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Das 40tägige Fasten
Jesu Christi in der Wüste

  
  




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Der Jesuit Ludwig de Ponte (1554-1624) wird als erster Meister des geistlichen Lebens betrachtet. Seine Betrachtungen sind in die meisten Weltsprachen übersetzt worden. Zur Vorbereitung der nächsten Betrachtung empfahl er, sich den Sohn Gottes in der Einsamkeit vorzustellen und ihn um die Gnade zu bitten, seine Wunder begreifen und seine Tugenden nachzuahmen zu können. Jesus Christus ging in die Wüste: 1 um sich dem Aufsehen zu entziehen, das die Wunder bei seiner Taufe gemacht hatten; 2 um den Übungen des inneren Lebens zu obliegen, nachdem er die äusseren Zeremonien der Taufe verrichtet hatte, 3 um im Verborgenen und entfernt vom Geräusche der Welt die Früchte zu geniessen, die die Gnade des Heiligen Geistes in ihm erzeugt hatte.


Wie verschieden ist deine Lebensweise, o Christenmensch, von der Jesu Christi! Welche unendlichen Schätze verlierst du durch die geringe Sorgfalt, die du anwendest, um die Wirkungen der Gnade zu bewahren! Du suchst dir Zuschauer bei dem wenigen Guten, das du tust, und es verschwindet. Dieses eitle Verlangen nach menschlicher Ehre ist die Triebfeder vieler deiner Handlungen. Geneigt, alles zu wagen und zu tun, was, einen Schein verbreitet vor den Augen der Menschen, aber träge und nachlässig in der Übung der Tugenden, die nur Gott zum Zeugen haben, erschöpfst du dich fruchtlos für den Dienst der Welt, die dir so wenig verspricht und selbst dieses wenige dir nicht geben wird.

Welche Torheit ist es, mein Gott, andern gefallen zu wollen als Dir! Ach, wie sehr wird man gestraft für seine Eitelkeit durch den Rausch, mit dem sie unsere Augen blendet, und durch die Leere, die sie in unserem Herzen zurücklässt! Nur wenn man Dich sucht, o Herr, findet man reine Erleuchtung, wahre Befriedigung und dauernden Lohn, weil man Dich selbst findet, der Du die Quelle aller dieser Gnaden bist. Wie gut ist es, Dir allein anzuhangen! Wie glücklich ist man, wenn man seine Hoffnungen nur auf Dich setzt und nur Dich zum Zeugen und Vergelter seiner Handlungen hat. Schon viele Jahre bin ich von dieser Wahrheit überzeugt, und wie wenig Nutzen habe ich aus ihr gezogen! Stelle sie mir recht lebendig vor Augen, o Gott, damit sie alle Täuschungen meines Geistes vernichte und die Eitelkeit meines Herzens heile!

Die Wüste als Zentrum

Nicht nach Jerusalem, noch nach einem ändern bedeutungsvollen Orte, sondern in die Wüste zieht sich unser Herr auf Antrieb des Heiligen Geistes zurück, bevor er das grosse Werk der Seelenbekehrung und die Verkündigung seines Evangeliums beginnt. So sollen sich auch die evangelischen Arbeiter zur Führung ihres wichtigen Amtes vorbereiten. Sie werden ihr Amt nie mit Erfolg und ohne Gefahr verwalten, wenn sie sich nicht in der Einsamkeit darauf vorbereiten und im vertrauten Umgange mit Gott jene Erleuchtung und Gnade schöpfen, die sie nötig haben. Nur in der Einsamkeit spricht der Heilige Geist zum Herzen, weil man nur da seine göttliche Stimme hört. Weder im Geräusche der grossen Welt, noch im Gewühle der Geschäfte, noch in der Zerstreuung des Geistes lernt man die Kunst zu beten. Man wird hierzu nur insoweit empfänglich, als man sich aus dem Gewirre der Welt entfernt, die Pforten seiner Sinne den äusseren Gegenständen, die die Ruhe der Seele stören, verschliesst und sich in seinem Innern sammelt, um die Stimme des Heiligen Geistes zu vernehmen. In dieser ruhigen Wüste, o göttliche Sonne der Gerechtigkeit, wird die Seele von Deinen Strahlen erleuchtet, von Deinem Lichte durchdrungen und von Deinem Feuer entzündet. Da reinigst Du sie von allen ihren Flecken, von allem, was irdisch ist, und wenn Du sie den Engeln ähnlich gemacht hast, verleihst Du ihr die Gnade, andere zu reinigen und zu erleuchten.
 

