Prof. Dr.
Georg May – Die sogenannte Handkommunion
Ein Beitrag
zur Praxis der kirchlichen Rechtsetzung in der Gegenwart
„LUMEN GENTIUM“-Stiftung, Vaduz / Liechtenstein
Inhalt
I. Die Entwicklung der Handkommunion bis zum 28. Mai
1969
1. Die faktische Ausbreitung der Handkommunion
2. Die Meldungen der „Katholischen Nachrichten-Agentur”
a) Die Meldung vom 28. Januar 1969
b) Die Meldung vom Mai 1969
II. Die Instruktion „Memoriale Domini“
1. Erlass
2. Beschreibung der faktischen Einführung der
Handkommunion
3. Begründung der hergebrachten Praxis des Empfanges der
heiligen Kommunion
4. Die Befragung der Bischöfe des lateinischen Ritus
5. Die Entscheidung des Papstes
6. Die Zulassung der Handkommunion für bestimmte Orte
7. Die Widersprüche der Instruktion.
III. Das Indult der Kongregation für den Gottesdienst
1. Funktion
2. Überschreitung des Rahmens der Instruktion
3. Dispositiver Teil
IV. Die Verlautbarung der Deutschen Bischofskonferenz
und die Verordnungen der deutschen Bischöfe
1. Erteilung des Indults
2. Benutzung des Indults
3. Verschiedene Haltung der Bischöfe
4. Der Weg zur Gestattung der Handkommunion
5. Ausweitung der Instruktion
6. Gleichberechtigung beider Arten des
Kommunionempfanges
7. Praktische Handhabung
8. Verpflichtung des Kommunionspenders
9. Auswirkungen
10. Zusammenfassung
1. Die faktische Ausbreitung der Handkommunion
Das Opfer der heiligen Messe mündet in das Opfermahl.
Der Priester, der das heilige Opfer darbringt, empfängt
den Leib und das Blut des Herrn. Danach reicht er den
Gläubigen die Opferfrucht.
Im Altertum der Kirche wurde den Gläubigen die heilige
Kommunion in die Hand gegeben. Mit wachsendem
Verständnis des vollen Inhalts der Eucharistie wurde
diese Weise der Kommunionspendung als unzureichender
Ausdruck des Glaubens und der Ehrfurcht, die diesem
Sakrament geschuldet sind, empfunden. Man ging immer
mehr dazu über, den Leib des Herrn unmittelbar in den
Mund des Empfängers zu legen. Diese zunächst von
Partikulargesetzgebern vorgeschriebene Art des
eucharistischen Mahles erhob sich bald in den Rang
gesamtkirchlichen Gewohnheitsrechtes.
Über tausend Jahre lang ist diese Weise der Spendung
bzw. des Empfanges der heiligen Kommunion die allein
übliche gewesen. Seit wenigen Jahren wurde jedoch der
aufgegebene Brauch von kleinen, aber einflussreichen
Gruppen, die sich der nachhaltigen Unterstützung der
Massenmedien erfreuten, wieder eingeführt, und zwar
zuerst in Holland. Dieser Ort der Entstehung der
Handkommunion in der Gegenwart ist nicht zufällig. Bei
vielen holländischen Theologen ist der katholische
Glaube an den vollen Inhalt des eucharistischen
Opfersakramentes zusammengebrochen. Ihre
Eucharistievorstellungen liegen in der Nähe jener des
Schweizer Reformators
Huldreich Zwingli.
Die falsche Auffassung des eucharistischen
Opfersakramentes hat sogar Eingang in den Holländischen
Katechismus gefunden. Von dem irrigen
Eucharistieverständnis her gesehen ist die Änderung der
Kommunionriten folgerichtig. Wenn der Glaube an
Transsubstantiation und reale Gegenwart des verklärten
Leibes Jesu durch eine symbolische Auffassung ersetzt
wird, sind die für diesen Glauben ausgebildeten Formen
des Umgangs mit der Eucharistie überflüssig, ja
unangebracht. Es muss also festgehalten werden: Das
Aufkommen der Handkommunion in der Gegenwart hängt
ursprünglich und unmittelbar mit dem Abgehen von dem
katholischen Eucharistieverständnis zusammen.
