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In der Hölle,
wo die schönsten
Mädchen sind

   
   





  

 

Eine Tote gab Antwort

»Habt ihr schon gehört? Die Schöne Katharina singt Spottlieder auf unseren Bussprediger. Ganz Neapel lacht über den sonderbaren Heiligen, der hier wohl bald seine letzte Predigt gehalten haben wird!« Katharina, die hübsche Dirne, zu der die Männer gingen, wenn der Teufel sie in dunklen Nächten trieb, wagte es, im Namen aller Liberalen und Sittenlosen gegen den Missionar Franz von Hieronymus aufzubegehren. Sie war nicht nur schön, berückend schön, sondern auch intelligent. Vom hohen Balkon ihres Lasterhauses herab sang sie die neuesten, selbstgereimten Lieder gegen den Mann, der sich nicht gescheut hatte, sie und ihr Tun »die lebendige Sünde« zu nennen und mit Himmelsgericht und Hölle zu drohen. Sie brauchte bloss am Fenster zu sitzen und ihrer Laute einige Akkorde zu entlocken, dann sammelten sich unten die Menschen. Ihre Zunge war spitz und feindseliger als ein Dolch.

Was geht schneller herum als ein neuer Schlager mit blendendem Spott und leichter Melodie? Schon summten ihn die Fischerjungen auf den Kähnen, die Bettelbuben sangen ihn in den engen Gassen, und die Liebhaber der Katharina brachten ihn beim Wein unter die Leute:,,Habt ihr schon gehört?

Das neueste Lied: »In der Hölle, wo die schönsten Mädchen sind... 

Neapel

«Nach diesem Lied war die Hölle der angenehmste Ort, den man sich denken konnte, weil man dort unter seinesgleichen ungehindert alle Laster weitertreiben durfte. Der Prediger allerdings hatte eine ganz andere Meinung: Die Hölle -der Inbegriff des Grauens! ­Nun, die Menschen vergessen das Gruseln gern, wenn ein so schönes Weib versichert, mit dem Teufel auf du und du zu stehen und sich vor der Hölle nicht zu fürchten. «Wer will mit mir hinein?» sang die Kurtisane aufreizend und lachte nach wie vor den Männern mit ihren blendenden Zähnen ins Gesicht. Ja, immer mehr wollten mit ihr hinein.

 

GOTT lässt Seiner nicht spotten...

»Wo Katharina weilt, geht‘s bestimmt lustig zu!« Am nächsten Sonntag fehlten nicht wenige, als der heiligmässige Missionar predigte. Katharina hatte rechtzeitig bekanntmachen lassen, dass genau um die Stunde, da der Pater spreche, wiederum ein funkelnagelneues Lied von ihr zu hören sei. Indessen liess Franz von Hieronymus sich nicht beirren. Im Augenblick hatten seine machtvollen Worte wieder die Herzen der Anwesenden gewonnen. Da, plötzlich, mitten in der Predigt, kam von der Tür her ein Gedränge bis unter die Kanzel. Der Prediger stockte. Ein Mann winkte hinauf und schrie: Katharina ist tot! Soeben stürzte sie, beim Gesang ihres neuesten Liedes, aus dem Fenster auf die Strasse!« - Schweigen ging durch die Kirche. . . der Prediger hielt inne. Dann hob Hieronymus plötzlich den Kopf und sagte:

»Kommt, lasst uns zu ihr gehen!« Er stieg die Kanzel herab und ward im Nu von der hinausdrängenden Menge erfasst, sie schoben ihn geradezu im Eilschritt der Unglücksstätte zu, wo sich bereits viel Volk angesammelt hatte. Die Tote war schon ins Haus geschafft und in einen leeren Raum gelegt. Vor der Tür stiess der Prediger auf zwei Ärzte. - »Sie ist sofort tot gewesen, ihr Kopf wurde derart zerschmettert, dass das Gehirn heraustrat. Sie können nichts mehr machen, Pater!« Der Geistliche wusste wohl, dass hier die Sterbesakramente zu spät kamen. Wird er für die Sünderin ein Gebet sprechen? Stille legte sich plötzlich über die Hunderte von Menschen, atemlose Stille. Alles sah gespannt nach der Gestalt des Predigers. Was tat er? Er ging zu Füssen der Toten.... Was ruft seine durchdringend klare Stimme? - »Katharina!« rief der Missionar, gewaltig, als rufe die Stimme dessen aus ihm, der einstens Lazarus aus der Gruft geweckt, Katharina, wo bist du jetzt? Und während abgründiges Grausen durch das Volk lief, geschah das Wunder. Die Zerschmetterte richtete sich langsam auf, hob das blutige Etwas, das einmal ihr Kopf gewesen, und antwortete mit entsetzlicher Stimme: In der Hölle!« Dann schüttelte es ihren Leichnam und sie lag wie zuvor. Schreie gellten durch die Stadt, fluchtartig stürzten die Menschen in ihre Häuser. Einsam stand der Heilige noch ein Weile. Sein Antlitz war so erschüttert, dass die Leute weinten, die ihn sahen.
                                
In Neapel wurde keine aufrüttelndere Predigt mehr gehört als die des 4. April 1704. Als dem Heiligen die Krone der Unsterblichkeit gereicht worden war und der Nachfolger des HI. Petrus ihn zur Ehre der Altäre erheben liess
(=heiligsprach), lebten noch an die 250 Augenzeugen, die unter heiligem Eid aussagten, was sie gesehen, gehört und bis an ihr Ende nie mehr vergassen...

 

(aus Natürliches und Übernatürliches von A.M. Rathgeber, Verlag A. Pröbster, Kempten, 1965) Z/Ewig

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