Der
Mensch wurde von GOTT aus dem Nichts geschaffen und wird
nur durch GOTTES Willen von einem Augenblick zum andern
am Leben erhalten. GOTTES Wille ist die Ursache der
menschlichen Existenz; so muss GOTTES Wille auch das
Gesetz seiner Existenz sein. Dem Gesetz nicht zu
gehorchen ist Sünde; zu glauben, wir könnten durch
Ungehorsam etwas gewinnen, ist Torheit. Niemand
zweifelt, dass es im Universum Gesetze gibt; das
Gravitationsgesetz ist ein Beispiel, die Gesetze der Ernährung
ein anderes. So wie wir diese Gesetze erkennen und
befolgen, gewinnen wir Freiheit. Wem dieser Gedanke neu
ist, der halte hier inne.
Wer
kann fliegen?
Freiheit
ist immer verbunden mit Gehorsam gegenüber Gottes
Gesetz; es gibt keine Freiheit von diesen Gesetzen, nur
innerhalb ihrer. Jedes neue Gesetz, das wir erkennen,
vermehrt unsere Freiheit. Wir lernen die Gesetze der
Schwerkraft, der Luftzirkulation, der Bewegung von Körpern,
und schliesslich können wir fliegen. Wir lernen, welche
Elemente für unsere Ernährung notwendig sind, und
gewisse Beschwerden verschwinden. Ebenso wahr ist, dass
es auch für die menschliche Seele Gesetze gibt,
moralische Gesetze. Derselbe Gott, der das
Gravitationsgesetz schuf, machte Gesetze, die
Gerechtigkeit und Reinheit betreffen. Die physikalischen
Gesetze gelten nicht nur für jene, die sie annehmen
—das neugeborene Baby kann sterben, weil es nicht die
richtigen Vitamine bekommt, oder weil es irgendwo
herunterfällt. Dasselbe gilt für die Moralgesetze.
Weil beide Arten Gesetze sind, können wir sie nicht
brechen. Wie könnten wir das Gravitationsgesetz
brechen? Wir können von einer Klippe springen; aber
damit hätten wir das Gravitationsgesetz nicht ausser
Kraft gesetzt, sondern bestätigt. Wir können die
Gesetze nicht brechen, aber wenn wir sie ignorieren, können
sie uns zerbrechen. In dieser Hinsicht verhalten sich
die moralischen Gesetze wie die physikalischen. Wenn wir
ihnen nicht gehorchen —auch aus Unwissenheit— wird
unsere Natur immer Schaden nehmen. Wenn wir ihnen nicht
gehorchen, obwohl wir wissen, dass Gott es uns befohlen
hat, dann führt das zur Sünde, der schlimmsten
denkbaren Schädigung unserer Person.
Woher
kennen wir Gesetze?
Wenn
die moralischen Gesetze für den Menschen so wichtig
sind, woher weiss er dann von ihnen? Wir erfahren von
ihnen auf zwei Wegen: durch das Zeugnis unserer Natur
und wenn Menschen uns unterweisen, die berechtigt sind,
im Namen GOTTES zu sprechen. Fragen wir zuerst die
Natur. Als Gott die Geschöpfe machte, baute er die
Gesetze ihres Wesens in sie ein, genau wie jemand, der
ein Auto konstruiert. Er baut seine Maschine so, dass
sie läuft: mit Wasser im Kühler, mit Benzin im Tank,
mit Getriebe... Gott machte unseren Leib mit Lungen, die
Luft verbrauchen und mit einem komplizierten
Mechanismus, der für Luft sorgt usw. Er gab uns Kräfte
und ein Empfinden dafür, dass es notwendig ist, diese
Kräfte auch auszuüben; so baute er seine Gesetze in
unseren Leib ein; wenn wir ihnen gehorchen, sind wir
gesund. Ebenso baute Gott seine Gesetze auch in unsere
Seelen ein. Die Gesetze, nach denen wir gerecht und rein
sein und ihn verehren sollen, sind so wirklich für die
Seele wie die Gesetze der Ernährung für den Leib. Wenn
wir ihnen gehorchen, ist die Seele gesund. Wenn wir die
Gesetze missachten, nach denen unser Auto funktioniert,
dann steht es still. Wenn wir die Gesetze missachten,
nach denen unser Leib eingerichtet ist, haben wir
Schmerzen, schliesslich sterben wir. Die Gewissensbisse
der Seele gleichen dem fremden Geräusch im Motor und
den Schmerzen im Körper; sie sind ein Protest gegen den
Missbrauch.