Von Holland ausgehend breitete sich die Praxis der
Handkommunion über die benachbarten Länder Deutschland,
Belgien und Frankreich aus, in Deutschland zuerst in den
Diözesen, die an Holland angrenzen. Presse und Fernsehen
wirkten dabei eifrig mit, indem sie über den in Holland
aufgebrachten veränderten Modus der Kommunionspendung in
rühmender Weise berichteten bzw. ihn den Zuschauern
vorführten und dafür warben. Progressistische und
modernistische Geistliche stimmten dem holländischen
Beispiel zu und begannen es nachzuahmen. Sie leiteten
zuerst Jugendliche, vor allem Studenten und Kinder zu
dieser Form des Kommunionempfanges an. So mancher
Priester deutscher Großund Mittelstädte erlebte es, wie
ihm plötzlich von einem an der Kommunionbank stehenden
Jugendlichen die Hand entgegengestreckt wurde.
Allmählich, nach entsprechender Aufmunterung, schlossen
sich auch einzelne Erwachsene der Praxis an.
Die von einigen Kommunionempfängern in Missachtung des
geltenden Rechts geforderte Austeilung der heiligen
Kommunion in die Hand führte bei Kommunionspendern, die
sich der versuchten Anstiftung zur Übertretung des
kirchlichen Gesetzes widersetzten, zu offenen
Auseinandersetzungen während des Gottesdienstes. Anfang
März 1969 suchten sich beispielsweise in der
Josefskirche zu Dortmund sieben Jugendliche die
Handkommunion zu ertrotzen. Trotz Verwahrung des
Pfarrers gegen den Missbrauch der Eucharistiefeier zu
Demonstrationszwecken beharrten die Jugendlichen bei
ihrem Begehren. Schließlich wurden sie von Gläubigen
abgedrängt.
Trotz solcher und ähnlicher Vorfälle und trotz der
Propaganda der Massenmedien haftete jedoch denen, die
die Handkommunion begehrten, bis zu ihrer amtlichen
Freigabe ein sektiererischer Zug an. Sie blieben in
einer hoffnungslosen Minderheit. Zu keinem Zeitpunkt vor
Juni 1969 wurde m. W. irgendwo in Deutschland die
Handkommunion von der Mehrzahl der Kommunikanten einer
Pfarrei praktiziert. An den meisten Orten blieb sie
völlig unbekannt. An manchen Stellen forderte nur hie
und da einer der Gläubigen die Austeilung der Hostie auf
die Hand.
Die zahlenmäßige Schwäche der Anhänger der Handkommunion
ist der Grund, weshalb ihre Befürworter nicht zu dem
beliebten Mittel einer Meinungsumfrage griffen, um ihrem
Begehren Rückhalt zu verschaffen. Es ist ja in den
letzten Jahren auch in der Kirche üblich geworden, die
Gläubigen oder den Klerus über bestimmte Gegenstände zu
befragen.
Besonders bekannt geworden sind die Umfragen zum Zölibat
der Diözesanpriester. Die Art des Kommunionempfanges ist
von einschneidender Bedeutung im Leben der Kirche und
betrifft grundsätzlich jeden Gläubigen. Es hätte also
nahegelegen, hier eine Erforschung der Meinung zu
betreiben. Aber sie unterblieb, weil das zu erwartende
Ergebnis sicher nicht mit der Absicht der Wortführer der
Handkommunion übereingestimmt hätte. Die Handkommunion
ist nirgends spontan vom gläubigen Volk begehrt worden.
Vielmehr haben ein paar progressistische und
modernistische Theologen eine Meinungsmache betrieben
und einige Katholiken damit angesteckt.
