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Die himmlischen Offenbarungen 
der heiligen Birgitta - 7.Buch

   
   





  

Siebtes Buch der himmlischen Offenbarungen der heiligen Brigitta

Das 7. Buch berichtet ausschließlich von Birgittas Offenbarungen und Erlebnissen in Italien, auf Zypern und im Heiligen Land von den Jahren nach 1350 bis zu ihrem Tode 1372.
 

Inhalt – Buch 7    Die Zahlen stehen für die Kapitel
Das 7. Buch berichtet ausschließlich von Birgittas Offenbarungen und Erlebnissen in Italien, auf Zypern und im Heiligen Land von den Jahren nach 1350 bis zu ihrem Tode 1372.

1. In Rom offenbart sich die Jungfrau Maria Birgitta und verspricht dass sie zu ihrer Zeit ins Heilige Land kommen wird.
2. Am Tage von Maria Lichtmess besucht Birgitta die Kirche S. Maria Maggiore in Rom. Da erlebt sie eine Vision von der Darbringung des Jesuskindes im Tempel.
3. In Rom offenbart sich – wahrscheinlich in den Jahren nach 1350 – der hl. Franziskus Birgitta und ermahnt sie, eine Wallfahrt zu seinem Grab in Assisi zu unternehmen. Als sie hinkam, offenbart sich Franziskus ihr von neuem und gibt ihr Ermahnungen.

4. Birgitta macht – wahrscheinlich nach 1360 – eine Wallfahrt in die Stadt Ortona an der Ostküste Italiens. Dort hört sie eine göttliche Stimme über die Reliquien des Apostels Thomas sprechen, die dort verwahrt wurden. Im Zusatz werden Episoden von Birgittas Reise nach Ortona und von ihrem Aufenthalt in dieser Stadt erzählt.
5. Bei ihrem Besuch in Neapel 1366 macht Birgitta Bekanntschaft mit dem vornehmen Eleasar (Elziarius) von Sabran, damals ein Schulkind, später Kardinal. Nun richtet sie an ihn ein Schreiben, in dem sie ihn ermahnt, nur aus Eifer für Gottes Ehre Priester zu werden, und nicht in der Hoffnung auf eine leuchtende Karriere.
6. Birgitta hatte seit langem eine Wallfahrt ins Heilige Land geplant. Am 25. Mai 1371 wird sie in einer Offenbarung, ermahnt, sich endlich auf die Reise zu begeben.

7. Einmal im Laufe des Jahres 1371 bittet ein römischer Franziskaner Birgitta, für ihn zu beten und fragt sie in ein paar theologischen Problemen um Rat. Auf göttliche Ermahnung hin gibt sie ihm Anweisungen für seine Lebensführung und Wirksamkeit als Seelsorger und bestärkt ihn in seinem Glauben an das Wunder des Messopfers und an die Macht der Priester, zu binden und zu lösen.
8. Zu demselben Franziskaner sagt Birgitta auf göttliche Ermahnung hin, dass es ihm nicht erlaubt sei, das Schicksal von Papst Johannes XXII. nach dessen Tode kennen zu lernen, aber dass die Aussprüche, die dieser Papst in dem u.a. im Franziskanerorden geführten Meinungsstreit gemacht hatte, wie weit Christus während seines Erdenlebens irgendwelches Eigentum besessen habe, richtig sind – Christus hat nämlich das Gewand besessen, das seine Mutter Maria ihm genäht hatte.
9. Christus offenbart sich Birgitta in Rom erneut – wahrscheinlich Anfang des Jahres 1372 – und ermahnt sie, sich ins Heilige Land zu begeben.

10. Birgitta hat Christi Mahnung befolgt und Rom verlassen. Sie macht einen Aufenthalt in Neapel und trifft dort u.a. Erzbischof Bernhard. In Birgittas Anwesenheit sagt er, wenn er Papst wäre, würde er den Priestern erlauben, im Ehestand zu leben. Birgitta antwortet ihm auf göttliche Ermahnung hin, dass die Priesterehe Gott verhasst sei.
11. Auch Königin Johanna von Neapel trat mit Birgitta in Verbindung. Auf Christi Ermahnung gibt Birgitta dieser Königin Ratschläge, die sie in ihrer Regierung und persönlichen Lebensführung befolgen soll. Sie richtet auch an den Feldherrn Gomez de Alburnoz Ratschläge, dessen Bekanntschaft sie zu dieser Zeit machte, und an einen Hofmann im Dienst von Königin Johanna.
12. Durch Birgitta ermahnt Christus den Erzbischof Bernhard von Neapel, gewissenhaft über die Priester in seinem Amtsbereich zu wachen und selbst ein anspruchsloses Leben zu führen.

13. Birgitta war auf ihrer Fahrt von Rom nach Neapel von ihren Kindern Karl, Birger und Katharina begleitet. In Neapel wurde Karl krank und starb am 27. Februar 1372. Nach seinem Tode sieht Birgitta seine Seele vor Gottes Richterstuhl. Der Teufel streitet mit der Jungfrau Maria und mit dem Schutzengel um das Besitzrecht auf seine Seele. Der Streit wird von Christus zugunsten des Letzteren entschieden.
14. Im Mai 1372 langten Birgitta, ihre Kinder und Freunde in Palästina an. In der Grabeskirche in Jerusalem sagt Christus zu ihr, dass ihre Sünden nun vergeben seien.
15. In der Grabeskirche erlebt Birgitta Christi Leiden aufs neue – sie hat das vorher in Schweden (I,10) und Italien (IV,70) erlebt.

16. Vor der Ankunft in Palästina hatte Birgitta im April 1372 Zypern besucht. Sie erhielt dort eine Offenbarung, in der Christus sich über die Bewohner der Insel beklagt. Weiter richtet Christus Ratschläge und Ermahnungen an Herzog Johannes. Dieser hatte kurz vorher seinen Bruder, König Peter I. von Zypern, gestürzt und führte nun die Vormundschaft für seinen unmündigen Neffen, Peter II., zusammen mit dessen Mutter, Königin Eleonora; in der Offenbarung wird er „der Herzog, der verantwortlich für den Tod seines Bruders war“, genannt. Weitere Ermahnungen ergingen an den Beichtvater von Johannes, an den Beichtvater Birgittas Alfons, an Königin Eleonora von Zypern (Witwe Peters I. und Mutter von Peter II.) und an den jungen, unmündigen Peter II., den Neffen von Eleonora und Johannes („der neue König“).
17. In Jerusalem gibt Jungfrau Maria Anweisungen, wo sie wohnen soll.
18. Von Jerusalem schreibt Birgitta einen Brief an den jungen Peter II. von Zypern („König von Zypern“) und seinen Onkel und Vormund Johannes („Fürst von Antiochia“); sie ermahnt sie, über den Lebenswandel des Adels und der Priesterschaft zu wachen und notwendige Reformen durchzuführen.

19. In Jerusalem spricht Christus zu Birgitta über das Volk von Zypern, tadelt seine Sünden und drückt seinen Wunsch aus, dass die griechisch-orthodoxen Christen des Inselreiches sich dem Papst in Rom unterstellen sollen. Bei der Rückfahrt aus dem Heiligen Land besucht Birgitta Zypern noch einmal – Anfang Oktober 1372 – und gibt da Christi Worte im Beisein von Peter II., Eleonora, Herzog Johannes und dem königlichen Rat öffentlich bekannt.
20. Ein Franziskaner auf Zypern, Martin von Aragonien, hatte Birgitta bei ihrem ersten Besuch auf der Insel um Rat gefragt, wieweit es für Franziskaner zulässig sei, Eigentum zu besitzen. In Jerusalem spricht Christus mit Birgitta über diese Sache, und danach vermittelt sie Christi Worte an den Franziskaner weiter.
21. Bei ihrem Besuch in Bethlehem im Sommer 1372 hat Birgitta eine Vision von Jesu Geburt. Diese Vision war von grundlegender Bedeutung für Darstellungen der bildenden Kunst von Jesu Geburt: Vor Birgittas Zeit stellte man die Jungfrau Maria als eine liegende Frau im Kindbett dar, aber seit dem Bekannt werden von Birgittas Vision fing man an, Maria in kniender Stellung darzustellen, die ihr auf dem Boden liegendes Kind anbetet.

22. In Bethlehem spricht Maria zu Birgitta über Jesu Geburt.
23. In Bethlehem sieht Birgitta die Hirten das Jesuskind anbeten.
24. In Bethlehem erzählt Maria Birgitta vom Besuch der Weisen beim Jesuskind.

25. In Bethlehem erzählt Maria Birgitta von den Ereignissen bei der Geburt Jesu.
26. Am 8. September 1372 offenbart sich Maria Birgitta in der Nähe von Jerusalem und erzählt ihr von ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel.
27. Anfang des Jahres 1373 ist Birgitta mit ihrem Gefolge nach Neapel zurückgekehrt. Sie gibt dort im Beisein von Erzbischof Bernhard und mehreren geistlichen und weltlichen Herren eine Offenbarung bekannt, in der Christus das Volk in Neapel tadelt, u.a. wegen des eitlen und sittenlosen Lebens, dessen sich Frauen schuldig machen.

28. In Neapel richtet Birgitta ein schreiben an Erzbischof Bernhard, in dem sie im Auftrage Marias Missbräuche tadelt, die in der Stadt herrschen: Die Gewohnheit christlicher Hausherren, muslimische Sklaven zu halten, ohne sie im Christentum zu unterweisen, sowie die verbreitete Anwendung von Zauberei und Beschwörungen.
29. Ein Bischof, der zugleich Statthalter der Provinz Ancona ist, fragt Birgitta um Rat, wie weit es richtig von ihm ist, von seinem Stift abwesend zu sein, um seinen Statthalterposten zu verwalten. Birgitta rät ihm, zu seinem Bischofssitz zurückzukehren, wenn er sich darüber klar ist, dass seine Anwesenheit dort erforderlich ist.
30. Christus spricht eine allgemeine Drohung über alle Stände aus – offenbar kurz vor Birgittas Abreise von Neapel nach Rom.

31. Dieses Kapitel schildert Birgittas letzte Tage und ihren Tod in Rom am 23. Juli 1373.

 

Gottes Sohn spricht: „Meine Kirche ist lange, lange von mir abgewichen. Wenn meine Mutter nicht ihre Fürbitten leisten würde, gäbe es keine Hoffnung auf Erbarmen. Nun bin ich aber wegen der Gebete meiner Mutter und aller meiner Heiligen noch so barmherzig, dass ich meine Worte senden will, die aus meinem Mund hervorgegangen sind, und ihnen meine Barmherzigkeit anbiete. Wenn sie die annehmen wollen, will ich mich besänftigen lassen; wenn nicht, sollen sie meine Gerechtigkeit erfahren.“

Gottes Sohn hat diese Worte seines gesegneten Mundes in die Welt gesandt. Die, die sie hören und befolgen, sollen glücklich werden und die ewige Seligkeit gewinnen.

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1. Kapitel
Als die hl. Birgitta, Christi Braut, in Rom war und einmal im Gebet versunken war, fing sie an, an die Jungfrauengeburt und an die große Güte von Gott zu denken, dass er sich die reinste Mutter erwählen wollte. Und da wurde ihr Herz von so großer Liebe zur Jungfrau entzündet, dass sie bei sich sagte: „O meine Frau, du Königin des Himmels, mein Herz freut sich so, dass der höchste Gott dich als Mutter erwählt hat und dir eine so hohe Würde verlieh, dass ich lieber ewig in der Hölle gepeinigt werden wollte, als dass du das Allergeringste von einer so hohen Ehre oder von deiner himmlischen Würde verlieren würdest.“ Und so stand sie entrückt, von Sinnen und berauscht von der Süßigkeit der Liebe, erhoben in der Ekstase innerer Betrachtung.

Da zeigte sich ihr die Jungfrau und sagte: „Gib Acht, meine Tochter! Ich bin die Königin des Himmels. Weil du mich mit einer solchen unermesslichen Liebe liebst, will ich dir verkünden, dass du in die heilige Stadt Jerusalem wallfahren wirst, wenn es meinem Sohn gefällt, und von da nach Bethlehem, wo ich dir an der richtigen Stelle zeigen werde, wie alles zugegangen ist, als ich meinen Sohn Jesus Christus geboren habe, denn so hat es ihm gefallen.“

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2. Kapitel
Als Christi Braut in Rom war, besuchte sie am Tage von Maria Lichtmess die Kirche Santa Maria Maggiore. Sie wurde da in einer geistlichen Vision entrückt: Sie sah, wie sich im Himmel alles gleichsam wie zu einer großen Feier rüstete und sie sah auch einen Tempel von wunderbarer Schönheit, und da stand dieser ehrwürdige Alte, der gerechte Simeon, bereit, das Jesuskind mit größtem Verlangen und mit größter Freude in seine Arme zu schließen.

Und sie sah auch die hl. Jungfrau kommen und den kleinen Knaben tragen, um ihn nach dem Gesetz des Herren im Tempel darzustellen. Eine unzählige Menge von Engeln und verschiedenen Heiligen Gottes und heiligen Jungfrauen und anderen Frauen sah man vor der hl. Jungfrau, Gottes Mutter, vorausgehen und sie in aller Freude und Frömmigkeit umgeben.

Vor ihr ging ein Engel mit einem langen, breiten und blutigen Schwert, das die bitteren Schmerzen darstellte, die Maria beim Tode ihres Heißgeliebten Sohnes litt. Ja, diese Schmerzen wurden mit dem Schwert vorausgesagt, von dem der gerechte Simeon prophezeite, dass es durch ihre Seele dringen würde. Und während der ganze himmlische Hof jubelte, wurde der Braut gesagt: „Sieh, mit welcher großen Ehre die Himmelskönigin bei dieser Feier für das Schwert der Schmerzen belohnt wird, die sie beim Leiden ihres geliebten Sohnes ausstehen musste.“ Danach verschwand diese Vision.

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3. Kapitel
Am Fest des hl. Franziskus offenbarte sich der hl. Franziskus der Braut Christi in seiner Kirche in Trastevere in Rom und sagte zu ihr: „Komm in meine Kammer, um mit mir zu essen und zu trinken.“ Als sie das hörte, begab sie sich gleich fort, um ihn in Assisi zu besuchen.

Nachdem sie sich fünf Tage dort aufgehalten hatte, wollte sie nach Rom zurückkehren und ging deshalb in die Kirche, um sich und ihre Begleiter dem Schutze des hl. Franziskus anzubefehlen. Da offenbarte er sich ihr und sagte: „Sei willkommen! Ich habe dich in meine Kammer eingeladen, damit du mit mir essen und trinken solltest. Doch sollst du wissen, dass dieses Haus nicht die Kammer ist, über die ich mit dir gesprochen habe, sondern meine Kammer ist der wahre Gehorsam, den ich stets beobachtet habe, indem ich niemals ohne einen Führer sein wollte. Ich hatte nämlich immer einen Priester bei mir, dessen Befehlen ich allen demütig gehorchte, und das war meine Kammer.

Tu du das ebenso, denn das gefällt Gott. Meine Speise, wodurch ich lieblich erquickt wurde, bestand darin, dass ich gern meine Mitmenschen von der Nichtigkeit des Weltlebens abzog, um mit ganzem Herzen Gott zu dienen; die Freude, die ich dabei empfand, schmeckte mir so gut, wie die leckerste Kost. Aber mein Trank war die Freude, die ich empfand, wenn ich einige sah, die ich bekehrt hatte, wie sie Gott mit allen Kräften dienten, sich dem Gebet und der Betrachtung widmeten und andere lehrten, einen guten Wandel zu führen und der wahren Armut nachzueifern.

Sieh, Tochter, dieser Trank erfreute meine Seele so, dass alles auf der Welt seinen Wert für mich verlor. Tritt daher ein in meine Kammer und iss diese meine Speise und trink diesen meinen Trank, auf dass du in Ewigkeit bei Gott erfreut wirst.“

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4. Kapitel
Bei einem Menschen, der im Gebet wachte, sah es aus, als ob ihr Herz vor Gottesliebe brennen würde und ganz von geistlicher Freude erfüllt wäre, so dass ihr Körper gleichsam gefühllos wurde und seine Kraft verlor. Sie hörte da eine Stimme, die zu ihr sagte: „Ich bin der Schöpfer und Erlöser aller. Wisse, dass eine solche Freude, wie du sie jetzt in deiner Seele empfindest, ein Schatz von mir ist. Es steht ja geschrieben, dass der Geist weht, wo er will, und du hörst seine Stimme, aber du weißt nicht, woher er kommt, und wohin er fährt. Diesen Schatz beschere ich meinen Freunden auf mannigfache Weise und durch vielerlei Gaben.

Aber nun will ich mit dir von einem anderen Schatz sprechen, den es noch nicht im Himmel gibt, sondern bei euch auf Erden. Dieser Schatz sind die Reliquien und Leiber meiner Freunde; ja ob die Leiber meiner Heiligen vermodert oder frisch sind, ob sie zu Asche und zu Staub verwandelt sind oder nicht – so sind sie doch gewiss mein Schatz.
Aber nun kannst du fragen: Die Schrift sagt ja, „dort, wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Wie kann da mein Herz bei diesem Schatz sein, nämlich bei den Reliquien der Heiligen? Die höchste Lust meines Herzens ist, allen, die die Ruhestätte meiner Heiligen besuchen und deren Reliquien verehren (die Heiligen, die durch Wundertaten verherrlicht und von den Päpsten kanonisiert sind), ewigen Lohn zu bescheren – je nach dem Willen, dem Glauben und der Mühe der Besucher.

Auf diese Weise ist mein Herz bei meinem Schatz. Infolgedessen will ich, dass du wissen und überzeugt sein sollst, dass sich an diesem Platz mein allerteuerster Schatz befindet, nämlich die Reliquien meines hl. Apostels Thomas, die sich an keinem anderen Ort in solcher Menge und so ungestört und unzerstückelt finden, wie in diesem Alter. Denn als die Stadt, wo der Leib meines Apostels zuerst verwahrt wurde, zerstört wurde, wurde dieser Schatz durch einige meiner Freunde mit meiner Zulassung in diese Stadt gebracht und in diesen Altar gelegt.
Aber nun liegt er wie verborgen hier, denn bevor der Leib des Apostels hierher kam, waren die großen Männer in diesem Reich so beschaffen, wie geschrieben steht: „Sie haben einen Mund, aber reden nicht, sie haben Augen, aber sehen nicht, sie haben Ohren, aber hören nicht, sie haben Hände, aber greifen nicht, sie haben Füße, aber gehen nicht.“ Wie sollten dann solche Leute, die so gleichgültig gegen mich, ihren Gott, sind, einem solchen Kleinod gebührende Ehre erweisen?

Wer also mich und meine Freunde über alles liebt, der lieber sterben als mich kränken will und außerdem den Willen und die Macht hat, mich zu ehren, und anderen befiehlt, das auch zu tun, der soll – wer es auch ist – meinen Schatz erhöhen und ihn ehren, nämlich die Reliquien von diesem meinem Apostel, den ich erwählt habe. Deshalb soll gesagt und als etwas ganz Sicheres gepredigt werden, dass – wie die Leiber der Apostel Petrus und Paulus in Rom sind, - so sind die Reliquien meines heiligen Apostels Thomas in Ortona.“

Die Braut antwortete und sagte: „O Herr, haben die großen Männer dieses Reiches keine Kirchen gebaut und reichliche Almosen gegeben?“ Der Herr sagte zu ihr: „Sie haben viel getan und mir große Dinge aus Metall geopfert, um mich gnädig zu stimmen. Doch waren vieler Leute Almosen mir weniger wohlgefällig, weil die Spender ihre Ehen gegen die Bestimmungen der heiligen Väter eingegangen sind. Und obwohl die Ehen, die die Päpste zugelassen haben, rechtsgültig und wert waren, gehalten zu werden, war doch ihr Wille verkehrt und hatte gegen die Vorschriften der Kirche verstoßen. Deshalb wird dies bei meinem göttlichen Gericht erörtert und verurteilt werden.“
Zusatz
Als Frau Birgitta nach Ortona reiste, geschah es ihr, dass sie und ihr Gefolge im Freien, in kühlem Wetter und Platzregen übernachten mussten. Im Morgengrauen sagte Christus: „Aus drei Gründen wird der Mensch von Trübsal betroffen: Entweder, damit er demütiger wird (so wurde König David geprüft, oder deshalb, dass seine Furcht und Behutsamkeit erhöht wird (so, als Sara, Abrahams Frau, vom König weggeholt wurde), oder zur Freude und Ehre des Menschen. So ist es auch euch ergangen. Ich habe nämlich denen, die euch begegnet sind, die Eingebung gegeben, euch zu sagen, dass ihr an dem Tage nicht weitergehen solltet, aber ihr wolltet nicht glauben und habt deshalb dies erlitten. Geht deshalb jetzt in die Stadt, so wird euch mein Diener Thomas geben, was ihr begehrt.“

Weiter offenbarte sich Christus in Ortona und sagte: „Ich sagte dir vorher, dass mein heiliger Apostel Thomas mein Schatz war. Das ist gewiss war. Denn dieser Thomas ist in Wahrheit ein Licht der Welt, aber die Menschen lieben das Dunkel mehr als das Licht.“ Da zeigte sich auch der hl. Thomas und sagte: „Nun will ich dir den Schatz geben, den du so lange ersehnt hast.“ Und sieh, zu derselben Stunde trat ein kleiner Splitter aus einem Knochen des hl. Thomas aus dem Reliquienschrein des Heiligen aus, ohne dass jemand daran rührte. Birgitta nahm ihn mit Freude entgegen und bewahrte ihn voll Ehrfurcht auf.

