Wenn Tote
erweckt werden...
können noch so viele Zeugen das Ereignis
beglaubigen, die Zweifler und Leugner sind immer
zur Hand. Heute wie damals gilt das Jesuswort
"...werden sie
(die Menschen)
sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer
von den Toten aufersteht"
(Lk 16,31).
Mai 1623
Vor dem hochangeschwollenen Fluss machten die
beiden Knaben Franz und Hieronymus Genin das
Gelübde: "Wenn wir gut über den Fluss kommen,
besuchen wir das Grab des Franz von Sales und
hören die Hl. Messe in der Kirche, in der sein
Leib ruht." |
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In der
Kirche der Visitation in Annecy (100 km südl.
Genf) wird sein Grab wie eine Wallfahrtsstätte
geehrt und besucht. |
Als'
Hieronymus die Mitte des schwankenden Steges
erreicht hatte, wurde ihm schwindlig. Er tat
einen Fehltritt, stürzte auf die Planken und
rief noch im Fallen: "Seliger Franz v. Sales,
rette mich!" Doch bevor sein Bruder ihm helfen
konnte, war Hieronymus in den wilden Fluss
gefallen.
Als Franz vom
Ufer aus Hilfe geben wollte, sah er nur noch den
Hut auf dem Wasser wegschwimmen. Mehrere Stunden
später konnte man den Ertrunkenen aus dem tiefen
Wasser bergen. Die Leiche war bewegungslos, ganz
zerschunden und blau. Sie war so aufgedunsen und
hässlich, dass der Knabe nicht mehr zu erkennen
war.
Am nächsten
Tag war die Leiche noch unförmiger und
hässlicher. Am Abend wollte man den Toten, der
bereits so übel roch, dass man es in der Nähe
kaum aushielt, in einen Sarg legen und zur
Beerdigung abholen. Da erhob der Tote plötzlich
einen Arm, Die umstehenden hörten ihn klagen:
"O seliger
Franz von Sales!" Diese Worte lösten ein wirres
Durcheinander aus: Die einen liefen entsetzt
davon, andere fielen in Ohnmacht und die
Mutigsten riefen: "Ein Wunder, ein Wunder!" Als
Hieronymus aufstand, war er nicht mehr hässlich
und unförmig. Er erzählte:
"Im
Augenblick, als ich erweckt wurde, erschien mir
der Diener GOTTES (Franz v. Sales) in
bischöflichem Gewand und gab mir seinen Segen.
Er hatte ein strahlendes Antlitz und schaute
mich sanft und gütig an."
Das
geschah am 4. Mai 1623. Aber schon eine
Woche vorher, am 28. April 1623 wurde
auf die Fürbitte des Franz v. Sales die
Ordensschwester Angelika de la Pesse,
die in einem andern Fluss bei Hochwasser
ebenfalls ertrunken war, von den Toten
auferweckt.
Hieronymus ist später Priester geworden.
Als Pfarrer wirkte er in La Rochette
(Savoyen). Beide Wunder wurden von der
Kirche minutiös untersucht und als
Totenerweckung kirchlich anerkannt So
schrieb Papst Alexander VII. in der
Heiligsprechungsbulle für Franz v.
Sales: |
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Entgegen aller Prognosen, trotz
Attentaten und erbitterten Widerstandes
rekatholisierte Franz v. Sales das
calvinistische Chablais dank seiner
beharrlichen Güte und Liebe. 1661
selig-, 1665 heiliggesprochen, 1877 zum
Kirchenlehrer erhoben, 1923 zum Patron
der kaih. Presse und Schriftsteller
erklärt. |
"Es steht fest..., dass Hieronymus Genin, der
vom Wasser verschlungen war, gerade als sein
schon übelriechender und in einem Leichentuch
eingehüllte Leichnam herausgetragen werden
sollte, wieder lebendig wurde und einen Arm
erhob, zu sprechen anfing und Franz von Sales
pries, der ihm im selben Augenblick, da ihm das
Leben zurückkehrte, erschien im bischöflichen
Gewand und mit gütigem und verklärtem Antlitz.
