Achtes Buch
der himmlischen Offenbarungen der heiligen
Brigitta
Inhalt 8. Buch
Einleitung
Prolog
1. KAPITEL Der höchste Kaiser
Christus spricht durch die Braut zu den Königen,
zeigt sich wirklich als Schöpfer und König aller, der in
Dreieinigkeit und Einheit regiert, und sagt, wie er verordnet hat,
dass die Welt mit doppelter Macht regiert werden soll...
2. KAPITEL Christus, der höchste
Kaiser, gibt hier Verordnungen für die Könige,
was für Berater sie haben sollen...
3. KAPITEL Christus erklärt sich
einverstanden, dass sich der König durch seine Kleidung von den
Untertanen unterscheidet...
4. KAPITEL Christus gibt Magnus
Eriksson neue Ratschläge:
Dass er in seinen Urteilen unparteiisch sein soll und darauf
achtet...
5. KAPITEL Christus gibt Magnus
Eriksson Ratschläge zur Lektüre und der Wahl der Ratgeber.
6. KAPITEL Christus ermahnt
Magnus Eriksson,
das Volk gegen harte Vögte zu schützen...
7. KAPITEL
8. KAPITEL
9. KAPITEL Christus äußert sein
Missfallen über die Ehe zwischen
dem jungen Håkan Magnusson (?) und Prinzessin Margareta,
der Tochter von Valdemar Atterdag (?).
10. KAPITEL Die Jungfrau Maria
tadelt Königin Blanka,
die Gemahlin Magnus Erikssons wegen ihrer frivolen Sitten.
11. KAPITEL Christus spricht
sein Missfallen über die Enthaltsamkeit in der Ehe aus, die König
Magnus und Königin Blanka nach der Geburt...
12. KAPITEL Königin Blanka hat
von Birgitta einen geistlichen Rat begehrt...
13. KAPITEL
14. KAPITEL Christus warnt
Königin Blanka durch Birgitta.
15. KAPITEL
16. KAPITEL Christus warnt König
Magnus Eriksson vor dem „Wolf“
(Valdemar Atterdag von Dänemark)
und tadelt Königin Blanka dafür...
17. KAPITEL Christus warnt König
Magnus Eriksson vor dem „Fuchs“
(seinem Schwager, Albrecht der Ältere von Mecklenburg).
In einem nach 1360 beigefügten Zusatz warnt er
die Adligen von Schweden...
18. KAPITEL Christus verordnet
Magnus Eriksson kluge Ratgeber, die bereit sind,
die Schwachen gegen Vorgesetzte zu
schützen und darauf achten...
19. KAPITEL Maria warnt Magnus
Eriksson vor einem Günstling...
20. KAPITEL Maria warnt Magnus
Eriksson vor fünf schlechten Ratgebern,
von denen der erste blind, der zweite taub, der dritte stumm...
21. KAPITEL Christus spricht von
einem Mann, der ihn verspottet,
und deutet an, dass der König ihn bestrafen muss.
22. KAPITEL
23. KAPITEL
24. KAPITEL
25. KAPITEL
26. KAPITEL
27. KAPITEL
28. KAPITEL
29. KAPITEL
30. KAPITEL
31. KAPITEL Christus spricht
strafende Worte über König Magnus Eriksson und Königin Blanka. Sie
haben einen Mann aus dem Geschlecht der „Kreuzotter“
befördert (wahrscheinlich Bengt Algotsson), der seine Macht
benutzt...
32. KAPITEL Christus schildert,
wie die Ritterschaft
einmal eingerichtet war...
33. KAPITEL
34. KAPITEL
35. KAPITEL
36. KAPITEL
37. KAPITEL
38. KAPITEL
39. KAPITEL Magnus Eriksson, der
sich die Frage stellte,
wie weit ein Kreuzzug gegen die Heiden im Osten Gott gefallen
würde,
erhält von Christus die Antwort...
40. KAPITEL Christus gibt dem
Kreuzfahrer Magnus Eriksson den Rat,
dass er die Heiden erst mit Sanftmut überreden solle...
41. KAPITEL
42. KAPITEL
43. KAPITEL Christus wiederholt
seine in Kapitel 40 gegebenen
Ratschläge und ermahnt den König,
auf seinem Kreuzzug Priester mitzunehmen...
44. KAPITEL
45. KAPITEL Maria ermahnt König
Magnus zur Gottesfurcht
und zur Einhaltung seiner Versprechungen.
46. KAPITEL Maria gibt dem
Bischof Ratschläge, der sagte,
er wolle Magnus in die Länder der Ungläubigen begleiten.
47. KAPITEL Maria tadelt König
Magnus,
dass er die Ratschläge nicht befolgt habe,
die man ihm im Hinblick auf den Kreuzzug gegeben hatte...
48. KAPITEL Maria schildert, wie
Gott mit der ganzen Schöpfung
Gerechtigkeit und Barmherzigkeit übt.
Es wird angedeutet, dass Gott seine Barmherzigkeit auch
für den König von Schweden trotz seiner Sünden offen hält.
Es wird gesagt, dass ein Engel und ein Teufel um seine Seele
kämpfen.
Von einem seiner Vorgänger – Magnus Ladulås – heißt es,
dass er sich in der Hölle befindet...
49. KAPITEL Christus tadelt
König Magnus wegen seines
Egoismus und seine Gewohnheit, auf schlechte Ratgeber zu hören...
50. KAPITEL
51. KAPITEL Beim Besuch Kaiser
Karls IV. in Rom 1367 sucht ihn Birgitta
mit einem Gesuch betriffst ihrer Klosterregel auf; der Kaiser soll
nämlich...
52. KAPITEL Durch Birgitta
ermahnt Christus König Magnus,
sich zum Papst zu begeben, um vom Bann befreit zu werden...
53. KAPITEL Christus schreibt
vor, wie der König verfahren soll,
wenn er sich mit dem erwähnten Plan zum Papst begibt: Einfach...
54. KAPITEL Christus tadelt die
üppige Kleidung der schwedischen Adligen.
55. KAPITEL Christus ermahnt
Birgitta, ungescheut seine Worte zu verkünden,
auch wenn sie Widersachern begegnet...
56. KAPITEL Birgitta sieht sich
bei einigen Gelegenheiten in den Himmel versetzt. Vor Gottes
Richterstuhl hört sie einen Engel und einen Teufel von den guten
und schlechten Ratschlägen berichten, die sie dem noch lebenden
Magnus Eriksson gegeben haben...
57. KAPITEL Maria berichtet
Birgitta, wie die Schweden Gottes Zorn besänftigen und das
Strafgericht abwenden können, die jetzt (durch die Pest) in ihrem
Reiche herrscht...
58. KAPITEL
59. KAPITEL
60. KAPITEL
61. KAPITEL
Einleitung
Ich bin wie ein Zimmermann,
der Bäume fällt, sie in ein Haus bringt, ein schönes Bild
aus Holz anfertigt und es mit Farben und Konturen
schmückt. Seine Freunde sehen das Bild, das mit noch
schöneren Farben geschmückt werden könnte, und so setzten
sie auch ihre Farben hinzu. Auf diese Weise habe ich,
Gott, aus dem Walde meiner Gottheit meine Worte
ausgehauen, und ich habe sie in deinen Mund gelegt. Meine
Freunde haben sie nach der Gnade, die ihnen verliehen ist,
zu Büchern zusammengestellt, haben sie gefärbt und
geschmückt. Nun sollst du, damit sie mehrere Leute
erreichen, die Offenbarungsbücher mit meinen Worten meinem
Bischof Alfons, dem Eremiten, übergeben, und dieser soll
sie zusammenstellen, erklären und darauf achten, dass der
katholische Sinn meines Geistes beachtet wird. Und sage
ihm, dass er das Amt eines Evangelisten ausführen und
erfüllen soll. |
Prolog |
Zum
Buche des himmlischen Kaisers an die Könige.
Hier wird von der Art berichtet, in der das Buch
zusammengestellt ist, und die Könige und Fürsten werden
ermahnt, dieses Buch fromm und demütig aus Gottes Hand
anzunehmen und im Herzen und in der Tat fleißig die Lehre
zu befolgen, die dieses Buch verkündet.
Das nachstehende Buch heißt „Buch des himmlischen Kaisers
an die Könige“, nachdem es der seligen Frau Birgitta durch
geistliche und intellektuelle Visionen von oben offenbart
wurde, die früher eine glänzende Fürstin von Närke im
Reiche Schweden war, und die im edlen Geschlecht und in
der Heimat der Götakönige geboren wurde. Es war ja
angebracht, dass sie, die der Kaiser Christus zu seiner
Braut genommen hatte und als seine besondere Botin und
sozusagen als seinen Apostel zu Königen und Fürsten
geschickt hat, um seine neuen Briefe und evangelischen
Worte an sie zu senden, nicht aus einfachem oder niedrigen
Geschlecht war, sondern von königlicher Herkunft und
Heimat war.
Aber da sich in dem großen Werk ihrer himmlischen
Offenbarungen, das ja sieben Bücher enthält, viele
Offenbarungen finden, die Könige und Kaiser betreffen, und
es auch außerhalb dieses Werkes verschiedene über das
gleiche Thema gibt, so hat man es für passend befunden,
alle mit diesem Inhalt zu einem Buch zusammenzufassen, und
so haben wir aus dem ausgedehnten Garten der himmlischen
Offenbarungen im vorliegenden Buch das gesammelt, was das
in Frage kommende Thema betrifft, und zugleich andere
Offenbarungen, die sich nicht dort finden, indem wir
sozusagen Blumen gesammelt haben, um eine neue Königskrone
anzufertigen. Selig ist der, der die prophetischen Worte
in diesem Buche liest und hört und das beherzigt, was da
geschrieben steht. Die Zeit ist nämlich nahe.
Also, ihr Kaiser und Könige, ihr Königinnen und übrige
Regenten alle, beugt eure Häupter vor Gott – Mit anderen
Worten: Demütigt euer stolzes, von Ehrgeiz und Gewinnsucht
erfülltes Herz, und nehmt diese kostbare, himmlische
Königskrone aus den Händen einer so fürstlichen und
wunderschönen Braut Christi an – das Buch, das Christus
uns durch sie in seinem Wohlwollen und seiner
Barmherzigkeit gesandt hat.
In diesem Buch finden sie eine eilige Unterweisung, welche
Tracht die Könige benutzen sollen, an welchen Tagen sie
mit der Krone auftreten sollen, welchen tugendhaften,
frommen und ehrbaren Wandel sie führen müssen, welche
Fürstinnen sie zur Frau nehmen sollen, welche Männer die
Könige als Ratgeber nehmen, und welche sie entfernen und
vertreiben sollen, wie sie ihre Reiche regieren und das
Beste des Staates befördern sollen, wie sie mit Eifer und
mit zartem Mitgefühl seinen guten Zustand erhalten, und
wie sie auf kluge, gerechte und verdienstvolle Weise einen
Kreuzzug gegen die Ungläubigen führen können.
Schließlich wird ihnen in diesem Buch ein zweischneidiges
Schwert gezeigt, das aus dem Munde dessen ausgeht, der auf
dem Thron sitzt, nämlich Gottes Gerechtigkeit gegenüber
einigen Königen, die zu ihren Lebzeiten wegen ihrer Sünden
ihr Reich und die Krone durch dieses Schwert der
göttlichen Gerechtigkeit verloren haben, so dass sie einen
bösen und schimpflichen Tod erlitten. Es wird ihnen auch
Gottes strenge Gerechtigkeit gegenüber anderen,
verstorbenen Königen gezeigt, deren Seelen die Braut
Christi sah, wie sie auf seltsame und schreckliche Weise
am göttlichen Richterstuhl gerichtet und verdammt wurden.
Daraus können die jetzt lebenden Könige ersehen, wie
scharf und streng dieses göttliche Schwert ist – dieses
Schwert, das mit der einen scharfen Klinge manche zu Ehre
und zum Leben straft, indem es ihnen Demütigung und Tod
bringt, und das mit seiner anderen, noch schärferen Klinge
die Seelen anderer nach dem Tode straft, indem es ihnen
eine scheußliche Qual und ewige Verdammnis bringt.
So können alle Könige und Fürsten einsehen, dass Gott
nicht auf die Person achtet und sie können verstehen,
welch strenges Gericht sie vor und nach ihrem Tode von
Gott zu erwarten haben, und wie sie bei allem, was sie
sich vornehmen, Gott fürchten und vor ihm zittern müssen.
Lernt also, ihr Könige und alle, die die Welt beherrschen,
dem Herrn mit Furcht zu dienen und euch mit Zittern zu
erfreuen. Nehmt diese Zucht, darum bitte ich, demütig an,
so dass der Herr nicht erzürnt wird. Sein Zorn könnte ja
schnell entzündet werden. Selig sind alle die, die sich
mit seinem Herzen und gerechtem Tun auf ihm verlassen, der
in Ewigkeit König der Könige und Herr der Heerscharen ist.
Da dieses an die Könige gerichtete Buch in großem Umfang
den anderen Büchern entlehnt ist, in denen diese
Offenbarungen enthalten sind, so verweisen wir, damit
nicht ein und dieselbe Sache im selben Buche wiederkehrt,
bei den so entliehenen Kapiteln auf die Stelle, der sie
entnommen ist. Wer dieses achte Buch zu einem von den
anderen Büchern ganz getrennten Band ausbauen will, muss
alle Kapitel in ihrer Gänze wiederholen. |
Der höchste Kaiser Christus
spricht durch die Braut zu den Königen, zeigt sich
wirklich als Schöpfer und König aller, der in
Dreieinigkeit und Einheit regiert, und sagt, wie er
verordnet hat, dass die Welt mit doppelter Macht regiert
werden soll, nämlich der kirchlichen und weltlichen, was
hauptsächlich mit den Aposteln Petrus und Paulus
bezeichnet wird. |
1.
Kapitel |
Ich
sah einen großen Palast von unfassbarer Größe, wie der
klare Himmel. Da waren unzählige Personen, auf Stühlen
sitzend, gekleidet in weiße Gewänder und strahlend wie die
Sonne. Und im Palast sah ich einen wunderbaren Thron, und
darauf saß so etwas wie ein Mann, der klarer strahlte als
die Sonne, in unbegreiflicher Schönheit leuchtete und ein
Herr von unermesslicher Macht war. Sein Glanz war von
unfassbarer Länge, Breite und Tiefe. Eine Jungfrau stand
neben dem Thron, strahlend in seltsamem Glanz, und trug
eine kostbare Krone auf dem Haupt. Und alle Anwesenden
bedienten den, der auf dem Thron saß, und priesen ihn mit
Hymnen und Gesängen, und sie ehrten diese Jungfrau
ehrfürchtig als Königin des Himmels.
Er, der auf dem Thron saß, sagte mit feierlicher Stimme:
„Ich bin der Schöpfer von Himmel und Erde, eins mit dem
Vater und dem Heiligen Geist und wahrem Gott. Denn der
Vater ist Gott, der Sohn ist Gott und der Heilige Geist
ist Gott, und doch sind es nicht drei Götter, sondern drei
Personen in einer Gottheit.
Aber nun kannst du fragen: Wenn es drei Personen sind, so
müssen es wohl auch drei Götter sein? Ich antworte dir,
dass Gott die Macht selbst, die Weisheit selbst und die
Güte selbst ist; von ihm ist alle Macht unter und über dem
Himmel, und alle Weisheit und Güte, die man denken kann.
So ist Gott dreifaltig und doch einer; drei an Personen,
und einer nach der Natur. Denn der Vater ist die Macht und
Weisheit, von der alles stammt; er ist mächtiger als alles
andere, und er hat seine Macht nicht von jemandem anders,
sondern von sich selbst und Ewigkeit her.
Macht und Weisheit ist auch der Sohn, der dem Vater gleich
ist; er ist nicht von sich selbst aus mächtig, sondern
mächtig und vom Vater unaussprechlich geboren, Beginn vom
Anbeginn und nie vom Vater getrennt. Macht und Weisheit
ist auch der Heilige Geist, der vom Vater und vom Sohn
ausgeht, und der ihnen an Gewalt und Macht gleich ist. Es
ist also ein Gott und drei Personen, denn die drei haben
eine Natur, eine Wirksamkeit und einen Willen, eine Ehre
und eine Macht.
Obwohl sie dem Wesen nach eins sind, sind sie doch in der
Beschaffenheit der Personen verschieden. Denn der ganze
Vater ist im Sohn und im Geist, der Sohn ist im Vater und
im Geist, und der Geist ist in ihnen beiden, in einer
einzigen göttlichen Natur – nicht, als ob einer früher
oder später war, sondern in unaussprechlicher Weise;
keiner ist hier früher oder später, größer oder kleiner
als der andere, sondern alles ist unaussprechlich und
gleich.
Deshalb ist es treffend geschrieben, dass Gott wunderbar
und lobenswert ist. Die Gottheit sandte ja ihr Wort durch
ihren Engel Gabriel an die Jungfrau Maria, aber derselbe
Gott, der es gesandt hat und von sich selber aus gesandt
war, war mit dem Engel Gabriel, in Gabriel und vor Gabriel
bei der Jungfrau. Und nachdem das Wort vom Engel gesagt
war, wurde das Wort in der Jungfrau Fleisch.
Dieses Wort bin ich, der mit dir redet. Der Vater hat mich
nämlich durch sich selbst mit dem Heiligen Geist in den
Schoß der Jungfrau gesandt. Doch haben die Engel den
Anblick und die Gegenwart meiner Gottheit nicht entbehrt;
nein – ich, der Sohn, der mit dem Vater und dem Heiligen
Geist im Schoß der Jungfrau war, ich war derselbe auch im
Himmelreich mit dem Vater und dem Heiligen Geist im
Anblick der Engel, der alles lenkt und erhält, obwohl
meine Gottheit, die von mir allein angenommen ist, im
Schoß Marias ruhte.
Ich, der also in meiner Jungend und im Mannesalter ein
Gott war, verschmähe es nicht, mit dir zu reden, um meine
Liebe zu zeigen und den heiligen christlichen Glauben zu
stärken. Und obwohl es mir vorkommt, als ob meine
Menschengestalt hier bei dir wäre und mit dir sprechen
würde, so ist es doch richtiger, zu sagen, dass deine
Seele und dein Verstand mit mir und in mir ist, denn für
mich ist nichts unmöglich und nichts schwer, weder im
Himmel noch auf Erden. Ich bin gewiss wie ein mächtiger
König, der mit seinem Heer zu einer Stadt kommt, alle
Plätze füllt und alles mit Beschlag belegt. So füllt meine
Gnade alle deine Glieder und stärkt alles.
