Siebtes Buch
der himmlischen Offenbarungen der heiligen
Brigitta
Das 7. Buch
berichtet ausschließlich von Birgittas
Offenbarungen und Erlebnissen in Italien, auf
Zypern und im Heiligen Land von den Jahren
nach 1350 bis zu ihrem Tode 1372.
Inhalt – Buch 7
Die Zahlen
stehen für die Kapitel |
Das 7. Buch berichtet
ausschließlich von Birgittas
Offenbarungen und Erlebnissen in
Italien, auf Zypern und im
Heiligen Land von den Jahren nach
1350 bis zu ihrem Tode 1372.
1.
In Rom offenbart sich die Jungfrau
Maria Birgitta und verspricht dass
sie zu ihrer Zeit ins Heilige Land
kommen wird.
2.
Am Tage von Maria Lichtmess
besucht Birgitta die Kirche S.
Maria Maggiore in Rom. Da erlebt
sie eine Vision von der
Darbringung des Jesuskindes im
Tempel.
3.
In Rom offenbart sich –
wahrscheinlich in den Jahren nach
1350 – der hl. Franziskus Birgitta
und ermahnt sie, eine Wallfahrt zu
seinem Grab in Assisi zu
unternehmen. Als sie hinkam,
offenbart sich Franziskus ihr von
neuem und gibt ihr Ermahnungen.
4.
Birgitta macht – wahrscheinlich
nach 1360 – eine Wallfahrt in die
Stadt Ortona an der Ostküste
Italiens. Dort hört sie eine
göttliche Stimme über die
Reliquien des Apostels Thomas
sprechen, die dort verwahrt
wurden. Im Zusatz werden Episoden
von Birgittas Reise nach Ortona
und von ihrem Aufenthalt in dieser
Stadt erzählt.
5.
Bei ihrem Besuch in Neapel 1366
macht Birgitta Bekanntschaft mit
dem vornehmen Eleasar (Elziarius)
von Sabran, damals ein Schulkind,
später Kardinal. Nun richtet sie
an ihn ein Schreiben, in dem sie
ihn ermahnt, nur aus Eifer für
Gottes Ehre Priester zu werden,
und nicht in der Hoffnung auf eine
leuchtende Karriere.
6.
Birgitta hatte seit langem eine
Wallfahrt ins Heilige Land
geplant. Am 25. Mai 1371 wird sie
in einer Offenbarung, ermahnt,
sich endlich auf die Reise zu
begeben.
7.
Einmal im Laufe des Jahres 1371
bittet ein römischer Franziskaner
Birgitta, für ihn zu beten und
fragt sie in ein paar
theologischen Problemen um Rat.
Auf göttliche Ermahnung hin gibt
sie ihm Anweisungen für seine
Lebensführung und Wirksamkeit als
Seelsorger und bestärkt ihn in
seinem Glauben an das Wunder des
Messopfers und an die Macht der
Priester, zu binden und zu lösen.
8.
Zu demselben Franziskaner sagt
Birgitta auf göttliche Ermahnung
hin, dass es ihm nicht erlaubt
sei, das Schicksal von Papst
Johannes XXII. nach dessen Tode
kennen zu lernen, aber dass die
Aussprüche, die dieser Papst in
dem u.a. im Franziskanerorden
geführten Meinungsstreit gemacht
hatte, wie weit Christus während
seines Erdenlebens irgendwelches
Eigentum besessen habe, richtig
sind – Christus hat nämlich das
Gewand besessen, das seine Mutter
Maria ihm genäht hatte.
9.
Christus offenbart sich Birgitta
in Rom erneut – wahrscheinlich
Anfang des Jahres 1372 – und
ermahnt sie, sich ins Heilige Land
zu begeben.
10.
Birgitta hat Christi Mahnung
befolgt und Rom verlassen. Sie
macht einen Aufenthalt in Neapel
und trifft dort u.a. Erzbischof
Bernhard. In Birgittas Anwesenheit
sagt er, wenn er Papst wäre, würde
er den Priestern erlauben, im
Ehestand zu leben. Birgitta
antwortet ihm auf göttliche
Ermahnung hin, dass die
Priesterehe Gott verhasst sei.
11.
Auch Königin Johanna von Neapel
trat mit Birgitta in Verbindung.
Auf Christi Ermahnung gibt
Birgitta dieser Königin
Ratschläge, die sie in ihrer
Regierung und persönlichen
Lebensführung befolgen soll. Sie
richtet auch an den Feldherrn
Gomez de Alburnoz Ratschläge,
dessen Bekanntschaft sie zu dieser
Zeit machte, und an einen Hofmann
im Dienst von Königin Johanna.
12.
Durch Birgitta ermahnt Christus
den Erzbischof Bernhard von
Neapel, gewissenhaft über die
Priester in seinem Amtsbereich zu
wachen und selbst ein
anspruchsloses Leben zu führen.
13.
Birgitta war auf ihrer Fahrt von
Rom nach Neapel von ihren Kindern
Karl, Birger und Katharina
begleitet. In Neapel wurde Karl
krank und starb am 27. Februar
1372. Nach seinem Tode sieht
Birgitta seine Seele vor Gottes
Richterstuhl. Der Teufel streitet
mit der Jungfrau Maria und mit dem
Schutzengel um das Besitzrecht auf
seine Seele. Der Streit wird von
Christus zugunsten des Letzteren
entschieden.
14.
Im Mai 1372 langten Birgitta, ihre
Kinder und Freunde in Palästina
an. In der Grabeskirche in
Jerusalem sagt Christus zu ihr,
dass ihre Sünden nun vergeben
seien.
15.
In der Grabeskirche erlebt
Birgitta Christi Leiden aufs neue
– sie hat das vorher in Schweden
(I,10) und Italien (IV,70) erlebt.
16.
Vor der Ankunft in Palästina hatte
Birgitta im April 1372 Zypern
besucht. Sie erhielt dort eine
Offenbarung, in der Christus sich
über die Bewohner der Insel
beklagt. Weiter richtet Christus
Ratschläge und Ermahnungen an
Herzog Johannes. Dieser hatte kurz
vorher seinen Bruder, König Peter
I. von Zypern, gestürzt und führte
nun die Vormundschaft für seinen
unmündigen Neffen, Peter II.,
zusammen mit dessen Mutter,
Königin Eleonora; in der
Offenbarung wird er „der Herzog,
der verantwortlich für den Tod
seines Bruders war“, genannt.
Weitere Ermahnungen ergingen an
den Beichtvater von Johannes, an
den Beichtvater Birgittas Alfons,
an Königin Eleonora von Zypern
(Witwe Peters I. und Mutter von
Peter II.) und an den jungen,
unmündigen Peter II., den Neffen
von Eleonora und Johannes („der
neue König“).
17.
In Jerusalem gibt Jungfrau Maria
Anweisungen, wo sie wohnen soll.
18.
Von Jerusalem schreibt Birgitta
einen Brief an den jungen Peter
II. von Zypern („König von
Zypern“) und seinen Onkel und
Vormund Johannes („Fürst von
Antiochia“); sie ermahnt sie, über
den Lebenswandel des Adels und der
Priesterschaft zu wachen und
notwendige Reformen durchzuführen.
19.
In Jerusalem spricht Christus zu
Birgitta über das Volk von Zypern,
tadelt seine Sünden und drückt
seinen Wunsch aus, dass die
griechisch-orthodoxen Christen des
Inselreiches sich dem Papst in Rom
unterstellen sollen. Bei der
Rückfahrt aus dem Heiligen Land
besucht Birgitta Zypern noch
einmal – Anfang Oktober 1372 – und
gibt da Christi Worte im Beisein
von Peter II., Eleonora, Herzog
Johannes und dem königlichen Rat
öffentlich bekannt.
20.
Ein Franziskaner auf Zypern,
Martin von Aragonien, hatte
Birgitta bei ihrem ersten Besuch
auf der Insel um Rat gefragt,
wieweit es für Franziskaner
zulässig sei, Eigentum zu
besitzen. In Jerusalem spricht
Christus mit Birgitta über diese
Sache, und danach vermittelt sie
Christi Worte an den Franziskaner
weiter.
21.
Bei ihrem Besuch in Bethlehem im
Sommer 1372 hat Birgitta eine
Vision von Jesu Geburt. Diese
Vision war von grundlegender
Bedeutung für Darstellungen der
bildenden Kunst von Jesu Geburt:
Vor Birgittas Zeit stellte man die
Jungfrau Maria als eine liegende
Frau im Kindbett dar, aber seit
dem Bekannt werden von Birgittas
Vision fing man an, Maria in
kniender Stellung darzustellen,
die ihr auf dem Boden liegendes
Kind anbetet.
22.
In Bethlehem spricht Maria zu
Birgitta über Jesu Geburt.
23.
In Bethlehem sieht Birgitta die
Hirten das Jesuskind anbeten.
24.
In Bethlehem erzählt Maria
Birgitta vom Besuch der Weisen
beim Jesuskind.
25.
In Bethlehem erzählt Maria
Birgitta von den Ereignissen bei
der Geburt Jesu.
26.
Am 8. September 1372 offenbart
sich Maria Birgitta in der Nähe
von Jerusalem und erzählt ihr von
ihrer leiblichen Aufnahme in den
Himmel.
27.
Anfang des Jahres 1373 ist
Birgitta mit ihrem Gefolge nach
Neapel zurückgekehrt. Sie gibt
dort im Beisein von Erzbischof
Bernhard und mehreren geistlichen
und weltlichen Herren eine
Offenbarung bekannt, in der
Christus das Volk in Neapel
tadelt, u.a. wegen des eitlen und
sittenlosen Lebens, dessen sich
Frauen schuldig machen.
28.
In Neapel richtet Birgitta ein
schreiben an Erzbischof Bernhard,
in dem sie im Auftrage Marias
Missbräuche tadelt, die in der
Stadt herrschen: Die Gewohnheit
christlicher Hausherren,
muslimische Sklaven zu halten,
ohne sie im Christentum zu
unterweisen, sowie die verbreitete
Anwendung von Zauberei und
Beschwörungen.
29.
Ein Bischof, der zugleich
Statthalter der Provinz Ancona
ist, fragt Birgitta um Rat, wie
weit es richtig von ihm ist, von
seinem Stift abwesend zu sein, um
seinen Statthalterposten zu
verwalten. Birgitta rät ihm, zu
seinem Bischofssitz
zurückzukehren, wenn er sich
darüber klar ist, dass seine
Anwesenheit dort erforderlich ist.
30.
Christus spricht eine allgemeine
Drohung über alle Stände aus –
offenbar kurz vor Birgittas
Abreise von Neapel nach Rom.
31.
Dieses Kapitel schildert Birgittas
letzte Tage und ihren Tod in Rom
am 23. Juli 1373. |
Gottes Sohn spricht: „Meine Kirche
ist lange, lange von mir
abgewichen. Wenn meine Mutter
nicht ihre Fürbitten leisten
würde, gäbe es keine Hoffnung auf
Erbarmen. Nun bin ich aber wegen
der Gebete meiner Mutter und aller
meiner Heiligen noch so
barmherzig, dass ich meine Worte
senden will, die aus meinem Mund
hervorgegangen sind, und ihnen
meine Barmherzigkeit anbiete. Wenn
sie die annehmen wollen, will ich
mich besänftigen lassen; wenn
nicht, sollen sie meine
Gerechtigkeit erfahren.“
Gottes Sohn hat diese Worte seines
gesegneten Mundes in die Welt
gesandt. Die, die sie hören und
befolgen, sollen glücklich werden
und die ewige Seligkeit gewinnen.
|
1. Kapitel
|
Als die
hl. Birgitta, Christi Braut, in Rom
war und einmal im Gebet versunken war,
fing sie an, an die Jungfrauengeburt
und an die große Güte von Gott zu
denken, dass er sich die reinste
Mutter erwählen wollte. Und da wurde
ihr Herz von so großer Liebe zur
Jungfrau entzündet, dass sie bei sich
sagte: „O meine Frau, du Königin des
Himmels, mein Herz freut sich so, dass
der höchste Gott dich als Mutter
erwählt hat und dir eine so hohe Würde
verlieh, dass ich lieber ewig in der
Hölle gepeinigt werden wollte, als
dass du das Allergeringste von einer
so hohen Ehre oder von deiner
himmlischen Würde verlieren würdest.“
Und so stand sie entrückt, von Sinnen
und berauscht von der Süßigkeit der
Liebe, erhoben in der Ekstase innerer
Betrachtung.
Da zeigte sich ihr die Jungfrau und
sagte: „Gib Acht, meine Tochter! Ich
bin die Königin des Himmels. Weil du
mich mit einer solchen unermesslichen
Liebe liebst, will ich dir verkünden,
dass du in die heilige Stadt Jerusalem
wallfahren wirst, wenn es meinem Sohn
gefällt, und von da nach Bethlehem, wo
ich dir an der richtigen Stelle zeigen
werde, wie alles zugegangen ist, als
ich meinen Sohn Jesus Christus geboren
habe, denn so hat es ihm gefallen.“
|
2. Kapitel
|
Als
Christi Braut in Rom war, besuchte sie
am Tage von Maria Lichtmess die Kirche
Santa Maria Maggiore. Sie wurde da in
einer geistlichen Vision entrückt: Sie
sah, wie sich im Himmel alles
gleichsam wie zu einer großen Feier
rüstete und sie sah auch einen Tempel
von wunderbarer Schönheit, und da
stand dieser ehrwürdige Alte, der
gerechte Simeon, bereit, das Jesuskind
mit größtem Verlangen und mit größter
Freude in seine Arme zu schließen.
Und sie sah auch die hl. Jungfrau
kommen und den kleinen Knaben tragen,
um ihn nach dem Gesetz des Herren im
Tempel darzustellen. Eine unzählige
Menge von Engeln und verschiedenen
Heiligen Gottes und heiligen
Jungfrauen und anderen Frauen sah man
vor der hl. Jungfrau, Gottes Mutter,
vorausgehen und sie in aller Freude
und Frömmigkeit umgeben.
Vor ihr ging ein Engel mit einem
langen, breiten und blutigen Schwert,
das die bitteren Schmerzen darstellte,
die Maria beim Tode ihres
Heißgeliebten Sohnes litt. Ja, diese
Schmerzen wurden mit dem Schwert
vorausgesagt, von dem der gerechte
Simeon prophezeite, dass es durch ihre
Seele dringen würde. Und während der
ganze himmlische Hof jubelte, wurde
der Braut gesagt: „Sieh, mit welcher
großen Ehre die Himmelskönigin bei
dieser Feier für das Schwert der
Schmerzen belohnt wird, die sie beim
Leiden ihres geliebten Sohnes
ausstehen musste.“ Danach verschwand
diese Vision. |
3. Kapitel
|
Am Fest
des hl. Franziskus offenbarte sich der
hl. Franziskus der Braut Christi in
seiner Kirche in Trastevere in Rom und
sagte zu ihr: „Komm in meine Kammer,
um mit mir zu essen und zu trinken.“
Als sie das hörte, begab sie sich
gleich fort, um ihn in Assisi zu
besuchen.
Nachdem sie sich fünf Tage dort
aufgehalten hatte, wollte sie nach Rom
zurückkehren und ging deshalb in die
Kirche, um sich und ihre Begleiter dem
Schutze des hl. Franziskus
anzubefehlen. Da offenbarte er sich
ihr und sagte: „Sei willkommen! Ich
habe dich in meine Kammer eingeladen,
damit du mit mir essen und trinken
solltest. Doch sollst du wissen, dass
dieses Haus nicht die Kammer ist, über
die ich mit dir gesprochen habe,
sondern meine Kammer ist der wahre
Gehorsam, den ich stets beobachtet
habe, indem ich niemals ohne einen
Führer sein wollte. Ich hatte nämlich
immer einen Priester bei mir, dessen
Befehlen ich allen demütig gehorchte,
und das war meine Kammer.
Tu du das ebenso, denn das gefällt
Gott. Meine Speise, wodurch ich
lieblich erquickt wurde, bestand
darin, dass ich gern meine Mitmenschen
von der Nichtigkeit des Weltlebens
abzog, um mit ganzem Herzen Gott zu
dienen; die Freude, die ich dabei
empfand, schmeckte mir so gut, wie die
leckerste Kost. Aber mein Trank war
die Freude, die ich empfand, wenn ich
einige sah, die ich bekehrt hatte, wie
sie Gott mit allen Kräften dienten,
sich dem Gebet und der Betrachtung
widmeten und andere lehrten, einen
guten Wandel zu führen und der wahren
Armut nachzueifern.
Sieh, Tochter, dieser Trank erfreute
meine Seele so, dass alles auf der
Welt seinen Wert für mich verlor.
Tritt daher ein in meine Kammer und
iss diese meine Speise und trink
diesen meinen Trank, auf dass du in
Ewigkeit bei Gott erfreut wirst.“
|
4. Kapitel
|
Bei
einem Menschen, der im Gebet wachte,
sah es aus, als ob ihr Herz vor
Gottesliebe brennen würde und ganz von
geistlicher Freude erfüllt wäre, so
dass ihr Körper gleichsam gefühllos
wurde und seine Kraft verlor. Sie
hörte da eine Stimme, die zu ihr
sagte: „Ich bin der Schöpfer und
Erlöser aller. Wisse, dass eine solche
Freude, wie du sie jetzt in deiner
Seele empfindest, ein Schatz von mir
ist. Es steht ja geschrieben, dass der
Geist weht, wo er will, und du hörst
seine Stimme, aber du weißt nicht,
woher er kommt, und wohin er fährt.
Diesen Schatz beschere ich meinen
Freunden auf mannigfache Weise und
durch vielerlei Gaben.
Aber nun will ich mit dir von einem
anderen Schatz sprechen, den es noch
nicht im Himmel gibt, sondern bei euch
auf Erden. Dieser Schatz sind die
Reliquien und Leiber meiner Freunde;
ja ob die Leiber meiner Heiligen
vermodert oder frisch sind, ob sie zu
Asche und zu Staub verwandelt sind
oder nicht – so sind sie doch gewiss
mein Schatz.
Aber nun kannst du fragen: Die Schrift
sagt ja, „dort, wo dein Schatz ist, da
ist auch dein Herz. Wie kann da mein
Herz bei diesem Schatz sein, nämlich
bei den Reliquien der Heiligen? Die
höchste Lust meines Herzens ist,
allen, die die Ruhestätte meiner
Heiligen besuchen und deren Reliquien
verehren (die Heiligen, die durch
Wundertaten verherrlicht und von den
Päpsten kanonisiert sind), ewigen Lohn
zu bescheren – je nach dem Willen, dem
Glauben und der Mühe der Besucher.
Auf diese Weise ist mein Herz bei
meinem Schatz. Infolgedessen will ich,
dass du wissen und überzeugt sein
sollst, dass sich an diesem Platz mein
allerteuerster Schatz befindet,
nämlich die Reliquien meines hl.
Apostels Thomas, die sich an keinem
anderen Ort in solcher Menge und so
ungestört und unzerstückelt finden,
wie in diesem Alter. Denn als die
Stadt, wo der Leib meines Apostels
zuerst verwahrt wurde, zerstört wurde,
wurde dieser Schatz durch einige
meiner Freunde mit meiner Zulassung in
diese Stadt gebracht und in diesen
Altar gelegt.
Aber nun liegt er wie verborgen hier,
denn bevor der Leib des Apostels
hierher kam, waren die großen Männer
in diesem Reich so beschaffen, wie
geschrieben steht: „Sie haben einen
Mund, aber reden nicht, sie haben
Augen, aber sehen nicht, sie haben
Ohren, aber hören nicht, sie haben
Hände, aber greifen nicht, sie haben
Füße, aber gehen nicht.“ Wie sollten
dann solche Leute, die so gleichgültig
gegen mich, ihren Gott, sind, einem
solchen Kleinod gebührende Ehre
erweisen?
Wer also mich und meine Freunde über
alles liebt, der lieber sterben als
mich kränken will und außerdem den
Willen und die Macht hat, mich zu
ehren, und anderen befiehlt, das auch
zu tun, der soll – wer es auch ist –
meinen Schatz erhöhen und ihn ehren,
nämlich die Reliquien von diesem
meinem Apostel, den ich erwählt habe.
Deshalb soll gesagt und als etwas ganz
Sicheres gepredigt werden, dass – wie
die Leiber der Apostel Petrus und
Paulus in Rom sind, - so sind die
Reliquien meines heiligen Apostels
Thomas in Ortona.“
Die Braut antwortete und sagte: „O
Herr, haben die großen Männer dieses
Reiches keine Kirchen gebaut und
reichliche Almosen gegeben?“ Der Herr
sagte zu ihr: „Sie haben viel getan
und mir große Dinge aus Metall
geopfert, um mich gnädig zu stimmen.
Doch waren vieler Leute Almosen mir
weniger wohlgefällig, weil die Spender
ihre Ehen gegen die Bestimmungen der
heiligen Väter eingegangen sind. Und
obwohl die Ehen, die die Päpste
zugelassen haben, rechtsgültig und
wert waren, gehalten zu werden, war
doch ihr Wille verkehrt und hatte
gegen die Vorschriften der Kirche
verstoßen. Deshalb wird dies bei
meinem göttlichen Gericht erörtert und
verurteilt werden.“ |
Zusatz
|
Als Frau
Birgitta nach Ortona reiste, geschah
es ihr, dass sie und ihr Gefolge im
Freien, in kühlem Wetter und
Platzregen übernachten mussten. Im
Morgengrauen sagte Christus: „Aus drei
Gründen wird der Mensch von Trübsal
betroffen: Entweder, damit er
demütiger wird (so wurde König David
geprüft, oder deshalb, dass seine
Furcht und Behutsamkeit erhöht wird
(so, als Sara, Abrahams Frau, vom
König weggeholt wurde), oder zur
Freude und Ehre des Menschen. So ist
es auch euch ergangen. Ich habe
nämlich denen, die euch begegnet sind,
die Eingebung gegeben, euch zu sagen,
dass ihr an dem Tage nicht weitergehen
solltet, aber ihr wolltet nicht
glauben und habt deshalb dies
erlitten. Geht deshalb jetzt in die
Stadt, so wird euch mein Diener Thomas
geben, was ihr begehrt.“
Weiter offenbarte sich Christus in
Ortona und sagte: „Ich sagte dir
vorher, dass mein heiliger Apostel
Thomas mein Schatz war. Das ist gewiss
war. Denn dieser Thomas ist in
Wahrheit ein Licht der Welt, aber die
Menschen lieben das Dunkel mehr als
das Licht.“ Da zeigte sich auch der
hl. Thomas und sagte: „Nun will ich
dir den Schatz geben, den du so lange
ersehnt hast.“ Und sieh, zu derselben
Stunde trat ein kleiner Splitter aus
einem Knochen des hl. Thomas aus dem
Reliquienschrein des Heiligen aus,
ohne dass jemand daran rührte.
Birgitta nahm ihn mit Freude entgegen
und bewahrte ihn voll Ehrfurcht auf.
|
Christi
Braut, Birgitta, empfing diese
Offenbarung in Neapel, nachdem Herr
Eleasar, der Sohn der Gräfin von
Arieno, der damals ein junger Student
von guter Veranlagung war, sie gebeten
hatte, dass sie für ihn zu Gott beten
sollte. Als sie betete, offenbarte
sich ihr die Jungfrau Maria und teilte
ihr diese Offenbarung mit, in der sie
ihm die Lebensführung mitteilte, die
er beobachten solle, und sehr schön
sagt, dass die Vernunft der Türhüter
und Beschützer der Seele sein soll, um
alle Versuchungen zu verjagen und
ihnen tapfer Widerstand zu leisten, so
dass sie keinen Zutritt in das Innere
des Menschen gewinnen.
|
5.