Nicht alle, die die zuerst in Holland aufgebrachte
Praxis, die heilige Kommunion in die Hand zu legen,
übernahmen, stimmten damit auch den falschen
Auffassungen über die Eucharistie zu. Die Motive zu
dieser Nachahmung waren verschiedener Art. Die einen
sahen darin eine begrüßenswerte Rückkehr zur
urkirchlichen Praxis, die anderen fanden es „modern”, in
dieser Weise die heilige Kommunion zu empfangen, wieder
andere ersannen allerlei theologische oder
pseudotheologische Gründe dafür. Die Gegner der
Handkommunion hatten es angesichts der Dürftigkeit
dieser Argumentation nicht schwer, sie zu widerlegen.
Allein die Anführung des Gesetzes der Entwicklung, vor
allem der Dogmenentwicklung, war schon ein hinreichender
Grund, um die Rückkehr zu einem überholten Stadium als
unangebracht zu erweisen. Das vertiefte Verständnis der
Eucharistie forderte sorgfältigere Formen des Umgangs
mit ihr. Ohne den opferbereiten Glauben und die liebende
Ehrfurcht der Apostel konnte ihre Weise der äußeren
Feier des eucharistischen Mysteriums nicht beibehalten
werden. Das Legen der heiligen Hostie in den Mund des
Empfängers dient der Erhaltung des Glaubens und der
Förderung der Ehrfurcht in unvergleichlich besserer
Weise als das Geben in die Hand. In dem
Nichtanfassendürfen drückt sich der Wert der Gabe aus.
Die äußeren Formen gesteigerter Ehrfurcht vermögen den
schwachen Glauben der Menschen zu stützen. Die Gefahr
des Herabfallens und der Verunehrung sowie des Verlustes
kleiner Teile ist bei der seit über tausend Jahren
üblichen Weise des Kommunionempfanges entschieden
geringer als bei der Handkommunion. Diese wird außerdem
heute infolge der Verdunkelung, ja Leugnung der
kirchlichen Eucharistielehre durch einflussreiche Kreise
zu einer unmittelbaren Bedrohung der katholischen
Wahrheit.
Die doppelte Tatsache, dassdie Handkommunion in der
Gegenwart aufgrund einer Preisgabe des katholischen
Eucharistieverständnisses aufgekommen und in offenem
Ungehorsam gegen ein gesamtkirchliches Gesetz eingeführt
worden ist, hätte die Hirten der Kirche alarmieren
müssen. Sie hätten die Pflicht gehabt, beim ersten
Auftreten der Handkommunion das kirchliche Gesetz
allgemein einzuschärfen und ihm notfalls mit der
Androhung von Strafen Beachtung zu sichern.
Gegen jeden Versuch, diese Art der Kommunionspendung zu
praktizieren, hätte sofort eingeschritten werden müssen.
Weder das eine noch das andere ist jedoch geschehen. Es
muss als ein schwerwiegendes Versäumnis vieler
Ortsoberhirten bezeichnet werden, dass sie ihre Pflicht
zur Aufsicht über die liturgischen Gesetze der Kirche in
bezug auf die Kommunionspendung vernachlässigt haben. M.
W. hat einzig der inzwischen verstorbene Bischof von
Trier, Matthias Wehr, mehrfach auf Priesterkonferenzen
im Februar 1965 die Handkommunion ausdrücklich untersagt
und Zuwiderhandelnden Sanktionen angedroht. Was sonst
getan wurde, geschah spät, uneinheitlich, ohne Nachdruck
und ohne Festigkeit, mit halbem Herzen, vermutlich schon
aus der Resignation heraus. Die Deutsche
Bischofskonferenz erinnerte zwar auf ihrer
Vollversammlung vom 13. bis 15. Februar 1967 in Bad
Honnef an das gemeinrechtliche Verbot der Handkommunion.