Ich bin wahrhaftig in dir und außerhalb von dir. Obwohl
ich mit dir spreche, bin ich doch derselbe in der
himmlischen Herrlichkeit. Denn was kann schwer für mich
sein, der ich alles mit meiner Macht erhalte, alles mit
meiner Weisheit anordne und alles mit meiner Tugend
übertreffe? Ich, der ich mit dem Vater und dem Heiligen
Geist ein Gott bin, ohne Anfang und ohne Ende, ich, der
zur Erlösung der Menschen Menschengestalt annahm (während
die Göttlichkeit doch unbeschadet blieb) und in Wahrheit
litt, der ich von den Toten auferstanden und zum Himmel
aufstieg – ich rede nun wirklich mit dir.
Ich bin der wahre und höchste Kaiser und Herr. Denn es
gibt keinen Herrn, der höher ist als ich, oder der vor mir
war oder nach mir kommen wird, sondern alle Herrschgewalt
ist von mir und durch mich. Also bin ich der wahre Herr,
und niemand kann mit Recht Herr genannt werden außer mir,
denn alle Macht und Herrschgewalt ist von mir, und niemand
kann meiner Macht widerstehen.
Ich bin auch König der Krone. Ob du verstehst, meine
Braut, warum ich sagte „König der Krone“? Meine
Göttlichkeit war gewiss ohne Anfang und ist und wird ohne
Ende sein. Diese Göttlichkeit ist mit Recht mit einer
Krone zu vergleichen, denn die Krone ist ohne Anfang und
ohne Ende. Wie man in einem Reich die Krone vor dem
künftigen König versteckt, so wurde meine Göttlichkeit vor
meiner Menschengestalt verborgen, die damit gekrönt werden
sollte.
Ich hatte zwei hervorragende Diener. Der eine war
Priester, der andere Laie. Der erste war mein Apostel
Petrus; der hatte das Amt eines Priesters. Der andere war
der Apostel Paulus, der sozusagen Laie war. Petrus war
durch die Ehe gebunden, aber als er sah, dass eine Ehe mit
dem Priesteramt nicht zu vereinigen war, und überlegte,
dass die Tugend seiner Sinne durch Nicht-Enthaltsamkeit
aufs Spiel gesetzt wurde, so hielt er sich von der
fleischlichen Vereinigung in der Ehe fern (obwohl sie
zulässig war) und hielt stattdessen mit vollkommenem
Herzen an mir fest. Paulus dagegen beobachtete die
Keuschheit und erhielt sich unbefleckt vom ehelichen Bett.
Sieh nun, welche Liebe ich diesen beiden erwiesen habe!
Petrus gab ich nämlich die Schlüssel des Himmelreichs,
damit alles, was er auf Erden gebunden und gelöst hat,
auch im Himmel gebunden und gelöst sein sollte. Paulus
vergönnte ich, dass an Ehre und Würde wie Petrus sei. Und
daher sollst du wissen, dass – so wie sie auf Erden
einander gleich und miteinander vereint waren, so sind sie
jetzt auch im Himmel in ewiger Ehre vereint und
verherrlicht. Und obwohl ich ausdrücklich gerade diese
beiden genannt habe, so verstehe ich darunter auch andere
Bischöfe und Könige und meine Freunde.
Denn wie ich früher zur Zeit des Gesetzes nur zu Israel
wie zu einem Menschen gesprochen habe, während ich doch
das ganze Volk Israel im Auge hatte, so verstehe ich jetzt
unter diesen beiden mehrere, ja alle die, die ich mit
meiner Gnade und meiner Liebe erfüllt habe. Aber seitdem
nun einige Zeit darüber vergangen ist, begann das Böse
sich mehr auszubreiten, und das Fleisch schwächer und mehr
bereit zum Bösen zu werden, als früher. Deshalb habe ich
barmherzig für beide Stände – Priester und Laien –
gesorgt, die ich mit Petrus und Paulus bezeichnet habe,
indem ich den Priestern erlaubte, Kirchengüter in
maßvoller Weise zum Lebensunterhalt zu verwenden, so dass
sie umso eifriger und fleißiger in meinem Dienst werden
sollten. Es hat mir auch gefallen, dass Laien nach
Vorschrift der Kirche ehrbar in ihrer Ehe leben sollen.
|
Christus, der höchste Kaiser,
gibt hier Verordnungen für die Könige, was für Berater sie
haben sollen, und gibt ihnen zehn sehr nützliche sittliche
Ratschläge. |
2.
Kapitel |
Ich
bin ein wahrer König, und niemand ist würdig, König zu
heißen als ich, denn von mir stammt alle Ehre und Macht.
Ich bin es gewesen, der den ersten Engel verdammte, der
durch Hochmut, böses Begehren und Neid gefallen ist. Ich
war es, der Adam und Kain, ja die ganze Welt verdammte,
indem ich wegen der Sünden der Menschen die Sintflut
sandte. Ich war es auch, der das Volk Israel in
Gefangenschaft geraten ließ und es mit Zeichen und Wundern
wunderbar daraus befreite.
In mir ist alle Gerechtigkeit und war es da ohne Anfang,
und wird da ohne Ende bleiben. Und niemals wird die
Gerechtigkeit bei mir gemindert, nein, sie bleibt in mir
stets wahr und unveränderlich. Und weil dieser König von
Schweden dich fragt, wie er sich in seiner Regierung
gerecht und klug verhalten soll, will ich ihm deshalb zehn
Dinge verkünden, die er tun soll.
Das erste ist, dass er die Ratgeber verabschiedet, deren
Herz ehrgeizig und habgierig ist, die doppelzüngig und
schmeichlerisch sind und deren Augen trübe für geistliche
Dinge sind. Stattdessen soll der die auswählen, die die
Gerechtigkeit nicht für Geld verkaufen, die sich vor Lüge
und Schmeichelei scheuen, die Gott mehr lieben als das
Irdische, und die Mitleid mit ihrem Nächsten haben, der in
Not geraten ist.
Das zweite ist, dass ich will, dass der König selbst
seinen Beistand zur Errichtung deines Klosters leisten
soll, dessen Regel ich selbst diktiert habe.
Das dritte ist, dass er seine Vasallen und Diener in die
heidnischen Länder sendet, wo der katholische Glaube und
die Liebe vermehrt werden kann. Denn seine Vasallen wurden
in der Stadt Kopenhagen umgebracht, weil er nach einem
Teil eines anderen christlichen Reiches trachtete.
Das vierte ist, dass der König selbst täglich das
Stundengebet meiner Mutter, der heiligen Jungfrau (Maria)
liest. Aber wenn er Rechtsprechung oder andere wichtige
Dinge zu tun hat, dann kann er es zu der Tageszeit
unterlassen. Er soll auch jeden Tag zwei Privatmessen oder
eine Hochmesse hören. Und jeden Tag soll er sich fünfmal
an meine fünf Wunden erinnern, die ich für ihn am Kreuz
erlitt.
Das fünfte ist, dass er an den Vigilien vor den Festtagen
für meine Mutter und die Heiligen, die von der Heiligen
Kirche verordnet sind, fastet. Am Freitag soll er mit
Fisch fasten, und am Samstag, wenn er will, mit einem
Milchgericht; das Vierzigtagefasten soll er einhalten, wie
es im Lande Sitte ist. Aber bei seinem Fasten soll er
darauf achten, dass er maßvoll und beherrscht ist, so dass
er auf Grund von unangebrachten Festen, unkluger Wachen
oder allzu langer Einzelgebete nicht abgestumpft in seinen
Entschlüssen oder schlaff und gedankenlos bei den Urteilen
ist, die er zu fällen hat. Wenn die Arbeit für ihn zu sehr
anwächst, soll er stattdessen dem Rat ihrer Macht und
ihren Verordnungen meiner Kirchenvorsteher folgen.
Das sechste ist, dass er jeden 10. Pfennig, der in die
königliche Schatzkammer kommt, als Almosen für die Armen
gibt. Und wenn er aus Liebe zu mir fromm etwas darüber
geben will, dann wird sein Lohn gewiss noch größer sein.
Das siebente ist, dass er jeden Freitag 13 Arme empfängt,
ihnen die Füße wäscht und ihnen mit eigener Hand Essen und
Geld gibt, sofern er nicht auf Reisen ist, denn dann kann
er so etwas unterlassen. Jeden Freitag, wenn er in Ruhe in
seinem Königshof sitzt, soll er sich ganz freimachen und
die Klagen seiner Untertanen anhören. Und dann soll er
auch prüfen, wie weit seine Beamten, Richter und Landräte
(länsmä) sowie die Eintreiber der königlichen Steuern treu
gewesen sind und ihre Tätigkeit richtig ausgeübt haben.
Das achte ist, dass der König selber klug mit seinen
Geschenken ist, so dass er nicht dem einen nur so wenig
gibt, dass er anderen gegenüber knauserig wird. Und wenn
er jemanden für seinen verdienstvollen Wandel und seine
größere Mühe reichlicher als andere beschenken will, so
soll er das nach reiflichem Urteil und mit gewissenhafter
Vorsicht tun, so dass man keinen Anlass erhält, den König
der Ungerechtigkeit zu beschuldigen oder über ihn zu
murren. Nichts ist nämlich bei hohen Herren so
tadelnswert, wie zu große Freigebigkeit oder
Knauserigkeit. Und nichts ziert den König so, wie mit
Bescheidenheit zu herrschen, und denen, die in seinem
Dienst arbeiten, das mit Liebe zu vergelten. Der König
kann seine Gaben auch Ausländern schenken, die Frieden mit
seinem Reich halten und die Not leiden, aber er muss das
so machen, dass seine eigenen Dienstleute und Untergebenen
nicht vergessen werden.
Das neunte ist, dass er nicht Gottes Gesetze übertritt
oder neue Sitten einführt, die lobenswerten Bräuchen nicht
widersprechen, und auch nicht autoritär und selbstständig
Recht spricht und das beurteilt, was ihm gerade in den
Sinn kommt, sondern alles nach dem Gesetz Gottes und des
Reiches unternimmt. Es ist für den König nämlich nicht
angebracht, dass er viel befiehlt und nichts ausführt, die
Gerechtigkeit übergeht und mit Grausamkeit regiert.
Das zehnte ist, dass der König sich durch seine Taten als
solcher erweist, dass man ihn für seines königlichen
Namens für würdig hält, indem er die Gewinnsucht flieht
und aufrichtig die Demut liebt, denn so viel höher der
König steht als andere, umso demütiger soll er vor Gott
sein, von dem alle Macht kommt. Denn in seinem Gericht
wird Gott ebenso strenge Rechenschaft vom König fordern,
wie vom Volk.“ |
3. Kapitel |
Gottes Sohn spricht: „Nachdem der Mensch es verschmäht
hat, Gott zu gehorchen, ist es notwendig, dass er dem
Menschen, seinesgleichen, gehorcht. Und weil dem König von
Gott verordnet ist, zu richten und gerecht zu regieren,
daher ist es gerecht, dass er von seinen Untertanen geehrt
und gefürchtet wird. Damit der König sich also von anderen
unterscheidet, ist es notwendig, dass er eine besondere
Tracht trägt, die ehrwürdiger ist, als die von anderen.
Denn wie die Ehre des Königs in Gerechtigkeit und rechtem
Urteil besteht, so ist der Glanz und Ehre des Königs die
Ehre des Volkes.
Daher steht es dem König zu, eine ehrwürdige und Ehrfurcht
gebietende Tracht zu tragen. Wenn er sie trägt, soll er
nicht hochmütig sein, dass Gott ihn diese tragen lässt,
sondern sich demütigen und die Bürde seines Amtes
bedenken. An diesen Tagen soll der König seine Krone auf
dem Haupte tragen: Am Weihnachtstag, am Dreikönigstag, am
Osterfest, am Himmelfahrtstag, am Pfingsttag, am Tag der
Empfängnis meiner jungfräulichen Mutter, am Tag der
Kreuzerhörung und Allerheiligen sowie an all den Tagen, an
denen er Gericht hält oder Männer zum Ritter schlägt. Denn
wie sich die ganze himmlische Heerschar an den Feiertagen
meiner Menschengestalt und den Ehrentagen meiner Heiligen
auf Grund meiner Wohltaten freut, so sollen sich die
Gerechten auf Erden über die Gerechtigkeit des Königs
freuen, die mit der Krone bezeichnet wird. Und der ganze
himmlische Hof freut sich über die Belohnung eines
gerechten Königs.“ |
4. Kapitel |
Gottes Sohn spricht zur Braut und sagt: „Ich habe dem
König vorher ein paar Stufen mitgeteilt, auf denen er zum
Himmel aufsteigen kann. Ja, wenn er ihnen folgt und auf
sie achtet, kann er mit ebenso großer Leichtigkeit zum
Himmel aufsteigen wie der, der ein kontemplatives Leben
führt.
Nun will ich ihm aber zehn Ratschläge geben. Der erste
ist, dass er nicht allein an seinem Tisch sitzt, sondern
zusammen mit einigen seiner Untergebenen, die durch seine
Gegenwart geistige und leibliche Freude haben können.
Dadurch werden sie nämlich von Sünden und Ungehörigkeiten
abgehalten.
Der zweite Rat ist, dass er, nachdem er vom Tisch
aufgestanden ist, eine Weile stehen bleibt und sich in
ehrbarer Weise mit seinen Männern unterhält, denn durch
ein demütiges und vertrauliches Gespräch gewinnt er die
Liebe und das Wohlwollen seiner Diener. Und bei der
Gelegenheit kann er deren Gründe und Meinungen hören, ob
sie nun befolgt oder abgelehnt werden müssen.
Der dritte Rat ist, dass er barmherzig und gerecht in
allen seinen Urteilen und Taten ist, so dass er nicht
versäumt, Gerechtigkeit aus Freundschaft oder falschem
Mitleid zu üben, auf Grund von irgendeinem zeitlichen
Vorteil oder aus Furcht, und auch die Barmherzigkeit aus
Zorn oder Ungeduld nicht versäumt oder vergisst, denn es
passt schlecht zu einem König, sich vom Zorn besiegen zu
lassen, und für den Richter nicht, ein schnelles Urteil zu
fällen, oder sich durch Bitten vom Weg der Gerechtigkeit
weglocken zu lassen.
Der vierte Rat ist, dass der König die Verwaltung und
Rechtsprechung nicht solchen Leuten anvertraut, von denen
er weiß, dass sie parteiisch oder habgierig sind oder auf
heimtückische Weise verstehen, Geld zu erpressen – solche
Menschen kommen ja leicht von der Gerechtigkeit ab.
Stattdessen soll der König sich an die halten, die von
Natur aus wohlgeartet sind, die auf den guten Spuren ihrer
Ahnen gehen, und die mehr Wert auf Taten der Gerechtigkeit
legen, als darauf, selber reich zu werden.
Der fünfte Rat ist, dass der König ständig prüft, wie
Gesetz und Recht in seinem Reich beachtet werden, und
nicht unterlässt, die dagegen verstoßen, ungestraft zu
lassen, wenn er dazu in der Lage ist. Und er soll sich
davor hüten, zu viel Geld zu verlangen, und von denen, die
sich vergangen haben, zu hochen Schadenersatz zu fordern,
und er soll die Unschuldigen nicht durch schlaue Kniffe
unterdrücken, sondern soll den Demütigen gegenüber milder
handeln, und die Verhärteten soll er strenger bestrafen,
während er in allem Gerechtigkeit und Barmherzigkeit
walten lässt. Und wo er sieht, dass die Demut größer ist,
da soll er Barmherzigkeit vor Recht ergehen lassen.
Der sechste Rat ist, dass der König ständig seine Urteile
und Handlungen überprüft. Und wenn er merkt, dass er durch
die hastige Eingebung seines Sinnes einen Fehler gemacht
hat, soll er sich nicht scheuen, das, was schlecht gemacht
wurde, Zurechtzubringen oder zu widerrufen. Denn er ist ja
doch nicht weiser als David, der sich auch vertan hat, und
auch nicht frommer als der Prophet, der einer Lüge
vertraute und vom Löwen getötet wurde.
Der siebente Rat ist, dass er nicht allzu hastig in seinem
Handeln ist, sondern vorausblickend und bedachtsam, indem
er den Ausgang der Angelegenheiten bedenkt und sich auf
den Rat der Weisen, Erfahrenen und Gottesfürchtigen
verlässt; denen soll er gehorchen und sich nicht von ihnen
fernhalten, denn es zeugt von einem entarteten und
misstrauischen Sinn, erprobten Ratgebern zu misstrauen und
mit anschmiegsamen Schmeichlern die Ratschläge
durchzuhecheln, die nach kluger und reifer Überlegung
gegeben werden.
Der achte Rat ist, dass er sich vor aller Leichtfertigkeit
in Wort und Sitten in Acht nimmt, ja auch bei seinen
Dienern und Vertrauten, und Schmeichlern und Kriechern wie
Skorpionen aus dem Wege geht, denn die bestärken ihn in
seinen Sünden und verärgern die Guten. Ein König muss so
sein, dass er von den Jungen gefürchtet wird, von den
Gerechten geliebt wird, und von denen, die bedrückt sind,
innig ersehnt wird.
Der neunte Rat ist, dass der König keinen Umgang mit denen
haben soll, die von der Kirche gebannt sind, oder die
unterstützt, die Gott und seine Gebote verspotten, sondern
sie mit liebevollen Worten und Ermahnungen unterweist –
und wenn sie sich nicht bessern, seine Strenge zeigt und
ihnen seine Wohltaten entzieht. Denn es ist des Königs
Ehre, das Göttliche über alles zu lieben und mit all
seinen Kräften Gottes Ehre zu vermehren.
Der zehnte Rat ist, dass er das Volk und die Gesellschaft
in seinem Reiche liebt, seine Ritter milde behandelt und
den Kindern die guten Taten ihrer Väter vergibt.“
|
5. Kapitel |
Gottes Sohn spricht zur Braut: „Es steht über einen König
geschrieben, der nicht schlafen konnte, dass er sich
Annalen oder Chroniken vorlesen ließ. Ebenso soll der
König, für den du betest und der noch sehr jung an Jahren
ist, sich die Taten und Beispiele der Heiligen und Taten
tapferer Männer vorlesen lassen, denn dadurch wird sein
Sinn für Gott erweckt, und er lernt, wie er die Lenkung
des Reiches mit ehrbaren Zerstreuungen unterbrechen kann.
Außerdem werde ich ihm zwei von meinen Freunden senden,
die wie zwei Mütter für ihn sein sollen.