So
zeigt die Seele an, dass die Gesetze ihres Schöpfers
missachtet wurden. Dieser Schmerz in der Seele gleicht
keinem anderen —jenes intensive Bewusstsein davon,
dass wir etwas hätten unterlassen sollen, dass es uns
nicht nur schadet, sondern unrecht ist. Selbst wenn das
Tun scheinbar Vergnügen macht und Gewinn bringt —wenn
wir etwa jemandem sein Geld oder seine Frau wegnehmen,
so verdirbt dieser innere Protest das Vergnügen und macht
den Gewinn fragwürdig. Dies allein ist aber noch keine
ausreichende Führung; wir sind nicht mehr so, wie Gott
uns gemacht hat; die Generationen vor uns haben unser
Gewissen verändert, falsche Gewohnheiten und
Vorstellungen sind uns zur zweiten
Natur geworden, indem sie ursprüngliche Äußerungen
unserer Natur zum Schweigen brachten. Sicher meldet sich
die innere Stimme bei den meisten Gelegenheiten; aber
manchmal schweigt sie auch.
GOTTES
Lehrer als Helfer
Um
ganz sicher zu gehen, brauchen wir die Weisungen der dafür
von Gott bestellten Lehrer. Das Gewissen ist das
praktische moralische Urteil des Menschen, das Urteil über
Recht oder Unrecht des eigenen Tuns. Der Mensch bringt
sein Urteil in Übereinstimmung mit Gottes Gesetz, das
ihm auf dem einen oder anderen der beiden Wege bekannt
geworden ist. Wie wir nur von Gott zuverlässig die
Gesetze erfahren können, nach denen wir leben sollen,
so können wir auch nur von Gott zuverlässig den Sinn
unseres Lebens erfahren. Wir können nichts verständig
benutzen, wenn wir nicht wissen, wozu es dient. Alles
benutzen die Menschen selbstverständlich nach
Vorschrift, nur sich selbst nicht. Aber auch für den
Menschen gibt es klare Gebrauchsanweisungen. Wir können
unser eigenes Leben nicht verständig handhaben oder das
der anderen verständig beeinflussen, wenn wir nicht
wissen, wozu der Mensch da ist. Hier ist nicht der
Platz, diesen Gedankengang zu entwickeln, aber man
sollte darüber nachdenken. Wenn wir das Ziel nicht
kennen, das der Mensch zu erreichen hat, dann können
wir unser Leben nicht danach ausrichten oder anderen
helfen, es danach auszurichten. Spazieren auf dem
Lebensweg ohne zu wissen wo das Ziel ist, heisst mit
Blindheit geschlagen sein. Unser Schöpfer hat uns
gesagt, wozu er uns gemacht hat: um zur vollen
Entwicklung all unserer Kräfte und zur vollkommenen
Vereinigung mit ihm zu gelangen.
Kurz:
Die obersten Fähigkeiten des Menschen sind die Vernunft,
mit
der er erkennt, und der Wille,
mir
dem er liebt (und entsprechend seiner Liebe wählt).
Der Gegenstand der Vernunft ist die Wahrheit, der
des Willens das
Gute. Unsere
Vernunft soll zur vollkommenen Erkenntnis der höchsten
Wahrheit gelangen, die Gott ist. Unsere Liebe soll zur
vollkommenen Liebe
des
höchsten Gutes gelangen, das Gott ist. Indem wir Gott
erkennen und lieben, erfüllen wir den Sinn, um
dessentwillen Gott uns geschaffen hat. Was wir niemals
vermuten könnten, ohne dass ER es uns gesagt hätte:
Was Erkenntnis und Liebe
einmal sein sollen!
GOTTES
GEBOTE
L.P.
