Der Streit zwischen Fasching und
Fasten
Die
Fastenzeit als Vorbereitung auf Ostern beginnt am
Aschermittwoch.
Die Segnung und das Aufstreuen von Asche in
Kreuzform auf den Kopf sind ein beliebter alter
Brauch im Kirchenjahr. Dabei spricht der Priester:
«Gedenke,
o Mensch, dass Du Staub bist, und zum Staub kehrst
Du zurück»
(oder: «Kehrt
um und glaubt an das Evangelium»).
Vielerorts zeichnet der Priester auch ein Kreuz mit
geweihter Asche auf die Stirn. Es soll daran
erinnern, dass auch ich einmal sterben muss.
Was bin ich
gewesen?
Staub und Erde. Der
Herr der meinen Leib so gut aus nichts hätte
erschaffen können, wie er meine Seele gemacht hat,
wollte ihn lieber aus einem unbedeutenden, aber
schon vorhandenen Stoffe bilden,
1 um
mir die Niedrigkeit meines Ursprunges vor Augen zu
stellen, und
2 um
mich zur Liebe meines Schöpfers zu ermuntern.
Ich mag mir
noch so viel auf meine Geburt, meine
Schönheit und meine Herkunft einbilden, so
ist doch der unbedeutendste, hässlichste und
letzte Mensch in der Welt aus demselben
Stoffe gemacht wie ich. Die köstlichste
Frucht, die ich aus der Betrachtung der Erde
ziehen kann, ist, dass ich mich gern als
Staub der Strasse betrachte. Dies ist bald
gesagt, aber nicht so leicht getan. Du
allein, o göttlicher Jesus, kannst in meinem
Herzen eine solche Gesinnung zur Demut
bewirken. |
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Die Asche für die
Auflegung an Aschermittwoch wird aus den
Palmwedeln durch Verbrennen gewonnen, die im
Jahr zuvor bei der Palmprozession
mitgetragen oder als Palmsträusse gesegnet
wurden. |
Welchen
Dank soll ich Dir dafür erzeigen, o Herr?
Ich will jedesmal, wenn ich mich ansehe,
meine Augen zu Dir erheben und Dich als
Schöpfer loben. Ich will Dich in mir lieben
und mich bemühen, diese glorreiche
Ähnlichkeit, zu der Du mich erhoben hast, zu
bewahren. |
Was wird einst aus
mir werden?
Ich werde wieder zu
Staub werden, nach dem Urteile, das Gott über Adam
und seine ganze Nachkommenschaft ausgesprochen hat.
Warum aber sprach Gott dieses Urteil aus ?
1.
Um uns die Bosheit der Sünde erkennen zu lassen. Sie
allein war die Ursache, dass ein so vollkommenes
Werk Gottes auf eine so schimpfliche Weise zerstört
wurde. Durch einen einzigen Menschen, sagt der hl.
Paulus (Röm 5,
12), war die
Sünde in die Welt gekommen und durch die Sünde der
Tod. Wenn ich darüber öfter nachdächte, würde ich
sie wohl so leicht begehen?
2.
Um uns ein immerwährendes Mittel gegen unsern Stolz
ins Herz zu legen. Mit dem Grabesstaube endet alle
menschliche Pracht und Grösse, alle Glücksgüter
dieser Erde vergehen am Rande des Grabes. Ich soll
daher oft zu mir selbst sagen: Heute gehe ich auf
Staub, und morgen geht man auf mir.
3.
Um uns Gesinnungen der Busse einzugeben. Das wollte
der Hl. Geist durch die geheimnisvollen Worte
lehren: Bestreuet euch mit Staub
(Mich 1, 10),
d. h. der du in einem Leibe lebst, der nichts als
Staub ist, nimm das Busskleid und Asche und mit
dieser Vorbereitung zur Busse erscheine vor dem
Herrn, um seinen Zorn zu besänftigen. Auf diese
Weise will ich von nun an vor Dir erscheinen, o mein
Gott, und im Vertrauen auf Dein Wort und Deine Güte
bin ich sicher, dass Du mein Herz nicht verachten
wirst, wenn es zerknirscht und demütig ist vor Dir!
(Ps 50, 19)
Was bin ich
gegenwärtig anders als Staub?
Der Herr sagt uns, um
uns daran zu erinnern:
„Gedenke,
o Mensch, dass du Staub bist!“
Er sagt nicht nur, dass wir uns erinnern sollen,
dass wir aus dem Staube entstanden sind und wieder
zu Staub werden müssen, sondern dass wir gegenwärtig
wirklich Staub sind.