(Magnum Bullarium Laertii Cherubim, Luxemburgi
1727, VI, 224)"
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An den
Heiligsprechungsfeierlichkeiten für Franz von Sales in
Annecy, im Mai 1665, nahmen beide Auferweckte persönlich
teil!"
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Reliquienschrein des hl. Franz von Sales in der
Basilika der Visitation von Annecy. |
Pfarrer
Wilhelm Schamoni hat aus den
Heiligsprechungsakten 20 Auferweckungen vom Tode
dokumentiert. Hier soll ein besonders
eindeutiger Fall, nämlich die Auferweckung des
Hieronymus Genin auf die Fürbitte des hl. Franz
von Sales durch die Wiedergabe wesentlicher
Teile von Aussagen aus dem
Heiligsprechungsprozeß präsentiert werden, die
Pfr. W. Schamoni übersetzt hat.
Die Aussage des Bruders des Verunglückten lautet
wie folgt:
"Aussage des Franz Genin, Steuereinnehmer und
Amtsschreibers von Ste Hélène-du-Lac, in der
Diözese St. Jean de Maurien Savoyen:
Saint François de Sales, Évêque et Docteur de la
Sainte ÉgliseIm Jahre 1623 wohnten mein Bruder
Hieronymus und ich bei Herrn Claudius Puthod,
Pfarrer von Les Ollières im Gebiet von Annecy,
Diözese Genf. Unsere Eltern hatten uns dort in
Pension gegeben, damit wir unter Anleitung des
Herrn Claudius Crozet, des Vikars von Herrn
Puthod, Latein lernen sollten.
Am letzten Tage des Monats April im Jahre 1623
war mein Bruder schwer von dem Herrn Claudius
Crozet gezüchtigt worden, weil er seine
Lektionen nicht gut gelernt hatte. Darauf faßten
mein Bruder und ich den Entschluß, zu unsern
Eltern zurückzukehren. Am gleichen Tage, ohne
irgend jemand unser Vorhaben mitzuteilen, gingen
wir am frühen Morgen los und kamen an den Fluß
Fier, der von Les Ollières ungefähr drei kleine
Meilen entfernt ist. Wir fanden den Fluß
außerordentlich angeschwollen von dem Schnee,
der einige Tage vorher reichlich gefallen war.
Und da wir ihn auf drei Planken überschreiten
mußten, die in keiner Weise aneinander befestigt
waren, zögerten wir darüberzugehen, aus Furcht
für unser Leben. Aber die Angst, wieder in die
Hände des Herrn Crozet zu fallen, ließ uns diese
Furcht überwinden. Jedoch, bevor wir es wagten,
fühlten wir uns angetrieben, uns der Fürbitte
des ehrwürdigen Dieners Gottes Franz von Sales
zu empfehlen, und nachdem wir uns hingekniet
hatten, machten wir das Gelübde, wir würden,
wenn wir unter seinem Schutze über den Fluß
kämen, sein Grab besuchen und die Messe in der
Kirche der Heimsuchung (de la Visitation) hören,
in der sein Leib ruht. Nach diesem Gelübde
wollte mein Bruder, welcher der ältere war, als
erster hinübergehen, und er sagte mir, ich solle
es unter keinen Umständen wagen hinüberzugehen,
bis er nicht auf dem anderen Ufer sei. Er
befürchtete, durch die Bewegung der schwankenden
Bretter könnten der eine oder andere oder sogar
wir beide zusammen in den Fluß fallen. Ich blieb
also am Ufer, während er fast bis zur Mitte des
Flusses gelangte, wo er schwindlig wurde und
daneben trat und mit dem Gesicht auf die Bretter
fiel und mit lauter Stimme rief: "Seliger Franz
von Sales, rette mich!" Ich hörte dies sehr
genau. Ich eilte zwei oder drei Schritte auf die
Bretter, um zu versuchen, meinem Bruder zu Hilfe
zu kommen, so weit mein Alter und meine Kräfte
es mir erlaubten. Aber vergebens! Denn im
gleichen Augenblick fiel mein Bruder in den Fluß.