Kapitel
|
Dem
allmächtigen Gott, von dem alles Gute
herrührt, sei Lob und Ehre, und
besonders für die Dinge, die er mit
euch in jungen Jahren getan hat! Seine
Gnade sollen wir anrufen, dass die
Liebe, die ihr zu Gott habt, von Tag
zu Tage bis zu eurem Tode wachsen
möge.
Ein reicher und mächtiger König baute
ein haus, in das er seine geliebte
Tochter setzte. Er überließ sie der
Obhut eines Mannes und sagte zu ihm:
„Meine Tochter hat Todfeinde, und
deshalb musst du sie mit aller
Sorgfalt schützen. Es sind vier Dinge,
die du mit gewissenhafter Überlegung
und ständiger Pflichttreue beachten
sollst.
Das erste ist, dass niemand das
Fundament des Hauses untergräbt. Das
zweite ist, dass niemand die
Mauerkrone übersteigt. Das dritte ist,
dass niemand die Wände des Hauses
durchbricht. Das vierte ist, dass kein
Feind durch die Tore hereinkommt.“
Herr, dieses Gleichnis, das ich aus
göttlicher Liebe an Euch schreibe
(Gott, der Erforscher aller Herzen,
sei hierfür mein Zeuge), ist geistlich
zu verstehen. Unter dem Hause verstehe
ich deinen Körper, den der
Himmelskönig aus Erde geschaffen hat.
Unter der Königstochter verstehe ich
deine Seele, die von der Kraft des
Höchsten geschaffen und in deinen
Körper gesetzt ist. Unter dem Wächter
verstehe ich die menschliche Vernunft,
die nach dem Wollen des ewigen Königs
deine Seele betreuen soll. Unter dem
Fundament verstehe ich einen guten und
unerschütterlich festen Willen, denn
auf einen solchen müssen sich alle
guten Werke gründen, und der ist der
beste Verteidiger der Seele.
Wenn dein Wille daher so ist, dass du
zu keinem anderen Zweck leben willst,
als Gottes Willen zu befolgen, und du
ihm mit Wort und Tat alle Ehre
erweist, die du kannst, und ihm mit
deinem Körper, deinen Gütern und all
deinen Kräften dienst, solange du
lebst, damit du deine Seele ihrem
Schöpfer bewahrt vor aller Unreinheit
des Fleisches übergeben kannst – o wie
sorgsam musst du da dieses Fundament,
d.h. deinen Willen, durch einen
Wächter, d.h. die Vernunft, bewachen,
damit es niemand mit seinen bösen
Anschlägen zum Schaden der Seele
untergraben kann.
Unter denen, die versuchen, dieses
Fundament zu untergraben, verstehe ich
die, die zu dir sagen: „Herr, sei ein
Laie und nimm dir eine schöne,
vornehme und reiche Gattin, so dass du
dich an Kindern und Erben erfreuen
kannst und vermeidest, von
Anfechtungen des Fleisches geplagt zu
werden!“
Andere sagen vielleicht: „Wenn du
Priester werden willst, so lehre
Bücherkünste, so dass du Magister
genannt wirst, und beschaffe dir von
Kirchengütern und Einkünften, durch
Gebete und Gaben soviel du kannst,
dann wirst du wegen deines Wissens
weltliche Ehre gewinnen und von
weltlichen Freunden und vielen
Günstlingen wegen deines großen
Reichtums geehrt werden.“
Sieh, wenn jemand dir so etwas rät,
dann sollst du gleich den Wächter,
d.h. den Verstand, ihm antworten
lassen, dass du lieber alle
körperlichen Beschwerden ausstehen
willst, als die Keuschheit verlieren.
Antworte auch, dass du Wissen und
Bücherkenntnis zu Gottes Ehre, zur
Verteidigung des katholischen
Glaubens, zur Stärkung guter Menschen
und zur Berichtigung irrender Menschen
so wie für alle die erwerben willst,
die deinen Rat und deine Unterweisung
brauchen, aber dass du nicht aus
eitler Ehre nach einem Überfluss in
diesem Leben trachten willst, sondern
nur nach deinem Lebensunterhalt und
dem Unterhalt deiner Hausangestellten,
den du brauchst.
Sage auch, dass – wenn Gottes
Vorsehung dir außerdem irgendeine
Würde verleihen will, so willst du
alle zum Nutzen deiner Mitmenschen und
zu Gottes Ehre einrichten. Und so
gelingt es sicher auch dem Wächter,
d.h. der Vernunft, die zu vertreiben,
die das Fundament, nämlich deinen
guten Willen, untergraben wollen.
Die Vernunft muss auch beharrlich und
gewissenhaft darauf achten, dass
niemand über die Mauerkrone steigt.
Unter dieser Krone verstehe ich die
Liebe, die die höchste von allen
Tugenden ist. Und du kannst überzeugt
sein, dass der Teufel nichts mehr
begehrt, als über diese Mauer zu
springen. Unaufhörlich strengt er sich
dafür an, soviel er kann, dass deine
Liebe zur Welt und die irdische Liebe
deine Liebe zu Gott übertrifft.
So oft die Liebe zur Welt die
Herrschaft über die Gottesliebe in
deinem Herzen zu erringen sucht,
sollst du also gleich, Herr, den
Wächter, d.h. die Vernunft, mit Gottes
Geboten gegen ihn schicken, indem die
Vernunft sagt, dass du lieber den Tod
des Körpers und der Seele leiden
willst, als so zu leben, dass du durch
Worte oder Taten einen so huldreichen
Gott zum Zorn reizt, und dass du
keinesfalls dein eigenes Leben, deine
Güter, deine Besitzungen oder die
Gunst deiner Verwandten und Freunde
behalten willst, um Gott gefallen zu
können – ihm allein, und ihn in allen
Dingen ehrst. Ja, dass du dich lieber
jeder Art von Leiden unterwirfst, als
einem Mitmenschen, sei es ein
Mächtigerer oder Geringerer, Schaden,
Anstoß oder Trübsal zuzufügen, und
dass du stattdessen alle deine
Mitmenschen nach des Herrn Gebot
brüderlich lieben willst.
Wenn du das tust, mein Herr, beweist
du, dass du Gott mehr liebst, als dich
selbst, und deinen Nächsten wie dich
selbst. Und da kann der Wächter, d.h.
die Vernunft, sicher ausruhen, denn
kein Feind deiner Seele kann dann die
Mauerkrone übersteigen.
Unter den Wänden verstehe ich vier
Freuden am himmlischen Hof, die ein
Mensch mit aufmerksamen Sinnen in
seinem Inneren begehren soll. Die
erste ist, sich in seinem Herzen warm
danach zu sehnen, Gott selbst in
seiner ewigen Ehre und den
unerschöpflichen Reichtümern zu sehen,
die keinem genommen werden können, der
sie einmal gewonnen hat.
Die zweite Freude ist, ständig die
lieblich klingenden Stimmen der Engel
hören zu wollen, wenn sie unermüdlich
Gott in alle Ewigkeit preisen. Die
dritte ist, mit ganzem Herzen und mit
brennender Sehnsucht zu begehren, Gott
ewig preisen zu dürfen, wie es die
Engel tun. Die vierte ist, zu
begehren, mit den Engeln und den
Seelen der Heiligen zusammen ewige
Freude im Himmel zu genießen.
Dazu ist zu bemerken, dass – wie der
Mensch, der sich im Innern eines
Hauses aufhält, Wände um sich herum
sieht, wohin er sich auch wendet – so
ist es mit einem jeden, der sich Tag
und Nacht mit höchstem Verlangen nach
diesen vier Dingen sehnt, nämlich Gott
in seiner Herrlichkeit zu sehen, die
Engel Gott loben zu hören, Gott
zusammen mit ihnen zu preisen und
ihren Trost zu genießen. Wahrlich,
wohin er sich auch wendet, und welche
Arbeit er auch beginnt, wird er stets
unbeschadet zwischen starken Wänden
bewahrt, so dass man von ihm sagen
kann, dass er schon in diesem Leben
unter den Engeln lebt und Umgang mit
Gott hat.
O mein Herr, wie sehr möchte dein
Feind diese Wände durchgraben, die
Sehnsucht nach dieser Himmelslust aus
deinem Herzen entfernen und dein
Begehren auf andere Freuden lenken,
die im Gegensatz dazu stehen, und die
deiner Seele ernsthaft schaden können.
Deshalb soll der Wächter, d.h. die
Vernunft, an den zwei Wegen genau
Wacht halten, auf denen der Feind zu
kommen pflegt.
Der erste Weg ist das Hören, der
zweite das Sehen. Durch das Hören
kommt er, wenn er dem Herzen Freude an
weltlichen Liedern eingibt, an
verschiedenen wohlklingenden
Instrumenten sowie unnützen
Geschichten und Lobtiraden auf den
eigenen Menschen, wodurch der Mensch
sich umso mehr von dem demütigen
Christus entfernt, je mehr er sich in
seinem Übermut über sich selbst
erhebt.
Deshalb soll der Wächter, d.h. die
Vernunft, einer solchen Lust
widerstehen und sagen: „So wie der
Teufel alle Demut hasst, die der
Heilige Geist dem Menschenherzen
eingibt, so will ich auch mit Gottes
Hilfe allen Prunk und alle weltliche
Hoffart hassen, die der böse Geist mit
seinem giftigen Brand in die Herzen
eingießt – ja, er soll mir so verhasst
werden, wie der Gestank von einer
verwesten Leiche, wodurch die, die ihn
in die Nase bekommen, gleich ersticken
können.
Durch das Sehen pflegt der Feind sich
gleichsam auf einem anderen Weg durch
die erwähnten Wände zu graben, und er
führt dann verschiedene Gegenstände
mit sich, nämlich allerlei Metall, die
für verschiedene Dinge und in
verschiedenen Formen geschmiedet sind,
kostbare Steine, prächtige Kleider,
stattliche Paläste, Festungen,
Grundbesitz, Fischereigewässer,
Wälder, Weingärten, große Geldgewinne
und dergleichen. Denn wenn man dies
alles heiß begehrt, dann wird es sich
zeigen, dass man damit die genannten
Wände abreißt, d.h. Freude am
Himmlischen.
Der Wächter, d.h. die Vernunft, muss
daher rasch, ehe dies das Herz zur
Begier entzündet, zum Widerstand eilen
und sagen: „Wenn ich so etwas in
meinen Besitz bekomme, will ich es in
eine Kiste legen, wo weder Diebe oder
Motten daran kommen, und so wahr mir
Gottes Gnade hilft, will ich meinen
Gott nicht dadurch erzürnen, dass ich
fremdes Eigentum begehre, und mich
nicht dadurch, dass ich anderer Leute
Eigentum haben möchte, von der
Gesellschaft derer trenne, die
Christus dienen.“
Unter den Pforten in diesem Haus
verstehe ich all das, was für den
Körper notwendig ist, und das, was der
Körper nicht entbehren kann, nämlich
Essen, Trinken, Schlafen und Wachen,
manchmal betrübt und manchmal froh zu
sein. Der Wächter, d.h. die Vernunft,
muss also diese Pforten gewissenhaft
bewachen, d.h. das für den Körper
Notwendige, und gottesfürchtig, klug
und eifrig den Feinden Widerstand
leisten, so dass sie keinen Einstieg
in die Seele finden. Deshalb soll man
vorsichtig mit Essen und Trinken sein,
so dass der Feind nicht durch
Verschwendung Einstieg gewinnt, denn
dann wird der Körper im Dienste Gottes
träge.
Andererseits muss man sich davor
hüten, dass der Feind nicht durch
allzu große Enthaltsamkeit Einstieg
gewinnt, denn dann erhält der Körper
zu dem, was getan werden soll, keine
Kräfte. Der Wärter, d.h. die Vernunft,
soll auch darauf achten, dass nicht
ein Überfluss an Gerichten für
weltliche Ehre oder Menschengunst
angewandt wird, ob du nun allein mit
deinem Hauspersonal bist oder Gäste
hast. Tu stattdessen einem jeden aus
göttlicher Liebe Gutes an, aber ohne
viele und leckere Gerichte
aufzutischen.
Weiter soll der Wächter, d.h. die
Vernunft, wachsam und aufmerksam
darauf achten, dass Speise und Trank
mit Maßen genossen wird. So soll auch
der Schlaf gottesfürchtig so bemessen
werden, so dass der Körper
bereitwillig und besser gerüstet ist,
auf alle Weise Gottes Ehre zu fördern,
wobei alle Stunden des Wachseins
nutzbringend zum Gottesdienst und
ehrbarer Arbeit verwendet werden, ohne
dass man die Last des Schlafes spürt.
Aber wenn irgendein Verdruss oder eine
Sorge eintritt, soll der Wärter, d.h.
die Vernunft, rasch mit seinem
Begleiter die Gottesfurcht walten
lassen, so dass nicht dein Zorn oder
deine Ungeduld schuld wird, dass du
Gottes Gnade verlierst und Gott schwer
gegen dich erzürnst. Und wenn dein
Herz mit irgend einer Zufriedenheit
oder Freude erfüllt wird, soll der
Wächter, d.h. die Vernunft, die
Gottesfurcht fest in dein Herz
einprägen, wodurch die Befriedigung
oder Freude mit Hilfe der Gnade Jesu
Christi so gedämpft wird, wie es dir
am meisten nützt. |
Zusatz
|
Als Frau
Birgitta in Neapel war, wurden ihr die
geheimsten Gedanken des künftigen
Kardinals Eleasar und einige besondere
zukünftige Dinge offenbart, die ihn
betrafen. Als er das hörte, wunderte
er sich und besserte sein Leben.
|
6. Kapitel
|
Als
Christi Braut sich in Rom aufhielt,
war sie eines Tages im Gebet
versunken, und ihre Seele war
entrückt. Da offenbarte sich ihr
Christus und sagte: „Bereitet euch nun
vor, nach Jerusalem zu wallfahrten, um
mein Grab und andere heilige Plätze zu
besuchen, die es dort gibt. Ihr sollt
Rom verlassen, wenn ich es sage.“
|
Bevor
Birgitta Rom verließ, um übers Meer zu
fahren, geschah es, dass ein frommer
Bruder sie wegen einiger Zweifel, die
er in seinem Gewissen hatte, um Rat
fragte. Als sie betete, offenbarte
sich ihr die Jungfrau Maria, gab eine
vollständige Antwort betreffs dieser
Zweifel und sagte außerdem, dass – wie
sündig auch der Papst und die Priester
sein mögen (solange es keine Ketzer
sind), so hat ersterer doch die
Schlüssel und die wahre Macht, zu
binden und zu lösen, und letztere die
Macht, wirklich das gesegnete
Sakrament des Leibes Christi auf dem
Altar darzubringen, wenn sie
vielleicht auch wegen ihrer Sünden der
himmlischen Ehre unwürdig sind.
|
7.
Kapitel |
Ehre
und Dank sei dem allmächtigen Gott und
seiner höchst würdigen Mutter, der
seligen Jungfrau Maria! Es schien mir
unwürdigem und sündigen Menschen, als
ob Gottes Mutter diese Worte zu mir
sagte, als ich betete: „Sage diesem
Bruder, meinem Freund, der mir durch
dich seine Bitte schickte, dass es
wahrer Glaube und vollkommene Wahrheit
ist, dass – wenn jemand durch die
Eingebung des Teufels alle Sünden
gegen Gott begangen hat, aber dann mit
wahrer Reue und dem Willen, sich zu
bessern, Buße getan und mit Demut und
brennender Liebe um Gottes
Barmherzigkeit gebeten hat, kein
Zweifel daran ist, dass dieser milde
und barmherzige Gott ebenso bereit
ist, diesen Menschen in seiner Gnade
mit großer Freude wie ein liebevoller
Vater wieder aufzunehmen, der seinen
einzigen, hoch geliebten Sohn zu ihm
zurückkehren sieht, von der
schlimmsten Schande und dem elendsten
Tod befreit. Ja, noch williger als ein
irdischer Vater vergibt dieser milde
Gott seinen Dienern alle Sünden, wenn
sie ernsthaft bereuen, demütig um
Erbarmen bitten, sich fürchten, diese
Sünden weiter zu begehen und von
ganzem Herzen Gottes Freundschaft über
alles begehren.
Sag also diesem Bruder in meinem
Namen, dass ihm Gott in seiner Güte
für seinen guten Willen und mein Gebet
nun all die Sünden vergeben hat, die
er während seines ganzen Lebens
begangen hat. Sag ihm auch, dass wegen
meines Gebets die Liebe, die er zu
Gott hat, ständig bis zu seinem Tode
zunehmen und sich keineswegs
vermindern wird. Sag ihm weiter, dass
es Gott, meinem Sohn, gefällt, dass er
in Rom bleibt, predigt, denen, die ihn
darum bitten, gute Ratschläge gibt,
Beichte hört und heilsame Bußübungen
verordnet, sofern ihn nicht sein
Vorgesetzter einmal wegen einer
notwendigen Angelegenheit nach
außerhalb der Stadt entsendet.
Dieser Bruder soll auch seine Brüder
liebevoll für ihre Übertretung mit
guten Worten, heilsamer Züchtigung und
entsprechenden Ermahnungen
zurechtweisen, soweit es in seiner
Macht steht, damit sie lernen, die
(Kloster-) regel zu beachten und sich
demütig bessern. Weiter will ich ihm
mitteilen, dass seine Messen, seine
Schriftlesungen und Gebete Gott
Wohlgefallen. Und sage ihm, dass – wie
er sich vor aller Unmäßigkeit im
Essen, Trinken und Schlafen in Acht
nimmt, so soll er sich auch sehr vor
einer allzu großen Enthaltsamkeit in
Acht nehmen, so dass er in seiner
göttlichen Arbeit und im Dienste
Gottes nicht ermüdet.
Er soll auch keine überflüssigen, aber
notwendige Kleider haben, nach der
Regel des hl. Franziskus, so dass
daraus kein Hochmut oder weltliche
Begierde folgt, denn je weniger
kostbar die Kleider waren, umso
reicher wird sein Lohn werden. Er soll
auch seinem Vorgesetzten in allem, was
Gott nicht entgegensteht, gehorchen,
und wie dieser Bruder es kann.
Sag ihm auch in meinem Namen, dass er
den Ketzern, die sagen, dass dieser
Papst nicht der richtige Papst sei,
und dass es nicht der wahre Leib
meines Sohnes Jesu Christi ist, den
die Priester auf dem Altar darbringen,
so antwortet: „Ihr kehrt Gott den
Rücken zu, und deshalb seht ihr ihn
nicht. Wendet ihm stattdessen das
Gesicht zu, denn dann könnt ihr ihn
sehen. Es ist nämlich wahr und ist
katholischer Glaube, dass – wenn der
Papst, der ohne Ketzerei ist, auch von
noch so vielen Sünden befleckt ist, so
können ihn diese Sünden oder seine
anderen schlechten Taten doch nicht so
schlecht machen, dass er nicht die
volle Autorität und Vollmacht hat, die
Seelen zu binden und zu lösen. Diese
Autorität hat er durch den hl. Petrus
und hat sie von Gott erworben. Denn
vor dem Papst Johannes hat es viele
Päpste gegeben, die jetzt in der Hölle
sind; nicht destoweniger sind die
gerechten und verständigen Urteile,
die sie auf der Welt gefällt haben,
bei Gott bestätigt und anerkannt.
Aus demselben Grunde sage ich auch,
dass alle die Priester, die keine
Ketzer sind (sie mögen im übrigen voll
von vielen anderen Sünden sein), wahre
Priester sind und in Wahrheit den Leib
meines Sohnes darbringen, Gott
wirklich mit ihren Händen auf dem
Altar berühren und die anderen
Sakramente gültig verwalten, mögen sie
auch auf Grund ihrer Sünden und
schlechter Taten der himmlischen Ehre
bei Gott unwürdig sein.“ |
8. Kapitel
|
Sage
diesem Bruder, meinem Freund, dass es
dir nicht erlaubt ist, zu wissen, wie
weit die Seele von Papst Johannes
XXII. in der Hölle oder im Himmel ist.
Es ist dir auch nicht erlaubt, etwas
über die Sünden zu wissen, die dieser
Papst an sich hatte, als er nach
seinem Tode vor Gottes Richterstuhl
kam. Aber sage ihm, dass die
Aussprüche, die Papst Johannes über
das Eigentum Christi gemacht hatte,
nichts Falsches in seinem katholischen
Glauben oder irgendeine Ketzerei
gewesen ist.
Ich, der denselben wahren Gott geboren
hat, bezeuge, dass dieser mein Sohn
Jesus Christus ein Eigentum besaß, und
das hatte er allein. Es war sein
Leibgewand, das ich mit meinen eigenen
Händen verfertigt habe, und das
bezeugt auch der Prophet, indem er im
Namen meines Sohnes sagt: „Sie haben
um mein Kleid das Los geworfen.“
Wisse auch, dass – so oft ich ihn für
seinen heiligen Leib in dieses
Leibgewand gekleidet habe, sich meine
Augen gleich mit Tränen füllen, und
mein ganzes Herz wurde von Trauer und
Trübsal gepeinigt, ja von unendlicher
Bitterkeit geplagt, denn ich wusste ja
schon, wie meinem Sohn dieses Kleid
einmal abgenommen würde, nämlich in
der Stunde seines Leidens, als er
nackt und schuldlos von den Juden
gekreuzigt wurde, und dieses
Leibgewand war das Kleidungsstück, um
das seine Henker würfelten. Niemand
hatte dieses Leibgewand, als er lebte,
außer ihm allein.
Wisse auch, dass alle die, die sagen,
dass der Papst nicht der rechte Papst
ist, und dass die Priester keine
rechten Priester oder nicht gültig
geweiht sind, und dass das, was bei
der Messfeier von den Priestern
geweiht wird, nicht der wahre Leib
meines gesegneten Sohnes ist – ja alle
die, die mit solchen Irrlehren kommen,
vom Geist des Teufels erfüllt sind.
Diese Ketzer haben einige so schlechte
Taten vollbracht und so schreckliche
Sünden gegen Gott begangen, dass sie
auf Grund ihrer schweren Schuld von
teuflischer Ungerechtigkeit erfüllt
sind und wegen ihrer Ketzerei aus der
Herde der ganzen Christenheit
ausgeschlossen und verwiesen sind, wie
Judas auf Grund der schweren Schuld,
die er durch den Verrat Christi auf
sich lud, von der heiligen zahl der
Apostel ausgeschlossen und getrennt
wurde.
Wisse aber, dass alle die von Gott
Barmherzigkeit erfahren werden, wenn
sie sich bessern wollen.“ |
9. Kapitel
|
Gottes
Sohn spricht zu der heiligen Braut
(Birgitta) und sagt: „Fahrt nun von
Rom nach Jerusalem! Warum schützt du
dein Alter vor? Ich bin der Schöpfer
der Natur; ich kann die Natur (des
Menschen) schwächen und stärken, wie
es mir gefällt. Ich werde mit Euch
sein, ich werde Euren Weg lenken, ich
werde Euch hin und nach Rom
zurückbringen und Euch mit allem
Notwendigen versehen – ja reichlicher
als ihr es je vorher gehabt habt.“
|
10. Kapitel
|
Freue
dich ewiglich, du gesegneter Leib
Gottes, in deiner ewigen Ehre, deinem
ewigen Sieg und immer währenden Macht,
eins mit deinem Vater und dem Heiligen
Geist, und auch mit deiner gesegneten,
allerwürdigsten Mutter und dem ganzen
ehrenreichen himmlischen Hof! O ewiger
Gott, dir sei gleichfalls Lob und
unendlicher Dank, weil du geruht hast,
Mensch zu werden und uns hier auf
Erden deinen ehrwürdigen Leib aus
materiellem Brot hast weihen wollen
und uns den liebevoll als Speise zur
Rettung unserer Seelen beschert hast!