Dies ist ein
wichtiger Grund zur Verdemütigung für jeden
Menschen.
Diese
Frage muss ich daher oft an mich stellen, um selbst
aus meinem Elende ein wirksames Mittel gegen meinen
Stolz zu ziehen. Doch ohne Deine Gnade bin ich
hilflos, o Gott! Ich bin wirklich fest entschlossen,
diese heilsame Asche beständig auf meinem Haupt zu
tragen, doch nur Du kannst sie bis in mein Herz
dringen lassen.
Die Fastenzeit ist eine Gelegenheit, nicht alles
unbesehen hinzunehmen, sondern an allem die
Unterscheidung der Geister zu üben, etwas tun zur
Sammlung und zur Weiterbildung unseres Geistes und
unserer Seele.
Ein Kind als Märtyrer
des Fastengebotes
Am
17. März 1893 wurde in Ipek
(Albanien)
ein 8jähriger christlicher Knabe das Opfer unversöhnlichen
Hasses. Als sich das Kind zu Besuch bei einem türkischen
Verwandten aufhielt, drängte dieser es auf alle
Arten, ein Kruzifix anzuspeien und
-es
war Freitag-
Fleisch zu essen. Mit einem Mut, der weit über sein
Alter hinausging, küsste der Kleine ehrfurchtsvoll
das Kreuz und drückte es an die Brust. Darüber
geriet der Türke in Wut und erschoss den Knaben mit
drei Revolverschüssen.
Wie sich Jugendliche
auf Ostern vorbereiten
«Im letzten Jahr
habe ich in der Karwoche oft an einer Frühschicht
teilgenommen, was ich auch diesesmal wieder tun
möchte. Das gemeinsame Beten und Meditieren mit
Gleichaltrigen gibt mir sehr viel. In dieser
Gemeinschaft kann ich mich wenigstens richtig auf
die Osterfeiertage vorbereiten, zu Hause habe ich
dazu gar nicht die Ruhe und Musse.»
So wie der 16jährigen Mina ergeht es vielen
Jugendlichen: Jeder ist in Schule oder Ausbildung so
eingespannt, dass er die Fastenzeit als Zeit der
Besinnung und Umkehr gar nicht richtig nutzen kann.
Doch es lohnt sich, dem Alltagsstress wenigstens
zeitweise ade zu sagen!
Gerade für junge Leute gibt es in der Fastenzeit
viele Angebote: Kirchliche Stellen und
Ordensgemeinschaften laden zu «Tagen der Stille»
oder «Kloster auf Zeit» ein.
Jugendgruppen gestalten Frühschichten und
Jugendgottesdienste, Verbände und kirchliche
Einrichtungen führen Fastenaktionen und
Kreativ-Wochenenden durch.
«Anfangs kostet es schon Überwindung, ein Wochenende
für so etwas zu opfern.
Unter der Woche ist man doch so eingespannt, dass
man sich nach seiner Freizeit sehnt. Doch ich habe
mein Kreativ-Wochenende nicht bereut. Die
Veranstaltung war total abwechslungsreich, ich habe
gemerkt, dass es vielen Jugendlichen mit Schulstress
ergeht wie mir», berichtet der 17jährige Gymnasiast
Karsten.
Nina-Maria und Charlotte, zwei 18jährige
Freundinnen, haben sich dazu entschlossen, die
Kartage in einem Kloster mitzuleben. «Unsere Freunde
haben uns anfangs für verrückt erklärt, aber wir
wollen unserer Seele endlich einmal Ruhe gönnen, uns
auf das Wesentliche konzentrieren. Einkaufsstress,
Besuche organisieren und Putzen können nicht der
Sinn der Osterzeit sein. Bisher haben wir immer erst
in der Osternacht verwundert festgestellt, dass ja
Ostern ist! Die 40 Tage vorher haben wir total mit
Arbeit zugepflastert», gestehen die beiden jungen
Frauen, die gerade eine Ausbildung zur Friseuse
absolvieren.
«Intensiv erleben», «sich auf das Wesentliche
konzentrieren» -was ist es genau, das gerade
Jugendliche in dieser Zeit vor Ostern anspricht? Ist
es die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, die Zeit
für kreative Beschäftigungen wie das Gestalten einer
Osterkerze, das gemeinsame Frühstück nach einer
Frühschicht oder das Einüben österlicher Gesänge?