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Christi Braut, Birgitta, empfing diese Offenbarung in Neapel, nachdem Herr Eleasar, der Sohn der Gräfin von Arieno, der damals ein junger Student von guter Veranlagung war, sie gebeten hatte, dass sie für ihn zu Gott beten sollte. Als sie betete, offenbarte sich ihr die Jungfrau Maria und teilte ihr diese Offenbarung mit, in der sie ihm die Lebensführung mitteilte, die er beobachten solle, und sehr schön sagt, dass die Vernunft der Türhüter und Beschützer der Seele sein soll, um alle Versuchungen zu verjagen und ihnen tapfer Widerstand zu leisten, so dass sie keinen Zutritt in das Innere des Menschen gewinnen.
5. Kapitel
Dem allmächtigen Gott, von dem alles Gute herrührt, sei Lob und Ehre, und besonders für die Dinge, die er mit euch in jungen Jahren getan hat! Seine Gnade sollen wir anrufen, dass die Liebe, die ihr zu Gott habt, von Tag zu Tage bis zu eurem Tode wachsen möge.

Ein reicher und mächtiger König baute ein haus, in das er seine geliebte Tochter setzte. Er überließ sie der Obhut eines Mannes und sagte zu ihm: „Meine Tochter hat Todfeinde, und deshalb musst du sie mit aller Sorgfalt schützen. Es sind vier Dinge, die du mit gewissenhafter Überlegung und ständiger Pflichttreue beachten sollst.
Das erste ist, dass niemand das Fundament des Hauses untergräbt. Das zweite ist, dass niemand die Mauerkrone übersteigt. Das dritte ist, dass niemand die Wände des Hauses durchbricht. Das vierte ist, dass kein Feind durch die Tore hereinkommt.“

Herr, dieses Gleichnis, das ich aus göttlicher Liebe an Euch schreibe (Gott, der Erforscher aller Herzen, sei hierfür mein Zeuge), ist geistlich zu verstehen. Unter dem Hause verstehe ich deinen Körper, den der Himmelskönig aus Erde geschaffen hat. Unter der Königstochter verstehe ich deine Seele, die von der Kraft des Höchsten geschaffen und in deinen Körper gesetzt ist. Unter dem Wächter verstehe ich die menschliche Vernunft, die nach dem Wollen des ewigen Königs deine Seele betreuen soll. Unter dem Fundament verstehe ich einen guten und unerschütterlich festen Willen, denn auf einen solchen müssen sich alle guten Werke gründen, und der ist der beste Verteidiger der Seele.

Wenn dein Wille daher so ist, dass du zu keinem anderen Zweck leben willst, als Gottes Willen zu befolgen, und du ihm mit Wort und Tat alle Ehre erweist, die du kannst, und ihm mit deinem Körper, deinen Gütern und all deinen Kräften dienst, solange du lebst, damit du deine Seele ihrem Schöpfer bewahrt vor aller Unreinheit des Fleisches übergeben kannst – o wie sorgsam musst du da dieses Fundament, d.h. deinen Willen, durch einen Wächter, d.h. die Vernunft, bewachen, damit es niemand mit seinen bösen Anschlägen zum Schaden der Seele untergraben kann.

Unter denen, die versuchen, dieses Fundament zu untergraben, verstehe ich die, die zu dir sagen: „Herr, sei ein Laie und nimm dir eine schöne, vornehme und reiche Gattin, so dass du dich an Kindern und Erben erfreuen kannst und vermeidest, von Anfechtungen des Fleisches geplagt zu werden!“

Andere sagen vielleicht: „Wenn du Priester werden willst, so lehre Bücherkünste, so dass du Magister genannt wirst, und beschaffe dir von Kirchengütern und Einkünften, durch Gebete und Gaben soviel du kannst, dann wirst du wegen deines Wissens weltliche Ehre gewinnen und von weltlichen Freunden und vielen Günstlingen wegen deines großen Reichtums geehrt werden.“
Sieh, wenn jemand dir so etwas rät, dann sollst du gleich den Wächter, d.h. den Verstand, ihm antworten lassen, dass du lieber alle körperlichen Beschwerden ausstehen willst, als die Keuschheit verlieren. Antworte auch, dass du Wissen und Bücherkenntnis zu Gottes Ehre, zur Verteidigung des katholischen Glaubens, zur Stärkung guter Menschen und zur Berichtigung irrender Menschen so wie für alle die erwerben willst, die deinen Rat und deine Unterweisung brauchen, aber dass du nicht aus eitler Ehre nach einem Überfluss in diesem Leben trachten willst, sondern nur nach deinem Lebensunterhalt und dem Unterhalt deiner Hausangestellten, den du brauchst.

Sage auch, dass – wenn Gottes Vorsehung dir außerdem irgendeine Würde verleihen will, so willst du alle zum Nutzen deiner Mitmenschen und zu Gottes Ehre einrichten. Und so gelingt es sicher auch dem Wächter, d.h. der Vernunft, die zu vertreiben, die das Fundament, nämlich deinen guten Willen, untergraben wollen.

Die Vernunft muss auch beharrlich und gewissenhaft darauf achten, dass niemand über die Mauerkrone steigt. Unter dieser Krone verstehe ich die Liebe, die die höchste von allen Tugenden ist. Und du kannst überzeugt sein, dass der Teufel nichts mehr begehrt, als über diese Mauer zu springen. Unaufhörlich strengt er sich dafür an, soviel er kann, dass deine Liebe zur Welt und die irdische Liebe deine Liebe zu Gott übertrifft.

So oft die Liebe zur Welt die Herrschaft über die Gottesliebe in deinem Herzen zu erringen sucht, sollst du also gleich, Herr, den Wächter, d.h. die Vernunft, mit Gottes Geboten gegen ihn schicken, indem die Vernunft sagt, dass du lieber den Tod des Körpers und der Seele leiden willst, als so zu leben, dass du durch Worte oder Taten einen so huldreichen Gott zum Zorn reizt, und dass du keinesfalls dein eigenes Leben, deine Güter, deine Besitzungen oder die Gunst deiner Verwandten und Freunde behalten willst, um Gott gefallen zu können – ihm allein, und ihn in allen Dingen ehrst. Ja, dass du dich lieber jeder Art von Leiden unterwirfst, als einem Mitmenschen, sei es ein Mächtigerer oder Geringerer, Schaden, Anstoß oder Trübsal zuzufügen, und dass du stattdessen alle deine Mitmenschen nach des Herrn Gebot brüderlich lieben willst.
Wenn du das tust, mein Herr, beweist du, dass du Gott mehr liebst, als dich selbst, und deinen Nächsten wie dich selbst. Und da kann der Wächter, d.h. die Vernunft, sicher ausruhen, denn kein Feind deiner Seele kann dann die Mauerkrone übersteigen.

Unter den Wänden verstehe ich vier Freuden am himmlischen Hof, die ein Mensch mit aufmerksamen Sinnen in seinem Inneren begehren soll. Die erste ist, sich in seinem Herzen warm danach zu sehnen, Gott selbst in seiner ewigen Ehre und den unerschöpflichen Reichtümern zu sehen, die keinem genommen werden können, der sie einmal gewonnen hat.

Die zweite Freude ist, ständig die lieblich klingenden Stimmen der Engel hören zu wollen, wenn sie unermüdlich Gott in alle Ewigkeit preisen. Die dritte ist, mit ganzem Herzen und mit brennender Sehnsucht zu begehren, Gott ewig preisen zu dürfen, wie es die Engel tun. Die vierte ist, zu begehren, mit den Engeln und den Seelen der Heiligen zusammen ewige Freude im Himmel zu genießen.

Dazu ist zu bemerken, dass – wie der Mensch, der sich im Innern eines Hauses aufhält, Wände um sich herum sieht, wohin er sich auch wendet – so ist es mit einem jeden, der sich Tag und Nacht mit höchstem Verlangen nach diesen vier Dingen sehnt, nämlich Gott in seiner Herrlichkeit zu sehen, die Engel Gott loben zu hören, Gott zusammen mit ihnen zu preisen und ihren Trost zu genießen. Wahrlich, wohin er sich auch wendet, und welche Arbeit er auch beginnt, wird er stets unbeschadet zwischen starken Wänden bewahrt, so dass man von ihm sagen kann, dass er schon in diesem Leben unter den Engeln lebt und Umgang mit Gott hat.

O mein Herr, wie sehr möchte dein Feind diese Wände durchgraben, die Sehnsucht nach dieser Himmelslust aus deinem Herzen entfernen und dein Begehren auf andere Freuden lenken, die im Gegensatz dazu stehen, und die deiner Seele ernsthaft schaden können. Deshalb soll der Wächter, d.h. die Vernunft, an den zwei Wegen genau Wacht halten, auf denen der Feind zu kommen pflegt.
Der erste Weg ist das Hören, der zweite das Sehen. Durch das Hören kommt er, wenn er dem Herzen Freude an weltlichen Liedern eingibt, an verschiedenen wohlklingenden Instrumenten sowie unnützen Geschichten und Lobtiraden auf den eigenen Menschen, wodurch der Mensch sich umso mehr von dem demütigen Christus entfernt, je mehr er sich in seinem Übermut über sich selbst erhebt.

Deshalb soll der Wächter, d.h. die Vernunft, einer solchen Lust widerstehen und sagen: „So wie der Teufel alle Demut hasst, die der Heilige Geist dem Menschenherzen eingibt, so will ich auch mit Gottes Hilfe allen Prunk und alle weltliche Hoffart hassen, die der böse Geist mit seinem giftigen Brand in die Herzen eingießt – ja, er soll mir so verhasst werden, wie der Gestank von einer verwesten Leiche, wodurch die, die ihn in die Nase bekommen, gleich ersticken können.
Durch das Sehen pflegt der Feind sich gleichsam auf einem anderen Weg durch die erwähnten Wände zu graben, und er führt dann verschiedene Gegenstände mit sich, nämlich allerlei Metall, die für verschiedene Dinge und in verschiedenen Formen geschmiedet sind, kostbare Steine, prächtige Kleider, stattliche Paläste, Festungen, Grundbesitz, Fischereigewässer, Wälder, Weingärten, große Geldgewinne und dergleichen. Denn wenn man dies alles heiß begehrt, dann wird es sich zeigen, dass man damit die genannten Wände abreißt, d.h. Freude am Himmlischen.

Der Wächter, d.h. die Vernunft, muss daher rasch, ehe dies das Herz zur Begier entzündet, zum Widerstand eilen und sagen: „Wenn ich so etwas in meinen Besitz bekomme, will ich es in eine Kiste legen, wo weder Diebe oder Motten daran kommen, und so wahr mir Gottes Gnade hilft, will ich meinen Gott nicht dadurch erzürnen, dass ich fremdes Eigentum begehre, und mich nicht dadurch, dass ich anderer Leute Eigentum haben möchte, von der Gesellschaft derer trenne, die Christus dienen.“

Unter den Pforten in diesem Haus verstehe ich all das, was für den Körper notwendig ist, und das, was der Körper nicht entbehren kann, nämlich Essen, Trinken, Schlafen und Wachen, manchmal betrübt und manchmal froh zu sein. Der Wächter, d.h. die Vernunft, muss also diese Pforten gewissenhaft bewachen, d.h. das für den Körper Notwendige, und gottesfürchtig, klug und eifrig den Feinden Widerstand leisten, so dass sie keinen Einstieg in die Seele finden. Deshalb soll man vorsichtig mit Essen und Trinken sein, so dass der Feind nicht durch Verschwendung Einstieg gewinnt, denn dann wird der Körper im Dienste Gottes träge.

Andererseits muss man sich davor hüten, dass der Feind nicht durch allzu große Enthaltsamkeit Einstieg gewinnt, denn dann erhält der Körper zu dem, was getan werden soll, keine Kräfte. Der Wärter, d.h. die Vernunft, soll auch darauf achten, dass nicht ein Überfluss an Gerichten für weltliche Ehre oder Menschengunst angewandt wird, ob du nun allein mit deinem Hauspersonal bist oder Gäste hast. Tu stattdessen einem jeden aus göttlicher Liebe Gutes an, aber ohne viele und leckere Gerichte aufzutischen.
Weiter soll der Wächter, d.h. die Vernunft, wachsam und aufmerksam darauf achten, dass Speise und Trank mit Maßen genossen wird. So soll auch der Schlaf gottesfürchtig so bemessen werden, so dass der Körper bereitwillig und besser gerüstet ist, auf alle Weise Gottes Ehre zu fördern, wobei alle Stunden des Wachseins nutzbringend zum Gottesdienst und ehrbarer Arbeit verwendet werden, ohne dass man die Last des Schlafes spürt.

Aber wenn irgendein Verdruss oder eine Sorge eintritt, soll der Wärter, d.h. die Vernunft, rasch mit seinem Begleiter die Gottesfurcht walten lassen, so dass nicht dein Zorn oder deine Ungeduld schuld wird, dass du Gottes Gnade verlierst und Gott schwer gegen dich erzürnst. Und wenn dein Herz mit irgend einer Zufriedenheit oder Freude erfüllt wird, soll der Wächter, d.h. die Vernunft, die Gottesfurcht fest in dein Herz einprägen, wodurch die Befriedigung oder Freude mit Hilfe der Gnade Jesu Christi so gedämpft wird, wie es dir am meisten nützt.
Zusatz
Als Frau Birgitta in Neapel war, wurden ihr die geheimsten Gedanken des künftigen Kardinals Eleasar und einige besondere zukünftige Dinge offenbart, die ihn betrafen. Als er das hörte, wunderte er sich und besserte sein Leben.

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6. Kapitel
Als Christi Braut sich in Rom aufhielt, war sie eines Tages im Gebet versunken, und ihre Seele war entrückt. Da offenbarte sich ihr Christus und sagte: „Bereitet euch nun vor, nach Jerusalem zu wallfahrten, um mein Grab und andere heilige Plätze zu besuchen, die es dort gibt. Ihr sollt Rom verlassen, wenn ich es sage.“

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Bevor Birgitta Rom verließ, um übers Meer zu fahren, geschah es, dass ein frommer Bruder sie wegen einiger Zweifel, die er in seinem Gewissen hatte, um Rat fragte. Als sie betete, offenbarte sich ihr die Jungfrau Maria, gab eine vollständige Antwort betreffs dieser Zweifel und sagte außerdem, dass – wie sündig auch der Papst und die Priester sein mögen (solange es keine Ketzer sind), so hat ersterer doch die Schlüssel und die wahre Macht, zu binden und zu lösen, und letztere die Macht, wirklich das gesegnete Sakrament des Leibes Christi auf dem Altar darzubringen, wenn sie vielleicht auch wegen ihrer Sünden der himmlischen Ehre unwürdig sind.
7. Kapitel
Ehre und Dank sei dem allmächtigen Gott und seiner höchst würdigen Mutter, der seligen Jungfrau Maria! Es schien mir unwürdigem und sündigen Menschen, als ob Gottes Mutter diese Worte zu mir sagte, als ich betete: „Sage diesem Bruder, meinem Freund, der mir durch dich seine Bitte schickte, dass es wahrer Glaube und vollkommene Wahrheit ist, dass – wenn jemand durch die Eingebung des Teufels alle Sünden gegen Gott begangen hat, aber dann mit wahrer Reue und dem Willen, sich zu bessern, Buße getan und mit Demut und brennender Liebe um Gottes Barmherzigkeit gebeten hat, kein Zweifel daran ist, dass dieser milde und barmherzige Gott ebenso bereit ist, diesen Menschen in seiner Gnade mit großer Freude wie ein liebevoller Vater wieder aufzunehmen, der seinen einzigen, hoch geliebten Sohn zu ihm zurückkehren sieht, von der schlimmsten Schande und dem elendsten Tod befreit. Ja, noch williger als ein irdischer Vater vergibt dieser milde Gott seinen Dienern alle Sünden, wenn sie ernsthaft bereuen, demütig um Erbarmen bitten, sich fürchten, diese Sünden weiter zu begehen und von ganzem Herzen Gottes Freundschaft über alles begehren.

Sag also diesem Bruder in meinem Namen, dass ihm Gott in seiner Güte für seinen guten Willen und mein Gebet nun all die Sünden vergeben hat, die er während seines ganzen Lebens begangen hat. Sag ihm auch, dass wegen meines Gebets die Liebe, die er zu Gott hat, ständig bis zu seinem Tode zunehmen und sich keineswegs vermindern wird. Sag ihm weiter, dass es Gott, meinem Sohn, gefällt, dass er in Rom bleibt, predigt, denen, die ihn darum bitten, gute Ratschläge gibt, Beichte hört und heilsame Bußübungen verordnet, sofern ihn nicht sein Vorgesetzter einmal wegen einer notwendigen Angelegenheit nach außerhalb der Stadt entsendet.

Dieser Bruder soll auch seine Brüder liebevoll für ihre Übertretung mit guten Worten, heilsamer Züchtigung und entsprechenden Ermahnungen zurechtweisen, soweit es in seiner Macht steht, damit sie lernen, die (Kloster-) regel zu beachten und sich demütig bessern. Weiter will ich ihm mitteilen, dass seine Messen, seine Schriftlesungen und Gebete Gott Wohlgefallen. Und sage ihm, dass – wie er sich vor aller Unmäßigkeit im Essen, Trinken und Schlafen in Acht nimmt, so soll er sich auch sehr vor einer allzu großen Enthaltsamkeit in Acht nehmen, so dass er in seiner göttlichen Arbeit und im Dienste Gottes nicht ermüdet.

Er soll auch keine überflüssigen, aber notwendige Kleider haben, nach der Regel des hl. Franziskus, so dass daraus kein Hochmut oder weltliche Begierde folgt, denn je weniger kostbar die Kleider waren, umso reicher wird sein Lohn werden. Er soll auch seinem Vorgesetzten in allem, was Gott nicht entgegensteht, gehorchen, und wie dieser Bruder es kann.

Sag ihm auch in meinem Namen, dass er den Ketzern, die sagen, dass dieser Papst nicht der richtige Papst sei, und dass es nicht der wahre Leib meines Sohnes Jesu Christi ist, den die Priester auf dem Altar darbringen, so antwortet: „Ihr kehrt Gott den Rücken zu, und deshalb seht ihr ihn nicht. Wendet ihm stattdessen das Gesicht zu, denn dann könnt ihr ihn sehen. Es ist nämlich wahr und ist katholischer Glaube, dass – wenn der Papst, der ohne Ketzerei ist, auch von noch so vielen Sünden befleckt ist, so können ihn diese Sünden oder seine anderen schlechten Taten doch nicht so schlecht machen, dass er nicht die volle Autorität und Vollmacht hat, die Seelen zu binden und zu lösen. Diese Autorität hat er durch den hl. Petrus und hat sie von Gott erworben. Denn vor dem Papst Johannes hat es viele Päpste gegeben, die jetzt in der Hölle sind; nicht destoweniger sind die gerechten und verständigen Urteile, die sie auf der Welt gefällt haben, bei Gott bestätigt und anerkannt.

Aus demselben Grunde sage ich auch, dass alle die Priester, die keine Ketzer sind (sie mögen im übrigen voll von vielen anderen Sünden sein), wahre Priester sind und in Wahrheit den Leib meines Sohnes darbringen, Gott wirklich mit ihren Händen auf dem Altar berühren und die anderen Sakramente gültig verwalten, mögen sie auch auf Grund ihrer Sünden und schlechter Taten der himmlischen Ehre bei Gott unwürdig sein.“

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8. Kapitel
Sage diesem Bruder, meinem Freund, dass es dir nicht erlaubt ist, zu wissen, wie weit die Seele von Papst Johannes XXII. in der Hölle oder im Himmel ist. Es ist dir auch nicht erlaubt, etwas über die Sünden zu wissen, die dieser Papst an sich hatte, als er nach seinem Tode vor Gottes Richterstuhl kam. Aber sage ihm, dass die Aussprüche, die Papst Johannes über das Eigentum Christi gemacht hatte, nichts Falsches in seinem katholischen Glauben oder irgendeine Ketzerei gewesen ist.

Ich, der denselben wahren Gott geboren hat, bezeuge, dass dieser mein Sohn Jesus Christus ein Eigentum besaß, und das hatte er allein. Es war sein Leibgewand, das ich mit meinen eigenen Händen verfertigt habe, und das bezeugt auch der Prophet, indem er im Namen meines Sohnes sagt: „Sie haben um mein Kleid das Los geworfen.“
Wisse auch, dass – so oft ich ihn für seinen heiligen Leib in dieses Leibgewand gekleidet habe, sich meine Augen gleich mit Tränen füllen, und mein ganzes Herz wurde von Trauer und Trübsal gepeinigt, ja von unendlicher Bitterkeit geplagt, denn ich wusste ja schon, wie meinem Sohn dieses Kleid einmal abgenommen würde, nämlich in der Stunde seines Leidens, als er nackt und schuldlos von den Juden gekreuzigt wurde, und dieses Leibgewand war das Kleidungsstück, um das seine Henker würfelten. Niemand hatte dieses Leibgewand, als er lebte, außer ihm allein.

Wisse auch, dass alle die, die sagen, dass der Papst nicht der rechte Papst ist, und dass die Priester keine rechten Priester oder nicht gültig geweiht sind, und dass das, was bei der Messfeier von den Priestern geweiht wird, nicht der wahre Leib meines gesegneten Sohnes ist – ja alle die, die mit solchen Irrlehren kommen, vom Geist des Teufels erfüllt sind. Diese Ketzer haben einige so schlechte Taten vollbracht und so schreckliche Sünden gegen Gott begangen, dass sie auf Grund ihrer schweren Schuld von teuflischer Ungerechtigkeit erfüllt sind und wegen ihrer Ketzerei aus der Herde der ganzen Christenheit ausgeschlossen und verwiesen sind, wie Judas auf Grund der schweren Schuld, die er durch den Verrat Christi auf sich lud, von der heiligen zahl der Apostel ausgeschlossen und getrennt wurde.
Wisse aber, dass alle die von Gott Barmherzigkeit erfahren werden, wenn sie sich bessern wollen.“

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9. Kapitel
Gottes Sohn spricht zu der heiligen Braut (Birgitta) und sagt: „Fahrt nun von Rom nach Jerusalem! Warum schützt du dein Alter vor? Ich bin der Schöpfer der Natur; ich kann die Natur (des Menschen) schwächen und stärken, wie es mir gefällt. Ich werde mit Euch sein, ich werde Euren Weg lenken, ich werde Euch hin und nach Rom zurückbringen und Euch mit allem Notwendigen versehen – ja reichlicher als ihr es je vorher gehabt habt.“

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10. Kapitel
Freue dich ewiglich, du gesegneter Leib Gottes, in deiner ewigen Ehre, deinem ewigen Sieg und immer währenden Macht, eins mit deinem Vater und dem Heiligen Geist, und auch mit deiner gesegneten, allerwürdigsten Mutter und dem ganzen ehrenreichen himmlischen Hof! O ewiger Gott, dir sei gleichfalls Lob und unendlicher Dank, weil du geruht hast, Mensch zu werden und uns hier auf Erden deinen ehrwürdigen Leib aus materiellem Brot hast weihen wollen und uns den liebevoll als Speise zur Rettung unserer Seelen beschert hast!