Ich selbst war so erschrocken über seinen Fall,
daß ich selbst auch auf die Bretter fiel, und
ich war ebenfalls in Gefahr, das Leben zu
verlieren. Da ich aber ziemlich nahe am Ufer
war, rutschte ich, nachdem ich mehrere Male den
Diener Gottes angerufen hatte, indem ich schrie:
"Seliger Franz von Sales rette mich", auf dem
Bauche bis zum Ufer, von dem ich hergekommen
war, und nachdem ich mich aufgerichtet hatte,
betrachtete ich den Lauf des Flusses, ob ich
meinen armen Bruder sähe. Ich lief sogar das
Ufer entlang ungefähr zweihundert Schritte,
weinte und rief: "Mein Bruder, mein Bruder!"
Aber ich konnte nichts anderes sehen als seinen
Hut, der auf dem Wasser schwamm, und der war
schon sehr weit von mir weg.
Da ich sah, daß Weinen nichts nützte, kehrte ich
nach Les Ollières zurück, um Herrn Puthod unser
Unglück zu melden. Wie ich nun durch das Dorf
Ornay ging, fragten mich einige Leute, die mich
weinen sahen, nach dem Grunde meiner Tränen. Als
ich es ihnen erzählt hatte, eilten sie an das
Ufer des Flusses, während ich nach Les Ollières
ging. Da ich weder Herrn Puthod noch Herrn
Crozet fand, mußte ich bis zum Nachbardorf
weitergehen, um Hilfe zu holen und zu bestellen,
man möchte den genannten Herren Puthod und
Crozet Bescheid von dem Unglück geben, das
meinem Bruder zugestoßen sei, wenn sie wieder
zurückkämen. Darauf kehrte ich wieder an den
Fluß zurück. Ich fand dort mehr als dreißig
Personen. Mehrere sagten mir, sie suchten schon
über drei Stunden, ohne meinen Bruder entdecken
zu können. Einige Zeit später sah ich einen
gewissen Alexander Raphin kommen, begleitet von
seinem Sohn und mehreren anderen aus dem Dorfe
Ornay. Man sagte mir, er sei der beste Taucher
in der ganzen Gegend. Er pflegte zu tauchen und
die Leichen der Ertrunkenen aus dem Fluß zu
holen. Er habe schon eine ganze Anzahl solcher
ans Land gebracht. Ich bat ihn unter heißen
Tränen, meinen armen Bruder zu suchen, und ich
versprach ihm, der Herr Pfarrer von Les Ollières,
bei dem ich in Pension sei, werde es ihm
reichlich wiedergutmachen.
Mehrere von den Anwesenden baten ihn ebenfalls
darum. Er versprach, es zu tun, und fragte mich,
an welcher Stelle mein Bruder hineingefallen
sei. Nachdem er sie sich genau angesehen und die
Tiefe gemessen hatte, zog er sich aus und sprang
ins Wasser, wo er eine gute Viertelstunde, indem
er immer wieder an die Oberfläche kam, um Luft
zu schöpfen, tauchte. Da er nichts fand, stieg
er aus dem Wasser, wobei er sagte, daß er nicht
länger darin habe bleiben können. Nachdem er
sich wieder angezogen und ein wenig Wein
genommen hatte, wollte er gehen. Aber ich weinte
so sehr, und diejenigen, die dabeistanden, baten
ihn so dringend, daß er versprach, von neuem zu
tauchen und nicht eher zu gehen, als bis er die
Leiche meines Bruders gefunden habe. So sprang
er, nachdem er sich lange ausgeruht hatte, an
derselben Stelle wiederum ins Wasser und suchte
nach allen Seiten. Dann ging er ein großes Stück
weiter hinunter, ohne Erfolg, und gezwungen, aus
dem Wasser zu steigen und seine Kleider wieder
anzuziehen, sagte er von neuem, das Wasser sei
zu kalt, als daß er noch länger suchen könne.
