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Die sieben Nägel zum Sarg der Seele

Die sieben Hauptsünden

   
   





  
Die Hofart       Der Geiz       Der Neid       Die Unkeuschheit                  

Der Zorn       Die Unmässigkeit       Die Trägheit

Der Egoismus, die ungeregelte Selbstliebe, ist die Hauptursache aller Sünden und allen auf dem Vernunftwege nicht zu erklärenden Elends. Die Eigenliebe hat noch weitere Folgen, die so zahlreich sind, dass kein Psychologe je eine vollständige Liste davon aufgestellt hat. Die Eigenliebe, jener Lebensfehler, der ein Gefolge von sieben Hauptsünden ausbrütet, steckt hinter allen ungeregelten Verhaltensweisen.

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Die Hauptsünden aber, die sieben Sargträger des Charakters, sind die Hoffart, der Geiz, der Neid, die Unkeuschheit, der Zorn, die Unmässigkeit und die Trägheit. Auf diese sieben Hauptformen des Egoismus bezieht sich die Selbsterkenntnis.

Hieronymus Bosch
„Die Sieben Todsünden“ und
„Die vier letzten Dinge“
Museo del Prado, Madrid

  

Die Kenntnis der 7 Hauptlaster ist für jede Heilung unumgänglich.

Die Hoffart

Die Hoffart ist eine übermässige Selbstbewunderung. In ihrem letzten Stadium wird man sein eigenes Gesetz, sein eigener Richter, seine eigene Moral und sein eigener Gott. Der böse Geist versprach Eva am Anfang: Ihr werdet wie Götter sein.» Der Mensch macht sich zum Gott, wenn er den eigenen Willen gegen GOTTES Willen stellt. Aus dieser Auflehnung folgt, dass man die Rechte der anderen missachtet, den eigenen Vorteil übermässig liebt,
immer im Vordergrund stehen will und Ansichten, die von den eigenen abweichen, nicht duldet. In der heutigen Zeit hat man hübsche Decknamen für die Hoffart. Sie heißt jetzt Erfolg und Beliebtheit. Scharlatane auf dem Gebiet der Psychologie ermutigen uns zum Selbstvertrauen statt zum Gottvertrauen. Man propagiert ein falsches Selbstvertrauen. obwohl die einzige Formel für den Menschen, um wahre Zufriedenheit zu erreichen, darin besteht, dass er zu GOTT sagt: Du allein bist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Wenn der moderne Mann keinen höheren Wunsch hat, als den besten Likör zu servieren, wenn die moderne Frau nichts Besseres will, als sich am elegantesten zu kleiden, wenn die Studentin nur so unordentlich wie möglich umherlaufen möchte, so sind das alles Symptome einer Eitelkeit des Ich, das um keinen Preis unbeachtet bleiben will. Kritik, Klatsch, Verleumdung, scharfe Worte und Zerstörung des guten Leumunds der Mitmenschen sind alles Handlungen eines Egoisten, der darauf aus ist, sich selbst auf dem zerstörten guten Ruf anderer zu erheben. Indem man den anderen herunterreisst, sucht man sich selbst zu erhöhen. Je wichtiger sich der Egoist vorkommt, um so ärgerlicher wird er, wenn man ihn nicht anhimmelt. Er nennt diejenigen, die ihm schmeicheln, weise und tut diejenigen, die ihn kritisieren, als Dummköpfe ab.

Heutzutage hat sich die Kulturwelt verschworen, sich durch diplomatischen Selbstbetrug Freunde zu gewinnen und die Menschen zu beeinflussen. Jeder Hinweis auf sittliche Erneuerung wird als Einmischung abgelehnt. Wenn man von der Wahrheit spricht, so wird man als intolerant denunziert. Spricht man von einem Gesetz, das über unseren Launen steht, so wird man als reaktionär ausgezischt. Entschuldigungen gibt es in Hülle und Fülle. Jedermann hat unrecht, nur nicht der Egoist. Trotzdem besteht die paradoxe Wahrheit, dass der Egoist sich im Grunde selbst hasst. Seine Ausschreitungen im Trinken und im Sexuellen, seine heftigen Angriffe gegen alle, die sich seinem Eigenwillen in den Weg stellen, sein Bewusstsein des immer grösser werdenden Abstandes zwischen Traum und Wirklichkeit, alles das bewirkt im Bewusstsein Zweifel und Zynismus. im Unterbewussten jedoch Sorgen und Ängste. Die falsche Eigenliebe gebiert einen furchtbaren Selbsthass, den Drang, das Ich zu zerstören, es dafür zu strafen, dass es nicht vollkommen ist und dem Grössenwahn des Ego, das sich unfehlbar und gottgleich vorkommt, nicht nachkommt. Der Mensch kann sich auf zweierlei Weise hassen. Entweder hasst er die Eitelkeit, die Einbildung und die Selbstverherrlichung, die seiner Seele schaden, und das ist der Weg der Läuterung, oder er hasst alles an sich, was ihn daran hindert, sich als Gott vorzukommen, und das ist der Weg der Selbstzerstörung. ein deutlicher Vorgeschmack der Hölle auf Erden. 