Von dem einen wird er Milch und Brot und von dem anderen
Wein und Heilmittel erhalten. Der erste wird ihm
klarmachen, in welchen Punkten er sündigt, wie er seine
Verfehlungen wieder gut machen kann, wenn er mich erzürnt
hat. Von dem anderen wird er Weisheit erhalten, wenn es um
zweifelhafte Dinge geht, Lösung von geheimen Rätseln und
Klugheit, sein Reich zu lenken und zu schützen. Wenn er
diesen Freunden gehorcht, wird er Gottes und der Menschen
Wohlgefallen gewinnen. Doch soll er ihnen nicht so
gehorchen, dass andere Ratgeber abgelehnt werden, sondern
er soll zugleich mit ihnen auf die Ratschläge vieler
anderer hören und das Beste nach gründlicher Überlegung
auswählen.“ |
6. Kapitel |
Gottes Sohn spricht zur Braut: „Ich sagte dir vorher, dass
der König sein Volk und die Gesellschaft in seinem Reiche
lieben soll. Er zeigt, dass er sie liebt, wenn er sie die
herkömmlichen Gesetze nutzen lässt, wenn er keine
grausamen Vögte und Steuereinnehmer über die Gesellschaft
und das Volk herrschen lässt, wenn er das Volk nicht mit
neuen Auflagen bedrückt, die er erfindet, und sie nicht
mit mühsamer und ungewöhnlicher (? gästning) beschwert.
Für die Bekämpfung der Ungläubigen kann der König das Volk
und die Gesellschaft demütig um Hilfe bitten, falls er sie
braucht. Aber er soll genau darauf achten, dass dies nicht
zu einer Sitte und zum Gesetz wird.
Der König soll auch Gewohnheiten abschaffen, die der
Erlösung der Seelen im Wege stehen, und besonders den
alten Brauch, dass – wenn Schiffe auf Grund von Sturm an
den Stränden seines Reiches kentern, der Besitzer der
Schiffe und der Handelswaren ausgeplündert wird, wenn die
Güter an Land geschwemmt werde. O, welche unmenschliche
Grausamkeit ist es doch, die Trübsal für den in Not
Geratenen noch zu vermehren! Ist es für den Betroffenen
nicht Trauer genug, das Schiff zu verlieren? Soll ihm
außerdem noch anderes Eigentum geraubt werden? Deshalb
soll der König diese Gewohnheit und andere schlechte und
sündige Gebräuche in seinem Reich abschaffen, damit er
größere Gnade und größeren Segen vor meinen Augen findet.“
|
7. Kapitel |
Gottes Sohn spricht zur Braut über einen König von
Schweden und sagt: „Wenn dieser König mich ehren will“
usw. Siehe Buch 4, Kap 48. |
8. Kapitel |
Gottes Sohn spricht mit seiner jungfräulichen Mutter: „Ich
bin ein gekrönter König in meiner Göttlichkeit, ohne
Anfang und ohne Ende. Meine Krone, die weder Anfang noch
Ende hat, bezeichnet meine Macht, die auch keinen Anfang
hatte und auch nie ein Ende haben wird. Aber ich hatte
auch noch eine andere Krone in meiner Verwahrung, und die
Krone war ich, Gott, selbst.“ Siehe den Rest dieses
Kapitels in Buch 5, die Offenbarung nach der neunten
Frage. |
9. Kapitel |
Gottes Sohn spricht zur Braut über eine Königin, die ein
König zur Frau genommen hat, und sagt, dass sie von einem
Samen Elternpaar abstammt, das von der Kirche gebannt ist,
und unter dem gesetzlichen Alter ist: „Gib Acht, meine
Tochter! Du sollst wissen, dass in jeder christlichen Ehe
das gesetzliche Alter und das gegenseitige Einverständnis
berücksichtigt werden, aber in dieser Ehe gibt es nichts
davon, und dafür ist diese Ehe wie ein kindliches
Puppenspiel. Sie suchen nämlich nur die zeitliche Ehre und
kümmern sich nicht um christliches Gesetz und Gottes Ehre.
Deshalb wird das Reich durch diese Ehe Trübsal und keinen
Segen ernten. Und da diese neue Königin, die Tochter von
Eltern, die von der Kirche gebannt sind nicht das Unrecht
ihres Vaters ausbaden wird, kann doch von diesem
Elternpaar, das mich zum Zorn gereizt hat, niemals
Wohlstand und Nutzen für das Volk entstehen. Deshalb
mahnte Isaak ja auch seinen Sohn, sich eine Frau aus
seinem eigenen Geschlecht zu nehmen, so dass er nicht
durch ein Volk befleckt würde, auf das Gott zornig war.“ |
10. Kapitel |
Gottes Mutter spricht zur Braut und sagt: „Sage der
Königin, dass ich, die Mutter der Barmherzigkeit, sie wie
einen abgenagten Apfelkern empfangen habe, der nicht schön
anzusehen war, sondern bitter schmeckte und widerlich zu
verdauen war. Doch habe ich sie in ein abgelegenes Land
verpflanzt, damit sie gute Frucht bringen soll. So wie der
Baum Blätter, Blüten und Früchte bringt, so soll sie also
Blätter der Tugenden bringen, indem sie gern auf Gottes
Wort hört, das nützlich für die Seele ist und mit den
Blättern eines Baumes verglichen werden kann.
Sie soll auch das sagen, was zu Gottes Ehre und dem Nutzen
der Menschen dient, denn dann bringt sie schöne Blüten.
Außerdem soll sie Gott und ihren Nächsten lieben, denn
dann bringt sie die beste Frucht. Aber nun redet sie gern
unanständige Worte und so etwas, womit sie die Ehre und
die Gunst der Welt erwerben kann. Sie soll sich also zu
mir bekehren und durch ihr Zuhören, ihr Reden und ihr Tun
meinem Sohn die Frucht der Liebe darbringen, die ihm so
gut schmeckt, nämlich ihre Seele, die er innig haben
möchte.“ |
11. Kapitel |
Nachdem ein König und eine Königin zwei Söhne bekommen
hatte, gaben sie sich einander das Versprechen der
Keuschheit und Enthaltsamkeit. Man bat die Braut, dass sie
beten solle, um Gottes Willen dabei zu erfahren, und da
offenbarte sich ihr Christus und sagte: „Die Schrift sagt,
dass der Mensch sich nicht erdreisten soll, das zu
trennen, was Gott zusammengefügt hat. Wer wagt es da, das
zu verändern, was durch Gottes Gesetz vernünftig bestätigt
und geheiligt ist?
Doch kann eine berechtigte Ursache manchmal etwas, was
fleischlich gut ist, in etwas verwandeln, was geistlich
gut ist, und es liegt dann keine Auflösung der Ehe vor,
sondern nur eine Art Veränderung, wenn zwei Eheleute nach
reiflicher Überlegung und Beratung sich aus Liebe zu Gott
auf etwas Gutes einigen, was noch besser ist. Dieser König
und diese Königin haben sich aber auf etwas geeinigt, das
aussah, als wäre es gut, aber nicht klug war, denn der
eine war mit dem Reinheitsversprechen aus sündiger Brunst,
unklugem Eifer und Flüchtigkeit und unstetem Sinn heraus
einverstanden, der andere aus irgendeiner Lust, den
Menschen zu gefallen, aus einem plötzlichen Einfall und um
den Geburtswehen zu entgehen.
Daher ist es sicherer und lobenswerter, dass sie auf das
erste Gesetz und die erste Ordnung des ehelichen
Zusammenlebens zurückkommen, denn wenn sie das unkluge
Verhalten fortsetzen, entstehen vielleicht Versuchungen
und Reue über den gemachten Vorsatz. So kann ein
schlimmeres Übel und Anlass zu Verleumdung entstehen. In
dieser Angelegenheit sollen die beiden Eheleute nach dem
Rat der Weisen handeln. Es ist nämlich keine Sünde,
klugerweise das zurückzunehmen, was man in unkluger Weise
begonnen und versucht hat.“ |
12. Kapitel |
Gottes Sohn spricht zur Braut: „Wenn ein Stachel am Herzen
sitzt, darf er nicht schnell und heftig herausgezogen
werden, sondern muss langsam und allmählich abgeschnitten
werden. So kann eine gute und liebenswerte Frau manchmal
ein Hindernis für den Mann sein, der nach Vollkommenheit
strebt. Daher soll der verheiratete Mann, wenn er seine
Gefahr sieht, manchmal milde Worte gebrauchen, wie es ein
Ermahner tut, manchmal maßvoll strenge wie ein Lehrer, und
manchmal „Wegschneiden“, wie ein Arzt es tut. Man muss der
Frau nämlich klug zuhören, so dass sie getröstet wird, sie
mäßig und in Heimlichkeit tadeln, so dass sie nicht
verachtet wird, sie ehrbar erziehen und ihr auch manchmal
nicht mehr zuhören, so dass die Gerechtigkeit nicht außer
Acht gelassen wird.
Deshalb muss sich eine Königin durch einen demütigen Sinn
auszeichnen, durch Besonnenheit in ihren Taten, durch
Klugheit in dem, was getan werden soll, und durch Mitleid
mit den Elenden. Denn durch die Klugheit einer Frau wurde
David davon abgehalten, dass er nicht in Sünde fiel. Durch
Demut kam Ester auf den Thron und blieb dort, während
Isebel wegen ihres Hochmuts und ihrer Gewinnsucht
verworfen wurde.
Maria, meine Mutter, wurde wegen ihres Mitleids und ihrer
Liebe Mutter für alle im Himmel und auf Erden. Weil die
Königin, für die du bittest, durch dich einen Rat von mir
begehrt, sollst du ihr also in meinem Namen antworten und
sagen, dass sie von zwei Geistern Eingebungen hat, einem
guten und einem bösen, und die will ich dir ein andermal
mitteilen.“ |
13. Kapitel |
Christus spricht zur Braut und sagt: „Von zwei Geistern
werden Gedanken und Eingebungen ins Herz der Menschen
eingegeben und eingegossen, nämlich von einem guten und
einem bösen Geist. Der gute Geist rät dem Menschen, an die
Zukunft und den Himmel zu denken und nicht das Zeitliche
zu lieben. Der böse Geist rät dem Menschen, das
Gegenwärtige zu lieben, was sichtbar ist, er macht, dass
die Sünde leicht aussieht, sendet Schwächen und stellt das
Beispiel schwacher Menschen als Vorbild hin etc. Such
dieses im IV. Buch, Kapitel 4. |
14. Kapitel |
Christus sprach zur Braut über die eben genannte Königin
und sagte: „Die Königin, über die ich vorher mit dir
redete, begehrte von mir einen Rat durch dich, aber
nachdem sie den Rat, den ich ihr gab, gehört hatte, schien
er ihr sehr schwer und mühsam. Sag ihr deshalb jetzt, dass
es zur Zeit des Propheten Elias eine Königin gab, die ihre
Bequemlichkeit mehr liebte als mich, die Worte der
Wahrheit verfolgte und glaubte, sie würde durch ihre
Klugheit bestehen bleiben.
Es ging aber so, dass sie nicht nur von allen verachtet
und geschmäht wurde, wie sie vorher geehrt war, sondern
sogar einen schweren Tod erlitt. Deshalb sage ich, Gott,
der klar sieht und das Zukünftige weiß, zu dieser Königin,
dass ihre Zeit nur noch kurz ist; die Rechenschaft, die
sie am Tage des Gerichts ablegen wird, wird schwer, und
ihr Ende wird nicht so werden, wie ihr Anfang, sofern sie
meinen Worten nicht gehorcht.“ |
15. Kapitel |
Die
hl. Agnes offenbarte sich der Braut Christi, sprach mit
ihr über eine hoffärtige und prahlerische Königin und
sagte: „Du hast heute eine hochmütige Frau im Wagen des
Hochmuts gesehen“ usw. Siehe IV. Buch, Kap. 17. |
16. Kapitel |
Gottes Sohn spricht zur Braut über einen schlauen
Schmeichler, den ein König erhöhen und zum Berater nehmen
wollte: „Der Mann, den du kennst und den der König jetzt
zum Berater nehmen will, ist ein Wolf. Und was kann er
anderes tun als schmeicheln, greifen und schlucken?
Deshalb sage ich, wenn der König meine Freundschaft
gewinnen will, so soll er sich vor der Freundschaft dieses
Mannes und vor dem Umgang mit ihm hüten und sich von ihm
zurückziehen, ihm nicht das kleinste Fleckchen Erde geben,
worum ihn dieser bittet, und ihm nicht mit seinen Männern
und Geschenken beistehen, denn obwohl er die Wolle des
Schafes hat, ist er von unlöschlichem Durst besessen und
hat das Gift der Falschheit im Herzen.
Aber wenn der König auf seinen Rat hört, seine
Freundschaft begehrt und volles Vertrauen zu ihm fasst,
dann wird er von mir verworfen werden und für viele zu
einem Sprichwort und Gelächter werden, indem sie sagen:
„Seht, der König ist mehr wie ein gekrönter Esel, als ein
Fürst.“ Und er soll auch Grund haben, zu fürchten, dass er
das Reich mit Trauer verliert.“
Der Sohn spricht: „Diese Königin, die mir früher lieb war,
ist jetzt auf Abwege geraten und sucht von dem Geschlecht
eines Wolfs von seiner Frucht die Frucht der Ehe, gegen
meinen Willen und meine Worte. Daher sollst du gewiss
sein, dass sie keine Freude an ihrer Frucht haben wird,
dass ihre Saat keine tiefen Wurzeln schlagen werden, und
dass die Einwohner an einem Erben keine Freude haben
werden, denn der König hatte kein Recht auf das Reich,
nachdem der Jüngere den Älteren verdrängt hat. |
17. Kapitel |
Christus spricht zur Braut und sagt: „Der König sucht die
Hilfe und die Freundschaft des Fuchses. Aber was ist die
Gewohnheit des Fuchses, wenn nicht die, dass er sich tot
stellt, um einfältige Vögel fangen zu können? Wenn er in
einen Gänsestall kommt, begnügt er sich nicht damit, eine
einzige Gans zu fressen, sondern er macht sie alle
miteinander tot.
So ist es auch mit diesem: Wenn er einen Teil des Landes
bekommt, gibt er sich nicht zufrieden, ehe er nicht mehr
bekommt. Und dann kommt er dazu, Zwietracht (? Aredräkt)
zu säen, denn die Eingeborenen sollen nicht mit Ausländern
verglichen werden. Daher soll man den Umgang mit ihm
meiden wie die zischende, giftige Schlange, denn wenn er
Erfolg hat, wird er das Land in den Untergang bringen und
den einfältigen Gänsen die Federn ausreißen. Der König und
die Ratgeber sollen folglich darauf achten, dass ihm die
Gelder ausbezahlt werden, die man ihm als
Hochzeitsgeschenk schuldig ist, denn wie das Sprichwort
sagt, ist es besser vor der Gefahr vorsichtig zu sein, als
klug hinterher.“
Gottes Sohn spricht: „Sie haben sich jetzt aus dem
Geschlecht des Fuchses und der Schlange ein Haupt erwählt,
das zwar die Federn ausziehen kann, aber keine Abhilfe
schafft, und das wird ihnen keine besondere Freude
bringen, und auch nicht zur Erhöhung der Gerechtigkeit
beitragen, denn dieses Geschlecht missfällt mir, und sein
froher Beginn wird durch ein trauriges Ende verdunkelt
werden.“ |
18. Kapitel |
Gottes Sohn spricht zur Braut, die für einen König betet,
und sagt: „Wenn dieser König dafür arbeiten will, die
Seelen zu bekehren, verordne ich ihm zwei Berater, die das
Reich lenken sollen. Der erste liebt mich mehr als sich
selbst und das Seine und ist auch bereit, für mich zu
sterben. Der andere hat nun die Hörner des Lammes
angenommen und ist bereit, mir zu gehorchen, ja nicht dem
Fleisch zu gehorchen, sondern dem Geist.
Aber nun kannst du fragen, warum ich meine Freunde dem
Leiden aussetze. Ich will dir mit einem Gleichnis
antworten. Stell dir vor, dass es einen Herrn gibt, der
einen Wald oder eine Ödemark besitzt, die von einer Mauer
umgeben sind. Innerhalb der Mauer gibt es ungezähmte
Tiere, und außerhalb der Mauer Schafe. Und die Mauer hat
viele Öffnungen, und es sind zwei Lücken bei jeder
Öffnung, und drei versteckte Löcher bei jeder Öffnung.
Dieser Herr, der sich um seine Schafe kümmert, sagt zu
seinen Dienern: „O meine Diener, ihr wisst, dass meine
Schafe einfältig sind, und dass diese wilden Tiere
raubgierig sind. Steht daher und bewacht die Löcher und
die Öffnungen, so dass sich die wilden Tiere nicht durch
die Mauer drängen und den Schafen schaden. Ihr dürft nicht
müde sein, zu arbeiten oder träge zum Wachen sein; eure
Stimme muss sein wie ein Horn, und ihr sollt ständig einen
Stock in der Hand haben, so dass die wilden Tiere, die an
die Schafe heranzukommen suchen, Angst bekommen.“
Die Diener, die den Befehl ihres Herrn erhalten hatten,
gehorchten willig. So rief der Gutsbesitzer seinen Jäger
und sagte zu ihm: Geh mit den Hunden hinaus in meinen
Wald, und laß die Tiere den Klang des Horns hören, und
erschrecke sie mit deinem Ruf!“ Als die Diener den Klang
des Horns hörten, sagten sie: „Hört, das ist die Stimme
des Jägers unseres Herrn. Laßt uns also eilends aufstehen,
und wir wollen nun nicht furchtsam oder säumig sein.
Unsere Hand soll bereit sein, zuzuschlagen, unsere Stimme,
um zu rufen, und unser Auge sei wachsam und klar. Wo wir
vorher andere angestellt haben, und die Schafe zu hüten,
da wollen wir uns selber stellen.
Ich, Gott selbst, bin wie dieser Herr. Die Ödemark oder
der Wald ist die Welt. Sie ist voll von wilden und
ungezähmten Tieren, d.h. von Menschen, die ohne Gesetz,
ohne Liebe, ohne Gedanken an Gott lieben und bereit zu
allem bösen sind. Eine Mauer von unerhörtem Ausmaß und
unerhörter Festigkeit umgibt diese Welt, denn die Menschen
missbrauchen Gottes Geduld, betreiben wiederholte Maße
ihre Bosheit und verhärten sich darin.
Außerhalb der Mauer sind meine Freunde, die von Liebe zu
mir entzündet sind, meinen Spuren folgen und meine
Weideplätze aufsuchen. Innerhalb der Mauer sind die, deren
Gewinnlust jedes Maß überschreitet, die das Geschaffene
dem Schöpfer vorziehen, den Körper lieben, aber nicht die
Seele, die nach dem Gegenwärtigen trachten, aber nicht
nach dem künftigen Guten.