Es geschah einem Menschen, der im Gebet versunken war, dass er eine Stimme hörte, die zu ihm sagte: „O du, der die Gnade empfangen hat, geistlich zu hören und zu sehen, höre nun, was ich dir über den Erzbischof offenbaren will, der sagte, wenn er Papst wäre, würde er allen Klerikern und Priestern erlauben, fleischlich eine Ehe einzugehen. Er dachte und glaubte, dies wäre Gott wohlgefälliger, als dass sie so leichtfertig leben, wie sie es jetzt tun. Er glaubte, dass durch eine solche Ehe schwerere fleischliche Sünden vermieden würden, und obwohl er Gottes Willen hierin nicht richtig verstand, war dieser Erzbischof doch ein Freund Gottes.

Aber nun will ich dir Gottes Willen in dieser Angelegenheit sagen, denn ich habe ja Gott selbst geboren. Du sollst dies meinem Bischof verkünden und ihm sagen: Die Beschneidung wurde Abraham gegeben, lange bevor dem Mose das Gesetz gegeben wurde, und zur Zeit Abrahams wurden die Menschen, ein jeder nach seinem Verstand und nach seinem eigenen Willen geführt, und doch waren viele von ihnen Gottes Freunde. Aber nachdem dem Mose das Gesetz gegeben war, gefiel es Gott mehr, dass die Menschen unter dem Gesetz und dementsprechend leben sollten, statt dass sie ihrem eigenen menschlichen Verstand und Gutdünken folgen würden.

In ähnlicher Weise war es mit dem gesegneten Leibe meines Sohnes. Denn nachdem er das neue Sakrament dieser Eucharistie auf der Welt gestiftet hatte und zum Himmel aufgefahren war, wurde noch das alte Gesetz eingehalten, so dass die christlichen Priester in fleischlicher Ehe lebten. Nichts destoweniger waren viele von ihnen Gottes Freunde, denn sie glaubten in Einfalt und Reinheit, es würde Gott gefallen, dass christliche Priester Ehefrauen hatten und in einer Ehe lebten, wie es ihm früher gefallen hatte, dass die jüdischen Priester so lebten, und so lebten die christlichen Priester lange Zeit in dieser Weise.

Aber dieser alte Brauch war für den ganzen himmlischen Hof und für mich, der seinen Leib geboren hatte, ganz abscheulich und verhasst; wir konnten es nicht leiden, dass dieser Brauch von den christlichen Priestern geübt wurde, die mit ihren Händen dieses neue und unbefleckte Sakrament des allerheiligsten Leibes meines Sohnes berührten. Denn die Juden im alten Gesetz des Alten Bundes besaßen nur einen Schatten oder ein Vorbild zu diesem Sakrament; die christlichen Priester haben dagegen in diesem gesegneten und geweihten Brot die Wahrheit selbst, nämlich Christus, wahrer Gott und Mensch.

Nachdem die christlichen Priester eine Zeitlang so gelebt hatten, sandte Gott durch seinen Heiligen Geist dem Papst, der damals die Kirche lenkte, eine Eingebung ins Herz, ein anderes Gesetz darüber zu stiften, das ihm besser gefiel: Er gab dem Papst nämlich den Gedanken ins Herz, dass er für die ganze Kirche bestimmen sollte, dass sich die christlichen Priester, die ein so heiliges und höchstwürdiges Amt hatten, nämlich dieses kostbare Sakrament zu verwalten, auf keinen Fall mit der Lust der fleischlichen Ehe beflecken sollten.

Und deshalb ist es durch Gottes vorher gegebene Anordnung und durch sein Urteil gerecht bestimmt, dass die Priester, die nicht in Keuschheit und Enthaltsamkeit des Fleisches leben, vor Gott verdammt und gebannt sind und verdienen, ihr Priesteramt zu verlieren. Doch sollen die, die sich mit dem ehrlichen Vorsatz bessern, nicht mehr zu sündigen, von Gott Barmherzigkeit erhalten.

Du sollst auch das wissen, dass – wenn ein Papst den Priestern erlauben würde, eine fleischliche Ehe einzugehen, er von Gott auf geistlichen Weise von demselben Gericht betroffen werden würde, wie der Mann, der so schwer gesündigt hat, dass ihm die Augen nach gesetzmäßiger Gerechtigkeit ausgerissen würden, seine Zunge abgeschnitten und die Lippen und seine Nase abgeschnitten würden und ihm die Ohren, Hände und Füße abgehauen werden, alles Blut in seinem Körper vergossen wird und der blutlose Körper hinausgeworfen wird, um von Hunden und anderen wilden Tieren gefressen wird.
So soll es auf geistliche Weise dem Papst ergehen, der gegen Gottes Anordnung und Willen den Priestern die Erlaubnis gibt, eine Ehe einzugehen. Ja dieser Papst würde sein geistliches Augenlicht und Gehör und seine geistlichen Worte und Taten verlieren; seine ganze geistliche Klugheit sollte völlig erkalten, und nach dem Tode soll seine Seele in die Hölle geworfen werden, um ewig gepeinigt zu werden und dem Teufel ohne Ende zum Fraß dienen.

Sogar wenn der hl. Papst Gregorius eine solche Bestimmung eingeführt hätte, wäre er von diesem Gericht betroffen und hätte niemals Gnade von Gott gefunden, ehe er nicht vor seinem Tode die Verordnung demütig zurückgenommen hätte.

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11. Kapitel
Ich bin Gott und der Schöpfer aller Dinge. Ich gab den Engeln und den Menschen ihren freien Willen, damit die, die meinen Willen tun wollen, auf ewig bei mir bleiben. Aber die mir widerstreben, trennen sich von mir. Manche von den Engeln sind Dämonen geworden, weil sie mich nicht lieben und mir gehorchen wollten. Als der Mensch geschaffen war und der Teufel meine Liebe zu ihm sah, wurde er nicht nur mein Feind, sondern erweckte gleichsam Streit mit mir, indem er Adam dazu anreizte, gegen meine Gebote zu verstoßen. Da erhielt der Teufel durch meine Zulassung und nach meiner Gerechtigkeit Macht über ihn, und seit der Zeit streiten sich der Teufel und ich, denn ich will, dass der Mensch nach meinem Willen lebt, während der Teufel will, dass der Mensch seinem eigenen Begehren folgt.

Aber in dem Augenblick, da ich den Himmel mit meinem Herzblut öffnete, verlor der Teufel das Recht, das er zu haben schien, und die Seelen, die es wert waren, wurden erlöst und befreit. Da wurde auch das Gesetz gestiftet, dass es auf dem freien Willen des Menschen beruht, mir, seinem Gott, zu folgen, um die ewige Krone zu gewinnen. Aber wenn er dem Begehren des Teufels folgte, dann wird er die ewige Strafe erhalten.

So kämpfe ich und der Teufel, indem wir die Seelen begehren, wie der Bräutigam seine Braut. Aber ich begehre die Seelen, um ihnen die ewige Freude und Ehre zu schenken – der Teufel, um ihnen ewigen Schrecken und ewige Trauer zu bereiten. Hör nun, was die Königin mir getan hat, mir, der sie im Reiche hat erhöhen lassen.
Zusatz
Christus spricht: „Schreibe ihr, dass sie aufrichtig Beichte über alles ablegt, was sie von ihrer Jugend an getan hat und nach dem Rat des Beichtvaters den festen Vorsatz fasst, sich zu bessern. Zweitens, dass sie genau bedenkt, wie sie in ihrer Ehe gelebt und ihre Regierung geführt hat, denn sie wird mir über alles Rechenschaft ablegen.

Drittens, dass sie bereit ist, ihre Schulden zu bezahlen und das zurückzugeben, von dem sie weiß, dass es zu Unrecht erworben ist, denn die Seele ist ständig in Gefahr, so lange das behalten wird, und es führt zu nichts, reichliche Geschenke zu geben, wenn man nicht bezahlt, was man schuldig ist.
Viertens, dass sie nicht das Volk mit ihren neu eingeführten Auflagen bedrückt, sondern stattdessen die alten, üblichen Auflagen herabsetzt, denn Gott hört das Seufzen und die Rufe der Elenden. Fünftens, dass sie gerechte Berater ohne Gewinnsucht hat und ihre Urteile solchen anvertraut, die die Wahrheit lieben, nicht für irgendjemanden Partei ergreifen und nicht versuchen, sich zu bereichern, sondern sich mit dem begnügen, was notwendig ist.

Sechstens, dass sie zu bestimmten Zeiten jeden Tag an Gottes Wunden und sein Leiden denkt, denn dadurch wird die Gottesliebe im Herzen erneuert. Siebtens, dass sie zu bestimmten Zeiten Arme um sich sammelt, ihnen die Füße wäscht und sie erquickt, und dass sie alle ihre Untertanen aufrichtig liebt, die Streitenden zur Eintracht bringt, und die zu Unrecht Gekränkten tröstet.

Achtens, dass sie ihre Gaben klug und nach ihren Einkünften verteilt, so dass sie die einen nicht belastet und andere bereichert, sondern dass sie die Stellung von manchen klug erleichtert und keine Menschen bedrückt. Neuntens, dass sie kein größeres Gewicht auf die Gelder von Verbrechern als auf Gerechtigkeit legt, sondern die Beschaffenheit des Vergehens in Betracht zieht und das größte Mitleid zeigt, wo sie sieht, dass die Demut am größten ist, wobei sie sich von aller Gewinnsucht freimacht.
Zehntens, dass sie zu Lebzeiten alle Anstalten trifft, dass das Reich nach ihrem Tode eine ruhige und sichere Stellung erhält, denn ich sage ihr voraus, dass sie hinfort keine leiblichen Nachkommen erhalten wird. Elftens, dass sie sich mit den Farben und der Färbung ihres Gesichts begnügt, mit denen sie Gott geschmückt hat, denn fremde Farben missfallen Gott sehr.

Zwölftens, dass sie demütiger wird und von aufrichtiger Reue über ihre Sünden ergriffen wird, denn in meinen Augen hat sie die Seelen vieler geraubt und ist mit meinen Gütern und den Plagen meiner Freunde unachtsam umgegangen. Dreizehntens soll sie ständig Furcht in ihrem Herzen empfinden, denn während ihrer ganzen Zeit hat sie eher das Leben einer Schlampe als das einer Königin geführt.
Vierzehntens soll sie auf weltliche Gewohnheiten und auf allzu elegante Schuhe verzichten, und die noch verbleibende kurze Zeit soll sie zu meiner Ehre verwenden, denn bisher hat sie mich so betrachtet, wie der Mensch es tut, der nicht an seine Sünden zurückdenkt. Sie soll also Furcht haben und so leben, dass sie es vermeidet, mein Gericht kennen zu lernen. Denn wenn sie nicht auf mich hört, werde ich sie richten, nicht wie eine Königin, sondern wie eine undankbare Abtrünnige, und ich werde sie vom Scheitel bis zur Sohle geißeln, so dass sie für mich und meine Engel und Heiligen zur Schande wird.“
Noch eine Offenbarung
Christus spricht: „Schreibe mit wenigen und leichten Worten, wie der Heilige Geist es dir eingeben wird, und sende das Ganze durch meinen Bischof an die Königin!

Ebenso über eine Königin. Man sah eine Frau in einem Hemd stehen, überspritzt mit Samen und Schmutz. Und man hörte eine Stimme: „Dies ist eine Äffin, die am stinkenden Hinterteil riecht; sie hat Gift im Herzen, fügt sich selbst Schaden zu und stürzt sich blind in ihre Schlingen.“ Sie schien weiter eine Krone aus Ruten zu haben, bespritzt mit Menschenkot und Straßenschmutz, und schien nackt auf einem Balken zu sitzen, der sich senkte.

Und gleich erschien eine wunderschöne Jungfrau, die sagte: „Diese freche und unverschämte Frau wird von den Menschen für die Herrscherin der Welt gehalten, aber Gott ist sie verhasst, wie du siehst.“ Und die Jungfrau fügte hinzu: „O Frau, bedenke deinen Eingang und achte auf das Ende, und öffne die Augen deines Herzens und sieh: deine Berater hassen deine Seele!“

So ist es mit einer Königin. Eine Frau erschien, die auf einem goldenen Thron saß, und zwei Neger standen vor ihr, der eine zur Rechten, und der andere zur Linken. Der rechte sagte: „Du Löwin, ich biete dir Blut an. Nimm es und spuck es aus, denn es ist eine Eigenheit bei der Löwin, nach Blut zu dürsten.“ Der linke sagte: „O Frau, ich biete dir hier Feuer in einem Topf an. Nimm es an, denn du hast die Natur des Feuers, und schütte es ins Wasser, so dass dein Andenken im Wasser ist, wie hier auf Erden.“

Danach zeigte sich eine Jungfrau von wunderbarer Schönheit, und bei ihrem Anblick nahmen die Neger Reißaus. Sie sagte: „Diese Frau ist in einer schlimmen Lage. Wenn sie ihren Willen durchsetzt, wird er vielen zur Trübsal. Wenn sie selber Trübsal leiden muss, wird es ihr zum Nutzen für das ewige Leben. Doch sie will selbst nicht ihren Willen aufgeben oder leiden, was Gott will, und deshalb wird sie, wenn sie ihrem Eigenwillen überlassen wird, weder sich selbst noch anderen zur Freude.“

Darauf zeigte sich Gottes Sohn und sagte: „Diese Frau hat etwas getan, was mir wohlgefiel. Daher will ich ihr um der Gebete meiner Freunde willen mitteilen, dass sie der Schmähung der Menschen und dem Verderben ihrer eigenen Seele entflieht, wenn sie gehorcht; wenn sie nicht gehorcht, wird sie der Gerechtigkeit nicht entgehen, nachdem sie die Stimme des Vaters nicht hören wollte.“

Über Herrn Gomeg. Gottes Mutter sagt: „Rate ihm, Gerechtigkeit zu üben, wo immer er kann. Wenn er bei sich weiß, dass er zu unrecht erworbene Güter hat, soll er sie unverzüglich zurückerstatten. Er soll sich auch davor hüten, seine Untertanen mit unsittlichen Auflagen zu belasten, sondern zufrieden sein mit dem, was er hat, denn das wird ihm ausreichen, wenn er maßvoll und klug damit haushält.
Andere Frauen als seine Ehefrau soll er scheuen wie Gift, und er soll kein Kriegsheer gegen jemanden senden oder selbst an einem solchen Feldzug teilnehmen, wenn er nicht sicher ist, dass er das Recht auf seiner Seite hat, und dass der Krieg gerecht ist. Er soll auch seinen Gewinn darin suchen, öfter zu beichten und den Leib Christi (in der Kommunion) zu empfangen, und zu gewissen Zeiten am Tage an Christi Leiden und seine Wunden denken.“

Über Antonio von Carleto. Christus spricht: „Sag der Königin, dass sie diesen in seinem Stande bleiben lässt. Wenn er zu höheren Würden aufsteigt, wird es verfänglich für seine Seele, und weder er selbst noch seine Freunde werden dadurch Freude haben.“ So ging es auch.

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Diese Offenbarung wurde Birgitta in Neapel auf Wunsch von Herrn Bernhard, Erzbischof von Neapel, mitgeteilt.
12. Kapitel
Christus spricht zur Braut und sagt: „Sag ihm, wenn er nach der Gerechtigkeit des göttlichen Gerichts Bischof genannt werden will, so darf er nicht die Sitten und Gewohnheit vieler nachahmen, die jetzt Lenker der Kirche sind. Ich habe von einer Jungfrau Menschengestalt angenommen, damit ich mit Worten und Taten das Gesetz erfülle, das von Ewigkeit von Gott bestimmt war; ich habe die Pforte des Himmels mit meinem Herzblut geöffnet und durch Wort und Tat den Weg erhellt, so dass alle mein Beispiel nutzen können, um das ewige Leben zu verdienen.

Aber ach, die Worte, die ich sagte, und die Werke, die ich auf Erden getan habe, die sind jetzt fast ganz vergessen, und niemand hat soviel dazu beigetragen, wie die Vorsteher der Kirche, die voller Hochmut, Gewinnsucht und voll Verderbtheit körperlicher Lust sind, was alles gegen meine Gebote und die ehrwürdigen Verordnungen der heiligen Kirche verstößt, die meine Freunde in ihrer großen Frömmigkeit nach meiner Himmelfahrt gestiftet haben, als ich meinen Willen auf Erden vollendete.
Diese bösen Kirchenfürsten haben, erfüllt von der Bosheit des bösen Geistes, den Menschen nämlich Beispiele gegeben, die sehr schädlich für die Seele sind, und deshalb kommt es mir zu, volle Gerechtigkeit von ihnen zu fordern, über sie Gericht zu halten, sie aus dem Lebensbuch im Himmel auszustreichen und sie zu meinem Feinde Luzifer in die Hölle zu versetzen, damit sie in dem Räumen der Hölle ewig gepeinigt werden.

Doch sollst du wissen, dass ich – wenn sie sich vor ihrem Tode bessern wollen, mich von ganzem Herzen lieben und sich von Sünden enthalten, bereit sein werde, ihnen Barmherzigkeit zu erweisen. Sag ihm also in deinem Namen diese Worte, die hier folgen: „Mein Herr, es geschieht zuweilen, dass aus einem schwarzen Ofen eine schöne Flamme ausschlägt, die nützlich und höchst notwendig ist, wenn es gilt, schöne Arbeiten anzufertigen. Doch darf man deshalb den Ofen nicht wegen seiner schwarzen Farbe rühmen, sondern soll dem, der der Meister und Künstler für diese Werke ist, Lob, Ehre und Dank erweisen. Ebenso ist es mit mir Unwürdigem, wenn ihr etwas Nützliches in meinen Ratschlägen findet, denn dann müsst ihr nicht mir unendlich Dank und willigen Dienst darbringen, sondern Gott selbst, der alles macht und tut und den vollkommenen Willen hat, Gutes zu tun.

Mein Herr, ich beginne zuerst, darüber zu sprechen, was die Erlösung vieler Seelen betrifft. Ich rate euch also, dass ihr – wenn ihr Gottes Freundschaft haben wollt – weder selbst noch durch einen anderen Bischof manche (Priester) zu den heiligen Weihen zulasst, wenn sie nicht vorher durch gute Kleriker genau geprüft sind und nach ihrem Wandel und ihren Sitten für so geeignet befunden sind, dass man von ihnen auf das Zeugnis weiser und wahrheitsliebender Männer hin sagen kann, dass sie einer solchen Arbeit würdig sind.
Gebt auch genau darauf Acht, dass alle Bischöfe (? lyd biskoper) in eurem Erzbistum gleichermaßen verfahren, denn niemand kann sich vorstellen, wie groß Gottes Zorn gegen solche Bischöfe ist, die nicht danach fragen und genau untersuchen, wie die beschaffen sind, die sie zu so hohen Weihen in ihren Bistümern befördern. Ob sie das auf Grund von Bitten anderer Menschen oder ihrer eigenen Nachlässigkeit tun, aus Leichtsinn oder Furcht – sie müssen vor Gottes Richterstuhl die strengste Rechenschaft darüber ablegen.

Ich rate euch auch, zu untersuchen, welche Priester in eurem Stift mit Seelsorge zu tun haben, und sie mindestens einmal im Jahre in eurer Nähe zu versammeln, um mit ihnen das zu besprechen, was die Erlösung ihrer eigenen Seelen und die ihrer Gemeindeglieder betrifft. Und wenn sich vielleicht nicht alle an demselben Tag versammeln können, so sollen bestimmte Zeiten festgelegt werden, wann sie jedes Jahr jeder für sich zu euch kommen und mit euch beraten, so dass sich keiner von ihnen damit entschuldigen kann, dass er im ganzen Jahre nicht die Zeit gehabt hat, zu kommen und sich mit euch zu beraten. Ihr sollt ihnen dann klarmachen, welches Leben die führen müssen, die ein so hohes Amt bekleiden.
Wisst auch, dass die Priester, die Mätressen haben und doch die Messe zelebrieren, Gott ebenso gefallen, wie die Einwohner von Sodom, die von Gott in die Hölle versenkt wurden. Und obwohl die Messe an und für sich immer dieselbe ist und eine ebenso große Wirkungskraft hat, so gefällt doch der Friedenskuss, den solche liederlichen Priester in der Messe erteilen, Gott ebenso wenig wie der Kuss, mit dem Judas den Erlöser aller Menschen verriet. Versucht also immer so weit wie möglich darauf hinzuwirken, dass sie sich bemühen, ein keusches Leben zu führen, besonders da sie das allerheiligste Sakrament austeilen und es mit ihren Händen anderen Christgläubigen geben.

Weiter sollt ihr alle höheren Priester, d.h. Prälaten und Domherren und auch niedrigere Priester, die eurer Jurisdiktion unterstellt sind und kirchliche Einkünfte beziehen, ermahnen dass sie sich ganz und gar bessern. Und niemand soll glauben, dass es ihm, wenn er sich nur von Sodom fernhält, erlaubt wäre, irgendeine Art von Unzucht zu betreiben. Es darf ihnen aus diesem Grunde nicht erlaubt sein, sich mit Frauen zu vermischen, denn jeder Christ, der Verstand hat und sich nicht um das ewige Leben kümmert, solange er auf Erden lebt, wird nach dem Tode ohne Zweifel die schlimmsten Höllenqualen in Ewigkeit ertragen.