Beten und Fasten

Jesu Beschäftigung in der Wüste war Beten und Fasten. Gebet und Busse sind die beiden Pole, um die sich das ganze geistliche Leben drehen muss. Diese beiden Tugenden übte Christus auf die vortrefflichste Weise. Nichts unterbrach ihn in seiner hohen und tiefen Betrachtung. Wiewohl er sich mit seinem Leibe unter den wilden Tieren befand, so war dennoch sein Geist stets mit den Engeln im Himmel, und sein mit Fasten verbundenes Gebet war wie ein aus Myrrhen und Weihrauch zusammengesetzter Wohlgeruch, der aus der Wüste zu seinem himmlischen Vater immerwährend emporstieg. Sein Fasten war sehr strenge - es dauerte vierzig Tage - und während der ganzen Zeit nahm er nur himmlische Nahrung zu sich.

Lieben wir nach dem Beispiele unsers göttlichen Meisters diese heiligen Übungen, ohne die wir niemals geistlich noch jemals fähig werden, etwas Grosses für Gott zu tun. Sagen wir mit der Braut im Hohenliede zum Bräutigam unserer Seelen: Ich will mit Dir auf den Berg der Myrrhen und auf den Hügel des Weihrauchs gehen (Hld 4, 6), um dort von Dir die Liebe zum Gebet und zur Busse zu erlernen, die mir beide notwendig sind, um mich vor Deinen Augen angenehm und für Deine Ehre nützlich zu machen.

Durch Dein Beispiel belehrt und durch Deine Gnade gekräftigt, o mein Jesus, werde ich diese beiden Übungen niemals voneinander trennen, sondern ich will sie Zeit meines Lebens beständig üben. Und ist auch diese Übung für die Natur beschwerlich, so will ich das doch gern ertragen, um Dich nachzuahmen, Dir zu gefallen und Dich zu verherrlichen. Ja, ich bin selbst überzeugt, dass ich nach Deinem eigenen Ausspruche dabei nichts schwer finden werde und dass die Kraft, die Du während der Zeit des Gebetes in meiner Seele ausgiessen wirst, die schweren Übungen der Busse so sehr erleichtern wird, dass ich ihre Bitterkeiten kaum mehr fühle.
 

Jesus wird in der Wüste versucht

Unser Herr wollte versucht werden, und zwar in der Wüste und zur Zeit, da er ganz dem Gebete und der Busse ergeben war. Er wollte versucht werden und sich dadurch uns gleichmachen, indem er alle unsere Schwachheiten auf sich nahm, mit Ausnahme der Sünde. So wollte er, wie der hl. Paulus (Hebr 4, 15) sagt, grösseres Mitleid mit uns haben und uns lehren, wie wir uns im Kampfe mit dem bösen Feinde benehmen sollen. Der Hl. Geist führte ihn in die Wüste, auf dass er daselbst versucht würde. Wenn der Hl. Geist eine Versuchung über uns kommen lässt, so haben wir von dem Versucher nichts zu fürchten; dagegen dürfen wir aber auch auf keinen Beistand hoffen, wenn wir uns selbst mutwillig in eine Versuchung stürzen.