Die Öffnungen in dieser Mauer sind Falschheit, Wucher und
Bosheit, die weder den Vater noch den Sohn schont, sondern
so große Macht über viele haben, dass sie es für das
größte Glück halten, das Zeitliche zu gewinnen und sich um
die ewige Herrlichkeit nicht kümmern. Die beiden Lücken an
der Öffnung sind zwei Unsitten auf der Welt. Die erste ist
geistig die zweite körperlich. Die erste besteht darin,
anderen durch Worte oder Taten ein Beispiel zum Sündigen
zu geben. Die zweite, d.h. die körperliche, besteht teils
darin, dass man es unterlässt, die Sünde wegen Geschenken,
wegen Gunst oder Ehre oder aus Furcht vor irdischen Dingen
zu strafen, teils darin, die offenbare Sünde wegen des
eigenen Nutzens oder irgendeines weltlichen Guts nicht zu
strafen. Die dritten versteckten Löcher sind die drei
Wünsche böser Menschen. Sie wollen nämlich entweder ihren
Mitmenschen schaden, ihre Ehre kränken oder ihren Gütern
und Freunden schaden.
Der Jäger bedeutet Gottes Gerechtigkeit, die offenbart
werden wird. Seine Stimme wird sein: „Gib es hart den
Harten und weich den Weichen.“ Die begleitenden Hunde sind
ungerechte Menschen, die Gott – obwohl sie schlecht sind –
zum Guten benutzen, doch nicht für sich selbst, sondern
für die, die gereinigt werden sollen. Sie sind wahrlich
wie unersättliche Hunde, die gewohnt sind, die Schafe zu
hassen, sie mit den Hörnern der Hoffart zu stoßen, ihnen
die Wolle auszureißen und sie unter ihre Füße zu trampeln.
Und weil das Reich dieses Königs zu dieser Ödemark oder
dem Wald gehört und mehr wilde und ungezähmte Tiere hat
als Schafe, deshalb will ich meine Freunde als Wächter für
meine Schafe anstellen. Sie sollen bereit sein,
Barmherzigkeit gegenüber dem Demütigen zu üben, aber
Strenge mit den Verhärteten, und gerecht gegenüber allen
zu sein.
Übrigens sollen meine Freunde sich vor den Wächtern hüten,
die neben den Löchern stehen, Spieße in den Händen haben
und diese hoch schwingen, während die wilden Tiere und
Feinde durchbrechen, und, wenn sie vorbeigesprungen sind,
mit lauten Rufen in den Boden stoßen, damit es aussieht,
als hätten sie sich mannhaft benommen. Das sind die
Wächter, die sich nicht um die Seelen kümmern, sondern nur
um die Wolle, sie sich nicht um die Sünder kümmern,
sondern sie nur ganz leicht tadeln, um anderen zu gefallen
und die gemütlich schlafen, statt die Sünder zur
Rechenschaft zu ziehen.
Aber meine Freunde sollen gewissenhaft arbeiten, damit die
Gerechtigkeit beachtet wird, das Volk geliebt wird, Gottes
Ehre vermehrt wird, und aufsässige und gottlose Menschen
bestraft werden. Es ist ihnen nicht erlaubt, zu wissen, ob
die Stimme meiner Gerechtigkeit in ihren Tagen kommen wird
oder nicht, sondern sie sollen mannhaft feststehen und
kräftig rufen. Ich, der Gott der Wahrheit, werde ihnen den
Lohn der Wahrheit geben.“ |
19. Kapitel |
Gottes Mutter spricht zur Braut und sagt: „Du möchtest
wissen, warum ich manchmal sage „wir“, wenn ich mit dir
rede, denn mein Sohn sagt „ich“, wenn er mir dir spricht.
Du sollst wissen, dass dies deshalb geschieht, dass mein
Sohn, wenn er mit dir redet, spricht er im Namen der
Göttlichkeit mit dir, denn die Dreifaltigkeit ist ein
Gott.
Aber wenn ich rede, so spreche ich mit derselben Kraft der
Dreifaltigkeit, und das Wort der drei Personen ist ein und
dasselbe Wort; deshalb sage ich „wir“.
Sage nun diesem König, für den du bittest, dass die Mutter
der Liebe ihn ernsthaft vor Scham, Schande und Schaden
warnt. Scham und Schande wären es ja, wenn der Heerscher
seinen Sklaven an seine Stelle setzten würde. Und ein
Schaden wäre es ja, wenn jemand eine Kiste, die mit Gold
gefüllt ist, gegen eine Kiste tauschen würde, die leer ist
oder wenig Wert hat. So hat dieser König vor, den Diener
des Teufels zu erhören, und er ist willens, ihm zu
gehorchen, was gewiss eine Schande in geistlichem Sinn
ist.
Daher schwöre ich bei Jesus Christus, meinem Sohn, wenn er
sich nicht auf den Rat der Weisen hin, von ihm trennt und
ihn in dem geringen Stande bleiben lässt, in dem er
geboren ist, sondern ihm Macht über ein einziges
Grundstück (? runstycke) gibt von all dem, was königlich
ist, so werde ich ihn vom Scheitel bis zur Sohle geißeln,
bis er vor Schmerzen schreit: „Erbarme dich über mich,
Maria, denn ich habe dich zum Zorn gereizt!“
Zweitens warne ich ihn vor Schaden; er soll nämlich nicht
so großen Wert auf Ruhe legen, so dass er deshalb in lange
Unruhe gerät, sondern er soll stattdessen mit Kraft und
Umsicht in Liebe zu Gott arbeiten, so dass er das teure
und unvergängliche Gold erhält. Aber wenn er gehorchen
will, wie ihm mein Sohn sagt, dann braucht er nicht
betrübt zu sein, denn wir werden schon Auswege finden, auf
denen er ohne weltlichen Schimpf und Schande von dem, was
er begonnen hat, loskommen kann.“ |
20. Kapitel |
Gottes Mutter spricht zur Braut und sagt: „Sage dem König,
für den du bittest, dass er fünf Diener hat. Der erste von
ihnen ist blind, doch steckt etwas in ihm, woraus ein
schönes Bild gemacht werden kann. Deshalb soll man keinen
Rat von einem Blinden haben wollen, bevor er nicht klar
sehen kann.
Der zweite ist taub, denn in seine Ohren dringt keine
göttliche Liebe ein, und deshalb soll man mit ihm keine
geistlichen Dinge besprechen, bevor er besser hören kann.
Der dritte Diener ist stumm, denn es ist keine göttliche
Liebe in seiner Seele, und deshalb ist alles, was er
redet, nur aus Furcht vor Strafe oder wegen weltlichen
Gewinns geredet, oder einfach um zu gefallen. Der vierte
Diener ist in allen Gliedern gelähmt, und deshalb ist er
für geistliche Arbeit ungeeignet. Der fünfte Diener ist –
geistlich gesehen – ganz aussätzig, und deshalb soll man
seine Nähe meiden, so dass andere nicht von ihm angesteckt
werden.
Als Ersatz für diese fünf Diener, von denen wir ihm
abgeraten haben, wollen wir ihm fünf andere verordnen, die
geistig gut sehen und hören. Wenn er ihnen gehorcht, wird
er die Freundschaft meines Sohnes behalten. Sag ihm auch,
dass er mit Gehorsam seine Krone trägt, sonst wird mein
Sohn ihn von der Krone trenne. Dieses Wort werde ich dir
zu gegebener Zeit auslegen.“ |
21. Kapitel |
Gottes Sohn sagt zur Braut: „Warum bist du betrübt
darüber, dass ich den so geduldig ertrage, der mich
verspottet hat? Weißt du denn nicht, wie schwer es ist,
ewig zu brennen? Wenn (Gewächse mit) verschiedenen Samen
gesät werden, aber abgeschnitten werden, ehe die Zeit reif
ist, so können sie für das, was gefärbt werden soll,
nichts nützen – aber doch, wenn sie zu rechter Zeit
gesammelt werden. Ebenso müssen meine Worte, die mit
Gerechtigkeit und Barmherzigkeit offenbart werden,
wachsen, bis sie ganz reif sind, denn dann passen sie
besser für die Sache, für die sie angewendet werden
sollen, und können meine Tugend dann in passender Weise
ans Licht stellen.
Der König soll sich deshalb in Acht nehmen, dass nicht
seine Seele statt der Seele dessen gefordert wird, der
mich verspottet hat. Wer den Sünder um Gottes Willen und
um der Strafe von Gott zu entgehen, züchtigt – wie es Mose
tat – dessen Krone soll verdoppelt werden, teils weil er
Gottes Zorn gemildert hat, teils weil er die Strafe des
Übeltäters vermindert hat, so dass dieser nicht in
Ewigkeit gestraft wird. Aber wer es unterlässt, den
Bösewicht zu züchtigen, der wird eine doppelte Strafe
erhalten, weil er die kommende Pein erhöht und keine
Gerechtigkeit übt.“ |
22. Kapitel |
Christus spricht durch die Braut zu einem König auf
Zypern, der ein vierzehnjähriger Knabe ist, und zu seinem
Onkel, der Fürst und Vorsteher dieses Reiches ist. Er
sagt: „Meine Tochter, gib Acht auf die Ratschläge, die du
diesem Königsknaben und seinem fürstlichen Bruder geben
sollst, und schreibe ihnen wie in deinem eigenen Namen,
indem du ihnen sagst: „Der erste Rat ist, dass ein jeder
von euch vor seinem Beichtvater…“ usw. Suche dieses
Kapitel im VII. Buch, Kap. 18. |
23. Kapitel |
Als
die Braut nachdachte und betete, kam sie in Verzückung und
sah in ihrer Ekstase einen Palast von unbegreiflicher
Größe und unsagbarer Schönheit. Da sah sie Christus als
den höchsten Kaiser unter seinen Heiligen auf einem hohen
kaiserlichen Thron sitzen. Er tat seinen gesegneten Mund
auf und sprach diese Worte: „Ich bin in Wahrheit selbst
die höchste Liebe“ usw. Suche dieses Kapitel im VII Buch,
Kap. 19. |
24. Kapitel |
Gottes Sohn spricht zur Braut: „Ein Arzt kam in ein
fernes, unbekanntes Land, wo der König nicht regierte,
sondern regiert wurde, weil er ein Hasenherz hatte, und
deshalb glich er einem gekrönten Esel, wo er auf dem Thron
saß. Sein Volk gab sich der Schwelgerei hin usw. Suche
dieses Kapitel im III. Buch, Kap. 31 |
25. Kapitel |
Der
Braut Christi zeigte sich eine Männergestalt, dessen Haar
schmachvoll ringsum abgeschnitten war, und dessen Leib mit
Öl übergossen war, und der ganz ausgezogen war, sich aber
doch nicht schämte. Er sagte zur Braut: „Die Schrift, die
ihr „heilig“ nennt, sagt, dass keine Tat unbelohnt bleiben
wird.“ Suche dieses Kapitel im IV. Buch, Kap. 1.
|
26. Kapitel |
Als
ich in meiner Einsamkeit betete, sah ich, wie der hl.
Dionysius mit der Jungfrau Maria sprach und sagte: „Du
bist die Königin der Barmherzigkeit. Dir ist alle
Barmherzigkeit gegeben“ usw. Suche im IV. Buch, Kap. 103 |
27. Kapitel |
Gottes Mutter spricht zum Sohn und sagt: „Gesegnet seist
du, mein Sohn! Es steht geschrieben, dass ich „gesegnet“
genannt wurde, der ich dich in meinem Schoß getragen habe,
aber du hast geantwortet, dass auch der gesegnet ist, der
deine Worte hört und die bewahrt“ usw. Suche dieses
Kapitel in Buch IV., Kapitel 104. |
28. Kapitel |
Weiter sagt Gottes Sohn: „Ich bin ein König, den man
fürchten und ehren muss. Deshalb werde ich um der Bitten
meiner Mutter willen meine Worte an die Könige von
Frankreich und England senden“ usw. Suche dieses Kapitel
im IV. Buch, Kap. 105. |
29. Kapitel |
Ein
vornehmer und gerechter großer Mann in Schweden, der „Herr
Israel“ hieß, wurde unter vielen Gebeten zu einer größeren
Würde in der Regierung des Reiches berufen usw. Suche im
VI. Buch, Kap. 95. |
30. Kapitel |
Christus sprach zur Braut, die für einen König von
Schweden betete, und sagte: „Er, der mein Glied geworden
ist, nachdem er vorher ein Glied des Teufels war, soll so
arbeiten wie die, die die Mauern von Jerusalem erbauten“
usw. Suche dieses Kapitel in Buch VI, Kap. 26. |
31. Kapitel |
Als
ich (Birgitta) im Gebet stand, sah ich im Geist, wie der
Himmel stürmisch und dunkel war, und die Sonne und der
Mond im klarsten Glanze strahlten, und ihr Schein
erstreckte sich weit über das Himmelsgewölbe. Als ich
genau hinsah, sah ich, dass gute und böse Engel mit der
Sonne und dem Monde stritten, und sie konnten nicht die
Oberhand gewinnen, bis ein großer, Furchterregender Drache
im Himmelsraum aufstieg.
Ihm gaben Sonne und Mond ihre Klarheit. Und da wurde die
Sonne gleich glanzlos und schwarz, und der Mond verzog
sich unter die Erde. Als ich nun auf die Erde schaute, sah
ich sie voller Würmer und Schlangen, die das fraßen, was
es auf dem Erdboden gab, und die Menschen mit ihren
Schwänzen erwürgten – bis die Sonne in den Abgrund
niederfiel, und man den Platz des Mondes nicht mehr finden
konnte.
Nachdem elf Jahre verstrichen waren, hörte ich Christi
Stimme zu mir sagen: „Erinnere dich, meine Braut, was ich
dir in Stockholm in Gestalt eines dunklen und stürmischen
Himmels gezeigt habe. Nun will ich dir erklären, was das
bedeutet. Der Himmel, den ich dir so stürmisch und rot
gezeigt habe, ist das Reich Schweden, denn dieses Reich,
das so ruhig und gerecht sein müsste wie der Himmel, ist
jetzt von den Stürmen der Sorgen aufgewühlt und von
Ungerechtigkeit und drückende Steuerlasten verdunkelt.
Das ist nichts Besonderes, denn der König und die Königin,
die strahlten wie Sonne und Mond, sind jetzt geschwärzt
wie ausgebrannte Kohle, nachdem sie sich in ihren Sitten
und ihrem Willen verändert haben und einen Mann aus
Kreuzottergeschlecht erhöht haben, um meine Freunde und
einfältige Menschen zu unterdrücken. Deshalb sollst du
wissen, dass dieser Drachen in Schande geraten wird und
schneller hinabfahren wird, als er aufgestiegen ist.
Und unter meinen Freunden gibt es manche, die engelgleich
in ihrer Lebensführung sind, aber auch manche, die wie
böse Engel und schmutzig in ihrer Lebensführung sind. Aber
die Sonne wird bleichen, bis er die Krone verloren hat,
nachdem er nicht mit Gerechtigkeit mit seiner Krone stehen
wollte. Und es wird von ihm gesagt werden, dass im
Vergleich zu seinem Strahlenglanz seine Dunkelheit sehr
viel größer ist.“ |
32. Kapitel |
Christus sprach zur Braut und sagte unter anderem: „Hör
zu, meine Braut! Du sollst wissen, dass der Stand der
Laien in aller Zeit wohl eingerichtet war. Denn manche von
ihnen bestellten das Land und betrieben fleißig den
Ackerbau. Andere segelten auf Schiffen und brachten
Handelswaren in andere Länder, damit die Fruchtbarkeit des
einen Landes der Armut des anderen zu Hilfe kommen solle.
Andere betrieben ein Handwerk und manche Arten von
Kunstgewerbe.
Unter diesen Menschen gab es manche, die Verteidiger des
Glaubens und meiner Kirche waren; sie werden nun „Ritter“
oder „Schildknappen“ genannt. Sie griffen zu den Waffen,
um die heilige Kirche und den Glauben zu rächen und seine
Feinde zu besiegen. Unter diesen Rittern gab es einen
guten Mann und Freund von mir, der bei sich dachte: „Ich
bestelle nicht das Land wie ein Bauer, ich fahre auch
nicht über die Wogen des Meeres wie ein Kaufmann oder
betreibe ein Handwerk wie ein tüchtiger Arbeiter. Was soll
ich da machen? Mit welchen Taten kann ich das Wohlgefallen
meines Gottes gewinnen? Ich tauge auch nicht zu
kirchlicher Arbeit. Mein Körper ist zu schwach und zart,
um Wunden zu ertragen, meine Hände sind zu schwach, um
Feinde zu erschlagen, und mein Sinn ist zu träge, um über
das Himmlische nachzudenken. Was soll ich da unternehmen?
Ja, ich weiß, was ich tun werde. Ich will aufstehen und
mich mit einem festen Eid verpflichten, unter einem
weltlichen Fürsten den Glauben der heiligen Kirche mit
meinen Kräften und meinem Blut zu verteidigen.“ Als dieser
Freund von mir zu seinem Fürsten oder König kam, sagte er:
„Herr, ich gehöre zu den Verteidigern der Kirche. Mein
Leib ist zu zart, um Wunden zu ertragen, meine Hände sind
zu schwach, um zuzuschlagen, mein Sinn ist zu unstet, an
das Gute und an Arbeit zu denken. Mein eigener Wille
gefällt mir. Mein Ruhebedürfnis hindert mich, Gottes Haus
mannhaft aufrecht zu erhalten.
Daher verpflichte ich mich durch öffentlichen Eid, der
heiligen Kirche und dir, o Fürst, zu gehorchen, und diesen
Gehorsam alle Tage meines Lebens verteidigen. Wenn der
Drang und Wille vielleicht träge sein sollten, wenn es
gilt zu kämpfen, so bin ich durch den Eid gebunden und
kann dadurch gezwungen werden, mich anzustrengen.“ Der
Fürst erwiderte ihm: „Ich werde mit dir zum Haus des Herrn
gehen, und ich werde deinen Eid und dein Versprechen
bestätigen.“
Als sie nun beide an meinen Altar kamen, beugte mein
Freund die Knie vor meinem Altar und sagte: „Ich bin allzu
schwach in meinem Fleisch, um Wunden zu ertragen, mein
eigener Wille ist mir allzu lieb, meine Hände sind zu
matt, um Anstrengungen zu ertragen. Daher gelobe ich Gott
und dir, der das Haupt ist, nun Gehorsam, dass ich mich
eidlich streng verpflichte, die heilige Kirche gegen ihre
Feinde zu verteidigen, Gottes Freunde zu unterstützen,
Witwen, vaterlosen Kindern und Gottes Getreuen Gutes zu
tun und nie etwas gegen Gottes Kirche und ihren Glauben zu
unternehmen.