Dann gingen alle, die herbeigekommen waren, mit
dem Herrn Raphin den Fluß hinunter und hielten
Ausschau, wo etwa der Körper festgehalten sein
könnte. Schließlich, nach einer Stunde Suchens
ungefähr, stießen sie in dem Dreh einer Krümmung
des Flusses auf einen außergewöhnlich tiefen
Kolk. Und der Herr Raphin und die anderen
meinten, daß er vielleicht in diesem Wasserloch
festliege. Darum entkleidete er sich wieder,
und, nachdem er sehr lange getaucht hatte, kam
er wieder hoch und rief: "Ich habe ihn
gefunden!" Dann stieg er aus dem Wasser und
sagte, er könne nicht mehr, er müsse sich erst
erholen, dann werde er nochmals tauchen und ihn
bergen. Das tat er, er brachte ihn an einem Arme
hoch unter sehr großer Anstrengung. Der Sohn des
genannten Raphin stürzte sich ins Wasser, um
seinem Vater zu helfen und stieß den Körper vor
sich her. Sobald er aus dem Wasser war, legte
man ihn auf die Erde. Ich sah ihn so aufgedunsen
und häßlich, daß er nicht mehr zu erkennen war.
Die Anwesenden alle, weil sie ihn bewegungslos,
ganz zerstoßen und blau sahen, sagten, er sei
tot. Dann nahm ihn sich der Herr Raphin auf die
Schulter und trug ihn in das Dorf Ornay und
legte ihn in einer Scheune auf die Erde. Da aber
der Herr Pfarrer von Ville gekommen war und ihn
lange betastet hatte und keinerlei Bewegung
feststellte, sagte er laut: "Er ist tot, daran
kann man nicht zweifeln. Trotzdem, weil er bei
Herrn Pfarrrer von Les Ollières wohnt, kann man
ihn nicht beerdigen, bevor dieser benachrichtigt
ist und über das Begräbnis verfügt hat."
Infolgedessen wartete man bis zum folgenden Tag.
Inzwischen ließ Herr Pfarrer schon auf dem
Kirchhof das Grab ausheben an der von ihm
bezeichneten Stelle. Er fragte mich, ob es lange
her sei, daß mein Bruder Hieronymus gebeichtet
habe. Ich antwortete ihm, ich hätte gesehen, wie
er am letzten Karsamstag bei Herrn Pfarrer von
Les Ollières beichete. Mittlerweile war dieser
Pfarrer selbst angekommen, und als er diesen
armen Leichnam sah, kniete er sich hin und
betete sehr lange. Als er sich dann erhob, ging
er auf mich zu und sagte mir diese Worte: "Wenn
du und dein Bruder gehorsamer gewesen wäret,
würden du und ich weniger Leid haben." Er sagte
mir, ich solle mit ihm zu Herrn Pfarrer von
Ville gehen, und bat diesen Herrn Pfarrer um den
Trost, am nächsten Morgen das Beerdigungsamt
halten zu dürfen. Dieser war einverstanden und
lud uns zum Abendessen ein. Während der Mahlzeit
ließen sie sich von mir alle Einzelheiten des
Unglücks erzählen. Ich erwähnte ihnen in
besonderer Weise das Gelübde, das mein Bruder
und ich dem Diener Gottes gemacht hatten. Darauf
versicherte Herr Puthod, er habe sich, während
er bei der Leiche betete, angetrieben gefühlt,
Gott zu bitten, auf die Verdienste seines
Dieners Franz von Sales diesem jungen Menschen,
der seiner Obhut anvertaut worden war, das Leben
wiederzugeben, und daß, wenn die göttliche Güte
sein Gebet erhören würde, er gelobt habe, an
neun Tagen nacheinander in der Kirche, in
welcher der Leib des Dieners Gottes ruht, die
hl. Messe zu lesen. Gegen Ende des Abendessens
kam ein gewisser Stephan Gonet aus Annecy und
wollte Herrn Pfarrer von Ville fragen, ob er
etwas nach Annecy mitzunehmen habe. Herr Puthod,
der Pfarrer von Les Ollières, kannte den Herrn
Gonet und erzählte ihm die Bedrängnis, in der er
sich befand, und von den Gelübden, die mein
Bruder und ich und später er dem Diener Gottes
gemacht hätten. Dann bat er ihn, er möge, wenn
er nach Annecy gekommen sei, noch bevor er in
sein eigenes Haus trete, so freundlich sein und
die genannten Gelübde am Grabe des Dieners
Gottes darbringen. Der Herr Gonet versprach es,
er fügte sogar hinzu, er werde eine Messe in
dieser Meinung lesen lassen.