Ich rate euch auch, dass euer Dienstpersonal nicht allzu zahlreich sein soll, so dass es nach Hoffahrt aussieht, sondern der Notwendigkeit und den Erfordernissen eurer Stellung entspricht. Die Kleriker, die eure Begleiter genannt werden, sollt ihr, wo immer ihr seid, eher für euer gutes Ansehen als für eitle Ehre und Prunk halten; sie sollen übrigens eher wenige, als viele sein. Aber solche Kleriker, die ihr nur deshalb haltet, damit sie die Stundengebete singen, Studien treiben und andere ermahnen oder schriftliche Arbeiten verrichten, die sollt ihr haben, soviel es euch beliebt; ihr sollt aber eine möglichst genaue Aufsicht über ihre gebührende Zucht und Ermahnung und das Wohlergehen ihrer Seele führen.

Gebt auch Acht auf eure anderen Diener, dass ein jeder von ihnen sein Beschäftigung hat, und wenn manche von ihnen überflüssig sein sollten, sollt ihr sie nicht für umsonst behalten, so dass euer Herz nicht hochmütig wird, weil ihr mehr Diener habt, als eure Amtsbrüder. Die wirklich notwendigen Diener, die ihr bei euch habt, sollt ihr stets im Auge haben; ihren Lebenswandel müsst ihr wie ein guter Hausvater genau prüfen, ihre Tätigkeit, ihren Wandel und ihre Sitten korrigieren, sie väterlich mit guten Lehren hegen und pflegen und sie ermahnen, so dass sie lernen, Sünden und Laster zu fliehen und zu versuchen, Gott über alles zu lieben. Es gefällt nämlich Gott mehr und ist nützlich für euch selbst, dass ihr keinen Diener bei euch habt, der sich nicht von klugen Ratschlägen belehren lassen will oder seine Verfehlungen demütig bessern will.

Was eure Kleider betrifft, so rate ich, dass ihr nie mehr als drei Garnituren gleichzeitig habt; was darüber ist, sollt ihr gleich Gott schenken. Von Schlafanzügen, Handtüchern und Tischtüchern sollt ihr nur so viel behalten, was notwendig und nützlich für euch ist; gebt das Übrige Gott! Von Silbertellern und silbernen Krügen sollt ihr auf eigene Rechnung so viel behalten, was für eure eigene Person und für die Gäste gebraucht wird, die an eurem Tische essen; was überflüssig ist, sollt ihr frohen Sinnes Gott schenken, denn eure Diener und die Gäste, die an anderen Tischen als an eurem sitzen, können aus Zinn-, Ton-, Holz- oder Glasgefäßen trinken, ohne dass es ihnen peinlich ist. Denn die Sitte, die jetzt in Bischofs- oder Herrenhäusern herrscht, nämlich eine Vielzahl von Gold- und Silbersachen zu haben, ist Gott im höchsten Grad zuwider, der sich um euretwillen völliger Armut unterwarf, und ist sehr verderblich für eure Seelen.

Hütet euch ferner vor allzu vielen und feinen Gerichten bei Tisch. Habt auch nicht allzu große und teure Pferde, sondern solche, die mäßig an Größe und im Preise sind. Denn die großen Pferde werden von denen gebraucht, die sich den Gefahren des Krieges aussetzen, um das Recht zu verteidigen und das Leben zu schützen – nicht aus Hochmut. Ich sage euch: So oft Prälaten aus Hochmut, Eitelkeit und Ehrgeiz große Pferde besteigen, besteigt der Teufel auch ihr Herz.
Denn ich kenne eine Person, die sah, wenn Prälaten und Kardinäle aus Hoffahrt ihre Füße, um auf den Rücken ihrer großen Pferde zu reiten, wie Teufel in Gestalt von Negern auch die Füße haben, den Prälaten an den Hals führen und hohnlachend dasaßen, und so oft die Prälaten in Hoffahrt ihre Pferde anspornten, hoben die Neger voll Freude ihre Köpfe und setzten diesen Reitern die Sporen auf die Brust.

Weiter rate ich, dass ihr eure Priester im Vikariat unter Eid versprechen lassen sollt, dass sie sich nicht im Namen eures Amtes erdreisten sollen, etwas gegen die Gerechtigkeit zu tun. Wenn sie dann doch dagegen handeln, sollt ihr sie nach Gerechtigkeit züchtigen lassen. Wenn ihr so handelt, wie ich jetzt gesagt habe, könnt ihr euch darauf verlassen, dass euer Gewissen rein ist.
Weiter gebe ich einen Rat zum Trost für die Seelen eurer Verstorbenen, über die ihr mich befragt habt, wieweit sie im Fegefeuer sind oder nicht, und welche Liebeswerke ihr für sie tun müsst. Ich antworte und sage, dass ihr jeden Tag zwei Arme beköstigen und jede Woche einen Florin für arme Leute gebt. Sagt auch zu den Priestern im Kreise (socken), dass sie ihre Bewohner ermahnen und sie wegen der offenbaren Sünden zurechtweisen, die unter ihre Jurisdiktion fallen, so dass sie ein besseres Leben führen können. Die, die sich nicht zurechtweisen lassen wollen, sollen von euch bestraft werden.

Wenn ihr einige kennt, die offen gegen Gott und die Gerechtigkeit sündigen, und wenn diese so mächtige und gewaltige Herren sind, dass ihr nicht in der Lage seid, das Recht bei ihnen durchzusetzen, sollt ihr mit leichten und milden Worten zu ihnen sprechen, dass sie sich bessern. Wenn sie nicht gehorchen wollen, sollt ihr sie Gottes Gericht überlassen, und Gott wird sehen, dass euer Wille gut ist.
Man darf ein sanftmütiges Lamm nicht in den raubgierigen Rachen des Wolfes werfen, denn dadurch wird der Wolf nur noch wilder, doch sollt ihr sie liebevoll vor der Gefahr ihrer Seele warnen, wie es ein Vater mit seinen Kindern tut, wenn sie gegen ihn handeln. Ihr sollt es auch nicht unterlassen, aus körperlicher Furcht zu strafen, sofern dadurch keine Gefahr für die Seelen entstehen kann.

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13. Kapitel
Die Jungfrau Maria spricht zur hl. Birgitta und sagt: „Ich will dir sagen, wie ich mit der Seele deines Sohnes Karl verfahren bin, als sie vom Körper getrennt wurde. Ich habe gehandelt wie eine Frau, die bei einer Gebärenden steht und dem Kinde hilft, dass es nicht in dem fließenden Blut ertrinkt oder in der engen Öffnung erstickt, durch die es austritt, und auch darauf achtet, dass die Feinde des Kindes, wenn sie im selben Hause sind, es umbringen können.

In dieser Weise habe ich gehandelt. Ich stand nämlich bei deinem Sohn Karl, kurz bevor er den Geist aufgab, damit er die fleischliche Liebe nicht so stark im Gedächtnis haben sollte, dass er deshalb etwas denken oder sagen würde, das Gott missfällt, oder etwas unterlassen würde, was Gott gefällt, oder zum Schaden seiner Seele etwas verwirklichen würde, was Gottes Willen widerspricht. Ich half ihm auch in der engen Öffnung, nämlich beim Ausgang seiner Seele aus dem Körper, so dass er keine so schwere Todesqual leiden sollte, dass er dadurch ungeduldig werden oder vielleicht verzweifelte und Gott in seiner Todesstunde vergessen würde.
Ich habe auch die Seele vor ihren Todfeinden, nämlich den Teufeln, geschützt, so dass keiner von ihnen sie berühren könnte. Sobald sie den Körper verließ, nahm ich sie in meine Obhut und Verteidigung, und da machte sich augenblicklich die ganze Teufelsschar davon, die sie in ihrer Bosheit verschlingen und ewig peinigen wollte. Aber wie nach Karls Tode über seine Seele Gericht gehalten wurde, das werde ich dir zeigen, wenn es mir gefällt.“

Die zweite Offenbarung über dasselbe Thema.

Nach einigen Tagen zeigt sich die Jungfrau Maria wieder Frau Birgitta, als sie im Gebet wachte. Da sagte sie: „Durch Gottes Güte ist es dir jetzt gestattet, zu sehen und zu hören, wie über die genannte Seele Gericht gehalten wurde, als sie den Körper verließ. Was da in einem Augenblick vor Gottes unfassbarer Majestät geschah, das wird dir in einem gewissen Zeitabstand und durch ein Gleichnis ausführlich gezeigt werden, so dass es dein Verstand fassen kann.“

In derselben Stunde sah Frau Birgitta sich in einen großen und schönen Palast versetzt, wo der Herr Jesus Christus Gericht hielt, gekrönt wie ein Kaiser und umgeben von einer unzähligen Schar dienender Engel und Heiliger. Bei ihm stand seine hochwürdige Mutter, die aufmerksam auf das Urteil hörte. Vor dem Richter sah man auch eine Seele stehen, sehr furchtsam und zitternd, nackt wie ein neugeborenes Kind und gleichsam völlig blind, so dass sie nichts sah, aber in ihrem Bewusstsein doch verstand, was im Palast gesprochen und getan wurde. Ein Engel stand rechts vom Richter neben der Seele, und ein Teufel auf der linken Seite, aber keiner kam an die Seele heran oder berührte sie.

Da rief der Teufel und sagte: „Höre, allmächtiger Richter! Ich klage vor dir über eine Frau, die meine Herrscherin und deine Mutter ist, und die du so liebst, dass du ihr die Macht über Himmel und Erde und über uns alle Geister des Abgrunds gegeben hast. Sie hat mir nämlich Unrecht in dem getan, was diese Seele betrifft, die hier steht. Von Rechtswegen hätte ich gleich, sobald diese Seele den Körper verließ, mit Beschlag belegen müssen und sie mit meiner Gesellschaft vor deinen Richterstuhl führen müssen. Aber sieh, du gerechter Richter – diese Frau, deine Mutter, nahm diese Seele mit in ihre Hände, kaum dass sie aus dem Mund des Mannes gekommen war, in ihre starke Verwahrung und führte sie zu deinem Richterstuhl!“

Die Jungfrau Maria antwortete: „Das tat ich um der brennenden Liebe willen, die er für mich hatte, und wegen der Freude, die er darüber empfand, dass ich Gottes Mutter bin. Daher erwirkte ich von meinem Sohn die Gnade, dass kein böser Geist ihm nahen durfte, wo er auch war, ja nicht einmal da, wo er jetzt ist.“
Danach sprach der Teufel zum Richter und sagte: „Ich weiß ja, dass du selber die Gerechtigkeit und Macht bist. Du urteilst über einen Teufel nicht ungerechter, als über einen Engel. Sprich mir also diese Seele zu! Mit der Kenntnis, die ich erhielt, als du mich geschaffen hast, habe ich alle ihre Sünden aufgeschrieben, und mit der Bosheit, die ich besaß, als ich vom Himmel fiel, habe ich sie aufbewahrt. Denn sobald diese Seele in das Alter kommt, wo sie Unterschiede machen kann, dass sie richtig versteht, dass es Sünde war, was sie getan hat, da zog sie der eigene Wille dazu, lieber in weltlicher Hoffahrt und irdischen Vergnügungen zu leben, als solchen Dingen zu widerstehen.“

Der Engel erwiderte: „Sobald seine Mutter merkte, dass sein Wille zur Sünde neigte, kam sie ihm mit Werken der Barmherzigkeit und täglichen Gebeten zu Hilfe, dass Gott seiner erbarme, und dass er sich nicht von Gott entfernen sollte, und wegen dieser Werke seiner Mutter erhielt er auch die Gottesfurcht, so dass er – sobald er in eine Sünde geriet, gleich eilen sollte, zu beichten.“

Der Teufel gab zur Antwort: „Mir steht es zu, seine Sünden zu erzählen.“ Und er wollte beginnen, aber im selben Augenblick fing er an, zu schreien und zu weinen, und bei sich selber genau nachzusuchen, sowohl im Kopf und in allen Gliedern, die er scheinbar hatte, und man sah ihn zittern, so groß er war, und in seiner großen Bestürzung rief er: „Weh mir Elendem! Nun ist meine lange Arbeit zu nichts nütze. Nicht nur der Text selbst ist jetzt vernichtet und vergessen, sondern auch das Material ist verbrannt, worauf alles geschrieben worden ist. Das Material gibt die Fälle an, wo er gesündigt hat, und an die erinnere ich mich ebenso wenig wie an die Sünden, die darauf geschrieben waren.“
Der Engel antwortete: „Das haben die Tränen und die lange Arbeit seiner Mutter und ihre Gebete verursacht. Der mitleidige Gott hat ihre Klage gehört und hat ihrem Sohn diese Gnade geschenkt: Dass er für jede Sünde, die er begangen hat, Reue empfand, so dass er demütig aus Liebe zu Gott beichtete. Deshalb sind diese Sünden in deinem Gedächtnis vergessen.“

Der Teufel antwortete, dass er noch einen Sack voll Schriften hätte, d.h. die Bußübungen, die dieser Ritter für seine Sünden machen wollte, es aber doch versäumt hat. „Deshalb steht es mir zu“, sagte er, „ihn solange zu peinigen, bis für alle die Sünden Genugtuung geleistet ist, um die sich dieser Ritter nicht gekümmert hat, sie in seinem Leben zu bessern.“

Der Engel sagte: „Mach den Sack auf und fordere Gericht über die Sünden, für die es dir zusteht, die Seele zu peinigen!“
Da rief der Teufel wie ein Verrückter: „Ich bin in meiner Macht geplündert! Jetzt hat man mir nicht nur den Sack geraubt, sondern auch die Sünden, mit denen er gefüllt war. Der Sack, in den ich alle Ursachen gelegt hatte, für die ich ihn zu strafen hätte, war sein Leichtsinn, denn aus Leichtsinn unterließ er viele gute Dinge.“

Der Engel antwortete: „Die Tränen seiner Mutter haben dich beraubt, den Sack aufgerissen und die Schrift zerstört, denn so sehr haben ihre Tränen Gott gefallen.“
Der Teufel sagte: „Noch etwas habe ich hier vorzubringen, nämlich seine verzeihlichen Sünden.“

Der Engel erwiderte: „Er hatte den Willen, von seinem Vaterland eine Wallfahrt zu unternehmen, er verließ seine Güter und Freunde, besuchte unter vielfachen Mühen heilige Plätze und führte dies auch durch, und er bereitete sich auch so vor, dass er würdig war, den Ablaß der heiligen Kirche zu gewinnen. Dadurch, dass er seine Sünden besserte, wollte er auch Gott, seinen Schöpfer, gnädig Stimmen. Deshalb sind ihm auch all die Fälle vergeben, von denen du sagtest, sie seien als Sünden aufgeschrieben.“
Der Engel erwiderte: „Streck die Zunge aus und zeige die Schrift!“ Der Teufel jammerte laut und schrie wie ein Verrückter. Er sagte: „Weh mir, ich habe nicht ein einziges Wort zu sagen, denn meine Zunge ist mit der Wurzel abgeschnitten, und all ihre Kräfte sind dahin.“

Der Engel antwortete: „Das hat seine Mutter mit ihren unermüdlichen Gebeten und ihrer Mühe erreicht, denn sie liebte seine Seele von ganzem Herzen. Um ihrer Liebe willen hat es Gott gefallen, ihm all seine verzeihlichen Sünden zu verzeihen, die er von Jugend an bis zu seinem Tode begangen hat, und deshalb scheint deine Zunge ihre Kräfte verloren zu haben.“

Der Teufel entgegnete: „Ich habe noch eine Sache gut in meinem Herzen versteckt, und die kann niemand auslöschen. Das ist, dass er etwas zu Unrecht erworben hat und nicht daran dachte, es zurückzugeben.“
Der Engel sagte: „So etwas hat seine Mutter mit Almosen, Gebeten und Werken der Barmherzigkeit gutgemacht, so dass die Strenge der Gerechtigkeit in milde Barmherzigkeit umgewandelt wurde, und Gott gab ihm den festen Willen, seine Güter nicht zurückzuhalten, sondern – soweit ihm das nützlich war – es denen vollständig zurückzugeben, von denen er unrechtmäßig etwas genommen hatte. Diesen Willen nahm Gott als vollbrachte Tat, nachdem er nicht mehr länger leben konnte. Nun kommt es seinen Erben zu, für so etwas aufzukommen, so gut sie können.“

Der Teufel wandte ein: „Da ich also nicht die Macht habe, ihn für die Sünden zu strafen, muss ich ihn doch züchtigen dürfen, dass er keine guten Werke und Tugenden geübt hat, als er es noch konnte und gesund an Leib und Seele war. Tugenden und gute Werke sind nämlich die Schätze, die er in ein solches Reich mitbringen sollte, wie Gottes ehrenvolles Reich es ist. Erlaube mir also, das mit Plagen zu ersetzen, was ihm an guten Taten fehlte!“

Der Engel antwortete: „Es steht geschrieben, dass dem, der bittet, gegeben werden soll, und dass dem, der beharrlich anklopft, geöffnet wird. Höre also, du Teufel: Seine Mutter hat in mehr als dreißig Jahren mit liebevollen Gebeten und Werken der Frömmigkeit inständig für ihn an das Tor der Barmherzigkeit geklopft, und sie hat viele tausend Tränen vergossen, dass Gott seinen Heiligen Geist in sein Herz gießen möge, und es diesem ihrem Sohn eingeben möge, seine Güter, seinen Leib und seine Seele mit frohem Sinn in den Dienst Gottes zu stellen. Das hat Gott auch getan, denn dieser Ritter wurde im Geist so brennend, dass es ihm nicht mehr gefiel, für etwas anderes zu leben, als Gottes Willen zu befolgen.

Und sieh, als Gott so lange angerufen wurde, goss er seinen gesegneten Geist in sein Herz, und Gottes jungfräuliche Mutter gab ihm von ihrer Kraft, was ihm an geistlichen Waffen und Gewändern fehlte, und was den Rittern zusteht, die ins Himmelreich zum höchsten Herrscher kommen werden. Die Heiligen im Himmelreich, die dieser Ritter besonders liebte, als er lebte, brachten ihm mit ihren Verdiensten Trost.
Er sammelte selber einen Schatz, wie es die Pilger tun, die täglich ihre vergänglichen Besitztümer gegen ewige Reichtümer eintauschen, und weil er das tat, erhielt er ewige Freude und Ehre, und besonders für die brennende Sehnsucht, die er hatte, nach der heiligen Stadt Jerusalem zu wallfahrten, und weil er so eifrig begehrte, sein Leben im Krieg zu wagen (wenn er es nur gekannt hätte), dass das heilige Land wieder unter die Herrschaft der Christen kommen sollte, und das ehrenreiche Grab des Herrn in gebührender Verehrung gehalten werden sollte. Daher hast du, Teufel, kein Recht, das zu ersetzen, was er selbst hätte vollbringen können.“
Der Teufel antwortete: „Noch fehlt ihm die Krone. Gern würde ich es anstellen, dass sie unvollendet bliebe.“

Der Engel entgegnete: „Es ist gewiss und war, dass alle, die sich selbst vor der Hölle retten, indem sie aufrichtig ihre Sünden bereuen, ihren Willen in Übereinstimmung mit Gottes Willen bringen und von ganzem Herzen Gott lieben, Gottes Gnade gewinnen sollen.
Es gefällt Gott auch, ihnen die Siegeskrone seines gesegneten menschlichen Leibes zu geben, wenn sie nur nach den Erfordernissen der Gerechtigkeit gereinigt sind. Deshalb hast du, o Teufel, mit seiner Krone überhaupt nichts zu tun.“
Als der Teufel dies hörte, rief er laut, heulte in seiner Ungeduld und sagte: „Weh mir! Mein ganzes Gedächtnis ist mir weggenommen worden. Ich erinnere mich nicht mehr, worin dieser Ritter meinen Willen befolgte, und – das ist noch merkwürdiger – ich habe sogar vergessen, welchen Namen er auf Erden hatte!“

Der Engel antwortete: „Wisse, dass er jetzt im Himmel „Sohn der Tränen“ genannt wird.“
Der Teufel schrie laut und sagte: „O, welch verdammte Sau ist doch seine Mutter, die einen so weiten Bauch hatte, dass viel, viel Wasser darin Platz finden konnte, und alle Plätze darin mit Tränenwasser gefüllt waren! Sei sie von mir und meiner ganzen Gesellschaft verdammt!“
Der Engel erwiderte: „Deine Verdammung ist Gottes Ehre und ein Segen für alle seine Freunde.“

Da sprach Christus der Richter und sagte: „Geh weg, Teufel, du mein Feind!“ Dann sagte er zum Ritter: „Komm, du mein Erwählter!“ Und gleich ergriff der Teufel die Flucht.

Als die Braut (Birgitta) das sah, sagte sie: „O ewige und unermessliche Kraft, Jesus Christus, Gott und Herr, du bist es, der alle guten Gedanken, Gebete und Tränen in die Herzen gießt! Du verhüllst deine Gnadengaben und bescherst (den Menschen) ewige, ehrenvolle Belohnung! Dir sei Ehre und Dienst und Dank für alles, was du geschaffen hast! O mein liebster Gott, du bist mir am allerliebsten, mir lieber als Leib und Seele!“

Da sprach der Engel zu derselben Braut Christi und sagte: „Du sollst wissen, dass diese Vision dir nicht nur zu deinem eigenen Trost von Gott gezeigt wurde, sondern auch dafür, dass Gottes Freunde verstehen sollen, wie viel er durch die Gebete, Tränen und Arbeiten seiner Freunde tut, wenn sie liebevoll beten und inständig und mit gutem Willen für andere tätig sind. Wisse auch, dass dieser Ritter, dein Sohn, nicht solche Gnade erhalten hätte, wenn er nicht schon von Kindheit an den Willen gehabt hätte, Gott und seine Freunde zu lieben und sich nach allen Sündenfällen zu bessern.“

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Diese Offenbarung hatte Frau Birgitta in Jerusalem, als sie zum ersten Mal die Grabeskirche betrat.
14. Kapitel
Der Sohn spricht zur Braut: „Wenn ihr in meinen Tempel eingetreten seid, der meinem Blut geheiligt ist, seid ihr so rein von all euren Sünden geworden, als ob ihr da aus dem Taufstein gehoben wäret. Und auf Grund eurer Mühen und eurer Frömmigkeit sind einige Seelen eurer Verwandten, die im Fegefeuer waren, heute befreit worden und sind in den Himmel zu meiner Herrlichkeit eingetreten. Denn alle, die an diesen Platz mit dem festen Willen kommen, sich nach besten Kräften ihres Gewissens zu bessern und nicht wieder in ihre früheren Sünden verfallen wollen, erhalten vollständige Vergebung für alle ihre alten Sünden, und ihre Gnade, im Guten zu wachsen, wird vermehrt.“

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Diese Offenbarung sah Frau Birgitta, Christi Braut, in der Grabeskirche in Jerusalem, in der Kapelle über dem Kalvarienberg am Freitag nach Christi Himmelfahrt.
15. Kapitel
Als ich am Kalvarienberg trauerte und weinte, sah ich, wie mein Herr nackt und gegeißelt von den Juden weggeführt wurde, um gekreuzigt zu werden. Sie bewachten ihn genau. Ich sah auch, dass ein Loch aus dem Berge ausgehauen war, und dass die Henker darum herum bereit waren, ihr grausames Werk durchzuführen. Aber der Herr wandte sich mir zu und sagte zu mir: „Gib genau Acht, denn in dieser Bergspalte war der Fuß des Kreuzes in der Stunde meines Leidens befestigt.“

Und ich sah gleich, wie die Juden sein Kreuz mit Holzpflöcken ringsherum in der Bergspalte befestigten; sie wurden mit einem Hammer hart festgeklopft, so dass das Kreuz sicher stehen und nicht umfallen sollte. Als das Kreuz in dieser Weise fest eingeschlagen war, legten sie gleich Holzbalken um den Kreuzesstamm herum, so dass sie eine Treppe bildeten und bis hinauf an die Stelle reichten, wo seine Füße festgenagelt werden sollten, und so konnte er und die Henker diese Treppenstufen hinaufsteigen, und die letzteren konnten dort stehen, während sie ihn kreuzigten, was bequemer für sie war.