Es geschah einem Menschen, der im
Gebet versunken war, dass er eine
Stimme hörte, die zu ihm sagte: „O du,
der die Gnade empfangen hat, geistlich
zu hören und zu sehen, höre nun, was
ich dir über den Erzbischof offenbaren
will, der sagte, wenn er Papst wäre,
würde er allen Klerikern und Priestern
erlauben, fleischlich eine Ehe
einzugehen. Er dachte und glaubte,
dies wäre Gott wohlgefälliger, als
dass sie so leichtfertig leben, wie
sie es jetzt tun. Er glaubte, dass
durch eine solche Ehe schwerere
fleischliche Sünden vermieden würden,
und obwohl er Gottes Willen hierin
nicht richtig verstand, war dieser
Erzbischof doch ein Freund Gottes.
Aber nun will ich dir Gottes Willen in
dieser Angelegenheit sagen, denn ich
habe ja Gott selbst geboren. Du sollst
dies meinem Bischof verkünden und ihm
sagen: Die Beschneidung wurde Abraham
gegeben, lange bevor dem Mose das
Gesetz gegeben wurde, und zur Zeit
Abrahams wurden die Menschen, ein
jeder nach seinem Verstand und nach
seinem eigenen Willen geführt, und
doch waren viele von ihnen Gottes
Freunde. Aber nachdem dem Mose das
Gesetz gegeben war, gefiel es Gott
mehr, dass die Menschen unter dem
Gesetz und dementsprechend leben
sollten, statt dass sie ihrem eigenen
menschlichen Verstand und Gutdünken
folgen würden.
In ähnlicher Weise war es mit dem
gesegneten Leibe meines Sohnes. Denn
nachdem er das neue Sakrament dieser
Eucharistie auf der Welt gestiftet
hatte und zum Himmel aufgefahren war,
wurde noch das alte Gesetz
eingehalten, so dass die christlichen
Priester in fleischlicher Ehe lebten.
Nichts destoweniger waren viele von
ihnen Gottes Freunde, denn sie
glaubten in Einfalt und Reinheit, es
würde Gott gefallen, dass christliche
Priester Ehefrauen hatten und in einer
Ehe lebten, wie es ihm früher gefallen
hatte, dass die jüdischen Priester so
lebten, und so lebten die christlichen
Priester lange Zeit in dieser Weise.
Aber dieser alte Brauch war für den
ganzen himmlischen Hof und für mich,
der seinen Leib geboren hatte, ganz
abscheulich und verhasst; wir konnten
es nicht leiden, dass dieser Brauch
von den christlichen Priestern geübt
wurde, die mit ihren Händen dieses
neue und unbefleckte Sakrament des
allerheiligsten Leibes meines Sohnes
berührten. Denn die Juden im alten
Gesetz des Alten Bundes besaßen nur
einen Schatten oder ein Vorbild zu
diesem Sakrament; die christlichen
Priester haben dagegen in diesem
gesegneten und geweihten Brot die
Wahrheit selbst, nämlich Christus,
wahrer Gott und Mensch.
Nachdem die christlichen Priester eine
Zeitlang so gelebt hatten, sandte Gott
durch seinen Heiligen Geist dem Papst,
der damals die Kirche lenkte, eine
Eingebung ins Herz, ein anderes Gesetz
darüber zu stiften, das ihm besser
gefiel: Er gab dem Papst nämlich den
Gedanken ins Herz, dass er für die
ganze Kirche bestimmen sollte, dass
sich die christlichen Priester, die
ein so heiliges und höchstwürdiges Amt
hatten, nämlich dieses kostbare
Sakrament zu verwalten, auf keinen
Fall mit der Lust der fleischlichen
Ehe beflecken sollten.
Und deshalb ist es durch Gottes vorher
gegebene Anordnung und durch sein
Urteil gerecht bestimmt, dass die
Priester, die nicht in Keuschheit und
Enthaltsamkeit des Fleisches leben,
vor Gott verdammt und gebannt sind und
verdienen, ihr Priesteramt zu
verlieren. Doch sollen die, die sich
mit dem ehrlichen Vorsatz bessern,
nicht mehr zu sündigen, von Gott
Barmherzigkeit erhalten.
Du sollst auch das wissen, dass – wenn
ein Papst den Priestern erlauben
würde, eine fleischliche Ehe
einzugehen, er von Gott auf
geistlichen Weise von demselben
Gericht betroffen werden würde, wie
der Mann, der so schwer gesündigt hat,
dass ihm die Augen nach gesetzmäßiger
Gerechtigkeit ausgerissen würden,
seine Zunge abgeschnitten und die
Lippen und seine Nase abgeschnitten
würden und ihm die Ohren, Hände und
Füße abgehauen werden, alles Blut in
seinem Körper vergossen wird und der
blutlose Körper hinausgeworfen wird,
um von Hunden und anderen wilden
Tieren gefressen wird.
So soll es auf geistliche Weise dem
Papst ergehen, der gegen Gottes
Anordnung und Willen den Priestern die
Erlaubnis gibt, eine Ehe einzugehen.
Ja dieser Papst würde sein geistliches
Augenlicht und Gehör und seine
geistlichen Worte und Taten verlieren;
seine ganze geistliche Klugheit sollte
völlig erkalten, und nach dem Tode
soll seine Seele in die Hölle geworfen
werden, um ewig gepeinigt zu werden
und dem Teufel ohne Ende zum Fraß
dienen.
Sogar wenn der hl. Papst Gregorius
eine solche Bestimmung eingeführt
hätte, wäre er von diesem Gericht
betroffen und hätte niemals Gnade von
Gott gefunden, ehe er nicht vor seinem
Tode die Verordnung demütig
zurückgenommen hätte. |
11. Kapitel
|
Ich bin
Gott und der Schöpfer aller Dinge. Ich
gab den Engeln und den Menschen ihren
freien Willen, damit die, die meinen
Willen tun wollen, auf ewig bei mir
bleiben. Aber die mir widerstreben,
trennen sich von mir. Manche von den
Engeln sind Dämonen geworden, weil sie
mich nicht lieben und mir gehorchen
wollten. Als der Mensch geschaffen war
und der Teufel meine Liebe zu ihm sah,
wurde er nicht nur mein Feind, sondern
erweckte gleichsam Streit mit mir,
indem er Adam dazu anreizte, gegen
meine Gebote zu verstoßen. Da erhielt
der Teufel durch meine Zulassung und
nach meiner Gerechtigkeit Macht über
ihn, und seit der Zeit streiten sich
der Teufel und ich, denn ich will,
dass der Mensch nach meinem Willen
lebt, während der Teufel will, dass
der Mensch seinem eigenen Begehren
folgt.
Aber in dem Augenblick, da ich den
Himmel mit meinem Herzblut öffnete,
verlor der Teufel das Recht, das er zu
haben schien, und die Seelen, die es
wert waren, wurden erlöst und befreit.
Da wurde auch das Gesetz gestiftet,
dass es auf dem freien Willen des
Menschen beruht, mir, seinem Gott, zu
folgen, um die ewige Krone zu
gewinnen. Aber wenn er dem Begehren
des Teufels folgte, dann wird er die
ewige Strafe erhalten.
So kämpfe ich und der Teufel, indem
wir die Seelen begehren, wie der
Bräutigam seine Braut. Aber ich
begehre die Seelen, um ihnen die ewige
Freude und Ehre zu schenken – der
Teufel, um ihnen ewigen Schrecken und
ewige Trauer zu bereiten. Hör nun, was
die Königin mir getan hat, mir, der
sie im Reiche hat erhöhen lassen.
|
Zusatz
|
Christus
spricht: „Schreibe ihr, dass sie
aufrichtig Beichte über alles ablegt,
was sie von ihrer Jugend an getan hat
und nach dem Rat des Beichtvaters den
festen Vorsatz fasst, sich zu bessern.
Zweitens, dass sie genau bedenkt, wie
sie in ihrer Ehe gelebt und ihre
Regierung geführt hat, denn sie wird
mir über alles Rechenschaft ablegen.
Drittens, dass sie bereit ist, ihre
Schulden zu bezahlen und das
zurückzugeben, von dem sie weiß, dass
es zu Unrecht erworben ist, denn die
Seele ist ständig in Gefahr, so lange
das behalten wird, und es führt zu
nichts, reichliche Geschenke zu geben,
wenn man nicht bezahlt, was man
schuldig ist.
Viertens, dass sie nicht das Volk mit
ihren neu eingeführten Auflagen
bedrückt, sondern stattdessen die
alten, üblichen Auflagen herabsetzt,
denn Gott hört das Seufzen und die
Rufe der Elenden. Fünftens, dass sie
gerechte Berater ohne Gewinnsucht hat
und ihre Urteile solchen anvertraut,
die die Wahrheit lieben, nicht für
irgendjemanden Partei ergreifen und
nicht versuchen, sich zu bereichern,
sondern sich mit dem begnügen, was
notwendig ist.
Sechstens, dass sie zu bestimmten
Zeiten jeden Tag an Gottes Wunden und
sein Leiden denkt, denn dadurch wird
die Gottesliebe im Herzen erneuert.
Siebtens, dass sie zu bestimmten
Zeiten Arme um sich sammelt, ihnen die
Füße wäscht und sie erquickt, und dass
sie alle ihre Untertanen aufrichtig
liebt, die Streitenden zur Eintracht
bringt, und die zu Unrecht Gekränkten
tröstet.
Achtens, dass sie ihre Gaben klug und
nach ihren Einkünften verteilt, so
dass sie die einen nicht belastet und
andere bereichert, sondern dass sie
die Stellung von manchen klug
erleichtert und keine Menschen
bedrückt. Neuntens, dass sie kein
größeres Gewicht auf die Gelder von
Verbrechern als auf Gerechtigkeit
legt, sondern die Beschaffenheit des
Vergehens in Betracht zieht und das
größte Mitleid zeigt, wo sie sieht,
dass die Demut am größten ist, wobei
sie sich von aller Gewinnsucht
freimacht.
Zehntens, dass sie zu Lebzeiten alle
Anstalten trifft, dass das Reich nach
ihrem Tode eine ruhige und sichere
Stellung erhält, denn ich sage ihr
voraus, dass sie hinfort keine
leiblichen Nachkommen erhalten wird.
Elftens, dass sie sich mit den Farben
und der Färbung ihres Gesichts
begnügt, mit denen sie Gott geschmückt
hat, denn fremde Farben missfallen
Gott sehr.
Zwölftens, dass sie demütiger wird und
von aufrichtiger Reue über ihre Sünden
ergriffen wird, denn in meinen Augen
hat sie die Seelen vieler geraubt und
ist mit meinen Gütern und den Plagen
meiner Freunde unachtsam umgegangen.
Dreizehntens soll sie ständig Furcht
in ihrem Herzen empfinden, denn
während ihrer ganzen Zeit hat sie eher
das Leben einer Schlampe als das einer
Königin geführt.
Vierzehntens soll sie auf weltliche
Gewohnheiten und auf allzu elegante
Schuhe verzichten, und die noch
verbleibende kurze Zeit soll sie zu
meiner Ehre verwenden, denn bisher hat
sie mich so betrachtet, wie der Mensch
es tut, der nicht an seine Sünden
zurückdenkt. Sie soll also Furcht
haben und so leben, dass sie es
vermeidet, mein Gericht kennen zu
lernen. Denn wenn sie nicht auf mich
hört, werde ich sie richten, nicht wie
eine Königin, sondern wie eine
undankbare Abtrünnige, und ich werde
sie vom Scheitel bis zur Sohle
geißeln, so dass sie für mich und
meine Engel und Heiligen zur Schande
wird.“ |
Noch eine
Offenbarung |
Christus
spricht: „Schreibe mit wenigen und
leichten Worten, wie der Heilige Geist
es dir eingeben wird, und sende das
Ganze durch meinen Bischof an die
Königin!
Ebenso über eine Königin. Man sah eine
Frau in einem Hemd stehen, überspritzt
mit Samen und Schmutz. Und man hörte
eine Stimme: „Dies ist eine Äffin, die
am stinkenden Hinterteil riecht; sie
hat Gift im Herzen, fügt sich selbst
Schaden zu und stürzt sich blind in
ihre Schlingen.“ Sie schien weiter
eine Krone aus Ruten zu haben,
bespritzt mit Menschenkot und
Straßenschmutz, und schien nackt auf
einem Balken zu sitzen, der sich
senkte.
Und gleich erschien eine wunderschöne
Jungfrau, die sagte: „Diese freche und
unverschämte Frau wird von den
Menschen für die Herrscherin der Welt
gehalten, aber Gott ist sie verhasst,
wie du siehst.“ Und die Jungfrau fügte
hinzu: „O Frau, bedenke deinen Eingang
und achte auf das Ende, und öffne die
Augen deines Herzens und sieh: deine
Berater hassen deine Seele!“
So ist es mit einer Königin. Eine Frau
erschien, die auf einem goldenen Thron
saß, und zwei Neger standen vor ihr,
der eine zur Rechten, und der andere
zur Linken. Der rechte sagte: „Du
Löwin, ich biete dir Blut an. Nimm es
und spuck es aus, denn es ist eine
Eigenheit bei der Löwin, nach Blut zu
dürsten.“ Der linke sagte: „O Frau,
ich biete dir hier Feuer in einem Topf
an. Nimm es an, denn du hast die Natur
des Feuers, und schütte es ins Wasser,
so dass dein Andenken im Wasser ist,
wie hier auf Erden.“
Danach zeigte sich eine Jungfrau von
wunderbarer Schönheit, und bei ihrem
Anblick nahmen die Neger Reißaus. Sie
sagte: „Diese Frau ist in einer
schlimmen Lage. Wenn sie ihren Willen
durchsetzt, wird er vielen zur
Trübsal. Wenn sie selber Trübsal
leiden muss, wird es ihr zum Nutzen
für das ewige Leben. Doch sie will
selbst nicht ihren Willen aufgeben
oder leiden, was Gott will, und
deshalb wird sie, wenn sie ihrem
Eigenwillen überlassen wird, weder
sich selbst noch anderen zur Freude.“
Darauf zeigte sich Gottes Sohn und
sagte: „Diese Frau hat etwas getan,
was mir wohlgefiel. Daher will ich ihr
um der Gebete meiner Freunde willen
mitteilen, dass sie der Schmähung der
Menschen und dem Verderben ihrer
eigenen Seele entflieht, wenn sie
gehorcht; wenn sie nicht gehorcht,
wird sie der Gerechtigkeit nicht
entgehen, nachdem sie die Stimme des
Vaters nicht hören wollte.“
Über Herrn Gomeg. Gottes Mutter sagt:
„Rate ihm, Gerechtigkeit zu üben, wo
immer er kann. Wenn er bei sich weiß,
dass er zu unrecht erworbene Güter
hat, soll er sie unverzüglich
zurückerstatten. Er soll sich auch
davor hüten, seine Untertanen mit
unsittlichen Auflagen zu belasten,
sondern zufrieden sein mit dem, was er
hat, denn das wird ihm ausreichen,
wenn er maßvoll und klug damit
haushält.
Andere Frauen als seine Ehefrau soll
er scheuen wie Gift, und er soll kein
Kriegsheer gegen jemanden senden oder
selbst an einem solchen Feldzug
teilnehmen, wenn er nicht sicher ist,
dass er das Recht auf seiner Seite
hat, und dass der Krieg gerecht ist.
Er soll auch seinen Gewinn darin
suchen, öfter zu beichten und den Leib
Christi (in der Kommunion) zu
empfangen, und zu gewissen Zeiten am
Tage an Christi Leiden und seine
Wunden denken.“
Über Antonio von Carleto. Christus
spricht: „Sag der Königin, dass sie
diesen in seinem Stande bleiben lässt.
Wenn er zu höheren Würden aufsteigt,
wird es verfänglich für seine Seele,
und weder er selbst noch seine Freunde
werden dadurch Freude haben.“ So ging
es auch. |
Diese
Offenbarung wurde Birgitta in Neapel
auf Wunsch von Herrn Bernhard,
Erzbischof von Neapel, mitgeteilt.
|
12.
Kapitel |
Christus spricht zur Braut und sagt:
„Sag ihm, wenn er nach der
Gerechtigkeit des göttlichen Gerichts
Bischof genannt werden will, so darf
er nicht die Sitten und Gewohnheit
vieler nachahmen, die jetzt Lenker der
Kirche sind. Ich habe von einer
Jungfrau Menschengestalt angenommen,
damit ich mit Worten und Taten das
Gesetz erfülle, das von Ewigkeit von
Gott bestimmt war; ich habe die Pforte
des Himmels mit meinem Herzblut
geöffnet und durch Wort und Tat den
Weg erhellt, so dass alle mein
Beispiel nutzen können, um das ewige
Leben zu verdienen.
Aber ach, die Worte, die ich sagte,
und die Werke, die ich auf Erden getan
habe, die sind jetzt fast ganz
vergessen, und niemand hat soviel dazu
beigetragen, wie die Vorsteher der
Kirche, die voller Hochmut,
Gewinnsucht und voll Verderbtheit
körperlicher Lust sind, was alles
gegen meine Gebote und die ehrwürdigen
Verordnungen der heiligen Kirche
verstößt, die meine Freunde in ihrer
großen Frömmigkeit nach meiner
Himmelfahrt gestiftet haben, als ich
meinen Willen auf Erden vollendete.
Diese bösen Kirchenfürsten haben,
erfüllt von der Bosheit des bösen
Geistes, den Menschen nämlich
Beispiele gegeben, die sehr schädlich
für die Seele sind, und deshalb kommt
es mir zu, volle Gerechtigkeit von
ihnen zu fordern, über sie Gericht zu
halten, sie aus dem Lebensbuch im
Himmel auszustreichen und sie zu
meinem Feinde Luzifer in die Hölle zu
versetzen, damit sie in dem Räumen der
Hölle ewig gepeinigt werden.
Doch sollst du wissen, dass ich – wenn
sie sich vor ihrem Tode bessern
wollen, mich von ganzem Herzen lieben
und sich von Sünden enthalten, bereit
sein werde, ihnen Barmherzigkeit zu
erweisen. Sag ihm also in deinem Namen
diese Worte, die hier folgen: „Mein
Herr, es geschieht zuweilen, dass aus
einem schwarzen Ofen eine schöne
Flamme ausschlägt, die nützlich und
höchst notwendig ist, wenn es gilt,
schöne Arbeiten anzufertigen. Doch
darf man deshalb den Ofen nicht wegen
seiner schwarzen Farbe rühmen, sondern
soll dem, der der Meister und Künstler
für diese Werke ist, Lob, Ehre und
Dank erweisen. Ebenso ist es mit mir
Unwürdigem, wenn ihr etwas Nützliches
in meinen Ratschlägen findet, denn
dann müsst ihr nicht mir unendlich
Dank und willigen Dienst darbringen,
sondern Gott selbst, der alles macht
und tut und den vollkommenen Willen
hat, Gutes zu tun.
Mein Herr, ich beginne zuerst, darüber
zu sprechen, was die Erlösung vieler
Seelen betrifft. Ich rate euch also,
dass ihr – wenn ihr Gottes
Freundschaft haben wollt – weder
selbst noch durch einen anderen
Bischof manche (Priester) zu den
heiligen Weihen zulasst, wenn sie
nicht vorher durch gute Kleriker genau
geprüft sind und nach ihrem Wandel und
ihren Sitten für so geeignet befunden
sind, dass man von ihnen auf das
Zeugnis weiser und wahrheitsliebender
Männer hin sagen kann, dass sie einer
solchen Arbeit würdig sind.
Gebt auch genau darauf Acht, dass alle
Bischöfe (? lyd biskoper) in eurem
Erzbistum gleichermaßen verfahren,
denn niemand kann sich vorstellen, wie
groß Gottes Zorn gegen solche Bischöfe
ist, die nicht danach fragen und genau
untersuchen, wie die beschaffen sind,
die sie zu so hohen Weihen in ihren
Bistümern befördern. Ob sie das auf
Grund von Bitten anderer Menschen oder
ihrer eigenen Nachlässigkeit tun, aus
Leichtsinn oder Furcht – sie müssen
vor Gottes Richterstuhl die strengste
Rechenschaft darüber ablegen.
Ich rate euch auch, zu untersuchen,
welche Priester in eurem Stift mit
Seelsorge zu tun haben, und sie
mindestens einmal im Jahre in eurer
Nähe zu versammeln, um mit ihnen das
zu besprechen, was die Erlösung ihrer
eigenen Seelen und die ihrer
Gemeindeglieder betrifft. Und wenn
sich vielleicht nicht alle an
demselben Tag versammeln können, so
sollen bestimmte Zeiten festgelegt
werden, wann sie jedes Jahr jeder für
sich zu euch kommen und mit euch
beraten, so dass sich keiner von ihnen
damit entschuldigen kann, dass er im
ganzen Jahre nicht die Zeit gehabt
hat, zu kommen und sich mit euch zu
beraten. Ihr sollt ihnen dann
klarmachen, welches Leben die führen
müssen, die ein so hohes Amt
bekleiden.
Wisst auch, dass die Priester, die
Mätressen haben und doch die Messe
zelebrieren, Gott ebenso gefallen, wie
die Einwohner von Sodom, die von Gott
in die Hölle versenkt wurden. Und
obwohl die Messe an und für sich immer
dieselbe ist und eine ebenso große
Wirkungskraft hat, so gefällt doch der
Friedenskuss, den solche liederlichen
Priester in der Messe erteilen, Gott
ebenso wenig wie der Kuss, mit dem
Judas den Erlöser aller Menschen
verriet. Versucht also immer so weit
wie möglich darauf hinzuwirken, dass
sie sich bemühen, ein keusches Leben
zu führen, besonders da sie das
allerheiligste Sakrament austeilen und
es mit ihren Händen anderen
Christgläubigen geben.
Weiter sollt ihr alle höheren
Priester, d.h. Prälaten und Domherren
und auch niedrigere Priester, die
eurer Jurisdiktion unterstellt sind
und kirchliche Einkünfte beziehen,
ermahnen dass sie sich ganz und gar
bessern. Und niemand soll glauben,
dass es ihm, wenn er sich nur von
Sodom fernhält, erlaubt wäre,
irgendeine Art von Unzucht zu
betreiben. Es darf ihnen aus diesem
Grunde nicht erlaubt sein, sich mit
Frauen zu vermischen, denn jeder
Christ, der Verstand hat und sich
nicht um das ewige Leben kümmert,
solange er auf Erden lebt, wird nach
dem Tode ohne Zweifel die schlimmsten
Höllenqualen in Ewigkeit ertragen.