Nach dem Abendtisch gingen die beiden Pfarrer in
die Scheune, in welcher der Leichnam lag. Sie
ließen Weihwasser bringen und beteten die
Totenvigil. Ich ging mit ihnen und wollte
bleiben und die ganze Nacht bei meinem armen
Bruder wachen. Aber der Herr Puthod wollte es
mir nicht erlauben. Er brachte mich ins Haus des
Pfarrers von Ville zurück, wo ich schlief und
erst ziemlich spät aufstand wegen meiner großen
Müdigkeit. Sobald ich aufgestanden war, kehrte
ich mit Herrn Puthod in die Scheune zurück. Ich
fand die Leiche meines Bruders noch unförmiger
und häßlicher als am Vorabend. Herr Puthod
betete sehr lange und ging dann. Eine Stunde
später kam er zurück mit dem Herrn Pfarrer von
Ville. Sie hatten Rochett und Stola angelegt und
kamen mit Kreuz und Weihwasser, um die Leiche
zur Beerdigung abzuholen. Jedoch in dem
Augenblick, wie man sie in einen Sarg legen
wollte (nach der Gewohnheit jener Gegend, wo man
die Leichen von Ertrunkenen erst dann in den
Sarg legt, wenn man sie zur Beerdigung
heraustragen will), erhob mein Bruder einen Arm.
Ich hörte ihn klagen und diese Worte sprechen:
"O seliger Franz von Sales!" Über diese Worte
waren alle Anwesenden derart entsetzt, daß die
einen davonliefen, andere in Ohnmacht fielen und
die mutigsten riefen: "Ein Wunder, ein Wunder!"
Die beiden Herren Pfarrer faßten meinen Bruder
an der Hand und hoben ihn hoch. Er war nun nicht
mehr häßlich und unförmig, wie einen Augenblick
vorher, sondern hatte sein gewöhnliches Gesicht.
Als Herr Puthod ihn fragte, ob er ihn kenne, gab
er diese Worte zur Antwort: "Ich kenne den
seligen Franz von Sales, er ist mir erschienen
und hat mir seinen Segen gegeben."
Man ließ Wein bringen. Er wusch sich Sand aus
dem Mund, den Augen, Ohren, der Nase. Man gab
ihm ein Hemd. Man konnte feststellen, daß er an
mehreren Stellen zerstoßen war. Mit geliehenem
Zeug kleidete man ihn an. Seine eigene Kleidung
war ganz naß und voller Schmutz. Danach erzählte
er, wie ihm im Augenblick, in dem er erweckt
wurde, der Diener Gottes in bischöflichem Gewand
erschien, so wie er auf unsern Bildern gemalt
ist, und habe ihm seinen Segen gegeben. Er habe
ein strahlendes Antlitz gehabt und ihn sanft und
gütig angeschaut. Darauf zogen wir uns mit dem
Herrn Puthod nach Les Ollières zurück. Als wir
angekommen waren, strömte alles zur Kirche, wo
Herr Puthod das Tedeum antstimmte.
