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Mein - Dein
Euer Vater

   
   





  

«Vater!» Welche Seele ist zu diesem Worte notwendig!

Christus enthüllt uns das Zentralgeheimnis

Israel kannte nie einen zeitlichen Ursprung seines GOTTES, wie ihn die Heiden ihren Göttern zuschrieben. GOTT ist der ewig Seiende, wie schon sein Name, JAHVE, besagt, ER ist der Urgrund alles Seins, der Erste und der Letzte. Der Glaube an die Einzigkeit GOTTES war von Anfang an das unterscheidende Merkmal israelitischer und heidnischer Gotteserkenntnis. Der Glaube an den einen wahren GOTT war der Felsgrund, auf dem sich das ganze religiössittliche Leben des Volkes GOTTES aufbaute. Nun kommt Christus mit der ungeheueren Kunde: In diesem einen GOTT sind mehrere Personen. Hätte ER gleich zu Beginn seiner Lehrtätigkeit von diesen verschiedenen Personen gesprochen, sie hätten ihn wohl schon am ersten Tage gesteinigt. AIs ER nämlich später GOTT seinen Vater nannte, gerieten die Juden in Harnisch und suchten ihn zu töten, «weil er nicht nur den Sabbat nicht hielt, sondern auch GOTT seinen Vater nannte und so sich GOTT gleichstellte»
(Joh 5,18 + 10,33).

Als weiser Lehrer geht der Herr hier wie auch in anderen wichtigen Fragen den langsamen Weg der Entfaltung. Zunächst spricht Christus zu seinen Zuhörern oft von GOTT als ihrem Vater. Im Gegensatz zur alttestamentlichen Auffassung betont Christus nicht so sehr die väterliche Autorität, sondern die Liebe und Fürsorge GOTTES für die Menschen, seine Kinder. ER mahnt, nicht ängstlich besorgt zu sein, weil der himmlische Vater weiss, was wir alles brauchen (Mt 6,31f; Lk 12,30). Wenn schon irdische Väter trotz ihrer Sündhaftigkeit ihren Kindern nur Gutes geben wollen, dann gilt dies umsomehr von dem Vater, der im Himmel ist (Mt 7,11; Lk 11,13). Die Vatergüte GOTTES beleuchtet Jesus durch dessen Fürsorge für die Vögel des Himmels und das Gras des Feldes (Mt 6,26f). Der Vater vergilt jedes gute Werk, das im Verborgenen geübt wird (Mt 6,1-6+16f). Der Vater ist das Vorbild für das sittliche Leben des Menschen (Mt 5,48). Der Vatertitel gebührt nur GOTT allein (Mt 23,9). Unter diesem Titel sollen wir ihn täglich im Vaterunser anrufen (Mt 6,9; Lk 11,2)

In einzigartigem Sinn spricht Christus von GOTT als seinem Vater im Unterschied von GOTT als dem Vater der Menschen. ER sagt dein Vater und euer Vater, nie aber unser Vater, sondern mein Vater (Mt 7,21 + 10,33 + 16,17). Mit klaren Worten unterscheidet ER das Vaterverhältnis GOTTES zu IHM und zu seinen Jüngern: «Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater» (Joh 20,17). «Mein Vater ist es, der mich ehrt, den ihr euren GOTT nennt» (Joh 8,54). — Bei Matthäus gebraucht Jesus das Wort VATER etwa 44mal, bei Johannes etwa 105mal, Markus überliefert uns den Anruf Abba in Jesu Muttersprache (Mk 14,36). So verstehen wir, wenn die Schriftgelehrten immer wieder fragen: »Was machst du aus dir selbst?» (Joh 8,53). Jesus antwortet darauf in den grossen Kampfreden, die uns das Johannes-Evangelium überliefert hat. Vorsichtig beginnend, sagt ER schliesslich deutlich von sich göttliche Eigenschaften aus, z. B. »Ehe Abraham war, bin ich» (Joh 8,58) oder «Ich und der Vater sind eins» (Joh 10,30). Der Erfolg ist jedesmal: «Da hoben sie Steine auf, um nach ihm zu werfen» (Joh 8,59 + 10,31).

