uns zu wissen, dass der HI. Geist in der Gnade die innigste Lebens- und Wirkgemeinschaft mit uns eingeht. Es genügt uns, dass «Gott den Geist seines Sohnes in unser Herz gesandt hat, in dem wir ruhen: Abba, Vater» (Gal 4, 6). Es erfüllt uns mit Stolz und Beschämung zugleich, dass wir «ein Tempel Gottes sind und der Heilige Geist in uns wohnt» (1 Kor 1,16). Es müsste uns jeden Tag neu überwältigen, dass «die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen ist durch den Heiligen Geist, der uns geschenkt wurde» (Röm 5,5). Und es dürfte der Ruf unseres Herrn «am Ietzten Tag, dem grossen Festtag» uns keine Ruhe lassen: «Wen dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, aus dessen Leib werden, wie die Schrift sagt. Ströme lebendigen Wassers fliessen» (Joh 7,37f). Der Jünger lässt keinen Zweifel daran, dass Jesus damit den HI. Geist meinte, den er am Pfingstfest über die Gläubigen ausgiessen wollte. Ist damit nicht Würde und Grösse eines jeden Apostolates ausgesagt: am Herzen Jesu dürfen wir trinken im Übermass, um dann anderen das lebendige Wasser auszuspenden. Von ihm empfangen wir, lebendige Zweige am Weinstock, den HI. Geist, um Ausspender der Geheimnisse Christi zu sein, ein jeder nach Massgabe der Gnade, die er empfangen hat.

Die «Entdecker»

Die heutige «Entdeckung» dass das Zeitalter des HI. Geistes angebrochen sei, verkennt die Bedeutung des biblischen Pfingsten. Auch die «Geisttaufe» der «Charismatikern» stellt in mehrfacher Hinsicht ein fragwürdiges Ritual dar. Wurde vergessen, dass die von Jesus eingesetzte Taufe eine Geisttaufe ist. «Ich habe euch mit Wasser getauft» bekannte der Täufer, «er aber wird euch mit dem Heiligen Geiste und mit Feuer taufen» (Mt 1, 8).

Diese Taufe kann nicht überholt oder ergänzt werden. Sie muss nur mit allen in ihr enthaltenen Keimen zur Entfaltung gebracht werden, getreu dem Wunsch des HI. Paulus, «dass ihr in eurem Innern durch seinen Geist an Kraft und Stärke zunehmt, damit Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe fest gegründet und fest verwurzelt seid» (Eph 3,16f). Zu dieser Entfaltung, «zur Mannesreife, zum Vollalter Christi» und damit zum Trinken des lebendigen Wassers und seinem Überströmen (Joh 7, 37) werden wir nur gelangen, wenn wir nicht vergessen, dass die Taufe mehr ist als etwa die Aufnahme in die kirchliche Gemeinschaft. Sie ist zuerst ein Eintauchen in den Tod Christi. «Oder wisst ihr nicht, dass wir alle, die wir auf Christus getauft sind, auf seinen Tod getauft sind?» (Röm 6,3). Nur indem wir mit Christus «ans Kreuz geschlagen» werden, mit ihm sterben, ja «mit ihm begraben» werden, setzen wir die Vorbedingung für die Teilnahme an Seiner Herrlichkeit. So belehrt uns Paulus im 4. Kapitel des Römerbriefes.

Textfeld: Geistsendung (Reichenau, Urn 1020)
Wer die schmerzliche (und lebenslange) Phase der Taufe überspringen will, der gelangt mit Sicherheit nicht in sein persönliches Zeitalter des Heiligen Geistes. Das Erscheinungsbild des HI. Geistes, die Taube, lässt sich einfacher in moderner Stromlinienform darstellen als das harte, sperrige Kreuz. Aber die Wirklichkeit des Geistes ist nur über das Kreuz zu ersteigen. Nur, wenn wir mit Christus gestorben sind, werden wir auch, so glauben wir, an seinem Leben teilnehmen, (Röm 6, 8) das ist schlechthin ein, oder das Grundgesetz christlichen Wachsens und Reifens.

Ein neuer Pfingststurm

Diesem Wachstum ist —von Gott aus— keine Grenze gesetzt, weder in den vergangenen noch in kommenden.. Jahrhunderten des christlichen Äons, und wenn wir an den grossen Heiligen Mass nehmen, kann uns schwindlig werden. Und kleinmütig wären wir, wollten wir für die Zukunft eine herausragende Zeit der Heiligen und somit des HI. Geistes ausschliessen. Ein neuer Pfingststurm oder sagen wir richtiger: ein neues Entfachen des einen und gleichen Sturmes ist glühend zu erbitten, aber das bleibt im Rahmen des Gegebenen und Vorgesehenen, denn «das alles wirkt ein und derselbe Geist, der einem jeden zuteilt, wie er will» (1 Kor 12,11) aus der Fülle Christi, und ein neues Quasi-Sakrament erübrigt sich.

