Sechstes
Buch der himmlischen Offenbarungen der heiligen
Brigitta.
2.
Seite
Kapitel 62.
- Die Himmelskönigin erzählt der Braut, wie der Engel
ihr die Zeit angekündigt, wo sie aus dieser Welt
scheiden müsse, um leiblich aufzufahren in den Himmel.
Die Jungfrau erzählt auch die Weise ihres Hinscheidens
und die Betrachtung, in deren Denken ihre Seele zur Zeit
ihres Todes begriffen war, auch einige große Dinge,
welche damals und zu der Zeit geschehen, wo sie leiblich
in den Himmel ausgenommen ward.
Kapitel 63. -
Christus gibt der Braut die hier enthaltenen Worte und
befiehlt, dieselben an den Papst Klemens zu senden,
nämlich, daß er Frieden stiften solle zwischen den
Königen von Frankreich und England, daß er nach Italien
kommen und das Jubeljahr verkündigen solle. Christus
tadelt ihn um gewisser Sünden und schwerer
Vernachlässigungen halber, auch wegen des vergangenen
unordentlichen Lebens willen, und droht ihm mit der
Gerechtigkeit, falls er sich nicht gebessert haben
würde.
Kapitel 64. -
Christus droht hier mit Ernst einigen, welche ihre
früheren Sünden und den Weg Gottes vergessen hatten und
fröhlich in Sicherheit lebten; sagt jedoch, daß, wenn
sie sich besserten, sie Barmherzigkeit bei ihm finden
würden.
Kapitel 65. -
Christus gibt hier der Braut eine bemerkenswerte Lehre,
wie man ein thätiges und beschauliches Leben führen
kann, das hier durch Martha und Maria bedeutet wird; d.
h. wie der Mensch im geistlichen Leben und in den
Tugenden beginnen und zunehmen soll, um die höchste
Stufe der vollkommenen Liebe Gottes und des Nächsten zu
ersteigen. Er redet zuerst von der Thätigkeit derer,
welche Marias Leben befolgen.
Kapitel 66. -
Christus zeigt der Braut, wie die Seele das Weib Gottes
ist, deren Haus der Leib ist. . Ihre fünf Diener werden
durch die fünf Sinne bedeutet, und die fünf Mägde durch
fünf Tugenden. Der Herr sagt auch, wie eine fromme Seele
beschaffen und wie dieselbe geschmückt sein müsse.
Außerdem zeigt er, für welche Sünden die Seele eines
Verstorbenen zum Fegfeuer verdammt werde, und sagt, wie
dieselbe wegen der Gebete eines Heiligen, und durch
welche Hilfe und Mittel sie von den Peinen befreit
werden könne.
Kapitel 67. -
Christus sagt der Braut, wie diese Welt einem Schiffe
ähnlich ist, das drei Teile hat; nämlich das Vorderteil,
die Mitte und das Hinterteil. Also ist diese Welt in
drei Zeitaltern beschlossen, und am Ende des dritten
Alters, in welchem wir uns jetzt befinden, wird von
einem verfluchten Weibe und einem verfluchten Manne
jener entsetzliche Antichrist geboren werden.
Kapitel 68. - Als
die Braut in Zweifel war, ob nicht ein Mönch getäuscht
würde, welcher behauptete, er schaue himmlische
Gesichte, antwortet ihr Christus und sagt: "Jener werde
durch einen bösen Geist hintergangen, der die Gestalt
eines Engels des Lichtes annehme." Christus beweist
dieses aus Büchern desselben, welche Ehrgeiz und
Eigenlob verraten, und Christus befiehlt, er solle
ermahnt werden, daß er sich bessere, sonst werde er
alsbald und übel sterben, was dann auch leider nachmals
geschah.
Kapitel 69. -
Christus sagt der Braut, wie ein Bruder unter dem
äußeren Anscheine der Tugend betrogen worden. Derselbe
aß während der Fastenzeit nicht, und er legte sich
andere unkluge Entziehungen auf, wobei er vertraute,
hierdurch den Himmel erlangen zu können. Wir sollen aber
nicht auf unsere guten Werke vertrauen, dieselben
vielmehr, so groß sie auch sein mögen, gleichsam für
nichts achten, wenn sie auch notwendig sein mögen,
sondern wir sollen mit Demut allein auf die
Barmherzigkeit Gottes hoffen.
Kapitel 70. -
Christus läßt die Braut das schreckliche Urteil der
Verdammung der Seele eines verstorbenen Kardinals sehen,
welcher ungerecht und in Freuden gelebt hatte. Er
bedroht die Prälaten und die Geistlichkeit, welche
ungebührlich die Kirchengüter der verstorbenen Gläubigen
verzehren und verschlingen, mit scharfer Gerechtigkeit;
verheißt aber den Wohltätern selber in der ewigen
Herrlichkeit die beste Vergeltung.
Kapitel 71. - Im
Jubeljahre gebietet Christus der Braut durch einen
gewissen Beichtvater, daß er alle die, welche ihm
beichten, frei absolvieren soll, ausgenommen die den
Censuren der Kirche unterworfenen.
Kapitel 72. -
Christus befiehlt, man solle sich dahin vorsehen, daß
man für die Lossprechung der Sünder kein Geld annehme,
und daß die Priester von allen heimlichen Sünden
absolvieren können, damit nicht die Sünder, wenn
dieselben unabsolviert an die Oberen geschickt werden,
aus Furcht und Scham in ihren Sünden sich verhärten und
verdammlich in denselben dahinsterben.
Kapitel 73. -
Christus sagt von einem Beichtvater des Papstes zu Rom,
daß, wie lasterhaft er auch ist, gleichwohl die
Absolution, welche er den Beichtenden gibt, vor Gott
genehm ist. Christus sagt auch seinen plötzlichen Tod
voraus.
Kapitel 74. - Die
Braut schaute ein Gesicht, wie von der Engelsburg an bis
zu St. Peter in Rom viele mit einer Mauer umgebene
Wohnungen waren. Christus legt dieses aus und sagt, daß
der heilige Papst, welcher die Kirche geistlich und
brünstig geliebt, daselbst mit seinen Kardinälen und
Räten wohnen wird.
Kapitel 75. -
Christus befiehlt durch die Braut einem frommen Magister
der Gottesgelahrtheit, [sic!] er solle zu gelegener oder
ungelegener Zeit eifrig beten, daß die gereinigten
Seelen das Antlitz Gottes schauen. Er sagt auch, wie
diejenigen, welche immer leben und sündigen wollten,
ewig in der Hölle gepeinigt werden würden.
Kapitel 76. -
Christus spricht gegen die Braut einen Tadel aus,
nachdem ihre Habe durch Feuer verbrannt worden war, und
sagt, daß, wer seine Hausgenossen nicht kräftig zu
bessern sucht, in das Gericht Gottes fällt. Auch straft
er einen erschrecklich, welcher da glaubte, alles komme
vom Glücke und Zufalle, weil er durch Zauberei Fische
fing.
Kapitel 77. -
Christus straft einen Ordensgeistlichen, welcher über
die Rettung der Heiden disputierte, und sagt, daß
diejenigen, welche wohl gelebt und sich bemüht haben, um
in den Weinberg der göttlichen Herrlichkeit berufen zu
werden, aber keine Christen werden konnten, nach ihrem
Tode von Gott Trost empfangen werden, wenn sie auch
nicht in die Herrlichkeit eingehen können.
Kapitel 78. -
Mittels der hier enthaltenen Worte, welche der Braut
geoffenbart waren, wurde aus einem gewissen Hause ein
Teufel vertrieben, welcher Antworten gab und den
Einwohnern, welche darin Abgötterei trieben, einiges
Zukünftige vorhersagte. Nachdem diese durch die Kraft
Gottes und der Worte bekehrt worden waren, entwich der
Teufel unter Geschrei mit Schanden von dannen.
Kapitel 79. -
Einer, der, obwohl nicht zum Priester geweiht, Messen
hielt, wurde durch gerechten Richterspruch zum Tode
verurteilt. Von ihm sagt Christus, daß er um der Pein
und Reue willen. welche er gehabt, an der Seele nicht
verdammt werden wird. Die Messe aber und andere
Sakramente, welche er gespendet, nützten den Gläubigen,
die solche empfangen, um des Glaubens willen, den sie
hatten.
Kapitel 80. -
Christus redet mit der Braut von einem Weibe, welches
von dem Teufel der Wollust grausam gepeinigt wurde, und
sagt, daß sie durch eine aufrichtige Beicht und den
Empfang der Eucharistie und die Gebete der Diener Gottes
befreit werden wird.
Kapitel 81. - Hier
werden durch Christum die Mittel angegeben, durch welche
ein dreijähriger, von einem Teufel geplagter Knabe
geheilt wird. Auch seine Mutter, welche von dem Teufel
der Wollust betrogen worden, ward durch die Kraft
Christi und der hier enthaltenen Worte von demselben
befreit.
Kapitel 82. -
Christus straft hier diejenigen schwer, welche dem
Geiste einer Wahrsagerin, der Künftiges voraussagt,
glauben; denn dieses wirke ein Teufel kraft seiner
feinsinnigen Natur durch Zulassung Gottes wegen des
Unglaubens und der Begierlichkeit der Menschen.
Kapitel 83. -
Christus sagt, daß die Frömmigkeit der Heiden künftig
viel größer sein wird, als die der Christen, auch alle
beten werden: "Ehre dem Vater, dem Sohne und dem
heiligen Geiste!"
Kapitel 84. -
Christus tadelt diejenigen, welche sich mit vielen
Kleidern wider die Kälte beladen, und diejenigen, welche
stolz sind auf schöne Kleider, wie ein Pfau auf seine
Federn. Er sagt, daß, wenn sie vollkommen auf ihn
vertrauten, er ihnen Schönheit und Wärme an Leib und
Seele geben würde.
Kapitel 85. -
Christus sagt der Braut, daß diejenigen, welche
wissentlich übel Erworbenes behalten, nicht in die Ruhe
eingehen werben, bis sie Erstattung geleistet haben;
Beispiel einer Seele, welche lange am Reinigungsorte
gewesen war; die es aber unwissenderweise behielten,
werden nicht bestraft werden. Er gibt auch eine
Erklärung über Almosen aus übel erworbenen Gütern und ob
dieselben den Spendenden nützen.
Kapitel 86. - Wie
die Braut ein Feuer vom Himmel auf den Altar
herniederfahren sah, und in der Hand des Priesters ein
Lamm und am Lamme das menschliche, in Flammen glühende.
Antlitz Christi erblickte. Sie vernahm auch die
Auslegung dieses Geheimnisses.
Kapitel 87. - Beim
Eintreten eines im Kirchenbanne Befindlichen in das Haus
spürte die Braut einen entsetzlichen Gestank. Christus
legt dieses aus und sagt, daß, wie dieser Gestank für
den Leib gefährlich ist, also ist es auch der
Kirchenbann der Seele des Gebannten und denen, die mit
ihm verkehren.
Kapitel 88. - Als
die Braut im Zweifel war, was jene empfindliche und
wunderbare Regung bedeute, die sie im Herzen empfand,
wenn ihr etwas aus göttlicher Eingebung geoffenbart
werden sollte, erklärt ihr die Mutter Gottes die
Wahrheit des Geheimnisses und verkündigt ihr, daß Gott
und sie durch die Braut der Welt seinen Willen zu
erkennen geben wollen.
Kapitel 89. -
Christus läßt durch den Evangelisten Johannes die Braut
wissen, daß Johannes, nicht aber ein anderer die
Apokalypse auf Eingebung des heiligen Geistes
geschrieben hat, und daß die Glosse des Magisters
Matthias über die Bibel diesem Magister von dem
nämlichen Geiste auf göttliche Weise mitgeteilt worden
ist.
Kapitel 90. - Als
ein ungläubiger Klostergeistlicher die Gnade, himmlische
Dinge zu schauen, welche der Braut von Gott umsonst
gewährt werden, bezweifelte, straft ihn Christus durch
die Braut wegen seiner Redseligkeit und eitlen
Wissenschaft und läßt ihn durch die Gicht ergriffen
werden.
Kapitel 91. -
Christus befiehlt der Braut, sie solle den Leib mäßig
durch Speise stärken, damit wegen Schwächung desselben
die Seele nicht gehindert werde am Göttlichen.
Kapitel 92. -
Christus straft drohend einen Mönch, welcher aus dem
Leben der Väter vor dem Könige den Beweis zu führen
suchte, daß die Braut betrogen worden. Der Herr sagt
auch, wie jene Väter sich hätten betrügen lassen,
welche, auf ihre Gerechtigkeit stolz, sich anderen
vorzogen und demütigen Menschen nicht gehorchen wollten.
Kapitel 93. -
Bemerkenswertes Gesicht von einer Frau, welche die
Jungfrau Maria und Petrus aufhielten, daß sie nicht
fiel. Auf den Rat derselben änderte sie ihr Leben und
verfiel, vermöge einer besonderen göttlichen Gnade, in
eine Krankheit, in welcher sie gereinigt worden und dann
in den Himmel wanderte.
Kapitel 94. - Die
Mutter Gottes offenbart der Braut, wo die Seelen, welche
Christus aus der Vorhölle erlöste, als er zur Hölle
hinabstieg, bis zu seiner Himmelfahrt gewesen, auch wo
die Leiber derer geblieben sind, die mit ihm zu
Jerusalem auferstanden, als er ihre Seelen mit sich gen
Himmel nahm, und wie der Herr sich bei der Auferstehung
früher seiner Mutter gezeigt, als anderen. Sie lehrt die
Braut auch, wie sie den Anfechtungen widerstehen soll.
Kapitel 95. - Ein
edler, gerechter, vornehmer Herr wollte eine große Würde
des Regimentes im Königreiche aus guter Absicht nicht
annehmen. Diesen tadelt die Mutter Gottes durch die
Braut, indem sie befiehlt, er solle sie annehmen und
allezeit die Worte der Wahrheit im Munde und das Schwert
der Gerechtigkeit ohne einiges Ansehen der Personen in
der Hand haben.
Kapitel 96. - Als
zu Rom die Glocken in der St. Peterskirche verbrannten,
sprach Christus zur Braut, sie solle sich nicht
verwundern, weil zuweilen die Elemente die Zeichen
künftiger Ereignisse darstellen. So zeigen diese Glocken
den nahen Tod eines Papstes an, dem ein schweres Gericht
für den Fall bevorsteht, daß er sich nicht schleunig zu
Gott bekehrt.
Kapitel 97. - Wie
Gott will, daß man die Sünder zu gelegener und
ungelegener Zeit zur Beicht ermahnen solle, namentlich
aber am Ende des Lebens, nach dem Beispiele eines Herrn,
der sechzig Jahre ohne Beicht gelebt hatte, und am Ende,
schier gezwungen, beichtete und nach erlangter Reue
errettet wurde.
Kapitel 98. -
Christus straft durch die Braut eine Äbtissin mit
Drohungen, und vergleicht dieselbe mit einer feisten
Teufelskuh, weil sie Eigentum und weiche und sorgfältig
behandelte Kleider hatte, mit Hoffart und Schmauserei
prächtig lebte und den Schwestern ein Beispiel des
Verderbens gab.
Kapitel 99. - Es
ließ sich Mutter den Nonnen ein mit einem klösterlichen
Habite bekleideter Mohr sehen. Das legt Christus also
aus, daß jener der böse Geist der Begierlichkeit ist,
welcher unter dem Scheine der Liebe die Klosterfrauen
verleitete, Reichtum zu sammeln, um damit anderen
reichliche Almosen zu spenden; Christus straft sie
hierüber streng und verwirft sie.
Kapitel 100. -
Christus stärkt die Braut und sagt, sie solle nicht
fürchte, daß die ihr auf göttliche Weise geoffenbarten,
in diesem Buche enthaltenen Worte entkräftet werden
könnten, obwohl sie gemalen, getreten und wie Öl
ausgepreßt werden sollten, auf daß hierdurch die Geduld
und Ehre Gottes erweitert werde.
Kapitel 101. -
Christus befiehlt der Braut, sie solle das, was sie im
Geiste von ihm vernimmt, aufschreiben und an die Heiden
senden, auf daß dieselben ihre Undankbarkeit und die
Geduld Gottes erkennen.
Kapitel 102. -
Christus ermahnt eine Kranke, sie solle in der Geduld
beständig sein, weil ihr die Krankheit zum Nutzen ihrer
Seele gegeben worden. Er erklärt auch, daß die Ablässe
der römischen Kirchen bei Gott größer und den Seelen
nützlicher sind, als die Menschen glauben.
Kapitel 103. - Wie
der selige Nikolaus in Bari der Braut an seinem Grabe
mit Öl gesalbt erschienen ist und derselben über das von
seinem Leibe fließende Öl und anderes in betreff seiner
Tugenden während seines Lebens Erklärung gegeben, und
von der überschwenglichen Güte Gottes gegen seine
Auserwählten.
Kapitel 104. - Wie
die selige Anna der Braut erschien und sie ein
besonderes Gebet ihr zu Ehren lehrte, und eines für
verheiratete Frauen, um Kinder zu erlangen.
Kapitel 105. - Die
Mutter Gottes stärkt die Braut, die Heiligtümer Roms zu
besuchen, und sagt, daß die Ablässe, welche die Heiligen
durch ihr Gebet und eigenes Blut erlangt haben, größer
sind, als die Menschen glauben.
Kapitel 106. -
Einer, der sich stellte, als ob er die Welt verlassen
hätte und Gott dienen wolle, fragte die Braut um Rat, in
welchem Stande er Gott dienen solle. Christus sprach zu
ihr, daß jener den Jordan noch nicht überschritten, d.
h. die Welt und seinen Willen noch nicht vollständig
verachtet habe, und deshalb auch nicht die Antwort des
verborgenen Willens Gottes hören wird.
Kapitel 107. -
Christus sagt der Braut, daß, wie ein Adler von der Höhe
seine Jungen behütet und denselben in ihren Nöten und in
Gefahr zu Hilfe kommt, also auch er seinen Freunden bei
den Nöten ihres Leibes und ihrer Seele. Er befiehlt auch
der Braut, sie solle den Leib des heiligen Andreas
besuchen, den der Herr hier lobt; er verheißt auch
denen, welche ihn besuchen, Barmherzigkeit und Gnade.
Kapitel 108. - Als
die Braut zu Rom am Grabe des heiligen Stephanus betete,
erschien ihr derselbe und erzählte ihr einiges von
seinem Leben, seinen Tugenden und seinem Leiden, und
erbot sich, für sie Gnade bei Gott zu erwirken, wobei er
ihr voraussagt, sie werde noch gen Jerusalem ziehen.
Kapitel 109.
- Die
Mutter Gottes beredet einen Geistlichen, daß er auf
irgend eine Tugend welche er hat, nicht vertrauen soll,
auch vor Geschwätzigkeit, Lachen und Leichtfertigkeit
der Sitten solle er sich hüten. Ferner sei es Gott
angenehmer, wenn der Mensch in der Welt gerecht lebt von
seiner Arbeit, als in der Wüste oder einem Kloster ohne
die Liebe Gottes.
Kapitel 110. - Die
Braut Christi vernahm im Geiste, was die sieben Donner
bedeuten und weshalb dem Johannes befohlen worden, sie
nur zu besiegeln, aber nicht zu schreiben, und daß bei
Lebzeiten vieler, welche damals noch lebten, die Donner
in die Kirche kommen und viele sich wünschen würden, zu
sterben.
Kapitel 111. - Daß
der Gehorsam der Keuschheit vorgezogen wird und in die
Herrlichkeit einführt.
Kapitel 112. -
Maria gibt der Braut Nachricht über die Vorhaut Christi,
welche sie sorgfältig aufbewahrt und Johannes, dem
Evangelisten, samt dem Blute Christi, das in den Wunden
Christi zurückgeblieben war, zum Aufheben gegeben hatte.
Kapitel 113.
- Wie
die Braut den Zustand der Brüder zu Alvastra sah. Wie es
der Braut gezeigt worden, hat sich's auch begeben.
Kapitel 114. - Der
heilige Geist sprach zur Braut, als sie die Absolution
für die Sünden zu empfangen versäumte, daß eine läßliche
Sünde durch die Verachtung eine Todsünde werde.
Kapitel 115. - Der
gute Wille des Büßenden reicht aus, wenn er keines
Beichtvaters habhaft werden kann; derselbe hat dem
Schächer am Kreuze genützt und den Himmel eröffnet; der
böse Wille aber hat die Hölle gemacht, und Luzifer ist
durch den bösen Willen böse geworden.
Kapitel 116. - Die
Einfalt dessen, der kaum das Vaterunser weiß, gefällt
Gott mehr, als die Klugheit der Hoffärtigen und die
gelehrte Torheit, wenn sie in der Liebe die Gebote
beobachtet und die evangelischen Räte und alle Rechte
und Gesetze befolgt.
Kapitel 117. - Die
glorreicheiche Jungfrau Maria gewährt, wenn sie von
ihnen angerufen wird, auch den verächtlichsten Sündern
Hilfe, wie an der Seele eines Sünders gezeigt wird,
welche des Tisches der Liebe derselben Jungfrau
teilhaftig wird.
Kapitel 118. - Der
Sohn Gottes rät Katharina, der Tochter der heiligen
Brigitta, welche in ihr Vaterland heimziehen wollte, daß
sie bei ihrer Mutter bleibe, da ihr Mann binnen kurzem
sterben werde.
Kapitel 119. - Der
gewöhnliche Stand der Ehe gefällt Gott, der Witwenstand
findet Gnade, die Jungfräulichkeit ist das
Vollkommenste.
Kapitel 120. - Die
Liebe wird mit einem Baume verglichen, von welchem alle
Tugenden ausgehen, unter denen der Gehorsam die erste
Stelle einnimmt.
Kapitel 121. -
Christus zeigt, daß der Gehorsam eine Tugend sei, durch
welche alles Unvollkommene vollkommen wird. Ohne
denselben entsteht Unklugheit in den Gedanken des
Gemütes, und es erfolgen Minderung der Frömmigkeit und
häufige Trübsal der Seele und des Leibes.
Kapitel 122. -
Christus zeigt, wie die Freunde Gottes nach seinem
Vorbilde in ihrem Betragen Anstand beobachten sollen,
damit ihre Arbeit nicht ohne Lohn bleibe.
Die
Himmelskönigin erzählt der Braut, wie der Engel ihr die
Zeit angekündigt, wo sie aus dieser Welt scheiden müsse,
um leiblich aufzufahren in den Himmel. Die Jungfrau
erzählt auch die Weise ihres Hinscheidens und die
Betrachtung, in deren Denken ihre Seele zur Zeit ihres
Todes begriffen war, auch einige große Dinge, welche
damals und zu der Zeit geschehen, wo sie leiblich in den
Himmel ausgenommen ward.
Die Mutter
sprach: "Als ich eines Tages, nachdem eine Reihe von
Jahren seit meines Sohnes Himmelfahrt verflossen war,
sehr bedrängt war von dem Verlangen, zu diesem meinem
Sohne zu kommen, erblickte ich einen leuchtenden Engel,
den ich schon früher gesehen habe und der zu mir sprach:
Dein Sohn, welcher unser Herr und Gott ist, hat mich
gesendet, um Dir zu melden, wie es nun Zeit ist, daß Du
leiblich zu ihm kommen wirst, um die Dir zubereitete
Krone zu empfangen. Ich antwortete ihm: Kennst Du den
Tag oder die Stunde, wo ich von dieser Welt scheiden
werde? Es werden, erwiderte der Engel, die Freunde
Deines Sohnes kommen, welche Deinen Leib begraben
werden. Nach dieser Rede verschwand der Engel und ich
bereitete mich zu meinem Abzuge, indem ich alle Orte
nach meiner Gewohnheit besuchte, an denen mein Sohn
gelitten hatte; und als eines Tages mein Geist verzückt
war in der Bewunderung der göttlichen Liebe, ward meine
Seele mit solchem Jubel in der Betrachtung selbst
erfüllt, daß sie sich kaum zu fassen vermochte und in
derselben Betrachtung meine Seele vom Körper abgelöst
ward. Was und wie Herrliches nun meine Seele erblickte,
und mit welcher Ehre sie der Vater, der Sohn und der
heilige Geist ehrten, von welcher Menge von Engeln sie
emporgetragen ward, kannst Du weder fassen, noch will
ich es Dir sagen, bevor Deine Seele und Dein Leib
getrennt sind, obwohl ich Dir einiges von dem allen in
dem täglichen Gebete gezeigt habe, das Dir mein Sohn
eingegeben hat; diejenigen aber, welche mit mir damals
im Hause waren, als ich den Geist aufgab, haben aus dem
ungewöhnlichen Lichte wohl erkannt, was für göttliche
Dinge damals an mir geschahen. Hierauf begruben die von
Gott herbeigeführten Freunde meines Sohnes meinen Leib
im Thale Josaphat. Es waren mit ihnen wie
Sonnenstäubchen zahllose Engel, die bösen Geister aber
wagten nicht, nahezukommen. Fünfzehn Tage lang lag mein
Körper in der Erde begraben, sodann ward derselbe mit
einer Menge von Engeln in den Himmel aufgenommen. Diese
Zeit ist nicht ohne sehr großes Geheimnis, weil mit der
siebenten Stunde die Auferstehung der Leiber und mit der
achten die Seligkeit der Leiber und Seelen erfüllt sein
wird. Die erste Stunde ist gewesen vom Anfange der Welt
an bis auf die Zeit, wo das Gesetz durch Moses gegeben
ist. Die zweite von Moses bis zur Menschwerdung meines
Sohnes. Die dritte, als mein Sohn die Taufe einsetzte
und des Gesetzes Härte milderte. Die vierte, als er
selber mit dem Worte predigte und es durch sein Beispiel
bekräftigte. Die fünfte, als mein Sohn leiden und
sterben wollte, als er vom Tode auferstand und seine
Auferstehung durch sichere Beweise erhärtete. Die
sechste, als er auffuhr in den Himmel und den heiligen
Geist schickte. Die siebente, wenn er kommen wird zum
Gerichte, und alle mit ihren Leibern auferstehen werden
zum Gericht. Die achte, wenn alles, was verheißen und
geweissagt worden, erfüllt werden wird; und dann wird
eine vollkommene Seligkeit sein, Gott in seiner
Herrlichkeit gesehen werden und die Heiligen leuchten
wie die Sonne, und es wird fürder keinen Schmerz mehr
geben."