Ich rate euch auch, dass euer
Dienstpersonal nicht allzu zahlreich
sein soll, so dass es nach Hoffahrt
aussieht, sondern der Notwendigkeit
und den Erfordernissen eurer Stellung
entspricht. Die Kleriker, die eure
Begleiter genannt werden, sollt ihr,
wo immer ihr seid, eher für euer gutes
Ansehen als für eitle Ehre und Prunk
halten; sie sollen übrigens eher
wenige, als viele sein. Aber solche
Kleriker, die ihr nur deshalb haltet,
damit sie die Stundengebete singen,
Studien treiben und andere ermahnen
oder schriftliche Arbeiten verrichten,
die sollt ihr haben, soviel es euch
beliebt; ihr sollt aber eine möglichst
genaue Aufsicht über ihre gebührende
Zucht und Ermahnung und das
Wohlergehen ihrer Seele führen.
Gebt auch Acht auf eure anderen
Diener, dass ein jeder von ihnen sein
Beschäftigung hat, und wenn manche von
ihnen überflüssig sein sollten, sollt
ihr sie nicht für umsonst behalten, so
dass euer Herz nicht hochmütig wird,
weil ihr mehr Diener habt, als eure
Amtsbrüder. Die wirklich notwendigen
Diener, die ihr bei euch habt, sollt
ihr stets im Auge haben; ihren
Lebenswandel müsst ihr wie ein guter
Hausvater genau prüfen, ihre
Tätigkeit, ihren Wandel und ihre
Sitten korrigieren, sie väterlich mit
guten Lehren hegen und pflegen und sie
ermahnen, so dass sie lernen, Sünden
und Laster zu fliehen und zu
versuchen, Gott über alles zu lieben.
Es gefällt nämlich Gott mehr und ist
nützlich für euch selbst, dass ihr
keinen Diener bei euch habt, der sich
nicht von klugen Ratschlägen belehren
lassen will oder seine Verfehlungen
demütig bessern will.
Was eure Kleider betrifft, so rate
ich, dass ihr nie mehr als drei
Garnituren gleichzeitig habt; was
darüber ist, sollt ihr gleich Gott
schenken. Von Schlafanzügen,
Handtüchern und Tischtüchern sollt ihr
nur so viel behalten, was notwendig
und nützlich für euch ist; gebt das
Übrige Gott! Von Silbertellern und
silbernen Krügen sollt ihr auf eigene
Rechnung so viel behalten, was für
eure eigene Person und für die Gäste
gebraucht wird, die an eurem Tische
essen; was überflüssig ist, sollt ihr
frohen Sinnes Gott schenken, denn eure
Diener und die Gäste, die an anderen
Tischen als an eurem sitzen, können
aus Zinn-, Ton-, Holz- oder
Glasgefäßen trinken, ohne dass es
ihnen peinlich ist. Denn die Sitte,
die jetzt in Bischofs- oder
Herrenhäusern herrscht, nämlich eine
Vielzahl von Gold- und Silbersachen zu
haben, ist Gott im höchsten Grad
zuwider, der sich um euretwillen
völliger Armut unterwarf, und ist sehr
verderblich für eure Seelen.
Hütet euch ferner vor allzu vielen und
feinen Gerichten bei Tisch. Habt auch
nicht allzu große und teure Pferde,
sondern solche, die mäßig an Größe und
im Preise sind. Denn die großen Pferde
werden von denen gebraucht, die sich
den Gefahren des Krieges aussetzen, um
das Recht zu verteidigen und das Leben
zu schützen – nicht aus Hochmut. Ich
sage euch: So oft Prälaten aus
Hochmut, Eitelkeit und Ehrgeiz große
Pferde besteigen, besteigt der Teufel
auch ihr Herz.
Denn ich kenne eine Person, die sah,
wenn Prälaten und Kardinäle aus
Hoffahrt ihre Füße, um auf den Rücken
ihrer großen Pferde zu reiten, wie
Teufel in Gestalt von Negern auch die
Füße haben, den Prälaten an den Hals
führen und hohnlachend dasaßen, und so
oft die Prälaten in Hoffahrt ihre
Pferde anspornten, hoben die Neger
voll Freude ihre Köpfe und setzten
diesen Reitern die Sporen auf die
Brust.
Weiter rate ich, dass ihr eure
Priester im Vikariat unter Eid
versprechen lassen sollt, dass sie
sich nicht im Namen eures Amtes
erdreisten sollen, etwas gegen die
Gerechtigkeit zu tun. Wenn sie dann
doch dagegen handeln, sollt ihr sie
nach Gerechtigkeit züchtigen lassen.
Wenn ihr so handelt, wie ich jetzt
gesagt habe, könnt ihr euch darauf
verlassen, dass euer Gewissen rein
ist.
Weiter gebe ich einen Rat zum Trost
für die Seelen eurer Verstorbenen,
über die ihr mich befragt habt,
wieweit sie im Fegefeuer sind oder
nicht, und welche Liebeswerke ihr für
sie tun müsst. Ich antworte und sage,
dass ihr jeden Tag zwei Arme
beköstigen und jede Woche einen Florin
für arme Leute gebt. Sagt auch zu den
Priestern im Kreise (socken), dass sie
ihre Bewohner ermahnen und sie wegen
der offenbaren Sünden zurechtweisen,
die unter ihre Jurisdiktion fallen, so
dass sie ein besseres Leben führen
können. Die, die sich nicht
zurechtweisen lassen wollen, sollen
von euch bestraft werden.
Wenn ihr einige kennt, die offen gegen
Gott und die Gerechtigkeit sündigen,
und wenn diese so mächtige und
gewaltige Herren sind, dass ihr nicht
in der Lage seid, das Recht bei ihnen
durchzusetzen, sollt ihr mit leichten
und milden Worten zu ihnen sprechen,
dass sie sich bessern. Wenn sie nicht
gehorchen wollen, sollt ihr sie Gottes
Gericht überlassen, und Gott wird
sehen, dass euer Wille gut ist.
Man darf ein sanftmütiges Lamm nicht
in den raubgierigen Rachen des Wolfes
werfen, denn dadurch wird der Wolf nur
noch wilder, doch sollt ihr sie
liebevoll vor der Gefahr ihrer Seele
warnen, wie es ein Vater mit seinen
Kindern tut, wenn sie gegen ihn
handeln. Ihr sollt es auch nicht
unterlassen, aus körperlicher Furcht
zu strafen, sofern dadurch keine
Gefahr für die Seelen entstehen kann.
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13. Kapitel
|
Die
Jungfrau Maria spricht zur hl.
Birgitta und sagt: „Ich will dir
sagen, wie ich mit der Seele deines
Sohnes Karl verfahren bin, als sie vom
Körper getrennt wurde. Ich habe
gehandelt wie eine Frau, die bei einer
Gebärenden steht und dem Kinde hilft,
dass es nicht in dem fließenden Blut
ertrinkt oder in der engen Öffnung
erstickt, durch die es austritt, und
auch darauf achtet, dass die Feinde
des Kindes, wenn sie im selben Hause
sind, es umbringen können.
In dieser Weise habe ich gehandelt.
Ich stand nämlich bei deinem Sohn
Karl, kurz bevor er den Geist aufgab,
damit er die fleischliche Liebe nicht
so stark im Gedächtnis haben sollte,
dass er deshalb etwas denken oder
sagen würde, das Gott missfällt, oder
etwas unterlassen würde, was Gott
gefällt, oder zum Schaden seiner Seele
etwas verwirklichen würde, was Gottes
Willen widerspricht. Ich half ihm auch
in der engen Öffnung, nämlich beim
Ausgang seiner Seele aus dem Körper,
so dass er keine so schwere Todesqual
leiden sollte, dass er dadurch
ungeduldig werden oder vielleicht
verzweifelte und Gott in seiner
Todesstunde vergessen würde.
Ich habe auch die Seele vor ihren
Todfeinden, nämlich den Teufeln,
geschützt, so dass keiner von ihnen
sie berühren könnte. Sobald sie den
Körper verließ, nahm ich sie in meine
Obhut und Verteidigung, und da machte
sich augenblicklich die ganze
Teufelsschar davon, die sie in ihrer
Bosheit verschlingen und ewig peinigen
wollte. Aber wie nach Karls Tode über
seine Seele Gericht gehalten wurde,
das werde ich dir zeigen, wenn es mir
gefällt.“
Die zweite Offenbarung über dasselbe
Thema.
Nach einigen Tagen zeigt sich die
Jungfrau Maria wieder Frau Birgitta,
als sie im Gebet wachte. Da sagte sie:
„Durch Gottes Güte ist es dir jetzt
gestattet, zu sehen und zu hören, wie
über die genannte Seele Gericht
gehalten wurde, als sie den Körper
verließ. Was da in einem Augenblick
vor Gottes unfassbarer Majestät
geschah, das wird dir in einem
gewissen Zeitabstand und durch ein
Gleichnis ausführlich gezeigt werden,
so dass es dein Verstand fassen kann.“
In derselben Stunde sah Frau Birgitta
sich in einen großen und schönen
Palast versetzt, wo der Herr Jesus
Christus Gericht hielt, gekrönt wie
ein Kaiser und umgeben von einer
unzähligen Schar dienender Engel und
Heiliger. Bei ihm stand seine
hochwürdige Mutter, die aufmerksam auf
das Urteil hörte. Vor dem Richter sah
man auch eine Seele stehen, sehr
furchtsam und zitternd, nackt wie ein
neugeborenes Kind und gleichsam völlig
blind, so dass sie nichts sah, aber in
ihrem Bewusstsein doch verstand, was
im Palast gesprochen und getan wurde.
Ein Engel stand rechts vom Richter
neben der Seele, und ein Teufel auf
der linken Seite, aber keiner kam an
die Seele heran oder berührte sie.
Da rief der Teufel und sagte: „Höre,
allmächtiger Richter! Ich klage vor
dir über eine Frau, die meine
Herrscherin und deine Mutter ist, und
die du so liebst, dass du ihr die
Macht über Himmel und Erde und über
uns alle Geister des Abgrunds gegeben
hast. Sie hat mir nämlich Unrecht in
dem getan, was diese Seele betrifft,
die hier steht. Von Rechtswegen hätte
ich gleich, sobald diese Seele den
Körper verließ, mit Beschlag belegen
müssen und sie mit meiner Gesellschaft
vor deinen Richterstuhl führen müssen.
Aber sieh, du gerechter Richter –
diese Frau, deine Mutter, nahm diese
Seele mit in ihre Hände, kaum dass sie
aus dem Mund des Mannes gekommen war,
in ihre starke Verwahrung und führte
sie zu deinem Richterstuhl!“
Die Jungfrau Maria antwortete: „Das
tat ich um der brennenden Liebe
willen, die er für mich hatte, und
wegen der Freude, die er darüber
empfand, dass ich Gottes Mutter bin.
Daher erwirkte ich von meinem Sohn die
Gnade, dass kein böser Geist ihm nahen
durfte, wo er auch war, ja nicht
einmal da, wo er jetzt ist.“
Danach sprach der Teufel zum Richter
und sagte: „Ich weiß ja, dass du
selber die Gerechtigkeit und Macht
bist. Du urteilst über einen Teufel
nicht ungerechter, als über einen
Engel. Sprich mir also diese Seele zu!
Mit der Kenntnis, die ich erhielt, als
du mich geschaffen hast, habe ich alle
ihre Sünden aufgeschrieben, und mit
der Bosheit, die ich besaß, als ich
vom Himmel fiel, habe ich sie
aufbewahrt. Denn sobald diese Seele in
das Alter kommt, wo sie Unterschiede
machen kann, dass sie richtig
versteht, dass es Sünde war, was sie
getan hat, da zog sie der eigene Wille
dazu, lieber in weltlicher Hoffahrt
und irdischen Vergnügungen zu leben,
als solchen Dingen zu widerstehen.“
Der Engel erwiderte: „Sobald seine
Mutter merkte, dass sein Wille zur
Sünde neigte, kam sie ihm mit Werken
der Barmherzigkeit und täglichen
Gebeten zu Hilfe, dass Gott seiner
erbarme, und dass er sich nicht von
Gott entfernen sollte, und wegen
dieser Werke seiner Mutter erhielt er
auch die Gottesfurcht, so dass er –
sobald er in eine Sünde geriet, gleich
eilen sollte, zu beichten.“
Der Teufel gab zur Antwort: „Mir steht
es zu, seine Sünden zu erzählen.“ Und
er wollte beginnen, aber im selben
Augenblick fing er an, zu schreien und
zu weinen, und bei sich selber genau
nachzusuchen, sowohl im Kopf und in
allen Gliedern, die er scheinbar
hatte, und man sah ihn zittern, so
groß er war, und in seiner großen
Bestürzung rief er: „Weh mir Elendem!
Nun ist meine lange Arbeit zu nichts
nütze. Nicht nur der Text selbst ist
jetzt vernichtet und vergessen,
sondern auch das Material ist
verbrannt, worauf alles geschrieben
worden ist. Das Material gibt die
Fälle an, wo er gesündigt hat, und an
die erinnere ich mich ebenso wenig wie
an die Sünden, die darauf geschrieben
waren.“
Der Engel antwortete: „Das haben die
Tränen und die lange Arbeit seiner
Mutter und ihre Gebete verursacht. Der
mitleidige Gott hat ihre Klage gehört
und hat ihrem Sohn diese Gnade
geschenkt: Dass er für jede Sünde, die
er begangen hat, Reue empfand, so dass
er demütig aus Liebe zu Gott
beichtete. Deshalb sind diese Sünden
in deinem Gedächtnis vergessen.“
Der Teufel antwortete, dass er noch
einen Sack voll Schriften hätte, d.h.
die Bußübungen, die dieser Ritter für
seine Sünden machen wollte, es aber
doch versäumt hat. „Deshalb steht es
mir zu“, sagte er, „ihn solange zu
peinigen, bis für alle die Sünden
Genugtuung geleistet ist, um die sich
dieser Ritter nicht gekümmert hat, sie
in seinem Leben zu bessern.“
Der Engel sagte: „Mach den Sack auf
und fordere Gericht über die Sünden,
für die es dir zusteht, die Seele zu
peinigen!“
Da rief der Teufel wie ein Verrückter:
„Ich bin in meiner Macht geplündert!
Jetzt hat man mir nicht nur den Sack
geraubt, sondern auch die Sünden, mit
denen er gefüllt war. Der Sack, in den
ich alle Ursachen gelegt hatte, für
die ich ihn zu strafen hätte, war sein
Leichtsinn, denn aus Leichtsinn
unterließ er viele gute Dinge.“
Der Engel antwortete: „Die Tränen
seiner Mutter haben dich beraubt, den
Sack aufgerissen und die Schrift
zerstört, denn so sehr haben ihre
Tränen Gott gefallen.“
Der Teufel sagte: „Noch etwas habe ich
hier vorzubringen, nämlich seine
verzeihlichen Sünden.“
Der Engel erwiderte: „Er hatte den
Willen, von seinem Vaterland eine
Wallfahrt zu unternehmen, er verließ
seine Güter und Freunde, besuchte
unter vielfachen Mühen heilige Plätze
und führte dies auch durch, und er
bereitete sich auch so vor, dass er
würdig war, den Ablaß der heiligen
Kirche zu gewinnen. Dadurch, dass er
seine Sünden besserte, wollte er auch
Gott, seinen Schöpfer, gnädig Stimmen.
Deshalb sind ihm auch all die Fälle
vergeben, von denen du sagtest, sie
seien als Sünden aufgeschrieben.“
Der Engel erwiderte: „Streck die Zunge
aus und zeige die Schrift!“ Der Teufel
jammerte laut und schrie wie ein
Verrückter. Er sagte: „Weh mir, ich
habe nicht ein einziges Wort zu sagen,
denn meine Zunge ist mit der Wurzel
abgeschnitten, und all ihre Kräfte
sind dahin.“
Der Engel antwortete: „Das hat seine
Mutter mit ihren unermüdlichen Gebeten
und ihrer Mühe erreicht, denn sie
liebte seine Seele von ganzem Herzen.
Um ihrer Liebe willen hat es Gott
gefallen, ihm all seine verzeihlichen
Sünden zu verzeihen, die er von Jugend
an bis zu seinem Tode begangen hat,
und deshalb scheint deine Zunge ihre
Kräfte verloren zu haben.“
Der Teufel entgegnete: „Ich habe noch
eine Sache gut in meinem Herzen
versteckt, und die kann niemand
auslöschen. Das ist, dass er etwas zu
Unrecht erworben hat und nicht daran
dachte, es zurückzugeben.“
Der Engel sagte: „So etwas hat seine
Mutter mit Almosen, Gebeten und Werken
der Barmherzigkeit gutgemacht, so dass
die Strenge der Gerechtigkeit in milde
Barmherzigkeit umgewandelt wurde, und
Gott gab ihm den festen Willen, seine
Güter nicht zurückzuhalten, sondern –
soweit ihm das nützlich war – es denen
vollständig zurückzugeben, von denen
er unrechtmäßig etwas genommen hatte.
Diesen Willen nahm Gott als
vollbrachte Tat, nachdem er nicht mehr
länger leben konnte. Nun kommt es
seinen Erben zu, für so etwas
aufzukommen, so gut sie können.“
Der Teufel wandte ein: „Da ich also
nicht die Macht habe, ihn für die
Sünden zu strafen, muss ich ihn doch
züchtigen dürfen, dass er keine guten
Werke und Tugenden geübt hat, als er
es noch konnte und gesund an Leib und
Seele war. Tugenden und gute Werke
sind nämlich die Schätze, die er in
ein solches Reich mitbringen sollte,
wie Gottes ehrenvolles Reich es ist.
Erlaube mir also, das mit Plagen zu
ersetzen, was ihm an guten Taten
fehlte!“
Der Engel antwortete: „Es steht
geschrieben, dass dem, der bittet,
gegeben werden soll, und dass dem, der
beharrlich anklopft, geöffnet wird.
Höre also, du Teufel: Seine Mutter hat
in mehr als dreißig Jahren mit
liebevollen Gebeten und Werken der
Frömmigkeit inständig für ihn an das
Tor der Barmherzigkeit geklopft, und
sie hat viele tausend Tränen
vergossen, dass Gott seinen Heiligen
Geist in sein Herz gießen möge, und es
diesem ihrem Sohn eingeben möge, seine
Güter, seinen Leib und seine Seele mit
frohem Sinn in den Dienst Gottes zu
stellen. Das hat Gott auch getan, denn
dieser Ritter wurde im Geist so
brennend, dass es ihm nicht mehr
gefiel, für etwas anderes zu leben,
als Gottes Willen zu befolgen.
Und sieh, als Gott so lange angerufen
wurde, goss er seinen gesegneten Geist
in sein Herz, und Gottes jungfräuliche
Mutter gab ihm von ihrer Kraft, was
ihm an geistlichen Waffen und
Gewändern fehlte, und was den Rittern
zusteht, die ins Himmelreich zum
höchsten Herrscher kommen werden. Die
Heiligen im Himmelreich, die dieser
Ritter besonders liebte, als er lebte,
brachten ihm mit ihren Verdiensten
Trost.
Er sammelte selber einen Schatz, wie
es die Pilger tun, die täglich ihre
vergänglichen Besitztümer gegen ewige
Reichtümer eintauschen, und weil er
das tat, erhielt er ewige Freude und
Ehre, und besonders für die brennende
Sehnsucht, die er hatte, nach der
heiligen Stadt Jerusalem zu
wallfahrten, und weil er so eifrig
begehrte, sein Leben im Krieg zu wagen
(wenn er es nur gekannt hätte), dass
das heilige Land wieder unter die
Herrschaft der Christen kommen sollte,
und das ehrenreiche Grab des Herrn in
gebührender Verehrung gehalten werden
sollte. Daher hast du, Teufel, kein
Recht, das zu ersetzen, was er selbst
hätte vollbringen können.“
Der Teufel antwortete: „Noch fehlt ihm
die Krone. Gern würde ich es
anstellen, dass sie unvollendet
bliebe.“
Der Engel entgegnete: „Es ist gewiss
und war, dass alle, die sich selbst
vor der Hölle retten, indem sie
aufrichtig ihre Sünden bereuen, ihren
Willen in Übereinstimmung mit Gottes
Willen bringen und von ganzem Herzen
Gott lieben, Gottes Gnade gewinnen
sollen.
Es gefällt Gott auch, ihnen die
Siegeskrone seines gesegneten
menschlichen Leibes zu geben, wenn sie
nur nach den Erfordernissen der
Gerechtigkeit gereinigt sind. Deshalb
hast du, o Teufel, mit seiner Krone
überhaupt nichts zu tun.“
Als der Teufel dies hörte, rief er
laut, heulte in seiner Ungeduld und
sagte: „Weh mir! Mein ganzes
Gedächtnis ist mir weggenommen worden.
Ich erinnere mich nicht mehr, worin
dieser Ritter meinen Willen befolgte,
und – das ist noch merkwürdiger – ich
habe sogar vergessen, welchen Namen er
auf Erden hatte!“
Der Engel antwortete: „Wisse, dass er
jetzt im Himmel „Sohn der Tränen“
genannt wird.“
Der Teufel schrie laut und sagte: „O,
welch verdammte Sau ist doch seine
Mutter, die einen so weiten Bauch
hatte, dass viel, viel Wasser darin
Platz finden konnte, und alle Plätze
darin mit Tränenwasser gefüllt waren!
Sei sie von mir und meiner ganzen
Gesellschaft verdammt!“
Der Engel erwiderte: „Deine Verdammung
ist Gottes Ehre und ein Segen für alle
seine Freunde.“
Da sprach Christus der Richter und
sagte: „Geh weg, Teufel, du mein
Feind!“ Dann sagte er zum Ritter:
„Komm, du mein Erwählter!“ Und gleich
ergriff der Teufel die Flucht.
Als die Braut (Birgitta) das sah,
sagte sie: „O ewige und unermessliche
Kraft, Jesus Christus, Gott und Herr,
du bist es, der alle guten Gedanken,
Gebete und Tränen in die Herzen gießt!
Du verhüllst deine Gnadengaben und
bescherst (den Menschen) ewige,
ehrenvolle Belohnung! Dir sei Ehre und
Dienst und Dank für alles, was du
geschaffen hast! O mein liebster Gott,
du bist mir am allerliebsten, mir
lieber als Leib und Seele!“
Da sprach der Engel zu derselben Braut
Christi und sagte: „Du sollst wissen,
dass diese Vision dir nicht nur zu
deinem eigenen Trost von Gott gezeigt
wurde, sondern auch dafür, dass Gottes
Freunde verstehen sollen, wie viel er
durch die Gebete, Tränen und Arbeiten
seiner Freunde tut, wenn sie liebevoll
beten und inständig und mit gutem
Willen für andere tätig sind. Wisse
auch, dass dieser Ritter, dein Sohn,
nicht solche Gnade erhalten hätte,
wenn er nicht schon von Kindheit an
den Willen gehabt hätte, Gott und
seine Freunde zu lieben und sich nach
allen Sündenfällen zu bessern.“
|
Diese
Offenbarung hatte Frau Birgitta in
Jerusalem, als sie zum ersten Mal die
Grabeskirche betrat. |
14.
Kapitel |
Der
Sohn spricht zur Braut: „Wenn ihr in
meinen Tempel eingetreten seid, der
meinem Blut geheiligt ist, seid ihr so
rein von all euren Sünden geworden,
als ob ihr da aus dem Taufstein
gehoben wäret. Und auf Grund eurer
Mühen und eurer Frömmigkeit sind
einige Seelen eurer Verwandten, die im
Fegefeuer waren, heute befreit worden
und sind in den Himmel zu meiner
Herrlichkeit eingetreten. Denn alle,
die an diesen Platz mit dem festen
Willen kommen, sich nach besten
Kräften ihres Gewissens zu bessern und
nicht wieder in ihre früheren Sünden
verfallen wollen, erhalten
vollständige Vergebung für alle ihre
alten Sünden, und ihre Gnade, im Guten
zu wachsen, wird vermehrt.“
|
Diese
Offenbarung sah Frau Birgitta, Christi
Braut, in der Grabeskirche in
Jerusalem, in der Kapelle über dem
Kalvarienberg am Freitag nach Christi
Himmelfahrt. |
15.
