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Die Liturgie und die Sakramente weisen den Weg
Vom Fasten
Der
Kirchenvater Petrus Chrysologus
(5. Jh.)
schärft seinen Zuhörern um 440 in Ravenna ein,
dass das Fasten nicht für sich allein betrachtet
werden dürfe. Seine Worte sind auch heute
aktuell:
«Gebet,
Barmherzigkeit und Fasten, diese drei bilden nur
eines. Sie geben einander das Leben. Denn die
Seele des Gebetes ist das Fasten. Das Leben des
Fastens ist die Barmherzigkeit. Niemand reisse
sie auseinander! Sie dürfen nicht voneinander
getrennt werden. Wenn man nur eines von diesen
dreien hat oder sie nicht miteinander übt, hat
man nichts. Wer also betet, der faste! Wer
fastet, der übe Barmherzigkeit!»
Der Sinn des Fastens
Nicht das Essen ist etwas Schädliches, das sei
ferne! Aber die Genusssucht ist schädlich, wenn man
sich über den Appetit hinaus anfüllt und den Bauch
vor Fülle fast zerspringen macht. Das verdirbt ja
sogar die Freude an der Speise. Und ebenso ist es an
sich nicht etwas Schlechtes, Wein mit Mass zu
geniessen; aber schlecht ist es, sich der
Trunkenheit zu ergeben und durch solche Unmässigkeit
die Urteilskraft des Geistes aufzuheben. Ist jemand
aus körperlicher Schwäche nicht imstande,
[in der Fastenzeit]
den ganzen Tag ohne Speise zuzubringen, so wird ihn
kein Rechtdenkender darob tadeln können. Wir haben
ja einen Herrn, der sanftmütig und
menschenfreundlich ist und nichts fordert, was über
unsere Kräfte geht. Die Enthaltsamkeit von Speisen
und das Fasten fordert er nicht um ihrer selbst
willen von uns, etwa, damit wir ohne Speise bleiben,
sondern damit wir uns von den Geschäften dieses
Lebens loslösen und all unsere Musse auf geistige
Dinge verwenden.
In Wahrheit: es gibt
viel erhabenere Wege als den der Enthaltsamkeit von
Speise, die imstande sind uns die Türe der
Zuversicht zu Gott zu öffnen. Wer also Speise
geniesst und nicht imstande ist zu fasten, soll
dafür reichlicheres Almosen geben, soll Gebete
verrichten, soll grossen Eifer in der Anhörung der
göttlichen Worte zeigen. In diesen Dingen ist uns
die Schwäche des Leibes ja kein Hindernis. Ein
solcher soll sich mit seinem Feind aussöhnen und
jede Rachsucht aus seiner Seele verbannen. Ist er
imstande, das alles auszuführen, dann hat er das
wahre Fasten geübt, jenes, das unser Herrscher am
meisten von uns fordert. Denn er befiehlt uns ja die
Enthaltsamkeit von Speisen nur aus diesem einzigen
Grunde, dass wir die Erregungen des Fleisches zügeln
und es zur Erfüllung der göttlichen Gebote williger
machen.
Das Fasten ist die Speise der Seele |
»Je
mehr unser äusserlicher Mensch zugrunde
geht, desto mehr wird unser innerlicher
Mensch erneuert.«
[2 Kor
4,16]
Das Fasten ist die Speise der Seele.
Wie die körperliche Speise den Leib stärkt,
so macht das Fasten die Seele kräftiger und
verschafft ihr beweglichere Flügel, hebt sie
empor und lässt sie über himmlische Dinge
nachdenken, indem es sie über die Lüste und
die Freuden des gegenwärtigen Lebens erhaben
macht. Wie leichte Fahrzeuge das Meer
schneller durchqueren, schwerbelastete
Schiffe aber untergehen, so macht das Fasten
die Gedanken leichter und befähigt uns, das
Meer dieses gegenwärtigen Lebens mit
Leichtigkeit zu durchfahren und zum Himmel
und den himmlischen Dingen emporzuschauen
und die gegenwärtigen Dinge für nichts zu
achten, sondern an ihnen vorüberzugehen,
weil sie nichtiger sind als Schatten und
Träume. |
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In Syrien verbrachten Säulenheilige (=Styliten)
im 4. Jh. ihr Leben auf Säulen. «Wer aber
abgesondert für sich lebt, macht die
Gnadengaben... durch den Nichtgebrauch
unnütz, indem er sich vergräbt.» (Basilius). |
Umgekehrt
beschwert die Trunksucht und Eßgier die
Gedanken; sie fördert den Leib und macht
umgekehrt die Seele zu einer
Kriegsgefangenen, die sie von allen Seiten
belagert und an starker Urteilskraft der
Gedanken hindert. Sie schleudert sie in die
Abgründe und treibt sie an, in allem gegen
ihr Heil zu handeln. |
Johannes
Chrysostomus (344-407): Homilien zur Genesis |
Vom fröhlichen
Fasten
Der Herr
sagt:
»Wenn
ihr fastet, so schaut nicht finster drein
wie die Heuchler; denn diese entstellen ihr
Antlitz, damit die Menschen sehen, daß sie
fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben
ihren Lohn empfangen.
