Christus
der Herr ist in Ewigkeit ohne Anfang beim Vater, und
doch darfst du heute fragen: Was ist? Es ist Geburtstag.
Wessen? Des Herrn. Hat er einen Geburtstag? Ja. Das Wort
im Anfang, Gott bei Gott, hat einen Geburtstag? Ja. Hätte
er nicht eine menschliche Geburt, so kämen wir nicht zu
einer göttlichen Wiedergeburt. Er ist geboren worden,
auf dass wir wiedergeboren würden. Keiner zweifle an
seiner Wiedergeburt! Christus ist geboren worden, und
ist geboren worden und wird nicht wiedergeboren werden.
Denn wem anders war eine Wiedergeburt vonnöten als dem,
dessen Geburt verflucht worden ist? Es geschehe also in
unseren Herzen sein Erbarmen. Die Mutter hat ihn im
Schosse getragen, tragen wir ihn im Herzen! Die Jungfrau
ist befruchtet worden durch die Menschwerdung Christi,
unser Inneres möge befruchtet werden durch den Glauben
an Christus. Sie hat den Heiland geboren, wir wollen
Lobpreis gebären. Wir dürfen nicht unfruchtbar sein,
wir müssen Frucht bringen für Gott!
Augustinus:
Predigt über
die
Geburt des Herrn
189,3
Die
Bedeutung der Erniedrigung für das
Menschengeschlecht
Hochaltarbild
(Ortenberg
Oberhessen, um 1415) |
Um
des Menschengeschlechtes willen wurde Gottes Sohn
aus der Jungfrau und dem Heiligen Geist geboren:
bei dieser Tat sein eigener Diener. Durch seine,
also durch Gottes überschattende Kraft liess er
die Anfänge seines Körpers wachsen und schuf er
den Beginn seines fleischlichen Wesens. Er
wollte Mensch werden und aus der Jungfrau das
Wesen des Fleisches in sich aufnehmen, und durch
die Einung dieser Beimischung sollte der Leib des
gesamten Menschengeschlechtes ein in ihm
geheiligtes Dasein gewinnen, damit alle nach
seinem Willen in ihn durch |
seine
Körperlichkeit eingegliedert würden und
umgekehrt er gerade durch das, was an ihm
unsichtbar ist, Beziehung zu allen gewinne.
Also Gottes unsichtbares Ebenbild hat die
Beschämung menschlichen Lebensanfanges nicht
verschmäht; es hat durch die Empfängnis und
Geburt, durch Wimmern und Wiege alle
Beschwerlichkeiten unserer Menschlichkeit
durchlaufen. Was könnten wir dem Erweis einer
solchen Würdigung Würdiges vergelten? Der eine
eingeborene Gott, unsagbaren Ursprungs aus Gott,
hat sich im Schoss der Jungfrau in die Gestalt
eines winzigen Menschenleibes hinein versenkt und
ist so herangewachsen. Der alles umfasst,
innerhalb dessen und durch den alles geschaffen
ist, wird ganz wie jeder Mensch zur Welt gebracht;
und er, bei dessen Wort die Erzengel und Engel
erzittern, Himmel und Erde und alle Grundstoffe
dieser Welt der Auflösung verfallen, ihn hört
man wimmern wie ein Kind. Der unsichtbar und
unerfasslich ist, der nicht durch Gesicht,
Empfinden, Getast ermessen werden kann, ist in
Windeln eingehüllt. Wenn einer das als Gottes
unwürdig erachten mag, wird er einer um so
grösseren Wohltat gegenüber sich zu Dank
verpflichtet fühlen, je weniger dies alles der
Erhabenheit eines Gottes angemessen erscheint.
Nicht jener bedurfte es Mensch zu werden, durch
den der Mensch geschaffen wurde; sondern wir waren
dessen bedürftig, dass Gott Fleisch wurde und
unter uns wohnte, durch die Annahme eines
fleischlichen Leibes allem Fleische insgesamt
innewohnte. Seine Niedrigkeit ist unsere
Vornehmheit, seine Schmach ist unsere Ehre; was
jener ist, der als Gott im Fleische Dasein
annimmt, das wiederum sind wir, aus dem Fleisch
heraus zu GOTT hin erneuert.