Bei aller Einheit mit dem Vater sieht sich Jesus auch immer wieder als den, der das Leben vom Vater empfängt: «Gleichwie der Vater das Leben in sich hat, so hat er auch dem Sohn verliehen, das Leben in sich selbst zu haben» (Joh 5,26). Dabei durchdringen sich Vater und Sohn in gegenseitiger Liebe: «Glaubt mir, dass ich im Vater bin und der Vater in mir» (Joh 14,11). In seinem messianischen Jubelruf hat sich Christus deutlich über sein Verhältnis zum Vater ausgesprochen: «Alles ist mir von meinem Vater übergeben, und niemand kennt den Sohn als der Vater, und auch den Vater kennt niemand als der der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will»
(Mt 11,27).

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«Vater!» Welche Seele ist zu
diesem Worte notwendig!

Das Gebet des Herrn für uns
«Vater!» Welche Seele ist zu diesem Worte notwendig! Welches Vertrauen! Welches Gewissen! Wenn wir von den dem Begriff GOTTES möglichst entsprechenden Namen geleitet nur einigermassen zur Erkenntnis seiner unaussprechlichen Herrlichkeit gelangt sind und nur etwas eingesehen haben, dass die göttliche Natur, was sie auch sonst noch an sich sein mag, wenigstens Güte, Heiligkeit, Seligkeit, Macht, Majestät, Reinheit, Ewigkeit, Unveränderlichkeit ist; wenn wir ferner von diesen und ähnlichen Eigenschaften des göttlichen Wesens an der Hand der HI. Schrift und auf Grund des eigenen Nachdenkens uns die höchste Vorstellung gemacht haben - wer von uns dürfte es dann wagen, ein derartiges Wort über seine Lippen zu bringen und solch ein Wesen Vater zu nennen?
... Wenn uns also der Herr lehrt, beim Beten GOTT unseren Vater zu nennen, so tut ER, wie mir scheinen will, nichts anderes, als dass ER uns ein reines, erhabenes Leben anbefiehlt. Denn der, welcher die Wahrheit selber ist, lehrt uns doch nicht lügen, so dass wir vorgeben sollten, etwas zu sein, was wir nicht sind. Oder dass wir uns einen Namen geben dürften, der uns unserer Beschaffenheit nach nicht zusteht, sondern ER verlangt, dass wir eben deshalb, weil wir den Unversehrten, Gerechten und Gütigen unseren Vater nennen, eine enge Verwandtschaft mit IHM durch ein makelloses Leben im Alltag herstellen. Siehst du also, welch ernste Vorbereitung wir zum Gebete notwendig haben! Welch untadeliges Leben müssen wir führen, welch glühenden Eifer müssen wir haben, wenn wir uns mit gutem Gewissen zu solcher Vertraulichkeit erheben dürfen, dass, wir wagen können, zu GOTT «Vater unser» zu sprechen!
Gregor v. Nyssa (ca. 335-394): Das Gebet des Herrn

 

GOTT - Vater der verlorenen Söhne
Ich will auch nicht unterlassen, an jenen nachsichtigen Vater zu erinnern, der seinen verschwenderischen Sohn zurückruft, den bussfertigen, nachdem er Mangel gelitten, gern aufnimmt, das fetteste Kalb hergibt und eine Freudenmahlzeit anordnet. Warum auch nicht? Er hatte ja seinen Sohn wiedergefunden, der verloren war; da er ihn wieder gewonnen, war er seinem Herzen besonders teuer. Wen haben wir nun unter jenem Vater zu verstehen? Nur GOTT, natürlich. Niemand ist so sehr Vater, niemand so voll Liebe.
ER wird also dich, seinen Sohn, auch wenn du das von ihm empfangene Erbteil verschwendet haben, auch wenn du ohne Kleider zurückkehren solltest, wieder aufnehmen, bloss weil du zurückgekehrt bist, und ER wird sich mehr über deine Rückkehr als über die Mässigkeit des andern Sohnes freuen - aber nur,