Als der Herr die Gebote am Berge Sinai verkündete, als
das ganze Volk die Donnerschläge, die Blitze, den
Posaunenschall und den rauchenden Berg wahrnahm,
fürchtete es sich und blieb in der Ferne stehen. Sie
sagten zu Moses: «Rede du mit uns, so wollen wir
hören, GOTT
aber
möge nicht mit uns sprechen; sonst sind wir des
Todes!» Das ganze Volk antwortete einstimmig: «Alles
was der Herr befiehlt, wollen wir tun» (Ex
20, 18f).
Sprechen
auch wir zu GOTT,
wie
das auserwählte Volk zu Moses sprach.
Was
befiehlt GOTT im Gesetz?
Was
verbietet ER?
Warum
fordert er die Unterwerfung seiner Geschöpfe? Welche
Verwegenheit und Verblendung sind es auf Seiten des
Menschen, Gott diese Unterwerfung zu verweigern?
Gott
fordert auf der 1. Gesetzestafel, auf der die drei
Gebote stehen, die IHN selbst betreffen, die höchste
Gottesverehrung in Geist und Wahrheit, in Worten und
Werken. Auf der 2. Gesetzestafel, auf der die sieben
Gebote unserer Pflichten gegen den Nächsten
eingeschlagen sind, verbietet er jegliches Unrecht an
der Person, am Eigentum und an der Ehre des
Nächsten.
Was
ist gerechter, was vernünftiger, als dem Herrn und
Schöpfer der Welt die schuldige Ehre und den
Nebenmenschen jene Liebe zu erweisen, die wir selbst von
andern zu erfahren wünschen! Die 10 Gebote sind
eigentlich etwas Selbstverständliches für den
Menschen. Sie sind Seinsgebote. Sie wurden auf Sinai in
Tafeln geschlagen, damit wir sie vor Augen hätten. In
Wirklichkeit sind sie schon tief in unser Herz
geschrieben. Ohne Gottesverehrung und Achtung vor den
Rechten der Mitmenschen ist ja eine menschliche
Gemeinschaft ganz unmöglich. Mein Gott, wie beschämt
es mich, dass ich Deinen Geboten so
oft untreu gewesen bin. Ich musste ja gleichsam die
Fäuste vor meine Augen halten, um Deine Gebote nicht zu
erkennen, und mein Herz verleugnen, um sie zu verletzen.
Ich war
freiwillig blind, sonst hätte ich sie erkannt. Ich war
undankbar, entartet, sonst hätte ich sie befolgt. Sie
gehören ja zu unserer Natur wie das Blut zu unserm
Leben. Welch
herrliche Ordnung herrscht in einem Herzen, das Dir
unterworfen ist! Welche Unordnung dagegen stiftet der
Ungehorsam! Ihm folgt ein Durcheinander schaudernder
Verbrechen.
Wenn
mich bisher Deine Barmherzigkeit, o Herr vor solchen
Verirrungen bewahrt hat, so macht diese Güte meinen
Undank gegen Dich auch in kleineren Dingen um so
sträflicher. Vater im Himmel, Du kennst die eitlen
Götzen, die ich neben Deiner heiligen Majestät
verehre. Habe ich Dir nicht am Fusse Deiner Altäre
hochheilige Treue geschworen? Wie schlecht habe ich sie
gehalten! Immer wieder muss ich mich bei rein weltlichen
Beschäftigungen ertappen. Wie gering ist meine
Hochachtung vor Deinen Priestern. Sie sind doch wie
Moses am Berge Sinai deine Stellvertreter auf Erden. Wie
frivol habe ich mich oft dem heiligen Berge der
Sakramente genaht, auf dem Du uns das grosse Gebot der
Liebe unter Donnerschlägen und dem Bersten der Felsen
gegeben hast. Ich war eitel, statt Dich zu ehren, ich
kränkte meinen Nächsten, statt Dich in ihm zu lieben.
Oft und oft gab ich Deinem Gesetz eine falsche Deutung,
um die Unordnung meines Herzens zu beschönigen.