Wenn aber du fastest, so salbe dein Haupt
und wasche dein Gesicht, damit du mit deinem
Fasten nicht auffällst vor den Menschen,
sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen
ist; und dein Vater, der im Verborgenen
sieht, wird dir vergelten.«
[Mt
6,16-18]
Zeigen wir uns alle für die kommenden
Fasttage nicht niedergeschlagen, sondern
frohgestimmt, wie es Heiligen ziemt! Kein
Mutloser wird gekrönt, kein Trauriger
errichtet ein Siegeszeichen. Sei nicht
betrübt, wenn du geheilt wirst!
Töricht, ob der Gesundheit der Seele sich
nicht zu freuen, dafür aber über den Wechsel
der Speisen zu trauern und so sich mehr
besorgt zu zeigen um die Lust des Bauches
als um das Wohl der Seele. Die Sättigung
geschieht dem Bauche zulieb, Fasten aber
bringt der Seele Gewinn. Sei froh, dass dir
vom Arzt ein Heilmittel gegeben worden ist,
das die Sünde tilgt. Wie die Würmer im
Gedärm der Kinder durch gewisse sehr bittere
Arzneien vertrieben werden, so tötet das
Fasten, das wirklich diese Bezeichnung
verdient und auch in die Seele eindringt,
die tief wurzelnde Sünde.
Wasche deine
Seele rein von Sünden, damit du Christi
teilhaftig werdest, und so geh ans Fasten!
Verhülle dein Antlitz nicht wie
Schauspieler! Das Antlitz wird verhüllt,
wenn die innere Stimmung durch künstlichen
Schein äusserlich verdunkelt und mit der
Lüge wie mit einem Schleier verdeckt wird.
Ein Schauspieler ist, wer im Theater eine
andere Person vorstellt, oft den Herrn
spielt, indes er Knecht ist, oder den König,
obschon er Privatmann ist. So spielen auch
in diesem Leben die meisten Menschen wie auf
einer Bühne ihr Leben lang Theater, indem
sie im Herzen anders gestimmt sind, als sie
sich vor der Öffentlichkeit geben. Verstelle
also dein Antlitz nicht! Wie du bist, so gib
dich! Stelle dich nicht mürrisch und
finster, um so in den Ruf eines Asketen zu
kommen! Eine Wohltat, die man ausposaunt,
bringt keinen Nutzen, und ein Fasten, das
man offen zur Schau stellt, keinen Gewinn.
Was man aus Prahlerei tut, trägt nicht
Frucht für das künftige Leben, sondern endet
mit dem Lob der Menschen. Eile daher freudig
zum Geschenk des Fastens! |
Basilius der Grosse: Predigt
über
das Fasten |
Die Liturgie und
die Sakramente weisen den Weg
Die
Texte der Liturgie in der Fastenzeit geben uns
Hinweise für die Gestaltung dieser Zeit. Diese «Tips»
sind ein Schlüssel für die Umkehr des einzelnen
Menschen in seiner Ganzheit, also als Leib, Seele
und Geist.
Das 3. Kirchengebot verlangt:
«Du
sollst wenigstens zur Osterzeit die heilige
Kommunion empfangen».
Wer sich auf dieses Sakrament vorbereiten will,
kommt nicht umhin, vorher das 2. Kirchengebot zu
erfüllen: «Du
sollst Deine Sünden jährlich wenigstens einmal
beichten.»
Zeichen der Busse und Versöhnung
Der Christ
kann seiner inneren Busse auf verschiedene Art
Ausdruck geben.
Die Hl. Schrift und die Kirchenväter sprechen von
drei Hauptformen:
Fasten, Beten und Almosengeben als Äusserung
der Busse gegenüber sich selbst, gegenüber GOTT und
gegenüber den Mitmenschen. Die tägliche Umkehr und
Busse finden ihre Quelle und Nahrung in der
Eucharistie, denn in ihr wird das Opfer Christi
gegenwärtig, das uns mit GOTT versöhnt hat.
Die Busszeiten und -tage während des Kirchenjahres
-
die
Fastenzeit, jeder Freitag zum Gedächtnis des Todes
des Herrn-
sind prägende
Zeiten im Bussleben der Kirche. Diese Zeiten eignen
sich besonders für Exerzitien, Bussliturgien und
Busswallfahrten und zu freiwilligen Verzichten.
Werke der Barmherzigkeit
Die Kirche lässt sich
in ihrer Liebe zu den Armen, die zu ihrer festen
Tradition gehört, vom Evangelium der
Seligpreisungen, von der Armut Jesu und seiner
Zuwendung zu den Armen leiten. Die Liebe zu den
Armen ist für den Christen sogar einer der
Beweggründe, zu arbeiten und etwas zu „verdienen,
damit er den Notleidenden davon geben kann“
(Eph4,28).
