Von
der Vereinigung unseres Willens mit dem Willen Gottes
Unsere
ganze Vollkommenheit besteht darin, unseren über alles
liebenswerten Gott zu lieben: die Liebe “ist das Band
der Vollkommenheit” (Kol 3, 14). Nun, unseren Willen
mit dem allheiligen Willen Gottes zu vereinigen: Das ist
die ganze Vollkommenheit der göttlichen Liebe. Die
hauptsächliche Wirkung der Liebe, so lehrt der hl.
Dionysius, ist genau dies: Die Vereinigung der Willen,
so daß bei denen, die sich lieben, nur mehr ein Wille
bleibt. Je mehr also eine Seele dem göttlichen Willen
geeint ist, um so größer wird ihre Liebe sein.
Ohne
Zweifel sind Gott die Abtötungen, die Betrachtungen,
die hl. Kommunionen, die Werke der Nächstenliebe
wohlgefällig; aber unter welcher Bedingung sind sie es?
Nur dann, wenn sie Seinen heiligen Willen als
Richtschnur haben. Wenn dagegen bei all diesen Werken
Sein heiliger Wille abwesend ist, so sagt man noch zu
wenig, wenn man sagt: Er nimmt sie nicht an. Vielmehr
sind sie Ihm ein Abscheu und Er bestraft sie. Stellen
wir uns zwei Diener vor: Der eine ist den ganzen Tag in
Bewegung, ohne einen Augenblick zu ruhen; aber er will
nur nach seinem Kopf handeln. Der andere macht sich
weniger Mühe, aber er gehorcht in allem. Wer von den
beiden wird seinem Meister gefallen? Sicherlich der
zweite und nicht der erste.
Wie
könnten unsere Werke denn zur Ehre Gottes dienen, wenn
sie nicht Seinem göttlichen Willen entsprechen würden?
Nicht Opfer verlangt Gott, sagt der Prophet zu Saul,
sondern die Ausführung Seines heiligen Willens. “Hat
der Herr Wohlgefallen an Brandopfern und Opfergaben? Hat
Er nicht vielmehr Wohlgefallen am Gehorsam gegenüber
Seiner Stimme? Ihm zu widerstehen kommt dem Verbrechen
des Götzendienstes gleich” (1 Kön 22, 23). Der
Mensch, der danach strebt, seinem Eigenwillen zu folgen,
ohne sich um den Willen Gottes zu kümmern, der begeht
eine Art von Götzendienst; denn anstatt den göttlichen
Willen anzubeten, ist es der eigene Wille, den er doch
irgendwie anbetet.
Die
größte Ehre also, die wir Gott geben können, ist
dies: daß wir Seinen heiligen Willen erfüllen. Unser
Erlöser ist auf diese Erde herabgekommen, um die Ehre
Seines Vaters wiederherzustellen. Durch Sein Beispiel
hat Er uns diese Lehre gegeben, die von allen die
wichtigste ist! Höre, wie der hl. Paulus Ihn zu Seinem
ewigen Vater sprechen läßt: “Nicht Opfer noch Gaben
hast Du gewollt; aber Du hast mir einen Leib gegeben:
Siehe, Gott, ich komme, um Deinen Willen zu erfüllen”
(Hebr 10, 5‑7). Du hast die Opfer, die die
Menschen Dir darbrachten, zurückgewiesen; Du willst, daß
ich den Leib hinopfere, den Du mir gegeben hast: Hier,
ich bin bereit, Deinen Willen zu erfüllen.
Daß
Er auf diese Erde gekommen ist, um allein den Willen
Seines Vaters zu erfüllen und nicht den Seinigen, dies
erklärt Er mehrere Male: “Ich bin vom Himmel
herabgestiegen, nicht um Meinen Willen zu tun, sondern
den Willen dessen, der Mich gesandt hat” (Joh 4, 38).
Welches Zeichen der Liebe gegenüber Seinem Vater wollte
Er der Welt geben? Dieses Zeichen der Liebe war Sein
Gehorsam gegenüber dem göttlichen Willen, der Ihm zum
Opfer am Kreuz für das Heil der Welt bestimmte. Er
sagte es im Ölgarten, als Er Seinen Feinden
entgegenging, die kamen, um Ihn zu ergreifen und zum
Tode zu führen: “Aber die Welt soll erkennen, daß
Ich den Vater liebe und so handle, wie Mir der Vater
aufgetragen hat. Stehet auf, wir wollen gehen” (Joh
14, 31). In gleich welchem Menschen will Er einen Bruder
erkennen, unter der einzigen Bedingung, daß dieser den
Willen Gottes tue: “Denn jeder, der den Willen Meines
Vaters im Himmel tut, der ist mir Bruder und Schwester
und Mutter” (Mt 12, 50).
Die
Heiligen haben niemals ein anderes Ziel vor Augen
gehabt, als den Willen Gottes zu erfüllen: Sie
verstanden sehr gut, daß die Vollkommenheit einer Seele
nicht anderswo liegt.
“Gott”,
sagte der sel. Heinrich Suso, “verlangt nicht, daß
wir große Erleuchtungen haben sollen; was Er will, das
ist eine totale Unterwerfung unter Seinen Willen.”
Die
hl. Theresia von Avila sagt: “Die einzige Absicht
dessen, der sich dem Gebet hingibt, muß die sein, mutig
daran zu arbeiten, seinen Willen dem Willen Gottes
gleichförmig zu machen. Seien wir überzeugt, daß
darin die höchste Vollkommenheit besteht, die man im
geistlichen Leben erreichen kann. Wer sich in dieser Übung
mehr hervortut, wird von Gott größere Gunsterweise
empfangen und wird in seinem inneren Leben schneller
vorwärts kommen.”
Die
sel. Stephanie von Sozino, eine Dominikanerin, wurde
eines Tages im Geist in den Himmel entrückt. Sie traf
dort, im Chor der Seraphim, mehrere Personen, die sie
gekannt hatte, und es wurde ihr gesagt, daß diese
Seelen jenes Obermaß an Glorie verdient hätten wegen
der vollkommenen Vereinigung ihres Willens mit dem
Willen Gottes, den sie schon auf Erden gehabt hatten.
Der
schon erwähnte seL Heinrich Suso sagte selbst von sich:
“Ich möchte lieber das kleinste Würmchen sein durch
den Willen Gottes als ein Seraph durch meinen eigenen
Willen.”
Um
hier unten den lieben Gott lieben zu lernen, müssen wir
uns in die Schule der Himmelsbewohner begeben. Ihre
reine und vollkommene Liebe zu Gott fällt zusammen mit
ihrer vollkommenen Vereinigung mit dem Willen Gottes.
Die Seraphim würden mit größter Freude alles tun, was
Gott ihnen befehlen würde, und seien es auch die
einfachsten Dienste.
So
hat uns auch Jesus Christus gelehrt, in unserem Gebet
die Gnade zu erflehen, den Willen Gottes auf Erden zu
erfüllen, so wie ihn die Heiligen im Himmel erfüllen:
“Dein Wille geschehe wie im Himmel, also auch auf
Erden.”
Der
Herr nennt David einen Mann nach Seinem Herzen, weil er
den göttlichen Willen ausführte: “Ich habe David als
einen Mann nach meinem Herzen erfunden, der all meinen
Willen vollführen wird.” David hielt sich gegenüber
dem göttlichen Willen zur Verfügung und er beweist es
durch manche Aussprüche: “Mein Herz ist bereit, o
Gott, mein Herz ist bereit” (Ps 56, 8; 107, 2). Sein
einziges Gebet war dieses: “Herr, lehre mich Deinen
Willen tun!” (Ps 122, 10). Ein Akt der vollkommenen
Unterwerfung und der Vereinigung mit dem göttlichen
Willen genügt, um einen Heiligen zu machen.
Saulus
war auf dem Wege, um die Kirche zu verfolgen. Jesus
Christus erleuchtet und bekehrt ihn. Was macht Saulus,
was sagt er? Nur ein Wort: “Herr, was willst Du, das
ich tun soll?” Und siehe da, der Herr beruft ihn zum
auserwählten Gefäß, d. h. zum Werkzeug nach Seiner
Wahl und zum Apostel der Heiden: “Dieser Mann ist mir
ein Werkzeug, das Ich auserwählt habe, um den Heidenvölkern
Meinen Namen zu verkünden.”
Ja,
weil dieser Gott seinen Willen gibt, schenkt er Ihm
alles. Denn durch Almosen gibt man Ihm seinen Besitz,
durch die Geißelung sein Blut, durch Fasten seine
Nahrung und damit gibt man Ihm nur einen Teil von dem,
was man hat. Aber Ihm seinen Willen geben, das heißt,
Ihm alles geben, sich selbst geben. Von da an hat man
das Recht zu sagen: “Herr, ich bin arm, aber ich gebe
Dir alles, was ich kann: Mein Wille gehört Dir, ich
kann Dir nicht mehr geben.”
Das
ist genau dieses “Alles”, was Gott von einem jeden
von uns verlangt: “Kind, gib Mir dein Herz” (Spr 23,
26), d. h. gib Mir deinen Willen.
Zu
Recht sagt Augustinus: “Nein, nein, wir können kein
angenehmeres Opfer bringen, das Seinem Herzen teurer wäre,
als wenn wir zu Ihm sagen: ,Besitze uns, Herr. Wir überlassen
Dir unseren Willen; lasse uns wissen, was Du von uns
erwartest und wir werden es ausführen.’”
Wenn
wir also das Herz Gottes vollkommen zufriedenstellen
wollen, so müssen wir dahin kommen, uns in allem dem
Willen Gottes gleichförmig zu machen. Oder noch besser
gesagt: Wir müssen unseren Willen mit allem vereinen,
was Gott verfügt. Die Gleichförmigkeit schließt in
sich den Gedanken, daß wir unseren Willen in Übereinstimmung
mit dem Willen Gottes bringen. Aber diese Vereinigung
des Willens geht noch weiter: Sie bedeutet, daß wir aus
dem Willen Gottes und unserem Willen nur noch einen
einzigen Willen machen, derart und so gut, daß wir
nichts wollen, wenn Gott es nicht will, und so der Wille
Gottes allein zu unserem Willen wird. Das ist der Gipfel
der Vollkommenheit. Das ist das Ziel, zu dem alle unsere
Wünsche, unsere Werke, unsere Betrachtungen, unsere
Gebete hinstreben müssen.