Sie gingen darauf diese Treppenstufen hinauf und führten ihn unter gewaltsamen Spott und Hohn, und er ging willig wie ein sanftmütiges Lamm mit, das weggebracht wird, um geschlachtet zu werden. Als er nun oben auf dem Treppengestell stand, streckte er gleich freiwillig und ungezwungen seinen Arm aus, öffnete seine rechte Hand und legte sie auf das Kreuz. Die wilden Plagegeister kreuzigten ihn unheimlich grausam und durchbohrten ihn mit einem Nagel an der Stelle, wo der Knochen am festesten war. Dann zogen sie mit Hilfe eines Riemens gewaltsam seine linke Hand aus und machten sie ebenso am Kreuze fest.

Sie dehnten seinen Leib übermäßig am Kreuz aus, legten das eine Bein über das andere und befestigten so die vereinten Füße mit zwei Nägeln am Kreuz. Sie streckten seine ehrwürdigen Glieder so hart am Kreuze aus, dass fast alle seine Adern und Sehnen zersprangen. Die Dornenkrone, die sie von seinem Haupt abgenommen hatten, ehe sie ihn kreuzigten, setzten sei ihm nun von neuem auf sein hochheiliges Haupt, und sie stach sein ehrwürdiges Haupt so sehr, dass seine Augen gleich von dem fließendem Blut gefüllt wurden; seine Ohren wurden zugeklebt, und sein Antlitz und sein Bart wurden gleichsam von dem rosenroten Blut übergossen. Die Henker und Soldaten zogen dann das Treppengestell schnell vom Kreuze weg, und das Kreuz stand da, einsam und hoch, und mein Herr war daran gekreuzigt.

Als ich, erfüllt von Trauer, ihre Grausamkeit betrachtete, sah ich seine verzweifelte Mutter auf dem Boden liegen, gleichsam zitternd und halbtot. Johannes und ihre Schwestern trösteten sie, wo sie nicht weit vom Kreuz auf der rechten Seite standen. Der neue Schmerz, den ich da spürte, nämlich das Mitleid mit der allerheiligsten Mutter Christi, ergriff mich so tief, dass es war, als ob ein scharfes Schwert unter grenzenloser Bitterkeit in mein Herz drang.
Schließlich stand sie auf, seine schmerzensreiche Mutter, und sah ihren Sohn an. Ihre Schwestern hielten sie aufrecht, und sie stand da ganz gelähmt vor Trauer, ja wie tot, lebend vom Schwert des Schmerzes durchbohrt. Als ihr Sohn sie sah und ihre anderen Freunde weinen sah, befahl er sie mit trauriger Stimme Johannes an, und es ging aus seinem Verhalten und seiner Stimme so deutlich hervor, dass sein Herz vor Mitleid mit der Mutter mit dem spitzen Pfeil unendlichen Schmerzes durchbohrt wurde.

Seine schönen, liebenswerten Augen schienen nun halbtot, sein Mund war offen und blutig, sein Gesicht bleich und eingesunken, hässlich blau und von Blut verklebt, und der ganze Körper war blaubleich und äußerst geschwächt durch den Blutverlust. Die Haut und das jungfräuliche Fleisch in seinem hochheiligen Leib waren so fein und zart, dass nach dem kleinsten Schlag da ein blauer Fleck zu sehen war.
Manchmal suchte er sich am Kreuz infolge der übermäßigen Qual auszustrecken, die er unter der gewaltsamen, heftigen Pein verspürte. Denn manchmal stieg der Schmerz von seinen zerstochenen Gliedern und Adern bis zum Herzen auf und quälte ihn grausam mit dem qualvollsten Martyrium, und so zog sich sein Tod unter schwerem, unheimlich bitteren Leiden hinaus.

Außer sich durch die unerhörten Qualen und schon dem Tode nahe, rief er mit lauter und trauriger Stimme zum Vater und sagte: „O Vater, warum hast du mich verlassen?“ Seine Lippen waren da bleich, die Zunge war blutig, und der eingesunkene Magen lag fest am Rücken, als ob er keine Eingeweide hätte. Er rief von neuem, in der schwersten Pein und Angst: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“ Da hob sich sein Haupt etwas, aber sank gleich nieder, und so gab er den Geist auf.

Als seine Mutter dies sah, zitterte sie vor unendlicher Trauer und Trübsal am ganzen Körper und wäre zu Boden gefallen, wenn die anderen Frauen sie nicht gehalten hätten. In dem Augenblick sanken seine Hände wegen des großen Gewichts des Körpers ein wenig von den Stellen herunter, wo die Nägel sie durchbohrt hatten, und der Körper wurde so von den Nägeln gehalten, womit die Füße befestigt waren. Finger, Arme und Hände waren mehr ausgedehnt als vorher. Seine Schultern und sein Rücken waren hart gegen das Kreuz gepresst.

Da riefen die umstehenden Juden seiner Mutter höhnische Worte zu. Einige sagten: „Maria, nun ist dein Sohn tot!“ Andere sagten spöttische Worte. Während die Volksmenge nun darum herumstand, kam ein Mann in größter Raserei gesprungen und stach eine Lanze so heftig in seine rechte Seite, dass sie fast aus der anderen Seite des Körpers wieder ausgetreten wäre. Als die Lanze aus dem Körper herausgezogen wurde, floss gleich ein gewaltiger Blutstrom aus der Wunde, aber die Lanzenspitze und ein Teil des Schaftes kamen rot und blutüberströmt aus dem Körper.

Als seine Mutter dies sah, zitterte sie und weinte bitterlich, so dass deutlich an ihrem Gesichtsausdruck und ihren Gebärden zu sehen war, dass ihre Seele da von dem scharfen Schwert der Trauer durchstochen wurde.
Dann ging die Volksmenge davon, und einige Freunde des Herrn nahmen ihn vom Kreuze ab. Seine sanfte Mutter schloß ihn in ihre heiligen Arme, wo sie saß, und legte ihn auf ihre Knie – verwundet, zerrissen und blau-bleich, wie er war. Tief betrübt trocknete sie mit ihrem Leinenkleid seinen ganzen Körper und dessen Wunden ab, küsste seine Augen und drückte sie zu und wickelte ihn in ein reines Totenkleid (? sindal). So brachten sie ihn mit lautem Weinen und Klagen fort und legten ihn ins Grab.

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16. Kapitel
Dann sagte Christus (es war bei derselben Gelegenheit) zu seiner Braut, der hl. Birgitta: „Nach dem, was du jetzt gesehen hast, und nach anderem, was ich litt, fragen die Fürsten der Welt nicht, und sie kümmern sich auch nicht um die Plätze, wo ich geboren wurde und gelitten habe. Sie sind nämlich wie ein Mann, der einen Platz hat, der für wilde, ungezähmte Tiere vorgesehen ist, und in dem er seine Jagdhunde loslässt, und die dann ihre Freude daran finden, den Lauf der Hunde und des Wildes zu sehen.

So verhält es sich mit den Fürsten der Welt und den Vorstehern der Kirche, ja mit allen Ständen der Welt: Sie achten lieber und mit größerer Freude auf weltliche Vergnügen und Zeitvertreib, als auf meine Pein und meinen Tod und meine Wunden. Deshalb werde ich ihnen durch dich meine Worte senden, und wenn sie dann ihre Einstellung nicht ändern und sich zu mir bekehren, sollen sie ebenso verdammt werden wie die, die meine Kleider geteilt und das Los um meinen Mantel geworfen haben.“
Zusatz
Hier folgt die Offenbarung, die die hl. Birgitta in Famagusta empfing.

Gottes Sohn spricht: „Diese Stadt ist ein Gomorra, brennend vom Feuer der Geilheit, des verschwenderischen Überflusses und der Eitelkeit. Deshalb sollen ihre Mauern einstürzen, sie soll ausgeliefert werden und veröden, und ihre Einwohner sollen auswandern und vor Trauer und Trübsal seufzen und sterben. Und ihre Schande soll in vielen Ländern genannt werden, denn ich bin zornig auf sie.“

Über den Herzog, der vom Tode seines Bruders wusste. Christus spricht: „Dieser zeigt frech und offen seinen Übermut, prahlt mit seiner Liederlichkeit und fragt nicht danach, was er seinem Nächsten angetan hat. Deshalb werde ich, wenn er sich nicht demütigt, mit ihm verfahren, wie das Sprichwort sagt: „Wer hinterher weint, weint nicht leichter als der, der vorher weint. Denn er wird keinen leichteren Tod haben als sein Bruder – nein, umgekehrt, einen schwereren, sofern er sich nicht schleunigst bessert.“

Über den Beichtvater des Herzogs. Christus spricht: „Was hat dir dieser Bruder gesagt? Etwa nicht, dass der Herzog gut ist und nicht besser leben kann? Er hat also seine mangelnde Enthaltsamkeit entschuldigt. Solche (Priester) sind keine Beichtväter, sondern Betrüger. Sie gehen umher wie einfältige Schafe, sind aber in Wirklichkeit Füchse und Schmeichler. Ja, so sind die Freunde, die den Menschen für eine geringe zeitliche Sache vorschlagen, was sie tun und unterlassen sollen. Wenn dieser Bruder in seinem Kloster geblieben wäre, so hätte er weniger gesündigt und eine geringere Strafe und eine größere Krone erhalten.“

Manche rieten Frau Birgitta, sie und ihr Gefolge sollten der Sarazenen wegen ihre Tracht verändern und ihr Gesicht schwarz machen. Christus spricht: „Was hat man dir geraten? Dass ihr eure Kleider ändern und die Gesichter schwarz machen sollt? Sollte ich, Gott, der dir Befehle gibt, etwa wie der sein, der nicht die Zukunft kennt, oder wie ein Machtloser, der vor allem Angst hat? Keinesfalls. Ich bin ja die Weisheit und die Macht selbst, und ich sehe alles voraus und kann auch alles. Laßt daher eure Kleider und Gesichter unverändert, und vertraut mir euren Willen an. Ich, der Sara vor denen gerettet hat, die sie gefangen genommen hatten, werde auch euch auf dem Meere und dem Land beschützen und werde für euch sorgen, wie es euch am besten dient.“

Über Bischof Alfons. Die Mutter spricht: „Mein Freund muss dich so lieben, wie seine Mutter, seine Herrscherin, seine Tochter und seine Schwester. Wie seine Mutter auf Grund deines Alters und der Ratschläge, die er bei dir holen soll. Zweitens wie seine Herrscherin, auf Grund der Gnade, die dir von Gott verliehen ist, der durch dich die Geheimnisse seiner Weisheit offenbart hat. Drittens wie seine Tochter, indem er dich unterrichtet und tröstet, und dich mit dem versorgt, was nützlich für dich ist, und dich mit Worten und Beispiel ermahnt und anspornt, vollkommener zu werden.

Sag ihm weiter, dass er sein soll wie der, der die schönsten Blüten trägt – d.h. meine Worte, die lieblicher sind als Honig für die, die sie kosten, die schärfer und durchdringender als Pfeile und wirksamer sind, was die Belohnung angeht. Es ist also Sache des Besitzers, die Blüten vor Wind, Regen und Hitze zu schützen. Vor Wind, d.h. vor weltlichen Reden; vor Regen, d.h. vor fleischlichen Vergnügungen; außerdem vor der Hitze weltlicher Gunst. Denn wer sich solcher Dinge rühmt, der lässt die Blüten welken und zeigt sich selbst als weniger geeignet, sie zu haben.“

Über die Königin von Zypern. Der Sohn spricht: „Rate der Königin, dass sie nicht in ihr Vaterland zurückkehrt, da es nicht angebracht ist, sondern stattdessen dort bleibt, wo sie jetzt ist, und Gott von ganzem Herzen dient. Zweitens, dass sie sich nicht verheiratet und sich einen neuen Mann nimmt, denn es gefällt Gott besser, dass sie beweint, was sie verbrochen hat, und durch Bußübungen die nutzlos verbrachte Zeit ersetzt. Drittens, dass sie die Männer im Reich zu gegenseitiger Eintracht und Liebe bewegt und dafür arbeitet, dass gute Sitten und Gerechtigkeit in lobenswerter Weise eingehalten werden, und dass das Volk nicht durch ungewöhnliche Auflagen bedrückt wird.
Viertens, dass sie um Gottes willen das Böse vergisst, das man gegen ihren Mann begangen hat, und sich nicht zur Rache hinreißen lässt. Ich bin ja Richter und werde für sie urteilen. Fünftens, dass sie ihren Sohn mit göttlicher Liebe erzieht und ihm Berater aussucht, die gerecht und nicht habgierig sind, sowie vertrauenswürdige Freunde, die keusch, besonnen und weise sind; von ihnen soll er lernen, Gott zu fürchten, gerecht zu regieren, sich über Menschen in Not zu erbarmen, auch wenn sie arm, gering und unbeachtet sind.

Sechstens, dass er die schamlose Gewohnheit der Frauen abschafft, mit anliegenden Kleidern und entblößter Brust zu gehen, sich zu schminken und auf vielerlei Weisel eitel zu sein, denn das ist Gott überaus verhasst. Siebtens, dass sie einen Beichtvater hat, der das Irdische verlassen hat, der die Seelen mehr liebt als Gaben und Geschenke, der vor den Sünden nicht die Augen verschließt und sich nicht scheut, sie zu tadeln. Ihm soll sie in allem, was die Rettung der Seele betrifft, so gehorchen wie Gott.

Achtens, dass sie auf das Leben heiliger Königinnen und Frauen achtet und erforscht, wie Gottes Ehre vermehrt werden kann, und dafür tätig ist. Neuntens, dass sie vernünftig mit ihren Geschenken ist, Schulden vermeidet und dem Lob der Menschen aus dem Wege geht, denn es gefällt Gott mehr, wenig oder nichts zu geben, als Schulden zu machen und seinen Nächsten zu betrügen.“

Über die Krönung des neuen Königs. Gottes Sohn spricht: „Es ist eine große Bürde, König zu sein, aber eine große Ehre und überaus fruchtbringend. Es steht einem König an, für seine Aufgabe reif zu sein, erfahren, klug, gerecht und arbeitsam zu sein und das Wohl seiner Mitmenschen mehr zu lieben, als seinen eigenen Willen. Deshalb wurden die Reiche früher gut regiert, als man einen solchen Mann zum König wählte, der es wollte und verstand und gerecht regieren konnte. Aber jetzt sind die Regierungen keine Regierungen mehr, sondern ein Kinderspiel, Albernheiten und Ausplünderung, denn wie ein Räuber es mit der Zeit leid wird, Anschläge zu verüben, so dass er Gewinn einheimsen kann, ohne entdeckt zu werden, so denken sich die Könige jetzt Kniffe aus, um ihre Nachkommen höher zu stellen, Gelder einzuheimsen und die Untertanen schlau zu bedrücken, und sie lassen gern die Gerechtigkeit fahren, um zeitliches Gut zu erhalten, aber sie lieben nicht das Recht, um dadurch ewigen Lohn zu gewinnen.

Deshalb hat der Weise klug gesagt: „Wehe dem Reich, dessen König ein Kind ist, das genüsslich lebt und ausschweifende Schmeichler hat, aber sich um das Wohl der Gesellschaft nicht kümmert!“ Aber damit dieser Knabe nicht für das Unrecht seines Vaters büßen soll, soll er – wenn er Fortschritte machen will und die Würde des königlichen Namens erfüllen will, meinen Worten gehorchen, die ich vorher über Zypern sagte, nicht die Sitten seiner Vorgänger nachahmen, ihre kindische Unstetigkeit abschaffen und den königlichen Weg einschlagen, und sich gottesfürchtige Mitarbeiter anschaffen, die seine Geschenke nicht mehr als seine Seele und seine Ehre lieben, die Schmeichler hassen und sich nicht scheuen, die Wahrheit zu sagen und ihr zu folgen, und Verbrechen offen zu legen. Sonst wird der Knabe weder Freude am Volk, noch das Volk Freude am auserkorenen (König) bekommen.

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Als Frau Birgitta in Jerusalem war, war sie sich nicht sicher, ob sie im Kloster der Franziskanerbrüder auf dem Berge Zion oder in der Herberge der Pilger in Jerusalem bleiben sollte. Während sie betete, offenbarte sich ihr die Jungfrau Maria und sagte ihr, dass sie in der Herberge wohnen sollte, um anderen Menschen ein gutes Beispiel zu geben.
17. Kapitel
Die Mutter spricht: „Auf diesem Zionsberg gibt es zwei Arten von Menschen. Manche lieben Gott von ganzem Herzen. Andere wollen Gott haben, aber die Welt ist ihnen lieber als Gott. Und deshalb ist es – damit die Guten nicht Anstoß nehmen, die Trägen keinen Anlass finden, in ihrer Trägheit zu verharren, und die später kommenden kein schlechtes Vorbild erhalten – besser, an der Stelle zu wohnen, die für Pilger vorgesehen ist. Mein Sohn wird euch nämlich mit allem versorgen, wie es ihm gefällt.“

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Als Frau Birgitta auf Zypern war, bat die Königin Eleonora sie, dass sie für ihren Sohn, den König, und für das Reich zu Gott beten solle. Frau Birgitta reiste dann nach Jerusalem, und als sie dort eines Tages im Gebet versunken war, offenbarte sich ihr Christus und gab ihr diese Ratschläge, die sie dem besagten König und seinem Onkel, dem Fürsten von Antiochien, schreiben sollte. Und er befahl ihr, dass sie wie von sich selbst und nicht im Namen Christi schreiben sollte.
18. Kapitel
Die Braut schreibt an den König von Zypern und den Fürsten von Antiochia: Der erste Rat ist, dass ein jeder von euch vor seinem Beichtvater ein ehrliches und vollständiges Bekenntnis über alles ablegt, was er gegen Gottes Willen begangen hat; dann sollt ihr den gesegneten Leib unseres Herrn Jesus Christus in Gottesfurcht und Gottesliebe empfangen. Der zweite Rat ist, dass ihr beide in wahrer Liebe vereint seid, so dass ihr ein Herz für Gott und zu seiner Ehre seid, indem ihr das Reich zu Gottes Ehre und zum Wohl der Untertanen regiert.

Der dritte Rat ist, dass ihr beide in wahrer Liebe mit euren Untertanen vereint seid, indem ihr aus Ehrfurcht vor Jesus Christi Leiden und seinem Tod allen vergebt und sie schont, die beim Tode eures Vaters, König Peter, mit Rat und Tat und Einvernehmen zusammengearbeitet haben. Nehmt sie von eurem ganzen Herzen in eure Liebe auf, auf dass Gott euch in seiner Barmherzigkeit annimmt, und dass er euch Kraft und Stärke gibt, das Reich zu seiner Ehre zu regieren.
Der vierte Rat ist, dass ihr, weil Gott euch in seiner Vorausschau als Steuermann des Reiches eingesetzt hat, alle dankbare Fürsorge und Rücksichtnahme anwendet, wenn ihr mit allen Vorstehern der Kirchen und Klöster redet und sie nachdrücklich, aber liebevoll ermahnt, dass sie alle und ihre Untergebenen sich in all den Punkten bessern, in denen sie irgendwie (geistlich oder zeitlich) von der frommen Einrichtung der heiligen Väter, ihrer Vorgänger, abgewichen sind, und schleunigst umkehren, um mit reinem Sinn der früheren Art ihrer Vorgänger zu leben, so dass ihre Lebensart sich völlig ändert und sie und ihre Untergebenen, nachdem sie sich gebessert haben, Gottes Freundschaft gewinnen und würdig werden, Gott zu bitten, dass seine Barmherzigkeit den Zustand der ganzen Kirche in Heiligkeit der Tugenden erneuern möge.

Der fünfte Rat ist, dass ihr um der großen Liebe willen, mit der Gott eure Seelen geliebt hat, die Seelen eurer Untertanen lieben wollt. Ihr sollt eurer Ritterschaft raten, dass alle, die Gott irgendwie erzürnt haben, sich schnell und demütig bessern und alle, die unter dem Gehorsam der römischen Kirche stehen und das Alter der Vernunft erreicht habten, demütig zur Beichte gehen, sich mit den Mitmenschen versöhnen, die sie beleidigt haben, und in Eintracht mit ihnen leben. Nachdem sie sich gebessert haben, sollen sie (in der Kommunion) Christi ehrwürdigen Leib empfangen und dann ein katholisches Leben führen, d.h. treu im Ehestand oder Witwenstand oder im lobenswerten Stand der Jungfräulichkeit leben und all das befolgen, was die heilige Kirche befiehlt. Sie sollen ihre Diener, Untergebenen und alle, über die sie irgendwie Macht haben, mit gutem Beispiel, mit Wort oder Tat liebevoll ermahnen, dasselbe zu tun, und sie mit guten Ermahnungen stärken, an ihrem Vorsatz festzuhalten. Und seid überzeugt, dass alle, die in diesen Dingen nicht gehorchen wollen, Schaden an Leib und Seele leiden werden.