Außerdem verpflichte ich mich, von dir Korrekturen
anzunehmen, wenn es passieren sollte, dass ich einen
Fehler begehe. Wenn ich zum Gehorsam verpflichtet bin,
kann ich mich umso besser vor Sünden und dem eigenen
Willen in Acht nehmen und umso leichter und eifriger
Gottes Willen und den deinen erfüllen. Ich weiß, dass ich
verwerflicher und verächtlicher bin als andere, wenn ich
den Gehorsam verletze und mich erdreiste, deine Gebote zu
übertreten.“
Nachdem er das Gelübde abgelegt hatte, stellte ihm der
weise, umsichtige Fürst eine Tracht für ihn her, die sich
von anderen weltlichen Trachten unterschied – zum Zeichen
dafür, dass er den eigenen Willen aufgegeben hatte, und
dass er wissen sollte, dass er einen Vorgesetzten hätte,
dem er gehorchen sollte.
Der Fürst gab ihm auch ein Schwert in die Hand und sagte:
„Mit diesem Schwert sollst du Gottes Feinde töten und
zunichte machen. „Er gab ihm auch einen Schild an den Arm
und sagte: „Mit diesem Schild sollst du dich gegen Pfeile
der Feinde verteidigen und ihre Angriffe geduldig
ertragen, so dass der Schild eher zerbricht, als dass du
die Flucht ergreifst.“ Dieser Freund von mir versprach im
Beisein meines Priesters, der zuhörte, all dies treulich
einzuhalten.
Nachdem er das Gelübde abgelegt hatte, reichte ihm der
Priester (in der Kommunion) zur Stärkung und zur Stütze
meinen Leib, so dass mein Freund, durch meinen Leib mit
mir vereint, sich nie mehr von mir trennen würde. – So war
mein Freund Georg und viele andere. So müssen auch die
Ritter sein, die den Namen „Ritter“ für ihre Würde, ihre
Tracht, ihre Wirksamkeit und für ihre Verteidigung des
heiligen Glaubens haben müssen.
Aber nun höre, meine Braut, was meine Feinde, im Kampf
gegen das tun, was meine Freunde früher taten! Die Ritter,
die meine Waffen trugen, waren bereit, das Leben für die
Gerechtigkeit zu opfern und ihr Blut für den heiligen
Glauben zu vergießen. Sie verhalfen den Bedürftigen zu
ihrem Recht und unterwarfen und demütigten die Bösen. Aber
höre nun, wie sie abgefallen sind! Es gefiel ihnen mehr,
in einem Krieg der Hoffart, der Gewinnsucht und des Neids
nach den Eingebungen des Teufels zu sterben, als nach
meinen Geboten zu leben und so die ewige Freude zu
erlangen.
Alle Ritter, die mit einem solchen Willen sterben, sollen
vom Gericht der göttlichen Gerechtigkeit diesen Lohn
erhalten, dass sie ihre Seelen auf ewig dem Teufel anheim
fallen. Die dagegen, die wir dienen, werden bei der
himmlischen Heerschar ewigen Lohn erhalten.
Diese Worte habe ich, Jesus Christus, gesprochen – ich,
der wahrer Gott und Mensch bin, ein einziger, ewiger Gott
mit dem Vater und dem Heiligen Geist.“ |
33. Kapitel |
Christus Worte an die Braut): „Jede Zeit in diesem Leben
ist nur wie eine einzige Stunde für mich. Deshalb habe ich
das, was ich dir jetzt sage, immer schon vorher gewusst.
Ich sagte dir vorher, dass es einen gab, der eine wahre
Ritterschaft begonnen hatte“ usw. Suche dieses Kapitel im
II. Buch, Kap. 9. |
34. Kapitel |
Christus sprach zur Braut und sagte: „Du hast heute in
deiner lateinischen Grammatik-Lektüre ein Sprichwort
gefunden, dass es besser ist, eher zu kommen, als dass
jemand dir zuvorkommt. So bin ich mit der Süße meiner
Gnade vorher zu dir gekommen, damit der Teufel deine Seele
nicht beherrschen soll.“ Und gleich zeigte sich Johannes
der Täufer und sagte: „Gesegnet seist du, Gott, der vor
allen Dingen ist, du, außer dem nie ein anderer Gott
gewesen ist, und neben dem und nach dem niemand anderes
sein wird, da du ewig dagewesen bist und ein einziger Gott
bist“ usw. Suche den Rest dieses Kapitels in Buch IV, Kap.
74. |
35. Kapitel |
Christus spricht): „Ich bin ein Gott mit dem Vater und dem
Heiligen Geist.“ Suche dieses Kapitel im II. Buch, Kap.
13. |
36. Kapitel |
Christus spricht): „Ich bin der wahre König, und keiner
ist würdig, König genannt zu werden, außer mir, denn von
mir ist alle Macht.“ Suche dieses Kapitel in Buch II, Kap.
12. |
37. Kapitel |
Der
Kaiser Christus spricht zur Braut und sagt: „Ich habe dir
vorher vom Ende und der Pein des Ritters erzählt, der von
der Ritterschaft abgewichen ist, die er mir gelobt hatte“
usw. Suche den Rest dieses Kapitels in Buch II, Kap. 11.
|
38. Kapitel |
Ein
Ritter im Reiche Schweden fragte eine Hellseherin um Rat,
ob Menschen in diesem Reich einen Aufruhr gegen den König
unternehmen würden oder nicht usw. Suche dieses Kapitel in
Buch VII, Kap. 82. |
39. Kapitel |
Ein
König von Schweden bat die Braut Christi, sie solle Gott
um Rat fragen, wieweit es ihm gefallen würde, dass er
einen Feldzug gegen die Heiden unternähme. Er hatte
nämlich gelobt, das zu tun. Als nun die Braut in dieser
Angelegenheit betete, offenbarte sich ihr Christus und
sagte: „Wenn der König gegen die Heiden ausziehen will, so
rate ich ihm zwei Dinge. Ich rate, und ich befehle nicht,
denn es liegt ein größerer Verdienst darin, nach einem Rat
zu handeln, als nach einem Befehl. Erstens, dass er ein
gutes Herz und einen geeigneten Körper hat. Ein gutes
Herz, so dass er allein aus Liebe zu Gott und zur Rettung
der Seelen ausziehen will; einen geeigneten Körper, indem
er vernünftig in seinem Fasten und in seiner Arbeit ist.
Zweitens soll er zusehen, dass er willige und fromme
Vasallen hat. Deshalb soll er erst in seinem Reich
herumfahren und prüfen, wie die Gerechtigkeit eingehalten
wird, und wie und von welchen Leuten Urteile und
Verordnungen erlassen werden, denn wer versucht, andere
zum Himmel zu schicken, der muss bei sich selbst anfangen,
indem er seine eigenen Irrtümer berichtigt und erst danach
seine Untertanen ermahnt und züchtigt, und sie mit
tugendhaftem Vorbild ermuntert. |
40. Kapitel |
Christus sprach zur Braut und sagte: „Es wird gesagt, dass
niemand gegen seinen Willen ins Himmelreich gezwungen
wird. Ich antworte: Wenn gute Kräuter von Unkraut
behindert werden, ist es dann nicht besser, wenn das
Unkraut ausgezogen wird, so dass die sprießenden Blumen
nicht erstickt werden? Deshalb sollen die, die in die
Länder der Ungläubigen gehen, ihnen erst Frieden, Glauben
und Freiheit anbieten, und wenn die Ungläubigen ihren Rat
und ihre Ermahnungen nicht annehmen, dann muss man die
eifernde Hand der Gerechtigkeit gegen sie erheben.
Ich, Gott, der die Liebe selbst ist, werde nämlich alle
hundertfach belohnen, die aus Liebe zu mir gestorben sind,
und die Ungläubigen selbst werden eine geringere Strafe
erhalten, als wenn sie länger gelebt und im Frieden
gestorben wären, denn wenn sie länger gelebt hätten,
hätten sie mehr gesündigt. Die Liebe ist ja doch so groß,
dass nicht der kleinste Gedanke ohne Lohn bleiben wird –
wie viel mehr dann eine gute Tat?“ |
41. Kapitel |
Die
Braut bat Christus für einen König von Schweden und sagte
u.a.: „O Herr, zürne nicht, wenn ich dich frage. Ich habe
aus der Schrift gehört, dass nichts zu unrecht erworben
werden darf, und dass man nichts gegen die Gerechtigkeit
behalten darf, was man erworben hat.“ Suche dieses Kapitel
im IV. Buch, Kap. 3. |
42. Kapitel |
Christus sprach zur Braut und sagte: „Ich bin wie ein
Ritter, der auf einem Felde stand, und der seine Freunde
auf der rechten Seite und seine Feinde auf der linken
hatte“ usw. Siehe dieses Kapitel in Buch II, Kap. 6.
|
43. Kapitel |
Gottes Sohn spricht zur Braut und sagt: „Der König, der
das Wohl der Seelen sucht und gegen die Heiden ausziehen
will, soll zwei Banner haben. Auf dem ersten Banner soll
mein Leiden, das die Barmherzigkeit bezeichnet, abgebildet
sein, auf dem anderen das Schwert meiner Gerechtigkeit.
Wenn der König zu den Heiden kommt, soll er zuerst das
Banner der Gerechtigkeit aufrichten und ihnen Frieden
anbieten. Wenn sie sich weigern, ihn anzunehmen, soll er
danach das Banner der Gerechtigkeit erheben.
Er soll dabei auf meine Güte vertrauen und nicht die große
Anzahl der Feinde fürchten. Und er soll nicht aus Kleinmut
zurückweichen und nicht auf die hören, die sagen: „Laßt
uns umkehren! Warum sollen wir uns noch mehr anstrengen?
„Wenn der König fürchtet, standhaft weiter vorzurücken,
dann soll er dieses gute Werk nicht planen oder beginnen.
Es ist nämlich besser, schwere Werke nicht erst zu
unternehmen, als sie anzufangen, sie aber nicht mit Liebe
zu vollenden.
Der König soll übrigens Priester von erprobtem Wandel und
Mönche aus Orden mit sich nehmen, die die Welt in Wahrheit
verachten, denn es gibt unter den Heiden viele, die ihre
Irrlehren vortragen, und denen man klug begegnen muss. Die
Priester sollen das Volk auch unterweisen und ermahnen, so
dass sie sich nicht durch ihre Gewinnsucht den Kirchenbann
zuziehen, oder wegen ihres Murrens oder ihres unmäßigen
Lebenswandels sterben.“ |
44. Kapitel |
Christus sprach mit der Braut über einen König in Schweden
und sagte: „Ich habe dir vorher gesagt, dass dieser König
ein kleiner Knabe ist“ usw. Dieses Kapitel findet sich im
Buch VII, Kap. 41. |
45. Kapitel |
Gottes Mutter sprach zur Braut und sagte: „Wenn der König
gegen die Heiden auszieht, soll er eine im voraus
festgelegte Anzahl Männer haben, denn ich kenne seinen
Weggang und seine Rückkehr, und dass viele von denen, die
mit ihm gehen, weniger aufrührerisch gegen Gott sind als
die, die mit Mose auszogen. Aber so wie Mose das Volk
wegen seiner Undankbarkeit nicht ins verheißene Land
führte, so werden die, die noch nicht geboren sind, Gottes
Willen vollenden.
Und der König soll nicht allzu großes Vertrauen darein
setzen, dass ich ihn meinen Sohn genannt und gesagt habe,
dass ich mich niemals von ihm trennen wolle. Denn es ist
gewiss wahr, dass – wenn er sein Versprechen mir gegenüber
hält – auch ich mein Versprechen ihm gegenüber halten
werde, aber wenn er mich verachtet, muss er befürchten,
dass er selbst verachtet wird.“ |
46. Kapitel |
Die
Himmelskönigin sprach zur Braut und sagte: „Der hl.
Erzbischof Sigfrid zog von England fort und tat im Reiche
Schweden Gottes Willen. Wenn dieser Bischof, für den du
bittest und der mit dem König gegen die Ungläubigen zieht,
zu den Heiden gekommen ist und einige von diesen Ländern
von den Christen eingenommen sind, soll er erst an einem
ehrsamen und geeigneten Platz eine Domkirche errichten, so
dass die Christen zum Nutzen ihrer Seelen ihre Zuflucht
dahin nehmen können wie zu einer Mutter, und die
Katholiken so erquickt und geistlich getröstet werden.
Und wenn der Bischof dort nicht mehr als einen oder zwei
Priester einsetzen kann und sie zusammen mit sich selber
unterhalten kann, so soll er damit zufrieden sein, denn
mein Sohn hat ja die Macht, seine Gaben zu erhöhen und das
Bistum auszuweiten. Aber wenn er oder meine anderen
Freunde sterben, ehe diese Worte in Erfüllung gehen, so
soll der gute Wille ihnen als Tat angerechnet werden, und
sie sollen Lohn dafür erhalten. Deshalb soll niemand auf
ein langes Leben vertrauen, sondern ein jeder soll
geduldig warten, was Gottes Wille ist.“ |
47. Kapitel |
Die
Himmelskönigin offenbarte sich der Braut und sagte zu ihr:
„Höre du, die geistliche Dinge vernimmt, und komm, um mit
mir im Heiligen Geist zu reden! Ich bin wie ein Gefäß, das
voll ist und noch mehr gefüllt werden kann. Denn wie ein
Gefäß, das unter einem Wasserlauf steht, mit Wasser
gefüllt wird, und wie dieses Gefäß, obwohl das Wasser
darüber hinwegfliest, wegen der gleichmäßigen Strömung
immer mit Wasser gefüllt ist, so wurde meine Seele, als
sie geschaffen und mit dem Körper vereint wurde, von dem
einfließenden Strom des Heiligen Geistes gefüllt, worauf
sie nie mehr leer wurde. Deshalb wird ein jeder, der mit
demütigem und reinen Herzen zu mir kommt, vom Heiligen
Geist Hilfe erhalten.
Ich kann also mir Recht ein gefülltes Gefäß genannt
werden. Denn als ich auf der Welt war, kam Gottes Sohn,
mächtig wie ein Strom, zu meinem Leib, nahm von mir
Fleisch und Blut an und weilte in mir, bis er von mir mit
einer sochen Geburt geboren wurde, wie sie Gottes Sohn
zustand. Und als er geboren wurde und in meine Hände kam,
freuten sich die Engel und verkündeten Frieden auf Erden.
Dann musste mein Sohn das Leiden des Todes ertragen, indem
seine Haut von Geißelschlägen zerrissen wurde, die Beine
von Nägeln durchbohrt wurden und das Herz brach, wobei
alle Glieder erstarben. Dieser Todesfall war so groß, dass
die Macht des Teufels dadurch vermindert wurde, und die
Pforten des Himmels sich öffneten.
Ich vergleiche das Leiden meines Sohnes mit einem Donner,
dessen Nahen man hört, bevor der Knall kommt, und lange
danach. Das Leiden meines Sohnes wurde nämlich durch den
Mund der Propheten lange vorher verkündigt, ehe es
stattfand; als er starb, hörte man den stärksten
Donnerknall, und lange nach seinem Leiden hörte man davon,
und es wurde davon gepredigt, und viele gaben mit Freude
ihr Leben dafür hin.
Aber jetzt ist mein Sohn so vergessen, dass manche seinen
Tod für gar nichts halten. Andere sagen, sie wüssten
nicht, ob er stattgefunden habe oder nicht. Andere wissen
davon, aber fragen nicht danach, und es sind wenige, die
sich liebevoll an seinen Tod erinnern.
Aber damit das Leiden meines Sohnes von neuem in
Erinnerung gebracht wird, sind die Worte Gottes, die dir
von oben gegeben sind, in die Welt gekommen, und deshalb
wurdest du zu diesem König von Schweden gesandt, der in
vielen Schlingen der Sünde gefesselt ist. Nachdem er von
der Macht des Teufels befreit war, führte ich ihn zu
meinem Sohn und wollte ihn zu einem guten Streiter für
Gottes Ehre machen.
Als der Teufel das sah, empfand er Bosheit auf ihn wie
früher auf Mose, der im Wasser ausgesetzt wurde, aber
dessen Korb von Gott ans Land gesteuert wurde. Obwohl Mose
an der Zunge verbrannt wurde, redete er doch, was Gott
wollte, floh aus Furcht nach Ägypten und kehrte durch
göttliche Vorsehung zum Pharao zurück.
Ebenso verfuhr der Teufel mit dem König: Er warf nämlich
eine stürmische Erregung in sein Herz, dass er ein großes
Heer sammeln sollte und sich dann aber wegen Armut und
Hunger aus dem Kampf zurückziehen sollte. Deshalb wurde
ihm eine bestimmte Anzahl Menschen vorgeschrieben.
Weiter dachte der König durch Eingebung des Teufels so:
„Gottes Freunde haben keinen Begriff von Kampf; Daher will
ich Männer suchen, die vom Kampf etwas verstehen.“ Dann
schickte ihm der Teufel viele von den Seinen, durch deren
Rat er gelenkt werden sollte. So wurde dem König gezeigt,
auf den Rat von welchen Menschen er hören sollte.
Man riet dem König auch, dass ihm Priester und Mönche von
erprobtem Wandel folgen sollten. Und das geschah durch die
Vorsehung des Heiligen Geistes, um die listigen Anschläge
des Teufels unschädlich zu machen. Der Teufel wusste ja
sehr genau, dass es noch nicht lange her war, als Gott
zeigen wollte, wie sein Kampf geschehen sollte. Der Teufel
weiß auch, dass es im Heidentum viele gibt, die sich mit
ihren Irrlehren für groß halten, und er weiß auch, dass es
viele gibt, die den heiligen katholischen Glauben
kennenlernen möchten. Daher möchte er, dass – wenn die
Zeit der Gnade gekommen ist – solche Menschen zu den
Heiden gesandt werden, die ungebildet und voll Gier sind.
Gottes Freunde, Priester und Mönche, müssen also in der
Lage sein, den Heiden, die mit ihren Irrlehren kommen, mit
geistlicher Weisheit zu antworten.
Viele andere Dinge sind dir auch gesagt worden, die nicht
gleich in Erfüllung gehen werden; die Worte sollen
stattdessen bis zu einer vorher bestimmten Zeit aufbewahrt
werden. Gott hat dem Mose ja auch viele Dinge gezeigt, die
nicht zu derselben Stunde in Erfüllung gingen. So wurde
auch David zum König ausersehen, lange ehe er an die Macht
kam, und deshalb sollten Gottes Freunde geduldig warten
und in ihrer Arbeit nicht ermüden.
Wir haben auch gesagt, dass Brüder vom Orden des
Dominicus, Franziskus und Bernhards zusammen mit dem König
zu den Heiden gehen sollten. Diese drei Orden müssen erst
zu den Heiden gerufen werden, denn von ihnen müssen
Klöster gegründet werden, die mit aufrichtigen Herzen die
Welt verschmähen und nichts anderes wollen, als Gott zu
ehren und seine Freundschaft zu gewinnen.