Wenn dem Egoismus nicht Einhalt geboten wird, so wird er zur Quelle der ungeregelten Begierde nach Lob und Ruhm, die der Egoist auf Grund seiner Kleidung, seiner Schmucksachen, seiner guten Familie, seiner Berühmtheit und seines Bankkontos sucht. Der Egoist ruft den Beifall hervor, indem er sich brüstet, prahlt, sich aufspielt und ein gekünsteltes Wesen zur Schau trägt. Diese ganze verfälschte Existenz rechtfertigt er mit dem Prahlwort: «Man kann nur auf diese Weise auf der Welt vorankommen.»

Die Hoffart trägt sieben böse Früchte: die Prahlerei oder das Selbstlob, die Ruhmsucht (wenn man sich etwas darauf einbildet, was die anderen von einem reden), die Heuchelei (wenn man vorgibt, etwas anderes zu sein, als man ist), den Starrsinn (der nicht zugibt, dass ein anderer eine bessere Ansicht haben konnte), die Uneinigkeit (bei der man auf dem eigenen Willen bestehen bleibt), den Streit (der entsteht, wenn sich andere den Wünschen des Ich widersetzen) und den Ungehorsam, wenn man sich dem rechtmässigen Vorgesetzten nicht unterwerfen will. Oft ist es eingebildeten Menschen wichtiger, den eigenen Willen durchzusetzen als das, was man ihnen versagt, wirklich zu bekommen Sie schätzen den Sieg mehr als die Beute. Darum wollen sie auch keine Gabe annehmen, wenn sie sie nicht sofort beim ersten Aussprechen des Wunsches danach erhielten. Sie möchten lieber den Freund strafen, der ihnen nicht sofort nachgab, als den Gegenstand bekommen, welchen er ihnen verweigerte. In der Diskussion fragen sie nicht nach der Wahrheit, sie wollen nur die eigene Bedeutung ins rechte Licht setzen und die eigenen Ansichten kundtun.

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Der Geiz  

Der Geiz ist eine Verkehrung des jedem Menschen naturgegebenen Rechtes auf Ausdehnung seiner Persönlichkeit, dadurch dass er Gegenstände besitzt, die Leib und Seele vonnöten sind. Das Unrecht kann darin liegen, dass man den Reichtum eher als Zweck denn als Mittel betrachtet, oder in der Art und Weise, in der man nach dem Reichtum strebt, ohne die Rechte der anderen zu berücksichtigen, oder im Gebrauch des Geldes selbst, wenn man z. B. sein Kapital grenzenlos vermehrt,
ohne mit dem Überschuss der Not der anderen abzuhelfen. Der Geiz führt leicht zu anderen üblen Praktiken, die dazu dienen, den Reichtum zu erhalten, wie z. B. zum Betrug, zum Meineid, zur Unehrlichkeit, zur Untreue und Härte anderen gegenüber.

Der Geiz nennt sich niemals selber so, er führt so schmeichelhafte Namen wie Sparsamkeit, Sicherheit, Grossindustrie und Betriebsamkeit (da jede Sunde eine ähnliche Verkleidung besitzt, muss man sie hinter dem modernen Namen suchen, man findet das wahre Ich, das Selbst, sobald das oberflächliche Ich die Sunde in der modernen Verkleidung entdeckt hat). Es gibt zwei Arten von Reichtum, den künstlichen und den wirklichen. Der wahre Reichtum ist beschränkt. Es gibt nur eine bestimmte Menge von Kartoffeln, die der Mensch unbeschadet verzehren kann. Auch Anzüge kann er nur in beschränktem Masse tragen. Aber der künstliche Reichtum in der Gestalt von Aktien und Anleihen und Kredit ist mithin unendlich. Daher kann die Liebe zum abstrakten Reichtum so verzehrend werden, dass sie die Entwicklung des wahren Ich vollständig stört.