Und
um dies zu erreichen, müssen wir die Hilfe unserer
heiligen Patrone, unserer Schutzengel und vor allem die
Hilfe der Gottesmutter anflehen; denn sie war die
vollkommenste unter allen Heiligen und zwar aus dem
Grunde, weil sie immer und mit einer unvergleichlichen
Vollkommenheit den Willen Gottes umfaßt hat.
Die
Schwierigkeit liegt darin, daß man in allen
Schwierigkeiten den Willen Gottes gut annimmt, ob diese
Ereignisse unseren natürlichen Wünschen entsprechen
oder ob sie ihnen entgegengesetzt sind. In den glücklichen
Ereignissen können es selbst Sünder fertigbringen,
keinen anderen Willen zu haben als den Willen Gottes.
Die Heiligen aber bringen dies fertig (keinen anderen
Willen zu haben als den Willen Gottes) gleichermaßen
auch in jenen Dingen, die sich uns widersetzen und
unserer Eigenliebe mißfallen. Und gerade darin kann man
die Vollkommenheit unserer Liebe zu Gott erkennen.
Gemäß
einem Wort des sel. Johannes von Avila “hat ein
einziges ,Gott sei gepriesen', in Widerwärtigkeiten
ausgesprochen, mehr Wert als tausend Danksagungen in den
Stunden, wo uns alles gelingt.”
Übrigens
müssen wir unseren Willen mit dem göttlichen Willen
nicht nur in den Widerwärtigkeiten vereinen, die uns
direkt von Gott her kommen, wie z.B. Krankheiten,
geistliche Trostlosigkeit, Armut, Trauerfälle und
andere ähnliche Dinge; sondern auch in den Übeln, die
uns von den Menschen her zukommen wie z. B. Verachtung,
Verleumdung, Ungerechtigkeiten, Diebstahl und schlechtes
Vorgehen aller Art.
Hierbei
muß man verstehen, daß Gott nicht die Sünde dessen
will, der unserem Ruf schadet, unserer Ehre, unseren Gütern;
Gott will aber unsere Verdemütigung, unsere Armut,
unsere Abtötung. Es ist gewiß, daß alles, was in der
Welt geschieht, nur geschieht durch den Willen Gottes (=
der Zulassung Gottes). “Ich bin der Herr, Ich forme
das Licht und Ich schaffe die Finsternis; Ich bringe den
Frieden und schaffe die Übel” (Is 45, 6‑7).
Von
Gott kommt alles Gute und kommen alle Übel; die Übel,
d. h. die Dinge, die uns widerwärtig sind, und die wir
Übel nennen — aber zu Unrecht — denn in
Wirklichkeit sind es für uns Güter, wenn wir sie aus
der Hand Gottes annehmen. “Gibt es ein Übel in der
Stadt, ohne daß der Herr es hervorgebracht?” fragt
der Prophet Amos. Und der Weise hat es schon vor ihm
gesagt: “Die Güter und die Übel, das Leben und der
Tod kommen von Gott” (Weish 11, 14).
Es
ist wahr, wie ich es schon gesagt habe, daß, wenn ein
Mensch uns ungerecht angreift, Gott nicht die Sünde
will, die dieser begeht, und daß Gott Seine Mithilfe
nicht zur Bosheit Seines Willens leiht. Aber Gott wirkt
mit durch Seine allgemeine Mitwirkung an der materiellen
Handlung dessen, der euch schlägt, euch bestiehlt, euch
Unrecht tut; und dabei ist dies gewiß so, daß Er will,
daß ihr Unrecht erleidet und daß Seine Hand es euch
schickt.
So
erklärte der Herr David, daß Er (materiell) der
Urheber der Beleidigungen war, mit denen Absalom ihn
beleidigen wollte — dieser ging sogar so weit, sein
Haus unter seinen Augen zu entehren — und dies zur
Strafe für die Sünden Davids. Ebenso kündigte Gott
den Israeliten an, daß Er ihnen, zur Strafe ihrer
Bosheiten, die Assyrer schicken würde, um sie auszuplündern
und sie zu ruinieren: “Assur ist die Zuchtrute Meines
Zornes.”
“Die
Grausamkeit der Assyrer war”, gemäß der Erklärung,
die Augustinus gab, “die Racheaxt in den Händen des
Herrn, das Instrument, dessen Er sich bediente, um
Israel zu züchtigen.”
Christus
selber sagte zum hl. Petrus, daß Sein Leiden und Sein
Tod weniger das Werk der bösen Menschen waren als das
des Vaters: “Soll Ich den Kelch nicht trinken, den Mir
der Vater gegeben hat?”
Als
ein Bote kam — man sagt, es sei der Teufel selber
gewesen —, um Job anzukündigen, daß die Sabbäer ihm
alle Herden weggenommen hatten, und daß seine Söhne
umgekommen waren, was antwortete da der heilige Mann? Er
sagte: “Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es
genommen.” Er sagt nicht: Der Herr hat mir Söhne und
Güter gegeben, die Sabbäer haben mich ruiniert, und
ein unvorhergesehener Unfall hat mich meiner Kinder
beraubt, sondern er sagte: “Der Herr, der mir alles
gegeben hat, hat mir alles genommen”, weil er
verstand, daß sein Unglück vom Herrn gewollt war. So fügt
er denn auch hinzu: “Wie es dem Herrn gefallen hat, so
ist es gekommen; der Name des Herrn sei gebenedeit”
(Job 1, 21).
Man
darf also die Übel, die uns bedrücken, nicht für
einfache Wirkungen des Zufalls halten, noch für
einfache Wirkungen des schlechten Willens der Menschen.
Zögern wir nicht, darin Seinen göttlichen Willen zu
erkennen.
Der
hl. Augustinus erinnert uns daran: “Alles, was auf
dieser Erde gegen unseren Willen geschieht, kommt nur
durch den Willen Gottes.”
Epiktet
und Astion, glückliche Märtyrer für Christus, der
Folter unterworfen durch den Tyrannen, vielfach gequält,
wiederholten immer wieder: “Herr, Dein Wille möge
sich an uns erfüllen!” Als sie am Ort der Todesstrafe
ankamen, riefen sie mit lauter Stimme: “Sei gepriesen,
o ewiger Gott, weil sich an uns Dein Wille ganz erfüllt
hat!”
Cäsarius
berichtet von einem Ordensmann, den offenbar nichts von
den anderen unterschied, der aber doch einen solchen
Grad an Heiligkeit erreicht hatte, daß der einfache
Kontakt mit seinen Kleidern die Kranken heilte. Erstaunt
über dieses Wunder bei einem Mann, dessen Leben nicht
beispielhafter war als das der Allgemeinheit der Mönche,
bat ihn der Superior eines Tages selbst um den Grund für
seine Wunderkraft. Der Ordensmann antwortete, daß er
selbst als erster darüber erstaunt sei, und daß er
nicht wüßte, warum. “Aber welche besonderen Andachtsübungen
praktizieren Sie?” fragte der Abt. “Ich mache”,
antwortete der gute Mönch, “nichts anderes als die
anderen oder sehr wenig: Ich bin darin sehr gewissenhaft
gewesen, nur das zu wollen, was Gott will, und der Herr
hat mir diese Gnade gegeben, meinen Willen vollkommen
ergeben zu halten in Seinem Willen. Deshalb erhebt mich
die Gunst nicht und drückt mich die Widerwärtigkeit
nicht nieder; denn ich empfange jede Sache aus der Hand
Gottes, und in allen meinen Gebeten suche ich nichts
anderes als nur dies: daß sich der Wille Gottes
vollkommen an mir erfülle.”
“Und
das Unrecht, das uns in den vergangenen Tagen ein
feindseliger Mensch angetan hat, der, um uns unsere
Mittel zum Lebensunterhalt zu nehmen, Feuer an unseren
Hof legte, in dem unsere Ernten und unser Vieh waren;
hattet Ihr darüber gar kein Mißfallen?” — “Nein,
mein Vater; ganz im Gegenteil, ich habe Gott dafür
gedankt, wie ich es bei ähnlichen Unfällen zu tun
pflege. Ich weiß, daß Gott nichts tut oder nichts
erlaubt außer zu Seiner Ehre und zu unserem größeren
Nutzen: dadurch bin ich, was immer auch kommen mag,
immer zufrieden.” Der Abt wunderte sich nun nicht mehr
über die Wundergabe des Mönchs.
Wer
so handelt, der wird gewiß ein Heiliger. Darüber
hinaus aber erfreut er sich eines unveränderlichen
Friedens. Eines Tages fragte man den König von Aragon,
Alfons V., welches seiner Meinung nach der glücklichste
Mensch auf Erden sei. “Das ist”, antwortete der König
sehr weise, “derjenige, der sich dem Willen Gottes überläßt
und alles aus der Hand Gottes empfängt, die Übel
ebenso wie die Güter.”
“Alle
Dinge gereichen denen zum Besten, die Gott lieben” (Röm
7, 28). Die wahren Freunde Gottes sind immer zufrieden,
denn bis hinein in die Widerwärtigkeiten begegnen sie
ihrer einzigen Freude, die darin besteht, den göttlichen
Willen zu erfüllen. Selbst die Prüfungen werden für
sie zu Genugtuungen; denn sie nehmen sie an in dem
Gedanken, daß sie damit das Herz ihres vielgeliebten
Herrn erfreuen: “Bei allem, was ihm zustößt, ist für
den Gerechten nichts ein Gegenstand der Betrübnis” (Spr
12, 28).
In
der Tat, kannst du dir eine vollkommenere Zufriedenheit
vorstellen als die eines Menschen, der sieht, daß alles
nach seinem Wunsche geschieht? Nun, dieses Glück findet
sich bei dem Menschen, der nur will, was Gott will, da
nichts in der Welt geschieht, die Sünde ausgenommen,
als das, was Gott will (= zuläßt).
Für
die gottergebenen Seelen gilt das Wort Salviens: “Sind
sie in der Demütigung, so ist die Armut ihre Wonne! Wie
soll man sie nicht schon hier unten glücklich preisen!
Mag kommen Kälte, Wärme, Regen oder Wind; derjenige,
der dem Willen Gottes geeint ist, wird sagen: Ich will,
daß es kalt ist, daß es warm ist, daß es regnet, daß
es windig ist, weil Gott es ebenso will. Mag kommen
Armut, Verfolgung, Krankheit, selbst der Tod, so wird er
immer noch sagen: Ich will arm sein, verfolgt, krank,
ich will sterben, weil Gott es so will.”