Aber nun denken manche von diesen Brüdern so: „Wo ist das
Volk, dem wir predigen sollen? Wo sind die Plätze, die
bebaut werden sollen?“ Ebenso sagte Israel zu Mose: „Wo
ist das verheißene Land? Es wäre besser gewesen, in
Ägypten an den Fleischtöpfen zu sitzen, als in der Wüste
durch Hunger und Strapazen zu vergehen!“ Trotzdem kam
Israel zu guter Zeit in das Land, das ihnen verheißen war,
obwohl manche murrten. Deshalb soll der König immer
gottesfürchtige Priester und solche bei sich haben, die
ihm freiwillig aus Liebe zu Gott folgen. Und er soll sich
davor hüten, habgierige Priester zu haben, denn die sind
wie raubgierige Vögel.
Aber nun höre, was ich, die Mutter der Barmherzigkeit,
sagen werde. Der König, den ich früher meinen Sohn genannt
habe, ist nun ein Sohn des Ungehorsams geworden. Zwei
Reiche wurden ihm bestimmt, als er noch Kind war. Als er
ins reife Alter gekommen war, regierte er ungerecht und
machte alles ohne Verstand. Gott hatte aber immer Geduld
mit ihm und erwies ihm auch geistlich Gutes, als er die
Liebe seines Herzens Gott zuwandte.
Ich bitte ihn, sich an drei Dinge zu erinnern, die Gott
mit ihm getan hat. Oft geschieht es, dass ein Embryo so
fest am Mutterleib hängt, dass es auf keine Weise davon
getrennt werden kann. Wenn die kluge Hebamme das gewahr
wird, denkt sie: Wenn das Kind länger im Schoß der Mutter
bleibt, so sterben beide, aber wenn sie voneinander
getrennt werden, so kann das Kind doch leben, auch wenn
die Mutter sterben würde. Und so macht die Hebamme sich
ans Werk und trennt das Kind von der Mutter.
In derselben Weise war dieser König an seine Mutter, die
Welt, gebunden, und wenn er länger bei ihr geblieben wäre,
wäre er sicher den ewigen Tod gestorben. Aber ich, die
Himmelskönigin, bin zum König gegangen und habe ihm von
der Liebe zur Welt getrennt. Damit, dass ich zum König
ging, verstehe ich den Eintritt des Heiligen Geistes in
sein Herz, denn wo immer der Heilige Geist eintritt, da
tritt der Vater mit dem Heiligen Geist und der Sohn mit
dem Vater und dem Geist sowie die Mutter mit dem Sohne
ein, denn jeder Mensch, der Gott in seinem Herzen hat, hat
auch mich.
Ebenso unmöglich wie es ist, dass die drei Personen in der
Dreieinigkeit zu trennen sind, so unmöglich ist es
nämlich, dass ich, die Gottes Mutter bin, von Gott
geschieden werde. Ich hatte ja Gottes Sohn mit Gottheit
und Menschengestalt in mir. Deshalb hat Gott Vater mich in
seiner Gottheit, und das Band unserer Liebe ist der
Heilige Geist, der im Vater und im Sohn ist, und er ist in
mir, und wir können nie getrennt werden. Als ich also auf
diese Weise zum König ging, gab Gott Zerknirschung in sein
Herz und Tränen in seine geistlichen Augen, was niemand
erhalten kann, wenn nicht durch die göttliche Gnade.
Zweitens bitte ich den König, sich daran zu erinnern,
welche Gnade in seinem Reich geschehen ist. Mein Sohn, der
auf dem höchsten Thron der himmlischen Majestät sitzt,
spricht ja oft mit dir, die in seinem Reich geboren ist,
und diese Gnade habe ich dem König erworben, dass er Gott
Ehre erweisen und seiner eigenen Seele nützen sollte. Ich
habe ihm auch durch dich gezeigt, wie er sein Reich weise
regieren und das Volk seines Reiches herzlich lieben soll,
und wie er sein Leben körperlich und geistig zu Gottes
Ehre führen soll.
Drittens bitt ich ihn, sich zu erinnern, wie er auserwählt
wurde, den heiligen Katholischen Glauben zu den Heiden zu
bringen, wenn er das will. Aber nun höre, was dieser König
getan hat! Ich, die Mutter der Barmherzigkeit, habe diesen
König meinen neuen Sohn genannt; neu deswegen, weil er so
kürzlich zu heiligem Gehorsam gekommen ist. Und ich habe
ihm durch dich versprochen, dass ich die Herrin und die
Verteidigerin für sein Kriegsheer und sein Reich sein
will, und dass ich ihn in Feindesland beschützen würde. So
geschah es auch, denn durch Gottes Vorsehung herrschte
Frieden in seinem Land durch meine Gebete. Und ich war mit
ihm im Land seiner Feinde, indem ich seine mächtigsten
Feinde an einer einzigen Stelle in diesem Land
versammelte, um sie ihm zu übergeben.
Kurz darauf gingen aber die Werkzeuge des Teufels auf
diesen König über, gefüllt mit böser Absicht und
böswilligem Geist. Diese vertrauten mehr auf
Menschenhände, als auf die Hilfe seines Schöpfers. Ihre
Lust war mehr auf irdische Besitztümer gerichtet, als
darauf, den Seelen zu helfen. Ihre Zunge erregte ihn dazu,
Worte zu sprechen wie die Zunge des Judas, seinen Schöpfer
zu verkaufen. Ihre Zähne wurden von den Fingern des
Teufels aufgerissen, und ihre kalten Lippen waren mit
teuflischem Gift beschmiert.
Deshalb schmeckte ihnen auch die göttliche Liebe nicht,
sondern sie spuckten die Worte der Wahrheit aus und hatten
Falschheit in ihrem Mund. Der König befolgte ihre bösen
Ratschläge, sprengte vor und entfernte meine gesammelten
Feinde aus meinen Händen, die dem heiligen Glauben
widerstanden. So blieb ich mit leerem Schoß übrig. Ja,
dieser König ließ die Wölfe laufen und ließ die Schafe in
den Händen von Schlangen, die bereit sind, die Schafe zu
zerreißen und jetzt mit einem Gift noch größerer Bosheit
gefüllt sind.
Das wurde die Folge der falschen Anschläge des Teufels.
Der König verschmähte ja den Rat der Freunde Gottes und
folgte dem Rat fleischlicher Menschen. Und er achtete
nicht auf Gottes Stärke und dachte nicht an meine Rat. So
kehrte er ohne Gewinn zurück und bedrückte die
Gesellschaft und das Volk in seinem Reich, wurde Gott und
Menschen ungehorsam und treulos gegen sein Rittergelübde.
Aber wie eine Mutter ihrem Sohn gegenüber leicht milde
gestimmt wird, wenn dieser um Verzeihung bittet, so sage
ich zu ihm: „Mein Sohn, wende dich an mich, und ich werde
mich dir zuwenden. Steh auf von deinem Fall nachdem Rat
der Freunde Gottes.
Dies ist der letzte Brief, den ich ihm schicken werde.“
|
(Kapitel 48
bleibt unübersetzt, da es zu viele befremdliche Wendungen und kaum
verständliche Dinge enthält.) Maria
schildert, wie Gott mit der ganzen Schöpfung Gerechtigkeit und
Barmherzigkeit übt. Es wird angedeutet, dass Gott seine
Barmherzigkeit auch für den König von Schweden trotz seiner Sünden
offen hält. Es wird gesagt, dass ein Engel und ein Teufel um seine
Seele kämpfen. Von einem seiner Vorgänger – Magnus Ladulås – heißt
es, dass er sich in der Hölle befindet. Zu seinen Lebzeiten hat
ihm ein Engel gute und ein Teufel schlechte Absichten eingegeben;
er hat aber nur auf die bösen Eingebungen gehört und wurde deshalb
verdammt. Von einem anderen Vorgänger von Magnus Eriksson – Birger
Magnusson? – heißt es, er befände sich im Fegefeuer; er hatte ein
sündiges Leben geführt, aber auf dem Totenbett bereut und wurde
daher nicht verdammt.
49. Kapitel |
Der
Herr sprach zur Braut und sagte: „Im Volk Israel gab es
drei Arten von Menschen. Manche von ihnen liebten Gott und
Mose. Andere liebten sich selbst mehr als Gott. Andere
liebten weder Gott noch Mose, sondern nur das Irdische.
Als dieses Volk in Ägypten war, wurden alle Gottes Kinder
und Israels Kinder genannt, aber alle dienten Gott nicht
in gleichem Maße. So war es auch, als es Gott gefiel, das
Volk aus Ägypten herauszuführen: Manche glaubten an Gott
und Mose, aber andere erzürnten Gott und Mose, und daher
zeigte Gott seine große Barmherzigkeit und Gerechtigkeit
gegenüber den Widerspenstigen.
Aber jetzt kannst du fragen, warum Gott das Volk
herausführte und es nicht länger in Ägypten plagte, wenn
er im Voraus wusste, dass die Zeit des Erbarmens noch
nicht da war und das Maß der Bosheit der Menschen noch
nicht voll war. Ich antworte selbst: Gott wählte das Volk
Israel als Lehrlinge aus, um sie in der Wüste zu
unterweisen und zu prüfen. Deshalb war es für sie
notwendig, einen Lehrer zu haben, der mit Wort und Tat vor
ihnen herging. Und damit die Schüler besser unterwiesen
werden konnten, war die Wüste notwendiger als Ägypten,
denn die Ägypter hätten sie unter der Zucht von Gottes
Gerechtigkeit zu sehr beunruhigen können, und durch
Zeichen von Barmherzigkeit, die von den Hunden verborgen
bleiben sollten, wären sie selbst Unklugerweise in Hochmut
verfallen.
Ferner sollte Mose als Lehrmeister des Volkes erprobt
werden, damit er, der Gott offenbar war, auch den Schülern
bekannt werden sollte, die ihn nachahmen sollten. Ja,
durch die Unklugheit des Volkes, wurde er selbst noch mehr
geprüft und durch Zeichen mehr bekannt, und trat für alle
mehr hervor. Ich sage in Wahrheit, dass das Volk auch ohne
Mose befreit worden wäre, und auch ohne Mose wäre das Volk
gestorben.
Aber weil Mose so gut war, bekam das Volk einen leichteren
Tod, und auf Grund von Moses Liebe erhielt das Volk eine
herrlichere Krone. Das ist nicht verwunderlich, denn beim
Tod von allen litt auch Mose und empfand Mitleid. Der Herr
schob die Einlösung seines Versprechens auf, damit das
Volk geprüft werden sollte, und Gott durch Zeichen, durch
seine Barmherzigkeit und Geduld bekannt werden sollte, und
damit die Undankbarkeit und der Wille des Volkes zur
Warnung für kommende Geschlechter dienen sollte.
So haben sich auch viele Heilige durch Eingebung des
Heiligen Geistes in Länder der Ungläubigen begeben. Auch
wenn sie nicht gewonnen haben was sie wollten, wurden sie
für ihren Willen herrlich gekrönt. Wegen ihrer Geduld und
ihres guten Willens beschleunigte Gott die Zeit des
Mitleids und bahnte ihnen umso schneller den neuen Weg,
den sie selbst versucht hatten. Gottes Gerichte sollen
also stets geehrt und gefürchtet werden, und man soll
genau darauf achten, dass der menschliche Wille nicht dem
Willen Gottes widerspricht.
Der König, über den ich jetzt mit dir rede und den du
kennst, war nicht so gesinnt, wie es Mose war. Er kümmerte
sich nämlich nicht darum, dass sein ganzes Volk ausstarb,
wenn er nur selbst sein Leben und seine Ehre behalten
konnte. Er wurde weiter von teuflischen Ratschlägen
gelenkt, wollte seine Halsstarrigkeit und seinen
unbeständigen Sinn nicht aufgeben, und wenn es sich um
Ratschläge handelte, wollte er ihnen nicht gehorchen, was
er hätte tun sollen, und die ihm die Milch der göttlichen
Weisheit und der guten Zucht hätten schenken können. Das
ist auch nicht verwunderlich, denn er ist der Wurzel des
Menschen entsprossen, die Gott zum Zorn gereizt hat, und
daher kommt er nur durch die Geißel (des Zorn) auf den
rechten Weg.
Wisse auch, dass es in diesem Reich vier königliche
Geschlechter gab. Beim ersten herrschte Ehrgeiz und
Grausamkeit, aber Gott duldete sie wegen ein paar guter
Taten und wegen der Sünden des Volkes. Bei dem zweiten
herrschte Unmäßigkeit und Ungerechtigkeit, aber Gott
demütigte es barmherzig und rief es von der Krone ab. Das
dritte Geschlecht ging aus einer ehrgeizigen Wurzel und
einem harten Stamm hervor, und es zeichnete sich durch
Gewinnsucht und Eigenliebe aus. Daher strafte Gott es eine
Zeitlang, so dass es im kommenden Dasein ein leichteres
Los erhalten würde.
Bei dem vierten gab es vorgetäuschte Demut, mangelnde
Gerechtigkeit und Verschwendungssucht. Deshalb will ich
ihm liebevoll Barmherzigkeit erweisen und barmherzig
urteilen, und wenn es nicht gehorcht, werde ich es vom
Scheitel bis zur Sohle geißeln, so dass alle die es hören,
sich darüber wundern und davor zittern, dass Gott Recht
und Billigkeit wiederherstellt. Und er soll sich nicht
zuversichtlich fühlen, weil ich ihn „Freund“ genannt habe,
sondern soll auf das Ende der Worte warten, die sagen,
dass – wenn er die Treue hält, die er mir gegeben hat, so
werde auch ich mein Versprechen halten.“ |
50. Kapitel |
Christus befiehlt der Braut, dass sie gleichsam wie von
sich aus die Worte der göttlichen Offenbarung an den
Kaiser mit diesem Wortlaut schreibt: „Ich klage, nicht
nur“ usw. Dieses Kapitel findet sich in Buch IV, Kap. 45. |
51. Kapitel |
Christus sprach zur Braut und sagte: „Schreib in meinem
Namen diese Worte an den Kaiser: Ich bin das Licht, das
alles erleuchtet hat, als die Finsternis alles bedeckte.
Ich bin auch das Licht, das unsichtbar ist, was die
Göttlichkeit betrifft, was sich aber sichtbar die
Menschengestalt gezeigt hat. Ich bin auch das Licht, das
dich als ein besonderes Licht in die Welt gestellt hat,
damit man bei dir größere Gerechtigkeit als bei anderen
finden sollte, und damit du alle zu Gerechtigkeit und
Frömmigkeit leitest.
Ich gebe dir also kund, ich, das wahre Licht, das dich den
Kaiserlichen Thron besteigen ließ: Weil es mir so gefällt,
spreche ich durch eine Frau Worte meiner Gerechtigkeit und
meiner Barmherzigkeit. Nimm daher die Worte in den Büchern
an, die diese Frau nach meinem Diktat geschrieben hat,
prüfe sie und arbeite daran, dass meine Gerechtigkeit
gefürchtet und meine Barmherzigkeit klug ersehnt wird.
Du, der die Kaiserwürde hat, sollst aber wissen, dass ich,
der Schöpfer aller Dinge zu Ehren meiner geliebten
jungfräulichen Mutter eine Regel für die Nonnen diktiert
habe und sie dieser Frau (Birgitta) gegeben habe, die an
dich schreibt. Lies sie deshalb durch und arbeite mit dem
Papst daran, dass diese durch meinen Mund diktierte Regel
durch ihn, der mein Stellvertreter auf Erden ist, unter
den Menschen anerkannt wird, nachdem ich, Gott, sie vor
meiner himmlischen Heerschar für gut befunden habe.“
|
52. Kapitel |
Gottes Sohn spricht zur Braut mit den Worten: „Nachdem der
König gegen den Rat meiner Mutter ungehorsam war, deshalb
rate ich ihm, Gottes Sohn, der in der Mutter ist, dass er
auszieht und sich zum Papst begibt, um demütig um Ablaß
für seine Sünden zu bitten, denn für die größten Sünden
muss er vor dem höchsten Bischof, der die höchste Macht
hat, Rechenschaft ablegen. Die höchste Macht hat der, der
auf meinem Stuhl in der Welt sitzt und die Macht hat, in
meinem Namen zu binden und zu lösen.
Wenn der König also auf meinen Rat hören will, werde ich
ihm den kostbarsten Schatz geben; ich werde ihn gegen
seine Feinde verteidigen und alle seine Schulden bezahlen,
entweder materiell oder geistlich, wenn er selbst dazu
nicht in der Lage ist, und jeder Schritt, den er aus Liebe
zu mir tut, werde ich ihm für das ewige Leben anrechnen.
Und wenn nun dieser König beim Papst angelangt ist, soll
er sich von ganzem Herzen demütigen, die Sünden nicht
verbergen oder entschuldigen, sondern um Vergebung für
seinen Ungehorsam gegen die Verordnungen von Gottes
heiliger Kirche bitten, gegen den Bann, den er sich
zugezogen hat, gegen seinen öffentlichen Meineid, die
ungewöhnliche Steuer, mit der er das Volk in seinem Reich
belastet, die Beförderung von unwürdigen Klerikern zu
kirchlichen Ämtern durch sein Verschulden, sowie all das,
was derselbe König gegen die lobenswerten Bestimmungen des
Reiches und der Bischöfe unternommen hat.“ |
53. Kapitel |
Der
Herr sprach zur Braut und sagte: „Wenn der König auszieht
und sich zum Papst begibt und seine Sünden für schwer
ansieht, dann soll er sich vor Schmeichlern hüten, sich
mit Pomp und Staat dahin zu begeben, so dass sein Name in
den Ländern gepriesen wird, und vor denen, die ihm raten,
freigebig Geschenke zu verteilen, so dass sich sein Ruhm
verbreitet, und eine große Dienerschaft zu sammeln, so
dass seine Ausgaben zu Gottes Ehre und seinem eigenen
Nutzen machen, aber nicht, um anzugeben. Er soll sich klug
in Acht vor denen nehmen, die ihm schaden möchten, denn
gewiss vermag ich alle Dinge, aber man muss doch manchmal
nach menschlichem Rat und Beistand handeln. Ich habe ja
mit Mose geredet, und doch hörte und befolgte er auch den
Rat eines Heiden, wenn er gut war.“ |
54. Kapitel |
Der
Herr sprach zur Braut über den oben genannten König und
sagte: „Es steht geschrieben, dass der Engel sich gegürtet
dem Tobias zeigte, als dieser reisen wollte. Dies deutet
auf einen gerechten Menschen. Der Mensch, der die
Vergebung seiner Sünden gewinnen will, muss sich seiner
Sünden nämlich durch Reue und ein Sündenbekenntnis
entledigen und sich mit guten und keuschen Worten und
Taten umgürten.