Der sechste Rat ist, dass ihr mit allen Kirchenvorstehern redet, dass sie alle ihre Kleriker, die Hirten der Kirche, nachdrücklich und fleißig ermahnen, dass ein jeder gewissenhaft in seiner Gemeinde nachforscht, ob es einige Bewohner im Amtsbezirk gibt, die ein schlechtes Leben führen und zur Schande für Gott und in Verachtung der heiligen modernen Kirche in öffentlichen Sünden leben. Und wenn es solche gibt, die ungescheut in ihren offenen Sünden leben, soll man sie nachdrücklich vor den Gefahren für ihre Seelen warnen und sie die geistlichen Heilmittel lehren, durch die sie sich demütig bessern können und müssen.

Aber wenn manche, die in öffentlichen Sünden leben, nicht demütig gehorchen wollen, so sollen es die Hirten dieser Seelen nicht unterlassen, dies ihren Vorgesetzten und Bischöfen zu berichten, damit die Frechheit der Widerspenstigen von den Prälaten gesetzlich unterdrückt und mit kirchlichen Strafen belegt werden.
Wenn dagegen die Bischöfe und Vorgesetzten wegen Verhärtung oder des Hochmuts der Sünder oder auf Grund ihrer weltlichen Macht nicht in der Lage sind, sie zurechtzuweisen und zu strafen, da wird euch, meine Herren, der Rat gegeben, dass ihr mit eurer mächtigen Hand mit diesen Herren Prälaten zusammenarbeitet, so dass die Sünder sich dank eurer Hilfe und Einwirkung bessern lassen, Buße tun und sich bessern, und so Gottes Erbarmung gewinnen.

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Diese Offenbarung über das Reich Zypern und seine Besserung erhielt Frau Birgitta in Jerusalem. Sie schickte sie an den König und an den Fürsten von Antiochia, dass sie diese im ganzen Reich bekannt machen sollten. Weil aber dieser Fürst der Offenbarung keinen Glauben schenkte, veröffentlichte sie Frau Birgitta selbst am 8. Oktober (1372) auf ihrem Rückweg von Jerusalem in Anwesenheit des Königs, der Königin, des Fürsten von Antiochia und des Königlichen Rats.
19 Kapitel
Es geschah einer Person, die im Gebet wachte, dass sie entrückt wurde und sich im Geist in einen Palast von unermesslicher Größe und unsagbarer Schönheit versetzt sah. Da sah sie Jesus Christus unter seinen Heiligen auf dem Herrscherthron seiner Majestät sitzen. Er tat seinen gesegneten Mund auf und sagte die nachstehenden Worte: „Ich bin in Wahrheit die höchste Liebe, denn alles, was ich von Ewigkeit her getan habe, das habe ich aus Liebe getan, und ebenso geht alles, was ich tue und in Zukunft tun werde, ganz und gar aus meiner Liebe hervor. Denn die Liebe ist bei mir ebenso unermesslich und stark, wie sie in der Zeit vor meinem Leiden war, als ich in meiner übermäßig großen Liebe alle Auserwählten, die dieser Erlösung wert waren, durch meinen Tod von der Hölle erlöste. Wenn es möglich wäre, dass ich ebenso viele Male sterben könnte, wie es Seelen in der Hölle gibt, so dass ich für jeden von ihnen wieder einen solchen Tod ausstehen würde, wie ich ihn damals für alle litt, so wäre mein Leib auch bereit, sich all dem mit frohem Mut und der vollkommensten Liebe zu unterwerfen. Aber nun ist es gewiss unmöglich, dass mein Leib noch einmal sterben oder irgendeine Plage und Mühe leidet.

Ebenso unmöglich ist es, dass eine Seele, die nach meinem Tode zur Hölle verdammt ist, jemals daraus befreit wird, um die himmlische Freude zu genießen, die meine Heiligen und Auserwählten beim herrlichen Anblick meines Leibes empfinden – nein, die Verdammten sollen die Höllenqualen in ewigem Tod erleiden, da sie nicht die Wohltat meines Leidens und Todes annehmen und nicht meinen Willen befolgen wollten, als sie auf Erden lebten.
Und da niemand anders Richter über die Beleidigungen ist, die mir zugefügt wurden, als ich selbst, und da meine Liebe, die ich den Menschen immer bewiesen habe, Anklagen vor meiner Gerechtigkeit vorbringt, so erfordert es die Gerechtigkeit, darüber nach meinem Willen zu urteilen.

Nun erhebe ich also Klage gegen die Bewohner im Reiche Zypern, wie gegen einen einzigen Menschen. Ich klage aber nicht meine Freunde an, die dort wohnen und mich von ganzem Herzen lieben und meinen Willen in allen Dingen befolgen, sondern ich erhebe Klage wie gegen eine einzige Person gegen alle die, die mich verachten, die sich ständig gegen meinen Willen auflehnen und mir heftig widerstehen. Ich fange nun an, zu ihnen allen wie zu einem Einzigen zu sprechen.
O Volk Zypern, das du aufrührerisch gegen mich bist, höre zu und gib genau Acht auf das, was ich sage! Ich habe dich geliebt, wie ein Vater seinen einzigen Sohn liebt, den er zu allen Ehren erheben will. Ich habe dir Land zugeteilt, wo du im Überfluss alles besitzen könntest, was zu deinem Lebensunterhalt notwendig war. Ich sandte dir die Wärme und das Licht des Heiligen Geistes, damit du den rechten christlichen Glauben verstehst, zu dem du dich treu verpflichtet hast, wie du dich auch in demütigem Gehorsam den Verordnungen der heiligen Kirche unterworfen hast.

Ich habe dich auch an einen Platz gestellt, der für einen treuen Diener gut passt – nämlich unter meine Feinde, damit du für deine irdische Arbeit und für deine Kämpfe eine umso kostbarere Krone in meinem himmlischen Reich empfangen sollst. Ich habe dich auch lange in meinem Herzen, d.h. in der Liebe meiner Gottheit getragen und dich wie einen Augenstern in allen deinen Sorgen und Mühen beschützt. Und solange du meine Gebote hieltest und in festem Gehorsam die Anordnungen der heiligen Kirche befolgtest, kommen fast unzählige Seelen aus dem Reiche Zypern in mein Himmelreich, um dort die ewige Ehre bei mit zu genießen.

Aber da du jetzt deinem eigenen Willen folgst, alles tust, was deinem Herzen gefällt, mich nicht fürchtest, der ich dein Richter bin und mich nicht liebst, der dein Schöpfer ist, und der dich auch durch meinen bitteren, qualvollen Tod erlöst hat, sondern mich stattdessen aus deinem Mund wie etwas schlecht Riechendes und schlecht Schmeckendes ausgespukt hast und den Teufel zusammen mit deiner Seele in deine Herzenskammer eingeschlossen hast, aber mich wie einen Dieb und Räuber daraus vertrieben hast, und dich nicht mehr geschämt hast, mehr als die unvernünftigen Tiere vor meinen Augen zu sündigen, um sich zu vermischen – deshalb ist es ein wohlverdientes und gerechtes Urteil, dass du von allen meinen Freunden aus dem Himmel vertrieben wirst, um ewig bei meinen Feinden in der Hölle zu bleiben.

Und das sollst du ohne jeden Zweifel wissen, dass mein Vater, der in mir ist und ich in ihm, und der Heilige Geist in uns beiden, mein Zeuge ist, dass niemals etwas anderes als die Wahrheit aus meinem Mund hervorgegangen ist. Du kannst daher gewiss sein, dass ein jeder, der so beschaffen ist, wie du jetzt bist, und sich nicht bessern will, dessen Seele wird denselben Weg gehen, den Luzifer auf Grund seines Hochmuts und Judas gehen musste, der mich in seiner Habsucht verkaufte, und Simri, der von Pinhas seiner Unzucht wegen getötet wurde. Ja dieser hat mit einer Frau gegen mein Gebot gesündigt, und deshalb wurde seine Seele nach dem Tode in die Hölle verbannt.
Deshalb verkündige ich dir, du Volk Zypern, dass ich, wenn du dich nicht bekehren und bessern willst, dein Geschlecht und deine Nachkommen im Reich von Zypern auslöschen werde und weder Arm noch Reich verschonen werde, ja ich werde dieses Geschlecht so vollständig vernichten, dass die Erinnerung an dich in kurzer Zeit aus dem Gedächtnis der Menschen in Vergessenheit geraten wird, als ob ihr niemals auf der Welt geboren wäret. Dann werde ich hier im Reiche Zypern neue Pflanzen setzen, die meine Gebote erfüllen und mich von ganzem Herzen lieben.

Doch sollt ihr wissen und dessen gewiss sein, dass ein jeder von euch, der sich bessern und demütig zu mir zurückkehren will, dem will ich mit Freude wie ein milder Hirte entgegeneilen, ihn auf meine Schultern heben und ihn selbst zurück zu meinen Schafen bringen. Unter meinen Schultern verstehe ich das, dass der, der sich bessert, der soll um meines Leidens und meines Todes willen, den ich mit meinem Leib und meinen Schultern ausgestanden habe, an dem ewigen Trost im Himmelreich teilhaben und den bei mir genießen.

Ihr sollt auch mit voller Gewissheit wissen, dass ihr, meine Feinde, die ihr in diesem Reiche wohnt, nicht wert seid, dass euch eine Vision oder göttliche Offenbarungen von mir gesandt wird. Aber einige Freunde von mir, die im selben Reich wohnen und mir treu dienen und mich von ganzem Herzen lieben, haben durch ihre Arbeit und ihre Gebete mich unter Tränen bewogen, euch die große Gefahr für eure Seelen durch diese meine Offenbarung verstehen zu lassen. Denn für einige von diesen meinen Freunden dort wurde mir von oben offenbart, dass unzählige Seelen aus demselben Reiche Zypern von der himmlischen Herrlichkeit ausgeschlossen werden und auf ewig zum Tod in der Hölle verdammt sind.

Diese oben genannten Worte sage ich den lateinischen Christen, die der römisch-katholischen Kirche im Gehorsam unterstehen, die mir in der Taufe den rechten römisch-katholischen Glauben gelobt haben, die aber durch ihre Taten mit mir gebrochen und sich ganz von mir getrennt haben. Die Griechen, die wissen, dass es allen Christen zukommt, den christlichen, katholischen Glauben allein zu halten und nur einer einzigen Kirche untertan zu sein, nämlich der römischen, und meinen einzigen, allgemeinen Stellvertreter auf Erden, nämlich den obersten Bischof in Rom, als geistlichen Hirten über sich zu haben, und die sich doch nicht dieser römischen Kirche und meinem Stellvertreter geistlich unterwerfen und ihm demütig untertänig sein wollen – sei es aus hartnäckigem Hochmut, aus Habgier, aus fleischlicher Zügellosigkeit oder aus anderen weltlichen Gründen – die sind unwürdig, nach dem Tode Erbarmen und Vergebung von mir zu erhalten.

Andere Griechen, die gern den römisch-katholischen Glauben kennenlernen würden, die aber unmöglich dazu imstande sind, die ihn fromm und willig annehmen würden, wenn sie ihn kennen würden und es ihnen möglich wäre, und sich demütig der römischen Kirche unterordnen würden, die nach ihrem Gewissen und nach der Stellung und dem Glauben leben, den sie haben, die sich von Sünde fernhalten und einen frommen Wandel führen – die sollen nach ihrem Tode mein Mitleid erfahren, wenn sie vor meinen Richterstuhl gerufen werden.

Die Griechen sollen auch wissen, dass ihr Reich und ihre Herrschaft niemals Sicherheit und die Ruhe des Friedens erleben werden, sondern ständig den Feinden unterworfen sein wird von denen sie ständig die größten Schäden und tägliches Elend ausstehen werden, bis sie sich mit wahrer Demut, Liebe und Frömmigkeit der römischen Kirche und ihrem Glauben unterwerfen und sich ganz den heiligen Verordnungen und Kultgebräuchen dieser Kirche anpassen.“
Nachdem diese Person (Birgitta) dies im Geist gesehen und gehört hatte, verschwand die Vision, und sie blieb weiter unter starkem Zittern und Verwunderung im Gebet versunken.

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In Zypern bat ein Franziskanerbruder Frau Birgitta, dass sie ihm raten solle, wie er in manchen Fällen handeln sollte, in denen sein Gewissen zweifelhaft war, und besonders betreffs seiner Ordensregel. Als sie eines Tages in Jerusalem für den genannten Bruder betete, offenbarte sich ihr Christus und sagte ihr vieles über den Franziskanerorden und drohte zuletzt allen Ordensbrüdern, die Eigentum besaßen, mit ewigem Tod.
20. Kapitel
Unendlicher Dank und demütiger Dienst, Lob und Ehre sei Gott in seiner Macht und ewigen Majestät, ihm, der ein Gott in drei Personen ist! Es hat ihm gefallen, dem unendlich Guten, in seiner allerwürdigsten Menschengestalt zu einer Person zu sprechen, die im Gebet versenkt war.

Er sagte: „Höre du, die die Gnade empfangen hat, geistliche Dinge zu hören und zu sehen, und bewahre diese meine Worte genau im Gedächtnis! Es war ein Mann, der Franziskus hieß. Als er sich von weltlicher Hoffahrt und Habsucht und vom lasterhaften Vergnügen des Fleisches zur Buße und zum geistlichen Leben der Vervollkommnung bekehrt hatte, bekam er aufrichtige Reue über alle seine Sünden und den festen Willen, sich zu bessern.
Er sagte da: „Es gibt nichts auf dieser Welt, was ich nicht willig der Liebe und Ehre meines Herrn Jesus Christus überlassen würde, und es gibt auch nichts in diesem Leben, das so schwer ist, dass ich es nicht froh aus Liebe zu ihm ertragen wollte. Zu seiner Ehre will ich alles tun, was ich nach den Kräften meines Leibes und meiner Seele kann, und ich will so viele Menschen wie möglich dazu bringen und bestärken, Gott von ganzem Herzen über alles zu lieben.“

Die Ordensregel, nach der dieser Franziskus zu leben begann, war nicht von seinem eigenen menschlichen Verstand und seiner eigenen Klugheit diktiert, sondern von mir, nach meinem Willen. Jedes Wort, was darin geschrieben steht, wurde ihm von meinem Geist eingegeben, und dann gab und überreichte er diese Regel anderen.

Es verhält sich ebenso mit allen anderen Regeln, die meine Freunde eingeführt haben, indem sie sie selbst eingehalten und beobachtet hatten, und sie dann erfolgreich anderen gelehrt und sie ihnen gegeben hatten: Sie waren nicht von ihrem eigenen Verstand und menschlicher Weisheit diktiert und zusammengestellt, sondern von der Eingebung des Heiligen Geistes. Die Brüder von Franziskus, die Minoriten heißen, hielten und beobachteten diese Regel mehrere Jahre treu, sehr geistlich und fromm, in vollständiger Übereinstimmung mit meinem Willen.

Jedoch empfand der Teufel, der alte Feind, großen Neid und Bitterkeit darüber, dass er diese Brüder nicht mit seinen Versuchungen und seiner Heimtücke besiegen konnte. Daher versuchte er, einen Mann zu finden, dessen Willen er mit seinem eigenen böswilligen Geist vermengen konnte. Schließlich fand er einen Kleriker und dachte: „Ich würde gern in einer solchen Stellung sein, dass ich weltliche Ehre und körperlichen Genuss haben könnte und so viel Geld sammeln könnte, dass mir nichts von all dem fehlen würde, was zu meinem Unterhalt und Vergnügen dient. Deshalb will ich in den Orden des Franziskus eintreten und mich sehr demütig und gehorsam verhalten.“

Mit einer solchen Absicht und solchem Willen trat der genannte Bruder in diesen Orden ein, und gleich fuhr der Teufel in sein Herz, und der Kleriker wurde ein Bruder in diesem Orden. Der Teufel dachte nämlich: „Wie Franziskus mit seinem demütigen Gehorsam viele Menschen von der Welt abziehen wollte, um großen Lohn im Himmel zu empfangen, so wird dieser Bruder von mir, der widerspenstig genannt werden wird, nachdem er widerspenstig gegen die Regel des Franziskus war, viele (Brüder) vom Orden des Franziskus von der Demut zum Hochmut bringen, von kluger Armut zur Gewinnsucht, vom wahren Gehorsam dazu, den eigenen Willen zu tun und der Lust der Körpers zu folgen.“

Und als dieser Bruder widerstrebend in den Orden des Franziskus eintrat, fing er durch Eingebung des Teufels gleich an, zu denken: „Ich will mich so demütig und gehorsam zeigen, dass alle mich für heilig halten. Aber wenn andere fasten und Schweigen bewahren, dann werde ich wie meine besonderen Freunde das Gegenteil machen: Ich werde so heimlich essen, trinken und reden, dass keiner von den anderen es merkt.
Nach der Regel kann ich erlaubter Weise kein Geld benutzen oder Gold und Silber haben; deshalb will ich irgendeinen besonderen Freund haben, der heimlich meine Gelder und mein Gold für meine Rechnung verwahrt, so dass ich das Guthaben verwenden kann, wie ich will. Ich will auch Bücherkünste lernen und Wissen erwerben, so dass ich dadurch eine gewisse Ehre und Würde im Ordensleben gewinne, und will mir Pferde, Silbergefäße, schöne Kleider und teuren Schmuck erwerben.

Wenn mich jemand deswegen tadelt, werde ich ihm antworten, dass ich das zur Ehre meines Ordens tue. Wenn ich es außerdem zuwege bringe, dass ich Bischof werde, so kann ich in Wahrheit glücklich und vergnügt mit dem Leben sein, das ich dann führen darf, denn ich kann dann meine volle Freiheit genießen und meinen Körper belustigen.“
Nun sollst du hören, was der Teufel in diese Orden des Franziskus angestellt hat. Es ist wirklich so, dass es auf der Welt mehr Brüder gibt, die in Tat und Willen die Regel halten, die der Teufel den Bruder gelehrt hat, als die, die noch der Regel folgen, die ich den Bruder Franziskus selbst gelehrt habe. Du sollst aber wissen, dass – obwohl diese Brüder, d.h. die des Franziskus und des Bruders „widerspenstig“ miteinander vermischt sind, solange sie auf Erden leben, werde ich sie doch nach dem Tode trennen denn ich bin deren Richter.

Ich werde dann die Brüder, die der Regel des Franziskus gefolgt sind, dazu veranlassen, bei mir und Franziskus in der ewigen Freude zu bleiben, während die, die der Regel des „Bruders Widerspenstig“ gefolgt sind, zu ewiger Strafe in der Tiefe der Hölle verurteilt werden, sofern sie sich nicht noch vor dem Tode bessern und demütig Buße tun wollten.

Das ist nicht verwunderlich, denn die, die den Weltmenschen ein Beispiel an Demut und Heiligkeit geben sollten, die geben nun hässliche und lasterhafte Beispiele mit ihrer Habgier und ihrem Hochmut. Solche Brüder können deshalb gewiss sein – und das können auch andere Mönche sein, denen es nach ihrer Regel verboten ist, Eigentum zu besitzen, es aber doch gegen ihre Regel haben, und die mich dadurch besänftigen wollen, mir einen Teil davon zu geben – dass deren Gaben mir leid und verhasst und keiner guten Gegengabe wert sind.

Es ist mir nämlich lieber und gefällt mir besser, wenn sie gewissenhaft die heilige Armut einhalten, die sie nach ihren Regeln gelobt haben, als wenn sie mir all das Gold und Silber, ja alle die Metalle anbieten würden, die es auf der Welt gibt.
Du, die meine Worte hört, sollst auch wissen, dass es dir nicht erlaubt worden wäre, diese Vision zu sehen, wenn mich nicht einer meiner guten Diener von ganzem Herzen aufrichtig für diesen Franziskanerbruder gebeten hätte und aus göttlicher Liebe gewünscht hätte, ihm ein paar nützliche Ratschläge für seine Seele zu geben.“
Nachdem ich dies gesehen und gehört hatte, verschwand die Vision.

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Die Vision hatte Frau Birgitta in Bethlehem, wo die Jungfrau Maria ihr zeigte, wie es bei der Geburt Jesu zuging, wie sie es Frau Birgitta in Rom 15 Jahre vor ihrer Abreise nach Bethlehem versprochen hatte.
21. Kapitel
Als ich mich an der Krippe des Herrn in Bethlehem befand, sah ich eine schöne schwangere Jungfrau, in einen weißen Mantel und ein dünnes Kleid gekleidet, die mir erlaubte, ihren jungfräulichen Leib deutlich zu erkennen. Ihr Mutterleib war voll und ganz aufgeschwollen, denn sie war schon bereit, zu gebären. Bei ihr war ein sehr ehrwürdiger alter Mann, und sie hatten beide einen Ochsen und Esel bei sich.
Als sie in die Grotte kamen, band der Alte den Ochsen und den Esel an der Krippe fest, ging hinaus und kam mit einem brennenden Licht zurück zur Jungfrau, das er an der Mauer befestigte. Dann ging er wieder hinaus, denn er sollte nicht selber bei der Entbindung zugegen sein. Die Jungfrau nahm die Schuhe von ihren Füßen, zog den weißen Mantel aus, den sie trug, zog den Schleier vom Kopf ab und legte das Kleidungsstück neben sich. So hatte sie nur das Kleid an, und ihr wunderbares, goldglänzendes Haar war über die Schulter gebreitet.