Das
ist die strahlende Freiheit, deren die Kinder Gottes
sich erfreuen und die sie über alle Herren und Könige
der Erde erhebt. Das ist dieser tiefe Friede, den die
Heiligen verkosten, “der alles Begreifen übersteigt”
(Phil 4, 7). Was sind dagegen die Sinnesfreuden, die
Feste, die Bankette, die Ehren, in einem Wort: die
Befriedigung, die die Welt bieten kann, diese weltlichen
Freuden, die ebenso leer wie hinfällig sind! Denn sie
hinterlassen letztlich nur Betrübnis in den Tiefen der
Seele, wenn sie auch kurze Zeit der Sinnlichkeit
schmeicheln. Der wahre Sitz der Zufriedenheit ist in den
Tiefen der Seele und nicht in den Sinnen. So sagt
Salomon, nachdem er alle Freuden der Erde erschöpft
hatte, seine Langeweile aus: “Alles dies ist nur
Eitelkeit und Betrübnis des Geistes.”
“Der
Törichte”, sagt der Heilige Geist, “wechselt wie
der Mond, während der Gerechte in seiner Weisheit fest
bleibt, sich selbst gleich wie die Sonne.” Der Törichte,
d. h. der Sünder, wechselt wie der Mond, der heute
zunimmt und morgen abnimmt; heute seht ihr ihn lachen
und morgen weint er; heute ist er die Sanftmut in
Person, morgen wird er ein Tiger an Wut sein. Warum
dies? Weil seine Ruhe von den jeweiligen Ereignissen abhängt,
die aufeinanderfolgen, die bald angenehm, bald ärgerlich
sind. Die Wechselfälle des Lebens ziehen ihn in diese
Veränderungen hinein. Der Gerechte dagegen gleicht der
Sonne: Ihr findet bei ihm immer eine gleichbleibende
Freundlichkeit, was immer ihm auch zustößt. Und dies
ist deshalb so, weil er seine Zufriedenheit darin
findet, sich mit dem göttlichen Willen zu vereinigen,
und von daher erfreut er sich eines Friedens, den nichts
trüben kann.
Die
Engel haben es den Hirten verkündet: “Und auf Erden
Frieden den Menschen, die guten Willens sind.” Nun,
welches sind diese Menschen, die guten Willens sind,
wenn nicht die, die sich immer vereint halten mit dem
Willen Gottes, welcher gut ist und höchst vollkommen?
Ja, “was der Wille Gottes ist, was gut, was wohlgefällig,
was vollkommen ist” (Röm 12, 2); denn nichts kann von
einer hervorragenderen Güte und Vollkommenheit sein,
als das, was von Gott gewollt ist!
Die
Heiligen haben auf dieser Erde in Vereinigung mit dem göttlichen
Willen ein vorweggenommenes Paradies gefunden. Darin
lag, nach dem Zeugnis der hl. Dorothea, das Geheimnis
der alten Väter, niemals die sanfte Ruhe zu verlieren:
Sie empfingen jedes Ding aus der Hand Gottes. Man hörte
nur dieses Wort: “der Wille Gottes”, als die hl.
Magdalena von Pazzi in einer Vision ganz entrückt war.
Sicher
ist es nicht so, daß die Widerwärtigkeiten, die uns
begegnen, uns nicht zusetzen würden. Aber dies Leiden
geht im niederen Teil der Seele vor sich; im höheren
Teil der Seele wird trotzdem der Friede und die
Heiterkeit herrschen, sobald unser Wille mit dem Willen
Gottes vereint ist. “Ich bin betrübt und doch immer
getröstet”, sagt der Apostel Paulus.
“Nichts
wird eure Freude von euch nehmen” (Joh 16, 22), sagte
der göttliche Erlöser zu Seinen Aposteln. Und Er sagte
ihnen noch: “Eure Freude wird vollkommen sein” (Joh
14, 24). Derjenige, der in einer fortwährenden
Vereinigung mit dem Willen Gottes lebt, der besitzt eine
vollkommene und immerwährende Freude; denn nichts fehlt
ihm, was er will, wie wir es oben erklärt haben. Es ist
eine fortwährende Freude, weil niemand sie ihm entreißen
kann; denn, was Gott beschlossen hat, das tritt ein und
niemand kann es verhindern.
Der
Pater Johannes Tauler erzählt diese Begebenheit, die
ihm selbst zustieß. Schon seit Jahren hatte er den
Herrn gebeten, ihm jemanden zu schicken, der ihn das
wahre geistliche Leben lehre. Eines Tages hörte er eine
Stimme, die zu ihm sagte: “Geh in diese Kirche, und du
wirst den finden, den du suchst.” Er gehorchte, und an
der Pforte der Kirche begegnete ihm ein Bettler, barfuß,
in Lumpen. “Guten Tag, mein Freund”, so begrüßte
er ihn. “Meister”, antwortete der Arme, “ich
erinnere mich nicht, jemals einen schlechten Tag gekannt
zu haben.” Der Pater antwortete: “Gott möge Ihnen
ein glückliches Leben geben!” —
“Ich
war nie unglücklich”, sagte der Bettler ... und er fügte
hinzu: “Hört, mein Vater, nicht ohne Grund habe ich
zu Euch gesagt, daß ich niemals einen schlechten Tag
gekannt habe. Denn, als ich Hunger hatte, lobte ich
Gott; als es regnete oder schneite, pries ich Ihn; wenn
man mich verachtet, wenn man mich davonjagt, wenn ich
irgendwelche andere Mißgunst empfinde, so lasse ich es
nicht daran fehlen, dafür meinem Gott die Ehre zu
geben. Ich habe Euch auch gesagt, daß ich nie unglücklich
gewesen bin, und dies ist ebenfalls wahr; denn ich habe
die Gewohnheit, alles zu wollen, was Gott will, ohne
Vorbehalte. Also alles, was mir zustößt, sei es süß
oder bitter, ich empfange es mit Freuden aus der Hand
Gottes als das, was für mich am Besten ist. Das ist es
also, was mein ganzes Glück ausmacht.” — “Und
wenn Er jemals wollen sollte, was nicht geschehen soll,
daß Ihr verdammt würdet, was würdet Ihr da wünschen?”
—
“Wenn
Gott das wollte, so habe ich zwei Arme, mit denen ich
Ihn umfangen würde: die Demut und die Liebe, und ich würde
Ihn so fest ergreifen, daß Er, wenn Er mich in die Hölle
stürzen wollte, gezwungen wäre, mit mir zu kommen.
Nun, es wäre für mich süßer, mit Ihm in der Hölle
zu sein als ohne Ihn die ganzen Wonnen des Himmels zu
verkosten.” — “Wo habt Ihr Gott gefunden?” —
“Ich
habe Ihn da gefunden, als ich alle Geschöpfe ließ.”
— “Aber, wer bist Du eigentlich?” — “Ich bin
ein König.” — “Wo ist dein Reich?” — “In
meiner Seele, wo ich alles gut in Ordnung halte: die
Leidenschaften sind der Vernunft unterworfen und die
Vernunft ist Gott unterworfen.” Schließlich fragte
Tauler, was ihn zu einer solch hohen Vollkommenheit geführt
hätte. “Die Stille”, antwortete er, “die Stille
gegenüber den Menschen, damit ich mit Gott sprechen
konnte ... und die Vereinigung mit meinem vielgeliebten
Herrn: In Ihm habe ich den Frieden gefunden und in Ihm
finde ich ihn für immer.”
Um
es kurz zusammenzufassen: Dieser Bettler wurde das, was
er war, in der Vereinigung mit dem göttlichen Willen,
und er ist sicher bei all seiner Armut reicher als die
reichen Könige, und er ist glücklicher in all seinen
Prüfungen, als es die Weltmenschen mit all ihren
Freuden im größten Glück sind.
O
was für eine große Torheit ist es, sich nicht dem
Willen Gottes zu unterwerfen! Die Prüfungen muß man
trotzdem erleiden. Nichts wird die Ausführungen der
Beschlüsse Gottes verhindern, denn “wer kann sich
Seinem Willen widersetzen?” (Röm 9, 19). Und zudem,
man leidet dann ohne Verdienst, man zieht sich selbst
die schlimmsten Strafen für das andere Leben zu,
abgesehen von der Ungeduld und dem Unwillen, die man
dabei erleidet. “Wer hat sich Gott widersetzt und ist
im Frieden geblieben?” (Job 9, 4).
Was
ist mit dem Kranken, der in seinem Leiden nicht aufhört,
Schreie der Auflehnung auszustoßen, was mit dem Armen,
der in seinem Elend wider die göttliche Vorsehung
murrt, in Wut gerät und seine Lästerungen vervielfältigt?
Was gewinnt er bei all dem, wenn nicht dies, daß er
sein Unglück verdoppelt? “Armes Geschöpf”, sagte
der hl. Augustinus, “warum verirrst du dich auf der
Suche nach dem Glück? Liebe und suche das einzige Gut,
in dem alle anderen Güter enthalten sind!” — Alles
Suchen nach dem wahren Glück außerhalb deines Gottes
ist vergeblich. Finde Gott, vereinige dich mit Ihm, und
du wirst immer glücklich leben in dieser Welt und in
der anderen.
Und
schließlich, was will unser Gott denn anderes als unser
Glück? Wen könnten wir finden, der für uns mehr
Zuneigung hätte als Er? Von Seinem Willen her gesehen
gibt es nur dieses: daß keiner verloren gehe, daß alle
gerettet werden und Heilige werden. “Er will nicht, daß
auch nur einer verloren geht, sondern, daß alle zur Buße
gelangen: Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung” (2
Petr 3, 9; 1 Thess 4, 3).
Gott
sieht Seinen Ruhm darin, uns glücklich zu machen. In
der Tat, Gott ist von Natur aus die unendliche Güte.
Der hl. Leo sagt uns dies: “Nun, es ist der Güte
eigen, sich zu verströmen. Gott hat also den höchsten
Wunsch, den Seelen Seine Reichtümer und Seine Glückseligkeit
mitzuteilen. Zweifelsohne schickt Er uns in diesem Leben
auch Trübsale, aber einzig zu unserem Nutzen.” —
“Alles gereicht uns zum Besten” (Röm 8, 28). Seine
Züchtigungen haben nicht unseren Ruin zum Ziel, sondern
unsere Aufrichtung und unser Heil. Mit der Heldin Judith
“glauben wir, daß uns alles zustößt zu unserer
Besserung und nicht zu unserem Verderben” (Jdt 8, 27).