Christus gibt
der Braut die hier enthaltenen Worte und befiehlt,
dieselben an den Papst Klemens zu senden, nämlich, daß
er Frieden stiften solle zwischen den Königen von
Frankreich und England, daß er nach Italien kommen und
das Jubeljahr verkündigen solle. Christus tadelt ihn um
gewisser Sünden und schwerer Vernachlässigungen halber,
auch wegen des vergangenen unordentlichen Lebens willen,
und droht ihm mit der Gerechtigkeit, falls er sich nicht
gebessert haben würde.
Der Sohn sprach
zur Braut: "Schreibe von meiner Seite an den Papst
Klemens diese Worte: Ich habe Dich erhöht und Dich
aufsteigen lassen über alle Stufen der Ehre. Erhebe Dich
also, um Frieden zu stiften zwischen den Königen
Frankreichs und Englands, welche gefährliche Bestien,
Verderber der Seelen sind. Komm' sodann nach Italien,
verkündige daselbst das Wort und das Jahr des Heils und
der göttlichen Liebe und betrachte, wie die Straßen und
Wege gepflastert sind mit dem Blute der Meinigen, und
ich werde Dir den Lohn geben, der nimmer ein Ende nehmen
wird. Gedenke auch aufmerksam der vorigen Zeiten, in
denen Du mich freventlich zum Zorne gereizt hast, ich
aber geschwiegen habe; in denen Du getan, was Du
gewollt, aber nicht gesollt hast, ich jedoch als einer,
der nicht richtete, geduldig gewesen bin. Nun naht meine
Zeit, und ich fordere von Dir die Vernachlässigung und
den Frevel Deiner Zeit. Wie ich Dich über alle Stufen
habe hinaufsteigen lassen, so wirst Du geistlicherweise
über andere Stufen hinabsteigen, welche Du
wahrhaftiglich an Seele und Leib erfahren wirst, wenn Du
meinen Worten nicht gehorchst; Deine großsprecherische
Zunge wird schweigen, und Dein Name, in dem Du genannt
bist auf Erden, wird vor meinem und meiner Heiligen
Antlitze in Vergessenheit und Schmach sein. Ich werde
auch danach fragen, wie unwürdig, jedoch mit meiner
Erlaubnis, Du alle Stufen hinaufgestiegen bist, was ich,
Gott, besser weiß, als Dein nachlässiges Gewissen sich
erinnert. Ich werde auch von Dir fordern, wie lau Du
warst, den Frieden unter den Königen zu stiften, und wie
sehr Du für den anderen Teil Partei genommen hast.
Außerdem wird nicht unvergessen sein, wie in der Kirche
zu Deiner Zeit Begierlichkeit und Ehrgeiz Blüten trieben
und sich mehrten, und wie Du vieles hättest bessern und
ändern können, aber Du, Liebhaber des Fleisches, hast
nicht gewollt. Erhebe Dich daher, bevor Deine letzte
Stunde sich naht, und lösche die Vernachlässigungen
früherer Zeiten durch Deinen Eifer in der letzten Zeit
ans. Wenn Du aber zweifelst, wes Geistes diese Worte
sind, so siehe, das Reich und die Person sind bekannt,
an welchen sich schreckenvolle Wunder ereignet haben und
die Gerechtigkeit und die Barmherzigkeit, von denen ich
rede, nahen sich aller Erden. Auch Dein Gewissen sagt
Dir, es sei, was ich mahne, vernünftig und liebreich,
wozu ich Dir rate, denn wenn meine Geduld Dich nicht
erhalten hätte, wärst Du bereits tiefer
herniedergestiegen, als einer Deiner Vorfahrer. Forsche
deshalb im Buche Deines Gewissens, und siehe, ob ich die
Wahrheit rede."
Christus
droht hier mit Ernst einigen, welche ihre früheren
Sünden und den Weg Gottes vergessen hatten und fröhlich
in Sicherheit lebten; sagt jedoch, daß, wenn sie sich
besserten, sie Barmherzigkeit bei ihm finden würden.
Der Sohn Gottes
sprach: "Achte nicht auf jene tanzlustigen Taugenichtse;
denn ich werde ihnen alsbald kommen, nicht als ein
Freund, sondern als einer, der Rache an ihnen nehmen
wird. Wehe ihnen, weil sie zur Zeit ihres Friedens nicht
haben das ewige Gute suchen wollen. Ich sage Dir, es
sind Menschen dieses Geschlechtes aufgestanden aus einer
bitteren Wurzel, aus welcher sie die Frucht ihrer
Eitelkeit und Begierlichkeit gesammelt haben. Deshalb
werden sie jetzt hinabsteigen, und es wird Armut und
Gefangenschaft, Schmach, Demütigung und Schmerz sich für
sie erheben. Welche sich aber gedemütigt haben, die
werden Gnade in meinen Augen finden."
Christus gibt
hier der Braut eine bemerkenswerte Lehre, wie man ein
thätiges und beschauliches Leben führen kann, das hier
durch Martha und Maria bedeutet wird; d. h. wie der
Mensch im geistlichen Leben und in den Tugenden beginnen
und zunehmen soll, um die höchste Stufe der vollkommenen
Liebe Gottes und des Nächsten zu ersteigen. Er redet
zuerst von der Thätigkeit derer, welche Marias Leben
befolgen.
Der Sohn Gottes
sprach: "Zwei Leben sind, welche mit Martha und Maria
Ähnlichkeit haben. Wer dieselben nachahmen will, soll erstlich eine aufrichtige Beicht aller seiner Sünden
ablegen und wahre Reue darüber fassen, auch den Willen
haben, ferner nicht mehr zu sündigen. Das erste Leben
nun, welches, wie ich, der Herr, bezeuge, Maria erwählt
hat, führt zur Betrachtung des Himmlischen; dies ist der
beste Teil und der Tag des ewigen Heiles." Wer das Leben
Marias zu haben begehrt, dem genügt es, wenn er einzig
und allein den notwendigen Unterhalt seines Leibes hat,
nämlich: Kleider ohne Pracht, sparsame Speise und Trank
ohne Überfluß; die Keuschheit ohne Lüsternheit,
vernünftiges Fasten nach der Satzung der Kirche. Wer
aber fastet, gebe acht, daß er nicht krank werde durch
unvernünftiges Fasten und infolge dieses Krankwerdens
weder Gebete, noch Predigten kürzen, noch anderes Gute
unterlassen muß, wodurch er seinem Nächsten und sich
selber nützen könne. Auch soll er fleißig achthaben, daß
ihn das Fasten nicht lau mache, strenge Gerechtigkeit zu
üben, noch daß er nachlasse in den Werken der
Frömmigkeit, weil es, um Widerspenstige zu strafen und
die Ungläubigen dem Joche des Glaubens zu unterwerfen,
sowohl geistlicher als leiblicher Stärke bedarf. Darum
wird jeglicher Schwache, der zu Ehren Gottes lieber
fasten, als essen möchte, wegen des guten Willens ebenso
großen Lohn haben, als derjenige, welcher aus Liebe
vernünftig fastet; ebenso wird, wer aus heiligem
Gehorsame ißt und lieber fasten, als essen möchte,
denselben Lohn erhalten, wie derjenige, welcher fastet.
Wer eine Maria ist, darf sich zweitens nicht freuen über
der Welt Ehre und ihr Glück, noch trauern über deren
Unglück, sondern darüber soll sie sich freuen, wenn die
Gottlosen fromm werden, die Liebhaber der Welt Liebhaber
Gottes werden, die Guten im Guten noch zunehmen und
miteinander wetteifernd, im Dienste Gottes noch
andächtiger werden. Trauern soll sie darüber, wenn die
Sünder noch ärger werden, wenn Gott von seinem Geschöpfe
nicht geliebt und die Gebote Gottes verachtet werden.
Wer eine Maria ist, darf drittens nicht müßig sein, wie
es auch Martha nicht war, sondern nach der Pflege des
notwendigen Schlafes aufstehen und Gott mit aufmerksamem
Herzen Dank sagen, weil er vermöge seiner Güte alles
erschaffen, und weil er dadurch, daß er aus Liebe das
Fleisch angenommen, alles von neuem erschaffen, und
durch sein Leiden und seinen Tod seine Liebe zum
Menschen, die größer nicht sein konnte, dargelegt hat.
Sie solle Gott auch für alle danken, welche bereits
gerettet, sowie für alle, welche am Reinigungsorte, und
für die, welche in der Welt sind, indem sie Gott demütig
bittet, er möge nicht zulassen, daß sie über ihre Kräfte
versucht werden; sie soll bescheiden im Gebete und
wohlgeordnet im Lobe Gottes sein; denn wenn sie ohne
Sorge den notwendigen Lebensunterhalt hat, soll sie um
so anhaltender im Gebete sein; wird sie verdrossen im
Gebete und wachsen die Versuchungen, so kann sie mit den
Händen eine ehrbare und nützliche Arbeit verrichten,
entweder, wenn sie dessen bedarf, zum eigenen Nutzen,
oder zum Vorteile anderer; wird sie aber in beiden, im
Gebet und in der Arbeit, verdrossen, so kann sie eine
ehrbare Beschäftigung vornehmen, oder erbauliche Worte
mit allem Ernste und unter Beiseitehaltung aller
Leichtfertigkeit anhören, bis Leib und Seele besser
geschickt werden für das Werk Gottes. Lebt sie jedoch in
einem Stande, wo sie den Unterhalt ihres Leibes nur
durch ihre Arbeit gewinnt, dann mag sie der notwendigen
Arbeit wegen ein kürzeres Gebet verrichten, und die
Arbeit selber wird die Vervollkommnung und Vermehrung
des Gebetes sein; versteht sie aber, oder vermag sie
nicht zu arbeiten, dann soll sie sich nicht schämen, es
sich auch nicht lästig sein lassen, vom Almosen zu
leben, vielmehr eine Freude daran finden, weil sie dann
mir, dem Sohne Gottes, nachfolgt, der ich, damit der
Mensch reich werde, mich selber arm gemacht habe. Wenn
sie endlich dem Gehorsame unterworfen ist, so soll sie
im Gehorsame ihres geistlichen Vorgesetzten leben, und
ihre Krone wird mehr, als wenn sie in der Freiheit
lebte, gedoppelt werden. Wer eine Maria ist, darf nicht
geizig sein, wie auch Martha nicht, aber auch nicht
verschwenderisch. Wie Martha um Gottes willen das
Zeitliche spendet, so soll sie, eine Maria, ihre
geistlichen Güter austeilen, denn wenn sie Gott in ihrem
Herzen lieb hat, soll sie sich vor dem Worte hüten, das
viele im Munde haben, wenn sie sprechen: Es genügt mir,
wenn ich meiner eigenen Seele helfen kann, was gehen
mich die Werke meiner Nächsten an, oder was kümmert es
mich, wie andere leben? O Tochter, diejenigen, welche so
etwas sagen und denken, würden, wenn sie die Schande und
Trübsal sehen könnten, welche über ihren Freund kommen
wird, bis in den Tod für ihn laufen, daß er aus solcher
Trübsal erlöst würde. Also mag Maria tun, denn es soll
sie schmerzen, wenn ihr Gott beleidigt und ihr Bruder,
welcher ihr Nächster ist, geärgert wird; sie soll sich
vielmehr, wenn jemand in eine Sünde fällt, soviel sie
vermag, bemühen, daß er von der Sünde befreit werde,
jedoch mit Klugheit; soll sie auch darob Verfolgung
leiden, so möge sie sich einen anderen, sicherern Ort
suchen, weil ich, Gott, selber gesagt habe: Wenn man
euch in einer Stadt verfolgt, flieht in eine andere. (Math.
X.) Also hat auch Paulus getan, weil er für eine andere
Zeit notwendiger war, und darum ward er in einem Korbe
die Mauer hinabgelassen. (II. Kor. XI.) Zu dieser
Freigebigkeit und Frömmigkeit sind ihr fünf Stücke
notwendig. Erstens ein Haus, worin ihre Gäste, die
Gedanken ihres Herzens, schlafen; zweitens Kleider, um
die Nackten zu kleiden; drittens Speise, um die
Hungernden zu sättigen; viertens Feuer, um die Kalten zu
erwärmen, fünftens Arznei für die Kranken, d. h. mit
göttlicher Liebe tröstende Worte. Ihr Haus nun ist ihr
Herz. Böse Gäste darin sind alle jene Versuchungen,
welche ihr Herz beunruhigen, namentlich zum Zorn, zur
Traurigkeit, Begierlichkeit, Hoffart und vieles
ähnliche, das durch die fünf Sinne eingeht. Nahen sich
ihr solche Fehler, so müssen sie zum Liegen kommen, wie
schlafende und ruhende Gäste, denn gleichwie der
Gastmeister böse und gute Gäste mit Geduld aufnimmt,
also soll Maria alles erdulden um Gottes willen; vermöge
der Tugend der Geduld, und auch nicht im geringsten den
Feinden zustimmen, noch an denselben Freude finden,
sondern dieselben aus ihren Herzen allmählich, sobald
sie vermag, unter dem Beistande der Gnade Gottes
beseitigen; kann sie es nicht, so soll sie dieselben
wider ihren Willen als Feinde dulden und auf das
Gewisseste überzeugt sein, daß sie ihr zu einer
schöneren Krone, keineswegs aber zur Verdammnis
förderlich sind. Zweitens soll sie Kleider haben, mit
denen ihre guten Gäste bekleidet werden können, nämlich
innere und äußere Demut und ein herzliches Mitleid mit
dem Nächsten in seiner Betrübnis; hat sie deshalb von
den Menschen Verachtung zu leiden, so soll sie sogleich
sich an ihr Herz wenden und gedenken, wie ich, Gott,
verachtet und geringgeschätzt, langmütig geduldet habe,
wie ich nach der Verurteilung stumm gewesen, und wie
ich, gegeißelt und mit Dornen gekrönt, nicht gemurrt
habe; auch habe sie acht, daß sie diejenigen, welche sie
schelten, keine Zeichen des Zornes oder der Ungeduld
sehen lasse, sondern diejenigen segne, welche sie
verfolgen, daß die, welche es sehen, Gott preisen, dem
sie nachfolgt, und Gott selber wird den Fluch in Segen
verwandeln; denen, welche sie belästigen, soll sie nicht
übel nachreden oder Vorwürfe machen, weil es verwerflich
ist, üble Nachrede zu halten und den, der übel
nachredet, anzuhören, oder aus Ungeduld dem Nächsten
Vorwürfe zu machen; sie soll deshalb, auf daß sie das
Gut der vollkommenen Demut und Geduld besitze, sich
bemühen, diejenigen, welche anderen Übles [sic!]
nachreden, zur Vorsicht zu ermahnen oder sie zu warnen,
sich vor der Gefahr zu hüten, sie auch mit Liebe durch
Wort und Beispiel zur wahren Demut ermahnen. Zu einem
Kleide soll sie auch das Mitleid haben; denn wenn sie
ihren Nächsten sündigen sieht, soll sie ihn bemitleiden
und Gott bitten, daß er sich seiner erbarme; sieht sie
ihn aber Unrecht, Schaden oder Schmach erleiden, soll
sie Leid um ihn tragen, ihm durch Fürbitte, Beistand und
Sorgfalt auch bei den Mächtigen der Welt helfen; das
wahre Mitleid sucht ja nicht, was sein, sondern was des
Nächsten ist. Findet ihre Bitte bei den Mächtigen keine
Erhörung und nützt es ihnen nichts, wenn sie aus ihrem
Kämmerlein bei ihnen Zutritt sucht, dann soll sie Gott
desto eifriger für die Betrübten bitten, und Gott, der
in die Herzen sieht, wird um der Liebe der Bittenden
willen die Herzen der Menschen zum Frieden des Betrübten
wenden, und derselbe wird entweder von seiner Trübsal
befreit, oder es wird ihm von Gott Geduld gegeben
werden, auf daß seine Krone verdoppelt wird. Ein solches
Kleid also, nämlich die Demut und das Mitleid, soll ihr
Herz schmücken, denn nichts zieht Gott also in die Seele
hinein, als die Demut und das Mitleid mit den Nächsten.
Drittens soll Maria Speise und Trank haben für ihre
Gäste. Beschwerliche Gäste sind es, wenn das Herz nach
außen hingezogen wird und Angenehmes und Irdisches zu
sehen, Zeitliches zu besitzen begehrt, wenn das Ohr die
eigene Ehre zu hören verlangt, wenn das Fleisch in
fleischlichen Dingen Ergötzung sucht, wenn der Geist die
Entschuldigung der Gebrechlichkeit vorwendet und die
Schuld leicht anschlägt, wenn der Überdruß am Guten und
die Vergessenheit der Zukunft hinzutritt, wenn sie ihre
guten Werte überschätzt und ihre bösen vergißt. Wider
solche Gäste bedarf sie des Rates und darf keineswegs
ihre Anwesenheit verheimlichen und schlafen, sie soll,
ermutigt durch den Glauben, sich tapfer erheben und
solchen Gästen also antworten: Ich mag an Zeitlichem
nichts besitzen, sondern will nur einen geringen
Unterhalt für meinen Leib haben, ich will auch den
geringsten Augenblick der Stunden und Zeiten nur zur
Ehre Gottes verwenden; ich will nicht beachten, was
schön oder niedrig, noch dem Fleische nützlich oder
unnütz, noch meinem Geschmacke wohl oder übel schmeckend
ist, als nur nach dem Wohlgefallen Gottes und dem Nutzen
der Seele, weil mich auch nicht eine Stunde anders, als
nach dem Wohlgefallen Gottes zu leben gelüstet. Ein
solcher Wille ist die Speise für ankommende Gäste, und
eine solche Antwort löscht die ungeordneten Begierden
aus. -
Viertens soll
Maria ein Feuer haben, um die Gäste zu erwärmen und sie
zu erleuchten. Dieses Feuer ist die Glut des heiligen
Geistes; denn es ist unmöglich, daß jemand den eigenen
Willen, oder die fleischliche Liebe zu den Eltern, oder
die Liebe zum Reichtume verleugnen könnte, es sei denn
unter Mitwirkung des Antriebes des heiligen Geistes und
seiner Glut und so wird auch diese Maria selber, wie
vollkommen sie immer sei, ein seliges Leben ohne die
Liebe und Unterweisung des heiligen Geistes nicht zu
beginnen oder fortzusetzen vermögen. Damit sie nun
solche Gäste erleuchten kann, soll sie zuerst also
denken und sprechen: Gott hat mich darum erschaffen, daß
ich ihn über alles ehre, und indem ich ihn ehre, auch
liebe und fürchte. Er ist auch von einer Jungfrau
geboren, um den Weg zum Himmel zu lehren, den ich mit
Demut verfolgen soll, dann öffnete er durch seinen Tod
den Himmel, damit ich nach demselben verlangen, und
eilends in denselben gelangen möge. Ferner soll sie alle
ihre Werke, Gedanken und Empfindungen überdenken,
nämlich: wie sie Gott beleidigt hat, und wie geduldig
Gott den Menschen erträgt, und auf wie viele Arten er
denselben zu sich ruft. Solche und ähnliche Gedanken
sind Marias Gäste, welche alle gleichsam in der
Finsternis sich befinden, wenn sie nicht vom Feuer des
heiligen Geistes erleuchtet werden. Dieses Feuer kommt
ins Herz, wenn sie bedenkt, daß es vernünftig ist, Gott
zu dienen, wenn sie lieber alle Pein erdulden möchte,
als mit Wissen Gott zum Zorne zu reizen, durch dessen
Güte die Seele erschaffen und mit dessen gebenedeitem
Blute dieselbe erlöst ist. Alsdann auch hat das Herz
Licht von diesem guten Feuer, wenn der Geist erwägt und
entscheidet, mit welcher Meinung ein jeglicher Gast, das
ist, ein jeder Gedanke, ankommt; wenn das Herz prüft, ob
der Gedanke nach der ewigen, oder vergänglichen Freude
strebt; wenn es keinen Gedanken unerforscht, keinen ohne
Furcht ungestraft läßt. Damit sie nun dieses Feuer
erhält und wenn sie es erhalten hat, bewahrt, ist es
notwendig, daß sie dürres Holz zusammenträgt, wodurch
dieses Feuer unterhalten wird, d. h. sie soll fleißig
achtgeben auf die Regungen des Fleisches, damit das
Fleisch nicht übermütig werde, und soll allen Fleiß
anwenden, daß die Werke der Frömmigkeit und die
andächtigen Gebete sich mehren, durch welche der heilige
Geist erfreut wird. Vornehmlich aber soll man wissen und
beachten, daß, wenn ein Feuer angezündet worden,
dasselbe, wenn es aus einem verschlossenen Gefäße keinen
Ausgang hat, gar schnell verlöscht und das Gefäß
erkaltet. So ist es auch mit Maria; denn wenn sie zu
nichts anderem leben will, als um Gott Ehre zu erweisen,
so ist ihr nützlich, daß sich ihr Mund öffne und die
Flamme ihrer Liebe hinausschlage. Der Mund wird aber
alsdann geöffnet, wenn sie aus brünstiger Liebe redet
und Gott geistliche Kinder gebärt. Sie soll jedoch
fleißig achtgeben, daß sie den Mund ihrer Belehrung da
auftue, wo die Guten brünstiger und die Bösen besser
werden, wo die Gerechtigkeit gemehrt und die böse
Gewohnheit vertilgt werden kann. Denn mein Apostel
Paulus hat zu Zeiten reden wollen, ist aber durch den
heiligen Geist verhindert und angeregt worden, daß er
zur angenehmen Zeit geschwiegen, zur gelegenen jedoch
geredet hat, daß er zuweilen mit glimpflicheren,
zuweilen mit strengeren Worten geredet und alle seine
Worte und Taten zur Ehre Gottes und zur Stärkung des
Glaubens getan hat. Wenn aber Maria nicht zu belehren
vermag, jedoch gleichwohl den Willen und die
Wissenschaft zu belehren hat, soll sie es machen wie der
Fuchs, welcher umhergeht in den Bergen und viele Stellen
mit den Füßen versucht, und wo er die besten und
passendsten Stellen findet, sich zu seiner Ruhe eine
Grube macht. So soll sie durch Worte, Beispiele und
Gebete die Herzen vieler versuchen, und wenn sie Herzen
findet, welche am besten geeignet sind, Gottes Worte
aufzunehmen, soll sie dabei verweilen und mahnen und
überreden, wie sie vermag. Sie soll auch bemüht sein,
daß ihre Flamme einen geeigneten Ausgang habe; weil, je
größer die Flamme ist, desto mehrere erleuchtet und
entzündet werden. Die Flamme hat aber alsdann einen
geeigneten Ausgang, wenn sie weder den Tadel fürchtet,
noch eigenes Lob sucht, wenn sie weder Widerwärtigkeiten
fürchtet, noch sich im Glücke erfreut; und dann ist es
Gott angenehmer, wenn Maria gute Werke öffentlich tut,
als im geheimen, damit die, welche dieselben sehen, Gott
preisen. Man muß aber wissen, daß sie zwei Flammen
ausgehen lassen soll, die eine soll innerlich im Herzen
sein, die zweite auswendig. Die erste ist, daß sie sich
unwürdig und unnütz zu allem Guten erachtet und sich
niemand in Gedanken vorziehe, nicht begehre, gelobt oder
gesehen zu werden, die Anmaßung fliehe, Gott über alles
begehre und seinen Worten nachfolge; wenn sie eine
solche Flamme ausgehen läßt durch die Zeichen ihrer
Werke, dann wird ihr Herz durch Liebe erleuchtet, und
alle widerwärtigen Ereignisse werden überwunden und
leicht ertragen. Die zweite Flamme muß offen
hervorbrechen; denn wenn die wahre Demut im Herzen ist,
muß sie auch an der Kleidung erscheinen, aus dem Munde
vernommen und durch die Tat vollzogen werden. Am Kleide
erscheint die wahre Demut, wenn sie lieber ein Kleid
erwählt, das wenig kostet, von dem sie jedoch Nutzen und
Wärme hat, als wenn sie ein Kleid von größerem Werte
nimmt, das nur der Hoffart und Pracht dient. Ein Kleid,
das wenig kostet und bei den Menschen schlecht und
verächtlich heißt, ist wahrhaft schön vor Gott; weil es
die Demut zu erkennen gibt; ein Kleid aber, das um einen
hohen Preis gekauft und schön genannt wird, ist vor Gott
häßlich, weil es die Schönheit der Engel, d. i. die
Demut, hinwegnimmt. Ist sie aber aus irgend einem
vernünftigen Grunde genötigt, ein Kleid zu tragen,
besser, als das geringe, welches sie tragen möchte, so
soll sie sich deshalb nicht beunruhigen, weil hierdurch
ihr Lohn erhöht wird. Ferner muß sie Demut im Munde
haben, indem sie Demütiges redet, Leichtfertiges meidet,
vor vielem Geschwätze sich hütet, keine
Spitzfindigkeiten in den Worten gebraucht, noch ihre
Meinung derjenigen der Besseren vorzieht und wenn sie
hört, daß sie um eines guten Werkes willen gelobt wird,
so soll sie sich nicht erheben, sondern also antworten:
Gelobt sei Gott, der alles gegeben hat; denn was bin
ich, als Staub vor dem Winde? Oder was Gutes ist von
mir, die ich wie Erde ohne Wasser bin? Wird sie aber
getadelt, so soll sie nicht traurig werden, sondern
antworten: Das ist mir lieb, weil ich so oft gesündigt
habe vor dem Antlitze Gottes, ohne Buße zu tun. Ich bin
wohl nach größerer Betrübnis würdig, deshalb betet für
mich, daß ich zeitliche Schmach erleiden möge, um der
ewigen zu entgehen. Wird sie durch die Gottlosigkeit des
Nächsten zum Zorne gereizt, soll sie sich fleißig hüten,
daß sie die Zunge nicht löse zu unbescheidenen
Erwiderungen, weil der Zorn die Hoffart häufig zur
Begleiterin hat. Deshalb ist es rätlich, daß sie, wenn
Zorn und Hoffart sich erheben wollen, die Lippen so
zusammendrückt, bis der Wille von Gott Hilfe begehrt, zu
leiden und zu erwägen, was oder wie sie antworten soll,
um sich selber besiegen zu können, weil der Zorn alsdann
im Herzen besänftigt wird und sie den Thoren weise zu
antworten vermag. Du mußt auch wissen, von welch
feindlicher Gesinnung der Teufel gegen eine solche Maria
beseelt ist. Vielfach sucht er ihr Hindernisse in den
Weg zu legen, indem er sie bald zur Übertretung der
Gebote Gottes, bald zur Einwilligung in einen großen
Zorn, oder zur Ausgelassenheit einer eitlen Freude, oder
zu ausgelassenen Reden und Scherzen anreizt. Darum soll
sie Gott beständig um Hilfe bitten, damit all ihr Reden
und Handeln von ihm möge regiert werden und sich zu ihm
richte. Außerdem muß sie Demut im Handeln haben, so daß
sie nichts um irdischen Lobes willen thue, nichts Neues
versuche, keiner Demut sich schäme im Werke, alles
Absonderliche meide, allen nachgebe und in allen Dingen
sich unwürdig achte. Ferner soll sie lieber bei den
Armen sitzen wollen, als bei den Reichen; lieber
gehorchen, als regieren; lieber schweigen, als reden;
lieber allein sein, als mit Mächtigen und Verwandten
Umgang pflegen. Sie soll auch den eigenen Willen hassen,
allezeit an ihren Tod denken, nicht neugierig sein,
nicht murren, nicht die Gerechtigkeit Gottes und ihre
Neigungen vergessen; sie soll auch häufig zur Beicht
sich einfinden, achtsam sein bei Anfechtungen, zu nichts
anderem zu leben verlangen, als daß die Ehre Gottes und
das Heil der Seelen gemehrt werde. Wenn nun diese Maria
so, wie jetzt gesagt worden, gesinnt ist und auch zu
einer Martha werden will, indem sie aus Liebe Gottes
gehorsam, viele Seelen zu leiten übernimmt, so wird ihr
eine doppelte Krone gereicht werden, wie ich Dir an
einem Gleichnisse zeige. Es war einmal ein mächtiger
Herr. Dieser hatte ein Schiff, das mit kostbaren Waren
beladen war. Er sprach zu seinen Dienern: Fahret hin zu
jenem Hafen, wo mir großer Gewinn und herrliche Frucht
zu teil wird; erheben sich die Winde, so arbeitet tapfer
und werdet nicht verdrossen; denn euer Lohn wird groß
sein. Während nun die Diener dahinfuhren, erhob sich ein
mächtiger Wind, die Sturmwellen schwollen an und das
Schiff ward arg hin- und hergeworfen. Der Steuermann
ließ nach im Eifer und alle verzweifelten am Leben,
verabredeten sich jedoch, in einen Hafen einzulaufen,
nach welchem der Wind sie trieb, aber nicht nach jenem
Hafen, den der Herr ihnen bezeichnet hatte. Als dieses
ein Diener hörte, welcher treuer war, seufzte er. Im
Eifer der Liebe zu seinem Herrn entflammt, ergriff er
gewaltig das Steuerruder des Schiffes und führte
kraftvoll das Schiff in den Hafen, wohin sein Herr es
haben wollte. Muß dieser Mann, welcher das Schiff so
mannhaft zum Hafen geführt hatte, nicht vor anderen mit
einem größeren Lohne bedacht werden? Ähnlich verhält es
sich mit einem guten geistlichen Vorsteher, welcher aus
Liebe zu Gott und für das Heil der Seelen die Bürde des
Regiments auf sich nimmt, ohne sich um die Ehre zu
kümmern; denn er wird einen doppelten Lohn haben. Zuerst
wird er der Verdienste aller derer teilhaftig sein,
welche er zum Hafen geführt hat; zweitens wird seine
Herrlichkeit ohne Ende vermehrt werden Das Gegenteil
aber wird bei denen eintreten, welche nach Ehren und
Auszeichnungen streben; sie werden Teilnehmer aller
Strafen und Sünden derer sein, welche sie zu regieren
übernommen hatten und ihre Schande wird ohne Ende sein,
denn die Prälaten, welche nach Ehren streben, sind
Buhlerinnen ähnlicher, als geistlichen Vorstehern, weil
sie die Seelen durch ihre bösen Vorbilder und Worte
betrügen, und unwert sind, Maria oder Martha genannt zu
werden, wenn sie nicht Buße tun und sich bessern.