Des besonderen Beistandes des Hl. Geistes, auf den man dann immer hoffen darf, beraubt, ist es dem bösen Feinde leicht, einen so entwaffneten Menschen zu überwinden. Schwerer wird es ihm bei heiligen Seelen, die in der Einsamkeit den Übungen des Gebetes und der Busse obliegen. Eifersüchtig wendet er alle Kräfte an, ihnen die Zurückgezogenheit zu verleiden und die Waffen der Busse aus den Händen zu winden. Aber sie dürfen nur das Beispiel des Gottessohnes betrachten und ihm nachfolgen, um die Macht des Feindes zu vernichten und selbst immer mehr zu wachsen an Verdienst und Tugenden.

Gehen wir im Geiste in die Wüste, wo der Erlöser wie in einer Schule die Anfänger und die bereits Vollkommenen unterrichtet. Um die ersteren anzueifern, würdigt er sich selbst, die Prüfungen zu bestehen, von denen der Weise sagt: Die neu zu Gott Bekehrten müssen ihre Seele zur Anfechtung, zur Versuchung vorbereiten (Sir 2, 1); und er überwindet den bösen Feind, damit sie es nur mit einem schon besiegten Feinde zu tun haben. Aber auch die letzteren lässt er vom bösen Geiste versuchen, damit sie sich nichts einbilden, damit sie nicht etwa glauben, sie blieben von Versuchungen frei, und so in Übung der Vollkommenheit nach und nach abliessen. Deshalb brachte Christus vierzig Tage mit Gebet und Fasten zu. Fasten und Gebet, sagt der hl. Apostel, sind obendrein oft das einzige Mittel, um eine bestimmte Art von Teufeln auszutreiben (Mt 17, 17-20).

Wie glücklich sind Deine Schüler, mein Heiland, dass Du sie mit Deinen Lehren und Beispielen zu allen Übungen eines heiligen Lebens angeleitet hast! Welch ein Vorzug ist es für sie, dass sie nur auf Dich schauen dürfen, um im christlichen Kriegsdienste vollkommen unterrichtet zu sein! Welch ein Trost, nur mit einem Feinde kämpfen zu dürfen, den Du schon überwunden hast! Ich müsste sehr träge sein, wenn ich mich von ihm angreifen, und sehr treulos gegen die Gnaden, womit Du meiner Schwachheit zu Hilfe kommst, wenn ich mich von ihm überwinden liesse.
 

Widerstand als Waffe

Der böse Feind ist ein listiger, feiner und eigensinniger Versucher, der niemals aufhört, uns zu versuchen, und alle Gelegenheiten bei unseren Bedürfnissen, Neigungen und selbst bei unseren besseren Handlungen ergreift, um uns zum Bösen und besonders zur Hoffart zu verleiten. Dasselbe versuchte er mit dem Sohne Gottes. Er machte mehrere Angriffe auf ihn, ohne sich durch seine Siege zurückweisen zu lassen. Dadurch ward er nur mutig gemacht zu neuen Kämpfen. Er ergriff die Gelegenheit, als unser Herr fastete, um ihn zur Unmässigkeit zu versuchen. Jesu Einsamkeit in der Wüste, wohin er vor dem Beifalle des Volkes geflohen war, diente ihm dazu, den Erlöser auf die Höhe des Tempels zu führen und ihn zu bewegen, dass er aus Hochmut ein auffallendes Wunder vor den Augen der Menschen wirke. Und endlich sein anhaltendes Gebet und die dadurch seinem himmlischen Vater erwiesene Huldigung gaben ihm Gelegenheit, ihn zum Götzendienste anzureizen, indem er ihm alle Königreiche der Welt versprach, wenn er vor ihm niederkniete und ihm jene höchste Verehrung bezeigte, die nur Gott allein gebührt. Dies ist die List und der Eigensinn Satans; aber der Heiland lehrt uns die Art und Weise, wie wir die eine vereiteln und über den andern glorreich triumphieren können. Die 1. Versuchung vertrieb Christus mit dem Hinweis, dass das Wort Gottes ein Himmelsbrot sei. Es sättige die Seele und verschaffe dem auf Gott demütig Vertrauenden auch jenes Brot, das den Hunger des Leibes stillt. Die 2. Versuchung wies der Herr mit der bescheidenen Antwort von sich, dass man weder ohne Not noch aus blosser Ruhmsucht Wunder wirken dürfe. Und bei der dritten endlich waffnete er sich mit einem heiligen Eifer gegen die Unverschämtheit des bösen Feindes und vertrieb ihn mit Unwillen, indem er sprach: «Weiche, Satan, denn es steht geschrieben: Du sollst den Herrn, Deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen» (Mt 4, 10).