Um
uns von den ewigen Übeln zu befreien, hüllt uns Gott
in Sein Wohlwollen ein. “Herr, Deine Liebe umgibt mich
wie ein Schild.” Er wünscht nicht nur unser Heil, Er
trägt auch Sorge dafür. “Du bist mein Helfer und
mein Befreier” (Ps 39, 18). “Was könnte uns Gott
verweigern, da Er uns Seinen einzigen Sohn gab?” sagte
der hl. Paulus. “Er, der Seinen eigenen Sohn nicht
schonte, sondern Ihn für uns alle dahingab, wie sollte
Er uns mit Ihm nicht alles schenken?” (Röm 8, 23).
Bei allem, was uns zustößt, versäumen wir nicht zu
sagen: “Ich schlafe und werde im Frieden ruhen, denn
Du, o Gott, läßt mich in Sicherheit wohnen” (Ps 4,
9‑10).
Denken
wir an Gott, bemühen wir uns, Seinen heiligen Willen zu
erfüllen, und Er wird sich für uns bemühen und wird
unsere Interessen nicht vernachlässigen. Der Herr sagte
eines Tages zu Katharina von Siena: “Meine Tochter,
denke an Mich, und Ich werde immer an dich denken.”
Haben wir auf unseren Lippen das Wort der heiligen
Braut: “Mein Vielgeliebter ist mein und ich bin
Sein.” — “Derjenige, den ich liebe, möge an das
denken, was ich brauche. Ich will mich mit nichts
anderem beschäftigen, als Ihn zufriedenzustellen und
mich mit Ihm in all Seinen heiligen Wünschen zu
vereinigen” (Hld 2, 16).
Der
hl. Abt Nil bemerkt, daß unsere Gebete nicht dazu
dienen dürfen, von Gott den Erfolg zu erbitten, den wir
für uns wünschten, sondern daß wir erlangen, daß
sich der Wille Gottes an uns erfülle. Und wenn uns
Widerwärtigkeiten zustoßen, dann nehmen wir sie an,
nicht nur mit Geduld, sondern sogar mit Freude. Ahmen
wir die Apostel nach, die “freudig vom Hohen Rat
weggingen, weil sie gewürdigt worden waren, für den
Herrn zu leiden” (Apg 5, 41).
Ja,
wenn uns eine Prüfung trifft, die wir mit gutem Herzen
tragen, so verschaffen wir Gott die größte Freude, die
wir Ihm bereiten können. Ist dies kein großer Trost für
die Seele im Leiden? Die Lehrer des geistlichen Lebens
belehren uns, daß Gott ohne Zweifel den Wunsch frommer
Seelen, leiden zu dürfen, annimmt. Aber, Er hat noch größeren
Gefallen daran, wenn unser Wille mit dem Seinigen
vereint ist: weder Freuden noch Leiden wollen, sich ohne
Vorbehalt Seinem heiligen Willen überlassen, ohne jeden
Wunsch als den: daß nur das geschieht, was Gott will.
Wenn
eine gläubige Seele danach strebt, Gott zu gefallen und
schon hier auf Erden das wahre Glück kennenlernen will,
dann muß sie sich in allem mit dem Willen Gottes
vereinigen. Bedenke nun folgendes: Die Fehler deines
bisherigen Lebens, die Schicksalsschläge und die
Bitternisse haben keine andere Ursache als das Nicht-Übereinstimmen
mit dem Willen Gottes. Von heute an binde dich mit
ganzem Herzen an den göttlichen Willen, und zu allem,
was dir auch zustoßen mag, sage entschieden: “Ja,
mein Vater, so soll es geschehen, weil es Dir so
gefallen hat.” Wenn du dich durch irgendein Ereignis
betrübt fühlst, so denke daran, daß es von Gott verfügt
worden ist, sage ohne zu zögern: “Gott will es so”
und bleibe im Frieden.
Ich
schweige, ich öffne nicht meinen Mund, weil Du es gefügt
hast, weil Du dieses Ereignis herbeigeführt hast, ich
will nicht widersprechen, sondern nehme es an aus Deiner
Hand.
Auf
dieses einzige Ziel müssen sich deine Gebete und
Gedanken richten, darauf mußt du hinarbeiten, das mußt
du unablässig von Gott erflehen: in der Betrachtung,
bei der hl. Kommunion, beim Besuch des Allerheiligsten:
daß Er dich Seinen Willen tun lasse. Laß es nicht
daran fehlen, das Opfer deiner selbst ohne Unterlaß zu
erneuern, indem du sagst: “Mein Gott, da bin ich, verfüge
über mich und all das Meinige nach Deinem Gutdünken.”
Das war die fortwährende Beschäftigung der hl.
Theresia: Oft am Tage bot sich die Heilige dem Herrn an,
daß Er über sie verfüge, wie es Ihm gefallen würde.
Du
wirst glücklich sein, wenn du immer so handelst. Deine
Heiligkeit ist dann sichergestellt, du wirst mit einem
zufriedenen Herzen leben, und dein Tod wird noch sanfter
sein als dein Leben. Wenn ein Christ in die andere Welt
hinübergeht, was gibt ihm dann eine größere oder
geringere Hoffnung auf das ewige Heil? Der Grad der
Hoffnung hängt davon ab, ob die Ergebung in den göttlichen
Willen geringer oder größer war.
Mein
lieber Bruder, liebe Schwester, wenn du die Ereignisse
des Lebens gut angenommen hast, als von Gott geschickt,
dann wirst du auch dem Tode gerne die Arme öffnen, um
den Willen Gottes zu erfüllen.
Liefern
wir uns also mit einer rückhaltlosen Hingabe dem
Wohlgefallen unseres göttlichen Herrn aus; Er ist
unendlich liebend, Er hat Sein Leben für uns
hingegeben; also will Er auch immer, was das Beste für
uns ist. Seien wir noch einmal recht davon überzeugt
wie der hl. Basilius, daß Gott unser Leben zu unserem
Vorteil regiert, besser, als wir selbst es tun oder wünschen
könnten.
Kommen
wir nun zum praktischen Teil. Sehen wir nun im
einzelnen, worin wir unseren Willen dem göttlichen
Willen vereinigen müssen.
Wir
dürfen nur einen einzigen Willen mit Gott zusammen
haben in allem, was uns der Naturablauf bringt: außerordentliche
Hitze, sehr strenge Kälte, Regen, Mißernten und
dergleichen. Hüten wir uns dann vor solchen Ausdrücken:
“Welch unerträgliche Hitze, welch schreckliche Kälte,
welcher Kummer, welches traurige Schicksal, welche Zeit
des Unglücks”, und andere Reden dieser Art, die einen
Widerwillen ausdrücken in Hinsicht auf die Fügung
Gottes, auf den Willen Gottes. Wir müssen jede Sache
wollen, so wie sie Gott schickt; denn es gibt nichts,
was von Gott nicht verfügt ist!
Als
der hl. Franz von Borgia nachts, als es schneite, bei
einem Ordenshaus ankam, klopfte er mehrmals an die Türe,
aber es öffnete niemand. Als der Tag gekommen war,
brachte man ihm das lebhafteste Bedauern zum Ausdruck,
daß man ihn im Freien hatte warten lassen. Aber der
Heilige sagte, daß er während dieser Stunden eine süße
Tröstung empfunden habe bei dem Gedanken, daß Gott es
war, der ihm die Schneeflocken auf die Schultern fallen
ließ.
Wir
müssen uns dem Willen Gottes in allem vereinigen, was
uns im Inneren unserer selbst erreicht, wie die Leiden
des Hungers, des Durstes, der Armut, der Trostlosigkeit,
der Verdemütigungen. Dies sind ebenso viele
Gelegenheiten, immer wieder zu sagen: “Herr, handle so
oder so, nach Deinem Gutdünken, ich bin immer
zufrieden, ich will nur, was Du willst.”
Bei
dieser Gelegenheit rät uns der Pater Rodriguez, was wir
bei den Gelegenheiten antworten sollen, bei denen der Dämon
manchmal unserem Geist etwas vorgaukelt, um uns in
irgendeinen inneren Fehler hineinzuziehen: “Wenn
dieser oder jener dieses oder jenes Wort an dich
richtet, was wirst du sagen, was wirst du tun? Wir
sollen nur eine Antwort haben: Ich werde das sagen oder
tun, was Gott will.” So werden wir weder einen Fehler
machen, noch wird eine Unruhe über uns kommen.
Haben
wir irgendeinen natürlichen Fehler, geistig oder körperlich,
ein schlechtes Gedächtnis, eine lahme Intelligenz,
einen Mangel an Behendigkeit, eine gebrechliche
Gesundheit: Beklagen wir uns nicht. Welches Recht haben
wir denn auf einen erhobeneren Geist oder auf einen
besseren Körper? Oder welche Verpflichtung hatte Gott,
sie uns zu geben? Wenn Gott uns freigebig etwas zuteil
werden ließ, so haben wir darüber nicht zu
diskutieren. Danken wir Gott für das, was wir empfangen
haben aus lauter Güte, und begnügen wir uns damit, so
zu sein, wie Er uns geschaffen hat.
Wer
weiß, ob wir mit einem glänzenderen Geist, mit einer
kräftigeren Gesundheit, mit einem angenehmeren Äußeren
uns nicht ins Verderben gestürzt hätten! Wie oft war für
jemand sein Talent und sein Wissen eine Gelegenheit,
sich durch Selbstgefälligkeit und Verachtung gegenüber
den anderen zu verderben! Einer solchen Gefahr sind
diejenigen um so mehr ausgesetzt, die in besonderer
Weise mit geistigen Fähigkeiten ausgestattet sind. Wie
vielen wurde die körperliche Schönheit zum Verderben,
so daß sie in zahlreiche Verbrechen fielen! Und wie
viele andere hat der Reichtum, die Gesundheit und die
Anziehungskraft ihres Aussehens in die Hölle geführt!
Und wie viele gibt es dagegen, die dank ihrer Armut und
ihrer Krankheiten und ihrer Unansehnlichkeit die
Heiligkeit erreicht haben und zum ewigen Heile gelangt
sind!