Der Geiz ist ein Zeichen, dass man Gott nicht vertraut, sondern es für nötig hält, selber Vorsehung zu spielen. «Seht da den Mann, der GOTT nicht braucht zu seinem Schutz. Der sich verliess auf seines Reichtums Fülle, und sich in seiner Nichtigkeit noch mächtig dünkte. (Ps 51, 9) Wenn man sich nicht bessert, führt der Geiz zu verschiedenen anderen schlimmen Charakterfehlern. Er macht die Menschen unempfindlich gegen die Bedürfnisse und Leiden der anderen. Er verursacht in der Seele Sorgen und Unrast, ist sie doch stets darauf bedacht, mehr zu erlangen. Er führt zur Gewalttätigkeit gegen andere, wenn es sich darum handelt, den Reichtum zu schützen; zur Lüge, damit der Besitzer sich bereichern kann; zum Meineid, um seinen Schatz zu sichern; zum Verrat, wie im Falle von Judas.

Die übermässige Liebe zu Luxus und Komfort ist ein weiteres Zeichen von seelischer Entblössung. Je weniger Charakter einer hat, umsomehr sucht er ihn durch Äußerlichkeiten zu ersetzen: Pelzwerk, Diamanten, Schmucksachen und Jachten — mit allen diesen Dingen versucht man das armselige Ich zu bereichern. Man verwechselt Haben mit Sein; der Egoist stellt sich vor, er selbst sei mehr wert, weil er etwas Wertvolles besitzt. Das ist die einzige Sünde, die wir bei anderen am ehesten verachten und auf die wir am meisten stolz sind, wenn wir sie selbst begehen. Es ist eine psychologische Erfahrungstatsache, dass der geizige Mensch sehr schwer zu vergeistigen ist. Er leidet an der Illusion. ihm fehle nichts, da er nur körperliche Bedürfnisse anerkennen will. «Da blickte Jesus um sich und sagte zu seinen Jüngern: ,Wie schwer werden Menschen, die viel Vermögen haben, ins Reich GOTTES eingehen‘. (Mk 10,23)

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Der Neid  

Der Neid hat an den Gütern des Nächsten keine Freude, als ob jene Güter die eigene Überlegenheit beleidigten. Wie die Reichen zum Geize neigen, so sind die Armen manchmal neidisch. Der neidische Mensch sieht es ungern, wenn andere glücklich sind, als ob die anderen ihm den Charme, die Schönheit, das Wissen, den Frieden und den Reichtum gestohlen hätten. Aus Neid macht die reizlose Frau hässliche Bemerkungen über ihre schönere Schwester.
Aus Neid verleumden die Dummen den Weisen. Da der neidische Mensch sich nicht erhöhen kann, versucht er die Gleichheit damit zu erreichen, dass er die anderen herabzieht. Der neidische Mensch schilt jeden, der höflich ist, unterwürfig; jeden frommen Menschen einen Heuchler. Der Neid beginnt damit, dass er die Frage stellt: 

«Warum sollte ich nicht das haben, was die anderen haben?

» und endet mit der Behauptung: »Diese Tugenden fehlen mir nur, weil die anderen sie besitzen.« Dann wird der Neid zur Feindschaft. Ihm fehlt jeglicher Respekt, jegliches Ehrgefühl, und vor allem kann er nie danke“ sagen.