«Es klingt
vielleicht lächerlich, aber ich habe das
letztemal in der Grundschule eine Osterkerze
gestaltet. Jetzt mit 16 tue ich das wieder,
sehe aber einen ganz anderen, tiefen Sinn
dahinter. Überhaupt weiss ich die
österlichen Bräuche in Kirche und Familie
ganz anders zu schätzen, seit ich die
Fastenzeit als Zeit des Innehaltens für mich
selbst nutze: Kein Kino, kaum Fernsehen,
viel Lesen, viel Basteln. Das tut mir
richtig gut -und wenn dann natürlich andere
Jugendliche mitmachen, macht es umso mehr
Spass», unterstreicht auch die 16jährige
Kelly. Sie und ihr Bruder Johannes haben
sich ausserdem vorgenommen, in der Fasten-
und Osterzeit auf Kino- und Diskobesuche
gänzlich zu verzichten und auch den Fernseh-
und Videokonsum ziemlich zu reduzieren. |
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Ein Disco-Verzicht war schon für viele ein
Neubeginn. |
Gerade für Ostern
kann man dieses Opfer schon einmal bringen. «Wenn
einer sagt, dass er das nicht durchhält, dann ist er
ein ziemlicher Egoist», meint Kelly überzeugt.
(aus RSK Nr.
185)
Verzichten als Fasten
Grundlegender Sinn
des Fastens ist es, Leib und Seele in Ordnung zu
halten. Wenn Du spürst, dass Dein Gleichgewicht
bedroht ist und die Materie über den Geist zu
triumphieren beginnt, solltest Du prüfen, ob er
schon der Tyrannei des Stoffes, dem Materialismus
verfallen ist. Versuch einmal zu widerstehen: der
allzu vielen Süssigkeit, dem allzu lauten Schrei der
Moderne, der allzu grellen Sensation, raffe Dich zu
einem geistigen Fasten auf!
Du fastest mit den
Augen, wenn Du
auf das Fernsehen verzichtest, nicht jede
Illustrierte studierst usw.
Du fastest mit den
Ohren, wenn Du
die Schulaufgaben mit Musikfasten lösest, bei
unsauberen Reden Dich abwendest usw.
Du fastest mit der
Nase, wenn Du
sie nicht neugierig in fremde Angelegenheit steckst,
die Parfümflaschen meidest usw.
Du fastest mit der
Zunge, wenn Du
über niemand lieblos redest und Geheimnisse
bewahrst, freitags kein Fleisch issest usw.
Du fastest mit den
Händen, wenn Du
mit ihnen Deinen Eltern Arbeit abnimmst, sie für
gute Werke anderen leihst usw.
Der Streit zwischen Fasching und
Fasten
Zur selben Zeit, als
italienische Künstler das Christentum und die Antike
idealisierten, gestaltete Pieter Bruegel eine völlig
andere Welt. Er stellte das kurze Leben des
einfachen Volkes mitsamt seinen Vergnügungen dar,
die in vielem an unsere Zeit erinnern. Damals hatte
der Protestantismus in den Niederlanden Fuss
gefasst. Die Zersetzung in Staat und Kirche führte
dann zu jenem für Europa entscheidenden 80jährigen
Krieg
(N-Provinzen der NL gg. Habsburg).
Bruegel stellt in seinem Gemälde
Der Streit zwischen Fasching
und Fasten anschaulich den alten und doch
stets neuen Kampf zwischen Masslosigkeit und
Mässigung dar, links das Wirtshaus, rechts die
Kirche. Wie die Kirche das Haus Gottes ist, so ist
die Taverne der Tempel des Teufels, der Ort der
Zerstörung, der Betrunkene das Sinnbild des
Gefallenen. Mit nachsichtiger Ironie gegenüber
menschlichen Schwächen wettert Bruegel auf seine Art
gegen die Sündhaftigkeit seiner Zeit. Er versucht
mit allem, was hässlich und abstossend ist, in uns
die Sehnsucht nach vollkommener Schönheit zu
erwecken.