Kapitel |
Als ich
am Kalvarienberg trauerte und weinte,
sah ich, wie mein Herr nackt und
gegeißelt von den Juden weggeführt
wurde, um gekreuzigt zu werden. Sie
bewachten ihn genau. Ich sah auch,
dass ein Loch aus dem Berge ausgehauen
war, und dass die Henker darum herum
bereit waren, ihr grausames Werk
durchzuführen. Aber der Herr wandte
sich mir zu und sagte zu mir: „Gib
genau Acht, denn in dieser Bergspalte
war der Fuß des Kreuzes in der Stunde
meines Leidens befestigt.“
Und ich sah gleich, wie die Juden sein
Kreuz mit Holzpflöcken ringsherum in
der Bergspalte befestigten; sie wurden
mit einem Hammer hart festgeklopft, so
dass das Kreuz sicher stehen und nicht
umfallen sollte. Als das Kreuz in
dieser Weise fest eingeschlagen war,
legten sie gleich Holzbalken um den
Kreuzesstamm herum, so dass sie eine
Treppe bildeten und bis hinauf an die
Stelle reichten, wo seine Füße
festgenagelt werden sollten, und so
konnte er und die Henker diese
Treppenstufen hinaufsteigen, und die
letzteren konnten dort stehen, während
sie ihn kreuzigten, was bequemer für
sie war.
Sie gingen darauf diese Treppenstufen
hinauf und führten ihn unter
gewaltsamen Spott und Hohn, und er
ging willig wie ein sanftmütiges Lamm
mit, das weggebracht wird, um
geschlachtet zu werden. Als er nun
oben auf dem Treppengestell stand,
streckte er gleich freiwillig und
ungezwungen seinen Arm aus, öffnete
seine rechte Hand und legte sie auf
das Kreuz. Die wilden Plagegeister
kreuzigten ihn unheimlich grausam und
durchbohrten ihn mit einem Nagel an
der Stelle, wo der Knochen am
festesten war. Dann zogen sie mit
Hilfe eines Riemens gewaltsam seine
linke Hand aus und machten sie ebenso
am Kreuze fest.
Sie dehnten seinen Leib übermäßig am
Kreuz aus, legten das eine Bein über
das andere und befestigten so die
vereinten Füße mit zwei Nägeln am
Kreuz. Sie streckten seine ehrwürdigen
Glieder so hart am Kreuze aus, dass
fast alle seine Adern und Sehnen
zersprangen. Die Dornenkrone, die sie
von seinem Haupt abgenommen hatten,
ehe sie ihn kreuzigten, setzten sei
ihm nun von neuem auf sein
hochheiliges Haupt, und sie stach sein
ehrwürdiges Haupt so sehr, dass seine
Augen gleich von dem fließendem Blut
gefüllt wurden; seine Ohren wurden
zugeklebt, und sein Antlitz und sein
Bart wurden gleichsam von dem
rosenroten Blut übergossen. Die Henker
und Soldaten zogen dann das
Treppengestell schnell vom Kreuze weg,
und das Kreuz stand da, einsam und
hoch, und mein Herr war daran
gekreuzigt.
Als ich, erfüllt von Trauer, ihre
Grausamkeit betrachtete, sah ich seine
verzweifelte Mutter auf dem Boden
liegen, gleichsam zitternd und
halbtot. Johannes und ihre Schwestern
trösteten sie, wo sie nicht weit vom
Kreuz auf der rechten Seite standen.
Der neue Schmerz, den ich da spürte,
nämlich das Mitleid mit der
allerheiligsten Mutter Christi,
ergriff mich so tief, dass es war, als
ob ein scharfes Schwert unter
grenzenloser Bitterkeit in mein Herz
drang.
Schließlich stand sie auf, seine
schmerzensreiche Mutter, und sah ihren
Sohn an. Ihre Schwestern hielten sie
aufrecht, und sie stand da ganz
gelähmt vor Trauer, ja wie tot, lebend
vom Schwert des Schmerzes durchbohrt.
Als ihr Sohn sie sah und ihre anderen
Freunde weinen sah, befahl er sie mit
trauriger Stimme Johannes an, und es
ging aus seinem Verhalten und seiner
Stimme so deutlich hervor, dass sein
Herz vor Mitleid mit der Mutter mit
dem spitzen Pfeil unendlichen
Schmerzes durchbohrt wurde.
Seine schönen, liebenswerten Augen
schienen nun halbtot, sein Mund war
offen und blutig, sein Gesicht bleich
und eingesunken, hässlich blau und von
Blut verklebt, und der ganze Körper
war blaubleich und äußerst geschwächt
durch den Blutverlust. Die Haut und
das jungfräuliche Fleisch in seinem
hochheiligen Leib waren so fein und
zart, dass nach dem kleinsten Schlag
da ein blauer Fleck zu sehen war.
Manchmal suchte er sich am Kreuz
infolge der übermäßigen Qual
auszustrecken, die er unter der
gewaltsamen, heftigen Pein verspürte.
Denn manchmal stieg der Schmerz von
seinen zerstochenen Gliedern und Adern
bis zum Herzen auf und quälte ihn
grausam mit dem qualvollsten
Martyrium, und so zog sich sein Tod
unter schwerem, unheimlich bitteren
Leiden hinaus.
Außer sich durch die unerhörten Qualen
und schon dem Tode nahe, rief er mit
lauter und trauriger Stimme zum Vater
und sagte: „O Vater, warum hast du
mich verlassen?“ Seine Lippen waren da
bleich, die Zunge war blutig, und der
eingesunkene Magen lag fest am Rücken,
als ob er keine Eingeweide hätte. Er
rief von neuem, in der schwersten Pein
und Angst: „Vater, in deine Hände
befehle ich meinen Geist.“ Da hob sich
sein Haupt etwas, aber sank gleich
nieder, und so gab er den Geist auf.
Als seine Mutter dies sah, zitterte
sie vor unendlicher Trauer und Trübsal
am ganzen Körper und wäre zu Boden
gefallen, wenn die anderen Frauen sie
nicht gehalten hätten. In dem
Augenblick sanken seine Hände wegen
des großen Gewichts des Körpers ein
wenig von den Stellen herunter, wo die
Nägel sie durchbohrt hatten, und der
Körper wurde so von den Nägeln
gehalten, womit die Füße befestigt
waren. Finger, Arme und Hände waren
mehr ausgedehnt als vorher. Seine
Schultern und sein Rücken waren hart
gegen das Kreuz gepresst.
Da riefen die umstehenden Juden seiner
Mutter höhnische Worte zu. Einige
sagten: „Maria, nun ist dein Sohn
tot!“ Andere sagten spöttische Worte.
Während die Volksmenge nun darum
herumstand, kam ein Mann in größter
Raserei gesprungen und stach eine
Lanze so heftig in seine rechte Seite,
dass sie fast aus der anderen Seite
des Körpers wieder ausgetreten wäre.
Als die Lanze aus dem Körper
herausgezogen wurde, floss gleich ein
gewaltiger Blutstrom aus der Wunde,
aber die Lanzenspitze und ein Teil des
Schaftes kamen rot und blutüberströmt
aus dem Körper.
Als seine Mutter dies sah, zitterte
sie und weinte bitterlich, so dass
deutlich an ihrem Gesichtsausdruck und
ihren Gebärden zu sehen war, dass ihre
Seele da von dem scharfen Schwert der
Trauer durchstochen wurde.
Dann ging die Volksmenge davon, und
einige Freunde des Herrn nahmen ihn
vom Kreuze ab. Seine sanfte Mutter
schloß ihn in ihre heiligen Arme, wo
sie saß, und legte ihn auf ihre Knie –
verwundet, zerrissen und blau-bleich,
wie er war. Tief betrübt trocknete sie
mit ihrem Leinenkleid seinen ganzen
Körper und dessen Wunden ab, küsste
seine Augen und drückte sie zu und
wickelte ihn in ein reines Totenkleid
(? sindal). So brachten sie ihn mit
lautem Weinen und Klagen fort und
legten ihn ins Grab. |
16. Kapitel
|
Dann
sagte Christus (es war bei derselben
Gelegenheit) zu seiner Braut, der hl.
Birgitta: „Nach dem, was du jetzt
gesehen hast, und nach anderem, was
ich litt, fragen die Fürsten der Welt
nicht, und sie kümmern sich auch nicht
um die Plätze, wo ich geboren wurde
und gelitten habe. Sie sind nämlich
wie ein Mann, der einen Platz hat, der
für wilde, ungezähmte Tiere vorgesehen
ist, und in dem er seine Jagdhunde
loslässt, und die dann ihre Freude
daran finden, den Lauf der Hunde und
des Wildes zu sehen.
So verhält es sich mit den Fürsten der
Welt und den Vorstehern der Kirche, ja
mit allen Ständen der Welt: Sie achten
lieber und mit größerer Freude auf
weltliche Vergnügen und Zeitvertreib,
als auf meine Pein und meinen Tod und
meine Wunden. Deshalb werde ich ihnen
durch dich meine Worte senden, und
wenn sie dann ihre Einstellung nicht
ändern und sich zu mir bekehren,
sollen sie ebenso verdammt werden wie
die, die meine Kleider geteilt und das
Los um meinen Mantel geworfen haben.“
|
Zusatz
|
Hier folgt die
Offenbarung, die die hl. Birgitta in
Famagusta empfing.
Gottes Sohn spricht: „Diese Stadt ist
ein Gomorra, brennend vom Feuer der
Geilheit, des verschwenderischen
Überflusses und der Eitelkeit. Deshalb
sollen ihre Mauern einstürzen, sie
soll ausgeliefert werden und veröden,
und ihre Einwohner sollen auswandern
und vor Trauer und Trübsal seufzen und
sterben. Und ihre Schande soll in
vielen Ländern genannt werden, denn
ich bin zornig auf sie.“
Über den Herzog, der vom Tode seines
Bruders wusste. Christus spricht:
„Dieser zeigt frech und offen seinen
Übermut, prahlt mit seiner
Liederlichkeit und fragt nicht danach,
was er seinem Nächsten angetan hat.
Deshalb werde ich, wenn er sich nicht
demütigt, mit ihm verfahren, wie das
Sprichwort sagt: „Wer hinterher weint,
weint nicht leichter als der, der
vorher weint. Denn er wird keinen
leichteren Tod haben als sein Bruder –
nein, umgekehrt, einen schwereren,
sofern er sich nicht schleunigst
bessert.“
Über den Beichtvater des Herzogs.
Christus spricht: „Was hat dir dieser
Bruder gesagt? Etwa nicht, dass der
Herzog gut ist und nicht besser leben
kann? Er hat also seine mangelnde
Enthaltsamkeit entschuldigt. Solche
(Priester) sind keine Beichtväter,
sondern Betrüger. Sie gehen umher wie
einfältige Schafe, sind aber in
Wirklichkeit Füchse und Schmeichler.
Ja, so sind die Freunde, die den
Menschen für eine geringe zeitliche
Sache vorschlagen, was sie tun und
unterlassen sollen. Wenn dieser Bruder
in seinem Kloster geblieben wäre, so
hätte er weniger gesündigt und eine
geringere Strafe und eine größere
Krone erhalten.“
Manche rieten Frau Birgitta, sie und
ihr Gefolge sollten der Sarazenen
wegen ihre Tracht verändern und ihr
Gesicht schwarz machen. Christus
spricht: „Was hat man dir geraten?
Dass ihr eure Kleider ändern und die
Gesichter schwarz machen sollt? Sollte
ich, Gott, der dir Befehle gibt, etwa
wie der sein, der nicht die Zukunft
kennt, oder wie ein Machtloser, der
vor allem Angst hat? Keinesfalls. Ich
bin ja die Weisheit und die Macht
selbst, und ich sehe alles voraus und
kann auch alles. Laßt daher eure
Kleider und Gesichter unverändert, und
vertraut mir euren Willen an. Ich, der
Sara vor denen gerettet hat, die sie
gefangen genommen hatten, werde auch
euch auf dem Meere und dem Land
beschützen und werde für euch sorgen,
wie es euch am besten dient.“
Über Bischof Alfons. Die Mutter
spricht: „Mein Freund muss dich so
lieben, wie seine Mutter, seine
Herrscherin, seine Tochter und seine
Schwester. Wie seine Mutter auf Grund
deines Alters und der Ratschläge, die
er bei dir holen soll. Zweitens wie
seine Herrscherin, auf Grund der
Gnade, die dir von Gott verliehen ist,
der durch dich die Geheimnisse seiner
Weisheit offenbart hat. Drittens wie
seine Tochter, indem er dich
unterrichtet und tröstet, und dich mit
dem versorgt, was nützlich für dich
ist, und dich mit Worten und Beispiel
ermahnt und anspornt, vollkommener zu
werden.
Sag ihm weiter, dass er sein soll wie
der, der die schönsten Blüten trägt –
d.h. meine Worte, die lieblicher sind
als Honig für die, die sie kosten, die
schärfer und durchdringender als
Pfeile und wirksamer sind, was die
Belohnung angeht. Es ist also Sache
des Besitzers, die Blüten vor Wind,
Regen und Hitze zu schützen. Vor Wind,
d.h. vor weltlichen Reden; vor Regen,
d.h. vor fleischlichen Vergnügungen;
außerdem vor der Hitze weltlicher
Gunst. Denn wer sich solcher Dinge
rühmt, der lässt die Blüten welken und
zeigt sich selbst als weniger
geeignet, sie zu haben.“
Über die Königin von Zypern. Der Sohn
spricht: „Rate der Königin, dass sie
nicht in ihr Vaterland zurückkehrt, da
es nicht angebracht ist, sondern
stattdessen dort bleibt, wo sie jetzt
ist, und Gott von ganzem Herzen dient.
Zweitens, dass sie sich nicht
verheiratet und sich einen neuen Mann
nimmt, denn es gefällt Gott besser,
dass sie beweint, was sie verbrochen
hat, und durch Bußübungen die nutzlos
verbrachte Zeit ersetzt. Drittens,
dass sie die Männer im Reich zu
gegenseitiger Eintracht und Liebe
bewegt und dafür arbeitet, dass gute
Sitten und Gerechtigkeit in
lobenswerter Weise eingehalten werden,
und dass das Volk nicht durch
ungewöhnliche Auflagen bedrückt wird.
Viertens, dass sie um Gottes willen
das Böse vergisst, das man gegen ihren
Mann begangen hat, und sich nicht zur
Rache hinreißen lässt. Ich bin ja
Richter und werde für sie urteilen.
Fünftens, dass sie ihren Sohn mit
göttlicher Liebe erzieht und ihm
Berater aussucht, die gerecht und
nicht habgierig sind, sowie
vertrauenswürdige Freunde, die keusch,
besonnen und weise sind; von ihnen
soll er lernen, Gott zu fürchten,
gerecht zu regieren, sich über
Menschen in Not zu erbarmen, auch wenn
sie arm, gering und unbeachtet sind.
Sechstens, dass er die schamlose
Gewohnheit der Frauen abschafft, mit
anliegenden Kleidern und entblößter
Brust zu gehen, sich zu schminken und
auf vielerlei Weisel eitel zu sein,
denn das ist Gott überaus verhasst.
Siebtens, dass sie einen Beichtvater
hat, der das Irdische verlassen hat,
der die Seelen mehr liebt als Gaben
und Geschenke, der vor den Sünden
nicht die Augen verschließt und sich
nicht scheut, sie zu tadeln. Ihm soll
sie in allem, was die Rettung der
Seele betrifft, so gehorchen wie Gott.
Achtens, dass sie auf das Leben
heiliger Königinnen und Frauen achtet
und erforscht, wie Gottes Ehre
vermehrt werden kann, und dafür tätig
ist. Neuntens, dass sie vernünftig mit
ihren Geschenken ist, Schulden
vermeidet und dem Lob der Menschen aus
dem Wege geht, denn es gefällt Gott
mehr, wenig oder nichts zu geben, als
Schulden zu machen und seinen Nächsten
zu betrügen.“
Über die Krönung des neuen Königs.
Gottes Sohn spricht: „Es ist eine
große Bürde, König zu sein, aber eine
große Ehre und überaus fruchtbringend.
Es steht einem König an, für seine
Aufgabe reif zu sein, erfahren, klug,
gerecht und arbeitsam zu sein und das
Wohl seiner Mitmenschen mehr zu
lieben, als seinen eigenen Willen.
Deshalb wurden die Reiche früher gut
regiert, als man einen solchen Mann
zum König wählte, der es wollte und
verstand und gerecht regieren konnte.
Aber jetzt sind die Regierungen keine
Regierungen mehr, sondern ein
Kinderspiel, Albernheiten und
Ausplünderung, denn wie ein Räuber es
mit der Zeit leid wird, Anschläge zu
verüben, so dass er Gewinn einheimsen
kann, ohne entdeckt zu werden, so
denken sich die Könige jetzt Kniffe
aus, um ihre Nachkommen höher zu
stellen, Gelder einzuheimsen und die
Untertanen schlau zu bedrücken, und
sie lassen gern die Gerechtigkeit
fahren, um zeitliches Gut zu erhalten,
aber sie lieben nicht das Recht, um
dadurch ewigen Lohn zu gewinnen.
Deshalb hat der Weise klug gesagt:
„Wehe dem Reich, dessen König ein Kind
ist, das genüsslich lebt und
ausschweifende Schmeichler hat, aber
sich um das Wohl der Gesellschaft
nicht kümmert!“ Aber damit dieser
Knabe nicht für das Unrecht seines
Vaters büßen soll, soll er – wenn er
Fortschritte machen will und die Würde
des königlichen Namens erfüllen will,
meinen Worten gehorchen, die ich
vorher über Zypern sagte, nicht die
Sitten seiner Vorgänger nachahmen,
ihre kindische Unstetigkeit abschaffen
und den königlichen Weg einschlagen,
und sich gottesfürchtige Mitarbeiter
anschaffen, die seine Geschenke nicht
mehr als seine Seele und seine Ehre
lieben, die Schmeichler hassen und
sich nicht scheuen, die Wahrheit zu
sagen und ihr zu folgen, und
Verbrechen offen zu legen. Sonst wird
der Knabe weder Freude am Volk, noch
das Volk Freude am auserkorenen
(König) bekommen. |
Als Frau
Birgitta in Jerusalem war, war sie
sich nicht sicher, ob sie im Kloster
der Franziskanerbrüder auf dem Berge
Zion oder in der Herberge der Pilger
in Jerusalem bleiben sollte. Während
sie betete, offenbarte sich ihr die
Jungfrau Maria und sagte ihr, dass sie
in der Herberge wohnen sollte, um
anderen Menschen ein gutes Beispiel zu
geben. |
17.
Kapitel |
Die
Mutter spricht: „Auf diesem Zionsberg
gibt es zwei Arten von Menschen.
Manche lieben Gott von ganzem Herzen.
Andere wollen Gott haben, aber die
Welt ist ihnen lieber als Gott. Und
deshalb ist es – damit die Guten nicht
Anstoß nehmen, die Trägen keinen
Anlass finden, in ihrer Trägheit zu
verharren, und die später kommenden
kein schlechtes Vorbild erhalten –
besser, an der Stelle zu wohnen, die
für Pilger vorgesehen ist. Mein Sohn
wird euch nämlich mit allem versorgen,
wie es ihm gefällt.“ |
Als Frau
Birgitta auf Zypern war, bat die
Königin Eleonora sie, dass sie für
ihren Sohn, den König, und für das
Reich zu Gott beten solle. Frau
Birgitta reiste dann nach Jerusalem,
und als sie dort eines Tages im Gebet
versunken war, offenbarte sich ihr
Christus und gab ihr diese Ratschläge,
die sie dem besagten König und seinem
Onkel, dem Fürsten von Antiochien,
schreiben sollte. Und er befahl ihr,
dass sie wie von sich selbst und nicht
im Namen Christi schreiben sollte.
|
18.
Kapitel |
Die
Braut schreibt an den König von Zypern
und den Fürsten von Antiochia: Der
erste Rat ist, dass ein jeder von euch
vor seinem Beichtvater ein ehrliches
und vollständiges Bekenntnis über
alles ablegt, was er gegen Gottes
Willen begangen hat; dann sollt ihr
den gesegneten Leib unseres Herrn
Jesus Christus in Gottesfurcht und
Gottesliebe empfangen. Der zweite Rat
ist, dass ihr beide in wahrer Liebe
vereint seid, so dass ihr ein Herz für
Gott und zu seiner Ehre seid, indem
ihr das Reich zu Gottes Ehre und zum
Wohl der Untertanen regiert.
Der dritte Rat ist, dass ihr beide in
wahrer Liebe mit euren Untertanen
vereint seid, indem ihr aus Ehrfurcht
vor Jesus Christi Leiden und seinem
Tod allen vergebt und sie schont, die
beim Tode eures Vaters, König Peter,
mit Rat und Tat und Einvernehmen
zusammengearbeitet haben. Nehmt sie
von eurem ganzen Herzen in eure Liebe
auf, auf dass Gott euch in seiner
Barmherzigkeit annimmt, und dass er
euch Kraft und Stärke gibt, das Reich
zu seiner Ehre zu regieren.
Der vierte Rat ist, dass ihr, weil
Gott euch in seiner Vorausschau als
Steuermann des Reiches eingesetzt hat,
alle dankbare Fürsorge und
Rücksichtnahme anwendet, wenn ihr mit
allen Vorstehern der Kirchen und
Klöster redet und sie nachdrücklich,
aber liebevoll ermahnt, dass sie alle
und ihre Untergebenen sich in all den
Punkten bessern, in denen sie
irgendwie (geistlich oder zeitlich)
von der frommen Einrichtung der
heiligen Väter, ihrer Vorgänger,
abgewichen sind, und schleunigst
umkehren, um mit reinem Sinn der
früheren Art ihrer Vorgänger zu leben,
so dass ihre Lebensart sich völlig
ändert und sie und ihre Untergebenen,
nachdem sie sich gebessert haben,
Gottes Freundschaft gewinnen und
würdig werden, Gott zu bitten, dass
seine Barmherzigkeit den Zustand der
ganzen Kirche in Heiligkeit der
Tugenden erneuern möge.
Der fünfte Rat ist, dass ihr um der
großen Liebe willen, mit der Gott eure
Seelen geliebt hat, die Seelen eurer
Untertanen lieben wollt. Ihr sollt
eurer Ritterschaft raten, dass alle,
die Gott irgendwie erzürnt haben, sich
schnell und demütig bessern und alle,
die unter dem Gehorsam der römischen
Kirche stehen und das Alter der
Vernunft erreicht habten, demütig zur
Beichte gehen, sich mit den
Mitmenschen versöhnen, die sie
beleidigt haben, und in Eintracht mit
ihnen leben. Nachdem sie sich
gebessert haben, sollen sie (in der
Kommunion) Christi ehrwürdigen Leib
empfangen und dann ein katholisches
Leben führen, d.h. treu im Ehestand
oder Witwenstand oder im lobenswerten
Stand der Jungfräulichkeit leben und
all das befolgen, was die heilige
Kirche befiehlt. Sie sollen ihre
Diener, Untergebenen und alle, über
die sie irgendwie Macht haben, mit
gutem Beispiel, mit Wort oder Tat
liebevoll ermahnen, dasselbe zu tun,
und sie mit guten Ermahnungen stärken,
an ihrem Vorsatz festzuhalten. Und
seid überzeugt, dass alle, die in
diesen Dingen nicht gehorchen wollen,
Schaden an Leib und Seele leiden
werden.