Ja,
begnügen wir uns mit dem, was Gott uns gegeben. Denn
“eines nur ist nötig”, und dieses Einzige, das nötig
ist, das ist nicht, daß man jemand gefällt, noch, daß
es einem gut geht, noch daß man eine lebhafte
Intelligenz hat, das einzig Wichtige ist, seine Seele zu
retten.
Wir
müssen ganz besonders die Ergebung in Gottes heiligen
Willen in den Krankheiten und körperlichen Schwächen
üben; denn wir müssen sie gerne annehmen, so wie Gott
sie will und wie lange Er sie will. Ohne Zweifel dürfen
wir die gewöhnlichen Heilmittel gebrauchen; denn das
ist auch der Wille Gottes. Aber, wenn uns die Heilmittel
nichts nützen, vereinigen wir uns mit dem Willen
Gottes, der uns viel mehr nützen wird als die
Gesundheit. “Herr”, so werden wir dann sagen, “ich
will weder gesund werden, noch krank bleiben: Ich will
einzig und allein, was Du willst.”
Sicher
ist es eine große Tugend, sich in seiner Krankheit
nicht über die Leiden zu beschweren; doch, wenn diese
Leiden groß und niederdrückend sind, so wäre es keine
Unvollkommenheit, dies den Freunden bekannt zu machen,
noch wäre es eine Unvollkommenheit, den Herrn zu
bitten, uns davon zu befreien. Ich spreche von den großen
Leiden. Dagegen ist es ein sehr beträchtlicher Fehler,
wenn man, wie gewisse Leute, wünscht, daß alle Welt
uns bei den geringsten Schmerzen und den kleinsten Übeln
ihr Mitleid bezeugen soll.
Übrigens
hat unser Herr selbst, als Er sich am Anfang Seiner
bitteren Passion sah, Seine Qualen Seinen Jüngern
geoffenbart: “Meine Seele ist betrübt bis in den Tod
... “und Er bat Seinen Vater, dieses äußere Leiden
von Ihm zu entfernen: “Mein Vater, wenn es möglich
ist, laß diesen Kelch an Mir vorübergehen!” Aber
derselbe Jesus hat uns auch gelehrt, was wir nach einem
solchen Gebet zu tun haben: uns sofort in den göttlichen
Willen zu ergeben, indem Er hinzufügt: “aber nicht,
wie Ich will, sondern wie Du willst.”
Es
gibt Leute, die wollen die Gesundheit haben; aber, so
sagen sie, nicht deshalb, um nicht zu leiden, sondern,
um Gott besser dienen zu können. Wenn es ihnen gut
geht, dann könnten sie die Regel beobachten, sich der
Gemeinschaft nützlich machen, in die Kirche gehen, zur
hl. Kommunion gehen, Buße tun, sich dem Studium widmen,
am Heil der Seelen arbeiten durch Beichthören und
Predigen. Diese Leute irren sich aber schwer. Dem, der
so spricht, antworte ich: “Liebe Seele, sage mir,
warum möchtest du alle diese Dinge tun? Um Gott zu
gefallen? Warum suchst du dir noch etwas aus, wenn du
doch weißt, wo für dich der Wille Gottes liegt? Er ist
nicht in den Kommunionen, den Bußen, den Studien und
Predigten, sondern hier: im geduldigen Ertragen der
Krankheiten und Schmerzen, die Gott dir schickt. Also
denn, vereinige deine Leiden mit den Leiden Jesu
Christi!” —
“Aber,
was mir Kummer macht, das ist, daß ich mit dieser
Krankheit unnütz bin für die Aufgabe in der
Gemeinschaft und in meiner Familie.” — Dann ergebt
euch eurerseits in den Willen Gottes, und glaubt, daß
eure Eltern und eure Oberen sich gleichfalls in den
Willen Gottes ergeben. Sie sehen sehr wohl, daß es
nicht eure Faulheit ist, sondern der Wille Gottes, der
dem Haus diese Bürde auflädt. Kurzum, diese Wünsche
und Klagen kommen nicht von der Liebe zu Gott, sondern
von der Eigenliebe, welche der Vorwand ist, um euch dem
Willen Gottes zu entziehen.
Wollen
wir Gott gefallen — dann richten wir an Ihn, wenn wir
ans Bett gefesselt sind, dies einzige Wort: “Dein
Wille geschehe!” Wiederholen wir dieses Wort ohne
Unterlaß hundertmal, tausendmal! Durch dieses einzige
Wort werden wir Gott mehr zufriedenstellen als durch
alle möglichen Abtötungen und Andachtsübungen. Es
gibt kein besseres Mittel Gott zu dienen, als freudig
Seinen heiligen Willen zu umfassen.
Der
sel. Johannes von Avila schrieb einem kranken Priester:
“Mein Freund, macht euch nicht damit müde, euch
vorzustellen, was ihr tun würdet, wenn ihr gesund wäret.
Begnügt euch damit krank zu sein, solange es Gott
gefallen wird. Wenn ihr den Willen Gottes sucht, dann
ist die Gesundheit für euch nicht von größerem
Interesse als die Krankheit.”
Man
kann es nicht besser sagen; denn Gott zieht Seinen Ruhm
nicht aus unseren Werken, sondern aus der Ergebung und
Gleichförmigkeit mit Seinem göttlichen Willen. Daher
ist auch das Wort des hl. Franz von Sales verständlich,
“. . . daß man Gott mehr und heiliger dient im Leiden
als im Handeln.”
Oft
werden uns die Ärzte und die Medizin fehlen, oder der
Arzt wird unsere Krankheit nicht finden. Auch da müssen
wir uns noch mit dem göttlichen Willen vereinigen, der
es so verfügt hat zu unserem Besten.
Man
erzählt, daß ein Kranker, der ein Verehrer des hl.
Thomas von Canterbury war, sich zum Grabe des Heiligen
begab, um seine Heilung zu erbitten, die er auch
erlangte. Als er heimgekommen war, begann er darüber
nachzudenken: “Wenn diese Krankheit vielleicht für
meine Seele nützlicher gewesen wäre, welchen Vorteil
verschafft mir da die Gesundheit?” Von diesem Gedanken
gequält, wiederholte er die Wallfahrt und bat den
Heiligen, ihm von Gott zu erflehen, was für sein
Seelenheil das Nützlichste wäre. Sofort fiel er in
seine Krankheit zurück, und er war sehr glücklich darüber,
ganz glücklich darüber, daß Er für ihn so am besten
sorgte.
Surius
erzählt einen ähnlichen Fall: Ein Blinder war durch
die Fürbitte des hl. Vaast geheilt worden; aber er zögerte
nicht, den heiligen Bischof darum zu bitten, ihm seine
Blindheit wieder zu geben, wenn das seiner Seele von
Nutzen sei. Kaum hatte er so gebetet, da wurde er wieder
blind.
Wenn
wir krank sind, so sollen wir weder Gesundheit noch
Krankheit bevorzugen, sondern uns nur in die Hände
Gottes geben, damit Er über uns verfügt, wie es Ihm
wohlgefällt. Wenn wir jedoch für die Heilung beten
wollen, tun wir es zumindest mit einem Herzen, das im
voraus ergeben ist, und tun wir es unter der Bedingung,
daß wir die Gesundheit erbitten, wenn sie nicht unserem
Seelenheil abträglich ist. Wenn wir nicht so bitten würden,
dann wäre unser Gebet fehlerhaft, und es würde nichts
erreichen; denn Gott erhört nicht jene Gebete, bei
denen die Ergebung in Seinen heiligen Willen fehlt.
Die
Zeit der Krankheit nenne ich den Prüfstein des
geistlichen Lebens; denn sie deckt auf, von welcher
Beschaffenheit die Tugend ist, die eine Seele besitzt.
Das gilt auch für seelische Bedrängnis. Wenn diese
Person sich nicht beklagt, nicht ungeduldig ist, nichts
unnötig erbittet, sondern den Ärzten gehorcht und den
Oberen, wenn sie dabei Ruhe behält, ganz ergeben in den
Willen Gottes, dann ist dies ein Zeichen, daß sie eine
fest begründete lügend besitzt. Im Gegenteil, was soll
man von einem Kranken denken, der sich unaufhörlich
beklagt, bald darüber, daß man sich kaum mit ihm beschäftigt,
bald über seine Leiden, die unerträglich seien, bald
über die Medizin, die zu nichts nütze wäre oder über
den Arzt, der ein Ignorant wäre, zuweilen selbst über
den lieben Gott, der ihn zu sehr schlage?
Der
hl. Bonoventura hat uns folgende Begebenheit aus dem
Leben des hl. Franziskus überliefert: Eines Tages litt
der Heilige grausamer als gewöhnlich; da sagte ihm ein
Ordensmann von höchster Einfalt: “Vater, betet, daß
Gott euch ein wenig sanfter behandelt, denn Seine Hand
scheint zu schwer auf euch zu lasten.” Als er dies hörte,
stieß der Heilige einen Schrei aus und antwortete: “Hört
Bruder, wenn ich nicht wüßte, daß Ihr aus Einfalt so
gesprochen hättet, so könnte ich es nicht mehr
ertragen, Euch noch zu sehen, nachdem Ihr die Kühnheit
besessen habt, darüber zu befinden, die Gerichte Gottes
über mich zu reduzieren.
Und,
obwohl er von der Krankheit geschwächt war bis zur
Erschöpfung, stürzte er sich aus seinem Bett auf den
Boden, küßte ihn und sagte: “Herr, ich danke Dir für
die Schmerzen, die Du mir geschickt hast. Ich bitte
Dich, sie zu verhundertfachen, wenn es Dir so gefällt.
Meine Zufriedenheit besteht darin, daß Du mich mit Betrübnissen
niederdrückst; denn die Erfüllung Deines heiligsten
Willens ist die süßeste Tröstung, die ich in diesem
Leben verkosten kann.”