Aber dem Wort folgte keine Tat. Man hätte erwartet, dass
dieser Beschluss nun sofort in den Amtsblättern
verkündet und dem Volk zur Kenntnis gebracht worden
wäre. Dieses war jedoch nicht der Fall. Die Amtsblätter
der meisten deutschen Diözesen druckten den Beschluss
überhaupt nicht ab, andere mit teilweise einjähriger
Verspätung. So erließ das Bischöfliche Generalvikariat
Fulda am 14. Februar 1968 eine Pastorale Weisung über
die Austeilung der hl. Kommunion. Darin wurde auf den
Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz auf ihrer
Vollversammlung in Bad Honnef vom 13. bis 15. Februar
1967 verwiesen, wonach es nicht gestattet ist, die
heilige Kommunion in die Hand zu reichen. Dieses Verbot
gelte gemäß c. 1261 § 2 CIC auch für die Kirchen von
Ordensleuten im Bereich der Diözese Fulda. Entsprechend
Art. 22 der Konzilskonstitution über die heilige
Liturgie und Nr. 45 der Instruktion über die Feier und
Verehrung des Geheimnisses der Eucharistie wurden alle
Welt- und Ordenspriester zur Beachtung der Vorschrift
aufgefordert.
Auch außerhalb der kirchlichen Amtsblätter wurde
einerseits die in Honnef geschehene Einschärfung der
vorgeschriebenen Weise der Kommunionspendung
totgeschwiegen, auf der anderen Seite die faktische
Duldung der Gesetzesübertretung hervorgehoben und sogar
von einer Zulassung der Handkommunion gesprochen. So
stellte ein Leser der „Kirchenzeitung für das Erzbistum
Köln” in der Ausgabe vom 29. November 1968 in einer
Zuschrift die Behauptung auf, der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Döpfner, habe von
Papst Paul Vl. die Genehmigung erwirkt, „dort, wo es
gewünscht wird, die Spendung der Kommunion in die Hand
zu gestatten”. Daraufhin richtete der geistliche
Religionslehrer Joachim Zimmermann aus Düsseldorf eine
Anfrage an Kardinal Döpfner. Unter dem Datum des 17.
Dezember 1968 ließ Döpfner dem Religionslehrer durch den
Sekretär der deutschen Bischofskonferenz, Karl Forster,
antworten, eine Zustimmung zur Handkommunion „aus Rom”
liege nicht vor. Die Frage sei in der Deutschen
Bischofskonferenz und „im Gespräch mit dem römischen
Liturgierat erörtert” worden. Letzterer lege aber großes
Gewicht darauf, „dass gerade in dieser Frage kein
uneinheitliches Vorgehen in den Diözesen der Länder
erfolgt”. Deshalb sollten die „damit zusammenhängenden
Probleme und Argumente” „auf der internationalen Ebene
des Liturgierates eingehend bedacht werden”. Die
deutschen Bischöfe hätten dies „verstanden” „und deshalb
keine weiteren Schritte unternommen”.
Aus dieser Darstellung ergibt sich mehreres. Zunächst
ist sicher, dass einer der eifrigsten Fürsprecher der
Einführung der Handkommunion in Deutschland der
Erzbischof von München und Freising, Kardinal Döpfner,
war. Dann scheint versucht worden zu sein, die
Genehmigung des Heiligen Stuhles zur Praktizierung der
Handkommunion für einzelne deutsche Diözesen zu
erlangen.
Der Versuch ist an dem Liturgierat gescheitert, der auf
einem einheitlichen Vorgehen für die einzelnen Länder
bestand. Schließlich wurde mittelbar klar, dass die
deutschen Bischöfe inzwischen mehrheitlich für die
Praxis der Handkommunion gewonnen waren. Innerhalb eines
einzigen Jahres waren sie aus Gegnern zu Befürwortern
der Handkommunion geworden. Irgendeine Verurteilung der
eigenmächtigen Einführung der Handkommunion lässt das im
Auftrage Döpfners verfasste Schreiben nicht erkennen. Es
erörtert wohl Einzelheiten des Verfahrens, um den
Ungehorsam zu sanktionieren, enthält aber keinen Ruf zur
Ordnung.
Sein Tenor geht dahin, dass bald gestattet werden werde,
was bislang im Ungehorsam getan wird. Von einer
derartigen Stellungnahme war ein Zurückdrängen der aus
Holland importierten Praxis selbstverständlich nicht zu
erwarten. Es gab in Deutschland gewiss Bischöfe, die der
Handkommunion mit Bedenken oder ablehnend
gegenüberstanden. Sie fühlten sich jedoch angesichts der
Geteiltheit des Episkopates und wegen der Zweifel an dem
Festbleiben des Heiligen Stuhles gehemmt und entmutigt.