In
diesem Abgrund der Bosheit befinde ich mich. Hilf mir, o
Herr, dass ich herauskomme. Erbarme Dich meiner, o GOTT,
nach Deiner grossen Barmherzigkeit, und nach d
er Menge Deiner Erbarmungen tilge meine Missetat
(Ps
50, 1f).
Strafe
aus Liebe
Hätten
wir keine andere Begründung für unsern Gehorsam als
diese, dass der Herr, unser Gott, uns das Gesetz gegeben
hat, sie müsste genügen. Kann man denn gegen einen
GoTT vorgehen, der nur die Güte will? Und dazu ist das
Gebot GOTTES die beste Sicherung meines Heils in dieser
Welt und im Jenseits. Sie ist Ausdruck der göttlichen
Liebe zu uns. Dem, der es in Demut befolgt, erwirbt es
alle Segnungen des Himmels. Seine Verächter aber trifft
der Fluch. Eigentlich ist es beschämend für den
Menschen, dass Gott die Erhaltung seiner und unserer
Rechte mit Strafen sichern musste. Ja, man muss
gestehen, o Herr, nur Deine Freunde sind zufrieden hier
auf Erden. Nur sie haben den wahren Frieden. Nur sie
haben im Grunde auch ein Recht, die Freuden dieser Welt
zu erleben und in die ewige Seligkeit einzugehen. So
gilt von ihnen: «Der verständige Mensch glaubt dem
Gesetze GOTTES, und das Gesetz hält ihm auch Wort» (Sir
33,3).
Wenn es heisst, das Gesetz hält ihm Wort, so besagt
das nichts anderes, als dass der freie Mensch den Lohn
des verheissenen ewigen Lebens erhält. Mein Gott, wie
leicht ist es, in Deinem Dienste glücklich zu sein!
Welch grosse Freude bedeutet es, hienieden Deinen Willen
zu tun, wie unfassbar aber wird erst der Friede sein,
der uns im Himmel erfüllt, wo wir Dich besitzen, ohne
Dich jemals wieder zu verlieren, ohne sündigen zu
können. Herr, lass uns Dir treu sein, rette uns!
Gib
mir die Gnade!
GOTTES
Gebot kann man nur halten, wenn man es
hochschätzt.
Es muss in unserm Gedächtnis haften, damit wir uns
seiner stets erinnern, es muss in unserm Geiste sein,
damit wir es immer hochschätzen. Wir müssen es wollen,
um es stets zu befolgen. Diesen Willensentschluss
müssen wir oft erneuern. Sprechen wir mit David: «Ich
habe geschworen und in allem Ernste beschlossen, o Herr,
Deine gerechten Gesetze zu halten» (Ps 118,106).
Wir wollen endlich unsern Herrn selbst zum Vorbild der
unverletzlichen Anhänglichkeit an GOTTES Gebot nehmen.
Es war seine Speise, den Willen des Vaters zu tun (Joh
4,34). Er war ihm gehorsam bis zum Tode, ja bis zum
Tode am Kreuze (Phil
2, 8).
Sagen
auch wir: «Es ist meine Lust, o mein Gott, Deinen
Willen zu tun, und Dein Gesetz trage ich im Herzen“ (Ps
39, 9). Habe ich aber lange Zeit GOTTES Gebot nicht
aus eigenen Kräften erfüllen können, so ist das
notwendigste Mittel zur Treue gegen ihn seine Gnade. Wir
wollen mit dem hl. Augustinus beten: <Gib mir die
Gnade, o Herr, das zu tun, was Du mir befiehlst, und
befiehl mir alles, was Du willst.»
An
den Schluss dieser Betrachtung gehört das Wort aus dem
Buche Ecclesiastes (12, 13): «Fürchte Gott und
halte seine Gebote, denn das ist der ganze Mensch.» Es
ist das ebenso wesentlich in der Ordnung der Übernatur
als vernünftig in der Ordnung der Natur. Mein GOTT, mag
ich auch an Geist, Vernunft und Menschenverstand noch so
gut ausgerüstet sein, so bin ich dennoch kein voller
Mensch, wenn ich Dir nicht gehorche und Deinem Gesetze
nicht treu bin.
.Z/Ewig
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