Der verlorene Sohn (Murillo, um 1671)

wenn es dich herzlich reuet, wenn du dein Hungerleiden mit dem Überfluss der Taglöhner deines Vaters vergleichst, wenn du die Schweine, das unreine Vieh, verlässest, wenn du den Vater wieder aufsuchst, obwohl ER beleidigt ist, und sagst: «Vater, ich habe gesündigt und bin nicht wert, dein Kind zu heissen.» Das Bekenntnis der Sünden verringert sie in dem Masse, als das Verheimlichen sie verschlimmert. Denn das Bekennen geht aus dem Wunsche nach Genugtuung hervor, das Verheimlichen aber aus Eingebung der Verstocktheit.
Tertullian (ca. 150-224): Über die Busse, 8

 
 

Vom väterlichen Zorne GOTTES
Darum lasse niemand vom Gerede der Philosophen sich betören und zur Missachtung GOTTES verleiten; denn das wäre die höchste Versündigung. GOTT müssen wir alle als Vater lieben und als Herrn ehren, müssen IHM dankbar für die Wohltaten sein und seine Strenge fürchten. In beidem ist ER ehrwürdig, in der Güte und Strenge. Wer soll ohne Verletzung der Kindespflicht den Vater seiner Seele nicht lieben? Wer soll den ungestraft missachten, der als Herrscher der Welt über alle eine wahre und ewige Macht hat? Betrachtet man IHN als Vater, so verdanken wir IHM die Entstehung zum Lichte, das wir geniessen; IHM verdanken wir das Leben, IHM den Eintritt in die Gastherberge dieser Welt. Betrachtet man IHN als Herrn, so nährt und erhält ER uns durch eine Fülle von Gütern, sein Eigentum ist das Haus, das wir bewohnen, IHM gehört die Familie, die wir bilden...
Zur Erlangung von Nachsicht ist sehr wirksam, dass wir uns an den Dienst und die Kenntnis GOTTES halten, dass wir auf niedrige und irdische Dinge und Güter verzichten und an himmlische, göttliche und ewige Dinge denken. Wenn wir uns an GOTT anschliessen, müssen wir GOTT anbeten und lieben; denn in IHM ist der Urgrund der Dinge, in IHM die Wurzel der Tugenden und die Quelle der Güter. Was ist grösser als seine Macht, was vollkommener als seine Weisheit, was leuchtender als seine Herrlichkeit? Nachdem uns nun GOTT zur Weisheit geschaffen, zur Gerechtigkeit ins Dasein gerufen hat, so ist es dem Menschen nicht erlaubt, GOTT, den Spender des Empfindens und Lebens, zu verlassen und Irdischem und dienen, oder im Jagen nach Erwerb zeitlicher Güter vom Pfade der Unschuld und Frömmigkeit abzuweichen. Nicht in verderblichen und todbringenden Vergnügungen liegt das Glück, nicht im Überfluss, der zu Lüsten reizt, nicht im eitlen Ehrgeiz, nicht in hinfälligen Ehren, lauter Dinge, die den menschlichen Geist betören, ihn dem Leibe dienstbar machen und zu ewigem Tod verdammen... Für uns sei nicht in Tempeln, sondern in unseren Herzen «GOTTES hl. Stätte»; denn zerstörbar ist alles, was Hände schaffen. Reinigen wir diesen Tempel, den nicht Rauch und Staub, sondern böse Gedanken beschmutzen, der nicht vom Schimmer der Kerzen, sondern vom Glanze GOTTES und dem Licht der Weisheit erhellt wird. Wenn wir glauben, dass GOTT immer in diesem Tempel gegenwärtig ist und dass seiner Allwissenheit die Geheimnisse des Herzens offenbar sind, so werden wir so leben, dass wir immer GOTTES Gnade an uns erfahren und niemals GOTTES Zorn zu befürchten haben.
Laktantius (ca. 250-?): Vom Zorne GOTTES

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