Vom Abend dieses Tages an aß und trank mein
Bruder wie gewöhnlich. Wahr ist, daß er in der
Nacht über heftige Schmerzen an den Schenkeln,
den Armen und Füßen klagte, und der Herr Puthod
und ich sahen die Verletzungen an seinen
Gliedern. Die Schmerzen dauerten bis zu dem
Tage, an dem Herr Puthod uns nach Annecy
brachte, um unsere Gelübde am Grabe des Dieners
Gottes einzulösen (4. Mai). Als wir in die
Kirche der Heimsuchung (de la Visitation)
gekommen waren, ließ Herr Puthod meinen Bruder
sich auf das Grab des Dieners Gottes legen.
Nachdem er ungefähr eine halbe Viertelstunde
darauf gelegen hatte, erhob er sich mit
ungewöhnlichem Schwung, indem er sagte, die
heftigen Schmerzen, an denen er vorher gelitten
hatte, seien mit einem Schlage weg. Herr Puthod
ließ ihn eines der Hosenbeine hochziehen, und
wir fanden, daß alle seine Verletzungen geheilt
waren. Als wir in den Gasthof zurückgekehrt
waren und Herr Puthod ihn sich entkleiden ließ,
stellten wir fest, daß ihm keine Spur von all
seinen blutunterlaufenen Stellen geblieben war.
Sein Körper war genauso gesund und unverletzt
wie vor dem Sturz. Wir blieben in dieser Stadt
die ganzen neun Tage. Wir hörten dort die neun
Messen, die Herr Puthod in der Kirche feierte.
Nach dieser Novene kehrten wir sehr getröstet
nach Les Ollières zurück. Die Erinnerung an das
Wunder ist meinem Geist so tief eingeprägt
geblieben, daß kein Tag vergeht, an dem ich Gott
nicht dafür danke und mich der Fürbitte seines
Dieners empfehle."
Von der Aussage des Pfarrers Puthod sollen nur
einige Passagen zitiert werden.
"Herr Kanonikus Puthod, zur Zeit des Wunders
Pfarrer von Les Ollières, erklärte in seiner an
Einzelheiten reichen Aussage:
Am 29. April kehrte ich aus dieser Stadt Annecy
in mein Pfarrhaus von Les Ollières zurück. Dort
erzählte ich, nachdem ich die hl. Messe gefeiert
hatte, Herrn Claudius Crozet, meinem Vikar, und
den Brüdern Hieronymus und Franz Genin die
Auferweckung von Fräulein de la Presse. Die
beiden jungen Schüler waren ungefähr 13 - 14
Jahre alt, gebürtig aus der Pfarrei
Sainte-Hélène-du-Lac in der Diözese Maurienne.
Ihre Eltern hatten sie bei mir in Pension
gegeben, damit sie unter Anleitung des Herrn
Crozet die lateinische Sprache erlernen sollten.
Die Auferweckung dieses jungen Mädchens auf die
Fürbitte des Dieners Gottes Franz von Sales gab
mir Gelegenheit, die beiden Schüler zu ermahnen,
daß sie ihn verehren sollten ...
Ich wurde zur gleichen Zeit innerlich stark
angeregt, Gott und seinem Diener Franz von Sales
zu versprechen, daß ich, wenn es der göttlichen
Güte gefallen würde, zur Verherrlichung dieses
seines wahren Dieners diesem Leichnam das Leben
wiederzugeben, neun Tage in dieser Stadt Annecy
bleiben würde, um an ihnen neun Messen in der
Heimsuchungskirche zu feiern, wo sein Leib ruht.
Ich machte dieses Gelübde in der Scheune,
nachdem ich ein De profundis (= Ps 129) für die
Seelenruhe des Jünglings gebetet hatte...