Der sechste Rat ist, dass ihr mit
allen Kirchenvorstehern redet, dass
sie alle ihre Kleriker, die Hirten der
Kirche, nachdrücklich und fleißig
ermahnen, dass ein jeder gewissenhaft
in seiner Gemeinde nachforscht, ob es
einige Bewohner im Amtsbezirk gibt,
die ein schlechtes Leben führen und
zur Schande für Gott und in Verachtung
der heiligen modernen Kirche in
öffentlichen Sünden leben. Und wenn es
solche gibt, die ungescheut in ihren
offenen Sünden leben, soll man sie
nachdrücklich vor den Gefahren für
ihre Seelen warnen und sie die
geistlichen Heilmittel lehren, durch
die sie sich demütig bessern können
und müssen.
Aber wenn manche, die in öffentlichen
Sünden leben, nicht demütig gehorchen
wollen, so sollen es die Hirten dieser
Seelen nicht unterlassen, dies ihren
Vorgesetzten und Bischöfen zu
berichten, damit die Frechheit der
Widerspenstigen von den Prälaten
gesetzlich unterdrückt und mit
kirchlichen Strafen belegt werden.
Wenn dagegen die Bischöfe und
Vorgesetzten wegen Verhärtung oder des
Hochmuts der Sünder oder auf Grund
ihrer weltlichen Macht nicht in der
Lage sind, sie zurechtzuweisen und zu
strafen, da wird euch, meine Herren,
der Rat gegeben, dass ihr mit eurer
mächtigen Hand mit diesen Herren
Prälaten zusammenarbeitet, so dass die
Sünder sich dank eurer Hilfe und
Einwirkung bessern lassen, Buße tun
und sich bessern, und so Gottes
Erbarmung gewinnen. |
Diese
Offenbarung über das Reich Zypern und
seine Besserung erhielt Frau Birgitta
in Jerusalem. Sie schickte sie an den
König und an den Fürsten von Antiochia,
dass sie diese im ganzen Reich bekannt
machen sollten. Weil aber dieser Fürst
der Offenbarung keinen Glauben
schenkte, veröffentlichte sie Frau
Birgitta selbst am 8. Oktober (1372)
auf ihrem Rückweg von Jerusalem in
Anwesenheit des Königs, der Königin,
des Fürsten von Antiochia und des
Königlichen Rats. |
19
Kapitel |
Es
geschah einer Person, die im Gebet
wachte, dass sie entrückt wurde und
sich im Geist in einen Palast von
unermesslicher Größe und unsagbarer
Schönheit versetzt sah. Da sah sie
Jesus Christus unter seinen Heiligen
auf dem Herrscherthron seiner Majestät
sitzen. Er tat seinen gesegneten Mund
auf und sagte die nachstehenden Worte:
„Ich bin in Wahrheit die höchste
Liebe, denn alles, was ich von
Ewigkeit her getan habe, das habe ich
aus Liebe getan, und ebenso geht
alles, was ich tue und in Zukunft tun
werde, ganz und gar aus meiner Liebe
hervor. Denn die Liebe ist bei mir
ebenso unermesslich und stark, wie sie
in der Zeit vor meinem Leiden war, als
ich in meiner übermäßig großen Liebe
alle Auserwählten, die dieser Erlösung
wert waren, durch meinen Tod von der
Hölle erlöste. Wenn es möglich wäre,
dass ich ebenso viele Male sterben
könnte, wie es Seelen in der Hölle
gibt, so dass ich für jeden von ihnen
wieder einen solchen Tod ausstehen
würde, wie ich ihn damals für alle
litt, so wäre mein Leib auch bereit,
sich all dem mit frohem Mut und der
vollkommensten Liebe zu unterwerfen.
Aber nun ist es gewiss unmöglich, dass
mein Leib noch einmal sterben oder
irgendeine Plage und Mühe leidet.
Ebenso unmöglich ist es, dass eine
Seele, die nach meinem Tode zur Hölle
verdammt ist, jemals daraus befreit
wird, um die himmlische Freude zu
genießen, die meine Heiligen und
Auserwählten beim herrlichen Anblick
meines Leibes empfinden – nein, die
Verdammten sollen die Höllenqualen in
ewigem Tod erleiden, da sie nicht die
Wohltat meines Leidens und Todes
annehmen und nicht meinen Willen
befolgen wollten, als sie auf Erden
lebten.
Und da niemand anders Richter über die
Beleidigungen ist, die mir zugefügt
wurden, als ich selbst, und da meine
Liebe, die ich den Menschen immer
bewiesen habe, Anklagen vor meiner
Gerechtigkeit vorbringt, so erfordert
es die Gerechtigkeit, darüber nach
meinem Willen zu urteilen.
Nun erhebe ich also Klage gegen die
Bewohner im Reiche Zypern, wie gegen
einen einzigen Menschen. Ich klage
aber nicht meine Freunde an, die dort
wohnen und mich von ganzem Herzen
lieben und meinen Willen in allen
Dingen befolgen, sondern ich erhebe
Klage wie gegen eine einzige Person
gegen alle die, die mich verachten,
die sich ständig gegen meinen Willen
auflehnen und mir heftig widerstehen.
Ich fange nun an, zu ihnen allen wie
zu einem Einzigen zu sprechen.
O Volk Zypern, das du aufrührerisch
gegen mich bist, höre zu und gib genau
Acht auf das, was ich sage! Ich habe
dich geliebt, wie ein Vater seinen
einzigen Sohn liebt, den er zu allen
Ehren erheben will. Ich habe dir Land
zugeteilt, wo du im Überfluss alles
besitzen könntest, was zu deinem
Lebensunterhalt notwendig war. Ich
sandte dir die Wärme und das Licht des
Heiligen Geistes, damit du den rechten
christlichen Glauben verstehst, zu dem
du dich treu verpflichtet hast, wie du
dich auch in demütigem Gehorsam den
Verordnungen der heiligen Kirche
unterworfen hast.
Ich habe dich auch an einen Platz
gestellt, der für einen treuen Diener
gut passt – nämlich unter meine
Feinde, damit du für deine irdische
Arbeit und für deine Kämpfe eine umso
kostbarere Krone in meinem himmlischen
Reich empfangen sollst. Ich habe dich
auch lange in meinem Herzen, d.h. in
der Liebe meiner Gottheit getragen und
dich wie einen Augenstern in allen
deinen Sorgen und Mühen beschützt. Und
solange du meine Gebote hieltest und
in festem Gehorsam die Anordnungen der
heiligen Kirche befolgtest, kommen
fast unzählige Seelen aus dem Reiche
Zypern in mein Himmelreich, um dort
die ewige Ehre bei mit zu genießen.
Aber da du jetzt deinem eigenen Willen
folgst, alles tust, was deinem Herzen
gefällt, mich nicht fürchtest, der ich
dein Richter bin und mich nicht
liebst, der dein Schöpfer ist, und der
dich auch durch meinen bitteren,
qualvollen Tod erlöst hat, sondern
mich stattdessen aus deinem Mund wie
etwas schlecht Riechendes und schlecht
Schmeckendes ausgespukt hast und den
Teufel zusammen mit deiner Seele in
deine Herzenskammer eingeschlossen
hast, aber mich wie einen Dieb und
Räuber daraus vertrieben hast, und
dich nicht mehr geschämt hast, mehr
als die unvernünftigen Tiere vor
meinen Augen zu sündigen, um sich zu
vermischen – deshalb ist es ein
wohlverdientes und gerechtes Urteil,
dass du von allen meinen Freunden aus
dem Himmel vertrieben wirst, um ewig
bei meinen Feinden in der Hölle zu
bleiben.
Und das sollst du ohne jeden Zweifel
wissen, dass mein Vater, der in mir
ist und ich in ihm, und der Heilige
Geist in uns beiden, mein Zeuge ist,
dass niemals etwas anderes als die
Wahrheit aus meinem Mund
hervorgegangen ist. Du kannst daher
gewiss sein, dass ein jeder, der so
beschaffen ist, wie du jetzt bist, und
sich nicht bessern will, dessen Seele
wird denselben Weg gehen, den Luzifer
auf Grund seines Hochmuts und Judas
gehen musste, der mich in seiner
Habsucht verkaufte, und Simri, der von
Pinhas seiner Unzucht wegen getötet
wurde. Ja dieser hat mit einer Frau
gegen mein Gebot gesündigt, und
deshalb wurde seine Seele nach dem
Tode in die Hölle verbannt.
Deshalb verkündige ich dir, du Volk
Zypern, dass ich, wenn du dich nicht
bekehren und bessern willst, dein
Geschlecht und deine Nachkommen im
Reich von Zypern auslöschen werde und
weder Arm noch Reich verschonen werde,
ja ich werde dieses Geschlecht so
vollständig vernichten, dass die
Erinnerung an dich in kurzer Zeit aus
dem Gedächtnis der Menschen in
Vergessenheit geraten wird, als ob ihr
niemals auf der Welt geboren wäret.
Dann werde ich hier im Reiche Zypern
neue Pflanzen setzen, die meine Gebote
erfüllen und mich von ganzem Herzen
lieben.
Doch sollt ihr wissen und dessen
gewiss sein, dass ein jeder von euch,
der sich bessern und demütig zu mir
zurückkehren will, dem will ich mit
Freude wie ein milder Hirte
entgegeneilen, ihn auf meine Schultern
heben und ihn selbst zurück zu meinen
Schafen bringen. Unter meinen
Schultern verstehe ich das, dass der,
der sich bessert, der soll um meines
Leidens und meines Todes willen, den
ich mit meinem Leib und meinen
Schultern ausgestanden habe, an dem
ewigen Trost im Himmelreich teilhaben
und den bei mir genießen.
Ihr sollt auch mit voller Gewissheit
wissen, dass ihr, meine Feinde, die
ihr in diesem Reiche wohnt, nicht wert
seid, dass euch eine Vision oder
göttliche Offenbarungen von mir
gesandt wird. Aber einige Freunde von
mir, die im selben Reich wohnen und
mir treu dienen und mich von ganzem
Herzen lieben, haben durch ihre Arbeit
und ihre Gebete mich unter Tränen
bewogen, euch die große Gefahr für
eure Seelen durch diese meine
Offenbarung verstehen zu lassen. Denn
für einige von diesen meinen Freunden
dort wurde mir von oben offenbart,
dass unzählige Seelen aus demselben
Reiche Zypern von der himmlischen
Herrlichkeit ausgeschlossen werden und
auf ewig zum Tod in der Hölle verdammt
sind.
Diese oben genannten Worte sage ich
den lateinischen Christen, die der
römisch-katholischen Kirche im
Gehorsam unterstehen, die mir in der
Taufe den rechten römisch-katholischen
Glauben gelobt haben, die aber durch
ihre Taten mit mir gebrochen und sich
ganz von mir getrennt haben. Die
Griechen, die wissen, dass es allen
Christen zukommt, den christlichen,
katholischen Glauben allein zu halten
und nur einer einzigen Kirche untertan
zu sein, nämlich der römischen, und
meinen einzigen, allgemeinen
Stellvertreter auf Erden, nämlich den
obersten Bischof in Rom, als
geistlichen Hirten über sich zu haben,
und die sich doch nicht dieser
römischen Kirche und meinem
Stellvertreter geistlich unterwerfen
und ihm demütig untertänig sein wollen
– sei es aus hartnäckigem Hochmut, aus
Habgier, aus fleischlicher
Zügellosigkeit oder aus anderen
weltlichen Gründen – die sind
unwürdig, nach dem Tode Erbarmen und
Vergebung von mir zu erhalten.
Andere Griechen, die gern den
römisch-katholischen Glauben
kennenlernen würden, die aber
unmöglich dazu imstande sind, die ihn
fromm und willig annehmen würden, wenn
sie ihn kennen würden und es ihnen
möglich wäre, und sich demütig der
römischen Kirche unterordnen würden,
die nach ihrem Gewissen und nach der
Stellung und dem Glauben leben, den
sie haben, die sich von Sünde
fernhalten und einen frommen Wandel
führen – die sollen nach ihrem Tode
mein Mitleid erfahren, wenn sie vor
meinen Richterstuhl gerufen werden.
Die Griechen sollen auch wissen, dass
ihr Reich und ihre Herrschaft niemals
Sicherheit und die Ruhe des Friedens
erleben werden, sondern ständig den
Feinden unterworfen sein wird von
denen sie ständig die größten Schäden
und tägliches Elend ausstehen werden,
bis sie sich mit wahrer Demut, Liebe
und Frömmigkeit der römischen Kirche
und ihrem Glauben unterwerfen und sich
ganz den heiligen Verordnungen und
Kultgebräuchen dieser Kirche
anpassen.“
Nachdem diese Person (Birgitta) dies
im Geist gesehen und gehört hatte,
verschwand die Vision, und sie blieb
weiter unter starkem Zittern und
Verwunderung im Gebet versunken.
|
In Zypern
bat ein Franziskanerbruder Frau
Birgitta, dass sie ihm raten solle,
wie er in manchen Fällen handeln
sollte, in denen sein Gewissen
zweifelhaft war, und besonders
betreffs seiner Ordensregel. Als sie
eines Tages in Jerusalem für den
genannten Bruder betete, offenbarte
sich ihr Christus und sagte ihr vieles
über den Franziskanerorden und drohte
zuletzt allen Ordensbrüdern, die
Eigentum besaßen, mit ewigem Tod.
|
20.
Kapitel |
Unendlicher Dank und demütiger Dienst,
Lob und Ehre sei Gott in seiner Macht
und ewigen Majestät, ihm, der ein Gott
in drei Personen ist! Es hat ihm
gefallen, dem unendlich Guten, in
seiner allerwürdigsten Menschengestalt
zu einer Person zu sprechen, die im
Gebet versenkt war.
Er sagte: „Höre du, die die Gnade
empfangen hat, geistliche Dinge zu
hören und zu sehen, und bewahre diese
meine Worte genau im Gedächtnis! Es
war ein Mann, der Franziskus hieß. Als
er sich von weltlicher Hoffahrt und
Habsucht und vom lasterhaften
Vergnügen des Fleisches zur Buße und
zum geistlichen Leben der
Vervollkommnung bekehrt hatte, bekam
er aufrichtige Reue über alle seine
Sünden und den festen Willen, sich zu
bessern.
Er sagte da: „Es gibt nichts auf
dieser Welt, was ich nicht willig der
Liebe und Ehre meines Herrn Jesus
Christus überlassen würde, und es gibt
auch nichts in diesem Leben, das so
schwer ist, dass ich es nicht froh aus
Liebe zu ihm ertragen wollte. Zu
seiner Ehre will ich alles tun, was
ich nach den Kräften meines Leibes und
meiner Seele kann, und ich will so
viele Menschen wie möglich dazu
bringen und bestärken, Gott von ganzem
Herzen über alles zu lieben.“
Die Ordensregel, nach der dieser
Franziskus zu leben begann, war nicht
von seinem eigenen menschlichen
Verstand und seiner eigenen Klugheit
diktiert, sondern von mir, nach meinem
Willen. Jedes Wort, was darin
geschrieben steht, wurde ihm von
meinem Geist eingegeben, und dann gab
und überreichte er diese Regel
anderen.
Es verhält sich ebenso mit allen
anderen Regeln, die meine Freunde
eingeführt haben, indem sie sie selbst
eingehalten und beobachtet hatten, und
sie dann erfolgreich anderen gelehrt
und sie ihnen gegeben hatten: Sie
waren nicht von ihrem eigenen Verstand
und menschlicher Weisheit diktiert und
zusammengestellt, sondern von der
Eingebung des Heiligen Geistes. Die
Brüder von Franziskus, die Minoriten
heißen, hielten und beobachteten diese
Regel mehrere Jahre treu, sehr
geistlich und fromm, in vollständiger
Übereinstimmung mit meinem Willen.
Jedoch empfand der Teufel, der alte
Feind, großen Neid und Bitterkeit
darüber, dass er diese Brüder nicht
mit seinen Versuchungen und seiner
Heimtücke besiegen konnte. Daher
versuchte er, einen Mann zu finden,
dessen Willen er mit seinem eigenen
böswilligen Geist vermengen konnte.
Schließlich fand er einen Kleriker und
dachte: „Ich würde gern in einer
solchen Stellung sein, dass ich
weltliche Ehre und körperlichen Genuss
haben könnte und so viel Geld sammeln
könnte, dass mir nichts von all dem
fehlen würde, was zu meinem Unterhalt
und Vergnügen dient. Deshalb will ich
in den Orden des Franziskus eintreten
und mich sehr demütig und gehorsam
verhalten.“
Mit einer solchen Absicht und solchem
Willen trat der genannte Bruder in
diesen Orden ein, und gleich fuhr der
Teufel in sein Herz, und der Kleriker
wurde ein Bruder in diesem Orden. Der
Teufel dachte nämlich: „Wie Franziskus
mit seinem demütigen Gehorsam viele
Menschen von der Welt abziehen wollte,
um großen Lohn im Himmel zu empfangen,
so wird dieser Bruder von mir, der
widerspenstig genannt werden wird,
nachdem er widerspenstig gegen die
Regel des Franziskus war, viele
(Brüder) vom Orden des Franziskus von
der Demut zum Hochmut bringen, von
kluger Armut zur Gewinnsucht, vom
wahren Gehorsam dazu, den eigenen
Willen zu tun und der Lust der Körpers
zu folgen.“
Und als dieser Bruder widerstrebend in
den Orden des Franziskus eintrat, fing
er durch Eingebung des Teufels gleich
an, zu denken: „Ich will mich so
demütig und gehorsam zeigen, dass alle
mich für heilig halten. Aber wenn
andere fasten und Schweigen bewahren,
dann werde ich wie meine besonderen
Freunde das Gegenteil machen: Ich
werde so heimlich essen, trinken und
reden, dass keiner von den anderen es
merkt.
Nach der Regel kann ich erlaubter
Weise kein Geld benutzen oder Gold und
Silber haben; deshalb will ich
irgendeinen besonderen Freund haben,
der heimlich meine Gelder und mein
Gold für meine Rechnung verwahrt, so
dass ich das Guthaben verwenden kann,
wie ich will. Ich will auch
Bücherkünste lernen und Wissen
erwerben, so dass ich dadurch eine
gewisse Ehre und Würde im Ordensleben
gewinne, und will mir Pferde,
Silbergefäße, schöne Kleider und
teuren Schmuck erwerben.
Wenn mich jemand deswegen tadelt,
werde ich ihm antworten, dass ich das
zur Ehre meines Ordens tue. Wenn ich
es außerdem zuwege bringe, dass ich
Bischof werde, so kann ich in Wahrheit
glücklich und vergnügt mit dem Leben
sein, das ich dann führen darf, denn
ich kann dann meine volle Freiheit
genießen und meinen Körper
belustigen.“
Nun sollst du hören, was der Teufel in
diese Orden des Franziskus angestellt
hat. Es ist wirklich so, dass es auf
der Welt mehr Brüder gibt, die in Tat
und Willen die Regel halten, die der
Teufel den Bruder gelehrt hat, als
die, die noch der Regel folgen, die
ich den Bruder Franziskus selbst
gelehrt habe. Du sollst aber wissen,
dass – obwohl diese Brüder, d.h. die
des Franziskus und des Bruders
„widerspenstig“ miteinander vermischt
sind, solange sie auf Erden leben,
werde ich sie doch nach dem Tode
trennen denn ich bin deren Richter.
Ich werde dann die Brüder, die der
Regel des Franziskus gefolgt sind,
dazu veranlassen, bei mir und
Franziskus in der ewigen Freude zu
bleiben, während die, die der Regel
des „Bruders Widerspenstig“ gefolgt
sind, zu ewiger Strafe in der Tiefe
der Hölle verurteilt werden, sofern
sie sich nicht noch vor dem Tode
bessern und demütig Buße tun wollten.
Das ist nicht verwunderlich, denn die,
die den Weltmenschen ein Beispiel an
Demut und Heiligkeit geben sollten,
die geben nun hässliche und
lasterhafte Beispiele mit ihrer
Habgier und ihrem Hochmut. Solche
Brüder können deshalb gewiss sein –
und das können auch andere Mönche
sein, denen es nach ihrer Regel
verboten ist, Eigentum zu besitzen, es
aber doch gegen ihre Regel haben, und
die mich dadurch besänftigen wollen,
mir einen Teil davon zu geben – dass
deren Gaben mir leid und verhasst und
keiner guten Gegengabe wert sind.
Es ist mir nämlich lieber und gefällt
mir besser, wenn sie gewissenhaft die
heilige Armut einhalten, die sie nach
ihren Regeln gelobt haben, als wenn
sie mir all das Gold und Silber, ja
alle die Metalle anbieten würden, die
es auf der Welt gibt.
Du, die meine Worte hört, sollst auch
wissen, dass es dir nicht erlaubt
worden wäre, diese Vision zu sehen,
wenn mich nicht einer meiner guten
Diener von ganzem Herzen aufrichtig
für diesen Franziskanerbruder gebeten
hätte und aus göttlicher Liebe
gewünscht hätte, ihm ein paar
nützliche Ratschläge für seine Seele
zu geben.“
Nachdem ich dies gesehen und gehört
hatte, verschwand die Vision.
|
Die Vision
hatte Frau Birgitta in Bethlehem, wo
die Jungfrau Maria ihr zeigte, wie es
bei der Geburt Jesu zuging, wie sie es
Frau Birgitta in Rom 15 Jahre vor
ihrer Abreise nach Bethlehem
versprochen hatte.
|
21. Kapitel
|
Als ich
mich an der Krippe des Herrn in
Bethlehem befand, sah ich eine schöne
schwangere Jungfrau, in einen weißen
Mantel und ein dünnes Kleid gekleidet,
die mir erlaubte, ihren jungfräulichen
Leib deutlich zu erkennen. Ihr
Mutterleib war voll und ganz
aufgeschwollen, denn sie war schon
bereit, zu gebären. Bei ihr war ein
sehr ehrwürdiger alter Mann, und sie
hatten beide einen Ochsen und Esel bei
sich.
Als sie in die Grotte kamen, band der
Alte den Ochsen und den Esel an der
Krippe fest, ging hinaus und kam mit
einem brennenden Licht zurück zur
Jungfrau, das er an der Mauer
befestigte. Dann ging er wieder
hinaus, denn er sollte nicht selber
bei der Entbindung zugegen sein. Die
Jungfrau nahm die Schuhe von ihren
Füßen, zog den weißen Mantel aus, den
sie trug, zog den Schleier vom Kopf ab
und legte das Kleidungsstück neben
sich. So hatte sie nur das Kleid an,
und ihr wunderbares, goldglänzendes
Haar war über die Schulter gebreitet.
Sie holte zwei kleine Leinentücher und
zwei Wolltücher hervor, sehr sauber
und fein, die sie mitgenommen hatte,
um das erwartete Kind darin
einzuwickeln, und außerdem zwei andere
kleine Leinentücher, die für das Haupt
des Kindes vorgesehen waren, und sie
legte diese Stücke neben sich, um sie
benutzen zu können, wenn sie sie
brauchte.