Wer eine Maria
in, soll fünftens ihren Gästen Arznei reichen, nämlich:
dieselben durch gute Worte erfreuen. Zu allem, was sich
begeben kann, mag es fröhlich oder traurig sein, soll
sie sagen: Ich will, was Gott will, daß ich wollen soll,
und bin bereit, seinem Willen zu gehorsamen, auch wenn
ich zur Hölle fahren müßte. Ein solcher Wille ist Arznei
wider alles, was dem Herzen begegnet, er ist eine Lust
in der Trübsal und tugendsame Mäßigung im Glücke. Weil
sie aber viele Feinde hat, soll sie immerfort beichten
gehen, denn solange sie wissentlich in einer Sünde
verweilt, und, während sie Gelegenheit hat zu beichten,
solches vernachlässigt oder nicht beachtet, ist sie vor
Gott eher eine Abtrünnige zu nennen, als eine Maria. -
Nun auch von den
Lebensthätigkeiten der Martha! Du sollst wissen, daß,
obwohl Marias Teil der beste ist, deshalb Marthas Teil
doch nicht schlecht, vielmehr löblich und Gott
wohlgefällig ist. Deshalb will ich Dir jetzt sagen, wie
jene, welche Martha werden will, unterwiesen werden
soll. Sie muß gleichfalls wie Maria fünferlei Gutes
haben. Erstens den rechten Glauben der Kirche Gottes.
Zweitens Kenntnis der Gebote Gottes und der
evangelischen Räte, die sie innerlich und äußerlich
beobachten soll; drittens soll sie die Zunge von jedem
argen Worte abhalten, das wider Gott und den Nächsten
ist, die Hand von jeder unehrbaren und unerlaubten Tat
und das Gemüt von zu großer Begierlichkeit und Lust,
soll sich mit dem, was ihr beschieden worden, begnügen
und auf Überflüssiges ihr Augenmerk nicht richten.
Viertens muß sie die Werke der Barmherzigkeit vernünftig
und demütig verrichten, damit sie durch eitles Vertrauen
auf diese Werke Gott in keinerlei Weise verletze.
Fünftens muß sie Gott über alles und mehr als sich
selber lieben. Also Tat Martha. Denn sie gab sich mir
voll Freuden selber dahin, indem sie meinen Worten und
Werten folgte, alle ihre Güter aus Liebe zu mir
verschenkte, das Zeitliche verachtete, das Himmlische
suchte, alles mit Geduld litt und für andere sorgte, als
wie für sich selbst. Darum dachte sie immer an meine
Liebe und mein Leiden, freute sich in Trübsalen und wie
eine Mutter liebte sie alle; täglich folgte sie mir nach
und begehrte nichts, als die Worte des Lebens zu hören;
sie hatte Mitleid mit den Leidtragenden, tröstete die
Kranken, redete von niemand Übles, sondern stellte sich,
als wisse sie von den Gottlosigkeiten des Nächsten
nichts, und betete für alle. Jeglicher also, welcher im
thätigen Leben die Liebe begehrt, muß der Martha folgen,
indem er den Nächsten liebt, um den Himmel zu erlangen,
aber nicht seine Fehler befördert, indem er das eigene
Lob flieht, sowie alle Hoffart und Zweideutigkeit; auch
Zorn und Neid darf er nicht bei sich behalten. -
Merke aber, daß
Martha für ihren verstorbenen Bruder Lazarus bat. Sie
kam zuerst zu mir; allein ihr Bruder ward nun nicht
sofort erweckt, sondern es kam nachher Maria gerufen,
und da erst ward um beider Schwestern willen der Bruder
auferweckt. So ist es auch im geistlichen Leben. Denn
wer auf vollkommene Weise Maria zu sein begehrt, muß
zuvörderst Martha sein und für meine Ehre leiblich
arbeiten; er muß nämlich zunächst den Gelüsten des
Fleisches Widerstand zu leisten verstehen, auch den
Versuchungen des Teufels entgegentreten, und nachher
kann er mit Überlegung aufsteigen zur Stufe der Maria.
Wer nicht bewährt und versucht ist, wer nicht die
Regungen seines Fleisches überwunden hat, wie kann der
himmlischen Dingen anhängen? Was aber ist Marthas und
Marias gestorbener Bruder anderes, als das unvollkommene
Handeln? Denn sehr häufig erfolgt das gute Handeln in
unkluger Absicht und mit unüberlegtem Sinne, und deshalb
geht es lau und langsam vorwärts. Damit das gute Handeln
mir angenehm sei, so muß es wieder auferweckt und
lebendig werden durch Martha und Maria, d. h. wann der
Nächste aufrichtig geliebt wird um Gottes willen und
nach Gott, und Gott allein über alles begehrt wird. Dann
ist jedes gute Handeln Gott wohlgefällig. Darum habe ich
im Evangelium gesagt, Maria habe den besten Teil
erwählt; Marthas Teil ist dann gut, wenn die Sünde der
Nächsten sie schmerzt, und noch besser, wenn sie sich
darum bemüht, daß die Menschen weise und ehrbar leben
und bestehen, und dies allein um der Liebe Gottes willen
tut. Marias Teil aber ist der beste, wenn sie allein das
Himmlische und den Gewinn der Seelen betrachtet. Alsdann
auch geht Gott in das Haus der Martha und Maria ein,
wenn das Gemüt mit guten Begierden erfüllt ist und
Frieden hat vor dem Getümmel der Weltmenschen, wenn sie
sich Gott als allezeit gegenwärtig denkt und in seiner
Liebe nicht nur betrachtet, sondern auch Tag und Nacht
arbeitet."
Christus
zeigt der Braut, wie die Seele das Weib Gottes ist,
deren Haus der Leib ist. . Ihre fünf Diener werden durch
die fünf Sinne bedeutet, und die fünf Mägde durch fünf
Tugenden. Der Herr sagt auch, wie eine fromme Seele
beschaffen und wie dieselbe geschmückt sein müsse.
Außerdem zeigt er, für welche Sünden die Seele eines
Verstorbenen zum Fegfeuer verdammt werde, und sagt, wie
dieselbe wegen der Gebete eines Heiligen, und durch
welche Hilfe und Mittel sie von den Peinen befreit
werden könne.
Der Sohn sprach:
"Ein Herr nahm sich eine Gemahlin. Er baute ihr ein
Haus, bestellte ihr Knechte und Mägde und Speise, und
zog in die Fremde. Nach langer Zeit kehrte er zurück und
vernahm, wie seine Gattin in gar schlechtem Rufe stehe,
die Knechte ungehorsam, die Mägde schamlos wären.
Hierüber erzürnt, überantwortete er das Weib dem
Gerichte, die Knechte den Peinigern und die Mägde den
Geißelschlägen. Ich, Gott, bin jener Herr, und habe mir
die Seele des Menschen vermählt, welche durch die Macht
meiner Gottheit erschaffen worden, begehre auch mit ihr
die unaussprechliche Süßigkeit meiner Gottheit zu
teilen. Ich habe sie mir aber im Glauben und in der
Liebe, sowie in der Beharrlichkeit der Tugenden
anvermählt. Dieser Seele habe ich ein Haus erbaut, da
ich ihr einen sterblichen Leib gegeben, in welchem sie
bewährt und in Tugenden geübt werden sollte. Dieses Haus
aber, das ist der Leib, hat vier Merkmale: Adel,
Sterblichkeit, Wandelbarkeit und Verweslichkeit. Edel
ist der Leib, weil derselbe von Gott erschaffen worden
und an allen Elementen teil hat, auch am jüngsten Tage
auferstehen wird zur Ewigkeit; unedel aber ist er im
Vergleiche mit der Seele, weil er von Erde, die Seele
aber geistig ist. Weil der Leib nun einigen Adel hat,
muß er mit Tugenden geschmückt werden, um am Tage des
Gerichtes verherrlicht zu werden. Der Leib ist ferner
sterblich, weil er von Erde ist; deshalb muß er stark
sein wider die Lüste, unterliegt er denselben, so
verliert er Gott. Auch wandelbar ist der Leib, und
deshalb muß er durch die Vernunft der Seele befestigt
werden, weil er, wenn er seinen Regungen folgt, dem
Tiere ähnlich ist. Endlich ist der Leib verweslich, und
deshalb soll er immer rein sein, weil der Teufel die
Unreinigkeit begehrt, vor welcher der Schutz der Engel
sich zurückzieht. Die Bewohnerin dieses Hauses, nämlich
des Leibes, nun ist die Seele, sie ist in demselben wie
in einem Hause bedeckt, und erhält den Leib selber
lebendig; ohne die Gegenwart der Seele ist der Leib
abscheulich, stinkend und greulich anzuschauen. Die
Seele hat auch fünf Diener, welche dem Hause zum Troste
gereichen sollen. Der erste Diener ist das Gesicht.
Dasselbe soll sein, wie ein tüchtiger Späher, welcher
kommende Feinde und Freunde unterscheiden muß. Feinde
kommen aber alsdann, wenn die Augen schöne Gesichter,
des Fleisches Lust und das, was schädlich und unehrbar
ist, zu sehen begehren. Freunde sind es, welche Freude
daran haben, mein Leiden und die Werke meiner Freunde,
sowie dasjenige zu sehen, was zur Ehre Gottes gereicht.
Der zweite Diener ist das Gehör. Dasselbe ist wie ein
guter Türhüter, der den Freunden die Türe öffnet, vor
den Feinden aber verschließt. Den Freunden öffnet er
alsdann, wenn es ihn erfreut, die Worte Gottes und die
Reden und Taten seiner Freunde zu hören, den Feinden
verschließt er aber, wenn üble Nachrede,
Leichtfertigkeiten und leere Worte abgehalten werden.
Der dritte Diener ist der Geschmack beim Essen und beim
Trinken. Derselbe ist wie ein guter Arzt, welcher die
Speisen zum notwendigen Lebensunterhalt verordnet, aber
nicht zum Überflusse und zur Ergötzung; denn man soll
die Nahrungsmittel wie Arzneien nehmen; deshalb soll man
beim Geschmacke zwei Stücke beachten, nämlich, daß weder
zu viel, noch zu wenig Speise genommen wird. Nimmt man
zu viele Speise, so wird man krank, bei zu weniger
Speisung wird man verdrossen im Dienste Gottes. Der
vierte Diener ist das Gefühl. Dasselbe soll sein wie ein
guter Arbeitsmann, der mit den Händen pflichtmäßig
arbeitet, um den Leib zu unterhalten, und Klugheit
beobachtet, um die unerlaubten Regungen des Fleisches zu
zähmen, mit dem Verlangen, das ewige Heil zu erlangen.
Der fünfte Diener ist der Geruch lieblicher Sachen;
diesen soll man um des ewigen Lohnes willen in vielen
Dingen gern entbehren, darum soll dieser Diener sein wie
ein guter Austeiler, und bedenken, ob der Geruch der
Seele zuträglich ist, ob sie ihn verdient und ob ohne
ihn der Leib bestehen könne; erkennt er, daß der Leib
ohne lieblichen Geruch, wie er immer sein mag, Bestand
haben und leben könne, und enthält er sich desselben um
Gottes willen, so verdient er vor Gott einen großen
Lohn, weil die Tugend Gott sehr gefällt, durch welche
der Sinn auch von erlaubten Dingen abgehalten wird. Wie
nun die Seele solche Diener hat, muß sie auch fünf
wohlbestallte Mägde haben, welche ihre Gebieterin
bewachen und vor ihren Gefahren bewahren. Die erste muß
furchtsam sein und ihre Sorge darauf eichten, daß der
Bräutigam nicht beleidigt werde durch Übertretung seiner
Gebote, oder die Gebieterin sich nicht nachlässig finden
lasse. Die zweite soll fromm sein, daß sie nichts
anderes suche, als die Ehre des Bräutigams und den
Nutzen ihrer Gebieterin. Die dritte soll bescheiden und
beständig sein, damit die Gebieterin nicht in Freuden
ausgelassen werde, noch in Widerwärtigkeiten unterliege.
Die vierte soll geduldig und vorsichtig, auch imstande
sein, ihre Frau bei eintretenden Übeln zu trösten. Die
fünfte soll schamhaft und keusch sein, so daß weder in
Gedanken, noch in der Rede oder Handlung irgend etwas
ungebührliches ober Unenthaltsames gefunden werde. Wenn
die Seele nun ein solches Haus hat, wie ich gesagt habe,
wenn sie so bestellte Diener und ehrbare Mägde hat, so
ist es eine Schande, wenn die Seele, welche die
Gebieterin ist, nicht auch schön und andächtig ist.
Deshalb will ich Dir auch den Schmuck und die Zier der
Seele zeigen. Sie soll vernünftig sein im Unterscheiden
dessen, was sie dem Leibe und was sie Gott schuldig ist,
weil sie mit den Engeln an der Vernunft und Liebe teil
hat. Darum soll sie das Fleisch halten wie einen Esel,
und demselben mäßige Lebensnotdurft reichen, dasselbe
anregen mit Arbeit, strafen mit Furcht und Entziehung,
auch seine Regungen beobachten, damit es seiner Schwäche
nicht nachgebe und die Seele nicht gegen Gott sündige.
Sodann soll die Seele himmlisch sein, weil sie das Bild
Gottes im Himmel trägt, und deshalb soll sie niemals
Geschmack, noch Freude am Fleischlichen finden, auf daß
sie nicht dem Bilde des Teufels gleichförmig werde.
Drittens soll sie brünstig sein in der Liebe Gottes,
weil sie die Schwester der Engel und unsterblich und
ewig ist. Viertens soll sie schön sein in aller Tugend,
weil sie die Schönheit Gottes ewiglich schauen wird;
gibt sie aber dem Fleische ihre Zuwilligung, wird sie
ewig häßlich sein. Es ist auch erforderlich, daß die
Frau, d. h. die Seele, Speise habe. Ihre Speise ist das
Gedächtnis der WohlTaten Gottes, die Betrachtung seiner
schrecklichen Gerichte, und die Lust in seiner Liebe und
seinen Geboten. Deshalb soll die Seele fleißig darauf
achten, dass sie nicht vom Fleische beherrscht werde,
weil hierbei alles in Unordnung gerät. Alsdann wollen
die Augen schauen, was gefällt, aber schädlich ist; die
Ohren wollen hören, was eitel ist, und man gefällt sich,
zu kosten, was süß ist, und vergeblich zu arbeiten um
der Welt willen. Alsdann auch wird die Vernunft
verführt, die Ungeduld herrscht und die Andacht wird
gemindert, die Nachlässigkeit gemehrt, die Schuld leicht
geachtet und auf die Zukunft nicht acht gegeben, die
geistliche Speise wird verächtlich und alles, was Gottes
ist, erscheint beschwerlich, denn wie kann das
ununterbrochene Andenken an Gott zur Freude sein, wo
Fleischeslust herrscht? Oder wie vermag die Seele sich
dem Willen Gottes übereinstimmend zu bilden, wo ihr nur
das Fleischliche gefällt? Oder wie kann das Wahre vom
Falschen unterschieden werden, wenn ihr alles
beschwerlich ist, was Gottes ist? Von einer so
mißgestalteten Seele kann gesagt werden, daß das Haus
Gottes dem Teufel zinsbar geworden und ihm gehuldigt
hat. - Eine solche nun ist die Seele jenes Verstorbenen,
welche Du siehst, denn der Teufel besitzt ihn zu
neunfachem Rechte. Erstens, weil er freiwillig seine
Zustimmung zur Sünde gab; zweitens, weil er die Würde
und Verheißung seiner Taufe verachtete; drittens, weil
er die Gnade der ihm vom Bischofe erteilten Firmung
nicht beachtet hat; viertens, weil er die ihm gewährte
Zeit der Buße nicht in acht genommen; fünftens, weil er
mich, Gott, in seinen Werken nicht, noch meine Gerichte
gefürchtet hat, sondern mit Fleiß von mir gewichen ist;
sechstens, weil er meine Geduld verachtet hat, als wenn
ich nicht wäre, oder als wenn ich nicht richten wollte;
siebentens, weil er sich um meine Ratschläge und Gebote
weniger gekümmert hat, als um die menschlichen; achtens,
weil er Gott nicht vom Herzen für seine WohlTaten
gedankt hat, da sein Herz ganz in der Welt war;
neuntens, weil mein Leiden in seinem Herzen fast
gänzlich tot war. Und deshalb leidet er nun neun Peinen.
Die erste besteht darin, daß er alles, was er leidet,
nicht aus Liebe leidet, sondern mit Widerwillen; die
zweite, daß, weil er den Schöpfer verlassen und das
Geschöpf geliebt hat, alle Kreatur ihn verabscheut; die
dritte Pein ist der Schmerz, weil er alles verlassen und
verloren hat, was er liebte, und dieses nun wider ihn
ist; die vierte ist die Hitze und der Durst, weil er
mehr das Vergängliche, als das Ewige begehrte; die
fünfte ist der Schrecken und die Gewalt der bösen
Geister, weil er den gütigen Gott, als er es vermochte,
nicht hat fürchten wollen; die sechste ist das Entbehren
der Anschauung Gottes, weil er zu seiner Zeit die Geduld
Gottes nicht geschaut hat; die siebente ist das
Verzweifeln an der Vergebung, weil er nicht weiß, ob er
gerettet werden wird oder nicht die achte sind die Bisse
seines Gewissens, weil er das Gute unterließ, das Böse
aber Tat; die neunte Pein ist die Kälte und das Weinen,
weil er nach der Liebe Gottes nicht verlangt hat. -
Gleichwohl hat aber diese Seele zweierlei Gutes gehabt;
einmal, daß sie den Glauben an mein Leiden hatte, und
nach Kräften wider diejenigen sich erhob, welche mir
widersprachen. Zweitens hat sie meine Mutter und die
Heiligen geliebt und dieselben durch Fasten geehrt.