Der Neid ist dem Hass verwandt, der auch keinen Nebenbuhler oder erfolgreichen Rivalen vertragen kann. Er ist auch der Eifersucht verwandt. Die Eifersucht besteht aus übermässiger Eigenliebe, unter die sich die Furcht mischt, man könne durch andere seiner Selbstzufriedenheit beraubt werden. Wir beneiden die Güter der anderen und wachen eifersüchtig über die eigenen. Einige Egoisten, die an diesen beiden Sünden leiden, kritisieren unbarmherzig alles Gute, was von anderen geleistet wird. Sie müssen zugeben, dass es gut ist, aber sie ärgern sich, dass sie es nicht selbst vollbracht haben und ihnen dadurch die Ehrerbietung entging. Darum versuchen sie es zu entwerten, indem sie es herunterreissen. Psychologisch gesprochen ist die Eifersucht etwas sehr Gefährliches. Sie hat schon zum Selbstmord geführt, als der Eifersüchtige merkte, dass der Versuch aussichtslos war, seinen Nebenbuhler zu übertreffen. Der Neid fängt damit an, dass man den guten Ruf eines anderen entweder heimlich durch Zuträgereien und Klatsch oder öffentlich durch Verleumdung zu zerstören sucht. Wenn man damit Erfolg hat, so ist das Ziel des Neides in der Schadenfreude und dem Schmerz über den Erfolg des anderen erreicht. Die Sache ist sehr ernst, wenn der Neid die Fortschritte des anderen auf geistlichem Gebiet oder seinen Erfolg im Apostolat angreift. Oft geschieht dies wegen der allgemeinen Unzufriedenheit und Traurigkeit in den meisten Menschen. Das Elend sucht die Gesellschaft. Die Probleme im Herzen neidischer Menschen scheinen an Bedeutung zu verlieren, wenn sie von den Schwächen bekannter Persönlichkeiten hören. Die Leser, welche an Zeitungsskandalen und Klatsch Vergnügen haben, versuchen unbewusst, die anderen auf das eigene Niveau herabzuziehen. Der wirklich liebevolle Mensch hört nur ungern vom Bösen, und wenn er ein Heiliger ist, so behält er es für sich und tut Buße dafür. Zu den besten Gegenmitteln gegen Eifersucht und Neid im eigenen Herzen gehört, dass wir sofort für die Meinung des Menschen, an dem wir Anstoss nehmen, ein Gebet verrichten. Indem wir unsere Feinde GOTT anempfehlen und ihnen geistlich wohlwollen, wird der Anreiz zum Neid erstickt. Ein weiteres Mittel besteht darin, dass wir jene nachzuahmen suchen, die wir beneiden. Die Kirche stellt uns das gute Beispiel der Heiligen vor Augen, nicht um uns durch unsere Fehler zu entmutigen, sondern um uns zu grösserer Anstrengung zu ermutigen. ,,Und achten wollen wir aufeinander, um uns gegenseitig zur Liebe und zu guten Werken anzueifern.  (Hebr 10,24)

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Die Unkeuschheit

Die Unkeuschheit ist die ungeregelte Lust an den Freuden des Fleisches. Sie ist die Prostitution der Liebe, die Ausdehnung der Eigenliebe soweit, bis das Ich auf eine andere Person projiziert wird, welche dann irrtümlicherweise als Du geliebt wird. Die echte Liebe richtet sich auf eine Person, die als einzigartig und unersetzlich erkannt wird.
Aber die Unkeuschheit schliesst jedes persönliche Element zugunsten sinnlicher Erlebnisse aus. Das Ego hängt der Unkeuschheit ein modernes Mäntelchen um und gibt vor, solch eine Sünde sei nötig, um gesund zu bleiben, ein volles Leben zu leben oder sich selbst zu verwirklichen. Der krampfhafte Versuch, dieses Laster wissenschaftlich zu rechtfertigen, ist an sich schon ein Zeichen, wie ungern der Mensch diese Verletzung des Sittengesetzes als Sünde anerkennt. Heutzutage langweilen sich Männer wie Frauen und sind unzufrieden. So geben sie sich der Unkeuschheit hin, um das Elend im Herzen zu kompensieren, und sinken stets tiefer in die Verzweiflung hinab. Wie der hl. Augustinus sagt: «GOTT zwingt den Menschen nicht dazu, rein zu sein. ER lässt nur jene allein, die es verdienen, dass man sie vergisst.»