Als alles in Ordnung war, fiel die
Jungfrau erfurchtsvoll auf die Knie,
um zu beten, wobei sie den Rücken
gegen die Wiege drehte, aber das Haupt
zum Himmel erhob, in östlicher
Richtung. Mit erhobenen Händen und den
Blick gen Himmel gerichtet, stand sie
wie in Betrachtung und Verzückung da,
berauscht von göttlicher Lieblichkeit.
Aber als sie so im Gebet versunken
war, sah ich, wie das Kind sich im
Mutterschoß bewegte, und in derselben
Zeit, ja in einem Augenblick, gebar
sie ihren Sohn, von dem ein so
unsagbarer Strahlenglanz ausging, dass
die Sonne nicht damit zu vergleichen
war.
Das Wachslicht, das der alte Mann
dorthin gesetzt hatte, verbreitete
keinen Schein, denn der göttliche
Strahlenglanz verdrängte ganz den
Schein des Wachslichtes. Und so
schnell und augenblicklich erfolgte
diese Geburt, dass ich nicht
beobachten oder unterscheiden konnte,
wie die Jungfrau gebar. Ich sah aber
gleich das ehrenreiche Kind nackt und
klar leuchtend auf dem Boden liegen.
Sein Fleisch war ganz rein und frei
von aller Unreinheit.
Ich sah auch die Nachgeburt
eingewickelt und sehr schön neben dem
Kinde. Und ich hörte einen lieblich
klingenden Engelsgesang von
wunderbarer Schönheit. Der Leib der
Jungfrau, der vor der Entbindung sehr
aufgeschwollen war, zog sich nun
zusammen, und ihr Körper schien nun
schmächtig und von seltsamer
Schönheit. Als sie spürte, dass sie
geboren hatte, betete sie den Knaben
sehr artig und ehrfürchtig mit
gesenktem Haupt und zusammengelegten
Händen an, und sie sagte zu ihm: „Sei
willkommen, mein Gott, mein Herr, mein
Sohn!“
Da begann der Junge zu weinen und
gleichsam wegen der Kälte und dem
harten Boden, wo er lag, zu zittern,
drehte sich langsam, streckte seine
Glieder aus und suchte die Obhut
seiner Mutter. Und die Mutter nahm ihn
in ihre Hände, drückte ihn an ihre
Brust und wärmte ihn mit großer Freude
und mütterlichem Mitleid an Wange und
Brust.
Auf dem Boden sitzend, legte sie ihren
Sohn in die Arme und nahm mit den
Fingern vorsichtig seinen Nabelstrang,
der gleich abgeschnitten wurde, ohne
dass Flüssigkeit oder Blut heraustrat.
Gleich begann sie, ihn sorgfältig zu
wickeln, erst in die Leinen-, dann in
die Wollkleider, wobei sie seinen
Körper, die Beine und Arme mit einem
Tuch zuband, das an den vier Enden des
oberen Wollkleids festgebunden war.
Dann wickelte sie den Kopf des Kindes
in die beiden Leinentücher, die sie
für diesen Zweck zur Hand hatte.
Als das getan war, trat der Alte ein,
fiel auf die Knie auf den Boden,
betete den Jungen an und weinte vor
Freude. Und bei der Entbindung
wechselte die Jungfrau nicht die Farbe
und wurde nicht krank oder verlor ihre
Körperkraft, wie das bei anderen
Frauen zu geschehen pflegt, die ein
Kind gebären; das einzige, was
geschah, war, dass sich ihr Leib
wieder so zusammenzog, wie er vor der
Geburt des Jungen gewesen war.
So stand sie mit dem Jungen im Arm
auf, und sie und Josef legten ihn in
die Krippe, und mit gebeugten Knien
beteten sie ihn mit unermesslicher
Freude an. |
Eine
Offenbarung an der Krippe des Herrn in
Bethlehem. |
22.
Kapitel |
Die
Jungfrau Maria offenbarte sich mir
dann noch einmal an demselben Platz
und sagte: „Meine Tochter, es ist
lange her, seit ich dir in Rom
versprach, dass ich dir hier in
Bethlehem die Art meiner Niederkunft
zeigen würde. Und obwohl ich dir etwas
davon in Neapel zeigte, nämlich wie
ich stand, als ich meinen Sohn gebar,
so sollst du auch wissen und überzeugt
sein, dass ich so stand und in der
Weise geboren habe, wie du mich jetzt
einsam im Stall auf gebeugten Knien
hast beten sehen. Ich habe ihn nämlich
mit einem solchen Jubel und einer
solchen Freude der Seele geboren, dass
ich kein Unbehagen oder irgendwelchen
Schmerz spürte, als er aus meinem
Körper trat. Ich wickelte ihn gleich
in die reinen Windeln, die ich lange
vorher in Ordnung gebracht hatte.
Als Joseph das sah, wunderte er sich
und empfand große Freude darüber, dass
ich in dieser Weise ohne Hilfe geboren
hatte. Weil die vielen Menschen, die
in Bethlehem versammelt waren, auf
Grund der Steuerveranlagung so
beschäftigt waren, gaben sie soviel
Acht darauf, dass Gottes Wundertaten
nicht allgemein bekannt unter ihnen
werden konnten. Und das sollst du
wissen, dass – obwohl die Menschen
nach menschlichen Begriffen zu
behaupten suchten, dass mein Sohn auf
die übliche Weise geboren wurde, so
ist es doch die Wahrheit und über
allen Zweifel erhaben, dass er so
geboren wurde, wie ich dir vorher
sagte, und wie du es jetzt gesehen
hast.“ |
23. Kapitel
|
Ich sah
auch an demselben Platz, als die
Jungfrau Maria und Joseph standen und
das Kind in der Krippe anbeteten, dass
da die Hirten und die, welche die
Herde bewachten, kamen, um das Kind zu
sehen und anzubeten. Als sie es
gesehen hatten, wollten sie wissen, ob
es ein Junge oder ein Mädchen war,
denn die Engel hatten ihnen ja
verkündet, dass der Erlöser der Welt
geboren sei, und sie hatten nicht
gesagt: „Erlöserin“. Die Jungfrau –
Mutter zeigte ihnen dann, dass es ein
Knabe war, und sie beteten ihn gleich
mit großer Ehrfurcht und Freude an und
kehrten dann um, indem sie Gott für
all das priesen und verherrlichten,
was sie gehört und gesehen hatten.
|
24. Kapitel
|
Die
Mutter des Herrn sagte auch zu mir:
„Du sollst wissen, meine Tochter, dass
– als die drei weisen Könige zum Stall
kamen, um meinen Sohn anzubeten, ich
ja im voraus von ihrer Ankunft wusste.
Und als sie hineinkamen und ihn
anbeteten, da jubelte mein Sohn, und
vor Freude hatte er da ein sanfteres
Gesicht als sonst. Auch ich freute
mich sehr, und mein Sinn war voll von
wunderbarem Jubel. Ich gab Acht auf
ihre Worte und Taten und bewahrte sie
in meinem Herzen.“ |
25. Kapitel
|
Gottes
Mutter spricht: „Dieselbe Demut findet
sich jetzt bei meinem Sohn, in der
Macht seiner Gottheit, wie damals, als
er in der Krippe zwischen zwei Tieren
ruhte. Obwohl er alles in seiner
Gottheit vorher wusste, sprach er
dennoch nichts nach Menschenart. So
hört er auch jetzt, da er zur Rechten
des Vaters sitzt, alle, die mit Liebe
zu ihm sprechen, und er antwortet
durch Eingebungen des Heiligen
Geistes, indem er je nach Belieben zu
manchen in Worten und Gedanken und zu
anderen wie von Mund zu Mund spricht.
Ebenso bin ich, seine Mutter, jetzt
demütig in meinem Leibe, der über
alles Geschaffene erhöht ist, wie ich
es war, als ich mit Joseph verlobt
war. Doch sollst du wissen und davon
überzeugt sein, dass Joseph, ehe er
sich mit mir verlobte, durch den
Heiligen Geist verstand, dass ich Gott
Jungfräulichkeit gelobt hatte, und
dass ich unbefleckt in Gedanken, Wort
und Tat war.
Er verlobte sich mit mir in der
Absicht, dass er mir dienen und mich
als Herrin und nicht als Ehefrau haben
würde. Und ich war durch den Heiligen
Geist gewiss, dass meine
Jungfräulichkeit ewig unbeschadet
bleiben würde, obwohl ich durch Gottes
wundervolle Verordnung mit einem Mann
verlobt war. Aber nachdem ich den
Gesandten Gottes mein Einverständnis
gegeben hatte, und Joseph meinen
Mutterleib durch die Kraft des
Heiligen Geistes wachsen sah, bekam er
einen großen Schrecken: Er glaubte
sicher nichts Schlechtes von mir, aber
er erinnerte sich, dass die Propheten
verkündet hatten, dass Gottes Sohn von
einer Jungfrau geboren würde, und er
hielt sich für unwürdig, einer solchen
Mutter zu dienen.
Aber der Engel befahl ihm im Traum,
sich nicht zu fürchten, sondern mir
mit Liebe zu dienen. Von Reichtümern
behielten ich und Joseph nichts für
uns selbst, außer dem, was zum
Lebensunterhalt und zu Gottes Ehre
diente, das übrige gaben wir aus
göttlicher Liebe fort.
Als die Stunde der Geburt meines
Sohnes gekommen war (die ich vorher
sehr genau wusste) nahm ich – wie Gott
es vorausgesehen hatte – nach
Bethlehem für meinen Sohn das reinste
Gewand und Windeln mit, die keiner
vorher benutzt hatte. Darin wickelte
ich ihn, der von mir in aller Reinheit
geboren wurde, zum ersten Mal ein, und
wenn ich auch von Ewigkeit her
ausersehen war, auf dem höchsten Thron
und in höchster Ehre über allen
geschaffenen Wesen und über allen
Menschen zu sitzen, so verschmähte ich
es doch nicht – demütig wie ich war –
alles zuzurichten und anzuschaffen,
was für Joseph und mich selbst
notwendig war.
Mein Sohn war Joseph und mir untertan.
Und wie ich auf Erden demütig war, nur
Gott und Joseph bekannt, so bin ich
auch jetzt demütig, da ich auf dem
höchsten Thron sitze, alle
vernünftigen Bitten vor Gott zu
bringen. Aber manchen antworte ich
durch göttliche Eingebungen, zu
anderen rede ich auf eine mehr geheime
Weise, je nachdem es Gott gefällt.“
|
Als Frau
Birgitta schon von Jerusalem nach Rom
zurückkehren wollte, ging sie am
Geburtstag der Jungfrau Maria, um das
Grab dieser Jungfrau und andere
heilige Plätze aufzusuchen, die in der
Nähe von Jerusalem liegen. Als sie am
Grabe betete, offenbarte sich ihr die
Jungfrau, gab ihr sichere Auskunft
über die Zeit vor ihrem Tod und
versicherte, dass dies wirklich ihr
Grab war. |
26.
Kapitel |
Als ich
am Grab der ehrenreichen Jungfrau im
Tal Josafat betete, offenbare sich mir
dieselbe Jungfrau, strahlend in
herrlichem Glanz, und sagte: „Hör nun
zu, meine Tochter! Nachdem mein Sohn
zum Himmel aufgefahren war, lebte ich
noch 15 Jahre auf Erden und so lange
Zeit, wie zwischen dem
Himmelfahrtstage meines Sohnes und
meinem Todestag verstrichen war. Dann
lag ich 15 Tage tot in diesem Grab.
Danach wurde ich mit unendlicher Ehre
und Freude in den Himmel aufgenommen.
Die Kleider, in denen ich begraben
wurde, blieben im Grabe zurück, und
ich ward stattdessen in solche Kleider
gekleidet, in die mein Sohn und Herr
Jesus Christus gekleidet war. Wisse
auch, dass es im Himmel keinen
menschlichen Leib gibt, außer dem
ehrenreichen Leibe meines Sohnes und
dem meinen Leib.
Ihr sollt nun in die Länder der
Christen zurückkehren, euer Leben
ständig verbessern und im übrigen mit
größter Achtsamkeit und Aufmerksamkeit
leben, nachdem ihr die heiligen Orte
besucht habt, wo mein Sohn und ich
körperlich gelebt haben, gestorben und
begraben sind.“ |
Als Frau
Birgitta auf der Rückfahrt von
Jerusalem durch Neapel fuhr, wurde sie
von der Königin und dem Erzbischof in
dieser Stadt um Rat gefragt. Als sie
für die Einwohner der Stadt zu Gott
betete, sprach Christus zu ihr und
tadelte die Einwohner wegen
verschiedener Sünden. Diese
Offenbarung gab Frau Birgitta im
Beisein des Erzbischofs, Herrn
Bernhard, drei Magister der Theologie,
zweier Doktoren im kanonischen und
bürgerlichen Recht sowie einiger
Ritter und Bürger in Neapel bekannt.
|
27.
Kapitel |
Eine
Person, die im Gebet wachte und sich
der Betrachtung hingab, geriet in
Verzückung, wobei sich Jesus Christus
ihr offenbarte und sagte: „Höre du,
die die Gnade erhalten hat, geistliche
Dinge zu hören und zu sehen, gib genau
Acht und präge dir ein, was du jetzt
hörst, und was du in meinem Namen den
Menschen verkünden sollst! Du sollst
das nicht sagen, um dir selber Ehre
oder menschlichen Ruhm zu erwerben,
und du darfst das auch nicht aus
Furcht vor der Schmähung und
Verachtung der Menschen verschweigen,
denn das, was du jetzt hören wirst,
wird dir nicht nur um deinetwillen
offenbart, sondern auch wegen der
Gebete meiner Freunde.
Einige meiner auserwählten Freunde in
der Stadt Neapel haben nämlich viele
Jahre hindurch von ganzem Herzen mit
Gebeten und frommen Mühen für meine
Feinde zu mir gebetet, die in
derselben Stadt wohnen, dass ich ihnen
Gnade erweisen sollte, durch die sie
von ihren Sünden und Unsitten
loskommen und sich heilsam bessern
könnten. Durch die Gebete dieser
Menschen bewogen, gebe ich dir jetzt
diese meine Worte.
Höre deshalb genau zu, was ich dir
sage!
Ich bin der Schöpfer aller, und Herr
über die Teufel und die Engel. Keiner
kann meinem Gericht entgehen. Der
Teufel hat auf dreifache Weise gegen
mich gesündigt, nämlich durch Neid,
Übermut und Liebe zu seinem eigenen
Willen. Sein Hochmut war so
grenzenlos, dass er Herr über mich
sein wollte, so dass ich ihm untertan
sein sollte. Solche Bosheit hegte er
gegen mich, dass er mich, wenn das
möglich gewesen wäre, gern getötet
hätte, um selber Herr zu werden und
auf meinem Thron zu sitzen. So lieb
war ihm sein eigener Wille, dass er
meinen Willen für nichts achtete, wenn
er nur seinen eigenen verwirklichen
könnte.
Deshalb ist er vom Himmel gefallen,
und statt dass er ein Engel war, wurde
er zum Teufel in der Tiefe der Hölle.
Als ich dann seine Bosheit und seine
große Böswilligkeit gegen den Menschen
sah, zeigte ich den Menschen meinen
Willen und gab ihnen meine Gebote, so
dass sie, wenn sie sie befolgten, mir
gefallen und dem Teufel missfallen
könnten. Dann kam ich aus der großen
Liebe, die ich für die Menschen hatte,
auf die Welt und nahm menschliche
Gestalt durch eine Jungfrau an. Ich
habe sie selbst durch Handeln und
Predigt den wahren Weg der Erlösung
gelehrt, und um ihnen vollkommene
Liebe und Wohlwollen zu zeigen, habe
ich ihnen durch mein eigenes Blut den
Himmel geöffnet.
Aber wie handeln jetzt die Menschen,
die meine Feinde sind, gegen mich? In
Wahrheit, sie verachten meine Gebote,
sie werfen mich aus ihren Herzen wie
abscheuliches Gift, sie spucken mich
aus ihrem eigenen Munde aus wie einen
verfaulten Gegenstand, und lehnen es
ab, mich zu sehen, als wäre ich ein
stinkender, aussätziger Mensch. Aber
den Teufel und seine Taten umfangen
sie mit ihrem ganzen Sehen und
Handeln, geben ihm Zutritt zu ihrem
Herzen, tun mit Lust und Freude seinen
Willen und folgen seinen bösen
Eingebungen.
Deshalb werden sie mit dem Teufel
durch mein gerechtes Gericht in der
Hölle auf ewig ihren Lohn erhalten.
Denn für den Hochmut, den sie üben,
werden sie Schande und ewige Schmach
erhalten, so dass Engel und Teufel von
ihnen sagen werden, dass sie bis zum
Scheitel mit Schande gefüllt sind. Für
ihre maßlose Gewinnsucht wird sie
jeder Teufel in der Hölle mit seinem
tödlichen Gift erfüllen, so dass es in
ihren Seelen keine einzige leere
Stelle gibt, die nicht mit teuflischem
Gift gefüllt ist. Wegen der Geilheit,
von der sie brennen wie unvernünftige
Tiere, werden sie niemals vor mein
Angesicht kommen, um seinen Anblick zu
genießen, sondern sie werden von mir
geschieden sein, und sie werden auch
sehen, wie ihre zügellose Lust
verspottet wird.
Übrigens sollst du wissen, dass – wie
die Todsünden die schwersten Sünden
sind, auch eine vorgebbare Sünde zur
Todsünde wird, wenn der Mensch seine
Freude daran findet und darin
verharren will. Wisse also, dass man
zwei Sünden begeht (ich werde sie dir
jetzt nennen), die andere Sünden mit
sich bringen. Sie scheinen allen
vorgebbare Sünden zu sein, aber wenn
die Menschen sich an ihnen vergnügen
und sie fortsetzen wollen, werden sie
zu Todsünden. Das Volk in der Stadt
Neapel begeht auch viele andere
abscheuliche Sünden, die ich dir gar
nicht nennen will.
Die erste der beiden Sünden ist, dass
die Gesichter bei vernunftbegabten
Wesen und verschiedenen Farben bemalt
werden, - solche, mit denen leblose
Bilder und Statuen von Abgöttern
bestrichen werden, damit sie anderen
schöner vorkommen, als wie ich sie
geschaffen habe. Die andere Sünde ist,
dass die Leiber von Männern und Frauen
verunziert werden und ihr rechtes
Aussehen durch unanständige Kleider
einbüßen, die das Volk benutzt, und
das tun sie aus Hoffahrt, um mit ihren
Leibern schöner und verführerischer zu
erscheinen, als ich, Gott, sie
geschaffen habe, und damit die, die
sie sehen, leichter von sinnlichem
Verlangen entzündet werden.
Daher kannst du gewiss sein, dass sie
ebenso oft, wie sie ihre Gesichter mit
fremden Farben einschmieren, etwas von
dem Eingießen des Heiligen Geistes
verlieren, und der Teufel ihnen näher
kommt. Und so oft sie sich mit
unziemlichen, unpassenden Kleidern
schmücken und so ihre Körper
entstellen, vermindert sich der
Schmuck der Seele und erhöht sich die
Macht des Teufels.
O meine Feinde, die ihr so handelt und
euch erdreistet, andere Sünden zu
begehen, die meinem Willen
widersprechen – warum vergesst ihr nur
mein Leiden, und warum bedenkt ihr
nicht in eurem Herzen, wie ich nackt
an den Pfeiler gebunden wurde, wie
grausam ich von harten Geißeln
verwundet wurde, wie ich nackt am
Kreuz hing und klagte, voller Wunden
und blutüberströmt? Und wenn ihr eure
Gesichter anmalt und einschmiert,
warum blickt ihr da nicht auf mein
Antlitz und seht, wie es voller Blut
war? Warum gebt ihr nicht Acht auf
meine Augen, wie sie sich
verdunkelten, gefüllt von Blut und
Tränen, und wie meine Augenlider blau
wurden? Warum seht ihr nicht auf
meinen Mund, und warum schaut ihr
nicht auf meine Ohren und meinen Bart,
wie sie ihre Farbe verloren und mit
Blut besprengt wurden? Warum
betrachtet ihr nicht meine übrigen
Glieder, die schrecklich verwundet
durch verschiedene Schläge wurden, und
wie ich um euretwillen blauschwarz und
tot am Kreuze hing, und dort von allen
verhöhnt und verspottet wurde – so
dass ihr durch die Erinnerung und das
fleißige Gedenken daran lernen würdet,
mich, euren Gott, zu lieben, und so
den Schlingen des Teufels entgeht, in
die ihr nun so traurig verstrickt
seid?
Ach, all das ist vor euren Augen und
in euren Herzen vergessen! Ihr benehmt
euch wie Huren, die die Wollust des
Fleisches lieben, aber keine Kinder
gebären wollen. Wenn sie ein lebendes
Kind in ihrem Schoße spüren, führen
sie durch Kräuter und andere Dinge
eine Fehlgeburt herbei, so dass sie
auf ihre fleischliche Wollust und ihre
ständig wiederholten schändlichen
Vergnügen verzichten müssen, sondern
sich weiterhin ihrem Hurenleben und
ihrer schmutzigen Unzucht hingeben
können.
So handelt auch ihr, denn ich, euer
Gott, euer Schöpfer und Erlöser,
besuche alle mit meiner Gnade und
klopfe an eurem Herzen an, denn ich
liebe alle. Aber wenn ihr eine
Eingebung des Heiligen Geistes oder
Reue in eurem Herzen vernehmt, oder
beim Hören auf meine Worte einen
Vorsatz fasst, begeht ihr – geistlich
gesehen – eine Abtreibung, indem ihr
eure Sünden entschuldigt, daran Genuss
findet und zu eurem Verderben darin
verharren wollt. So tut ihr den Willen
des Teufels und schließt ihn in euer
Herz, während ihr mich schimpflich
vertreibt. Ihr ehrt mich also nicht,
und ich bin nicht mit euch. Ihr ehrt
nicht mich, sondern den Teufel, denn
es ist sein Wille und seine
Eingebungen, denen ihr gehorcht.
Nachdem ich euch euer Gericht gesagt
habe, will ich auch von meiner
Barmherzigkeit reden. Meine
Barmherzigkeit bedeutet, dass keiner
meiner Feinde ein so großer Sünder
ist, dass ich ihm meine Barmherzigkeit
verweigere, wenn er sie mit demütigem
und aufrichtigem Herzen begehrt.
Deshalb sollen meine Feinde drei Dinge
tun, wenn sie meine Gnade und
Freundschaft wiedererlangen und sich
mit mir versöhnen wollen.
Das erste ist, dass sie von ganzem
Herzen bereuen, dass sie mich, ihren
Schöpfer und Erlöser, gekränkt haben.
Das andere ist, dass sie vor ihrem
Beichtvater eine ehrliche, inständige
und demütige Beichte ablegen und alle
ihre Sündern bessern, indem sie Buße
tun und kluge Ratschläge ihres
Beichtvaters erfüllen. Dann werde ich
ihnen nahen, und der Teufel wird sich
von ihnen entfernen. Das dritte ist,
dass sie, nachdem sie dies mit
Frömmigkeit und vollkommener Liebe
erfüllt haben (in der Kommunion)
meinen Leib empfangen und sich
vornehmen, nie mehr in ihre früheren
Sünden zu verfallen, sondern bis zum
Ende im Guten zu verharren.