Diese
Szene gab dem Gemälde den Titel; Der Streit
zwischen Fasching und Fasten (Ausschnitt),
Der Streit
zwischen Fasching und Fasten von Pieter Bruegel
(ca. 1525-1569) illustriert ein flämisches Dorffest
des 16. Jh. Der Betrachter findet Dutzende von
Faschingsattraktionen. Im Zentrum sitzt ein unmässig
beleibter Flame rittlings auf einem riesigen Fass
und trifft Anstalten zu einem Turnier mit einer
dünnen, hohlwangigen Gestalt, Verkörperung des
Fastens; Waffelverkäufer oder lüsterne Zuschauer
ergötzen sich an einem von Wanderschauspielern
aufgeführten Fastnachtsspiel mit dem zutreffenden
Titel „Die Hässliche Braut" usw.
Bruegels Gemälde
bleiben im Gedächtnis haften, weil sie den Verstand
beschäftigen. Gedrängt voll von herumwirbelnden
Menschengestalten und übersät von scharf
beobachteten Details aus der Realität des Alltags,
bilden sie eine Art romanhaften Wandteppich. Seine
Szenen illustrieren ihrem Wesen und ihrer Thematik
nach symbolisch die gefahrvolle Situation, in der
Bruegel den Menschen sah.
Fastnacht einst und
heute
Unser heutiges
Fastnachtstreiben hatte ein Gegenstück im Flandern
Bruegels: ein dreitägiges Fest, das mit Ess- und
Trinkgelagen jenen 40 Fastentagen der Bussezeit
vorausging, während der die fromme Bevölkerung
Wasser trank, nur wenig Fisch ass und allem Spiel
entsagte.
Natürlich musste der
Fasching, der reiche Gelegenheit bot, die Menschen
in ihrer ganzen Zügellosigkeit zu beobachten,
Bruegels satirischen Blick auf sich lenken. Den Kern
dieser panoramahaften Ansicht aus der Vogelschau
bildet ein Scheingefecht traditioneller Bestandteil
der Festlichkeiten:
ln der Mitte des Bildes reitet ein fetter, behäbiger
Mann in bunter Kleidung, der Fasching, auf einem
gewaltigen Bierfass, bereit zum Lanzenturnier mit
der Fastenzeit, einer hageren Gestalt im
Trauergewand, die auf einem unbequemen Betstuhl
sitzt.
Der Fasching prescht vor mit einem Bratspiess, an
dem ein üppiger Sonntagsbraten prangt. Hinter dem
Fasching tragen maskierte Schwarmgeister einen
reichbeladenen runden Tisch, saufen Bier und tanzen
beschwingt zu Klängen beleibter Musikanten. Vor der
Schänke „Zum Blauen Boot“ führen Komödianten ein
derbes Fasnachtsstück auf.
Auf der Gegenseite handhabt der Vertreter der
Fastenzeit, schwächlich einen Brotschieber, auf dem
zwei magere Heringe liegen, gezogen von zwei
ausgemergelten Mönchen. Dahinter folgt das fromme
Bussvolk mit Brotfladen und Bretzeln als
Fastenspeise. Am Dorfbrunnen im Bildzentrum wird
Fisch zum Verkauf angeboten.
Eigennutz und
Nächstenliebe
Im Gegensatz zum
Überschwang der linken Bildhälfte bietet die rechte
Hälfte Beispiele von echter Frömmigkeit und
christlicher Nächstenliebe, gelebter Caritas.
Links werden
bettelnde Krüppel von schwerbeladenen
Marktheimkehrern völlig ignoriert und wird Geld
gespielt.
Rechts werden die Hüte der Bettler und
Bedürftigen mit Gaben gefüllt.
Den ausgelassenen derben Szenen auf der linken Seite
werden rechts die betenden, beichtenden und
almosenspenden Gläubigen vor der Kirche
gegenübergestellt.
Eine
Gegenüberstellung der Zeit ist kaum beruhigender:
1453 fiel Konstantinopel an die Türken, deren
wiederholte Angriffe auf Europa erst mehr als 100
Jahre später -nach Bruegels Tod- zum Stillstand
kamen. Um die gleiche Zeit wurden die Schlachten des
100jährigen Krieges zwischen Frankreich und England
geschlagen. Die Pestgeissel suchte Europa mehrmals
heim und förderte ein Klima der Angst, in der
Astrologie, Hexerei und Anarchie wie nie zuvor
gediehen. Geheime Sekten antiker heidnischer Kulte
wurden von skrupellosen Männern und Frauen geleitet.
Der innerkirchliche Zerfall und der Protestantismus
förderten Unsicherheit und Glaubenszweifel. |