Dies betrifft nicht nur die materielle Armut,
sondern auch zahlreiche Formen kultureller und
religiöser Armut. Der Hl. Johannes Chrysostomus
erinnert an diese Pflicht des Gebens:
«Die
Armen nicht an seinen Gütern teilhaben lassen,
heisst sie bestehlen und ihnen das Leben nehmen.
Nicht unsere Güter haben wir in Besitz, sondern die
ihrigen.»
Belehren, raten, trösten, ermutigen sowie vergeben
und geduldig ertragen sind geistliche Werke der
Barmherzigkeit. Leibliche Werke der Barmherzigkeit
sind vor allem: die Hungrigen speisen, Obdachlose
beherbergen, Nackte bekleiden, Kranke und Gefangene
besuchen und Tote begraben. Unter diesen Werken ist
das Almosenspenden an Arme eines der Hauptzeugnisse
der Bruderliebe; es ist auch eine GOTT wohlgefällige
Tat der Gerechtigkeit.
Schon im Alten Testament entsprechen allerlei
gesetzliche Massnahmen
(Schuldenerlassjahr,
Verbot, Zins zu verlangen und ein Pfand zu behalten,
Verpflichtung zum Zehnten, tägliche Bezahlung von
Tagelöhnern, Recht zur Nachlese in Weinbergen und
auf Fruchtfeldern)
der Mahnung: «Die Armen werden niemals ganz aus
deinem Land verschwinden. Darum mache ich dir zur
Pflicht: Du sollst deinem notleidenden und armen
Bruder, der in deinem Land lebt, deine Hand öffnen»
(Dtn 15,11).
In den
Gebeten der Eucharistiefeier heisst es z.
B.: |
● |
Hilf uns,
umzukehren und Taten der Busse und der Liebe
zu vollbringen, damit wir unseren bösen
Neigungen nicht nachgeben. |
● |
Stärke
uns, damit wir fasten können, wie es Dir
gefällt, und durch die Feier dieser Tage
Heilung finden. |
● |
Schenke
uns grösseren Eifer zu einem Fasten, wie Du
es liebst. |
● |
Stärke
uns in unserer Schwachheit. |
● |
Sei uns
Stärkung auf dem Weg zur Vollendung. |
● |
Die
Entsagung mindert in uns die Selbstsucht und
öffnet unser Herz für die Armen. |
● |
Durch das
Fasten des Leibes hältst Du die Sünde
nieder, erhebst Du den Geist, gibst Du uns
die Kraft und den Sieg. |
● |
Schenke
uns die wahre Weisheit, damit wir das
Verlangen nach irdischen Freuden mässigen
und das Unvergängliche mehr lieben als das
Vergängliche. |
● |
Was wir
dem Leib an Entsagung auferlegen, das trage
reiche Frucht und erneuere unseren Geist. |
● |
Hilf uns,
alles zu meiden, was uns schadet, und zu
suchen, was uns zum Heil dient. |
Die Gnade - Hilfe und Geschenk
In
diesen Texten ist nicht allein die Abstinenz
gemeint, also ein Verzicht auf Fernsehen, Fleisch,
Alkohol, Naschwerk und Rauchen usw., sondern eine
Umkehr des ganzen Menschen ist gefordert. Als Hilfe
stehen ihm die Sakramente zur Verfügung. In
sichtbaren Zeichen machen das Leben und Wirken
Christi in der Seele wirksam. Ausser der Verleihung
(Taufe), Stärkung oder Wiedererlangung (Beichte) der
heiligmachenden Gnade bewirkt jedes Sakrament noch
eine besondere sakramentale Gnade. Sie ist nach dem
Hl. Thomas v. Aquin ein dem besondern Zweck des
jeweiligen Sakramentes entsprechender
Gnadenbeistand.
Ursprung der Gottvergessenheit nach der Hl.
Hildegard
«Wiederum
sah ich eine grosse Menge Geister, die mit grossem
Geschrei riefen: ''Lasst uns dorthin eilen, wohin
wir nach unseren eigenen Vorstellungen müssen''.
Diese Mächte stürzen die Menschen in die
Gottvergessenheit und überreden sie, weder an ihren
Schöpfer noch an Seine Schöpfung zu glauben.»
Fasten als
Therapie
«Wenn
ich auf andere Dinge achten wollte, würde ich mich
nur von Gott entfernen. Nur Gott schenkt dem
Menschen Speise, Kleidung und alles Notwendige zum
Leben. Die Menschen sehen, wie alles wächst, wissen
aber nicht, wie das geschieht. Manche wissen nur,
dass sie aus Gott leben. Keiner kann die Menschheit
oder die Zeitalter am Leben erhalten. Noch könnte
einer auch nur das Geringste wieder zum Leben
erwecken. Nur Gott kann es!
Der Mensch soll dabei
Gott in Demut dienen und das Böse meiden, damit er
nicht durch seinen Eigensinn verdirbt. Ich will
daher den Gürtel der Enthaltsamkeit anlegen und in
der hellen Pracht der Glückseligkeit verweilen. Denn
ich bin unter dem Banner des Reiches Gottes ein
Fürst, ein Führer der Schlachtenreihe des Königs,
mit der Gott seine Werke ausfühlt.»
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