Hilarlus v. Poitiers: Über die Dreieinigkeit 2,24-25 |
Der
zeitweilige Verzicht auf göttliche Herrlichkeit
Nach
der durch GOTT und seine Propheten gegebenen Verheissung,
dass Er zur rechten Zeit dem Menschengeschlecht Seinen
Sohn als Erlöser senden werde, legte dieser, als die
Zeit erfüllt war, auf eine Weile Seine Herrlichkeit ab,
doch nicht seine Macht, verliess den Himmel und trat
unbemerkt als keuscher Gast in das Heiligtum des jungfräulichen
Tempels [Schosses],
das als seine Wohnstätte schon vorausgesagt war. Dort
gestaltete er sich so, wie er sein wollte. Ja, in der
Verborgenheit schreitet er zur Ausführung des Werkes,
über das er schon lange seine Bestimmungen getroffen.
Freiwillig ruht er im gesegneten Heim der Keuschheit. Im
Schoss der heiligen Jungfrau bereitet er sich einen
Leib, um nach seinem Ratschluss geboren zu werden. Dem
Menschen völlig angeglichen, birgt sich Gott in der Hülle
des Fleisches; er, der die Zeiten in Ewigkeit wandelt,
entleiht sein menschliches Leben von der Zeit. Was für
ein Wunder!
Maria
empfängt von dem, den sie gebiert.
Ihr Mutterschoss wird erfüllt von der
Maria
empfängt von dem, den sie gebiert.
Ihr Mutterschoss wird erfüllt von der [göttlichen]
Majestät, nicht durch menschliche Mitwirkung; eine
Jungfrau umschliesst ihn, den die Welt und ihre Fülle
nicht fasst. Während dieser Zeit bringen ihre Organe
ihren eigenen Schöpfer zur Entwicklung, und das
geschaffene Wesen [Maria]
bekleidet seinen eigenen Bildner mit menschlicher
Gestalt. Maria gebiert nicht im Schmerz, sondern in
Freude. Es wird ein Sohn geboren ohne Vater und doch
auch nicht ganz Sohn der Mutter; denn er verdankt es
sich selbst, dass er empfangen ward. Es war sein
Geschenk an die Mutter, dass aus ihr ein solcher Sohn
hervorging. Man würde nicht glauben, dass er von ihr
geboren sei, wäre nicht, wie sie nach der Empfängnis
Jungfrau war, es ebenso auch nach der Geburt geblieben.
Das
ist eine neue Weltordnung.
Durch die Liebe zu seinem Ebenbild lässt sich Gott
bestimmen, ein Kind zu werden, das da weint. Er, der
gekommen ist, die Schuld der ganzen Welt zu lösen, lässt
sich in Windeln wickeln. In die Krippe eines Stalles lässt
er sich legen, um anzuzeigen, dass er Hirt und Weide
sein werde für die Völker. Er, dessen Ewigkeit den
Begriff von Alter ausschliesst, unterwirft sich den
Stufen des Alters. Im Widerspruch mit seinem [göttlichen]
Bewusstsein nimmt er wie ein schwacher Mensch alle
Leiden auf sich; er tut es, damit dem Menschen, der dem
Gesetz des Todes verfallen war, die Unsterblichkeit
zuteil werde. Denn darin besteht die Macht Gottes, dass
er sein kann, was er nicht ist, und doch bleibt, was er
ist. Er ist unser Gott,
der gleich ewige Sohn des ewigen Vaters. Er ist Gott und
Mensch; denn er steht in der Mitte zwischen dem Vater
und den Menschen und zeigt in seinen Schwachheiten die
Wirklichkeit seines Fleisches, in seinen Wundertaten die
Wirklichkeit seiner Majestät... Er, der einmal
untergegangen ist, ist auch wieder auf gegangen, um nie
mehr unterzugehen. Ja, er ist es, den der Kranz der zwölf
Sterne, das heisst der zwölf Apostel, umgibt, den auf
der Umfahrt um die ganze Welt nicht vier stumme Tiere [=
die vier Pferde des Sonnenwagens],
sondern die vier Evangelien in ihrer heilbringenden Verkündigung
führen. Die Macht, die seinem Kleid und seinem Wagen
eigen ist, hat der Prophet ausgesprochen, wenn er sagt:
»Gott wird wie ein Feuer kommen, und sein Wagen wird
wie ein Sturmwind sein, um Rache zu nehmen in seinem
Zorne.« Zeno
v. Verona: Von der
Geburt
u. Majestät
des Herrn
Z/Ewig
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