Sie holte zwei kleine Leinentücher und zwei Wolltücher hervor, sehr sauber und fein, die sie mitgenommen hatte, um das erwartete Kind darin einzuwickeln, und außerdem zwei andere kleine Leinentücher, die für das Haupt des Kindes vorgesehen waren, und sie legte diese Stücke neben sich, um sie benutzen zu können, wenn sie sie brauchte.
Als alles in Ordnung war, fiel die Jungfrau erfurchtsvoll auf die Knie, um zu beten, wobei sie den Rücken gegen die Wiege drehte, aber das Haupt zum Himmel erhob, in östlicher Richtung. Mit erhobenen Händen und den Blick gen Himmel gerichtet, stand sie wie in Betrachtung und Verzückung da, berauscht von göttlicher Lieblichkeit. Aber als sie so im Gebet versunken war, sah ich, wie das Kind sich im Mutterschoß bewegte, und in derselben Zeit, ja in einem Augenblick, gebar sie ihren Sohn, von dem ein so unsagbarer Strahlenglanz ausging, dass die Sonne nicht damit zu vergleichen war.

Das Wachslicht, das der alte Mann dorthin gesetzt hatte, verbreitete keinen Schein, denn der göttliche Strahlenglanz verdrängte ganz den Schein des Wachslichtes. Und so schnell und augenblicklich erfolgte diese Geburt, dass ich nicht beobachten oder unterscheiden konnte, wie die Jungfrau gebar. Ich sah aber gleich das ehrenreiche Kind nackt und klar leuchtend auf dem Boden liegen. Sein Fleisch war ganz rein und frei von aller Unreinheit.

Ich sah auch die Nachgeburt eingewickelt und sehr schön neben dem Kinde. Und ich hörte einen lieblich klingenden Engelsgesang von wunderbarer Schönheit. Der Leib der Jungfrau, der vor der Entbindung sehr aufgeschwollen war, zog sich nun zusammen, und ihr Körper schien nun schmächtig und von seltsamer Schönheit. Als sie spürte, dass sie geboren hatte, betete sie den Knaben sehr artig und ehrfürchtig mit gesenktem Haupt und zusammengelegten Händen an, und sie sagte zu ihm: „Sei willkommen, mein Gott, mein Herr, mein Sohn!“
Da begann der Junge zu weinen und gleichsam wegen der Kälte und dem harten Boden, wo er lag, zu zittern, drehte sich langsam, streckte seine Glieder aus und suchte die Obhut seiner Mutter. Und die Mutter nahm ihn in ihre Hände, drückte ihn an ihre Brust und wärmte ihn mit großer Freude und mütterlichem Mitleid an Wange und Brust.

Auf dem Boden sitzend, legte sie ihren Sohn in die Arme und nahm mit den Fingern vorsichtig seinen Nabelstrang, der gleich abgeschnitten wurde, ohne dass Flüssigkeit oder Blut heraustrat. Gleich begann sie, ihn sorgfältig zu wickeln, erst in die Leinen-, dann in die Wollkleider, wobei sie seinen Körper, die Beine und Arme mit einem Tuch zuband, das an den vier Enden des oberen Wollkleids festgebunden war. Dann wickelte sie den Kopf des Kindes in die beiden Leinentücher, die sie für diesen Zweck zur Hand hatte.

Als das getan war, trat der Alte ein, fiel auf die Knie auf den Boden, betete den Jungen an und weinte vor Freude. Und bei der Entbindung wechselte die Jungfrau nicht die Farbe und wurde nicht krank oder verlor ihre Körperkraft, wie das bei anderen Frauen zu geschehen pflegt, die ein Kind gebären; das einzige, was geschah, war, dass sich ihr Leib wieder so zusammenzog, wie er vor der Geburt des Jungen gewesen war.
So stand sie mit dem Jungen im Arm auf, und sie und Josef legten ihn in die Krippe, und mit gebeugten Knien beteten sie ihn mit unermesslicher Freude an.

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Eine Offenbarung an der Krippe des Herrn in Bethlehem.
22. Kapitel
Die Jungfrau Maria offenbarte sich mir dann noch einmal an demselben Platz und sagte: „Meine Tochter, es ist lange her, seit ich dir in Rom versprach, dass ich dir hier in Bethlehem die Art meiner Niederkunft zeigen würde. Und obwohl ich dir etwas davon in Neapel zeigte, nämlich wie ich stand, als ich meinen Sohn gebar, so sollst du auch wissen und überzeugt sein, dass ich so stand und in der Weise geboren habe, wie du mich jetzt einsam im Stall auf gebeugten Knien hast beten sehen. Ich habe ihn nämlich mit einem solchen Jubel und einer solchen Freude der Seele geboren, dass ich kein Unbehagen oder irgendwelchen Schmerz spürte, als er aus meinem Körper trat. Ich wickelte ihn gleich in die reinen Windeln, die ich lange vorher in Ordnung gebracht hatte.

Als Joseph das sah, wunderte er sich und empfand große Freude darüber, dass ich in dieser Weise ohne Hilfe geboren hatte. Weil die vielen Menschen, die in Bethlehem versammelt waren, auf Grund der Steuerveranlagung so beschäftigt waren, gaben sie soviel Acht darauf, dass Gottes Wundertaten nicht allgemein bekannt unter ihnen werden konnten. Und das sollst du wissen, dass – obwohl die Menschen nach menschlichen Begriffen zu behaupten suchten, dass mein Sohn auf die übliche Weise geboren wurde, so ist es doch die Wahrheit und über allen Zweifel erhaben, dass er so geboren wurde, wie ich dir vorher sagte, und wie du es jetzt gesehen hast.“

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23. Kapitel
Ich sah auch an demselben Platz, als die Jungfrau Maria und Joseph standen und das Kind in der Krippe anbeteten, dass da die Hirten und die, welche die Herde bewachten, kamen, um das Kind zu sehen und anzubeten. Als sie es gesehen hatten, wollten sie wissen, ob es ein Junge oder ein Mädchen war, denn die Engel hatten ihnen ja verkündet, dass der Erlöser der Welt geboren sei, und sie hatten nicht gesagt: „Erlöserin“. Die Jungfrau – Mutter zeigte ihnen dann, dass es ein Knabe war, und sie beteten ihn gleich mit großer Ehrfurcht und Freude an und kehrten dann um, indem sie Gott für all das priesen und verherrlichten, was sie gehört und gesehen hatten.

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24. Kapitel
Die Mutter des Herrn sagte auch zu mir: „Du sollst wissen, meine Tochter, dass – als die drei weisen Könige zum Stall kamen, um meinen Sohn anzubeten, ich ja im voraus von ihrer Ankunft wusste. Und als sie hineinkamen und ihn anbeteten, da jubelte mein Sohn, und vor Freude hatte er da ein sanfteres Gesicht als sonst. Auch ich freute mich sehr, und mein Sinn war voll von wunderbarem Jubel. Ich gab Acht auf ihre Worte und Taten und bewahrte sie in meinem Herzen.“

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25. Kapitel
Gottes Mutter spricht: „Dieselbe Demut findet sich jetzt bei meinem Sohn, in der Macht seiner Gottheit, wie damals, als er in der Krippe zwischen zwei Tieren ruhte. Obwohl er alles in seiner Gottheit vorher wusste, sprach er dennoch nichts nach Menschenart. So hört er auch jetzt, da er zur Rechten des Vaters sitzt, alle, die mit Liebe zu ihm sprechen, und er antwortet durch Eingebungen des Heiligen Geistes, indem er je nach Belieben zu manchen in Worten und Gedanken und zu anderen wie von Mund zu Mund spricht.

Ebenso bin ich, seine Mutter, jetzt demütig in meinem Leibe, der über alles Geschaffene erhöht ist, wie ich es war, als ich mit Joseph verlobt war. Doch sollst du wissen und davon überzeugt sein, dass Joseph, ehe er sich mit mir verlobte, durch den Heiligen Geist verstand, dass ich Gott Jungfräulichkeit gelobt hatte, und dass ich unbefleckt in Gedanken, Wort und Tat war.

Er verlobte sich mit mir in der Absicht, dass er mir dienen und mich als Herrin und nicht als Ehefrau haben würde. Und ich war durch den Heiligen Geist gewiss, dass meine Jungfräulichkeit ewig unbeschadet bleiben würde, obwohl ich durch Gottes wundervolle Verordnung mit einem Mann verlobt war. Aber nachdem ich den Gesandten Gottes mein Einverständnis gegeben hatte, und Joseph meinen Mutterleib durch die Kraft des Heiligen Geistes wachsen sah, bekam er einen großen Schrecken: Er glaubte sicher nichts Schlechtes von mir, aber er erinnerte sich, dass die Propheten verkündet hatten, dass Gottes Sohn von einer Jungfrau geboren würde, und er hielt sich für unwürdig, einer solchen Mutter zu dienen.

Aber der Engel befahl ihm im Traum, sich nicht zu fürchten, sondern mir mit Liebe zu dienen. Von Reichtümern behielten ich und Joseph nichts für uns selbst, außer dem, was zum Lebensunterhalt und zu Gottes Ehre diente, das übrige gaben wir aus göttlicher Liebe fort.
Als die Stunde der Geburt meines Sohnes gekommen war (die ich vorher sehr genau wusste) nahm ich – wie Gott es vorausgesehen hatte – nach Bethlehem für meinen Sohn das reinste Gewand und Windeln mit, die keiner vorher benutzt hatte. Darin wickelte ich ihn, der von mir in aller Reinheit geboren wurde, zum ersten Mal ein, und wenn ich auch von Ewigkeit her ausersehen war, auf dem höchsten Thron und in höchster Ehre über allen geschaffenen Wesen und über allen Menschen zu sitzen, so verschmähte ich es doch nicht – demütig wie ich war – alles zuzurichten und anzuschaffen, was für Joseph und mich selbst notwendig war.

Mein Sohn war Joseph und mir untertan. Und wie ich auf Erden demütig war, nur Gott und Joseph bekannt, so bin ich auch jetzt demütig, da ich auf dem höchsten Thron sitze, alle vernünftigen Bitten vor Gott zu bringen. Aber manchen antworte ich durch göttliche Eingebungen, zu anderen rede ich auf eine mehr geheime Weise, je nachdem es Gott gefällt.“

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Als Frau Birgitta schon von Jerusalem nach Rom zurückkehren wollte, ging sie am Geburtstag der Jungfrau Maria, um das Grab dieser Jungfrau und andere heilige Plätze aufzusuchen, die in der Nähe von Jerusalem liegen. Als sie am Grabe betete, offenbarte sich ihr die Jungfrau, gab ihr sichere Auskunft über die Zeit vor ihrem Tod und versicherte, dass dies wirklich ihr Grab war.
26. Kapitel
Als ich am Grab der ehrenreichen Jungfrau im Tal Josafat betete, offenbare sich mir dieselbe Jungfrau, strahlend in herrlichem Glanz, und sagte: „Hör nun zu, meine Tochter! Nachdem mein Sohn zum Himmel aufgefahren war, lebte ich noch 15 Jahre auf Erden und so lange Zeit, wie zwischen dem Himmelfahrtstage meines Sohnes und meinem Todestag verstrichen war. Dann lag ich 15 Tage tot in diesem Grab. Danach wurde ich mit unendlicher Ehre und Freude in den Himmel aufgenommen.

Die Kleider, in denen ich begraben wurde, blieben im Grabe zurück, und ich ward stattdessen in solche Kleider gekleidet, in die mein Sohn und Herr Jesus Christus gekleidet war. Wisse auch, dass es im Himmel keinen menschlichen Leib gibt, außer dem ehrenreichen Leibe meines Sohnes und dem meinen Leib.

Ihr sollt nun in die Länder der Christen zurückkehren, euer Leben ständig verbessern und im übrigen mit größter Achtsamkeit und Aufmerksamkeit leben, nachdem ihr die heiligen Orte besucht habt, wo mein Sohn und ich körperlich gelebt haben, gestorben und begraben sind.“

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Als Frau Birgitta auf der Rückfahrt von Jerusalem durch Neapel fuhr, wurde sie von der Königin und dem Erzbischof in dieser Stadt um Rat gefragt. Als sie für die Einwohner der Stadt zu Gott betete, sprach Christus zu ihr und tadelte die Einwohner wegen verschiedener Sünden. Diese Offenbarung gab Frau Birgitta im Beisein des Erzbischofs, Herrn Bernhard, drei Magister der Theologie, zweier Doktoren im kanonischen und bürgerlichen Recht sowie einiger Ritter und Bürger in Neapel bekannt.
27. Kapitel
Eine Person, die im Gebet wachte und sich der Betrachtung hingab, geriet in Verzückung, wobei sich Jesus Christus ihr offenbarte und sagte: „Höre du, die die Gnade erhalten hat, geistliche Dinge zu hören und zu sehen, gib genau Acht und präge dir ein, was du jetzt hörst, und was du in meinem Namen den Menschen verkünden sollst! Du sollst das nicht sagen, um dir selber Ehre oder menschlichen Ruhm zu erwerben, und du darfst das auch nicht aus Furcht vor der Schmähung und Verachtung der Menschen verschweigen, denn das, was du jetzt hören wirst, wird dir nicht nur um deinetwillen offenbart, sondern auch wegen der Gebete meiner Freunde.

Einige meiner auserwählten Freunde in der Stadt Neapel haben nämlich viele Jahre hindurch von ganzem Herzen mit Gebeten und frommen Mühen für meine Feinde zu mir gebetet, die in derselben Stadt wohnen, dass ich ihnen Gnade erweisen sollte, durch die sie von ihren Sünden und Unsitten loskommen und sich heilsam bessern könnten. Durch die Gebete dieser Menschen bewogen, gebe ich dir jetzt diese meine Worte.
Höre deshalb genau zu, was ich dir sage!
Ich bin der Schöpfer aller, und Herr über die Teufel und die Engel. Keiner kann meinem Gericht entgehen. Der Teufel hat auf dreifache Weise gegen mich gesündigt, nämlich durch Neid, Übermut und Liebe zu seinem eigenen Willen. Sein Hochmut war so grenzenlos, dass er Herr über mich sein wollte, so dass ich ihm untertan sein sollte. Solche Bosheit hegte er gegen mich, dass er mich, wenn das möglich gewesen wäre, gern getötet hätte, um selber Herr zu werden und auf meinem Thron zu sitzen. So lieb war ihm sein eigener Wille, dass er meinen Willen für nichts achtete, wenn er nur seinen eigenen verwirklichen könnte.

Deshalb ist er vom Himmel gefallen, und statt dass er ein Engel war, wurde er zum Teufel in der Tiefe der Hölle. Als ich dann seine Bosheit und seine große Böswilligkeit gegen den Menschen sah, zeigte ich den Menschen meinen Willen und gab ihnen meine Gebote, so dass sie, wenn sie sie befolgten, mir gefallen und dem Teufel missfallen könnten. Dann kam ich aus der großen Liebe, die ich für die Menschen hatte, auf die Welt und nahm menschliche Gestalt durch eine Jungfrau an. Ich habe sie selbst durch Handeln und Predigt den wahren Weg der Erlösung gelehrt, und um ihnen vollkommene Liebe und Wohlwollen zu zeigen, habe ich ihnen durch mein eigenes Blut den Himmel geöffnet.

Aber wie handeln jetzt die Menschen, die meine Feinde sind, gegen mich? In Wahrheit, sie verachten meine Gebote, sie werfen mich aus ihren Herzen wie abscheuliches Gift, sie spucken mich aus ihrem eigenen Munde aus wie einen verfaulten Gegenstand, und lehnen es ab, mich zu sehen, als wäre ich ein stinkender, aussätziger Mensch. Aber den Teufel und seine Taten umfangen sie mit ihrem ganzen Sehen und Handeln, geben ihm Zutritt zu ihrem Herzen, tun mit Lust und Freude seinen Willen und folgen seinen bösen Eingebungen.

Deshalb werden sie mit dem Teufel durch mein gerechtes Gericht in der Hölle auf ewig ihren Lohn erhalten. Denn für den Hochmut, den sie üben, werden sie Schande und ewige Schmach erhalten, so dass Engel und Teufel von ihnen sagen werden, dass sie bis zum Scheitel mit Schande gefüllt sind. Für ihre maßlose Gewinnsucht wird sie jeder Teufel in der Hölle mit seinem tödlichen Gift erfüllen, so dass es in ihren Seelen keine einzige leere Stelle gibt, die nicht mit teuflischem Gift gefüllt ist. Wegen der Geilheit, von der sie brennen wie unvernünftige Tiere, werden sie niemals vor mein Angesicht kommen, um seinen Anblick zu genießen, sondern sie werden von mir geschieden sein, und sie werden auch sehen, wie ihre zügellose Lust verspottet wird.
Übrigens sollst du wissen, dass – wie die Todsünden die schwersten Sünden sind, auch eine vorgebbare Sünde zur Todsünde wird, wenn der Mensch seine Freude daran findet und darin verharren will. Wisse also, dass man zwei Sünden begeht (ich werde sie dir jetzt nennen), die andere Sünden mit sich bringen. Sie scheinen allen vorgebbare Sünden zu sein, aber wenn die Menschen sich an ihnen vergnügen und sie fortsetzen wollen, werden sie zu Todsünden. Das Volk in der Stadt Neapel begeht auch viele andere abscheuliche Sünden, die ich dir gar nicht nennen will.

Die erste der beiden Sünden ist, dass die Gesichter bei vernunftbegabten Wesen und verschiedenen Farben bemalt werden, - solche, mit denen leblose Bilder und Statuen von Abgöttern bestrichen werden, damit sie anderen schöner vorkommen, als wie ich sie geschaffen habe. Die andere Sünde ist, dass die Leiber von Männern und Frauen verunziert werden und ihr rechtes Aussehen durch unanständige Kleider einbüßen, die das Volk benutzt, und das tun sie aus Hoffahrt, um mit ihren Leibern schöner und verführerischer zu erscheinen, als ich, Gott, sie geschaffen habe, und damit die, die sie sehen, leichter von sinnlichem Verlangen entzündet werden.
Daher kannst du gewiss sein, dass sie ebenso oft, wie sie ihre Gesichter mit fremden Farben einschmieren, etwas von dem Eingießen des Heiligen Geistes verlieren, und der Teufel ihnen näher kommt. Und so oft sie sich mit unziemlichen, unpassenden Kleidern schmücken und so ihre Körper entstellen, vermindert sich der Schmuck der Seele und erhöht sich die Macht des Teufels.

O meine Feinde, die ihr so handelt und euch erdreistet, andere Sünden zu begehen, die meinem Willen widersprechen – warum vergesst ihr nur mein Leiden, und warum bedenkt ihr nicht in eurem Herzen, wie ich nackt an den Pfeiler gebunden wurde, wie grausam ich von harten Geißeln verwundet wurde, wie ich nackt am Kreuz hing und klagte, voller Wunden und blutüberströmt? Und wenn ihr eure Gesichter anmalt und einschmiert, warum blickt ihr da nicht auf mein Antlitz und seht, wie es voller Blut war? Warum gebt ihr nicht Acht auf meine Augen, wie sie sich verdunkelten, gefüllt von Blut und Tränen, und wie meine Augenlider blau wurden? Warum seht ihr nicht auf meinen Mund, und warum schaut ihr nicht auf meine Ohren und meinen Bart, wie sie ihre Farbe verloren und mit Blut besprengt wurden? Warum betrachtet ihr nicht meine übrigen Glieder, die schrecklich verwundet durch verschiedene Schläge wurden, und wie ich um euretwillen blauschwarz und tot am Kreuze hing, und dort von allen verhöhnt und verspottet wurde – so dass ihr durch die Erinnerung und das fleißige Gedenken daran lernen würdet, mich, euren Gott, zu lieben, und so den Schlingen des Teufels entgeht, in die ihr nun so traurig verstrickt seid?

Ach, all das ist vor euren Augen und in euren Herzen vergessen! Ihr benehmt euch wie Huren, die die Wollust des Fleisches lieben, aber keine Kinder gebären wollen. Wenn sie ein lebendes Kind in ihrem Schoße spüren, führen sie durch Kräuter und andere Dinge eine Fehlgeburt herbei, so dass sie auf ihre fleischliche Wollust und ihre ständig wiederholten schändlichen Vergnügen verzichten müssen, sondern sich weiterhin ihrem Hurenleben und ihrer schmutzigen Unzucht hingeben können.

So handelt auch ihr, denn ich, euer Gott, euer Schöpfer und Erlöser, besuche alle mit meiner Gnade und klopfe an eurem Herzen an, denn ich liebe alle. Aber wenn ihr eine Eingebung des Heiligen Geistes oder Reue in eurem Herzen vernehmt, oder beim Hören auf meine Worte einen Vorsatz fasst, begeht ihr – geistlich gesehen – eine Abtreibung, indem ihr eure Sünden entschuldigt, daran Genuss findet und zu eurem Verderben darin verharren wollt. So tut ihr den Willen des Teufels und schließt ihn in euer Herz, während ihr mich schimpflich vertreibt. Ihr ehrt mich also nicht, und ich bin nicht mit euch. Ihr ehrt nicht mich, sondern den Teufel, denn es ist sein Wille und seine Eingebungen, denen ihr gehorcht.

Nachdem ich euch euer Gericht gesagt habe, will ich auch von meiner Barmherzigkeit reden. Meine Barmherzigkeit bedeutet, dass keiner meiner Feinde ein so großer Sünder ist, dass ich ihm meine Barmherzigkeit verweigere, wenn er sie mit demütigem und aufrichtigem Herzen begehrt. Deshalb sollen meine Feinde drei Dinge tun, wenn sie meine Gnade und Freundschaft wiedererlangen und sich mit mir versöhnen wollen.
Das erste ist, dass sie von ganzem Herzen bereuen, dass sie mich, ihren Schöpfer und Erlöser, gekränkt haben. Das andere ist, dass sie vor ihrem Beichtvater eine ehrliche, inständige und demütige Beichte ablegen und alle ihre Sündern bessern, indem sie Buße tun und kluge Ratschläge ihres Beichtvaters erfüllen. Dann werde ich ihnen nahen, und der Teufel wird sich von ihnen entfernen. Das dritte ist, dass sie, nachdem sie dies mit Frömmigkeit und vollkommener Liebe erfüllt haben (in der Kommunion) meinen Leib empfangen und sich vornehmen, nie mehr in ihre früheren Sünden zu verfallen, sondern bis zum Ende im Guten zu verharren.