Bei der Unkeuschheit verlegt man den Mittelpunkt der Persönlichkeit vom Geiste auf das Fleisch. In manchen Fällen rühren die Ausschweifungen von einem unruhigen Gewissen und dem Wunsch, von sich loszukommen und andere aufzusuchen. Manchmal hat man auch den entgegengesetzten Wunsch, das Ich zum Alleinherrscher zu machen, indem man sich andere unterwirft. Im vorgerückten Stadium sieht der Wüstling, dass weder die Befreiung vom Ich noch der Götzendienst lange möglich ist. Die Seele wird auf sich selbst, auf die eigene innere Hölle zurückgeworfen. Keine einzige Leidenschaft unterjocht einen Menschen so rasch wie die Unkeuschheit, und es gibt keine, deren Perversionen schneller die Kräfte des Geistes und Willens zerstören. Die Exzesse haben eine vierfache Wirkung auf die Vernunft: sie schwächen den Verstand, so dass man geistig blind wird und die Wahrheit nicht sieht; sie beeinträchtigen die Vorsicht und das Wertgefühl, so dass es zu unüberlegten Handlungen kommt; sie stärken die Eigenliebe und bringen damit Gedankenlosigkeit hervor; sie schwächen die Kraft des Willens, bis die Kraft zur Entscheidung verloren geht und man der Charakterlosigkeit verfällt.

Die Wirkung auf den Willen ist ebenso verheerend wie die auf den Verstand. Wer sich regelmässig Ausschweifungen hingibt, neigt dazu, GOTT und die Religion zu hassen. Man kommt zum Gotteshass, weil Gott der Befriedigung der Wünsche im Wege zu stehen scheint. Die Wüstlinge leugnen die Existenz GOTTES, weil seine Allwissenheit bedeutet, dass ihr Verhalten von dem Einen gesehen wird, der es tadeln muss.

Die Unkeuschheit bringt es ferner mit sich, dass man die Unsterblichkeit leugnet. Je mehr der Egoist im Fleische lebt, um so unangenehmer wird ihm der Gedanke an das Gericht, um sich zu beruhigen, verschreibt er sich dem Glauben, dass es kein Gericht gibt. Die Unsterblichkeit anzuerkennen würde ihn dazu zwingen, die ganze Lebensweise zu ändern, was das wollüstige Ich, nicht auf sich nehmen will. Allein die Erwähnung des künftigen Lebens kann solche Menschen zum wütenden Zynismus bringen. Durch die Mahnung an die Möglichkeit des Gerichts wird ihre Seelennot noch erhöht. Jeder Versuch, einen solchen Menschen zu retten, wird als Angriff auf sein Glück angesehen.

Der Glaube an GOTT und an die Unsterblichkeit der Seele  würde in dem unkeuschen Ich den Wunsch erwecken, ein Selbst zu werden. Aber wenn es das Laster nicht aufgeben will, darf es nicht bei solchen Gedanken verweilen. Verfechter der christlichen Religion müssen Egoisten darauf hinweisen, dass der Wechsel der Weltanschauung einer Umkehr der Lebensweise vorangehen muss. Sobald der Wollüstling das Böse aufgibt, wird er nach der Wahrheit streben, da er sie ja nicht mehr zu fürchten hat.

Die Unkeuschheit hat mit der legitimen Erfüllung des Geschlechtslebens in der echten Ehe nichts zu tun. Die wahre eheliche Liebe führt zur Bildung des Wir, zur Auslöschung der Egozentrizität. In der ehelichen Liebe sucht das Selbst die vollkommene Entwicklung des Du, der Persönlichkeit, welche dem Selbst gegenübersteht. Es gibt keinen heiligeren Augenblick als den, da sich das Ego einer anderen Persönlichkeit ergibt, so dass der Trieb zu besitzen verzehrt wird von der Freude, den anderen lieben zu dürfen. Solche Liebenden sind niemals allein, denn zur Liebe gehören nicht zwei, sondern drei, und der Dritte im Bunde ist Gott. Ein Ego liebt ein anderes Ego, weil es etwas zu geben hat. Aber ein Selbst liebt ein anderes Selbst, weil es etwas ist. In der Liebe kommen zwei zusammen, die selbst arm sind. Daraus wird ein grosser Reichtum. Ehescheidungen, Untreue, gewollte Kinderlosigkeit, ungültige Ehen sind alles Travestien, Ketzereien gegen die Liebe, und was der Liebe feind ist, das ist auch dem Leben und dem Glücke feind.