Deshalb will ich Dir um der Bitten meiner Freunde
willen, welche für sie beten, sagen, wie sie gerettet
werden kann. Erstens wird sie gerettet werden um meines
Leidens willen, weil sie den Glauben meiner Kirche
festgehalten hat; zweitens wegen der Opferung meines
Leibes, weil dieser eine Arznei der Seelen ist; drittens
wegen der Bitten meiner Auserwählten, welche im Himmel
sind; viertens wegen der guten Werte, die in der
heiligen Kirche vollbracht werden; fünftens wegen des
Gebetes der Frommen, die in der Welt leben; sechstens
wegen der Almosen, welche aus rechtlich erworbenen
Gütern gewährt werden, und wenn dasjenige erstattet
wird, wovon man weiß, daß es übel erworben worden;
siebentens um der Mühe der Gerechten willen, welche für
das Heil der Seele wallfahrten gehen; achtens wegen der
von den Päpsten bewilligten Ablässe; neuntens um einiger
Bußwerke willen, die für Seelen angenommen werden,
welche dieselben lebend nicht zu erfüllen vermochten.
Siehe, Tochter, diese Offenbarung hat Dir Dein
Schutzheiliger, der heilige Erich, verdient; denn es
wird die Zeit kommen, wo die Bosheit dieses Landes
erkalten und der Eifer der Seelen in vieler Herzen sich
erheben wird."
Christus sagt
der Braut, wie diese Welt einem Schiffe ähnlich ist, das
drei Teile hat; nämlich das Vorderteil, die Mitte und
das Hinterteil. Also ist diese Welt in drei Zeitaltern
beschlossen, und am Ende des dritten Alters, in welchem
wir uns jetzt befinden, wird von einem verfluchten Weibe
und einem verfluchten Manne jener entsetzliche
Antichrist geboren werden.
Der Sohn sprach:
"Diese Welt ist wie ein Schiff, das beladen ist mit
Sorgen, und durch die Stürme der Versuchungen hin- und
hergetrieben wird und den Menschen niemals sicher sein
läßt, bevor er nicht in den Hafen der Ruhe gelangt. Denn
wie ein Schiff drei Abteilungen hat, nämlich das
Vorderteil, die Mitte und das Hinterteil, also sage ich
Dir, daß drei Zeitalter in der Welt sind. Das erste
erstreckte sich von Adam bis zu meiner Menschwerdung und
dieses wird durch das Vorderteil bedeutet, das hoch,
wunderbar und stark war, hoch in der Patriarchen
Gottesfurcht, wunderbar in der Propheten Wissenschaft,
stark in des Gesetzes Befolgung. Dieser Teil begann aber
allmählich hinabzusinken, als das jüdische Volk meine
Gebote zu verachten anfing und sich in Laster und
Gottlosigkeiten einließ, weshalb es seiner Ehre
entkleidet und aus seinem Besitze verstoßen wurde. Das
Mittelschiff, d. h. das mittlere Alter der Welt, begann
alsdann sichtbar zu werden, als ich selber, der Sohn des
lebendigen Gottes, habe wollen Fleisch werden; denn wie
das Mittelschiff niedriger und tiefer gestaltet ist, als
der übrige Teil des Schiffes, so begann mit meiner
Ankunft die Demut gepredigt zu werden, und viele sind
derselben lange Zeit nachgefolgt. Nun aber, da
Gottlosigkeit und Hoffart überhand nimmt und mein Leiden
gleichsam vergessen und vernachlässigt wird, beginnt das
dritte Zeitalter anzubrechen, welches fortdauern wird
bis zum Gerichte, und in diesem Zeitalter habe ich durch
Dich die Worte meines Mundes der Welt geschickt, und wer
immer dieselben vernommen haben und ihnen folgen wird,
soll glücklich werden; denn wie ich in meinem
Johannesevangelium sagte: Selig, die da nicht gesehen
und doch geglaubt haben (XX.), so sage ich jetzt: Selig,
fürwahr in ewiger Seligkeit werden diejenigen sein,
welche diese Worte hören und denselben folgen werden. Am
Ende dieses Zeitalters wird der Antichrist geboren
werden und wie aus einer geistlichen Ehe Kinder Gottes
geboren werden, so wird der Antichrist von einem
verfluchten Weibe, das ein geistliches Leben zu haben
heuchelt, geboren werden, und von einem verfluchten
Manne, aus deren Samen mit meiner Zulassung der Teufel
sein Werk gestalten wird. Allein die Zeit dieses
Antichrist wird nicht sein, wie der Bruder, dessen
Bücher Du gesehen, geschrieben hat, sondern in der Zeit,
die mir bekannt ist, wenn die Ungerechtigkeit maßlos
überfließt und die Ruchlosigkeit ins Unermeßliche
gewachsen sein wird. Darum wisse, daß, bevor der
Antichrist gekommen, einigen Heidenvölkern die Pforte
des Glaubens geöffnet werden wird, und wenn dann die
Christen die Ketzereien lieben, und die Ungerechten die
Geistlichkeit und Gerechtigkeit mit Füßen treten, ist es
ein offenbares Zeichen, daß der Antichrist kommen wird."
Als die Braut
in Zweifel war, ob nicht ein Mönch getäuscht würde,
welcher behauptete, er schaue himmlische Gesichte,
antwortet ihr Christus und sagt: "Jener werde durch
einen bösen Geist hintergangen, der die Gestalt eines
Engels des Lichtes annehme." Christus beweist dieses aus
Büchern desselben, welche Ehrgeiz und Eigenlob verraten,
und Christus befiehlt, er solle ermahnt werden, daß er
sich bessere, sonst werde er alsbald und übel sterben,
was dann auch leider nachmals geschah.
Der Sohn Gottes
sprach zur Braut: "Ich rede mit Dir von jenem Mönche,
der Dir Zweifel verursacht. Wisse also, daß Ungeduld ihn
trieb, sein erstes Kloster zu verlassen, und daß er mit
Lügen in das zweite eingetreten ist. Weil er, obwohl im
Kirchenbanne, in meine Stadt Jerusalem gekommen ist,
verdiente er, hintergangen und betrogen zu werden; denn
er schämte sich, ein demütiger Mönch zu sein und in dem
Berufe zu verharren, zu welchem er berufen war. Du
brauchst nur zu hören, was seine Bücher enthalten, so
wirst Du finden, daß sie voll Ehrgeiz und Eigenlob sind.
Aus diesen Büchern kannst Du lesen, wie Petrus und
Paulus gesagt haben sollten, er sei der höchsten
Priesterwürde wert, und daß er zugleich Papst und Kaiser
werden würde, und daß er, als er einmal in Not war,
neben seinem Haupte einige Goldgulden und eine
unbekannte Münze gefunden. Der Erzengel Michael sei ihm
in Gestalt eines Kaufmannes erschienen, und er selber
habe die Prophezeiungen aller früheren zusammengebracht.
Wisse nun, wie dies alles vom Teufel ist, der ihn
berückt. Sage ihm deshalb, wie er weder Papst, noch
Kaiser werden wird; ja, daß, wofern er nicht alsbald in
sein Kloster zurückkehren und sich wie ein demütiger
Mönch halten wird, er binnen kürzester Zeit als ein
Abtrünniger, unwürdig der Gemeinschaft der Heiligen und
der Genossenschaft der Mönche, sterben wird."
Christus sagt
der Braut, wie ein Bruder unter dem äußeren Anscheine
der Tugend betrogen worden. Derselbe aß während der
Fastenzeit nicht, und er legte sich andere unkluge
Entziehungen auf, wobei er vertraute, hierdurch den
Himmel erlangen zu können. Wir sollen aber nicht auf
unsere guten Werke vertrauen, dieselben vielmehr, so
groß sie auch sein mögen, gleichsam für nichts achten,
wenn sie auch notwendig sein mögen, sondern wir sollen
mit Demut allein auf die Barmherzigkeit Gottes hoffen.
Der Sohn sprach:
"Ich habe in meinem Evangelium gesagt: daß man um zweier
Dinge willen den Himmel erlangen kann. Erstens, wenn der
Mensch sich demütigt wie ein Kind (Matth. XVIII.),
zweitens, wenn der Mensch sich selber Gewalt antut. (Ebend.
XI.) Derjenige ist demütig, der, wie sehr er auch
fortgeschritten sein und Gutes getan haben mag, solches
für nichts achtet, und auf seine Verdienste kein
Vertrauen setzt; derjenige tut sich Gewalt an, welcher
den unordentlichen Regungen seines Fleisches Widerstand
leistet und sich vernünftig kasteit, um Gott nicht zu
beleidigen, auch glaubt, er werde nicht durch die Werke
seiner Gerechtigkeit, sondern durch die Barmherzigkeit
Gottes den Himmel erlangen. Jener Bruder aber, welcher
in der Fastenzeit nichts aß, auch auf andere Weise
unklug fastete, begehrte wegen seiner Enthaltsamkeit als
durch seine Gerechtigkeit den Himmel zu erlangen; aber
diese Werke des Abbruches und der Gerechtigkeit gingen
mehr aus Hoffart, als aus Demut hervor und er wird von
Rechts wegen mit denen verurteilt, welche fasteten und
Zehnten entrichteten, aber andere verachteten. Es wäre
besser für ihn gewesen, wenn er die Demut jenes Sünders
nachgeahmt hätte, welcher nicht einmal die Augen gegen
den Himmel aufzuheben wagte. (Luk. XVIII.) Denn ich
selber, Gott und wahrer Mensch, bin mit den Menschen
umgegangen, habe gegessen und getrunken, was mir
vorgesetzt war, obwohl ich ohne Speise hätte bestehen
können, um den Menschen ein Beispiel zu geben, wie sie
leben müßten, und damit die Menschen das zu ihrem
Lebensunterhalte Notwendige zu sich nehmen und Gott
danken möchten."
Christus läßt
die Braut das schreckliche Urteil der Verdammung der
Seele eines verstorbenen Kardinals sehen, welcher
ungerecht und in Freuden gelebt hatte. Er bedroht die
Prälaten und die Geistlichkeit, welche ungebührlich die
Kirchengüter der verstorbenen Gläubigen verzehren und
verschlingen, mit scharfer Gerechtigkeit; verheißt aber
den Wohlthätern selber in der ewigen Herrlichkeit die
beste Vergeltung.
"Es zeigte sich
ein Anblick, als wenn die Person eines verstorbenen
Kardinals auf einem hölzernen Balken sitze. Für
denselben wurden durch schwarze Mohren vier Kammern in
Bereitschaft gesetzt, durch welche seine Seele
hindurchgehen mußte. In der ersten Kammer waren Kleider
von verschiedenen Arten, welche die Seele im Leben
geliebt hatte; in der zweiten waren goldene und silberne
Gefäße, und andere Arten verschiedenen Gerätes, an denen
die Seele im Leben Freude gehabt hatte; in der dritten
Kammer waren Speisen und mancherlei Düfte, an denen sich
die Seele mit dem Leibe ergötzt hatte; in der vierten
Kammer waren Pferde und Tiere, mittels deren die Seele,
da sie noch im Leibe war, sich fortschaffen ließ. Als
die Seele nun durch die erste Kammer der Kleider
hindurchging, ward sie von unerträglicher Kälte
zusammengezogen, und von einer entsetzlichen Last
niedergedrückt und kläglich schreiend sprach sie: Wehe
mir, weil ich mehr das Schöne als das Nützliche geliebt,
weil ich geliebt habe, erhöht und gelobt zu werden,
deshalb verdiene ich, herabgedrückt zu werden unter die
Fußschemel der Teufel. Als sie durch die zweite Kammer
ging, wurde sie von einem Strome brennenden Peches
übergossen und rief: Wehe mir, wehe mir in Ewigkeit,
weil ich getrunken und wieder getrunken und irdischen
Glanz gesucht habe, deshalb verdiene ich, im Strome
teuflischer Wollust berauscht zu werden! Als die Seele
durch die dritte Kammer ging, empfand sie den übelsten
Gestank und feurige Schlangen und entsetzt rief sie aus:
Ach, ach, ich habe die Magd geliebt und die Frau
verachtet, ich habe geliebt, was süß war, und deshalb
habe ich verdient, diese Bitterkeiten zu kosten. Als sie
aber durch die vierte Kammer ging, hörte sie einen
schrecklichen Schall, wie eines Donners, . und rief
erbärmlich vor Furcht: O wie sehr verdiene ich meinen
Lohn! Nun ward eine Stimme vernommen, welche sprach: Was
gedenkt der Mensch auf Erden, etwa daß der Sohn Gottes
lügen soll, welcher gesagt hat: der Mensch solle auch
über den geringsten Groschen im Gerichte Rechenschaft
geben? Nein, ich sage, was noch mehr ist, der Mensch
wird auch von jedem Augenblicke, von Heller, Speise und
Trank, wie von den einzelnen Gedanken und Worten
Rechenschaft geben, wenn dieselben nicht durch Reue und
Buße abgewaschen werden. Oder meinen die Geistlichen,
Kardinäle und Bischöfe, daß ich von meinem Almosen, das
sie selbst nicht mit Furcht und Andacht verzehren,
sondern nutzlos verschlingen, keine Rechenschaft
fordere? Oder glauben sie etwa, daß die Seelen, denen
jene Güter gehörten, womit sie der Hoffart dienen, nicht
vor meinen Augen Rache fordern? Fürwahr, meine Tochter!
ich werde fleißig richten und forschen, wie sie meine
Gaben erheben, und Menschen und Engel werden sie
verurteilen. Ich und meine Freunde haben meine Kirche
begabt, damit die Geistlichen mir in größerer Ruhe
dienen möchten, allein jetzt leben die Geistlichen nicht
als Freunde, noch beten sie, daß sie erhört werden
mögen. Darum will ich den Seelen derjenigen, denen jene
Güter gehörten, vom Tische der Gnade und des Leidens
meine Fürsorge zuwenden und mich derselben erbarmen."
Im Jubeljahre
gebietet Christus der Braut durch einen gewissen
Beichtvater, daß er alle die, welche ihm beichten, frei
absolvieren soll, ausgenommen die den Censuren der
Kirche unterworfenen.
Der Sohn Gottes
sprach: "Jener gute Beichtvater soll alle Sünder, welche
mit Reue zu ihm kommen, absolvieren, bis einer kommen
wird, von dem ich sage, daß er nicht absolviert werden
solle; er hüte sich aber, dem öffentlichen Urteile der
Kirche vorzugreifen."
Erklärung.
Man glaubt,
dieser sei der Magister Petrus, der Beichtvater der
heiligen Brigitta, gewesen. Denn er schreibt von sich
selber, wie von einem anderen, in seinem Sendschreiben
an den damaligen Bischof von Linköping, im Reiche
Schweden, Herrn Nikolaus, heiligen Andenkens, vom
römischen Hofe aus und spricht: "Es war ein Priester aus
fremden Landen, dem des Papstes Generalvikar auferlegte,
den Pilgrimen seiner Sprache im Sakramente der Beicht zu
genügen, indem er ihm Machtvollkommenheit erteilte, in
allen Fällen zu absolvieren, in welchen er selbst es
konnte. Darum kamen viele mit schweren Fällen zu ihm,
die er absolviert hat. Unter diesen befand sich ein
reicher, sehr alter Mann, welcher angab, er habe mit
vier Paar Schwestern gesündigt, welche nicht alle von
einem Vater und einer Mutter waren, sondern jedes Paar
hatte einen verschiedenen Vater und eine andere Mutter.
Dann fügte er hinzu, er habe mit zweihundert Weibern
gesündigt, ohne deshalb jemals in einige Schande geraten
oder vor einem geistlichen oder weltlichen Richter
angeklagt worden zu sein. Als der vorbenannte Geistliche
solches gehört hatte, begann er sich vor jenem zu
entsetzen und entfernte sich so weit von ihm, als er
konnte. Der Sünder aber ward vom göttlichen Feuer
entzündet und durfte nicht verzweifeln. Er ließ deshalb
nicht nach, dem genannten Geistlichen anzuliegen, und
ging zur Frau Brigitta, bei welcher er sich beklagte,
daß jener Geistliche ihm nicht durch die WohlTat der
Absolution helfen wolle. Deshalb warf sie sich im Gebete
nieder und bat für den gedachten Geistlichen und den
lasterhaften Sünder. und in demselben Augenblicke
vernahm sie die Stimme des Vaters vom Himmel, welche
sprach: Sage dem Geistlichen, daß er an meiner Statt
fleißig alle diejenigen losspreche, welche von seiner
Sprache und seinem Volke zu ihm kommen, und ihnen nach
der ihm verliehenen Gnade und nach den Angaben seiner
richtigen Vernunft, sowie nach dem Maße, welches der
Büßende zu tragen vermag, eine Buße auferlege und sicher
absolvieren möge, bis ein solcher Sünder kommen wird,
vor welchem ich ihn warnen werde, indem ich ihm sage:
Diesen sollst Du nicht lossprechen; er soll jenen
öffentlichen Kirchenstrafen und offenkundigen Lastern
nicht vorgreifen, welche öffentlich durch die
geistlichen Vorsteher der Kirchen gerichtet werden
müssen."
Christus
befiehlt, man solle sich dahin vorsehen, daß man für die
Lossprechung der Sünder kein Geld annehme, und daß die
Priester von allen heimlichen Sünden absolvieren können,
damit nicht die Sünder, wenn dieselben unabsolviert an
die Oberen geschickt werden, aus Furcht und Scham in
ihren Sünden sich verhärten und verdammlich in denselben
dahinsterben.
Der Sohn sprach:
"Zwei Flecken befinden sich an meiner Kirche. Einer ist,
daß wenige absolviert werden, es werde denn vorher Geld
gegeben; der zweite ist, daß die Priester an Pfarreien
die Sünder nicht von allen ihren geheimen Sünden
loszusprechen wagen, sondern versichern, sie könnten
dieselben in gewissen, den Bischöfen vorbehaltenen
Fällen nicht absolvieren. Sie senden solche Sünder an
die Bischöfe, und dieselben werden so lange hin und her
gefragt, bis die geheimen Sünden allen offenbar sind.
Diejenigen daher, welche Eifer für die Seelen haben,
sollen dergleichen Übelständen heilsam entgegenwirken,
damit die Seelen nicht entweder aus Schamhaftigkeit oder
aus Verhärtung in Todsünden dahinsterben."
Christus sagt
von einem Beichtvater des Papstes zu Rom, daß, wie
lasterhaft er auch ist, gleichwohl die Absolution,
welche er den Beichtenden gibt, vor Gott genehm ist.
Christus sagt auch seinen plötzlichen Tod voraus.
"Jener
Beichtvater ist einem Aussätzigen gleich, kühn wie der
Vogel Weih bei geringfügigen Dingen und stolz wie ein
Löwe, aber wie ein Schmetterling, der breite Flügel und
einen kleinen Leib hat, wird er vor dem geringsten Winde
niederfallen. Gleichwohl aber sollst Du wissen, daß die
Absolution, welche er kraft seines kirchlichen Ansehens
denen erteilt, welche ihm beichten, vor Gott so gültig
ist, wie die Absolution der gerechten Priester, Sage ihm
nun also: Was Du begehrst, wirst Du haben, aber nicht
besitzen, vielmehr werden andere, was Du gesammelt, an
sich reißen." - Bald darauf erhielt er ein Erzbistum,
starb aber am nämlichen Tage.
Die Braut
schaute ein Gesicht, wie von der Engelsburg an bis zu
St. Peter in Rom viele mit einer Mauer umgebene
Wohnungen waren. Christus legt dieses aus und sagt, daß
der heilige Papst, welcher die Kirche geistlich und
brünstig geliebt, daselbst mit seinen Kardinälen und
Räten wohnen wird.
"Ich sah zu Rom,
als wenn vom Palaste des Papstes, neben St. Peter, bis
zur Engelsburg, und von der Engelsburg bis zum Hospitale
des heiligen Geistes und zur Kirche des heiligen Petrus
selber, eine einzige Ebene wäre, und diese Ebene umgab
eine sehr starke Mauer, und um die Mauer herum befanden
sich verschiedene Wohnungen. Da vernahm ich eine Stimme,
welche sprach: Der Papst, welcher seine Braut mit der
Liebe liebt, womit ich dieselbe liebe und meine Freunde
sie geliebt haben, wird diesen Ort mit seinen Räten im
Besitze haben, damit er sie desto freier und ruhiger
versammeln könne."
Christus
befiehlt durch die Braut einem frommen Magister der
Gottesgelahrtheit, [sic!] er solle zu gelegener oder
ungelegener Zeit eifrig beten, daß die gereinigten
Seelen das Antlitz Gottes schauen. Er sagt auch, wie
diejenigen, welche immer leben und sündigen wollten,
ewig in der Hölle gepeinigt werden würden.
Als Magister
Matthias aus Schweden, welcher zu diesem Buche eine
Vorrede geschrieben hat, predigte, schrie von den
Waffenträgern einer wie wahnsinnig und sagte: "Wenn
meine Seele nicht in den Himmel kommen soll, so mag sie
dahinfahren wie ein unvernünftiges Tier, und Erde und
Baumrinde fressen; bis zum Gerichte ist noch lange hin,
und vor diesem Gerichte wird keine Seele die
Herrlichkeit Gottes schauen." Als dieses die Braut,
welche zugegen war, vernahm, seufzte sie und sprach: "O
Herr, Du König der Ehren, ich weiß, daß Du barmherzig
und gar geduldig bist. Weil nun alle, welche die
Wahrheit verschweigen und die Gerechtigkeit verhehlen,
in der Welt gelobt, diejenigen aber, welche Deinen Eifer
haben und ihn zeigen, verachtet werden, so gieb diesem
Magister Beständigkeit und Inbrunst, zu reden." Darauf
schaute die Braut in einer Verzückung den Himmel offen
und die brennende Hölle und vernahm eine Stimme, welche
sprach: "Schaue den Himmel und schaue die Seelen, mit
welcher Herrlichkeit dieselben bekleidet sind und sage
daher auch diesem Deinem Magister: Dieses spricht kein
anderer, als Dein Gott und Schöpfer und Dein Erlöser,
predige getrost, predige standhaft, predige gelegen oder
ungelegen. predige, daß die seligen Seelen, nachdem sie
gereinigt worden, das Angesicht Gottes schauen, predige
eifrig, denn Du wirst Lohn empfaen, [sic!] wie Söhne,
welche ihres Vaters Stimme hören. Wenn Du zweifelst, wer
ich bin, der da redet, so erfahre, daß ich derjenige
bin, welcher Deine Versuchungen von Dir hinweggenommen
hat." Nachdem sie dieses vernommen, schaute sie auch die
Hölle, voll Entsetzen über ihren Schrecken, vernahm sie
eine Stimme, welche sprach: "Fürchte die Geister nicht,
welche Du siehst, denn ihre Hände. d. h. ihre Gewalten,
sind gebunden, und sie vermögen ohne meine Zulassung
nicht mehr, als Streu vor Deinen Füßen. Was denken nun
die Menschen, welche auf sich selber vermessenes
Vertrauen setzen, daß ich nicht Rache an ihnen nehmen
werde, der ich auch die bösen Geister meinem Willen
unterwerfe?" Die Braut antwortete: "O Heer, zürne nicht,
wenn ich rede. Solltest Du, der Du der Allbarmherzigste
bist, denjenigen immerwährend strafen wollen, der nicht
immerwährend sündigen kann? denn es gezieme dieses, wie
die Menschen glauben, Deiner Gottheit nicht, der Du die
Barmherzigkeit über das Gericht erhöhest; auch die
Menschen strafen solche, welche sich wider sie vergehen,
nicht für immer." Der Geist antwortete: "Ich bin selbst
die Wahrheit und Gerechtigkeit, und gebe einem jeglichen
nach seinen Werken; ich habe Einsicht in die Herzen und
Willen, und wie der Himmel fern ist von der Erde, so
sind meine Wege und Gerichte fern von den Ratschlägen
und dem Verstande der Weltmenschen. Wenn nun der Mensch
sein Böses nicht bessert, so lange er lebt und kann, was
ist es da wunderbar, daß er bestraft wird, wenn er es
nicht mehr kann? Oder wie sollen in meiner reinsten
Ewigkeit diejenigen bleiben, welche in Ewigkeit leben
und allezeit sündigen wollen? Wer aber seine Sünde
bessert, wenn er kann, soll in Ewigkeit bei mir bleiben,
weil ich in Ewigkeit alles vermag und in Ewigkeit lebe."
Erklärung.
Dieser Mensch
war verheiratet, hielt aber öffentlich eine
Beischläferin in seinem Hause. In der Angst seines
Herzens und aus Anlaß der ihm gewordenen Ermahnung erhob
er sich und brachte vor den Augen vieler seine
Beischläferin um. Vier Tage darauf starb er in der
Verhärtung seines Herzens ohne Sakramente und ward in
der Kirche der Brüder begraben. Aus seinem Grabe
erscholl vor den Ohren sehr vieler Brüder und viele
Nächte hindurch eine Stimme: "Wehe! wehe! Ich brenne!
Ich brenne!" Als dieses seiner Gattin gemeldet ward,
ließ dieselbe in ihrem Beisein die Gruft öffnen, in
welcher sein Leib beigesetzt worden. Es ward davon aber
außer einem kleinen Stückchen von den Tüchern und den
Schuhen nichts gefunden. Nachdem das Grab wieder
zugedeckt worden war, wurde jene Stimme nicht fürder
gehört.