Ich kehrte in die Scheune zurück und ging
sogleich auf den Körper zu, dessen Gesicht schon
von einem der Beistehenden freigemacht war. Ich
war erstaunt aufs äußerste, diesen jungen Mann
voller Leben zu sehen. Sein Gesicht war so wie
vor seinem Tode, die Augen offen, die Stimme
ziemlich fest, besonders als ich ihn fragte, ob
er mich nicht kenne. Er antwortete mir: "Ich
kenne den seligen Franz von Sales, durch den ich
auferweckt bin; und ich kenne auch Sie, Herr
Pfarrer." ...
Reliquienschrein des hl. Franz von
SalesReliquienschrein des hl. Franz von Sales in
der Basilika der Visitation von Annecy. (Prokura
der Missionäre des hl. Franz von Sales, 6,
chemin du Bac, Genf)
Am 4. Mai des genannten Jahres 1623 machten die
Brüder Hieronymus und Franz Genin und ich uns
gegen fünf Uhr morgens auf den Weg, um uns zur
Erfüllung unserer Gelübde in diese Stadt Annecy
zu begeben, zum Grabe des Dieners Gottes Franz
von Sales. Wir kamen dort gegen neun Uhr morgens
an. Ich feierte die hl. Messe, die erste der
neun, die ich versprochen hatte, dort zu feiern.
Ich reichte in ihr Hieronymus und Franz Genin
die hl. Kommunion, und sofort, nachdem ich in
der Sakristei meine Danksagung beendet hatte,
ließ ich Hieronymus sich mit seiner ganzen Länge
auf das Grab des Dieners Gottes hinlegen. Er
blieb so ungefähr eine halbe Viertelstunde,
währenddessen ich mit seinem Bruder Franz auf
den Knien blieb. Am Ende dieser Zeit erhob er
sich mit einem ungewöhnlichen Schwung, indem er
uns genau diese Worte sagte: "Durch die
Barmherzigkeit unseres Herrn sind meine
Schmerzen plötzlich verschwunden." Aus diesem
Grunde wollte ich seine Füße, seine Schenkel,
seine Arme nachsehen, die ich an diesem selben
Tage, bevor wir von Les Ollières fortgingen,
noch ganz schwarz und blau gesehen hatte. Darum
ließ ich ihn eines seiner Hosenbeine hochziehen,
und ich sah, daß sein Fuß ohne jede schwarze und
verletzte Stelle war. Ich dankte Gott für diese
Gnade. Und als wir in den Gasthof zurückgekehrt
waren, untersuchte ich nochmals seinen ganzen
Körper, und ich fand ihn ebenso gesund wie vor
dem Sturz in den Fluß.
Wir blieben in Annecy die ganzen neun Tage, an
denen ich die gelobten neun Messen zelebrierte
..."
Zum Schluß zitiert Pfarrer Schamoni noch aus der
Heiligsprechungsbulle des Papstes Alexander
VII.:
"Es steht durch öffentliche Verhandlungen, die
in Unserem und der hl. Ritenkongregation Auftrag
vorgenommen und mit Sorgfalt durchgeführt sind,
fest, daß Hieronymus Genin, der vom Wasser
verschlungen war, gerade als sein schon
riechender und in einem Leichentuch eingehüllter
Leichnam herausgetragen werden sollte, wieder
lebendig wurde, die Arme erhob, zu sprechen
anfing und Franz von Sales pries, der ihm im
selben Augenblick, da ihm das Leben
zurückkehrte, erschien im bischöflichen Gewand
und mit gütigem und verklärtem Antlitz.[Magnum
Bullarium Laertii Cherubim, Luxemburgi 1727, VI,
224]"
Aus: Artikel ist in «DAS ZEICHEN MARIENS», 24.
Jahrgang, Nr. 1-5, Oktober A.D. 1990
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