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Der Zorn

Der Zorn ist das heftige Verlangen, andere zu strafen. Hier handelt es sich nicht um den gerechten Zorn wie den des Herrn, als er die Käufer und Verkäufer aus dem Tempel trieb, sondern um den unrechten Zorn, der als schlechte Laune, Rachsucht, Wutausbrüche, Rache und Ballen der Faust auftritt. Vor den Augen des Egoisten verkleidet sich der Zorn als der Wunsch, es dem anderen heimzuzahlen.
Der Zorn findet sich häufig bei Menschen, die ein schlechtes Gewissen haben. Wenn man sie des Diebstahls anklagt, werden Diebe viel zorniger als ehrliche Leute. Untreue Ehegatten bekommen Wutanfälle, wenn sie ertappt werden. Eifersüchtige und boshafte Frauen lassen es die Hausangestellten entgelten. Solche Egoisten stossen alle, die ihnen nicht gefallen ab und verleumden in hässlichster Weise die Tugendhaften, deren Wesen ihnen ein ständiger Vorwurf ist.

Es gibt verschiedene Grade des Zornes. Der erste ist die Empfindlichkeit, die übermässige Empfindsamkeit und Ungeduld beim geringsten Zeichen der Nichtachtung. Das ungeduldige Ego nörgelt und zankt, weil der Frühstückskaffee kalt ist oder die Morgenzeitung zu spät kommt. Das zweite Stadium ist der Wutausbruch, wobei man heftig gestikuliert, das Blut in Wallung kommt, die Gesichtsfarbe sich verändert und sogar mit Gegenständen geworfen wird. Das sind alles Anzeichen, dass das Ich es nicht duldet, wenn man sich der Erfüllung seiner selbstsüchtigen Wünsche widersetzt. Man kommt zum dritten Stadium, wenn man dem Nächsten direkt Gewalt antut, wenn der Hass es dem anderen Menschen heimzahlen will, indem er ihm einen Schaden zufügt oder ihm den Tod wünscht. Manch einer hat keine Ahnung, wie viel diabolischer Zorn in ihm sitzt, bis sein Ego gereizt wird. Der Zorn hemmt die Entwicklung der Persönlichkeit und setzt allem geistlichen Fortschritt ein Ende, und das nicht nur, weil er das seelische Gleichgewicht und das sichere Urteil stört, sondern weil er die Rechte der anderen nicht erkennen lässt und jenen Geist der Sammlung beeinträchtigt, der zum Eingehen auf die Einsprechungen der Gnade so notwendig ist.

Der Zorn ist stets in Beziehung zu etwas Unbefriedigtem im Ich. Er ist so besonders schwer zu heilen, weil er in der Eigenliebe wurzelt, obwohl kein Egoist zugeben wird, dass das der wirkliche Grund ist. Lieber lässt er sich am Körper wehtun als sein Ego durch ein so sanftmütiges Eingeständnis verdemütigen.

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Die Unmässigkeit

Die Unmässigkeit ist der Missbrauch des an sich berechtigten Vergnügens, das GOTT an die notwendigen Mittel zur Selbsterhaltung, Essen und Trinken, geknüpft hat. Sie ist die ungeregelte Lust am Essen und Trinken, indem der Mensch entweder mehr als notwendig oder zu unrechter Zeit oder zu üppig speist. Die Unmässigkeit verkleidet sich als gut leben, als eine feine Küche führen... Ein vollgestopftes Geschlecht, bei dem das Doppelkinn die Regel ist,
hält die Unmässigkeit für etwas Selbstverständliches und sieht sie nur selten als Sünde an.

Das Schlimme an der übermässigen Vorliebe für Essen und Trinken ist, dass dadurch die Seele zum Sklaven des Leibes wird, wodurch das sittliche und geistige Leben des Menschen beeinträchtigt wird. Führende Mediziner bezeugen, dass die Trunksucht zur Schwächung des Geistes und der Persönlichkeit führt. Das Gedächtnis, das Urteil, die Fähigkeit zur Konzentration werden alle in Mitleidenschaft gezogen. Die Selbstachtung und das soziale Gefühl verschwinden. Zu den Folgen auf sittlichem Gebiet gehören die Verzweiflung, die Schwächung des Willens und das immer Materialistischerwerden des Lebens.

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Die Trägheit

Die Trägheit ist eine Krankheit des Willens, welche zur Vernachlässigung der Pflichten führt. Im körperlichen und geistigen Leben nimmt sie folgende Gestalten an: Faulheit, Verweichlichung, Untätigkeit, Aufschub dringender Pflichten, Kühle und Gleichgültigkeit. Als seelische Erkrankung tritt sie als Unlust zu geistlichen Dingen, Lauheit beim Gebet und Verachtung der Selbstzucht auf. Durch die Trägheit sündigen jene, die nur illustrierte Zeitschriften und nie ein Buch ansehen; die nur Romane und keine weltanschaulichen Werke lesen.