Dem, der sich in dieser Weise bessert, werde ich gleich wie ein milder Vater seinem verirrten Sohn entgegeneilen und ihn bereitwilliger in meine Gnade wieder aufnehmen, als wie er selbst erbitten und es sich vorstellen kann. Und dann werde ich in ihm und er in mir sein, und er soll ewiglich mit mir leben und sich freuen. Aber über den, der in seinen Sünden und seiner Bosheit verharrt, wird zweifellos meine Gerechtigkeit kommen.
Wenn der Fischer die Fische in ihrem fröhlichen Vergnügen im Wasser spielen sieht, wirft er seinen Angelhaken ins Meer und zieht die gefangenen Fische nach und nach heraus – nicht alle auf einmal, sondern ganz allmählich und einen nach dem anderen, und schickt sie so in den Tod, indem er sie alle ums Leben bringt. So werde ich auch mit meinen Feinden umgehen, die sich in Sünde verhärten.

Denn nachher werde ich sie aus diesem weltlichen Leben fortnehmen; wo sie es nicht glauben, sondern ihren allergrößten Spaß haben, werde ich ihnen das ewige Leben rauben und sie in den ewigen Tod senden, wo sie niemals mein Angesicht sehen dürfen, nachdem sie es vorzogen, ihren zügellosen und verkehrten Willen zu tun und zu befriedigen, statt meine Gebote und meinen Willen zu erfüllen.“
Nachdem (Birgitta) dies gehört hatte, verschwand die Vision.

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28. Kapitel
Frau Birgitta schreibt an Herrn Bernhard, den Erzbischof von Neapel: „Verehrter Vater und Herr! Als die Person, die ihr gut kennt, das Gebet verrichtete und in Betrachtung versunken war, wurde sie entrückt, und da offenbarte sich ihr die Jungfrau Maria und sagte: „Ich, die mit dir spricht, ist die Königin des Himmels. Ich kann der Gärtner dieser Welt genannt werden. Wenn ein Gärtner ein heftiges Unwetter nahen sieht, das den Gewächsen und Bäumen in seinem Garten schadet, eilt er gleich herbei, bindet sie an feste Stöcke fest, so gut er kann, und hilft ihnen nach besten Kräften auf verschiedene Weise, so dass sie nicht vom Sturmwind abgebrochen und mit den Wurzeln ausgerissen werden.

Ebenso verfahre ich, die Mutter der Barmherzigkeit, in meinem Kräutergarten, d.h. der Welt, denn wenn ich sehe, wie die gefährlichen Winde der teuflischen Versuchungen und Eingebungen in das Herz der Menschen blasen, eile ich gleich zu meinem Herrn und meinem Gott, meinem Sohn Jesus Christus, um ihnen mit meinen Gebeten zu helfen und von ihm zu erwirken, dass er ein paar fromme Eingebungen des Heiligen Geistes in ihr Herz sendet, so dass sie, von diesen gestützt und heilsam gestärkt, vor dem teuflischen Wind der Versuchungen geistlich beschützt und unbeschadet bewahrt werden, und so nicht der Teufel Macht über die Menschen gewinnt, ihre Seelen zerbricht und sie nach seinem bösen Wunsch mit den Wurzeln nach oben kehrt.

Wenn die Menschen so mit demütigem Herzen und mit der Verwirklichung in der Tat diese meine Stützen und meinen Beistand annehmen, dann werden sie gleich gegen die teuflischen Anläufe der Versuchungen verteidigt, werden in Gnaden gestärkt und bringen zu gegebener Zeit Gott und mir liebliche Frucht. Aber die, die die geistliche Stütze meines Sohnes und von mir verschmähen und sich von dem Winde der Versuchungen bewegen lassen, dem Teufel im Willen und im Tun zuzustimmen, die werden aus dem Boden der Gnade weggerückt und werden vom Teufel durch unzulässige Begierden und Handlungen zu den ewigen Strafen und den finsteren Tiefen der Hölle geführt.
Aber nun sollst du wissen, dass in der Stadt Neapel viele schreckliche und heimliche Verbrechen begangen werden. Die will ich dir nicht erzählen; stattdessen spreche ich jetzt mit dir über zwei Arten von offenbaren Vergehen, die meinem Sohn und mir und dem ganzen himmlischen Hof aufs äußerste missfallen.

Die erste Sünde besteht darin, dass viele in dieser Stadt Heiden und Ungläubige als Diener anstellen, und dass manche von diesen Herren sich nicht darum kümmern, sie zu taufen und sie nicht zum christlichen Glauben bekehren wollen. Und auch wenn manche von ihnen getauft werden, kümmern sich ihre Herren nicht mehr darum, sie im christlichen Glauben und in der Art unterweisen zu lassen, das Sakrament der Kirche noch vor ihrer Taufe und Bekehrung zu empfangen.

Auf diese Weise kommt es, dass diese bekehrten Diener, nachdem sie den Glauben angenommen haben, viele Verbrechen begehen, aber nicht wissen, dass sie zum Sakrament der Buße und des Altars zurückkehren sollen, um wieder in den Stand der Gnade und Erlösung versetzt und mit Gott versöhnt zu werden. Außerdem halten manche ihre Dienerinnen oder Sklavinnen in solchem Elend und solcher Unkenntnis, als wären es Hunde, indem sie sie verkaufen – und was schlimmer ist, sie oft in Bordelle bringen, um auf so schändliche und abscheuliche Weise Geld zu verdienen. Manche halten sie in ihren Häusern als Mätressen für sich selbst und andere. Das ist höchst widerlich und Gott, für mich und den ganzen himmlischen Hof verhasst.

Es gibt auch andere Hausherren, die ihre Diener in solchem Maße plagen und sie mit Schimpfworten und Schlägen reizen, dass manche von ihnen in Verzweiflung geraten und Lust bekommen, sich das Leben zu nehmen. All diese Sünden und Versäumnisse missfallen Gott und dem ganzen himmlischen Hofe sehr, denn Gott selbst hat sie lieb: Er hat sie ja geschaffen, und er kam auf die Welt, nahm menschliche Gestalt durch mich an und erlitt Pein und Tod am Kreuz, um alle zu erlösen.

Du sollst auch wissen, dass die, die solche Heiden und Ungläubige kaufen, um sie zu Christen zu machen und sie in der christlichen Glaubens- und Sittenlehre zu unterweisen, und die Absicht haben, ihnen während ihres Lebens oder bei ihrem Tode die Freiheit zu geben, so dass sie nicht noch an die Erben übergehen – solche Hausherren erwerben sich große Verdienste und werden Gott wohlgefällig. Aber sei überzeugt, dass die, die das Gegenteil tun, von Gott hart bestraft werden.

Die andere Sünde ist, dass viele Männer und Frauen aus verschiedenem Anlass schlechte Wahrsager und Seher sowie widerliche Zauberer bei sich haben und in Anspruch nehmen. Manchmal bitten sie diese, gottlose Beschwörungen durchzuführen, damit sie dadurch instand gesetzt werden. Andere wollen von diesen Lumpen Kenntnis über die Zukunft. Viele bitten sie auch, dass sie ihnen mit ihrer bösen Beschwörungskunst Heilung von ihren Krankheiten verschaffen sollen.

Alle, die solche niedrigen Wahrsager und Hexen in ihren Häusern halten und sie versorgen, oder die solche teuflischen Ratschläge und Heilmittel von ihnen haben wollen, wie auch die bösen Hellseher und Hexen selber, die so etwas versprechen, sind Gott verhasst und von ihm verdammt. Solange sie in solchen Vorhaben verharren und ein solches Leben führen, auf die wird niemals irgendeine Eingebung oder Gnade vom Heiligen Geist herabsteigen, oder Eintritt in ihre Herzen gewinnen. Aber wenn sie bereuen und sich demütig bessern und den aufrichtigen Vorsatz fassen, nicht mehr zu sündigen, so werden sie Barmherzigkeit und Gnade von meinem Sohn erhalten.“
Nachdem (Birgitta) dies gehört hatte, verschwand die Vision.

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Ein Bischof, der der Vorgesetzte der hl. Römischen Kirche in der Provinz Ancona war, begehrte von Frau Birgitta Fürbitte und Rat. Als Frau Birgitta auf sein Begehren für den Bischof betete, offenbarte sich ihr Christus und sagte ihr die unten aufgezeichneten Worte.
29. Kapitel
Gott sei in Ewigkeit für all sein Gutes gesegnet! Amen. – Mein Herr und ehrwürdiger Vater, ich befehle mich euch demütig an. Ihr habt demütig an mich geschrieben, dass ich, eine euch unbekannte Frau, in Demut zu Gott für euch beten soll. Hierauf antworte ich euch nach ehrlicher Gewissensprüfung, dass ich, der ich leider eine unwürdige Sünderin bin, dafür nicht ausreiche. Ihr habt mir auch geschrieben, dass ich euch ein paar geistliche Ratschläge zum Wohle eurer Seele geben sollte.

Daher wollte Gott, der Acht auf euren Glauben und eure Demut gab, auch nach seiner holden väterlichen Sitte euer Begehren und eure Treue belohnen, indem er sich nicht mit meinen Sünden abgab, sondern nur mit der Gesinnung des demütig Bittenden. Denn als ich Sünderin – unwürdig, so etwas zu tun – gestern zu meinem Herrn Jesus Christus für euch betete, da offenbarte er sich nur im Geist, sprach zu mir im Gleichnis und sagte: „Du, die du die Gnade empfangen hast, geistliche Dinge zu hören und zu sehen, gib Acht! Du sollst wissen und gewiss sein, dass alle Bischöfe und Äbte sowie die übrigen Kirchenfürsten und Präbendepriester mit der Verpflichtung zur Seelsorge, die ihre Kirchen, und die ihnen anvertrauten Schafe (meine Schafe) verlassen und andere Ämter und Machtbefugnisse übernehmen und behalten, um in ihrer neuen Stellung von den Menschen mehr geehrt und auf höhere Posten in der Welt befördert zu werden, die sind – auch wenn sie nicht stehlen oder etwas rauben oder ein anderes Unrecht in diesen ihren neuen Ämtern begehen – für mich wie Schweine, in ein bischöfliches oder priesterliches Gewand gekleidet, da sie mit diesen Ämtern und Ehrenstellungen prahlen und ihre Freude daran finden, und deshalb meine Schafe und ihre Gemeinden verlassen haben.

Es war (um dieses Gleichnis auszuführen) ein hoher Herr, der seine Freunde zu einem Festmahl einlud. Zur stunde der Mahlzeit kamen Schweine, in dieser Weise gekleidet, in den Palast zu diesem Herrn und denen, die mit ihm zu Tisch saßen. Er wollte ihnen auch von dem köstlichen Essen auf seinem Tisch geben, aber da grunzten alle Schweine laut und weigerten sich, die feinen Gerichte zu fressen, während sie gierig die einfachen Treber fressen wollten, die sie gewohnt waren.

Als der hohe Herr das sah und merkte, ekelte er sich an ihrem schoflichen Benehmen und ihrer Unsauberkeit und sagte gleich mit großem Zorn und Entrüstung zu seinen Dienern: „Jagt sie aus meinem Palast hinaus, so dass sie sich mit den Trebern gütlich tun, denn es sind schmutzige Schweine. Sie wollen weder, noch sind es wert, von dem Essen zu fressen, was ich für meine Freunde habe anrichten lassen.“

Daraus, mein verehrter Vater und Herr, habe ich im Geist verstanden, dass ihr euer Gewissen um Rat fragen müsst, wieweit die Schafe Christi, die euch anvertraut sind, d.h. die Einwohner in eurem Bischofsstift, in eurer Abwesenheit geistlich gut regiert werden oder nicht. Und wenn sie in eurer Abwesenheit – geistlich gesehen – zum Nutzen und zum Wohl ihrer Seelen so gut regiert werden, wie es angemessen ist, und ihr außerdem seht, dass ihr draußen in der Provinz Ancona größere Ehre für Gott und größeren Nutzen für die Seelen als in eurem Stift bewirken könnt, dann sage ich, dass ihr getrost nach Gottes Willen auf eurem Posten als Steuermann von Ancona bleiben könnt, - wenn es nur kein Ehrgeiz oder leere Prahlerei bei diesem Amte ist, die euch veranlasst, dort zu bleiben.

Aber wenn euer Gewissen euch das Gegenteil sagt, dann rate ich, dass ihr das Amt in Ancona aufgebt und zurückkehrt, um persönlich in eurer Kirche und in dem euch anvertrauten Bistum zu residieren, eure oder richtiger gesagt, Christi Schafe zu lenken, die euch besonders anvertraut sind, und sie durch euer Beispiel und euer Tun auf die Weide zu führen – nicht nachlässig und mangelhaft, wie ein schlechter Tagelöhner, sondern gewissenhaft und verdienstvoll, wie ein wahrer und guter Hirte.
Verzeiht mir, Herr, dass ich – die eine ungebildete Frau und eine unwürdige Sünderin bin – euch so etwas schreibe! Ich bitte ihn, unseren wahren und guten Hirten, der geruhte, für seine Schafe zu sterben, dass er euch die Gnade des Heiligen Geistes verleihe, seine Schafe würdig zu lenken und stets seinen ehrenreichen, hochheiligen Willen bis hin zum Tode zu tun.“

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30. Kapitel
Ich sah ein großes Schloss, wie der klare Himmel. Da war eine himmlische Heerschar, unzählig wie die Sonnenkörner (? solgrand), und es strahlte wie die Strahlen der Sonne. In dem Schloss saß auf einem wunderbaren Thron eine männliche Person von unbegreiflicher Schönheit, ein unendlich mächtiger Herr, dessen Kleider seltsam und von unsagbarer Klarheit waren. Neben ihm, der auf dem Thron saß, stand eine Jungfrau, die klarer als die Sonne strahlte; die ganze himmlische Heerschar, die zugegen war, ehrte sie als die Königin des Himmels.

Und er, der auf dem Thron saß, tat seinen Mund auf und sagte: „Hört, ihr alle meine Feinde, die ihr auf Erden lebt – denn mit meinen Freunden, die meinen Willen befolgen, rede ich nicht. Hört, alle ihr Kleriker, Erzbischöfe, Bischöfe und alle niedrigeren Beamten der Kirche! Hört alle ihr Männer mit keuschem Lebenswandel, zu welchem Orden ihr auch gehören mögt!
Hört, ihr Könige, Fürsten und Richter auf Erden sowie ihr alle, die dient! Hört, ihr Frauen, Königinnen, Fürstinnen und alle Frauen und Dienerinnen, ja alle, welchem Stand und Lebensstellung ihr auch angehören mögt, Große und Kleine, die die Welt bewohnen, hört diese Worte, die ich, der euch geschaffen hat, nun zu euch sage! Ich klage darüber, dass ihr von mir abgewichen seid und euch meinem Feind, dem Teufel, anvertraut habt, dass ihr meine Gebote verraten, dem Willen des Teufels gefolgt seid und seinen Eingebungen gehorcht.

Ihr denkt nicht daran, dass ich, der unwandelbare und ewige Gott, euer Schöpfer, vom Himmel zu einer Jungfrau herabgestiegen bin und von ihr Menschengestalt angenommen habe und unter euch gewandert bin. Ich habe ja durch mein eigenes Beispiel den Weg für euch gebahnt und habe euch gezeigt, wie ihr zum Himmel gehen sollt. Ich wurde entkleidet, gegeißelt, mit Dornen gekrönt und so hart am Kreuze ausgestreckt, dass fast alle Sehnen und Gelenke im Körper brachen. Ich hörte alle Schmähungen und litt den verächtlichsten Tod und das bitterste Herzweh um eurer Erlösung willen.

Auf dies alles gebt ihr, meine Feinde, nicht Acht, denn ihr seid betrogen. Ihr tragt das Joch und die Bürde des Teufels mit all ihrer trügerischen Süße, aber ihr wisst es nicht und merkt es nicht, bis eine unendliche Trauer euch befällt, die von dieser grenzenlosen Bürde herrührt. Aber dies ist euch nicht genug, sondern euer Übermut ist so groß, dass ihr, wenn ihr höher steigen könntet als ich, das gern tun würdet. Und so groß ist eure fleischliche Lust, dass ihr lieber mich entbehren wollt, als euer unordentliches Begehren aufgeben wollt. Eure Habsucht ist unermesslich, wie ein Sack mit Löchern im Boden, denn es gibt nichts, was sie sättigen kann.

Deshalb schwöre ich bei meiner Gottheit, dass – wenn ihr in dem Zustand sterbt, in dem ihr jetzt seid, so werdet ihr nie mein Antlitz zu sehen bekommen, sondern werdet für euren Hochmut so tief in die Hölle versenkt, dass alle Teufel noch über euch sein und euch untröstlich peinigen werden; für eure Geilheit werdet ihr mit schrecklichem, teuflischem Gift erfüllt werden, und für eure Gewinnsucht werdet ihr mit Schmerz und Angst erfüllt und alles Böse zu spüren bekommen, was es in der Hölle gibt.

O meine Freunde, böse, undankbar und entartet wie ihr seid, ihr meint, ich sei wie ein toter Wurm im Winter, und deshalb tut ihr, was ihr wollt, und habt dabei Erfolg. Deshalb werde ich im Sommer aufstehen, und da werdet ihr verstummen und meiner Hand nicht entkommen. Doch habe ich euch, meine Feinde, mit meinem Blut erlöst, und ich begehre nichts anderes, als eure Seelen. Kehrt daher mit Demut zu mir zurück, so werde ich euch gnädig als Kinder annehmen. Werft das schwere Joch des Teufels von euch ab, erinnert euch an meine Liebe und schaut in eurem Gewissen, dass ich lieb und milde bin.“

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31. Kapitel
Es geschah fünf Tage vor dem Tode Frau Birgittas, der Braut Christi, dass unser Herr Jesus Christus sich ihr vor dem Altar offenbarte, der in ihrer Kammer stand. Er schaute sie mit mildem Antlitz an und sagte: „Ich habe so mit dir gehandelt, wie der Bräutigam es zu tun pflegte, der sich vor seiner Braut verbirgt, so dass sie sich umso heißer nach ihm sehnt. So habe ich dich in dieser Zeit nicht mit meiner Freude besucht, denn da war es deine Probezeit.

Aber jetzt, da du erprobt bist, magst du hingehen und dich vorbereiten, denn es ist jetzt Zeit dafür, dass das erfüllt wird, was ich dir versprochen habe, nämlich dass du vor meinem Altar als Nonne gekleidet und geweiht wirst. Und du sollst fortan nicht nur als meine Braut gelten, sondern auch als Nonne und Mutter in Vadstena.
Doch sollst du wissen, dass du deinen Leib hier in Rom hinlegen wirst, bis er an den Platz kommt, der für ihn bereitet ist, denn es gefällt mir, dich vor den Mühen (der Reise) zu verschonen, und rechne deinen Willen als vollbrachte Tat.“

Und nach Rom gewandt, sagte er wie anklagend: „O mein Rom, mein Rom, der Papst verachtet dich und hört nicht auf meine Worte, sondern nimmt das Zweifelhafte für das Sichere. Er wird meine Pfeife nicht mehr zu hören bekommen, denn er berechnet die Zeit meiner Barmherzigkeit nach seinem Gutdünken.“
Dann sagte er zur Braut: „Aber sage du dem Prior, dass er all diese meine Worte von allen Offenbarungen den Brüdern und meinem Bischof überlässt, dem ich die Glut meines Geistes geben will, und den ich mit meiner Gnade füllen will. Und du sollst wissen, dass – wenn es mir gefällt – die Menschen kommen werden, die mit Lust und Freude die Worte in den Himmlischen Offenbarungen aufnehmen, die dir bisher mitgeteilt wurden, und dann wird all das, was dir gesagt wurde, in Erfüllung gehen. Und wenn auch meine Gnade vielen wegen ihrer Undankbarkeit entzogen worden ist, werden an ihrer Stelle andere kommen, die meine Gnade erhalten.

Aber als die letzte von all den Offenbarungen, die dir mitgeteilt wurden, soll die gemeinsame und allgemeine Offenbarung gelten, die ich dir in Neapel gegeben habe, denn mein Gericht wird über alle Völker in Erfüllung gehen, die sich nicht demütig mir zuwenden, wie dir ja auch gezeigt worden ist.“

Nachdem dies und vieles andere gesagt wurde, was nicht hier niedergeschrieben ist, nannte Christi Braut einige Personen in ihrer Umgebung, denen sie sagte, sie habe sich vor dem Tode vor Gott stehen sehen, und traf Anweisungen für sie.

Danach fügte der Herr hinzu: „Fünf Tage hiernach in der Frühe, nachdem du das Sakrament genommen hast, sollst du alle Personen in deiner Umgebung zusammenrufen, die ich dir genannt habe, und ihnen sagen, was sie tun sollen. Und so sollst du unter ihren Worten und in ihren Armen in dein Kloster kommen, d.h. in meine Freude, und dein Leib soll in Vadstena beigesetzt werden.“
Am fünften Tage danach zeigte sich ihr Christus in der Morgendämmerung wieder und tröstete sie. Nachdem die Messe gelesen war und sie in größter Andacht und Ehrfurcht das Sakrament genommen hatte, gab sie in den Armen der genannten Personen den Geist auf.

 

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Ich bin wie ein Zimmermann, der Bäume fällt, sie in ein Haus bringt, ein schönes Bild aus Holz anfertigt und es mit Farben und Konturen schmückt. Seine Freunde sehen das Bild, das mit noch schöneren Farben geschmückt werden könnte, und so setzten sie auch ihre Farben hinzu. Auf diese Weise habe ich, Gott, aus dem Walde meiner Gottheit meine Worte ausgehauen, und ich habe sie in deinen Mund gelegt. Meine Freunde haben sie nach der Gnade, die ihnen verliehen ist, zu Büchern zusammengestellt, haben sie gefärbt und geschmückt. Nun sollst du, damit sie mehrere Leute erreichen, die Offenbarungsbücher mit meinen Worten meinem Bischof Alfons, dem Eremiten, übergeben, und dieser soll sie zusammenstellen, erklären und darauf achten, dass der katholische Sinn meines Geistes beachtet wird. Und sage ihm, dass er das Amt eines Evangelisten ausführen und erfüllen soll.

 

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