So soll dieser König handeln. Er soll nämlich sein ganzes
Verhalten ändern, ehe er die Welt verlässt, und sich
vornehmen, alle frühere Leichtfertigkeit abzulegen, so
dass er nie mehr seine Lust daran findet. Es ist ja
schändlich, dem besten Herrn zu versprechen, seinem guten
Beispiel zu folgen, und dann von neuem dem schlechten zu
folgen.
Als Davids Diener schändlich ihren Bart rasiert und ihre
Kleider verkürzt hatten, konnten sie das irdische
Jerusalem ja nicht betreten; nein – bis sie ihre Kleidung
verbessert und ihren Bart wieder hatten wachsen lassen,
mussten sie am Ort der Trübsal und der Schmach verbleiben.
Wie viel mehr sollte ich, Gott, der schöner und stärker
ist als dieser David, nach dem Schönen bei den Menschen
suchen.
Ich will also nicht, dass sie verkürzte Kleider wie
Gaukler tragen oder weibliche Manieren haben, wie
weibische Männer. Stattdessen gönne ich den Menschen das,
was nützlich und ehrbar ist, so dass sie gekleidet sind,
wie der Nutzen es erfordert, und sich ehrbar benehmen, so
dass es zu meiner Ehre dient, und dass sie bereit sind,
Rechenschaft vor mir abzulegen, wenn es mir gefällt, sie
aus der Welt abzuberufen. |
55. Kapitel |
Gottes Sohn sprach zur Braut mit den Worten: „Du, die
geistliche Dinge sieht, darfst nicht schweigen, weil du
getadelt wirst und nicht reden, weil du von den Menschen
gepriesen wirst und nicht fürchten, dass meine Worte die
dir von oben offenbart wurden, verachtet werden und nicht
gleich ihre Wirkung tun. Wer mich verachtet, wird nämlich
von der Gerechtigkeit gerichtet, während der, der mir
gehorcht, von der Barmherzigkeit belohnt wird, und dies in
doppeltem Maße, indem teils die Sündenstrafe aus dem Buch
der Gerechtigkeit getilgt wird, teils der Lohn im
Verhältnis zur Buße für die Sünde erhöht wird.
Deshalb werden alle meine Worte in der Absicht gesandt,
dass – wenn die, zu denen meine Worte geschickt werden,
zuhören und daran glauben und sie in die Tat umsetzen,
dann gehen meine Versprechungen in Erfüllung. Israel
wollte meine Gebote nicht befolgen, sondern gab den
rechten und vorteilhaften Weg auf; es schlug den
schlechten und mühsamen ein und wurde so allen verhasst.
Viele von dem Volk sind jetzt in der Hölle, doch noch mehr
sind im Himmel. So verhält es sich auch jetzt. Denn das
Volk dieses Landes, das ich geplagt habe, ist deshalb doch
nicht demütiger oder gehorsamer geworden, sondern im
Gegenteil frecher und aufsässiger gegen mich.“
Dann hörte ich eine Stimme sagen: „O mein Sohn, der du das
Menschengeschlecht durch deinen Tod von der Hölle erlöst
hast, steh auf und verteidige dich, denn viele Männer und
Frauen haben dich aus ihrem Herzen ausgeschlossen. Tritt
daher weise wie Salomo ins Reich ein, hebe mit der Stärke
Simsons die Türen aus den Angeln, baue eine Schanze gegen
die Priesterschaft, lege Schlingen für die Füße der
Ritter, erschrecke die Frauen mit Waffen und reiß die
Brücken für das Volk nieder, so dass keiner deiner Feinde
entkommt, ehe die, die sich gegen dich verhärten, mit
wahrer Demut um Erbarmen bitten.“ |
56. Kapitel |
Gott
Vater sprach zur Braut und sagte: „Höre, was ich rede, und
sage, was ich dir befehle und tue das weder um deiner Ehre
willen noch des Todes wegen, sondern sei gleich gesinnt
gegen die, die dich rühmen, wie gegen die, die dich
tadeln, so dass du nicht durch Tadel zum Zorn gereizt
wirst, oder durch das Rühmen zum Hochmut aufgeblasen
wirst. Denn wert, geehrt zu werden, ist nur der, der ewig
ist und in sich selbst war, und der die Engel und die
Menschen aus Liebe geschaffen hat – nur zu dem Zweck, dass
mehrere Anteil an seiner Herrlichkeit erhalten sollten.
Ich bin gewiss jetzt noch an Macht und Willen, wie ich es
war, als mein Sohn Menschengestalt annahm. Ich bin und war
in ihm, und er war in mir, und der Heilige Geist ist in
uns beiden. Und wenn es auch der Welt verborgen war, dass
er Gottes Sohn war, war es manchen doch bekannt, wenn auch
nur wenigen.
Du sollst also wissen, dass es Gottes Gerechtigkeit ist,
(die keinen Anfang gehabt hat, ebenso wenig wie Gott ihn
hatte), dass das Licht den Engeln gezeigt wurde, ehe sie
Gott sahen, und sie sind nicht deshalb gefallen, weil sie
Gottes Gesetz und Gerechtigkeit nicht kannten, sondern
deshalb, weil sie es nicht halten und beachten wollten.
Sie verstanden wohl, dass alle, die Gott lieben, Gott
sehen und ewig bei ihm bleiben würden, und dass die, die
Gott hassen, in Ewigkeit gestraft würden und ihn nie in
seiner Herrlichkeit zu sehen bekommen. Und doch zogen sie
es in ihrer Habgier und ihrem Stolz vor, Gott zu hassen
und lieber am Ort der Strafe zu bleiben, als Gott zu
lieben und so ewige Freude zu ernten.
Für den Menschen gilt eine Gerechtigkeit wie die, die für
die Engel gilt. Der Mensch muss zuerst Gott lieben, dann
darf er ihn sehen. Deshalb wollte mein Sohn (so liebevoll
war er) nach dem Gesetz der Gerechtigkeit geboren werden,
so dass er, der in seiner Göttlichkeit nicht geschaut
werden konnte, in menschlicher Gestallt sichtbar werden
würde.
Und der freie Wille ist den Menschen ebenso gegeben wie
den Engeln, damit sie sich nach dem Himmlischen trachten
und das Irdische verschmähen. So besuche ich Gott oft und
auf vielerlei Weise, obwohl meine Göttlichkeit nicht zu
sehen ist, und in vielen Ländern auf Erden habe ich vielen
Menschen gezeigt, wie die Sünde in dem betreffenden Land
wieder gut gemacht werden könnte und wie Barmherzigkeit
erhalten werden könnte, ehe ich in diesen Ländern ein
gerechtes Urteil gefällt habe. Aber die Menschen achten
nicht darauf und kümmern sich nicht darum.
In Gott ist auch die Gerechtigkeit, dass alle, die auf
Erden leben, erst ständig auf das hoffen sollen, was sie
nicht sehen, und an Gottes Kirche und an das heilige
Evangelium glauben; dann sollen sie ihn über alles andere
lieben, der ihnen alles gab und für sie in den Tod ging,
auf dass sich alle ewig mit ihm freuen sollen. Deshalb
rede ich, Gott mit ihnen, wie es mir gefällt zu reden, so
dass sie erfahren, wie die Sünden gutgemacht werden
können, die Strafe vermindert und die Belohnung erhöht
wird.“
Dann kam es mir so vor, als ob alle Himmel ein einziges
Haus wären, in dem ein Richter auf dem Thron sitzt, und
das voller Diener war, die den Richter priesen – jeder mit
seiner Stimme. Unter dem Himmel war ein Reich zu sehen,
und gleich hörte man eine Stimme, die so laut sprach, dass
alle es hören konnten: „Kommt ihr beiden, du Engel und du
Teufel, zum Richterstuhl; du Engel, der der Wächter des
Königs ist und du Teufel, der der Führer des Königs ist!
Und sobald dies gesagt war, standen der Engel und der
Teufel vor dem Richter. Der Engel sah aus wie ein
betrübter Mensch, der Teufel wie ein froher Mensch, und da
sagte der Richter: „O Engel, ich habe dich zum Wächter des
Königs eingesetzt, als er einen Bund mit mir schloß und
all die Sünden beichtete, die er von seiner Jugend an
begangen hatte, und das habe ich getan, dass du ihm näher
als der Teufel sein solltest. Wie kann es da kommen, dass
du dich von ihm entfernt hast?“
Der Engel antwortete: „O Richter, ich brenne vom Feuer
deiner Liebe, durch das der König eine Zeitlang gewärmt
wurde. Aber als der König es verachtete und verabscheute,
was ihm deine Freunde sagten, und träge war, das zu tun,
wozu du ihm rietest, da ging der König dahin, wohin ihn
sein eigenes Verlangen zog, entfernte sich von mir und kam
jede Stunde dem Feinde näher.“
Der Teufel sagte: „O Richter, ich bin die Kälte selbst,
und du bist selbst die göttliche Wärme und das Feuer. So
wie jeder, der dir naht, mehr vor Eifer zu guten Werken
brennt, so erkaltete der König, je mehr er sich mir nahte,
in der Liebe zu dir und erwärmte sich vor Eifer für meine
Taten.“
Der Richter erwiderte: „Dem König wurde geraten, Gott über
alles zu lieben, und seinen Nächsten wie sich selbst.
Warum ziehst du da den Menschen von mir fort, den ich mit
meinem eigenen Blut erlöst habe, und bringst ihn dazu,
seinem Nächsten zu schaden – nicht nur, was zeitliches
Eigentum betrifft, sondern auch im Hinblick auf das
(ewige) Leben?“
Der Teufel entgegnete: „O Richter, nun bin ich an der
Reihe, zu reden, und der Engel soll schweigen. Als der
König dich und deine Ratschläge verließ und zu mir kam, da
habe ich ihm geraten, sich selber mehr zu lieben, als
seinen Nächsten, dass er nicht an das Wohl der Seelen
denken sollte, wenn er nur weltliche Ehre hätte, und dass
er nicht danach fragen sollte, ob jemand Mangel leiden
oder betrogen würde, wenn nur seine Freunde Überfluss
hätten.“
Da sage der Richter zum Teufel: „Ein jeder, der dich
verlassen will, soll das gewiss tun, und du sollst
niemanden mit Gewalt zurückhalten können. Deshalb will ich
dem König noch ein paar von meinen Freunden senden, die
ihn vor seiner Gefahr warnen sollen.“
Der Teufel erwiderte: „Es ist gerecht, dass jeder, der mir
gehorchen will, von mir gelenkt werden soll, und ich will
dem König auch meine Berater senden, und dann wird sich
zeigen, wessen Rat er am liebsten folgen will.“ Da sagte
der Richter: „Geh, denn es ist für meine Gerechtigkeit
bezeichnend, dem Scharfrichter das zuzuweisen, was seines
Amtes ist, und dem Kläger, was ihm in seiner Sache
zukommt.“
Nach einigen Jahren sah ich den Richter Christus mit
seiner himmlischen Heerschar. Noch einmal, mehr erregt als
sonst und gleichsam erzürnt, und er sagte zu dem Engel und
dem Teufel: „Sagt, wer von euch gesiegt hat!“ Der Engel
gab zur Antwort: „Als ich mit göttlichen Eingebungen zum
König kam, und deine Freunde mit geistlichen Worten, da
zischten ihm die Gesandten des Teufels gleich ins Ohr:
„Warum sollst du zeitliche Besitztümer sparen und auf
deine Ehre oder Seelen und Körper verzichten, wenn deine
Freunde, die du mehr liebst als dich selbst, geehrt und
glücklich werden können?“
Und der König war damit einverstanden und antwortete auf
den Rat deiner Freunde: „Ich kann mir selber helfen, und
ich bin klug mit Ratschlägen auch ohne euch; geht fort von
mir und schämt euch!“ So kehrte der König dir den Rücken
und dem Feinde das Gesicht zu und jagte deine Freunde
davon, die von den Freunden der Welt verunehrt und
verspottet waren.“
Und da rief der Teufel: „O Richter, nun steht es mir zu,
den König zu regieren und ihm durch meine Freunde
Ratschläge zu geben!“ Der Richter erwiderte: „Geh und
plage den König so viel, wie du Erlaubnis dazu hast, denn
er hat mich veranlasst, auf ihn zornig zu sein!“
Zwei Jahre danach zeigte sich der Richter von neuem. Der
Engel und der Teufel standen vor ihm, und der Teufel
redete und sagte: „O Richter, sprich nun das Urteil! Ich
werde verkünden, was die Gerechtigkeit erfordert. Du bist
ja die Liebe selbst, und deshalb kommt es dir nicht zu, in
dem Herzen zu bleiben, in dem sich Neid und Zorn
festgesetzt haben. Du bist auch die Weisheit selbst, und
daher sollst du nicht in dem Herzen von jemandem bleiben,
der seinen Mitmenschen am Leben, an Gütern und an Ehre
schaden möchte.
Weiter bist du die Wahrheit selbst, und daher ziemt es
sich nicht für dich, bei dem Menschen zu bleiben, der sich
eidlich verpflichtet hat, Verrat zu üben. Nachdem nun
dieser König dich ausgespuckt hat, wie man etwas
ausspuckt, was ekelhaft ist, sollst du mir erlauben, ihn
zu schütteln und niederzudrücken, so dass er den Verstand
verliert, nachdem er meine Ratschläge für Weisheit hielt,
und deine für Unsinn. Ich möchte ihm mit einem solchen
Lohn vergelten, nachdem er meinen Willen getan hat, doch
kann ich ohne deine Erlaubnis nichts gegen ihn tun.“
Nachdem ich das gehört hatte, sah ich den Richter sich in
wunderbarer Weise verändern, und ich sah ihn strahlen wie
die Sonne, und in der Sonne selbst traten drei Worte
hervor, nämlich Kraft, Wahrheit und Gerechtigkeit. Die
Kraft sprach und sagte: „Ich habe alles geschaffen, ohne
dass es jemand von vorn herein verdient hätte. Deshalb bin
ich es wert, von meinen geschaffenen Wesen geehrt und
nicht verachtet zu werden. Ich bin es auch wert, von
meinen Freunden für meine Liebe gepriesen zu werden, und
meine Feinde müssen mich ehren und fürchten, denn ich
ertrage sie geduldig ohne ihre Verdienste, wenn sie es
wert gewesen wären, gerichtet zu werden. Deshalb, o
Teufel, kommt es mir zu, alle nach meiner Gerechtigkeit zu
richten – und nicht nach deiner Bosheit.“
Unmittelbar danach ergriff die Wahrheit das Wort und
sagte: „Obwohl ich Gott bin, nahm ich Menschengestalt
durch eine Jungfrau an, und in dieser meiner
Menschgestaltung sprach ich und predigte dem Volk. Ich
habe auch meinen Heiligen Geist zu den Aposteln gesandt,
und ich redete durch deren Zungen, so wie ich täglich
durch geistliche Eingießung durch die (Menschen) rede, wie
es mir gefällt. Daher sollen meine Freunde wissen, dass
ich selbst, der die Wahrheit ist, meine Worte zu einem
König sandte, der sie verachtete.
Höre daher, Teufel, denn ich will reden, damit man klar
sieht, wie weit der König meinen Ratschlägen oder deinen
Verlockungen gehorcht. Ich will nämlich alle die
Ratschläge nennen, die diesem König gegeben wurden, und
mit wenigen Worten wiederholen, was ich früher
ausführlicher dargelegt habe.
Dem König wurde geraten, sich vor all den Sünden in Acht
zu nehmen, die von der heiligen Kirche verboten sind, und
ein mäßiges Fasten einhalten, so dass er seine Untertanen
anhören und ihnen antworten kann, wenn sie mit Klagen
kommen, und er soll bereit sein, für Reiche und Arme, die
ihn darum gebeten haben, Gerechtigkeit walten zu lassen.
Durch allzu große Enthaltsamkeit könnte ja das Beste des
Volkes gefährdet werden und die Regierung des Landes
Schaden leiden, und durch ungehemmte Übertreibung könnte
er andererseits allzu schwächlich werden und es versäumen,
allen zuzuhören.
Man hat dem König auch geraten, wie er Gott dienen und
beten sollte, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten er
sich dem Wohle für das Volk im Reich widmen sollte, und an
welchen Tagen er die Königskrone zu Gottes Ehre tragen
sollte. Weiter hat man dem König geraten, dass er alle
seine Angelegenheiten mit Menschen besprechen sollte, die
die Wahrheit lieben und Gottes Freunde sind, und dass er
nie bewusst die Wahrheit und das Gesetz übertritt oder das
Volk in seinem Reich mit ungewöhnlichen Steuern belastet,
als zur Verteidigung des Reiches und zur Bekämpfung der
Heiden.
Man hat ihm auch geraten, dass er die Anzahl seiner
Hofbeamten und Diener nach den Einkünften richten soll,
die die Steuern ihm im Reich erbracht haben, und dass er
den Rest der Einkünfte mit seinen Rittern und Freunden
teilen soll. Es wurde ihm auch geraten, dass er freche und
törichte (Menschen) weise mit Worten und mit Liebe
ermahnen oder mannhaft bestrafen sollte, dass er die
klugen und Erfahrenen mit göttlicher Liebe lieben sollte,
die Bewohner des Landes verteidigt, die Priesterschaft
liebt, dass er sich mit seinem Adel mit dem Bund der Liebe
verbindet und dem Volk im Land den Frieden bewahrt.“
Nun antwortete der Teufel dem Richter und sagte: „Ich habe
dem König geraten, bestimmte Sünden heimlich zu begehen,
die er nicht offen tun dürfte. Ich habe ihm auch geraten,
viele Gebete und Kirchenlieder ohne Aufmerksamkeit und
Herzensandacht zu lesen, so dass er dadurch, dass er auf
diese Weise unnütz die Zeit verbringt, versäumt, denen
zuzuhören, die mit Klagen kommen, und dem kein Recht gibt,
der Unrecht gelitten hat.
Weiter habe ich dem König geraten, die übrigen guten
Männer im Reich abzulehnen, einen einzigen über alle
anderen zu erhöhen und über sie zu setzen, ihm von ganzem
Herzen und mehr als sich selbst zu lieben, ja sogar seinen
eigenen Sohn zu hassen, die Bevölkerung des Reiches mit
Auflagen zu belasten, Menschen umzubringen und Kirchen zu
plündern.