Widerstehst du dem Versucher ebenso, meine Seele?.

Ergreifst du dieselben Waffen, um dich zu verteidigen?

Das göttliche Wort, das Vertrauen auf Gott, die Ergebung in seine Vorsehung, aber vor allem die Demut sind der undurchdringliche Schild gegen die Pfeile Satans.

Das war die bewunderungswürdige Tugend, mit der Du, mein Heiland, alle Deine Siege errungen hast. Sie wird auch mich dem Feinde meines Heiles furchtbar machen, wenn ich sie fleissig übe. Du hast diese Tugend auf eine erstaunliche Weise in der Wüste geübt, indem Du Dich den Angriffen des Fürsten der Finsternisse preisgabst -ihm gestattetest, dass er Dich führte, wohin er wollte- ihm auf seine tollkühnen Vorschläge antwortetest und Dich ihm auf seine Unverschämtheit nur mit einer Bescheidenheit entgegenstelltest, wovon dieser hoffärtige Geist noch kein Beispiel gesehen hatte. O demütiger Jesus, präge diese heilige Demut meinem Herzen ein, deren Übung Dich so mächtig machte. Mit ihr bin ich dann sicher, dass ich dem Teufel unzugänglich oder im Falle der Versuchung siegreich bin. Das wird die Folge Deiner Überwindung sein, o göttlicher Sieger, und ich werde Dich dafür loben und preisen in alle Ewigkeit.
 

Die süssen Früchte des Sieges

Nachdem der Sohn Gottes die Versuchung überwunden hatte, zog sich der Versucher beschämt zurück und verliess den siegreichen Heiland. Und sein Vater sandte ihm Engel, um ihm zu seinem Siege Glück zu wünschen und ihm zu dienen. Diese himmlischen Geister schätzten sich glücklich über ihren Auftrag. So, meine Seele, erwirbt sich jener den Beifall des Himmels, der die Mächte der Hölle überwindet.

Man wird in die Gesellschaft der Engel aufgenommen, wenn man die Teufel besiegt hat. Der Herr ist ein getreuer Gott, ein freigebiger und, wenn man so sagen darf, ungeduldiger Vergelter, wenn man für seine Sache und seine Ehre streitet. Er wartet mit der Belohnung seiner Diener nicht bis zum Tage des Gerichtes; kaum haben sie gestritten, so krönt er sie auch, tröstet sie und lässt sie die süssesten Früchte des Sieges geniessen. Geniessen wir aber diese so süssen Früchte so, dass wir dabei die Waffen niemals niederlegen. Wir haben einen Feind, der sich nur entfernt, um auf der Stelle wiederzukommen. Er zog sich von unserm Herrn auf einige Zeit zurück, sagt der Evangelist (Lk4, 13). Wir müssen daraus lernen, stets auf unserer Hut zu sein. Und da der Satan in seinem Hinterhalte nur neue Waffen schmiedet, um uns zugrunde zu richten, müssen wir die unsrigen immer bereit halten und umgürtet bleiben mit dem Schwerte des Geistes, das Gottes Wort selber ist. Der Herr hat uns heute seine Kraft und Wirksamkeit gezeigt.

 

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