Mit
denselben Gefühlen, mit denen wir unsere eigene
Krankheit annehmen, müssen wir auch die Krankheit und
den Verlust von Personen annehmen, mit denen uns
zeitliche oder geistliche Interessen und Bindungen
vereinen. Nicht unsere geistlichen Väter geben uns die
Heiligkeit, sondern Gott. Ohne Zweifel will Gott, daß
wir von den geistlichen Führern unserer Seele Nutzen
ziehen, solange Gott sie uns erhält. Aber, wenn Er sie
uns wegnimmt, so will Er, daß wir uns unterwerfen und
unser Vertrauen zu Ihm bei dieser Gelegenheit verdoppeln
und Ihm sagen: “Herr, Du hast mir diesen Halt gegeben,
Du ziehst ihn jetzt zurück, immer geschehe Dein
heiliger Wille! An Dir ist es jetzt, für meine Bedürfnisse
zu sorgen und mich zu unterrichten, was ich tun soll, um
Dir zu dienen.” Eine solche Haltung müssen wir haben,
so müssen wir alles annehmen, wenn Gott uns irgendein
Kreuz auf unsere Schultern legt.
Ihr
werdet mir sagen: “Viele Prüfungen sind nur Züchtigungen.”
Gut, sage ich. Aber die Züchtigungen, die Gott in
diesem Leben schickt, sind sie nicht Gnaden und
Wohltaten? Wenn wir Ihn beleidigt haben, so müssen wir
Seiner göttlichen Gerechtigkeit Genugtuung leisten in
irgendeiner Form: in diesem Leben oder im anderen Leben.
Wir müssen dieses Gebet des hl. Augustinus ganz und gar
zu dem unsrigen machen: “Hier brenne, hier schneide,
Herr! Schone mich nicht hier unten; aber schone meiner
in der Ewigkeit!” . . . und auch dieses Wort des Job:
“Darin soll mein Trost sein in den Leiden, mit denen
mich Gott bedrängt, darin soll mein Trost sein, daß Er
mich nicht schont” (Job 6, 10).
Ist
es in der Tat nicht ein Trost für den, der die Hölle
verdient hätte, wenn er sieht, wie ihn Gott in dieser
Welt züchtigt, und muß er darin nicht eine Ermutigung
finden, zu hoffen, daß Gott ihn dadurch vom ewigen
Strafgericht befreien will? Wenn Gott uns also schlägt,
sagen wir mit dem Hohenpriester Heli: “Es ist der
Herr. Was gut ist in Seinen Augen, das möge Er tun”
(1 Kön 3, 18).
Auch
in den Trostlosigkeiten des geistlichen Lebens müssen
wir unsere Ergebung in den göttlichen Willen
praktizieren. Wenn eine Seele ihre ersten Übungen auf
dem Wege der göttlichen Liebe macht, so hat der Herr
die Gewohnheit, sie mit Tröstungen zu überhäufen, um
sie von den irdischen Tröstungen abzubringen; aber
dann, wenn sie ein wenig im geistlichen Leben befestigt
ist, so zieht Er sich zurück, um ihre Liebe zu
erproben: Er will sehen, ob sie Ihm dienen und Ihn
lieben wird, ohne in dieser Welt mit fühlbaren Gnaden
bezahlt zu werden.
“Solange
man noch in diesem Leben ist”, sagte die hl. Theresia,
“besteht der geistliche Nutzen nicht darin, Gott zu
genießen, sondern mehr darin, Seinen Willen zu tun.”
Und sie sagt weiter: “Und übrigens besteht die Liebe
zu Gott nicht in zärtlichen Gefühlen, sondern darin,
mit der Kraft der Seele und in Demut Ihm zu dienen.”
Und weiter: “Durch die Trockenheiten und die
Versuchungen prüft Gott Seine Freunde.”
Wenn
der Herr einer Seele diese Zärtlichkeiten und fühlbaren
Süßigkeiten gewährt, so soll sie Ihm dankbar sein;
aber sie soll sich nicht von Traurigkeit und Ungeduld
erfassen lassen, wenn die Tröstung wieder schwindet.
Dieser Punkt beansprucht unsere ganze Aufmerksamkeit. Es
kommt in der Tat vor, daß engstirnige Seelen, wenn die
Trockenheit über sie kommt, sich einbilden, sie seien
von Gott verlassen oder sie seien nicht für das
geistliche Leben geschaffen ... und siehe da, sie
verzichten auf das Gebet, und so verlieren sie die
Frucht ihrer früheren Arbeit.
Es
gibt keine bessere Zeit, um unsere Ergebenheit in den
Willen Gottes zu üben, als in diesen Zeiten der
Trockenheit. Ich verlange von euch nicht, daß der
Verlust der fühlbaren Gegenwart eures Gottes euch keine
Pein verursache. Über eine solche Art von Schmerzen muß
man Pein empfinden, und man darf darüber klagen, da
doch unser Erlöser selbst sich am Kreuz beklagte:
“Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich
verlassen?” Aber in ihrem Schmerz muß sich die Seele
ohne Vorbehalt in den Willen des göttlichen Herrn
ergeben.
Es
gibt keinen Heiligen, der nicht diese Trostlosigkeiten
und diese geistige Verlassenheit erlitten hätte. “Wie
ist mein Herz ausgetrocknet und hart!” sagte der hl.
Bernhard. “Ich habe weder Lust zu lesen, noch fällt
es mir leicht zu betrachten, noch habe ich Freude am
Gebet.”
Diese
Trockenheiten waren das gewöhnliche Los der Heiligen
und nicht die Tröstungen. Diese gewährt Gott nur
selten und vorzugsweise, vielleicht für die Seelen, die
dieser Hilfe bedürfen, damit sie ihren Weg im
geistlichen Leben fortsetzen können. Die Wonnen, die
eine Belohnung sind, bewahrt uns Gott auf für das
Paradies. Die Erde ist ein Ort des Verdienstes, und zwar
des Verdienstes durch das Leiden. Ebenso arbeiten die
Heiligen auf dieser Erde nicht mit der fühlbaren Glut
der Süßigkeiten, sondern mit der Glut des Willens
inmitten der Leiden.
“Besser”,
sagt der hl. Johannes von Avila, “tausendmal in Leiden
und Mühen, in Trockenheiten und Versuchungen nach dem
Willen Gottes zu sein, als die himmlische Süßigkeit zu
verkosten außerhalb des Willens Gottes.”
Ihr
werdet mir sagen: “Wenn ich wüßte, daß diese
Trostlosigkeit von Gott kommt, so wäre ich im Frieden.
Aber, was mich betrübt und beunruhigt, das ist die
Furcht, daß diese Trostlosigkeit eine Folge und eine
Strafe meiner Fehler und meiner Lauheit ist.” Nun,
bessere diese Lauheit und belebe neu den Eifer, dann ist
es ja gut; aber, weil du in der Dunkelheit bist, überläßt
du dich der Verwirrung, unterläßt das Gebet und
verdoppelst so dein Übel.
Nehmen
wir einmal an, es ist, wie du versicherst: der Zustand
der Trockenheit ist eine Strafe für Lauheit usw. Ist es
denn dann nicht Gott, der dir diese Strafe schickt?
Nehme sie also an: Erkenne, daß du sie verdient hast
und beruhige dich im Willen Gottes. Protestierst du da
nicht dagegen, daß du die Hölle verdient hast? Wie könntest
du dann zugleich behaupten, daß du eine Tröstung von
Gott verdient hast? Worüber beklagst du dich also? Laßt
euch doch von Gott so behandeln, wie Er es versteht;
seid treu im Gebet, verfolgt euren Weg, und habt von nun
an keinen Zweifel mehr, daß diese eure Leiden nur von
zu geringer Demut herkommen und von eurer mangelhaften
Ergebung in den Willen Gottes.
Wenn
man sich zum Gebet anschickt, welches ist der größte
Nutzen, den man daraus ziehen kann? Es ist der, sich mit
dem Willen Gottes zu vereinigen. Bringt deshalb eure
Ergebung zum Ausdruck, indem ihr sagt: “Herr, ich
nehme diese Pein aus Deiner Hand an und ich nehme sie
an, solange es Dir gefallen wird.” Dieses Gebet wird
euch mehr Gutes bringen als die süßesten Tröstungen.
Man
darf nicht vergessen, daß die Trockenheit nicht immer
eine Strafe ist: Manchmal ist sie eine Anordnung der göttlichen
Vorsehung, damit wir Fortschritte machen und um uns in
der Demut zu halten. Gott wollte nicht, daß Paulus die
Gnaden vergeblich empfangen hätte: Zu diesem Zweck
erlaubte Er, daß er von sinnlichen Versuchungen gequält
würde. “Aus Furcht, daß mich die Erhabenheit der
Offenbarungen stolz machte, wurde mir ein Stachel in
mein Fleisch gegeben, ein Engel Gottes, der mich
schlug” (2 Kor 12, 7).
Beten,
wenn man darin Wonne findet, da hat man nichts Großartiges
vollbracht. “Der Freund, der am Tische sitzt, wird
nicht bleiben, wenn du in Not bist” (Sir 6, 10). Ihr würdet
nicht den für euren wahren Freund halten, der euch nur
bei Tisch Freundschaft bezeugt, sondern den, der auch in
schweren Stunden, und wenn er nichts davon hat, bei euch
bleibt. Wenn Gott die Seelen in Finsternis und
Trostlosigkeit taucht, dann deshalb, weil Er dann weiß,
wer Seine wahren Freunde sind.
Palladus
fand in seinen schönen Gebeten nur Langeweile. Er
teilte diese seine seelischen Leiden dem hl. Macarius
mit, der ihm sagte: “Wenn deine Gedanken dich dazu
bringen wollen, das Gebet aufzugeben, so antworte ihnen:
,Um der Liebe zu Jesus willen bleibe ich gerne hier, um
die Mauern meiner Zelle zu hüten.”' Das ist die
Antwort, die ich euch gebe, wenn ihr versucht seid, das
Gebet aufzugeben, weil es euch als Zeitverlust
erscheint. Sagt einfach: “Ich bleibe hier, um Gott
Freude zu machen.”
Wenn
du beim Beten nichts anderes tust, als die Zerstreuungen
und Versuchungen zu vertreiben, die dich niederhalten
wollen, dann ist dein Gebet nach dem Urteil des hl.
Franz von Sales sehr gut.
Tauler
versichert sogar, daß, wer trotz Trockenheit im Gebet
verharrt, von Gott zu einer größeren Vollkommenheit
erhoben wird als bei den Gebeten, die lange sind und
voll fühlbarer Frömmigkeit.
Pater
Rodriguez berichtet, daß ein Ordensmann während 40
Jahren Gebet niemals eine Tröstung empfunden habe; aber
an den Tagen, an denen er seinem Gebet treu war, fühlte
er sich mit Kraft erfüllt, um die Tugenden zu üben,
und wenn er es unterließ, fühlte er sich ganz schwach
und unfähig zu irgend etwas Gutem.