Christus
spricht gegen die Braut einen Tadel aus, nachdem ihre
Habe durch Feuer verbrannt worden war, und sagt, daß,
wer seine Hausgenossen nicht kräftig zu bessern sucht,
in das Gericht Gottes fällt. Auch straft er einen
erschrecklich, welcher da glaubte, alles komme vom
Glücke und Zufalle, weil er durch Zauberei Fische fing.
Als die Braut
auf einem Landgute als Gast verweilte, begab es sich,
daß ihre und ihrer Hausgenossen Kleider und
Schmucksachen durch eine Feuersbrunst verzehrt wurden.
Christus redete zu ihr und sprach: "Es steht geschrieben
(IV. Kön. XXV.), es habe der Oberste der Trabanten des
Königs Nabuchodonosor den Tempel in Jerusalem verbrannt.
Wer ist dieser Oberste, als allein diejenigen, welche
die Freuden des Fleisches mehr suchen, als die
Bitterkeit meines Leidens? Also duldest Du und siehst in
Deiner Familie auf schöne Angesichter und schöne
Kleider, und tadelst ihren Wandel nicht, um ihnen nicht
beschwerlich zu erscheinen. Deine Beschädigung, die Du
siehst, hast Du Dir auch deshalb zugezogen, damit Du
einsehen möchtest, es sei nicht genug zur
Vollkommenheit, sich selber zu bessern, sondern man
müsse auch andere, und vorzüglichst die Hausgenossen, zu
Gleichem und zu einem ehrbaren Leben anleiten; denn was
Du bessern kannst, aber um eines zeitlichen Gutes oder
fremder Gunst willen unterlassest, das wird Dir zum
Gericht und zur Sünde gerechnet werden. Außerdem sollst
Du wissen, daß der Bewohner dieses Hauses an einem
zweifachen Laster leidet, nämlich am Unglauben, indem er
glaubt, alles werde vom Schicksale, das heißt, durch
Zufall und Glück, regiert; zweitens übt er Zauberei und
bedient sich teuflischer Worte, um in seinem Wasser
recht viele Fische zu fangen, und darum, weil er auch zu
Deiner Familie gehört, ermahne ihn durch Worte, daß er
wieder zu Verstande komme und sich bessere; sonst wirst
Du mit Augen sehen, daß der Teufel, dem er dient, die
Oberhand über ihn erhalten wird."
Als aber dieser
die Ermahnung der Braut Christi vernahm und dieselbe
mißachtete, wurde ihm plötzlich der Kopf bis auf den
Rücken umgedreht und er so im Bette gefunden.
Christus
straft einen Ordensgeistlichen, welcher über die Rettung
der Heiden disputierte, und sagt, daß diejenigen, welche
wohl gelebt und sich bemüht haben, um in den Weinberg
der göttlichen Herrlichkeit berufen zu werden, aber
keine Christen werden konnten, nach ihrem Tode von Gott
Trost empfangen werden, wenn sie auch nicht in die
Herrlichkeit eingehen können.
Der Sohn redete
zur Braut und sprach: "Was hat Dir jener redselige
Bruder gesagt?" Sie erwiderte: "Daß die Heiden, welche
nicht in Deinen Weinberg gerufen worden, in keinerlei
Weise teilhaben werden an der Frucht des Weinstockes."
Der Herr antwortete: "Sage ihm, es werde die Zeit
kommen, wo ein Hirt und eine Herde, ein
Glaube und eine klare Erkenntnis Gottes sein
wird, und es werden dann viele, welche zum Weinberge
berufen waren, verworfen werden; die jedoch nicht
berufen worden, gleichwohl aber nach ihrem Vermögen
gearbeitet haben, um berufen zu werden, werden zwar von
Gott eine gewisse Barmherzigkeit und Gnade zur Linderung
ihrer Pein empfangen, gleichwohl aber in den Weinberg
selber nicht eingehen können. Sage ihm auch: Es ist Dir
besser zum Heile, in andächtiger Einfalt ein Vaterunser
zu beten und zu lesen, als über so delikate Fragen um
des eitlen Namens der Welt willen in sophistischer Weise
zu disputieren; bedenke, wozu Du in den Orden getreten
bist, damit Du nicht bald anderswo Dein Brot betteln
mußt; wofern Du aber Deinen Willen änderst, wird Gott
seinen Urteilsspruch mildern."
Mittels der
hier enthaltenen Worte, welche der Braut geoffenbart
waren, wurde aus einem gewissen Hause ein Teufel
vertrieben, welcher Antworten gab und den Einwohnern,
welche darin Abgötterei trieben, einiges Zukünftige
vorhersagte. Nachdem diese durch die Kraft Gottes und
der Worte bekehrt worden waren, entwich der Teufel unter
Geschrei mit Schanden von dannen.
Eines Nachts
herbergte die Braut in einem Hause, in welchem ein böser
Geist offen redete und Antworten gab, auch vieles
prophezeite. Während ihrer Anwesenheit aber schwieg der
unreine Geist, und da hörte sie selber, gerade während
des Gebetes, eine Stimme, welche, ohne daß sie jemand
sah, zu ihr sprach: "An diesem Orte sind von den
früheren und gegenwärtigen Bewohnern manche böse Dinge
verübt worden; sie verehren Hausgötzen und besuchen die
Kirchen nicht, wenn es nicht aus Scham vor den Menschen
geschieht, noch hören sie zuweilen die Worte Gottes;
deshalb herrscht der Teufel an diesem Orte. Darum soll
Dein Beichtvater alle diejenigen, welche in diesem Hause
wohnen, und die Nachbarn versammeln und folgende Worte
an sie richten: Gott ist Einer und dreieinig. Durch
denselben ist alles gemacht worden, und ohne ihn kann
nichts gemacht werden. Der Teufel aber ist sein
Geschöpf. Er kann jedoch, wofern Gott selber es nicht
erlaubt, nicht einen Strohhalm vor eueren Füßen
hinwegbewegen. Wenn ihr aber das Geschöpf und die Welt
mehr sucht und liebt, als Gott, auch wider den Willen
Gottes reich zu werden trachtet, dann fängt der Teufel
an, euere Seelen in Besitz zu nehmen, und bewirkt durch
gerechte Zulassung Gottes, daß ihr in zeitlichen Dingen
Glück habt. Deshalb glaubt an Gott, den Schlangen aber,
denen ihr Milch zutrinkt, entsaget und opfert nicht den
Hausgötzen die Erstlinge von eueren Schafen und
Schweinen, noch von Brot oder Wein, oder von anderen
Dingen. Saget nicht, daß der Zufall dieses oder jenes
tut, sondern, daß Gott es also zugelassen. Saget auch
nicht, daß auf dem Altare nichts anderes geopfert wird,
als ein kleiner Brotkuchen; sondern glaubt fest, daß
dort wahrhaft Gottes am Kreuze gekreuzigter Leib
vorhanden ist, und glaubt wahrhaft den Sakramenten der
Taufe, der Firmung, der Ölung, und dann wird der Teufel
vor euch fliehen. Als nun alle riefen: Wir glauben und
versprechen Besserung! ward alsbald vom Ofen, wo der
Teufel seine Antworten erteilte, eine Stimme vernommen,
welche sprach: Siehe, hier habe ich keinen Raum mehr!
und so wich er voll Schanden von dannen, und fortan ward
die Stimme und Beunruhigung durch den Teufel an dieser
Stätte nicht mehr vernommen."
Einer, der,
obwohl nicht zum Priester geweiht, Messen hielt, wurde
durch gerechten Richterspruch zum Tode verurteilt. Von
ihm sagt Christus, daß er um der Pein und Reue willen.
welche er gehabt, an der Seele nicht verdammt werden
wird. Die Messe aber und andere Sakramente, welche er
gespendet, nützten den Gläubigen, die solche empfangen,
um des Glaubens willen, den sie hatten.
Einer, der zum
Priesterstande nicht geweiht war, hielt Messen. Derselbe
ward vor den Richter gebracht und zum Feuer verurteilt.
Als die Braut für denselben betete, sprach Christus zu
ihr und sagte: "Siehe meine Barmherzigkeit. Wäre dieser
Mensch unbestraft geblieben, so würde er nimmer die
Herrlichkeit erlangt haben; nun aber hat er Reue
bekommen und wegen dieser Reue und wegen der Strafe, die
er leidet, ist ihm meine Gnade und die Ruhe nahe. Du
könntest aber nun fragen, ob das Volk, das die Messen
gehört und die Sakramente von einem nicht Geweihten
empfangen, verdammt sei, oder tödlich gesündigt habe.
Ich antworte Dir, daß es keineswegs verdammt ist,
sondern weil sie im guten Glauben waren, daß er vom
Bischofe geweiht worden, und daß ich in seinen Händen
auf dem Altare sei, werden sie gerettet und weil der
Glaube, welcher die Werke der Liebe verrichtet und sich
von Gott eine würdige Vorstellung macht, nicht ohne
Vergeltung bleibt und um sein Verlangen nicht betrogen
wird, so hat auch der gute Glaube der Eltern ihren von
ihm getauften Kindern genützt."
Christus
redet mit der Braut von einem Weibe, welches von dem
Teufel der Wollust grausam gepeinigt wurde, und sagt,
daß sie durch eine aufrichtige Beicht und den Empfang
der Eucharistie und die Gebete der Diener Gottes befreit
werden wird.
Ein Weib ward
von einem Teufel geplagt. Ihr Bauch schwoll dermaßen an,
als ob sie im Augenblicke gebären müßte und fiel dann
wieder allmählich zusammen, als wenn sie nichts im Leibe
gehabt hätte. Als sie nun lange von diesem unreinen
Geiste so gequält wurde, und immerfort anschwoll wie
eine Gebärende, fragte ihre Frau die Braut Christi
dieserhalb um Rat. Während diese im Gebete war, sagte
Christus zu ihr: "Gleichwie unter den guten Geistern der
eine feiner und höher, als der andere ist, so ist auch
unter den bösen Geistern einer nichtswürdiger, als der
andere. Nun gibt es aber in diesem Königreiche besonders
drei Gattungen von bösen Geistern; die eine ist feurig
und voll Flammen und diese führt die Herrschaft über
Fresser und Säufer; die andere ist teuflisch und besitzt
Leib und Seele des Menschen; die dritte ist
abscheulicher, als die übrigen und reizt den Menschen
zur widernatürlichen Unzucht an. Weil nun über dieses
Weib der Teufel wegen ihres Unglaubens und ihrer
Unenthaltsamkeit herrscht und weil sie aus Scham nicht
gebeichtet hat und dennoch zum Sakramente des Altars
gegangen ist, darum soll sie die lange verborgene Sünde
beichten und die Freunde Gottes sollen für sie beten;
nachher soll sie meinen Leib aus der Hand des Priesters
empfangen, denn es gefällt mir, daß sie durch Gebete und
um der von einigen ihrer Freunde für sie vergossenen
Thränen willen geheilt werde." Nachdem es also geschehen
war, wurde das Weib geheilt.
Hier werden
durch Christum die Mittel angegeben, durch welche ein
dreijähriger, von einem Teufel geplagter Knabe geheilt
wird. Auch seine Mutter, welche von dem Teufel der
Wollust betrogen worden, ward durch die Kraft Christi
und der hier enthaltenen Worte von demselben befreit.
Ein dreijähriger
Knabe konnte nicht beruhiget werden, außer wenn er mit
kaltem Wasser bespritzt ward. Als die Braut dieses sah
und sich wunderte, sprach Christus zu ihr: "Siehe die
Gerechtigkeit und Zulassung Gottes. Die Mutter dieses
Knaben ist lange von dem Teufel der Wollust geplagt
worden, da er, ein Geist, einen sichtbaren Luftleib
angenommen und mit diesem Weibe in seiner Bosheit und
Nichtswürdigkeit geile und unzüchtige Handlungen verübt
hat, und obschon der Knabe aus dem Samen seines Vaters
und seiner Mutter geboren worden, hat der Teufel an
demselben doch eine gar große Macht, weil er nicht durch
die wahre Taufe wiedergeboren, sondern so getauft worden
ist, wie die Weiber, welche die Worte der Dreifaltigkeit
nicht wissen, zu taufen pflegen. Deshalb soll der Knabe
im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen
Geistes getauft werden und er wird gesunden. Die Mutter
aber soll ihre Sünde beichten und, wenn der Teufel an
sie herantritt, sprechen: Jesus Christus, Du Sohn
Gottes, der Du von der Jungfrau Maria zum Heile der
Menschen geboren worden, gekreuzigt bist und jetzt im
Himmel und auf Erden herrschest, erbarme Dich meiner!"
Als das Weib solches Tat, ward dasselbe befreit.
Christus
straft hier diejenigen schwer, welche dem Geiste einer
Wahrsagerin, der Künftiges voraussagt, glauben; denn
dieses wirke ein Teufel kraft seiner feinsinnigen Natur
durch Zulassung Gottes wegen des Unglaubens und der
Begierlichkeit der Menschen.
Ein Kriegsmann
fragte eine Wahrsagerin um Rat, ob die Männer des
Königreiches sich empören sollten wider den König von
Schweden oder nicht, und wie die Wahrsagerin gesagt
hatte, so geschah es. Als der Kriegsmann in Gegenwart
der Braut Christi diese Tatsache dem Könige erzählte,
vernahm sie, sobald sie sich vom Könige entfernt hatte,
im Geiste die Stimme Christi, welche ihr sagte: "Du hast
gehört, wie der Kriegsmann die Wahrsagerin um Rat
befragt und wie dieselbe den künftigen Frieden
vorausgesagt. Sage nun dem Könige, wie dieses wegen des
Unglaubens des Volkes mit meiner Zulassung geschieht;
denn vermöge der feingeistigen Beschaffenheit seines
Wesens vermag der Teufel vieles Zukünftige zu erkennen,
was er denen, die ihn um Rat fragen, zu erkennen gibt,
und wodurch er diejenigen täuscht, die ihm Glauben
schenken, mir dagegen den Glauben verweigern. Deshalb
sage dem Könige, daß solche Betrüger der Seelen aus der
Genossenschaft der Gläubigen ausgestoßen werden, weil
sie um des zeitlichen Gewinnes halber sich dem Teufel
ergeben und ihm huldigen, damit noch mehrere
hintergangen werden. Das ist auch nicht zu verwundern,
weil, wenn der Mensch mehr zu wissen begehrt, als Gott
ihn wissen lassen will, und wenn er wider den Willen
Gottes reich zu werden begehrt, der Teufel sein Herz
versucht, und sobald er sieht, daß der Mensch seinen
Eingebungen geneigt ist, seine Helfer sendet, nämlich
Wahrsagerinnen und andere Gegner des Glaubens, um ihn
durch dieselben zu betrügen. Hat er dann das geringe
Zeitliche nach seinem Willen erlanget, wird er das Ewige
verlieren."
Christus
sagt, daß die Frömmigkeit der Heiden künftig viel größer
sein wird, als die der Christen, auch alle beten werden:
"Ehre dem Vater, dem Sohne und dem heiligen Geiste!"
Der Sohn redete
zur Braut und sprach: "Du sollst wissen, wie unter den
Heiden noch eine so große Frömmigkeit sein wird, daß die
Christen geistlicherweise wie ihre Sklaven sein, und die
Schriften in Erfüllung gehen werden, daß ein
unverständiges Volk mich ehren, daß das wüste Land
bebaut und alle beten werden: Ehre dem Vater und dem
Sohne und dem heiligen Geiste, und Ehre allen seinen
Heiligen!"
Christus
tadelt diejenigen, welche sich mit vielen Kleidern wider
die Kälte beladen, und diejenigen, welche stolz sind auf
schöne Kleider, wie ein Pfau auf seine Federn. Er sagt,
daß, wenn sie vollkommen auf ihn vertrauten, er ihnen
Schönheit und Wärme an Leib und Seele geben würde.
Als die Braut
bei großer Kälte im Königreiche Schweden zu Schiffe auf
eine Insel gekommen war und bereits alle schliefen,
wollte sie niemand Unruhe machen und blieb bis zum Tage
auf dem Schiffe. Während die Dienerschaft über die Maßen
an Kälte litt, fühlte sie selbst nur Wärme, so daß
diejenigen, welche sie anrührten und sahen, sich
wunderten. Als sie dann um die Zeit der Morgenröte
betete, sprach der Herr zu ihr: "O wie wenig Vertrauen
haben die Menschen auf mich, welche sich mit Kleidern
beladen, wie der Igel seine Stacheln mit Obst, und wie
ein Pfau auf sein Gefieder, so sind sie auf ihre schönen
Kleider stolz. Wie sie aber ohne mich nicht warm werden
können, so können sie auch nur durch mich schön
erscheinen; setzten sie ihre Hoffnung auf mich, so würde
ich ihnen Wärme geben an Seele und Leib und sie schön
machen vor dem Angesichte meiner Heiligen. Jetzt aber
sind sie häßlich, weil sie mit dem Notwendigen nicht
zufrieden sind und die Geschöpfe inbrünstiger lieben,
als den Schöpfer."
Christus sagt
der Braut, daß diejenigen, welche wissentlich übel
Erworbenes behalten, nicht in die Ruhe eingehen werben,
bis sie Erstattung geleistet haben; Beispiel einer
Seele, welche lange am Reinigungsorte gewesen war; die
es aber unwissenderweise behielten, werden nicht
bestraft werden. Er gibt auch eine Erklärung über
Almosen aus übel erworbenen Gütern und ob dieselben den
Spendenden nützen.
Einer, der
vierzig Jahre lang im Reinigungsorte gewesen war,
erschien der Braut und sprach: "Wegen meiner Sünden und
wegen jener zeitlichen Güter, die Dir bekannt sind, bin
ich lange im Reinigungsorte gepeinigt worden. In meinem
Leben hörte ich oft, daß jene Güter von meinen Eltern
auf ungerechte Weise erworben worden, allein ich
kümmerte mich darum nicht, leistete auch keine
Erstattung. Als aber vermöge einer Eingebung Gottes
einige von meinen Verwandten, welche ihr Gewissen
betrachteten, nach meinem Tode die Güter ihren Herren
zurückgaben, bin ich hierdurch, sowie durch die Gebete
der Kirche aus dem Fegfeuer befreit worden." Darauf
sprach Christus zur Braut: "Was glauben wohl die
Menschen, welche nicht in gutem Glauben besitzen und
widerrechtlich Erworbenes wissentlich behalten, daß sie
in meine Ruhe eingehen werden? Fürwahr ebensowenig, als
Luzifer. Aber auch Almosen aus widerrechtlich Erworbenem
gegeben wird ihnen nicht nützen, es wird vielmehr jenen
Leuten nützen und Trost bringen, welche die Herren und
Eigentümer dieser Güter gewesen sind. Sind es aber
solche, welche unwissentlich widerrechtlich erworbenes
Gut besitzen, so werden sie nicht bestraft werden,
desgleichen verlieren jene den Himmel nicht, welche
einen ganz vollkommenen Willen haben, Ersatz zu leisten,
und werkthätig tun, was sie vermögen, weil Gott wegen
des guten Willens entweder in der gegenwärtigen oder
zukünftigen Welt es ersetzen wird."
Wie die Braut
ein Feuer vom Himmel auf den Altar herniederfahren sah,
und in der Hand des Priesters ein Lamm und am Lamme das
menschliche, in Flammen glühende. Antlitz Christi
erblickte. Sie vernahm auch die Auslegung dieses
Geheimnisses.
An einem
Pfingsttage feierte ein Priester seine erste Messe in
einem Kloster. Bei der Erhebung des Leibes Christi sah
die Braut ein Feuer vom Himmel über den ganzen Altar
herniederfahren; in der Hand des Priesters erblickte sie
das Brot, und in dem Brote ein lebendiges Lamm, und im
Lamme ein Gesicht, wie eines Menschen, das in Flammen
stand, und sodann vernahm sie eine Stimme, welche zu ihr
sprach: "Wie Du jetzt das Feuer niederfahren siehst auf
den Altar, so kam ähnlicherweise mein heiliger Geist an
einem solchen Tage wie heute auf meine Apostel herab und
entflammte ihre Herzen. Das Brot aber wird durch das
Wort ein lebendiges Lamm, d. h. mein Leib; im Lamme ist
ein Gesicht und im Gesichte das Lamm, weil der Vater in
dem Sohne ist und der Sohn im Vater und der heilige
Geist in beiden." Und wiederum erblickte die Braut in
der Hand des Priesters bei der Elevation der Eucharistie
einen Jüngling von wunderbarer Schönheit, welcher
sprach: "Ich segne euch, die ihr glaubt, und werde
denen, welche nicht glauben, ein Richter sein."
Beim
Eintreten eines im Kirchenbanne Befindlichen in das Haus
spürte die Braut einen entsetzlichen Gestank. Christus
legt dieses aus und sagt, daß, wie dieser Gestank für
den Leib gefährlich ist, also ist es auch der
Kirchenbann der Seele des Gebannten und denen, die mit
ihm verkehren.
Als eines Tages
die Braut mit einem Bischofe und anderen von höherem
Adel sich unterhielt, empfand sie einen abscheulichen
Gestank, wie von verfaulten Fischschuppen. Während sich
die Herren noch wunderten daß sie allein den Gestank
spürte, die anderen aber nicht, trat alsbald ein Mann
ins Haus, welcher exkommuniziert war, wegen der Macht,
aber, die er besaß, sich um den Bann nicht kümmerte.
Nachdem das Gespräch beendet war, sprach Christus zur
Braut: "Wie verfaulte Fischschuppen für den Leib
gefährlicher sind, als andere stinkende Dinge, so ist
die Exkommunikation eine geistliche Krankheit, welche
für die Seelen schädlicher ist, als andere, weil sie
nicht nur dem Exkommunizierten schadet, sondern auch
denen, welche mit ihm umgehen und mit ihm
übereinstimmen. Darum soll der König Sorge tragen, daß
solche Leute gestraft werden, damit nicht noch mehrere
durch den Umgang mit ihnen befleckt werden."
Als die Braut
im Zweifel war, was jene empfindliche und wunderbare
Regung bedeute, die sie im Herzen empfand, wenn ihr
etwas aus göttlicher Eingebung geoffenbart werden
sollte, erklärt ihr die Mutter Gottes die Wahrheit des
Geheimnisses und verkündigt ihr, daß Gott und sie durch
die Braut der Welt seinen Willen zu erkennen geben
wollen.
In einer Nacht,
am Feste der Geburt unseres Herrn, wandelte die Braut
Christi ein großer Jubel des Herzens an, daß sie sich
vor Freude kaum zu halten vermochte, und im nämlichen
Augenblicke fühlte sie im Herzen eine empfindliche und
wunderbare Regung, als wenn ein lebendiges Kind im
Herzen wäre, das sich hin- und herbewegte. Da diese
Bewegung anhielt, gab sie dieselbe ihrem geistlichen
Vater und einigen ihrer geistlichen Freunde zu erkennen,
ob nicht etwa eine Täuschung dabei sei. Von der Wahrheit
ihrer Aussage überzeugt, wunderten sich diese sehr. Es
erschien aber noch am nämlichen Tage im Hochamte die
Mutter Gottes und sprach zur Braut: "Meine Tochter, Du
wunderst Dich über die Bewegung, welche Du in Deinem
Herzen spürst; wisse, daß dieselbe keine Täuschung,
sondern eine gleichnisweise Andeutung der mir
widerfahrenen Süßigkeit und Barmherzigkeit ist. Du weißt
nicht, woher Dir ein so plötzlicher Jubel und diese
Bewegung im Herzen kommt; aber auch ich erstaunte, wie
wunderbar und schnell die Ankunft meines Sohnes in mir
war; denn als ich dem Engel, welcher mir die Empfängnis
des Sohnes Gottes verkündigte, meine Zustimmung
erteilte, empfand ich sogleich in mir ein wunderbares
Leben und als er von mir geboren ward, ging er unter
unaussprechlicher Freude und mit wunderbarer
Schnelligkeit aus meinem verschlossenen jungfräulichen
Schoße hervor. Darum, meine Tochter, fürchte keine
Täuschung, sondern freue Dich, weil diese Bewegung,
welche Du fühlst, das Zeichen der Ankunft meines Sohnes
in Deinem Herzen ist. Wie deshalb mein Sohn Dir den
Namen seiner neuen Braut beigelegt hat, so nenne auch
ich Dich jetzt die Braut meines Sohnes. Diese Bewegung
Deines Herzens aber wird in Dir bleiben und nach der
Empfänglichkeit Deines Herzens gemehrt werden."
Christus läßt
durch den Evangelisten Johannes die Braut wissen, daß
Johannes, nicht aber ein anderer die Apokalypse auf
Eingebung des heiligen Geistes geschrieben hat, und daß
die Glosse des Magisters Matthias über die Bibel diesem
Magister von dem nämlichen Geiste auf göttliche Weise
mitgeteilt worden ist.