Dem, der sich in dieser Weise bessert,
werde ich gleich wie ein milder Vater
seinem verirrten Sohn entgegeneilen
und ihn bereitwilliger in meine Gnade
wieder aufnehmen, als wie er selbst
erbitten und es sich vorstellen kann.
Und dann werde ich in ihm und er in
mir sein, und er soll ewiglich mit mir
leben und sich freuen. Aber über den,
der in seinen Sünden und seiner
Bosheit verharrt, wird zweifellos
meine Gerechtigkeit kommen.
Wenn der Fischer die Fische in ihrem
fröhlichen Vergnügen im Wasser spielen
sieht, wirft er seinen Angelhaken ins
Meer und zieht die gefangenen Fische
nach und nach heraus – nicht alle auf
einmal, sondern ganz allmählich und
einen nach dem anderen, und schickt
sie so in den Tod, indem er sie alle
ums Leben bringt. So werde ich auch
mit meinen Feinden umgehen, die sich
in Sünde verhärten.
Denn nachher werde ich sie aus diesem
weltlichen Leben fortnehmen; wo sie es
nicht glauben, sondern ihren
allergrößten Spaß haben, werde ich
ihnen das ewige Leben rauben und sie
in den ewigen Tod senden, wo sie
niemals mein Angesicht sehen dürfen,
nachdem sie es vorzogen, ihren
zügellosen und verkehrten Willen zu
tun und zu befriedigen, statt meine
Gebote und meinen Willen zu erfüllen.“
Nachdem (Birgitta) dies gehört hatte,
verschwand die Vision. |
28. Kapitel
|
Frau
Birgitta schreibt an Herrn Bernhard,
den Erzbischof von Neapel: „Verehrter
Vater und Herr! Als die Person, die
ihr gut kennt, das Gebet verrichtete
und in Betrachtung versunken war,
wurde sie entrückt, und da offenbarte
sich ihr die Jungfrau Maria und sagte:
„Ich, die mit dir spricht, ist die
Königin des Himmels. Ich kann der
Gärtner dieser Welt genannt werden.
Wenn ein Gärtner ein heftiges Unwetter
nahen sieht, das den Gewächsen und
Bäumen in seinem Garten schadet, eilt
er gleich herbei, bindet sie an feste
Stöcke fest, so gut er kann, und hilft
ihnen nach besten Kräften auf
verschiedene Weise, so dass sie nicht
vom Sturmwind abgebrochen und mit den
Wurzeln ausgerissen werden.
Ebenso verfahre ich, die Mutter der
Barmherzigkeit, in meinem
Kräutergarten, d.h. der Welt, denn
wenn ich sehe, wie die gefährlichen
Winde der teuflischen Versuchungen und
Eingebungen in das Herz der Menschen
blasen, eile ich gleich zu meinem
Herrn und meinem Gott, meinem Sohn
Jesus Christus, um ihnen mit meinen
Gebeten zu helfen und von ihm zu
erwirken, dass er ein paar fromme
Eingebungen des Heiligen Geistes in
ihr Herz sendet, so dass sie, von
diesen gestützt und heilsam gestärkt,
vor dem teuflischen Wind der
Versuchungen geistlich beschützt und
unbeschadet bewahrt werden, und so
nicht der Teufel Macht über die
Menschen gewinnt, ihre Seelen
zerbricht und sie nach seinem bösen
Wunsch mit den Wurzeln nach oben
kehrt.
Wenn die Menschen so mit demütigem
Herzen und mit der Verwirklichung in
der Tat diese meine Stützen und meinen
Beistand annehmen, dann werden sie
gleich gegen die teuflischen Anläufe
der Versuchungen verteidigt, werden in
Gnaden gestärkt und bringen zu
gegebener Zeit Gott und mir liebliche
Frucht. Aber die, die die geistliche
Stütze meines Sohnes und von mir
verschmähen und sich von dem Winde der
Versuchungen bewegen lassen, dem
Teufel im Willen und im Tun
zuzustimmen, die werden aus dem Boden
der Gnade weggerückt und werden vom
Teufel durch unzulässige Begierden und
Handlungen zu den ewigen Strafen und
den finsteren Tiefen der Hölle
geführt.
Aber nun sollst du wissen, dass in der
Stadt Neapel viele schreckliche und
heimliche Verbrechen begangen werden.
Die will ich dir nicht erzählen;
stattdessen spreche ich jetzt mit dir
über zwei Arten von offenbaren
Vergehen, die meinem Sohn und mir und
dem ganzen himmlischen Hof aufs
äußerste missfallen.
Die erste Sünde besteht darin, dass
viele in dieser Stadt Heiden und
Ungläubige als Diener anstellen, und
dass manche von diesen Herren sich
nicht darum kümmern, sie zu taufen und
sie nicht zum christlichen Glauben
bekehren wollen. Und auch wenn manche
von ihnen getauft werden, kümmern sich
ihre Herren nicht mehr darum, sie im
christlichen Glauben und in der Art
unterweisen zu lassen, das Sakrament
der Kirche noch vor ihrer Taufe und
Bekehrung zu empfangen.
Auf diese Weise kommt es, dass diese
bekehrten Diener, nachdem sie den
Glauben angenommen haben, viele
Verbrechen begehen, aber nicht wissen,
dass sie zum Sakrament der Buße und
des Altars zurückkehren sollen, um
wieder in den Stand der Gnade und
Erlösung versetzt und mit Gott
versöhnt zu werden. Außerdem halten
manche ihre Dienerinnen oder
Sklavinnen in solchem Elend und
solcher Unkenntnis, als wären es
Hunde, indem sie sie verkaufen – und
was schlimmer ist, sie oft in Bordelle
bringen, um auf so schändliche und
abscheuliche Weise Geld zu verdienen.
Manche halten sie in ihren Häusern als
Mätressen für sich selbst und andere.
Das ist höchst widerlich und Gott, für
mich und den ganzen himmlischen Hof
verhasst.
Es gibt auch andere Hausherren, die
ihre Diener in solchem Maße plagen und
sie mit Schimpfworten und Schlägen
reizen, dass manche von ihnen in
Verzweiflung geraten und Lust
bekommen, sich das Leben zu nehmen.
All diese Sünden und Versäumnisse
missfallen Gott und dem ganzen
himmlischen Hofe sehr, denn Gott
selbst hat sie lieb: Er hat sie ja
geschaffen, und er kam auf die Welt,
nahm menschliche Gestalt durch mich an
und erlitt Pein und Tod am Kreuz, um
alle zu erlösen.
Du sollst auch wissen, dass die, die
solche Heiden und Ungläubige kaufen,
um sie zu Christen zu machen und sie
in der christlichen Glaubens- und
Sittenlehre zu unterweisen, und die
Absicht haben, ihnen während ihres
Lebens oder bei ihrem Tode die
Freiheit zu geben, so dass sie nicht
noch an die Erben übergehen – solche
Hausherren erwerben sich große
Verdienste und werden Gott
wohlgefällig. Aber sei überzeugt, dass
die, die das Gegenteil tun, von Gott
hart bestraft werden.
Die andere Sünde ist, dass viele
Männer und Frauen aus verschiedenem
Anlass schlechte Wahrsager und Seher
sowie widerliche Zauberer bei sich
haben und in Anspruch nehmen. Manchmal
bitten sie diese, gottlose
Beschwörungen durchzuführen, damit sie
dadurch instand gesetzt werden. Andere
wollen von diesen Lumpen Kenntnis über
die Zukunft. Viele bitten sie auch,
dass sie ihnen mit ihrer bösen
Beschwörungskunst Heilung von ihren
Krankheiten verschaffen sollen.
Alle, die solche niedrigen Wahrsager
und Hexen in ihren Häusern halten und
sie versorgen, oder die solche
teuflischen Ratschläge und Heilmittel
von ihnen haben wollen, wie auch die
bösen Hellseher und Hexen selber, die
so etwas versprechen, sind Gott
verhasst und von ihm verdammt. Solange
sie in solchen Vorhaben verharren und
ein solches Leben führen, auf die wird
niemals irgendeine Eingebung oder
Gnade vom Heiligen Geist herabsteigen,
oder Eintritt in ihre Herzen gewinnen.
Aber wenn sie bereuen und sich demütig
bessern und den aufrichtigen Vorsatz
fassen, nicht mehr zu sündigen, so
werden sie Barmherzigkeit und Gnade
von meinem Sohn erhalten.“
Nachdem (Birgitta) dies gehört hatte,
verschwand die Vision. |
Ein Bischof,
der der Vorgesetzte der hl. Römischen
Kirche in der Provinz Ancona war,
begehrte von Frau Birgitta Fürbitte
und Rat. Als Frau Birgitta auf sein
Begehren für den Bischof betete,
offenbarte sich ihr Christus und sagte
ihr die unten aufgezeichneten Worte.
|
29.
Kapitel |
Gott
sei in Ewigkeit für all sein Gutes
gesegnet! Amen. – Mein Herr und
ehrwürdiger Vater, ich befehle mich
euch demütig an. Ihr habt demütig an
mich geschrieben, dass ich, eine euch
unbekannte Frau, in Demut zu Gott für
euch beten soll. Hierauf antworte ich
euch nach ehrlicher Gewissensprüfung,
dass ich, der ich leider eine
unwürdige Sünderin bin, dafür nicht
ausreiche. Ihr habt mir auch
geschrieben, dass ich euch ein paar
geistliche Ratschläge zum Wohle eurer
Seele geben sollte.
Daher wollte Gott, der Acht auf euren
Glauben und eure Demut gab, auch nach
seiner holden väterlichen Sitte euer
Begehren und eure Treue belohnen,
indem er sich nicht mit meinen Sünden
abgab, sondern nur mit der Gesinnung
des demütig Bittenden. Denn als ich
Sünderin – unwürdig, so etwas zu tun –
gestern zu meinem Herrn Jesus Christus
für euch betete, da offenbarte er sich
nur im Geist, sprach zu mir im
Gleichnis und sagte: „Du, die du die
Gnade empfangen hast, geistliche Dinge
zu hören und zu sehen, gib Acht! Du
sollst wissen und gewiss sein, dass
alle Bischöfe und Äbte sowie die
übrigen Kirchenfürsten und
Präbendepriester mit der Verpflichtung
zur Seelsorge, die ihre Kirchen, und
die ihnen anvertrauten Schafe (meine
Schafe) verlassen und andere Ämter und
Machtbefugnisse übernehmen und
behalten, um in ihrer neuen Stellung
von den Menschen mehr geehrt und auf
höhere Posten in der Welt befördert zu
werden, die sind – auch wenn sie nicht
stehlen oder etwas rauben oder ein
anderes Unrecht in diesen ihren neuen
Ämtern begehen – für mich wie
Schweine, in ein bischöfliches oder
priesterliches Gewand gekleidet, da
sie mit diesen Ämtern und
Ehrenstellungen prahlen und ihre
Freude daran finden, und deshalb meine
Schafe und ihre Gemeinden verlassen
haben.
Es war (um dieses Gleichnis
auszuführen) ein hoher Herr, der seine
Freunde zu einem Festmahl einlud. Zur
stunde der Mahlzeit kamen Schweine, in
dieser Weise gekleidet, in den Palast
zu diesem Herrn und denen, die mit ihm
zu Tisch saßen. Er wollte ihnen auch
von dem köstlichen Essen auf seinem
Tisch geben, aber da grunzten alle
Schweine laut und weigerten sich, die
feinen Gerichte zu fressen, während
sie gierig die einfachen Treber
fressen wollten, die sie gewohnt
waren.
Als der hohe Herr das sah und merkte,
ekelte er sich an ihrem schoflichen
Benehmen und ihrer Unsauberkeit und
sagte gleich mit großem Zorn und
Entrüstung zu seinen Dienern: „Jagt
sie aus meinem Palast hinaus, so dass
sie sich mit den Trebern gütlich tun,
denn es sind schmutzige Schweine. Sie
wollen weder, noch sind es wert, von
dem Essen zu fressen, was ich für
meine Freunde habe anrichten lassen.“
Daraus, mein verehrter Vater und Herr,
habe ich im Geist verstanden, dass ihr
euer Gewissen um Rat fragen müsst,
wieweit die Schafe Christi, die euch
anvertraut sind, d.h. die Einwohner in
eurem Bischofsstift, in eurer
Abwesenheit geistlich gut regiert
werden oder nicht. Und wenn sie in
eurer Abwesenheit – geistlich gesehen
– zum Nutzen und zum Wohl ihrer Seelen
so gut regiert werden, wie es
angemessen ist, und ihr außerdem seht,
dass ihr draußen in der Provinz Ancona
größere Ehre für Gott und größeren
Nutzen für die Seelen als in eurem
Stift bewirken könnt, dann sage ich,
dass ihr getrost nach Gottes Willen
auf eurem Posten als Steuermann von
Ancona bleiben könnt, - wenn es nur
kein Ehrgeiz oder leere Prahlerei bei
diesem Amte ist, die euch veranlasst,
dort zu bleiben.
Aber wenn euer Gewissen euch das
Gegenteil sagt, dann rate ich, dass
ihr das Amt in Ancona aufgebt und
zurückkehrt, um persönlich in eurer
Kirche und in dem euch anvertrauten
Bistum zu residieren, eure oder
richtiger gesagt, Christi Schafe zu
lenken, die euch besonders anvertraut
sind, und sie durch euer Beispiel und
euer Tun auf die Weide zu führen –
nicht nachlässig und mangelhaft, wie
ein schlechter Tagelöhner, sondern
gewissenhaft und verdienstvoll, wie
ein wahrer und guter Hirte.
Verzeiht mir, Herr, dass ich – die
eine ungebildete Frau und eine
unwürdige Sünderin bin – euch so etwas
schreibe! Ich bitte ihn, unseren
wahren und guten Hirten, der geruhte,
für seine Schafe zu sterben, dass er
euch die Gnade des Heiligen Geistes
verleihe, seine Schafe würdig zu
lenken und stets seinen ehrenreichen,
hochheiligen Willen bis hin zum Tode
zu tun.“ |
30. Kapitel
|
Ich sah
ein großes Schloss, wie der klare
Himmel. Da war eine himmlische
Heerschar, unzählig wie die
Sonnenkörner (? solgrand), und es
strahlte wie die Strahlen der Sonne.
In dem Schloss saß auf einem
wunderbaren Thron eine männliche
Person von unbegreiflicher Schönheit,
ein unendlich mächtiger Herr, dessen
Kleider seltsam und von unsagbarer
Klarheit waren. Neben ihm, der auf dem
Thron saß, stand eine Jungfrau, die
klarer als die Sonne strahlte; die
ganze himmlische Heerschar, die
zugegen war, ehrte sie als die Königin
des Himmels.
Und er, der auf dem Thron saß, tat
seinen Mund auf und sagte: „Hört, ihr
alle meine Feinde, die ihr auf Erden
lebt – denn mit meinen Freunden, die
meinen Willen befolgen, rede ich
nicht. Hört, alle ihr Kleriker,
Erzbischöfe, Bischöfe und alle
niedrigeren Beamten der Kirche! Hört
alle ihr Männer mit keuschem
Lebenswandel, zu welchem Orden ihr
auch gehören mögt!
Hört, ihr Könige, Fürsten und Richter
auf Erden sowie ihr alle, die dient!
Hört, ihr Frauen, Königinnen,
Fürstinnen und alle Frauen und
Dienerinnen, ja alle, welchem Stand
und Lebensstellung ihr auch angehören
mögt, Große und Kleine, die die Welt
bewohnen, hört diese Worte, die ich,
der euch geschaffen hat, nun zu euch
sage! Ich klage darüber, dass ihr von
mir abgewichen seid und euch meinem
Feind, dem Teufel, anvertraut habt,
dass ihr meine Gebote verraten, dem
Willen des Teufels gefolgt seid und
seinen Eingebungen gehorcht.
Ihr denkt nicht daran, dass ich, der
unwandelbare und ewige Gott, euer
Schöpfer, vom Himmel zu einer Jungfrau
herabgestiegen bin und von ihr
Menschengestalt angenommen habe und
unter euch gewandert bin. Ich habe ja
durch mein eigenes Beispiel den Weg
für euch gebahnt und habe euch
gezeigt, wie ihr zum Himmel gehen
sollt. Ich wurde entkleidet,
gegeißelt, mit Dornen gekrönt und so
hart am Kreuze ausgestreckt, dass fast
alle Sehnen und Gelenke im Körper
brachen. Ich hörte alle Schmähungen
und litt den verächtlichsten Tod und
das bitterste Herzweh um eurer
Erlösung willen.
Auf dies alles gebt ihr, meine Feinde,
nicht Acht, denn ihr seid betrogen.
Ihr tragt das Joch und die Bürde des
Teufels mit all ihrer trügerischen
Süße, aber ihr wisst es nicht und
merkt es nicht, bis eine unendliche
Trauer euch befällt, die von dieser
grenzenlosen Bürde herrührt. Aber dies
ist euch nicht genug, sondern euer
Übermut ist so groß, dass ihr, wenn
ihr höher steigen könntet als ich, das
gern tun würdet. Und so groß ist eure
fleischliche Lust, dass ihr lieber
mich entbehren wollt, als euer
unordentliches Begehren aufgeben
wollt. Eure Habsucht ist unermesslich,
wie ein Sack mit Löchern im Boden,
denn es gibt nichts, was sie sättigen
kann.
Deshalb schwöre ich bei meiner
Gottheit, dass – wenn ihr in dem
Zustand sterbt, in dem ihr jetzt seid,
so werdet ihr nie mein Antlitz zu
sehen bekommen, sondern werdet für
euren Hochmut so tief in die Hölle
versenkt, dass alle Teufel noch über
euch sein und euch untröstlich
peinigen werden; für eure Geilheit
werdet ihr mit schrecklichem,
teuflischem Gift erfüllt werden, und
für eure Gewinnsucht werdet ihr mit
Schmerz und Angst erfüllt und alles
Böse zu spüren bekommen, was es in der
Hölle gibt.
O meine Freunde, böse, undankbar und
entartet wie ihr seid, ihr meint, ich
sei wie ein toter Wurm im Winter, und
deshalb tut ihr, was ihr wollt, und
habt dabei Erfolg. Deshalb werde ich
im Sommer aufstehen, und da werdet ihr
verstummen und meiner Hand nicht
entkommen. Doch habe ich euch, meine
Feinde, mit meinem Blut erlöst, und
ich begehre nichts anderes, als eure
Seelen. Kehrt daher mit Demut zu mir
zurück, so werde ich euch gnädig als
Kinder annehmen. Werft das schwere
Joch des Teufels von euch ab, erinnert
euch an meine Liebe und schaut in
eurem Gewissen, dass ich lieb und
milde bin.“ |
31. Kapitel
|
Es
geschah fünf Tage vor dem Tode Frau
Birgittas, der Braut Christi, dass
unser Herr Jesus Christus sich ihr vor
dem Altar offenbarte, der in ihrer
Kammer stand. Er schaute sie mit
mildem Antlitz an und sagte: „Ich habe
so mit dir gehandelt, wie der
Bräutigam es zu tun pflegte, der sich
vor seiner Braut verbirgt, so dass sie
sich umso heißer nach ihm sehnt. So
habe ich dich in dieser Zeit nicht mit
meiner Freude besucht, denn da war es
deine Probezeit.
Aber jetzt, da du erprobt bist, magst
du hingehen und dich vorbereiten, denn
es ist jetzt Zeit dafür, dass das
erfüllt wird, was ich dir versprochen
habe, nämlich dass du vor meinem Altar
als Nonne gekleidet und geweiht wirst.
Und du sollst fortan nicht nur als
meine Braut gelten, sondern auch als
Nonne und Mutter in Vadstena.
Doch sollst du wissen, dass du deinen
Leib hier in Rom hinlegen wirst, bis
er an den Platz kommt, der für ihn
bereitet ist, denn es gefällt mir,
dich vor den Mühen (der Reise) zu
verschonen, und rechne deinen Willen
als vollbrachte Tat.“
Und nach Rom gewandt, sagte er wie
anklagend: „O mein Rom, mein Rom, der
Papst verachtet dich und hört nicht
auf meine Worte, sondern nimmt das
Zweifelhafte für das Sichere. Er wird
meine Pfeife nicht mehr zu hören
bekommen, denn er berechnet die Zeit
meiner Barmherzigkeit nach seinem
Gutdünken.“
Dann sagte er zur Braut: „Aber sage du
dem Prior, dass er all diese meine
Worte von allen Offenbarungen den
Brüdern und meinem Bischof überlässt,
dem ich die Glut meines Geistes geben
will, und den ich mit meiner Gnade
füllen will. Und du sollst wissen,
dass – wenn es mir gefällt – die
Menschen kommen werden, die mit Lust
und Freude die Worte in den
Himmlischen Offenbarungen aufnehmen,
die dir bisher mitgeteilt wurden, und
dann wird all das, was dir gesagt
wurde, in Erfüllung gehen. Und wenn
auch meine Gnade vielen wegen ihrer
Undankbarkeit entzogen worden ist,
werden an ihrer Stelle andere kommen,
die meine Gnade erhalten.
Aber als die letzte von all den
Offenbarungen, die dir mitgeteilt
wurden, soll die gemeinsame und
allgemeine Offenbarung gelten, die ich
dir in Neapel gegeben habe, denn mein
Gericht wird über alle Völker in
Erfüllung gehen, die sich nicht
demütig mir zuwenden, wie dir ja auch
gezeigt worden ist.“
Nachdem dies und vieles andere gesagt
wurde, was nicht hier
niedergeschrieben ist, nannte Christi
Braut einige Personen in ihrer
Umgebung, denen sie sagte, sie habe
sich vor dem Tode vor Gott stehen
sehen, und traf Anweisungen für sie.
Danach fügte der Herr hinzu: „Fünf
Tage hiernach in der Frühe, nachdem du
das Sakrament genommen hast, sollst du
alle Personen in deiner Umgebung
zusammenrufen, die ich dir genannt
habe, und ihnen sagen, was sie tun
sollen. Und so sollst du unter ihren
Worten und in ihren Armen in dein
Kloster kommen, d.h. in meine Freude,
und dein Leib soll in Vadstena
beigesetzt werden.“
Am fünften Tage danach zeigte sich ihr
Christus in der Morgendämmerung wieder
und tröstete sie. Nachdem die Messe
gelesen war und sie in größter Andacht
und Ehrfurcht das Sakrament genommen
hatte, gab sie in den Armen der
genannten Personen den Geist auf.
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Ich bin wie ein Zimmermann, der
Bäume fällt, sie in ein Haus
bringt, ein schönes Bild aus Holz
anfertigt und es mit Farben und
Konturen schmückt. Seine Freunde
sehen das Bild, das mit noch
schöneren Farben geschmückt werden
könnte, und so setzten sie auch
ihre Farben hinzu. Auf diese Weise
habe ich, Gott, aus dem Walde
meiner Gottheit meine Worte
ausgehauen, und ich habe sie in
deinen Mund gelegt. Meine Freunde
haben sie nach der Gnade, die
ihnen verliehen ist, zu Büchern
zusammengestellt, haben sie
gefärbt und geschmückt. Nun sollst
du, damit sie mehrere Leute
erreichen, die Offenbarungsbücher
mit meinen Worten meinem Bischof
Alfons, dem Eremiten, übergeben,
und dieser soll sie
zusammenstellen, erklären und
darauf achten, dass der
katholische Sinn meines Geistes
beachtet wird. Und sage ihm, dass
er das Amt eines Evangelisten
ausführen und erfüllen soll.
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