Der
hl. Bonaventura und Jean Gerson meinen, daß viele
Seelen nicht jene Sammlung erreichen bei ihren Gebeten,
die sie gerne hätten; aber diese machen dann um so mehr
Anstrengungen, um Gott zu dienen und sind dadurch auch
demütiger. Wenn es anders wäre, so würden sie sich
von der Lauheit oder Eitelkeit einnehmen lassen, indem
sie denken würden, sie hätten das Ziel ihrer Wünsche
erreicht.
Was
von der Trockenheit gesagt wurde, gilt auch für die
Versuchungen. Sicher müssen wir die geeigneten Mittel
ergreifen, um die Versuchungen zu meiden. Aber, wenn
Gott will oder zuläßt, daß wir versucht werden —
sei es gegen den Glauben, die Reinheit oder eine andere
Tugend — so dürfen wir nicht darüber klagen, sondern
uns auch da noch in den Willen Gottes ergeben.
Dem
hl. Paulus, der ein Nachlassen der Versuchungen der
Sinne verlangte, antwortete unser Herr: “Meine Gnade
genügt dir” (2 Kor 12, 9). So bitten wir denn auch
beim Ansturm der lästigen Versuchungen den Herrn, uns
zu befreien, und wenn Er uns nicht erhört, dann sagen
wir: “Herr, tut und erlaubt, was Euch gefällt: Eure
Gnade genügt mir; aber haltet mich, daß ich sie nie
verlieren.”
Nicht
die Versuchung läßt uns die Gnade verlieren, sondern
die Einwilligung in die Versuchung. Die Versuchungen,
wenn wir sie abwehren, halten uns vielmehr in der Demut,
lassen uns größere Verdienste erwerben und drängen
uns dazu, häufiger zu Gott unsere Zuflucht zu nehmen.
Das Endergebnis ist, daß sie uns weiter entfernt halten
von der Beleidigung Gottes und die Verbindung der Liebe
mit Ihm festigen.
Endlich
müssen wir uns mit dem Willen Gottes vereinen, was den
Augenblick des Todes betrifft, sei es was die Zeit
anbelangt oder die Umstände, die zu bestimmen es Gott
gefallen hat.
Eines
Tages erstieg die hl. Gertrud einen Berg und stürzte in
eine Schlucht. Ihre Begleiterinnen fragten sie dann, ob
sie Angst gehabt hätte, ohne Sakramente zu sterben. Die
Heilige antwortete: “Ich wünsche sehr, die
Sterbesakramente zu empfangen, aber noch mehr halte ich
mich an den Willen Gottes; denn ich denke, die beste
Vorbereitung, um gut zu sterben, ist die, sich allem zu
unterwerfen, was Gott wollen wird. So wünsche ich jene
Art von Tod, die meinem gütigen Herrn gefallen wird.”
Der
hl. Gregor berichtet in seinem Dialog, daß die
Langobarden, nachdem sie einen Priester namens Sanctulus
zum Tode verurteilt hatten, ihn die Art für seine
Todesstrafe auswählen ließen. Der hl. Mann hütete
sich wohl, von dieser Freiheit Gebrauch zu machen:
“Ich bin in den Händen Gottes”, sagte er, “ich
werde die Todesart auf mich nehmen, die Er euch erlaubt
anzuwenden; ich will keine andere.” Dieser Akt der
Hingabe gefiel dem Herrn derart, daß Er selbst den Arm
des Henkers, der ihm das Haupt abschlagen wollte,
anhielt, so daß die Barbaren, überrascht durch dieses
Wunder, den heiligen Priester am Leben ließen.
Ebenso
müssen wir, was die Todesart anbetrifft, die als die
Beste für uns erachten, die Gott bestimmt hat. Jedesmal
also, wenn wir an den Tod denken, sollen wir sagen:
“Herr, gewähre mir zu sterben im Zustand des Heiles;
sonst laß mich sterben, wie es Dir gefällt.”
Sind
wir auch eins mit dem Willen Gottes, was den Zeitpunkt
unseres Todes anbetrifft? Was ist diese Erde denn
anderes als ein Gefängnis; da wir hier so viel leiden müssen
und da jeden Augenblick die Gefahr besteht, daß wir
Gott verlieren! Von daher ist der Ausruf Davids zu
verstehen: “Befreie meine Seele aus diesem Kerker!”
(Ps 16, 8). Von daher ist auch das Wort der hl. Theresia
von Avila zu verstehen: “Wie langweilig ist dies
irdische Leben, wie sehne ich mich nach dem Tod, wie bin
ich froh, daß ich mit jeder Stunde immer mehr der
Gefahr entgehe, Gott wieder zu verlieren.”
Aus
diesem Grunde, auch wegen der Möglichkeit, die dem
Leben anhaftet, die göttliche Gnade zu verlieren,
dachte der hl. Johannes von Avila, daß derjenige, der
sich in der genügenden Verfassung befindet, eher wünscht
zu sterben als zu leben.
O
welch liebe und wünschenswerte Sache ist der gute Tod,
mit der Sicherheit, die er mit sich bringt, daß wir nie
mehr der Gnade Gottes beraubt sein können! — “Aber
ich”, so wirst du sagen, “ich habe noch nichts
erreicht, noch nichts getan für meine Seele.” —
Aber, wenn Gott für jetzt das Ende deines Lebens
festgesetzt hat, was könntest du in der Folge Gutes
tun, wenn dein Leben verlängert würde entgegen den
Absichten Gottes? Wer weiß, später hättest du einen
weniger glücklichen Tod als den, den du zu dieser
Stunde erhoffen könntest! Wer weiß, ob du nicht in
deinem Willen wankend und noch in viele andere Sünden
fallen und am Ende noch verdammt würdest? Auf jeden
Fall, wenn du weiter leben würdest, dann würdest du
zumindest läßliche Sünden begehen!
“Warum”,
rief deshalb der hl. Bernhard aus, “sich ein langes
Leben wünschen, in dem sich unsere Fehler vervielfältigen
würden?” Der hl. Ludwig Maria Grignion sehnte sich,
bald sterben zu dürfen, damit er nicht mehr in die Lage
komme, Gott durch eine Sünde zu beleidigen.
Und
ich füge hinzu, wenn man nur wenig das Paradies wünscht,
dann zeugt das von einer geringen Liebe zu Gott. Wer
liebt, sehnt sich nach der Gegenwart der geliebten
Person. Nun, wir können Gott nicht schauen, ohne diese
Welt zu verlassen. So haben die Heiligen brennend gewünscht
zu sterben, um sich des Anblicks ihres vielgeliebten
Herrn zu erfreuen. Hört die Seufzer eines hl.
Augustinus: “Mein Gott, ich möchte sterben, um Dich
zu sehen!” Und die Worte Davids: “Wann werde ich
kommen und erscheinen vor dem Angesichte Gottes?” (Ps
41, 3). Und der hl. Paulus: “Ich wünschte aufgelöst
zu werden, um beim Herrn zu sein” (Phil 1, 23). So ist
es mit allen Seelen, die von Gott ergriffen sind.
Ein
Autor berichtet, daß ein Edelmann auf die Jagd ging und
durch den Wald kam. Plötzlich hörte er die Stimme
eines Menschen, einen lieblichen Gesang. Er näherte
sich dieser Stimme und fand einen Aussätzigen, einen
armen Aussätzigen, dessen Körper schon halb verzehrt
war vom Aussatz. “Sind Sie es, der da so singt?” —
“Ja, guter Ritter, das bin ich.” — “Und wie können
Sie singen und glücklich sein mit diesem Leiden, das
Sie quält und das Ihnen das Leben zu nehmen scheint?”
— “Guter Ritter, zwischen mir und Gott gibt es keine
andere Trennung mehr als diese Mauer von Schlamm, die
mein Körper ist. Wenn diese Barriere einmal gefallen
ist, werde ich mich meines Gottes erfreuen. Nun, ich
sehe diese Barriere jeden Tag mehr einstürzen, Stück für
Stück: Ich bin in der Freude, und ich singe.”
Ein
letzter Punkt noch: Wir müssen alles, was die Ehre
Gottes betrifft, hochschätzen, aber höher noch Seinen
heiligen Willen. Wir müssen wünschen, Gott mit noch größerer
Glut zu lieben als die Seraphim, und trotzdem müssen
wir wünschen, keinen anderen Grad der Liebe zu
erreichen als den, den uns Gott geben will.
“Ich
glaube nicht”, sagt der sel. Johannes von Avila “daß
es unter den Heiligen einen gegeben hat, der nicht gewünscht
hätte, besser zu sein, als er war.” Aber sie verloren
darüber nicht den Frieden der Seele; denn ihre Wünsche
kamen nicht von einem persönlichen Ehrgeiz her, sondern
aus der Liebe zu Gott: Sie lobten Gott in der Austeilung
Seiner Gnaden und begnügten sich mit dem, was Gott
ihnen gab, und sie bezeugten ihre größere Liebe zu
Gott darin, daß sie eher zufrieden waren mit dem, was
Gott ihnen gab, als daß sie wünschten viel zu haben.
Dies
kommt, wie Pater Rodriguez erklärt, von diesen beiden
Dingen: Auf der einen Seite müssen wir uns mühen und
alle Anstrengungen machen, um zur Vollkommenheit zu
gelangen; hüten wir uns davor wie manche, unsere
Lauheit und unsere Faulheit selbst als Entschuldigung
vorzuschieben, unter dem frommen Anschein: “An Gott
liegt es, mir dies oder jenes zu geben; ich vermag
nichts mehr.”
Auf
der anderen Seite dürfen wir nicht den Frieden
verlieren, wenn uns irgendeine Schwäche überkommt,
noch dürfen wir die Gleichförmigkeit mit dem Willen
Gottes verlieren, der diese Schwäche zugelassen hat,
noch dürfen wir mutlos werden. Erheben wir uns alsbald
durch eine Reue, die ganz durchdrungen ist von der
Demut; bitten wir Gott um eine mächtige Hilfe, und
machen wir uns wieder auf den Weg. Auch können wir
sicher wünschen, in den Himmel aufzusteigen bis zum
Chor der Seraphim, nicht um für uns mehr Ruhm zu
gewinnen, sondern um Gott mehr Ehre zu verschaffen und
um Gott mehr zu lieben.