Es wäre aber völlig verfehlt, und gerade heute wirkt diese Gefahr, einen solchen christlichen Aufstieg der Geschichte von ihrem natürlichen Wellengang oder Pendelschwung zu erwarten, etwa nach dem Hegelschen Gesetz von These, Antithese und Synthese. Wenn der Begriff vom Übernatürlichen fehlt — damit ist auch die modische, tonangebende Theologie gemeint— muss jegliche Heilserwartung aus dem Eigenmenschlichen scheitern. Nur ein absoluter Neubeginn aus dem Ewigen, ein absolut neues Sein von oben kann den Menschen aus seiner Verlorenheit herausführen. Das Gebet der Kirche weiss es noch: »Sende aus deinen Geist, und alles wird neu geschaffen, und umgestaltet wird das Antlitz der Erde« —aber wieviele fassen das in seiner wahren Bedeutung auf? Der Geist Christi ist kein abstrakter Geist, kein objektiver Geist im Sinne Hegels, Geist einer Zeit, eines Volkes, eines Denkers, der sich wandeln muss, um lebendig zu bleiben. Er ist ganz und gar konkret, ER ist Person, ER ist der Heilige Geist. Ein wahrer Jammer kommt einen an, wenn man sieht, wie um den vermeintlichen Geist Christi gemarktet und gefeilscht und wie er mit Bruchstücken aus anderen Religionen und Weltanschauungen versetzt wird, um daraus eine neue Welt aufzubauen. Nein, Christi Geist, und das heisst christlicher Geist, ist nicht in Stücken zu haben und zu handeln, er ist nur als ganzer entgegenzunehmen oder überhaupt nicht. ER stellt uns in das Entweder-Oder, er ist so radikal, dass er vernünftigem Denken als Torheit erscheinen muss.

Allen aber, die Ihn aufnahmen, gab Er Macht, Kinder Gottes zu werden, —wer Ihn und Seinen Geist im Glauben aufnimmt, der steht im neuen Beginn, der erfährt eine neue Geburt. Jesus sagte es dem Nikodemus im nächtlichen Gespräch, dass jeder, der in das Reich
GOTTES eingehen will, wahrhaft neugeboren werden muss
aus dem Wasser und dem Heiligen Geist. Der Mensch ist in seinem natürlichen Sein ein Stück Welt; er ist eingebunden in die Welt und durch sie in unübersteigbare Grenzen verwiesen. Was er an eigenem Denken und Wollen mitbringen mag, über Welt und Welthaftes kommt er nie hinaus, wenn nicht der HI. Geist, der Schöpfergeist, ihn befreit und ihm göttliches Leben einhaucht. Nikodemus begreift nicht —wie sollte er auch! Begreifen wir? Und doch gibt es für diesen absoluten Neubeginn, diese wahrhaft neue Geburt, dieses Hinauswachsen über
die eigene Enge ein Gleichnis im Menschdasein selbst: die Liebe.

Da ist ein Mensch, aus bestimmten Voraussetzungen erwachsen, mit seinem Charakter, seinem Beruf, seinem Besitz. Das alles gehört für ihn zusammen, ist ein Ganzes: er selbst. Die anderen Menschen sind wieder etwas für sich; das, was drüben liegt; eben die anderen. Er wird rücksichtsvoll, freundlich, hilfsbereit gegen sie sein —immer aber wird das Bewusstsein zwischen ihm und ihnen stehen: Ich, nicht Du — Mein, nicht Dein. Erwacht aber in diesem Menschen die Liebe, dann geht etwas Merkwürdiges vor: Jene Schranke des Ich, nicht Du, des Mein, nicht Dein kommt ins Schmelzen. Nun bedarf es keines besonderen Hinübergehens mehr —er ist schon drüben. Das Seinige gehört dem andern; und was den andern berührt, berührt unmittelbar ihn, denn eine neue Einheit ist da. Sie ist nicht äusserlich geknüpft, aber auch nicht durch Vermischung zusammengeflossen, sondern geboren, und ihr Name heisst eben Liebe. So ähnlich ist es hier —doch nein, göttlich anders. GOTTES eigene Liebe, der Heilige Geist ist's, um den es sich handelt. Er schafft ein neues Dasein, jenes, worin der Mensch aus dem Göttlichen lebt und GOTT das Menschliche zu eigen genommen hat. Das ist in Christus grundgelegt, in welchem, durch den HI. Geist, der Sohn GOTTES Mensch geworden. Durch den Glauben aber, durch den Mitvollzug des Erlöserdaseins hat jedes Kind GOTTES Anteil daran. Das ist die Wiedergeburt und das aus ihr entspringende Leben. Und Cyrill von Jerusalem ruft aus: «Etwas Gross-Gewaltiges ist der HI. Geist, in seinen Gnadenerweisen etwas Allmächtiges und Wunderbares... Gleichwie das Licht mit einem einzigen Strahl alles erhellt, so erleuchtet der HI. Geist diejenigen, die Augen haben. Hat einer keine Augen und wird er der Gnade nicht gewürdigt, tadle er nicht den Geist, sondern seinen eigenen Unglauben.»

Sollten wir nicht in diesen Nächten der unheimlichen Finsternis miteinander und füreinander um den Strom des Lichtes und der Gnade bitten, der ausströmt vom Vater und vom Sohn, mit aller Kraft um den Tröster, der allein trösten, um den Helfer, der allein retten kann?! Vereinen wir uns «mit Maria, der Mutter Jesu!»

 

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