Der Künstler stellte die Trägheit durch das Meer dar.

Die Trägheit sucht sich als Toleranz und Grosszügigkeit zu verkleiden. Ihr fehlt die geistige Kraft, um die Wahrheit zu entdecken und ihr zu folgen. Die Trägheit liebt nichts und hasst nichts, sie fürchtet nichts und erhofft nichts und bleibt nur deshalb am Leben, weil sie nichts sieht, wofür es sich zu sterben lohnte. Sie verbraucht sich nicht. Sie verrostet. Sobald die Sirene ertönt, würde sie keinem Arbeitgeber einen Strich weiter leisten. Je mehr sie unter uns zunimmt, um so mehr Lasten fallen dadurch dem Staate zu. Die Trägheit ist egozentrisch. Im Grunde ist sie der Versuch, der sozialen und geistlichen Verantwortung zu entfliehen, indem man damit rechnet, dass sich schon jemand anders um einen kümmern wird. Der Träge ist ein Schmarotzer. Er verlangt, dass die anderen ihn ernähren und für ihn sorgen. Er fordert eine Ausnahmestellung, da er Brot essen will, das er sich nicht selbst verdient hat

Es gibt verschiedene Grade der Trägheit: die Lässigkeit, Arbeit, die ohne Sorgfalt ausgeführt wird, die blosse Verrichtung ohne Freude am Werk, einzig um des Lohnes willen; das Aufschieben, das ewige «Morgen, morgen, nur nicht heute»; die Gleichgültigkeit, die Abneigung gegen jegliche Form der Anstrengung. Die Trägheit kann sich nicht nur auf körperliche oder geistige Arbeit, sondern auf den geistlichen Fortschritt beziehen. Durch sie vernachlässigt der Mensch die frommen Übungen, verkürzt die Gebete oder lässt sie ausfallen. Schlimmstenfalls kann sie sogar zum Hass aller geistlichen Dinge werden. Die Trägheit wird zur Bosheit, wenn sie jene hassen lehrt, die den geistlichen Fortschritt verkünden. Sie wird zur Zerstreutheit, wenn sie Herz und Sinn von geistlichen zu weltlichen Dingen lenkt. Sie wird zur Schwäche, wenn sie ethische und geistliche Schwierigkeiten zu vermeiden sucht.

Die Selbstprüfung bezieht sich stets auf die eine oder andere dieser grundlegenden Formen der Selbstsucht. Sie fällt einem schwer; denn das Ich lässt sich nicht gern prüfen. Wir betrügen uns gern, indem wir uns schmeicheln. David bat den Herrn, er möge sein Herz erforschen, da er wohl wusste, dass er schwerwiegende Sünden übersehen würde, wenn er es selbst täte. Aber die Selbsterkenntnis bringt ihren Lohn mit sich; denn Selbstenthüllung und göttliche Offenbarung gehen zusammen. Je mehr ein Mensch sich selbst entdeckt, umsomehr fühlt er, dass er GOTT braucht, und um so mehr zeigt sich GOTT einer solchen Seele. Er wird einfach und leicht zu verstehen. Je weniger ein Mensch sich selbst kennt, um so komplizierter ist er. Ein Bewusstsein, das niemals von der Selbsterkenntnis durchleuchtet worden ist, enthält tausenderlei unzusammenhängende Motive und Sorgen. Diese Kompliziertheit hat ihren Grund darin, dass die innere Durchleuchtung fehlt und die Dinge nicht auf ein einziges Ziel bezogen sind.

Sobald man die Hauptfehler herausbekommen und die Verkleidungen des oberflächlichen Ich abgestreift hat, wächst der Charakter mit ungeahnter Schnelligkeit. Die Selbsterkenntnis bedeutet die Verlegung der Kritik von den anderen auf uns selbst. Wenn wir die Fehler der anderen betrachten, erhebt sich das Ich. Wenn wir das Ich herunterdrücken und unseren Hauptfehler anerkennen, wird der Nächste, der vorher so hassenswert erschien, auf einmal liebenswürdig. Wenn wir unsern Stolz und die Eitelkeit verlieren, gewinnen wir gleichzeitig eine Welt von Freunden. Z/Ewig

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