Um die Zeit, als
Magister Matthias aus dem Reiche Schweden, ein Erklärer
der Bibel, in der Auslegung der Apokalypse begriffen
war, bat er einmal die Braut, sie wolle im Geiste etwas
über die Zeit des Antichrists zu erfahren suchen, und ob
die Apokalypse vom seligen Johannes geschrieben worden,
weil viele das Gegenteil meinten. Als sie nun hierüber
sich ins Gebet begeben, ward sie verzückt im Geiste und
erblickte sodann eine Person, welche wie mit Öl gesalbt
und mit einem großen Glanze umleuchtet war. Nun redete
Christus zu ihm und sprach: "Gieb Zeugnis, wer die
Apokalypse geschrieben hat." Jener antwortete: "Ich bin
Johannes, dem Du am Kreuze Deine Mutter überwiesen hast.
Du, Herr, hast mir die Geheimnisse derselben eingegeben,
und ich habe dieselben zum Troste der Nachkommen
geschrieben, damit Deine Gläubigen durch die künftigen
Ereignisse nicht in Bestürzung geraten." und der Herr
sprach zur Braut: "Siehe, Tochter, ich sage Dir, daß,
wie Johannes aus meinem Geiste die zukünftigen Dinge
geschrieben hat, welche er sah, also Matthias, Dein
Beichtiger und Vater, aus demselben Geiste die
geistliche Wahrheit der heiligen Schrift erkennt und
erklärt; weiter sage ihm, den ich zum Lehrer gemacht,
daß viele Antichriste sind, aber wie und wann jener
verfluchte Antichrist kommen wird, werde ich ihn durch
Dich wissen lassen."
Als ein
ungläubiger Klostergeistlicher die Gnade, himmlische
Dinge zu schauen, welche der Braut von Gott umsonst
gewährt werden, bezweifelte, straft ihn Christus durch
die Braut wegen seiner Redseligkeit und eitlen
Wissenschaft und läßt ihn durch die Gicht ergriffen
werden.
Als Magister
Matthias sich mit einem ihm sehr befreundeten
Ordensgeistlichen von großem Ansehen über die Gabe der
himmlischen Gesichte, welche der Braut von Gott gegeben
worden, unterredete, bemerkte jener Ordensmann: "Es ist
nicht glaublich, noch stimmt es mit der Schrift überein,
daß Gott von denen gewichen sei, welche Enthaltsamkeit
üben und sich von der Welt lossagen, und daß er seine
Geheimnisse eingebildeten Frauen zeigen sollte," und als
der Magister Matthias hierüber viele Beweisstellen
anführte, wollte jener nicht beistimmen. Nachdem aber
die Braut dieses gehört hatte, auch den Magister
bestürzt sah, begab sie sich in das Gebet, ward im
Geiste verzückt und hörte Christum also reden: "Es ist
dieses eine gefährliche Krankheit vieler, daß sie von
der Arznei krank werden und man soll sie ihnen nicht
reichen, damit sie nicht noch schwerer erkranken. Ich
bin die Arznei der Kranken und die Wahrheit der
Irrenden; aber dieser redselige Ordensmann begehrt von
mir keine Arznei, weil der Kot eitler Wissenschaft sein
Herz erfüllt. Deshalb will ich ihm mit meiner Hand einen
Backenstreich geben, und von allen soll vernommen
werden, daß ich, Gott, mich nicht eitler Worte bediene,
sondern daß meine Worte von Erfolg und zu fürchten
sind." Der nämliche Ordensmann ward bald hernach durch
Trübsal gedemüigt und starb gichtbrüchig.
Christus
befiehlt der Braut, sie solle den Leib mäßig durch
Speise stärken, damit wegen Schwächung desselben die
Seele nicht gehindert werde am Göttlichen.
Als die Braut
vom übermäßigen Fasten und Wachen am Kopf und Leibe
hinfällig geworden war und infolge ihrer Schwachheit die
Worte, die der Geist zu ihr redete, nicht vollkommen
verstand, sprach Christus zu ihr: "Gehe und gieb Deinem
Leibe die mäßige Nahrung, weil ich will, daß dem Leibe
der nötige Unterhalt gegeben, und die Seele wegen
Schwäche desselben von geistlichen Dingen nicht
abgehalten werde."
Christus
straft drohend einen Mönch, welcher aus dem Leben der
Väter vor dem Könige den Beweis zu führen suchte, daß
die Braut betrogen worden. Der Herr sagt auch, wie jene
Väter sich hätten betrügen lassen, welche, auf ihre
Gerechtigkeit stolz, sich anderen vorzogen und demütigen
Menschen nicht gehorchen wollten.
Ein Mönch
brachte in Gegenwart der Braut das Buch der
Lebensbeschreibungen der Väter vor die Räte und den
König von Schweden, aus welchem er vorlas, wie viele
unter den heiligen Vätern durch übermäßigen Abbruch und
Unklugheit wären betrogen worden und deshalb fürchte er,
wie er sagte, ob nicht etwa die Braut ähnlicherweise
auch hintergangen worden. Und als sie sich danach im
Gebete befand, vernahm sie, wie Christus zu ihr sagte:
"Hat nicht jener Mönch gesagt, daß unter den Heiligen
viele sich hätten täuschen lassen? Wahrlich, in seinem
Redeschwulst hat er gesprochen, wie er wollte, aber
nicht, wie er sollte, denn keiner meiner Freunde die
sich in der Liebe zu wir weise gezeigt haben, ist
getäuscht worden, sondern diejenigen, welche auf ihre
Abstinenz und Gerechtigkeit stolz waren, sich anderen
vorzogen und den Demütigen nicht haben gehorchen wollen,
diese sind es, die sich getäuscht haben. Und weil dieser
Mönch das Buch der heiligen Väter, die er selber nicht
nachahmt, wider mich vorgebracht hat, deshalb will ich
das Buch meiner Gerechtigkeit gegen ihn vorbringen; der
in seiner Weisheit gelobt wird, wird vor meine Weisheit
kommen und in seinem Gewissen wird er sehen, daß die
wahre Weisheit nicht in erhabenen Worten besteht,
sondern in einem reinen Gewissen und wahrer Demut. O wie
weit bleiben diese Gelehrten im Orden hinter den
Fußstapfen ihres Vaters zurück, der wie ein Erbauer der
gebrochenen Schutzwehren, wie ein Mann gewesen ist, der
da wandelt die Pfade der Vollkommenen!"
Bemerkenswertes Gesicht von einer Frau, welche die
Jungfrau Maria und Petrus aufhielten, daß sie nicht
fiel. Auf den Rat derselben änderte sie ihr Leben und
verfiel, vermöge einer besonderen göttlichen Gnade, in
eine Krankheit, in welcher sie gereinigt worden und dann
in den Himmel wanderte.
Die Braut sah in
einem Gesichte ein Weib auf einem Seile schweben. Ihren
einen Fuß hielt ein freundlicher Mann, den anderen eine
Jungfrau von wunderbarer Schönheit. Nun erschien ihr die
heilige Maria und sprach zu ihr: "Das ist eine Dir
bekannte Frau, welche, obwohl in viele Sorgen des
Fleisches und der Welt verwickelt, auf wunderbare Art
vor dem Falle erhalten worden ist. Sie hat sehr oft den
Willen gehabt, zu sündigen, aber weder Ort, noch Zeit
gefunden, was die Gebete des heiligen Petrus, des
Apostels meines Sohnes, den sie liebte, bewirkt haben;
zuweilen fanden sich Ort und Gelegenheit, aber dann
hatte sie nicht den Willen, und das bewirkte meine
Liebe, die ich die Mutter Gottes bin. Weil jetzt ihre
Zeit naht, erteilt ihr der selige Petrus den Rat, daß
sie einige Strenge in der Kleidung beobachte und ihre
besseren Kleider ablege; denn auch er, der Fürst der
Apostel, habe Blöße, Kerker und Hunger erduldet, obwohl
er mächtig war im Himmel und auf Erden. Ich aber, die
Mutter Gottes, die ich keine Stunde ohne Trübsal des
Herzens auf Erden zugebracht, rate ihr, daß sie sich
nicht schäme, demütig zu sein und den Freunden Gottes zu
gehorchen." Hierauf erschien alsbald der selige Apostel
Petrus und sagte zur Braut: "Du, neue Braut des Herrn,
unseres Gottes, gehe hin und frage jenes Weib, das ich
geliebt und behütet habe, ob sie ganz und gar meine
Tochter sein wolle." Gefragt, gab sie ihre Zustimmung
und sprach: "Ich will es von ganzem Herzen sein." "So
will ich für sie sorgen," antwortete hierauf der heilige
Petrus, "wie für meine Tochter Petronilla und will sie
aufnehmen in meine Hut." Und sobald die Frau das gehört
hatte, änderte sie ihr Leben. Nicht lange danach begann
sie krank zu werden, was sie auch die ganze Zeit ihres
Lebens hindurch blieb, bis sie, gereinigt, mit höchster
Andacht den Geist aufgab. Als sie bereits in den letzten
Zügen lag, erblickte sie den seligen Apostel Petrus in
bischöflichem Gewande, und den heiligen Märtyrer Petrus
im Habite der Predigerbrüder, die sie beide im Leben
innigst geliebt hatte und sprach in Gegenwart aller:
"Was bringt ihr mir, meine Herren?" und als die
anwesenden Frauen sie fragten, ob sie eine Erscheinung
gehabt habe, antwortete sie: "Ich habe Wunderbares
geschaut, denn ich sah meine Herren, Petrus, den
Apostel, angetan mit dem bischöflichen Gewande, und
Petrus, den Märtyrer, im Gewande der Predigermönche; ich
habe dieselben allezeit geliebt und immer auf ihre Hilfe
gehofft." Und alsbald rief sie: "Gebenedeit sei Gott!
Siehe! Ich komme!" und so entschlief sie im Herrn.
Die Mutter
Gottes offenbart der Braut, wo die Seelen, welche
Christus aus der Vorhölle erlöste, als er zur Hölle
hinabstieg, bis zu seiner Himmelfahrt gewesen, auch wo
die Leiber derer geblieben sind, die mit ihm zu
Jerusalem auferstanden, als er ihre Seelen mit sich gen
Himmel nahm, und wie der Herr sich bei der Auferstehung
früher seiner Mutter gezeigt, als anderen. Sie lehrt die
Braut auch, wie sie den Anfechtungen widerstehen soll.
Die Mutter
Gottes sprach: "An einem solchen Tage, wie heute, ist
mein Sohn von den Toten auferstanden, stark wie ein Leu,
weil er des Teufels Macht zertreten und die Seelen
seiner Auserwählten erlöst hat, welche mit ihm zur
himmlischen Freude aufgefahren sind. Du kannst aber
fragen, wo jene Seelen, welche er damals aus der
Vorhölle befreite, waren, bis er in den Himmel auffuhr.
Ich antworte Dir, daß sie an einem, meinem Sohne allein
bekannten Orte der Freude gewesen sind, denn wo mein
Sohn war und ist, da ist und war auch Freude und
Herrlichkeit, wie er zum Schächer sprach: Heute wirst Du
mit mir im Paradiese sein! Es sind auch zu Jerusalem
viele heilige Verstorbene auferstanden, welche wir
gesehen haben, und deren Seelen mit meinem Sohne
aufgefahren sind, während ihre Leiber mit den Leibern
der anderen des Gerichtes und der Auferstehung warten.
Mir aber, die ich die Mutter Gottes bin und weil ich
nach seinem Tode durch einen nicht zu fassenden Schmerz
betrübt war, erschien mein Sohn früher, als den anderen,
und hat sich mir handgreiflich gezeigt, indem er mich
tröstete und meldete, daß er sichtbarlich in den Himmel
auffahren werde. Obwohl dieses meiner Demut willen nicht
geschrieben worden, so ist es doch volle Wahrheit, daß
mein Sohn nach seiner Auferstehung eher mir, als irgend
einem anderen sich gezeigt hat. Weil denn nun mein Sohn
an einem solchen Tage, wie heute, mich getröstet hat, so
will ich heute und fürder Deine Versuchungen mindern und
Dich unterweisen, wie denselben Widerstand zu leisten
ist. Du wunderst Dich, weshalb sich bei Dir die
Versuchungen im Alter mehren, nachdem Du sie weder in
der Jugend, noch während der Ehe erfahren hast. Ich
antworte Dir: Dies geschieht, damit Du wissest, daß Du
ohne meinen Sohn nichts bist und kannst, und daß, wenn
mein Sohn Dich nicht bewahrt hätte, es keine Sünde gäbe,
in welche Du nicht verwickelt worden wärest. Deshalb
gebe ich Dir jetzt wider die Versuchungen drei Mittel
an. Wenn Du von einer unreinen Anfechtung heimgesucht
wirst, so sollst Du sprechen: Jesu, Du Sohn Gottes, der
Du alles kannst, hilf mir, daß ich in eitlen Gedanken
mich nicht ergötze. Wenn Dich aber die Lust ankommt, zu
sprechen, so sollst Du sagen: Jesu, Sohn Gottes, der Du
vor dem Richter geschwiegen, halte meine Zunge, bis ich
überlegt habe, wie und was ich reden soll. Wenn Dich
aber die Lust ankommt, zu arbeiten, oder zu ruhen, oder
zu essen, so sollst Du sprechen: Jesu, Sohn Gottes, der
Du gebunden gewesen, regiere meine Hände und alle meine
Glieder, auf daß meine Werke ausgehen zu einem guten
Ende, und das sei Dir ein Zeichen, daß von diesem Tage
an Dein Knecht, das ist, Dein Leib, über seine
Gebieterin, das ist, Deine Seele, nicht mehr Meister
werden wird."
Zusatz.
Die Frau
Brigitta ward in ihrem Gebete versucht. Da sprach Maria
zu ihr: "Der Teufel ist wie ein neidischer Späher, der
die Frommen anzuklagen und zu hindern sucht, daß sie in
ihren Gebeten von Gott nicht erhört werden. Darum, Du
magst nun von welcher Versuchung es sei, im Gebete
versucht werden, so bete gleichwohl weiter, und bemühe
Dich, zu beten, da das Verlangen und das gute Bestreben
für die Ausrichtung des Werks gerechnet wird. Und wenn
Du die Unsauberkeiten, welche Dir in den Sinn kommen,
nicht wirst hinauswerfen können, wird jenes Streben Dir
für eine Krone gerechnet, wenn Du nur in die
Versuchungen nicht einwilligst und dieselben wider
Deinen Willen sind."
Ein edler,
gerechter, vornehmer Herr wollte eine große Würde des
Regimentes im Königreiche aus guter Absicht nicht
annehmen. Diesen tadelt die Mutter Gottes durch die
Braut, indem sie befiehlt, er solle sie annehmen und
allezeit die Worte der Wahrheit im Munde und das Schwert
der Gerechtigkeit ohne einiges Ansehen der Personen in
der Hand haben.
Ein gewisser
vornehmer Mann im Reiche Schweden, Namens Israel, wurde
unter vielen Bitten und häufig zur Übernahme einer
höheren Würde in der Regierung des Reiches vom Könige
aufgefordert. Derselbe hatte aber das Verlangen, wider
die Heiden zu ziehen und dort im Dienste Gottes für den
heiligen Glauben zu sterben und wollte sich in keinerlei
Weise zur Übernahme der genannten Würde bewegen lassen.
Während nun die Braut im Gebete war, redete die Mutter
Gottes zu derselben und sprach: "Wenn diejenigen, welche
das Recht kennen und es zu handhaben den Willen und die
Macht haben, aber es ablehnen, für Gott eine Last und
eine Mühe zu übernehmen, wie wird dann ein Reich in
seiner Kraft bestehen können? Wehe! kein Königreich ist
das, sondern zu einem Räubernest, zu einer Tyrannenhöhle
wird es, wo die Ungerechten herrschen und die Gerechten
getreten werden. Deshalb soll der gerechte und gute
Mensch sich um der Liebe Gottes willen bewegen lassen,
daß er sich mit Eifer der Regierung zur Verfügung stelle
zum Nutzen vieler. Diejenigen aber, welche Würden und
Regiment um der Ehre der Welt halber begehren, sind
keine wahren Fürsten, sondern die ärgsten Tyrannen.
Deshalb soll mein Freund Israel die Regierung um der
Ehre Gottes willen übernehmen, im Munde die Worte der
Wahrheit und in der Hand das Schwert der Gerechtigkeit
halten, ohne Rücksicht auf die Gunst der Menschen, ohne
Hinneigung zu den Verwandten, ohne auf das Ansehen der
Personen zu achten und ich sage Dir, es wird von ihm
noch durch den Mund der Menschen gesagt werden: Dieser
ist mannhaft aus dem Vaterlande hinweggezogen, hat die
Mutter Gottes aufrichtig geehrt und Gott getreulich
gedient und Du sollst wissen, wie ich ihn auf einem
anderen Wege in mein Land führen werde." -
Das ist auch
hernach in der Tat eingetroffen. Denn nachdem einige
Jahre verflossen waren, zog dieser Herr wider die
Ungläubigen aus, und kam in das deutsche Land, nach der
Stadt Riga, wo er erkrankte. Als er seinen Tod nahen
fühlte, ging er mit anderen hinauf in die bischöfliche
Kirche und steckte dort einem in hohen Ehren stehenden
Marienbilde einen kostbaren Ring an den Finger und ließ
denselben alldort, indem er öffentlich sprach: "Du bist
mir allezeit die süßeste Frau gewesen. Ich rufe Dich
darüber zur Zeugin an und überlasse mich und meine Seele
Deiner Vorsehung und Barmherzigkeit." Nachdem er dann
die Sakramente empfangen, starb er in höchster Andacht.
Als hierauf die Braut für ihn betete, redete die Mutter
Gottes von ihm und sprach also: "Er hat mir seinen
Liebesring gegeben und mich zu seiner Braut begehrt.
Wahrlich, Tochter, Du sollst wissen, daß er, so lange er
lebte, mich nicht mit seinem halben, sondern mit seinem
ganzen Herzen geliebt und in allen seinen Werken und
Richtersprüchen meinen Sohn gefürchtet hat. Deshalb habe
ich ihn unter Beistand Gottes, meines Sohnes, auf einen
Weg geführt, der ihm notwendiger und heilsamer war, und
ihn dem himmlischen Heere der Heiligen und der Engel,
von denen er geliebt war, dargestellt, denn wäre er
unter den Händen seiner Verwandten gestorben, so hätte
ihm deren zeitlicher Trost noch Schwierigkeiten bereiten
können. Sein guter Wille gefiel Gott so wohl, als wenn
er unter den Heiden im Kampfe für den heiligen
katholischen Glauben wider die ungläubigen gestorben
wäre."
Erklärung.
Dieser Herr war
der Bruder der heiligen Brigitta.
Als zu Rom
die Glocken in der St. Peterskirche verbrannten, sprach
Christus zur Braut, sie solle sich nicht verwundern,
weil zuweilen die Elemente die Zeichen künftiger
Ereignisse darstellen. So zeigen diese Glocken den nahen
Tod eines Papstes an, dem ein schweres Gericht für den
Fall bevorsteht, daß er sich nicht schleunig zu Gott
bekehrt.
Kurz vor dem
Tode eines Papstes verbrannten durch einen wunderbaren
Zufall die Glocken der Kirche des heiligen Petrus in
Rom. Als die Braut solches vernahm, erschrak sie und
begab sich ins Gebet. Da erschien ihr Christus und
sprach: "Fürwahr, meine Tochter, ein großes Zeichen ist
das; denn es steht geschrieben, daß alle Elemente
gleichsam mit mir Mitleid hatten bei meinem Tode, als
sie ihren Glanz und ihre gewöhnliche Wirksamkeit
einstellten. So kämpfen und richten auch zu Zeiten die
Elemente für Gott und sind in ihren Erscheinungen die
Anzeichen des göttlichen Zornes und künftiger
Ereignisse. Siehe, so verbrennen jetzt die Glocken und
rufen gleichsam alle: Der Herr ist gestorben, der Herr
Papst ist aus der Welt gegangen! Gebenedeit sei dieser
Tag; aber nicht gebenedeit sei dieser Herr! O wie
wunderbar! Wo alle rufen sollten: Lange lebe, glücklich
lebe jener Herr! da rufen und sprechen sie freudig: Möge
er herabsteigen und nicht wieder aufstehen! Du wundere
Dich nicht darüber! Denn er, der hätte rufen sollen:
Kommt, und ihr werdet Ruhe für euere Seelen finden! er
rief: Kommt, sehet mich in meiner Pracht und Würde,
höher als Salomo! Kommt an meinen Hof, leeret euere
Taschen und ihr werdet das Verderben euerer Seelen
finden! und zwar rief er so durch sein Beispiel und die
Tat. Und darum naht jetzt die Zeit des Zornes, und ich
werde ihn richten als den Zerstreuer der Herde Petri.
Ach, welches Gericht steht ihm bevor! Gleichwohl werde
ich ihm, falls er sich noch zu mir bekehren will, auf
halbem Wege wie ein liebreicher Vater entgegeneilen."
Wie Gott
will, daß man die Sünder zu gelegener und ungelegener
Zeit zur Beicht ermahnen solle, namentlich aber am Ende
des Lebens, nach dem Beispiele eines Herrn, der sechzig
Jahre ohne Beicht gelebt hatte, und am Ende, schier
gezwungen, beichtete und nach erlangter Reue errettet
wurde.
Ein großer
weltlich gesinnter Herr, der lange nicht gebeichtet
hatte, fiel in eine schwere Krankheit. Die Braut, hatte
Mitleid mit ihm und betete für ihn. Christus aber
erschien der Braut, redete zu ihr und sprach: "Sage
Deinem Beichtvater, er solle jenen Kranken besuchen und
ihn Beicht hören." Als dieser nun hinkam, antwortete der
Kranke, es bedürfe keiner Beicht, und behauptete, er
habe häufig gebeichtet. Am anderen Tage erhielt der
Beichtvater von Christo wieder den Befehl, nochmals
hinzugehen; aber auch jetzt erhielt eine ähnliche
Antwort. Als der Beichtvater am dritten Tage wieder zu
dem Kranken kam, sprach er, infolge einer der Braut
gewordenen Offenbarung Christi, also zu ihm: "Christus,
der Sohn des lebendigen Gottes und der Herr des Teufels,
spricht zu Dir: Du hast sieben böse Geister in Dir.
Einer sitzt im Herzen und bindet dasselbe, daß Du keine
Reue über die Sünden empfindest; der zweite sitzt in den
Augen, damit Du nicht sehest, was Deiner Seele nützt;
der dritte sitzt in Deinem Munde, damit Du nicht redest,
was zur Ehre Gottes gereicht; der vierte ist in Deinem
Unterleibe, weil Du alle Unreinigkeit geliebt hast; der
fünfte ist in Deinen Händen und Füßen, weil Du Dich
nicht scheutest, die Menschen zu berauben und zu töten;
der sechste ist in Deinem Innern, weil Du dem Fressen
und Saufen ergeben warst; der siebente sitzt in Deiner
Seele, wo Gott hätte weilen sollen; aber jetzt sitzt
dort sein Feind, der Teufel. Darum thue schnell Buße, so
lange Dir Gott noch gnädig sein wild." Darauf antwortete
der Kranke unter Thränen: "Wie wirst Du mich überzeugen
können, daß ich Verzeihung erlange, da ich in so viele
öffentliche Laster verwickelt bin?" Der Beichtvater
antwortete: "Ich schwöre es Dir, denn ich habe erfahren,
daß Du durch die Reue gerettet werdest, wenn Du auch
noch größere Sünden begangen hättest." Darauf sprach
jener wiederum unter Thränen: "Ich verzweifle am Heile
meiner Seele, weil ich dem Teufel gehuldigt habe,
welcher gar oft mit mir geredet hat; deshalb habe ich
Sechzigjähriger niemals gebeichtet, wenn andere
kommunizierten, schützte ich irgend ein anderes Geschäft
vor; nun aber will ich Dir beichten, mein Vater, denn
solche Thränen, wie ich jetzt habe, erinnere ich mich
niemals gehabt zu haben." Deßhalb [sic!] beichtete er an
diesem Tage viermal, und am folgenden Tage kommunizierte
er auch nach der Beicht. Am sechsten Tage darauf aber
starb er und Christus redete von ihm zur Braut also:
"Auch dieser Mensch diente jenem Räuber, dessen
Gefährlichkeit ich Dir schon früher gezeigt habe; nun
aber ist der Teufel, dem er gehuldigt hatte, von ihm
geflohen und solches geschah wegen der Reue, die er
gehabt hat; diese Reue, die er am Ende noch gehabt hat,
war das Zeichen seiner Erlösung, da er bereits zur
Reinigung gelangt ist. Du kannst aber fragen: Wodurch
hat ein Mensch, der in so viele Laster verwickelt war,
noch die Gnade der Reue verdient? Ich antworte Dir: Das
hat meine Liebe getan, der ich bis zum letzten
Augenblicke auf des Menschen Bekehrung warte, und das
Verdienst meiner Mutter; denn obwohl sie dieser Mensch
nicht von Herzen geliebt hat, war er doch gewöhnt, mit
ihrem Schmerze Mitleid zu haben, so oft er an sie dachte
und nennen hörte, deshalb hat er den kurzen Weg seines
Heiles gefunden und wird gerettet werden."