Ich habe dem König weiter geraten, er soll die
Rechtsprechung versäumen, so dass jeder Gelegenheit
erhält, dem anderen zu schaden, und dass er einem
mächtigen Fürsten in einem anderen Reich, meinem
geschworenen Bruder, ein paar Landschaften abtreten soll,
die zu seiner eigenen Krone gehörten. Und das habe ich in
der Absicht getan, dass Falschheit und Gewalt
hervorgerufen werden, dass die Guten und Gerechten in
Unruhe versetzt werden, dass die Bösen noch tiefer in die
Hölle sinken, dass die Seelen im Fegefeuer noch schlimmer
gepeinigt werden, dass Frauen vergewaltigt werden, Schiffe
auf See geplündert werden, die Sakramente der Kirche
verachtet werden, dass das Volk reichlicher Gelegenheit
erhält, zügellos zu leben, und ich meinen Willen leichter
durchsetzen kann. Aus diesen Taten, die der König begangen
hat, und aus vielen anderen Sünden kann jetzt, o Richter,
bewiesen und erkannt werden, wie weit der König deine oder
meine Ratschläge befolgt hat.“
Danach ergriff die Gerechtigkeit das Wort und sagte zum
Teufel: „Nachdem der König die Tugend gehasst und die
Wahrheit verachtet hat, daher kommt es dir nun zu, etwas
von dem Bösen beim König durch die Bosheit zu erhöhen, die
du zur Verfügung hast; ich selbst werde nach den
Erfordernissen der Gerechtigkeit etwas von dem Guten
vermindern, dass er mit den Gnadengaben besitzt, die er
erhalten hat.“
Der Teufel antwortete: „O Richter, ich werden den König in
doppeltem Ausmaß mit meinen Gaben bereichern, und zu
allererst werde ich ihm eine solche Nachlässigkeit
eingeben, dass er in seinem Herzen göttlichen Werken kein
Gewicht beimisst und auch die Taten und Vorbilder deiner
Freunde nicht beachtet.“
Die Gerechtigkeit erwiderte: „Und ich werde bei ihm die
Eingebungen meines Heiligen Geistes vermindern, und ich
werde ihm die guten Erinnerungen und den Trost nehmen, den
er früher hatte.“
Der Teufel entgegnete: „Ich werde ihm die Kühnheit
eingeben, Todsünden und verzeihliche Sünden ohne Scham und
Scheu zu begehen.“
Die Gerechtigkeit gab zur Antwort: „Ich werde seinen
Verstand und seine Urteilskraft vermindern, so dass er
außer Stande ist, Belohnungen und Strafen für Todsünden
und vorgebbare Sünden zu unterscheiden.“
Der Teufel sagte: „Ich werde ihn ängstlich machen, so dass
er es nicht wagt, gegen Gottes Feinde zu reden oder
Gerechtigkeit zu üben.“
Die Gerechtigkeit antwortete: „Ich werde seine Klugheit
und Einsicht in Bezug auf das vermindern, was er zu tun
hat, so dass er in seinen Worten und Taten eher wie ein
Narr und Gaukler, als ein weiser Mann wirkt.“
Da sagte der Teufel: „Ich werde ihm Angst und Herzensqual
geben, weil es für ihn nicht so geht, wie er will.“
Die Gerechtigkeit entgegnete: „Ich werde den geistlichen
Trost vermindern, den er früher in seinen Gebeten und
Taten hatte.“
Der Teufel sagte: „Ich werde ihm Verschlagenheit eingeben,
um schlaue Kniffe auszudenken, so dass er die Menschen
einwickeln und betrügen kann, die er zu Fall bringen
will.“
Die Gerechtigkeit antwortete: „Ich werde seinen Verstand
bis zu dem Grad vermindern, dass er auf seine eigene Ehre
und seinen Nutzen nicht mehr achtet.“
Der Teufel sagte: „Ich werde seine Sinne so verwirren,
dass er sich sogar über seine Schande, seinen Schaden und
die Gefahr für seine Seele freut, wenn er nur zeitlichen
Erfolg hat, wie er will.“
Die Gerechtigkeit erwiderte: „Ich werde bei ihm die
Vorbedacht und das genaue Überlegen vermindern, das weise
Männer in ihren Worten und Taten auszeichnet.“
Da sagte der Teufel: „Ich werde ihm den Mut und die
unpassende Angst einer Frau eingeben, und ein solches
Benehmen, dass er mehr einem elenden Landstreicher
gleicht, als einem gekrönten König.“
Die Gerechtigkeit entgegnete: „Ja, ein solches Gericht
verdient der, der sich von Gott trennt, denn er muss von
seinen Freunden verachtet werden, vom Volk in seinem Reich
gehasst und von Gottes Feinden gestürzt werden, nachdem er
die Gaben der göttlichen Liebe verachtet hat, die
geistlichen und leiblichen.“
Nun sprach die Wahrheit: „Was hier gezeigt wurde, ist
nicht wegen des Verschuldens des Königs gezeigt. Seine
Seele ist nämlich noch nicht verurteilt, sondern wird erst
im letzten Augenblick gerichtet werden, wenn die Stunde
des Aufbruchs schlägt.“
Danach sah ich, dass alle drei, nämlich die Kraft, die
Wahrheit und die Gerechtigkeit, wie der Richter waren, der
vorher gesprochen hatte. Und ich hörte eine Stimme, die an
die eines Herolds erinnerte, und die sagte: „Ihr alle
Himmel mit allen Planeten, seid still! Ihr alle Teufel,
die ihr im Dunkel seid, hört! Ihr anderen alle, die ihr an
dunklen Stellen seid, hört! Denn der höchste Kaiser hat
die Absicht, die Richter über die Fürsten der Erde
anzuhören.“
Und das, was ich jetzt unmittelbar zu sehen bekam, war
nicht körperlich, sondern geistlich, und meine geistigen
Augen wurden aufgetan, um zu hören und zu sehen. Ich sah
nun Abraham mit allen Heiligen kommen, die von seinem
Geschlecht geboren waren, und alle Patriarchen und
Propheten kamen. Ich sah die vier Evangelisten, deren
Gestalten vier Tieren glichen, wie sie an den Wänden hier
auf Erden abgebildet werden, aber sie schienen doch zu
leben und nicht tot zu sein.
Dann sah ich zwölf Stühle, und auf ihnen die zwölf
Apostel, die auf die kommende Macht warteten. Danach kamen
Adam und Eva mit den Märtyrern, den Bekennern und all den
anderen Heiligen, die von ihnen abstammen. Noch war
Christi Menschennatur oder der Leib seiner gesegneten
Mutter nicht zu sehen, sondern alle warteten darauf, dass
sie kommen würden. Auch sah man, wie die Erde und das
Wasser sich bis zum Himmel erhöhten, und alles, was in
ihnen war, demütigte sich und verbeugte sich
ehrfurchtsvoll vor der Macht.
Danach sah ich einen Altar, der auf dem Sitz der Macht
war, und auf dem Altar befand sich ein Kelch mit Wein und
Wasser sowie ein Brot in Form einer geopferten Hostie. Und
ich sah nun, wie in einer Kirche auf der Welt ein Priester
eine Messe begann, in ein priesterliches Gewand gekleidet.
Als er alles vollendet hatte, was zur Messe gehört, und an
die Worte gekommen war, mit denen er das Brot weihte,
schien es mir, als ob die Sonne, der Mond und die Sterne
mit allen Planeten und allen Himmeln, als sie sich wölbten
und kreisten, abwechselnd lieblich klingende Melodien
anstimmten. Ja, alle Arten von Gesängen hörte man, und man
sah unzählige Musikinstrumente aller Art, deren
wunderbaren Wohlklang die Sinne unmöglich fassen und
beschreiben können.
Die, die im Licht standen, betrachteten den Priester und
verbeugten sich ehrfürchtig vor der Macht, während die,
die im Dunkeln waren, zitterten und schauderten. Nachdem
der Priester Gottes Wort über dem Brot gesprochen hatte,
schien es mir, als ob dasselbe Brot sich in drei Gestalten
auf dem Thron der Majestät befinden würde, während es doch
in den Händen des Priesters blieb. Das Brot selbst wurde
ein lebendes Lamm; in dem Lamm trat ein Menschenantlitz
hervor und man sah ihnen eine lodernde Flamme, und draußen
das Lamm und das Antlitz.
Als ich aufmerksam meinen Blick auf das Antlitz richtete,
sah ich darin ein Lamm, und als ich das Lamm betrachtete,
sah ich darin das Antlitz. Neben dem Lamm saß eine
gekrönte Jungfrau. Alle Engel bedienten sie, und sie waren
ebenso zahlreich wie die Sonnenstrahlen, und ein
wunderbarer Strahlenglanz strömte vom Lamme aus. Der
heiligen Seelen waren so viele, dass mein Blick nicht ihre
Länge und Breite, die Höhe und Tiefe dieser gewaltigen
Menge messen konnte. Ich sah auch manche Plätze leer, die
fortan zu Gottes Ehre gefüllt werden sollten.
Und ich hörte von der Erde eine Stimme von unzähligen
Tausenden, die riefen: „O Herr Gott, du gerechter Richter,
richte über unsere Könige und Oberhäupter und schau auf
unser Blutvergießen und auf die Trauer und Tränen unserer
Frauen und Kinder. Betrachte unseren Hunger und unsere
Schmach, unsere Wunden und unsere Gefangenschaft, das
Niederbrennen und das Plündern unserer Häuser, und die
Vergewaltigungen unserer Jungfrauen und Ehefrauen. Gib
Acht auf das Unrecht, das die Kirchen und die ganze
Priesterschaft leiden, und schau dir die falschen
Versprechungen und den Verrat der Fürsten und Könige an,
und die Steuern, die sie in ihrer wilden Raffgier
erpressen. Sie kümmern sich nämlich nicht darum, ob
Tausende sterben, nur dass sie Raum für ihren grenzenlosen
Übermut schaffen können.“
Danach hörte man, als ob unzählige Tausend aus der Hölle
rufen würden: „O Richter, wir wissen, dass du es bist, der
alles geschaffen hat. Richte daher die Herren, denen wir
auf Erden gedient haben, denn die haben uns noch tiefer in
die Hölle versenkt. Und wenn wir dir auch Böses wünschen,
zwingt uns doch die Gerechtigkeit, anzuklagen und die
Wahrheit zu sagen.
Diese unsere irdischen Herren haben uns ohne Liebe
geliebt, denn sie fragten nach unseren Seelen nicht mehr
als nach Hunden, und es war ihnen egal, ob wir dich, Gott,
den Schöpfer von allen, liebten oder nicht, sie wollten
nur von uns geliebt und bedient werden. Sie sind des
Himmelreiches also gar nicht wert, denn sie fragen nicht
nach dir, stattdessen verdienen sie die Hölle, nachdem sie
uns ins Verderben gebracht haben, sofern ihnen deine Gnade
nicht hilft. Ja, wir wollen gern noch schlimmere Qualen
leiden, wenn nur ihre Pein in Ewigkeit dauert.
Dann riefen die, die im Fegefeuer waren (um nun in Bildern
zu sprechen): „O Richter, wir wurden zum Fegefeuer
verurteilt wegen der Reue und dem guten Willen, den wir im
letzten Augenblick hatten. Deshalb klagen wir über die
Herren, die noch auf Erden leben, denn sie hatten es
unterlassen uns mit Worten und mit Zucht zu lenken und zu
ermahnen, und uns mit heilsamen Rat und Vorbild zu
unterweisen. Stattdessen ermunterten sie uns zu schlechten
Taten und zu Sünden, und deshalb ist jetzt unsere Strafe
ihretwegen schwerer, die Zeit der Strafe länger, und die
Schande und Trübsal größer.“
Danach sagte Abraham und alle Patriarchen: „O Herr, unter
allem andern, was wünschenswert wäre, haben wir gewünscht,
dass dein Sohn aus unserem Geschlecht geboren würde. Er
ist jetzt von den Oberhäuptern der Welt verschmäht.
Deshalb bitten wir um ein Gericht über sie, denn sie
achten nicht auf deine Barmherzigkeit und fürchten sich
nicht vor deinem Gericht.“
Und die Propheten redeten und sagten: „Wir prophezeiten
die Ankunft des Gottessohnes und sagten, dass es notwendig
war, dass er für die Befreiung des Volkes von einer
Jungfrau geboren würde, dass er verraten, gefangen
genommen, gegeißelt und mit Dornen gekrönt würde und
zuletzt am Kreuze sterben würde, damit das Himmelreich
geöffnet und die Sünde ausgelöscht würde. Nachdem nun all
das, was wir gesagt haben, vollendet wurde, bitten wir um
das Gericht über die Oberhäupter der Erde, die deinen Sohn
verschmähen, der aus Liebe für sie gestorben ist.“
Auch die Evangelisten redeten und sagten: „Wir bezeugen,
dass dein Sohn all das selbst verwirklicht und vollbracht
hat, was über ihn vorausgesagt ist.“
Die Apostel redeten und sagten: „Wir sind Richter. Daher
steht es uns zu, nach der Wahrheit zu urteilen. Und die,
die Gottes Leib und sein Gebot verachten, die verurteilen
wir zur Verdammnis.“
Aber nun sagte die Jungfrau, die neben dem Lamm saß: „O
liebster Herr, erbarme dich über sie!“ Der Richter
antwortete ihr: „Es ist nicht recht, dir irgendetwas zu
verweigern, denn die, die aufhören, zu sündigen und
würdige Buße tun, die sollen Erbarmen finden, und ich
werde sie nicht verurteilen.“
Danach war ich Zeuge, wie das Antlitz, das im Lamme
sichtbar war, zum König sprach und sagte: „Ich habe dir
große Gnade widerfahren lassen, denn ich habe dir meinen
Willen gezeigt, wie du dich in deiner Regierung verhalten
sollst, und wie du dich ehrbar und klug verhalten sollst.
Ich habe dich wie eine Mutter mit holden Worten der Liebe
gelockt, und wie ein guter Vater habe ich dich mit
Ermahnungen gewarnt. Aber du gehorchtest dem Teufel und
hast mich verworfen, wie ein Mutter ein totgeborenes Kind
wegwirft um das sie sich nicht weiter kümmert, es zu
pflegen und zu stillen. Deshalb wird all das Gute, was dir
versprochen wurde, genommen und einem gegeben werden, der
nach dir kommen wird.“
Schließlich sprach die Jungfrau, die neben dem Lamm saß,
zu mir und sagte: „Ich will dir mitteilen, auf welche
Weise du die Gabe empfangen hast, geistliche Visionen zu
verstehen. Gottes Heilige haben ja den Heiligen Geist auf
verschiedene Weise empfangen. Manche von ihnen, z.B. die
Propheten, wussten im voraus, wann das eintreffen würde,
was ihnen gezeigt wurde. Andere Heilige wussten im Geist,
was sie den Menschen antworten sollten, die zu ihnen kamen
und sie nach etwas fragen würden. Andere wussten, ob die,
die weit von ihnen entfernt waren, lebten oder tot waren.
Andere wussten im Voraus, welchen Ausgang ein Kampf nehmen
würde, ehe die Kämpfer auszogen.
Aber dir ist es nur gestattet, geistliche Dinge zu hören
und zu sehen, aufzuschreiben, was du siehst, und es an die
Personen weiterzugeben, bei denen du den Befehl hast, es
zu übermitteln. Es ist dir aber nicht erlaubt, zu wissen,
ob die Person, an die du den Befehl hast, zu schreiben,
leben oder tot sind, und wieweit sie den Ratschlägen
gehorchen, die in deinem Schreiben enthalten sind und die
dir ihretwegen in geistlicher Schau von oben gegeben
wurden. Aber weil dieser König meine Worte verachtet hat,
wird sicher ein anderer kommen, der sie mit Ehrfurcht
annimmt und sie zu seinem Wohlergehen benutzt.“
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57. Kapitel |
Gottes Mutter sprach zur Braut mit den Worten: „Wegen drei
Sünden kam die Plage über das Reich, nämlich wegen
Hochmut, Unmäßigkeit und Gewinnsucht. Deshalb kann Gott
nun auch durch drei Dinge besänftigt werden, so dass die
Zeit der Plage verkürzt wird. Das erste ist, dass alle in
der Kleidung wahre Demut zeigen und maßvolle Kleider
tragen, nicht zu lang wie die der Frauen, nicht zu kurz
wie die von Gauklern, nicht albern und unnütz zerrissen,
denn so etwas missfällt Gott.
Ihre Körper sollen sie in ehrbarer Weise halten, so dass
sie nicht prahlerisch größer und stattlicher scheinen, als
wie Gott sie geschaffen hat, auch nicht kürzer und weicher
durch Bänder und Knoten und anderem solchem Tand, sondern
alles soll zum Nutzen und Gott zur Ehre dienen. Ebenso
sollen die Frauen die angeberischen Trachten abschaffen,
die sie sich aus Hoffahrt und Eitelkeit zugelegt haben,
denn den Frauen, die die alten lobenswerten Sitten ihres
Vaterlandes verschmäht haben, hat der Teufel neue
Missbräuche und unpassenden Putz für den Kopf, die Füße
und andere Glieder verordnet, um Wollust zu wecken und
Gott zu reizen.
Das zweite ist, dass man froh und willig Almosen gibt. Das
dritte ist, dass jeder Bezirkspriester im Laufe eines
Jahres einmal im Monat eine Messe für die heilige
Dreifaltigkeit singt, zu der seine ganze Gemeinde
zusammenkommt, nachdem sie bereut und gebeichtet hat, und
mit dem Vorsatz, den Tag zu fasten und zu beten und Gott
eifrig anzurufen, dass die Sünden vergeben werden und sein
Zorn gemildert wird.
Ebenso sollen die Bischöfe einmal im Monat selbst oder
durch Stellvertreter, in ihren Domkirchen eine feierliche
Prozession anordnen, eine Messe für die heilige
Dreieinigkeit verrichten, arme Menschen versammeln und
ihnen demütig die Füße waschen.“ |
58. Kapitel |
Ich
sah ein großes Schloss, wie der klare Himmel. Die
himmlische Heerschar war da, und es war unermesslich wie
der Sonnenkern. Siehe VII. Buch, Kap. 30. |
59. Kapitel |
Gottes Sohn spricht: „Weil dieser König“ usw. Siehe Kap.
27 in den beigefügten Offenbarungen. |
60. Kapitel |
Gottes Sohn spricht: „Ich habe dir vorher fünf Könige
gezeigt“ usw. Siehe Kap. 78 in den beigefügten
Offenbarungen. |
61. Kapitel |
Die
Jungfrau Maria, Gottes Mutter, sprach zur Braut Christi:
„Ich bin die, zu der der Engel“ usw. Siehe Kap. 80 in den
beigefügten Offenbarungen. |
Die beigefügten Offenbarungen sind hier leider noch nicht
veröffentlicht. Es folgt dann auf einer separaten Seite. (116
Kapitel)
Des weiteren folgen noch 6 Webseiten
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