Was
die übernatürlichen Gaben betrifft, wie Ekstasen,
Visionen, Offenbarungen, so wäre es ein ganz
schwerwiegender Fehler, diese zu wünschen. Gott gibt
diese nach Seinem freien Willen, wem Er will und wann Er
will. Viele haben die Vollkommenheit erreicht ohne die
Hilfe solch außerordentlicher Gnaden; denn allein die
Tugenden lassen eine Seele aufsteigen zur Heiligkeit:
die Tugenden und hauptsächlich die Vereinigung des
Willens mit dem Willen Gottes (= höchste Stufe der
Liebe).
Also,
selbst wenn Gott uns nicht erheben wollte zu einem
erhabenen Grad der Glorie und der Vollkommenheit, machen
wir uns ohne Rückhalt dem heiligen Willen Gottes
gleichförmig, indem wir Ihn bitten, Er möge uns durch
Seine Barmherzigkeit retten. Wenn wir so handeln, wird
die Belohnung nicht klein sein; denn Gott in Seiner
Freigebigkeit wird uns all unser Gut gewähren, denn Er
liebt jene Seelen über alles, die ergeben sind.
Zusammengefaßt
gesagt: Alle Dinge, die uns
zustoßen oder uns in Zukunft erwarten, müssen wir als
aus der Hand Gottes kommend betrachten: den Willen
Gottes tun und alle unsere Handlungen nur vollbringen,
weil Gott sie will.
Um
auf diesem Wege ganz sicher zu gehen, müssen wir uns
der Führung des Heiligen Geistes anvertrauen und der Führung
unserer geistlichen Väter in allem, was unser
Innenleben betrifft. Durch sie will Gott uns
bekanntmachen, was Er von uns will. Haben wir großes
Vertrauen in die Worte Jesu Christi, denn Er hat gesagt:
“Wer euch hört, hört mich!” (Lk 10, 16).
Im
übrigen, dienen wir Gott mit Hingebung, wo und wie Er
von uns gedient haben will. Ich sage dies, damit wir die
Illusion derer meiden, die ihre Zeit damit verlieren, Träumen
nachzuhängen. Manche sagen nämlich: “Ach, wenn ich
allein wäre, dann würde ich in ein Kloster eintreten;
wenn ich dieses Haus verlassen könnte, wenn ich mich
von meiner Familie entfernen könnte, wenn ich dieses
Milieu wechseln könnte, welche Bußübungen würde ich
da tun! Wie würde ich mich dem Gebet hingeben! Indem
man auf solche Dinge wartet, trägt man schlechtgelaunt
das Kreuz, das Gott schickt, und man dient somit Gott
nicht, wo und wie Er es will, daß wir Ihm dienen. Die
Folge davon ist: Es ist keine Heiligkeit möglich und
man geht selbst den Weg vom Schlechten zum Schlimmeren.
In
diesen Wünschen, die uns vom Willen Gottes abbringen, müssen
wir Versuchungen des Teufels sehen! Unsere Aufgabe ist
es, solche Wunschgedanken aus unserem Geiste zu
entfernen und uns zu entschließen, auf dem Weg zu
gehen, den Gott allein für uns ausgewählt hat. So
werden wir Gott dienen, wir werden Seinen heiligen
Willen erfüllen und wir werden gewiß Heilige werden,
welches auch immer der Stand sei, den uns Gott
zugewiesen hat.
Schlußfolgerung:
Sorgen wir uns darum, immer und einzig nur zu wollen,
was Gott will. Durch dieses Mittel wird Er uns ganz eng
an Sein Herz gedrückt halten.
Machen
wir uns deshalb mit gewissen Stellen der Heiligen
Schrift vertraut, die uns dazu mahnen, uns immer mehr
mit dem göttlichen Willen zu vereinigen: “Herr, was
willst Du, das ich tun soll? — Laß mich wissen, was
Du von mir erwartest, denn ich will es ohne Vorbehalt
ausführen! — Dein bin ich, rette mich! — Ich gehöre
nicht mehr mir, ich gehöre Dir, mein Herr und Meister!
Mache mit mir, was Du willst.”
Besonders,
wenn eine sehr niederdrückende Prüfung über uns kommt
(Tod eines Verwandten, schwerer Güterverlust oder eine
andere Widerwärtigkeit), lassen wir es da nicht daran
fehlen zu sagen: “Ja, Vater, weil es Dir so gefallen
hat!” — Vor allem liebt und wiederholt immer wieder
das Gebet, das uns der Herr gelehrt hat: “Dein Wille
geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden!”
Der
hl. Katharina von Genua empfahl der Herr, jedesmal, wenn
sie das Vaterunser bete, bei diesen Worten anzuhalten
und darum zu bitten, daß der göttliche Wille in ihr so
vollkommen erfüllt werde, wie er erfüllt ist bei den
Heiligen im Himmel. Wenn wir uns dies zu eigen machen,
werden wir ohne Zweifel zur Heiligkeit gelangen.
“Geliebt
und gelobt sei auf immer der göttliche Wille sowie die
selige Jungfrau Maria, die Immaculata. Amen.”
Zusammenfassung
der
vorausgehenden Darlegungen über die Vereinigung unseres
Willens mit dem göttlichen in einem Gebet:
“Mein
Jesus, sooft ich sage ,Gott sei gepriesen!' oder auch:
,Dein Wille geschehe!' habe ich die Meinung, alles
anzunehmen, was Deine Vorsehung für Zeit und Ewigkeit
über mich verfügt.
Ich
will keine andere Stellung, keine andere Wohnung, noch
andere Kleider, noch andere Nahrung, noch einen anderen
Zustand der Gesundheit als wie es Dir gefällt!
Ich
will keine andere Beschäftigung, noch andere Talente,
noch andere Glücksumstände als die, die Du für mich
bestimmt hast!
Wenn
Du willst, daß meine Angelegenheiten keinen Erfolg
haben, daß meine Pläne scheitern, daß meine Prozesse
verloren gehen, daß ich all meiner Güter beraubt
werde, so will ich, was Du willst!
Wenn
Du willst, daß ich verachtet werde, schlecht angesehen,
auf den letzten Platz gestellt, verfolgt selbst von
denen, die mir am teuersten sind, so will ich, wie Du
willst!
Soll
ich arm sein, im Exil leben müssen, oder gar in einem
Gefängnis, so will ich, wie Du es willst, weil ich
darauf vertraue, daß Du immer nahe sein wirst.
Soll
es sein, daß ich immer krank bin, mit Wunden bedeckt,
ganz ans Bett gefesselt, von aller Welt verlassen, so
will ich es auch, wenn es Dir so gefällt und solange es
Dir gefällt!
Ich
habe auch keinen anderen Willen als den Deinen, was mein
geistliches Leben anbetrifft. Ich wünsche gewiß, Dich
hier unten mit allen meinen Kräften zu lieben, wie die
Seraphim Dich lieben; aber ich bin zufrieden mit dem,
was Du anordnen wirst. Wenn es Dir gefällt; mir ein Übermaß
an Liebe zu schenken, so soll es zu Deiner
Verherrlichung dienen. Ich bin glücklich, wenn es so
Dein heiliger Wille ist! Ich stelle die Erfüllung
Deines Willens über jeden anderen persönlichen
Vorteil.
In
einem Wort: Verfüge über mich, mein Gott, verfüge über
mich bei allen meinen Angelegenheiten, wie es Dir gut dünkt,
und nimm keine Rücksicht auf meine Wünsche, denn ich
habe keinen anderen Willen als den Deinen. Wie Du auch
mit mir verfährst, ich nehme alles an, und ich nehme es
mit Liebe an: Bitternis oder die Süßigkeit, Wohlgefälliges
oder Mißfälliges: Alles kommt gleichermaßen aus
Deiner Hand.
Ganz
besonders, o mein Jesus, nehme ich meinen Tod an, so wie
Du es willst, wo Du es willst und wann Du es willst. Ich
vereinige, o mein Erlöser, meinen Tod und seine
Schmerzen mit Deinem heiligen Tod, und ich opfere dies
alles auf als Zeugnis der Liebe zu Dir.
Ich
will sterben, um bei Dir zu sein, um Dich zu
verherrlichen und Dein heiliges Antlitz ewig zu schauen.
Amen.”
*
* *
Hingabe an
Gottes heiligen Willen
T.
u. W., München 1637
Wie
mein Gott will, ich bin bereit, Er ist mir lieb vor
allen.
Auf
dieser Welt mich nichts erfreut, als Ihm nur zu
gefallen.
Kein
Freud, noch Leid mich von Ihm scheidt,
kein
Trübsal, Angst und Schmerzen.
Soll's
sein, so sei's! Mein Gott der weiß,
daß
ich Ihn lieb von Herzen.
Wie
mein Gott will, es mir gefällt in allen meinen
Sachen.
Ich
habe Ihm alles heimgestellt, Er kann's zum besten
machen.
Es
ist umsonst, kein Witz noch Kunst hilft wider Gottes
Willen.
Soll's
sein, so sei 's! Er doch wohl weiß, Sei'n Willen zu erfüllen.
Wie
mein Gott will! Bis in den Tod soll mich von Ihm nichts
scheiden.
Gern
will ich Trübsal, Angst und Not um Seinetwillen
leiden.
Allein
ich bitt', daß Er mich nit dort laß zuschanden
werden.
Soll's
sein, so sei 's! Ins Paradeis fahr ich von dieser Erden.
Soll's
sein, so sei's! Wie mein Gott will, Sein Wille ist der
Beste!
Er
hat mir schon gesetzt ein Ziel, daran halte ich mich
feste.
In
Freud und Leid, zu aller Zeit, helf‘ ich Sein Werk
vollbringen.
Soll's
sein, so sei's! Lob, Ehr und Preis will ich Ihm ewig
singen.
“Niemand
von uns lebt für sich selbst, und niemand stirbt für
sich selbst. Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben
wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir also leben oder
sterben, wir gehören dem Herrn” (Röm 14, 7‑8).
“Eine
echte Tugend erkennt man daran, daß sie unser Wollen
dem Willen Gottes angleicht, besonders wenn der Wille
Gottes unseren Neigungen widerspricht.
Eingebildete
Tugenden erkennt man daran, daß sie in rührseligen Träumen
schwelgen. Der sicherste Weg zu Gott besteht darin,
seinen Willen zu tun.” Karinal
Saliège
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