Christus
straft durch die Braut eine Äbtissin mit Drohungen, und
vergleicht dieselbe mit einer feisten Teufelskuh, weil
sie Eigentum und weiche und sorgfältig behandelte
Kleider hatte, mit Hoffart und Schmauserei prächtig
lebte und den Schwestern ein Beispiel des Verderbens
gab.
Der Sohn redete:
"Jene Äbtissin ist wie eine feiste Kuh, welche durch den
Kot geht und mit ihrem kotigen Schwanze die Umstehenden
bespritzt; dieses geschieht, weil sie ihre Schwestern
böses Beispiel gibt, ihre gefälteten Kleider geben
Zeugnis, daß sie keine Tochter meines seligen Benedikt,
noch eine demütige Braut ist, weil sie ihres
Verlöbnisses nicht eingedenk ist. Nach ihrer Regel soll
sie ein grobes und armes Kleid haben, ihr Kleid aber ist
viel weicher, schöner und angenehmer. Ihre Regel
befiehlt, das Notwendige mit Sparsamkeit und mit Furcht
zu genießen und nichts Eigenes zu haben; sie aber hat
Eigentum, mästet sich wie eine Teufelskuh und folgt
ihrem eigenen Willen, Ihre Regel schreibt vor, es solle
alles in der Hand der Äbtissin sein und sie beachtet
nicht die Absicht meines seligen Benedikt, welcher
deshalb alles in die Hand des Abtes legte, damit er mit
Klugheit vorangehe, ein Beispiel der Tugenden gebe, und
der erste Beobachter derselben sei; sie aber mißbraucht
den Namen und die Macht zu ihren Ausschweifungen, und
beachtet nicht, daß sie über alle Seelen ihrer
Schwestern mir Rechenschaft geben muß. Deshalb sollst Du
wissen, daß, wenn sie ihr Betragen und das ihrer
Schwestern nicht bessert, sie mit den feisten Kühen zur
Hölle wandern wird; da werden die Raben der Hölle sie
zerreißen, weil sie nicht mit den Demütigen und
Enthaltsamen hat in den Himmel fliegen wollen."
Erklärung.
Nachdem diese
Äbtissin gestorben war, erschien sie der seligen
Brigitta ein wenig weiß, aber wie mit einem eisernen
Netze umwunden. Ihre Zunge sah aus wie Feuer, ihre Hände
und Füße wie Blei, die Augen standen ihr ganz voll
Thränen, und sie sprach: "Du wunderst Dich über mich,
weshalb ich so häßlich erscheine. Das ist die
vergeltende Gerechtigkeit Gottes; denn wenn ich weiß
erscheine, geschieht es deshalb, weil ich die
Jungfräulichkeit des Fleisches bewahrt gehabt. Das
eiserne Netz bedeutet, daß ich die Beobachtung der
Regeln und das Gut der Geduld nicht gewahrt habe; denn
wie an einem Netze viele Maschen verknüpft werden, so
muß ich für viele gute Werke, die unterlassen worden,
vieles leiden, weil ich die guten Werke, als ich Zeit
hatte, nicht ausgeübt habe. Wenn aber meine Zunge feurig
erscheint, so ist es recht, weil sie wider das von mir
abgelegte Gelübde zu vielen Eitelkeiten und
Leichtfertigkeiten sich gelöst hatte. Meine Hände und
Füße aber erscheinen verdientermaßen wie bleiern, weil
meine Werke, welche durch die Hände bedeutet werden, und
welche leuchtend wie Gold hätten sein sollen, wie
weiches, zerschmolzenes Blei gewesen sind. Auch meine
Füße, auf denen ich meinen Schwestern mit gutem
Beispiele und Wandel voranzugehen angewiesen war,
wankten schlüpfrig in weltlichen Dingen und waren träge
zu jedem geistlich Guten. Meine Augen erscheinen Dir wie
diejenigen eines Menschen, der heftig weint, und mit
Recht, denn ich habe dieselben mit Weinen verschont, als
ich dadurch alle Nachlässigkeiten meines Lebens hätte
austilgen können und sollen. Gleichwohl bin ich im
Stande der Barmherzigkeit und der Erwartung guter
Hoffnung um dessen willen, was in der Kirche Gottes
geschieht, und wegen der Gebete der Heiligen und des
Blutes Christi."
Es ließ sich
Mutter den Nonnen ein mit einem klösterlichen Habite
bekleideter Mohr sehen. Das legt Christus also aus, daß
jener der böse Geist der Begierlichkeit ist, welcher
unter dem Scheine der Liebe die Klosterfrauen
verleitete, Reichtum zu sammeln, um damit anderen
reichliche Almosen zu spenden; Christus straft sie
hierüber streng und verwirft sie.
Ein gar
abscheulicher Mohr ließ sich in einem Kloster unter den
verschleierten Nonnen sehen. Derselbe trug einen
schwarzen Schleier und ein Nonnengewand. Als die Braut
sich hierüber wunderte, redete Christus und sprach also:
"In meinem Evangelium steht geschrieben, man solle sich
vor denen hüten, welche in Schafskleidern umhergehen,
inwendig aber wie reißende Wölfe sind. (Matth. VII.) So
sage ich Dir nun, daß jener Mohr, der sich unter den
Klosterfrauen in einem Klosterhabit hat sehen lassen,
der Teufel der Begierlichkeit ist, der sie zu bereden
suchte, Besitztümer, Höfe und vielen Reichtum
zusammenzubringen, um davon köstlicher zu leben und
reichliche Almosen zu spenden, damit sie unter dem
Scheine der Frömmigkeit von der mir wohlgefälligen Armut
abweichen und allgemach, durch Mißachtung und
Übertretung ihrer bisherigen Regel einem ausgelassenen
Leben sich ergeben und ihre Seelen verlieren. Darum
sollst Du wissen, wenn sie sich nicht sorgfältig vor
jenem Wolfe der Begierlichkeit hüten und sich nicht an
dem genügen lassen, das sie haben und nicht aufhören,
ihre Besitztümer und irdischen Reichtum zu mehren, so
werden auch die noch gesunden Schafe dieser Herde auf
eine verdammliche Weise angesteckt und nachher von den
Wölfen auf unbarmherzige Weise zerrissen. Es gefällt mir
besser, wenn sie in der ruhigen und heiligen Armut
leben, wofür sie Profeß ablegten und genügsam sind, als
daß sie in die irdische Sorge der Leitung des Irdischen
sich verwickeln, und sich der Verteilung von Almosen aus
fremden Gütern unnützerweise rühmen."
Christus
stärkt die Braut und sagt, sie solle nicht fürchte, daß
die ihr auf göttliche Weise geoffenbarten, in diesem
Buche enthaltenen Worte entkräftet werden könnten,
obwohl sie gemalen, getreten und wie Öl ausgepreßt
werden sollten, auf daß hierdurch die Geduld und Ehre
Gottes erweitert werde.
Die Braut
fürchtete, die ihr in diesen Büchern von Gott
geoffenbarten Worte möchten entkräftet und von
neidischen und boshaften Menschen verdreht werden. Als
sie darüber im Gebete begriffen war, redete Christus zu
ihr und sprach: "Ich habe zwei Arme; mit dem einen
umfasse ich den Himmel und alles, was darin ist, mit dem
anderen aber umfasse ich die Erde und das Meer. Den
ersten strecke ich aus zu meinen Auserwählten im Himmel
und auf der Erde, um sie zu ehren und zu trösten; den
anderen steckte ich über die Bosheit der Menschen aus,
indem ich dieselben barmherzig ertrage und sie zügele,
daß sie nicht so vieles Böse tun, wie sie wollen.
Deshalb fürchte Dich nicht, weil niemand meine Worte
wird entkräften können, sondern sie werden zu dem Orte
und dem Volke kommen, wohin es mir gefällt. Gleichwohl
aber sollst Du wissen, daß diese Worte wie Öl sind, so
daß sie gemalen, zertreten und ausgepreßt werden, bald
von mißgünstigen, bald von wißbegierigen, bald von
solchen Menschen, die Gelegenheit zum Streite suchen,
aber doch nur dazu, daß meine Ehre und meine Geduld Raum
gewinne."
Christus
befiehlt der Braut, sie solle das, was sie im Geiste von
ihm vernimmt, aufschreiben und an die Heiden senden, auf
daß dieselben ihre Undankbarkeit und die Geduld Gottes
erkennen.
Der Sohn redete
zur Braut und sprach: "Ich bin wie ein Herr, dessen
Kinder ein Feind so bezaubert und niedergedrückt hatte,
daß sie sich der Gefangenschaft rühmen und die Augen
nicht zum Vater und zur Erbschaft aufheben mögen.
Deshalb schreibe das auf, was Du von mir gehört haben
wirst, und sende es an meine Kinder und Freunde; diese
sollen es ausstreuen unter die Heiden, ob diese
vielleicht ihre Undankbarkeit und meine Geduld erkennen;
denn ich, Gott, will mich aufmachen und die Heiden meine
Gerechtigkeit und Liebe sehen lassen."
Christus
ermahnt eine Kranke, sie solle in der Geduld beständig
sein, weil ihr die Krankheit zum Nutzen ihrer Seele
gegeben worden. Er erklärt auch, daß die Ablässe der
römischen Kirchen bei Gott größer und den Seelen
nützlicher sind, als die Menschen glauben.
Eine Dame aus
Schweden, welche in Rom lange Zeit krank lag, sagte
lächelnd in Gegenwart der Braut: "Man sagt, daß an
diesem Orte Ablaß von Schuld und Strafe erteilt werde;
die Strafe erleide ich jetzt, aber bei Gott ist nichts
unmöglich." Am folgenden Morgen hörte die Braut eine
Stimme, welche zu ihr sprach: "Tochter, diese Frau ist
mir wohlgefällig, weil sie fromm in sich gelebt und ihre
Töchter mir erzogen hat; sie hat aber noch nicht solche
Reue in ihrem Leiden gehabt, als sie Wohlgefallen an der
Sünde gehabt hat und gehabt haben würde, wenn sie nicht
durch meine Liebe heimgesucht worden wäre. Weil denn
ich, Gott, für einen jeden sorge in der Krankheit, wie
in der Gesundheit, wie ich sehe, daß es einem jeden zum
Heile ist, so soll man mich auch mit den geringsten
Worten nicht erzürnen oder beurteilen, sondern fürchten
und verehren. Sage ihr auch, daß der Nutzen der Ablässe
der Kirchen in der Stadt Rom bei Gott größer ist, als
die Menschen glauben, weil die, welche mit vollkommenem
Herzen zu diesen Ablässen kommen, nicht allein
Verzeihung der Sünden, sondern auch die ewige
Herrlichkeit haben werden; denn wenn auch der Mensch
tausendmal für Gott sterben würde, wäre er doch der
geringsten Herrlichkeit nicht wert, welche den Heiligen
gegeben wird. Und obwohl dazu ein Leben von tausend
Jahren in dieser Welt nicht hinreichen würde, so werden
doch, da unendliche Sünden eine unendliche Strafe
erheischen, wofür der Mensch in diesem Leben unmöglich
Genugtuung leisten kann, - durch die Ablässe viele
derselben nachgelassen; ja, hätte der Mensch die
schwerste und längste Strafe zu erleiden, so wird sie
ihm in die geringste verwandelt und diejenigen, welche
nach erlangtem Ablasse mit vollkommener Liebe und wahrer
Reue von der Welt scheiden, werden nicht allein die
Sünden, sondern auch die Strafen los, weil ich, Gott,
meinen Heiligen und Auserwählten nicht allein das gebe,
um was sie bitten, sondern es um der Liebe willen
verdoppeln und verhundertfachen werde. Ermahne daher die
Kranke zur Geduld und Standhaftigkeit, weil ich ihr tun
will, was ihr zum Heile am nützlichsten ist."
Erklärung.
Die Seele
dieser Frau sah die heilige Brigitta wie feurig
auffahren. Es kamen derselben sehr viele Mohren
entgegen, bei deren Anblick die Seele erschreckt ward
und zitterte; sogleich aber ward gesehen, wie eine sehr
schöne Jungfrau ihr zu Hilfe kam, welche zu den Mohren
sprach: "Was habt ihr mit jener Seele zu schaffen,
welche zur Familie der neuen Braut meines Sohnes
gehört?" und alsbald ergriffen die Mohren die Flucht und
folgten von weitem nach. Und als die Seele vor das
Gericht gekommen war, sprach der Richter: "Wer antwortet
für jene Seele, und wer ist der Anwalt derselben?"
Alsbald ward der selige Jakobus anwesend gesehen,
welcher sprach: "Ich, Herr, bin verpflichtet, für sie zu
antworten, weil sie zu meinem Andenken zweimal große
Mühseligkeiten ertragen hat. O Herr! erbarme Dich ihrer,
weil sie wohl gewollt, aber nicht gekonnt hat." Darauf
sprach der Richter zu ihm: "Was ist es, das sie gewollt,
oder nicht gekonnt hat?" Jakobus antwortete ihm: "Sie
wollte Dir von ganzem Herzen dienen, vermochte es aber
nicht, weil die Krankheit ihr zuvorgekommen ist und sie
verhindert hat." Darauf sprach der Richter zur Seele:
"Gehe, denn Dein Glaube und Dein Wille werden Dich
retten." und alsbald ging die Seele frohlockend und wie
ein Stern glänzend vom Angesichte des Richters hinweg.
und alle, die dabei standen, sprachen: "Gebenedeit seist
Du, Gott, der Du bist und warest und sein wirst, und der
Du nicht abwendest Deine Barmherzigkeit von denen,
welche auf Dich hoffen."
Wie der
selige Nikolaus in Bari der Braut an seinem Grabe mit Öl
gesalbt erschienen ist und derselben über das von seinem
Leibe fließende Öl und anderes in betreff seiner
Tugenden während seines Lebens Erklärung gegeben, und
von der überschwenglichen Güte Gottes gegen seine
Auserwählten.
Als die Braut
die Reliquien des heiligen Nikolaus zu Bari an seinem
Grabe besuchte, hub sie an, über jene ölichte
Feuchtigkeit, die aus seinen Gebeinen floß, nachzudenken
und außer sich im Geiste entrückt, erblickte sie eine
mit Öl gesalbte Person, welche köstlichen Duft
aushauchte und zu ihr sprach: "Ich bin der Bischof
Nikolaus, und erscheine Dir in solcher Gestalt, wie ich
an der Seele beschaffen war, da ich noch lebte. Alle
meine Glieder waren so geschickt und geschmeidig
geordnet zum Dienste Gottes, wie ein zum Werke seines
Eigentümers gesalbtes, schmiegsames Werkzeug und deshalb
war in meiner Seele immerdar das Lob der Freude, in
meinem Munde die göttliche Predigt, und in meinen Werken
die Geduld im Bunde mit den Tugenden der Demut und der
Keuschheit, welche ich vorzüglich liebte. Es gibt auf
Erden viele dürre Gebeine ohne göttliche Feuchtigkeit,
welche, wenn sie sich berühren, nach Eitelkeit klingen;
Früchte der Gerechtigkeit können sie nicht hervorbringen
und vor den Augen Gottes sind sie ein Abscheu. Du aber
wisse, daß, gleichwie die Rose den Geruch und die Traube
die Süßigkeit hervorbringt, so hat Gott meinem Leibe den
besonderen Segen gegeben, Öl auszuschwitzen, denn er
ehrt seine Auserwählten nicht nur im Himmel, sondern
erfreut sie und erhöht sie auch auf Erden, damit mehrere
erbaut werden und an der ihnen gewährten Gnade
teilnehmen."
Wie die
selige Anna der Braut erschien und sie ein besonderes
Gebet ihr zu Ehren lehrte, und eines für verheiratete
Frauen, um Kinder zu erlangen.
Der Sakristan
des Klosters zum heiligen Paulus außerhalb der Mauern
Roms gab der Braut Christi Reliquien von der heiligen
Anna, der Mutter unserer lieben Frau, der Jungfrau
Maria. Als Frau Brigitta darüber nachdachte, wie sie
dieselben verwahren und ehren möchte, erschien ihr die
heilige Anna und sprach: "Ich bin Anna, die Herrin aller
Ehefrauen, welche vor dem Gesetze gewesen und die Mutter
aller gläubigen Gattinnen, welche nach dem Gesetze sind,
weil Gott aus meiner Tochter hat geboren werden wollen.
Darum, o Tochter, ehre Du Gott auf diese Weise. -
Gebenedeit seist
Du, Sohn Gottes und Sohn der Jungfrau, weil Du Dir aus
der Ehe Joachims und Annas Deine Mutter erwählt hast! Um
der Gebete Annas halber erbarme Dich aller, welche im
Ehestande sind, auf daß sie Frucht bringen für Gott;
leite auch alle die, welche nach dem Ehestande trachten,
auf daß in ihnen Gott geehrt werde. Meine Reliquien
aber, die Du hast, werden denen, die Liebe haben, zum
Troste sein, bis es Gott gefallen wird, dieselben am
jüngsten Tage der Auferstehung noch höher zu ehren."
Die Mutter
Gottes stärkt die Braut, die Heiligtümer Roms zu
besuchen, und sagt, daß die Ablässe, welche die Heiligen
durch ihr Gebet und eigenes Blut erlangt haben, größer
sind, als die Menschen glauben.
Die Mutter
Gottes redete zur Braut und sprach: "Weshalb bist Du so
betrübt, weine Tochter?" Jene antwortete: "O meine Frau,
es schmerzt mich, daß ich die heiligen Orte nicht
besuche, welche in Rom sind." Und die Mutter sprach: "Es
wird Dir verstattet, die Orte mit Demut und andächtiger
Verehrung zu besuchen, weil in diesem Rom die Ablässe,
welche die Heiligen Gottes mit ihrem glorreichen Blute
und ihren Gebeten von meinem Sohne zu erlangen würdig
geworden, heilsamer sind, als die Menschen glauben
können. Gleichwohl, meine Tochter, unterlaß deshalb
nicht die Erlernung der Grammatik, noch den heiligen
Gehorsam gegen Deinen geistlichen Vater."
Einer, der
sich stellte, als ob er die Welt verlassen hätte und
Gott dienen wolle, fragte die Braut um Rat, in welchem
Stande er Gott dienen solle. Christus sprach zu ihr, daß
jener den Jordan noch nicht überschritten, d. h. die
Welt und seinen Willen noch nicht vollständig verachtet
habe, und deshalb auch nicht die Antwort des verborgenen
Willens Gottes hören wird.
Es sagte einer,
er wolle Gott dienen und da er zu wissen begehrte, in
welchem Stande er Gott am meisten gefallen würde, fragte
er die Braut um Rat und wünschte hierauf von Gott
Antwort zu erhalten. Christus redete nun seinetwegen mit
der Braut und sprach: "Er ist noch nicht an den Jordan
gelangt, geschweige denn hindurchgegangen, wie vom Elias
geschrieben steht, daß er, nachdem er über den Jordan
gegangen und in die Wüste gekommen war, die Geheimnisse
Gottes vernommen. Was ist dieser Jordan aber anderes,
als die Welt und die zeitlichen Dinge, welche wie
fließendes Wasser mit den Menschen bald steigen, bald
fallen? Bald geht es mit dem Menschen abwärts, bald
steigt er auf zu Ehre und Glück, bald drückt ihn die
Widerwärtigkeit nieder, und niemals ist der Mensch ohne
Sorge und Trübsal. Wer daher nach dem Himmlischen
verlangt, muß notwendig alle irdischen Neigungen aus dem
Geiste entfernen, weil der, welcher die Süßigkeit Gottes
kostet, das Irdische und Vergängliche wahrhaft gering
schätzt. Allein dieser Mensch ist noch nicht
dahingelangt, daß er alles verachtet, sondern er hat
noch seinen Willen in seiner Hand; deshalb wird er die
himmlischen Geheimnisse noch so lange nicht hören, bis
er die Welt auf vollkommenere Weise verachtet und seinen
Willen in die Hand Gottes gegeben hat."
Christus sagt
der Braut, daß, wie ein Adler von der Höhe seine Jungen
behütet und denselben in ihren Nöten und in Gefahr zu
Hilfe kommt, also auch er seinen Freunden bei den Nöten
ihres Leibes und ihrer Seele. Er befiehlt auch der
Braut, sie solle den Leib des heiligen Andreas besuchen,
den der Herr hier lobt; er verheißt auch denen, welche
ihn besuchen, Barmherzigkeit und Gnade.
Der Sohn redete
zur Braut und sprach: "Der Adler sieht von der Höhe, wer
seinen Jungen schaden will, kommt demselben mit seinem
Fluge zuvor und verteidigt sie. Also sehe auch ich vor,
was euch am heilsamsten ist; deshalb spreche ich:
Wartet! und wiederum sage ich: Gehet! Aber weil es nun
Zeit ist, so ziehet hin in die Stadt Amalfi zu meinem
Apostel Andreas, dessen Leib mein Tempel, mit jeglicher
Tugend geschmückt, gewesen ist. Diesen Ort habe ich für
meine Gläubigen zu einer Hinterlage meiner Gnaden, zu
einer Zuflucht der Sünder gemacht; denn diejenigen,
welche mit gläubigem Herzen zu ihm kommen, werden nicht
allein ihrer Sünden ledig, sondern werden auch ewigen
Trost vollauf haben. Es ist auch kein Wunder, denn er
hat sich meines Kreuzes nicht geschämt, sondern dasselbe
fröhlich getragen, und deshalb schäme ich mich nicht,
diejenigen zu hören und aufzunehmen, für welche er
betet, weil sein Wille mein Wille ist. Wenn ihr aber bei
ihm gewesen seid, so kehrt alsbald nach Neapel bis zu
meinem Geburtstage zurück." Die Braut antwortete: "O
Herr! unsere Zeit geht dahin, und Alter und Krankheit
nahen und die zeitliche Beihilfe nimmt ab." Der Herr
antwortete ihr: "Ich bin der Schöpfer der Natur, ihr
Herr und Erneuerer ein Helfer in den Nöten, ein
Verteidiger und Ausspender; denn wie jemand, der ein
Pferd hat, das ihm lieb ist, seiner auch noch so
lieblichen Wiese nicht schont, um das Pferd darauf zu
weiden, so auch will ich, der ich alles habe und nichts
bedarf, der ich in aller Herzen blicke, denen, die mich
lieben, ins Herz eingeben, daß sie denen, die nach mir
verlangen, Gutes tun; auch diejenigen, welche mich nicht
lieben, ermahne ich, daß sie meinen Freunden Gutes tun
sollen, damit sie durch der Frommen Gebete besser werden
mögen."
Als die Braut
zu Rom am Grabe des heiligen Stephanus betete, erschien
ihr derselbe und erzählte ihr einiges von seinem Leben,
seinen Tugenden und seinem Leiden, und erbot sich, für
sie Gnade bei Gott zu erwirken, wobei er ihr voraussagt,
sie werde noch gen Jerusalem ziehen.
Die Braut war zu
Rom im Gebete neben dem Grabe des seligen Stephanus
außerhalb der Mauern begriffen, und sprach: "Gebenedeit
seist Du, seliger Stephanus, weil Du gleiches Verdienst
hast mit dem seligen Laurentius, denn wie dieser den
Ungläubigen predigte, hast Du den Juden gepredigt, und
wie Laurentius mit Freuden das Feuer erlitten, also Du
die Steinigung und Du wirst mit Recht unter den
Martyrern als der erste gepriesen." Hierauf erschien der
selige Stephanus, antwortete ihr und sprach: "Ich habe
schon von Jugend auf angefangen, den Herrn lieb zu
haben, weil ich Eltern hatte, die um meiner Seele Heil
besorgt waren. Als aber mein Herr Jesus Christus Mensch
geworden war und zu predigen begann, da hörte ich ihn
mit ganzem Herzen, und sogleich nach seiner Himmelfahrt
trat ich mit den Aposteln in Verbindung und diente in
Demut in dem mir auferlegten Amte. Als die Juden meinen
Gott Jesum lästerten, freute ich mich, Gelegenheit zu
haben, mit ihnen zu reden; ich strafte beharrlich ihre
Härte, und war bereit, für die Wahrheit zu sterben und
meinem Herrn nachzuahmen. Drei Dinge wirkten zu der
Herrlichkeit und Krone, deren ich mich jetzt erfreue.
Das erste war mein guter Wille, das zweite das Gebet
meiner Herren Apostel, das dritte das Leiden und die
Liebe meines Gottes; deshalb besitze ich nun ein
dreifaches Glück, - daß ich unaufhörlich das Antlitz und
die Herrlichkeit Gottes schaue, daß ich vermag, was ich
will, und nichts will, als was Gott will, daß meine
Freude ohne Ende sein wird. Und weil Du Dich über meine
Herrlichkeit freuest, deshalb wird Dir mein Gebet zur
Erlangung einer größeren Kenntnis Gottes nützen und der
Geist Gottes bei Dir verharren. Auch wirst Du noch nach
Jerusalem, dem Orte meines Leidens, kommen."
Die Mutter
Gottes beredet einen Geistlichen, daß er auf irgend eine
Tugend welche er hat, nicht vertrauen soll, auch vor
Geschwätzigkeit, Lachen und Leichtfertigkeit der Sitten
solle er sich hüten. Ferner sei es Gott angenehmer, wenn
der Mensch in der Welt gerecht lebt von seiner Arbeit,
als in der Wüste oder einem Kloster ohne die Liebe
Gottes.
Die Mutter
sprach: "Wenn eine Speise auch noch so gut ist, wird sie
schlecht, sobald man etwas Bitteres hineingießt. So
gefällt einer, er mag noch so viele und große Tugenden
haben, Gott nicht, wenn er auch nur an Einer Sünde
Gefallen hat. Sage also diesem meinem Freunde, daß, wenn
er meinem Sohne und mir zu gefallen begehrt, er auf
keine seiner Tugenden, auch die kleinste, sein Vertrauen
setze, sondern er soll seine Zunge abhalten von aller
Vielgeschwätzigkeit und Lachen, auch in seinem Wandel
aller Leichtfertigkeit sich enthalten. Er soll Blumen im
Munde haben, um die Unweisen anzulocken, daß sie gute
Frucht bringen; findet sich aber unter ihnen etwas
Bitteres, so kommen sie in Verachtung und erwecken kein
Verlangen nach ihrer Frucht. Sage ihm ferner, daß,
gleichwie Mann und Frau zuweilen sich einander lieben,
um den notwendigen Lebensunterhalt zu haben, und
gleichwie ein Mönch zuweilen um leiblichen Vorteils
willen im Kloster ist, auch jener ihm bekannte Mann nur
deshalb gern im Kloster ist, damit er nichts
Widerwärtiges zu leiden habe und damit er bei seiner
Armut keinen Mangel habe. Man überlasse ihn also seinem
eigenen Willen; Gott ist es aber angenehmer, wenn einer
gerecht lebt und mit den Händen arbeitet, als wenn er in
die Wüste oder in einen Orden geht, ohne Gott zu
lieben."
Die Braut
Christi vernahm im Geiste, was die sieben Donner
bedeuten und weshalb dem Johannes befohlen worden, sie
nur zu besiegeln, aber nicht zu schreiben, und daß bei
Lebzeiten vieler, welche damals noch lebten, die Donner
in die Kirche kommen und viele sich wünschen würden, zu
sterben.
Ein gewisser
Magister fragte die Frau (Brigitta), was die sieben
Donner bedeuteten. (Apokalypse X.) Darauf ward die Frau
im Geiste verzückt und vernahm von Christo: "Glaube
nicht, meine Tochter, daß in meiner Gottheit etwas
Zeitliches gedacht werden darf, und daß im Donner, im
Winde, oder in empfindungslosen Geschöpfen eine
menschliche Stimme sei. Johannes erblickte aus meiner
Eingebung die künftigen Gefahren der Kirche unter
leiblichen Bildern; hätte er dieselben nach den gewissen
Zeiten beschrieben, so wären alle Zuhörer entsetzt
gewesen, und in der Erwartung vor Furcht vergangen. Es
ward ihm deshalb befohlen, er solle versiegeln, was er
geschaut, aber nicht schreiben; denn wenn etwas
versiegelt wird, ist es ein Zeichen eines zukünftigen
furchtbaren Ereignisses. So sind auch die Stimmen des
Donners, der Blitzschläge und der Winde zu verstehen und
auf die Drohungen der Tyrannen zu deuten, welche meine
Kirche beunruhigten und deren Heftigkeit Johannes im
Geiste vorher sah, so daß er dieselben lieber
versiegeln, als aufschreiben sollte. Ähnlich einem
Manne, der durch eine einfache Parabel Großes andeuten
will, um seinen Zuhörern Furcht einzuflößen, habe ich
das Zukünftige angedeutet, aber nicht enthüllt, damit
die Menschen in der Furcht bleiben sollen. Und weil es
noch nicht Zeit war, daß die Schale zerbrochen und der
Kern ausgelöst würde, deshalb habe ich das Künftige in
einiger Dunkelheit gezeigt, weil das Gefäß, bevor der
Trank hineingegossen wird, zubereitet werden muß. Wisse
auch, daß noch bei Lebzeiten der gegenwärtigen Menschen
so große Donner und Blitze über meine Kirche kommen
werden, daß ihrer viele den Tod sich wünschen, der Tod
aber vor ihnen fliehen wird."
Daß der
Gehorsam der Keuschheit vorgezogen wird und in die
Herrlichkeit einführt.
Der Sohn Gottes
sprach: "Was fürchtest Du? Wenn Du auch zehnmal in Einem
Tage aus Gehorsam äßest, wird es Dir nicht zur Sünde
angerechnet werden. Die Jungfräulichkeit verdient die
Krone, die Witwenschaft bringt Gott nahe, der Gehorsam
aber führt alle in die Herrlichkeit ein."
Maria gibt
der Braut Nachricht über die Vorhaut Christi, welche sie
sorgfältig aufbewahrt und Johannes, dem Evangelisten,
samt dem Blute Christi, das in den Wunden Christi
zurückgeblieben war, zum Aufheben gegeben hatte.
Maria sprach:
"Als mein Sohn beschnitten war, habe ich seine Haut,
wohin ich ging, in hohen Ehren gehalten. Wie hätte ich
auch dieselbe der Erde übergeben sollen, die von mir
ohne Sünde geboren war! Als aber die Zeit meiner
Abberufung aus dieser Welt nahe gekommen war, habe ich
dieselbe meinem Beschützer, dem heiligen Johannes, samt
dem gesegneten Blute, daß in seinen Wunden
zurückgeblieben war, als wir ihn vom Kreuze abnahmen,
überantwortet. Danach, als der heilige Johannes und
seine Nachfolger aus der Welt hinweggenommen waren und
die Bosheit und der Unglaube zunahm, haben die damals
lebenden Gläubigen dieselbe an einem ganz reinen Ort
unter die Erde geborgen, und sie war lange Zeit
unbekannt, bis der Engel Gottes dieselbe den Freunden
Gottes offenbarte. O Rom, Rom, wenn du es wüßtest,
würdest du dich fürwahr freuen; ja, wenn du weinen
könntest, würdest du unaufhörlich weinen, weil du den
mir teuersten Schatz besitzest und denselben nicht
ehrest."
Wie die Braut
den Zustand der Brüder zu Alvastra sah. Wie es der Braut
gezeigt worden, hat sich's auch begeben.
Als Frau
Brigitta sich im Gebete befand, ward sie verzückt im
Geiste und erblickte ein Haus, und über dem Hause den
Himmel gar heiter. Und als sie aufmerksam aufsah,
schaute sie, wie Tauben vom Hause aufflogen und den
Himmel durchdrangen, was einige Mohren zwar verhindern
wollten, aber nicht vermochten. Unter dem Hause aber
zeigte sich ein finsterer Abgrund und in demselben drei
Ordnungen von Brüdern. Die ersten sind einfältig wie die
Tauben, deshalb steigen sie leicht auf. Die zweiten sind
diejenigen, welche an den Reinigungsort kommen. Die
dritten sind, welche den einen Fuß im Meere haben, und
den anderen auf dem Tafelwerke des Schiffes, deren
Gericht jetzt sich naht, und damit Du es wissen und
erfahren mögest: Einer wird schnell nach dem anderen
sterben, nach dem, wie ich Dir ihre Namen ausdrücke. In
ähnlicher Weise ist es auch geschehen; denn es kam ein
Sterben und nahm, wie vorhergesagt worden,
dreiunddreißig Brüder hinweg.
Der heilige
Geist sprach zur Braut, als sie die Absolution für die
Sünden zu empfangen versäumte, daß eine läßliche Sünde
durch die Verachtung eine Todsünde werde.
Während die Frau
Brigitta einmal beichtete, ward ihr Beichtvater von
einem gewissen Priester gerufen und vergaß, als er sich
erhob, die Absolution zu erteilen. Als die Frau sich zu
Bett begeben wollte und die Knie beugte, sprach der
heilige Geist: "Stehe auf, Tochter, und begehre in Demut
die Absolution, weil Dein Magister Dich nicht absolviert
hat." Und als sie die Absolution erhalten, sprach der
heilige Geist abermals: "Ein jeglicher, der nicht acht
gibt auf das Kleinste, der fällt in Größeres; auch eine
läßliche Sünde, über die man sich im Gewissen Vorwürfe
macht, wird, wenn man dieselbe begeht und fortsetzt,
eine Todsünde und wegen der Verachtung gar schwer
bestraft werden."
Der gute
Wille des Büßenden reicht aus, wenn er keines
Beichtvaters habhaft werden kann; derselbe hat dem
Schächer am Kreuze genützt und den Himmel eröffnet; der
böse Wille aber hat die Hölle gemacht, und Luzifer ist
durch den bösen Willen böse geworden.
Einer aus der
Diözese von Abo kam nach Rom. Derselbe verstand nur die
schwedische Sprache. Da ihn zu Rom niemand verstand, er
auch keinen Beichtvater haben konnte, fragte er die Frau
Brigitta um Rat, was er tun solle. Diese hörte darauf im
Geiste: "Jesus Christus, der Sohn Gottes, spricht: Der
Mann, welcher Dich um Rat fragte, weint, daß er niemand
hat, der ihn beichthört. Sage ihm: Der Wille reiche aus,
Denn was half dem Schächer am Kreuze? War es nicht der
gute Wille? Oder was sonst öffnet den Himmel, als allein
der Wille, das Gute zu wollen und das Böse zu hassen?
Was aber bewirkt die Hölle, wenn nicht der böse Wille
und die ungeordnete Neigung? War nicht auch Luzifer gut
erschaffen? Oder habe ich, die Güte und Kraft selber,
irgend etwas Böses erschaffen? Keineswegs. Sondern
nachdem Luzifer seinen Willen mißbraucht und demselben
unordentliche Regungen verstattet hatte, ward er selber
unordentlich und böse durch seinen bösen Willen. Darum
soll dieser Arme standhaft bleiben und nicht
zurückweichen und wenn er wieder in seine Heimat
zurückgekehrt sein wird, soll er suchen und von weisen
Männern vernehmen, was seiner Seele heilsam ist, seinen
Willen untertan machen, und mehr dem Rate der Gerechten,
als seinem Willen folgen. Kommt er aber dazu nicht und
stirbt er inzwischen unterwegs, so wird es ihm ergehen,
wie ich zum Schächer gesagt habe: Du wirst mit mir im
Paradiese sein!"
Die Einfalt
dessen, der kaum das Vaterunser weiß, gefällt Gott mehr,
als die Klugheit der Hoffärtigen und die gelehrte
Torheit, wenn sie in der Liebe die Gebote beobachtet
und die evangelischen Räte und alle Rechte und Gesetze
befolgt.
Ein einfältiger
Mensch, welcher nicht einmal das Vaterunser vollständig
wußte, begehrte von der Frau Brigitta für seine Seele
Rat. Christus sprach zu ihr: "Mir gefällt die
Seeleneinfalt dieses einfältigen Menschen besser, als
die Klugheit der Hoffärtigen, weil in ihnen die Hoffart
ist, welche Gott aus dem Herzen entfernt. In jenem
dagegen ist die Demut, welche Gott in das Herz einführt.
Sage ihm deshalb, er solle sein gewöhnliches Werk wie
bisher fortsetzen, und er wird seinen Lohn mit denen
erhalten, zu denen ich gesprochen habe: Kommet her, die
ihr mühselig und beladen seid, ich will euch mit dem
ewigen Brote speisen; denn würde ich zu ihm sprechen,
wie ich zu dem Juden sprach, der mich in arglistiger
Absicht um Rat fragte: Halte die Gebote und verkaufe,
was Du hast! so würde er es nicht leisten können, denn
das Alter ist ungeschickt zur Unterweisung, und die
Armut hat nichts zum Verkaufen. Gleichwohl bedarf ein
Mensch, der nach dem ewigen Leben trachtet, der Gebote;
denn ohne dieselben vermag der Mensch nicht selig zu
werden, wenn er anders Zeit hat und das Vermögen, sich
belehren zu lassen. Die weise Torheit und der gute
Wille dieses Menschen gefallen mir aber so gut, wie die
beiden Heller jener Witwe, welche ich dem Reichtume der
Könige vorgezogen habe, denn er hat in seiner Torheit
alle Weisheit. Er liebt mich ja von Herzen und wodurch,
wenn nicht durch meinen Geist? Den Weisen der Welt dünkt
es eine Torheit zu sein, nicht Reichtum zu lieben, noch
große Redensarten machen zu können. Deshalb habe ich
gesagt: die weise Torheit; denn er hat von meinem
Geiste die wahre Weisheit, das heißt: Gott lieben
gelernt. Dünkt Dich nicht der wahrhaft weise, welcher
nur das einzige Wort: lieben, kennt? In dieser Liebe
hält er alle Gebote des Gesetzes Mosis und gibt Gott,
was Gottes ist; durch sie beachtet er alle Räte meines
Evangeliums, und beobachtet alle Rechte und Gesetze;
durch sie liebt er den Nächsten und begehrt nichts
Fremdes, sondern nur das Notwendige; er raubt weder,
noch betrügt er seinen Nächsten; durch sie ist er
beständig seines Todes, sowie des Gerichtes eingedenk,
welches er vor mir zu bestehen hat. Wer daher zu mir
kommen will, darf sich nicht kümmern wegen seiner
Unwissenheit im Gesetze, wenn er nur sein Gewissen
betrachtet, welches sagt, man müsse leiden wollen, was
man einem anderen zumutet. Denn wozu lernt der Mensch so
viele und so hohe Dinge, und durchblättert so viele
Bücher? Etwa um mir zu dienen? Oder vielmehr aus
Neugierde und zum Zeitvertreib, oder um sich zu zeigen,
oder Magister genannt zu werden? Gleichwohl steht ein
jeglicher seinem Gewissen, und nach demselben wird er
gerichtet. Darum, meine Tochter, wer immer in
vollkommenem Glauben und Willen die vier Worte: Jesu,
erbarme Dich meiner! hersagt, gefällt mir besser, als
derjenige, welcher Tausende von Versen ohne
Aufmerksamkeit spricht."
Die
glorreiche Jungfrau Maria gewährt, wenn sie von
ihnen angerufen wird, auch den verächtlichsten Sündern
Hilfe, wie an der Seele eines Sünders gezeigt wird,
welche des Tisches der Liebe derselben Jungfrau
teilhaftig wird.
Maria sprach:
"Niemand ist ein so großer Sünder, noch in einem so
verächtlichen Werke begriffen, daß ich ihm, wenn er mich
um Beistand anruft, nicht helfen würde. Was ist zum
Beispiel verächtlicher, als den Kopf eines Grindigen zu
heilen? Ruft mich aber so einer an, so werde ich ihm
Hilfe gewähren, auf daß er gereinigt werde. Was ist
ferner verächtlicher oder schmutziger, als das Werkzeug,
womit der Dünger aus dem Stalle auf den Wagen geworfen
wird? Ruft mich dazu einer an, so werde ich ihm
beistehen. Was ist verächtlicher, als die Wunden eines
Aussätzigen zu waschen? Wer mich anrufen wird, den
verschmähe ich nicht, zu berühren, zu salben und seine
Wunden zu heilen." Die Braut antwortete: "O heiligste
Frau! ich weiß, daß Du gar demütig, gar mächtig und
gütig bist! hilf jener Seele, für welche ich Dich so oft
gebeten habe." Die Mutter antwortete: "Jene Seele hatte
drei Makel in ihrem Leben. Sie hat wollen die Welt
haben, allein die Welt wollte sie nicht haben; zweitens
hatte sie ihr Fleisch geliebt zur Unkeuschheit, weil sie
nicht hat zur Ehe schreiten wollen; drittens hat sie
Gott weniger geliebt, als sie gesollt, obwohl sie im
Glauben beständig war. Von diesen Makeln ist sie schon
entledigt und nimmt unausgesetzt teil am Mahle des
Tisches meiner liebreichen Güte. Es ist aber noch
einiges übrig; wenn sie davon gereinigt ist, wird sie
schnell erlöst werden."
Der Sohn
Gottes rät Katharina, der Tochter der heiligen Brigitta,
welche in ihr Vaterland heimziehen wollte, daß sie bei
ihrer Mutter bleibe, da ihr Mann binnen kurzem sterben
werde.
Der Sohn Gottes
sprach: "Rate jener Frau, sie solle eine Zeit lang bei
Dir bleiben, weil ihr das Bleiben nützlicher, denn das
Heimziehen ist. Ich will mit ihr tun, wie ein Vater mit
seiner Tochter, die von zwei Männern geliebt und zur Ehe
begehrt wird, von denen der eine arm, der andere reich
ist, und beide werden von dem Mädchen geliebt. Wenn der
umsichtige Vater nun die Neigung der Jungfrau sieht, und
daß der Arme von derselben geliebt wird, gibt er dem
Armen Kleider und Geschenke, dem Reichen aber vermählt
er seine Tochter. Also will ich tun. Diese liebt mich
und ihren Gemahl. Darum, weil ich reicher und Herr aller
Dinge bin, will ich ihn mit meinen Gaben, welche für
seine Seele am nützlichsten sind, versehen, denn ich
will ihn baldigst zu mir rufen, und die Krankheit, an
welcher er leidet, ist ein Zeichen seines Todes. Nun ist
es aber geziemend, daß, wer zum Allmächtigen reisen
will, seine Rechnung in den Händen habe und von allem
Fleischlichen ledig sei. Jene dagegen will ich führen
und zu ihrer Bestimmung zurückführen, bis sie zu dem
Werke geschickt wird, das ich von Ewigkeit vorausgewußt
habe, und das ihr zu zeigen mir gefallen wird."
Als einige Zeit
verflossen war, nachdem die selige Katharina sich
vorgenommen hatte, bei ihrer Mutter in Rom zu bleiben,
erschreckte sie das ungewohnte Leben; sie gedachte der
vergangenen Freiheit, und bat gar ängstlich ihre Mutter,
daß sie nach Schweden heimziehen dürfe. Als ihre Mutter
um dieser Versuchung willen sich für sie ins Gebet
begab, erschien ihr Christus und sprach: "Sage Deiner
jungfräulichen Tochter, daß, weil sie Witwe geworden,
ich ihr rate, sie solle bei Dir bleiben, da ich selber
für sie sorgen will."
Der
gewöhnliche Stand der Ehe gefällt Gott, der Witwenstand
findet Gnade, die Jungfräulichkeit ist das
Vollkommenste.
Christus sprach:
"Jeder gemeine, löbliche Stand ist mir angenehm. Moses,
der Führer meines Volkes, hat mir gefallen, obschon er
verehelicht war. So ist auch Petrus, während seine
Gattin noch lebte, zum Apostelamte berufen worden und
hat mir darin gefallen, weil man vom Leichteren
aufsteigen muß zum Vollkommeneren. Das fleischliche Volk
mußte durch Werke und Zeichen unterrichtet werden, um
das Geistliche zu vernehmen. So hat auch Judith um ihres
Witwenstandes willen und wegen des Gutes der
Witwenschaft Gnade gefunden vor meinen Augen und ihrem
Volke durch ihre Enthaltsamkeit die Befreiung verdient.
Johannes aber, dessen Hut ich meine Mutter anvertraut
habe, hat mir gewiß nicht mißfallen, weil er eine
Jungfrau war, vielmehr gar sehr gefallen, weil das
vollkommenste Leben im Fleische darin besteht, nicht
fleischlich zu leben, und so dem englischen Leben
ähnlich ist. Deshalb verdiente er auch der Beschützer
der Keuschheit zu werden und ich habe ihn besondere
Zeichen der Liebe sehen lassen. So sage ich nun auch
jetzt: Der Witwenstand dieser Frau gefällt mir besser,
als die Ehe, eine demütige Witwe ist mir angenehmer, als
eine hoffärtige Jungfrau und mehr verdiente Magdalena in
ihrer Demut und durch ihre Thränen, als wenn sie bei
eigenem Willen geblieben wäre."
Die Liebe
wird mit einem Baume verglichen, von welchem alle
Tugenden ausgehen, unter denen der Gehorsam die erste
Stelle einnimmt.
Christus, der
Sohn Gottes, sprach: "Gleichwie ein Baum viele Äste hat,
von denen die höheren von der Wärme und dem Winde am
meisten empfangen, so ist es auch mit den Tugenden. Die
Liebe ist wie ein Baum, von welchem alle Tugenden
ausgehen; die oberste Stelle darunter nimmt der Gehorsam
ein, für welchen ich, Gott, selber kein Bedenken gehabt
habe, das Kreuz und den Tod auf mich zu nehmen, und
darum habe ich an dem Gehorsam mein Wohlgefallen, wie an
einer sehr süßen Frucht. Gleichwie der Friede das
Kostbarste ist, so ist mir auch der Mensch der liebste,
welcher sich aus Demut anderen unterwirft, und seinen
Willen gänzlich in die Hände anderer gibt. So soll auch
diese Frau, um zu einer höheren Liebe aufzusteigen und
eine schönere Krone zu verdienen, gehorsam sein und
ihren Willen aufgeben, gleichwie Abraham, der seines
Willens halber mehr geliebt, und Ruth, die im Volke
Gottes desto ausgezeichneter geworden, weil sie dem
eigenen Willen nicht gefolgt ist." Noch sprach Christus:
"Diese wird nicht sterben, wie der Arzt gesagt hat,
sondern leben bis zu der mir gefälligen Zeit, denn ich
will sie auferziehen unter der Achsel meiner rechten
Hand und ihr Weisheit geben, daß sie mir liebe Blumen
bringe und zu meiner Ehre lebe."
Christus
zeigt, daß der Gehorsam eine Tugend sei, durch welche
alles Unvollkommene vollkommen wird. Ohne denselben
entsteht Unklugheit in den Gedanken des Gemütes, und es
erfolgen Minderung der Frömmigkeit und häufige Trübsal
der Seele und des Leibes.
Christus sprach:
"Der Gehorsam ist eine Tugend, wodurch Unvollkommenes
vollkommen und alle Nachlässigkeit getilgt wird. Denn
ich, Gott, vor allen der vollkommenste und die
Vollkommenheit selber, habe meinem Vater bis zum Kreuze
gehorcht, um durch mein Beispiel zu zeigen, wie sehr
Gott die Verleugnung des eigenen Willens gefällt. Viele
aber, welche auf die Tugend des Gehorsams ihr Augenmerk
nicht richten, auch keinen verständigen Eifer haben,
folgen der Eingebung ihres Herzens, und plagen eine
kurze Zeit hindurch ihr Fleisch auf eine unkluge Weise,
daß sie längere Zeit sich selber unnütz sind, Gott
mißfallen und anderen zur Last sind. Betrachten nun
solche ihre Gebrechen und wollen sie die Vergangenheit
verbessern, so überfällt sie sofort die Scham des
Herzens, das Angefangene aufzugeben und aus
Hartnäckigkeit wagen sie nicht, Besseres anzugreifen. Zu
diesen Leuten gehört der Mensch, den Du siehst. Er merkt
nicht auf die Ratschläge bewährter Männer, und gibt
nicht acht auf die Worte, welche ich gesprochen habe:
Ich will nicht den Tod des Fleisches, sondern der Sünde;
deshalb soll er für sich fürchten, daß er nicht in eine
größere Trübsal und Geistesnot falle. Wenn er jedoch den
Weisen folgt und aus seiner Seele die eigenen Einfälle
entfernt, so wird ihm die Krone verdoppelt, und die
geistliche Andacht in ihm vermehrt werden. Außerdem wird
es ergehen, wie geschrieben steht: Es kam ein Mensch und
säte Unkraut darauf, und sogleich gingen Dornen auf und
erstickten die Saat.
Christus
zeigt, wie die Freunde Gottes nach seinem Vorbilde in
ihrem Betragen Anstand beobachten sollen, damit ihre
Arbeit nicht ohne Lohn bleibe.
Der Sohn Gottes
sprach: "Während ich in die Menschheit versetzt war,
habe ich meine Gebete, Arbeiten und Fasten so gemäßigt,
daß weder die Zuschauenden geärgert, noch die Abwesenden
beleidigt würden, sondern alle, welche guten Willen
hätten, meinen Worten, Werken und Beispielen folgen
könnten. Diese Frau aber, welche, wie Du siehst,
wunderlich sich gebärdet, ist nicht ohne große
Versuchung, aber auch nicht ohne Gewissensbisse. Darum
ist es ratsam für sie, daß sie ihr Betragen anständiger
ordne und das, was sie tut, mehr im verborgenen thue,
als öffentlich, sonst ist ihre Arbeit vergeblich und ihr
Gebet wird ihr nicht zur Krone verhelfen."
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