Der Erzbischof von Paderborn, Kardinal Jaeger,
beispielsweise wurde, wie er in dem Bistumsblatt „Der
Dom” eröffnete, „des öfteren” von Gläubigen gefragt,
weshalb er nicht gegen die unerlaubte Einführung der
Handkommunion einschreite. Er gab zur Antwort, dass er
„einzelne Seelsorger, gegen die von Seiten der
Gemeindemitglieder Beschwerden erhoben worden waren,
mündlich und schriftlich gemahnt” habe, „davon
abzulassen, und das mit großem Ernst”. Offenbar waren
diese Mahnungen jedoch erfolglos. Denn der Erzbischof
stellte die rhetorische Frage: „Was sollte ich mehr
tun?” Von einer Anwendung der kirchlichen Strafgewalt
hielt er wohl nichts.
Vielleicht meinte er davon absehen zu müssen, weil die
Mehrheit der deutschen Bischöfe zu diesem Zeitpunkt
schon die Zulassung der Handkommunion beantragt hatte.
2. Die Meldungen der „Katholischen Nachrichten-Agentur”
Für die Durchsetzung der Handkommunion in Deutschland
ist die Nachrichtenpolitik der von den deutschen
Bischöfen unterhaltenen „Katholischen
Nachrichten-Agentur” mit entscheidend geworden. Dass man
Nachrichten steuern kann, ist von jeher bekannt.
Heutzutage aber vermögen gezielte und gehäufte Meldungen
infolge der geistigen Unselbständigkeit der Menschen und
angesichts der Unsicherheit der Autorität Änderungen des
Bewusstseins und selbst der Gesetze zu
erzwingen. Es waren nun zwei Meldungen der „Katholischen
Nachrichten-Agentur, die von großem Einfluss für die
Wiederaufnahme des abgelegten Brauches der Handkommunion
waren.
a) Die Meldung vom 28. Januar 1969
Die erste Meldung stellte einen bezeichnenden Fall an
den Anfang. Eine Realschullehrerin aus Geldern hörte in
Krefeld Geistliche die Gläubigen einladen, „auf die Hand
zu kommunizieren”. Sie fragte dieserhalb bei dem
Generalvikariat des Bistums Münster an. Unter dem 21.
November 1968 wurde ihr geantwortet, die Handkommunion
sei weder im Bistum Münster noch überhaupt in einer
deutschen Diözese gestattet. Ein „römisches Reskript”,
das die Erlaubnis dazu vorsah, habe nicht ausgeführt
werden können, weil der Heilige Vater sich die
Angelegenheit inzwischen selbst zur Entscheidung
vorbehalten habe.
Die „Katholische Nachrichten-Agentur” veröffentlichte
nun diesen Vorgang in einer vom 28. Januar 1969 aus
Münster datierten Meldung. Sie stützte sich dafür auf
den Januar-Rundbrief der deutschen Una-Voce-Bewegung.
Sie begnügte sich indes nicht mit der Schilderung des
Münsteraner Vorfalls, sondern ging amtliche kirchliche
Stellen um Auskunft an.
„Von informierter Seite” verlaute, so fuhr der Text
fort, dass der Papst die deutschen Bischöfe zu
Überlegungen über die Frage der Handkommunion
aufgefordert habe. „Offizielle kirchliche Kreise”, so
hieß es dann in einer beabsichtigten Steigerung,
rechneten „offenbar” damit, dass die Handkommunion
„neben der bisher üblichen Form der Entgegennahme der
Hostie zugelassen” werde.
In dieser Meldung wird einerseits zugegeben, dass die
„vor allem in den Niederlanden seit längerer Zeit
praktizierte sogenannte Handkommunion” „grundsätzlich
ohne Erlaubnis des Papstes”, d. h. im Ungehorsam gegen
den höchsten Gesetzgeber der Kirche, geschieht,
andererseits die Zulassung der Handkommunion infolge der
bejahenden Einstellung der deutschen Bischöfe – wer
sollte sonst mit den „offiziellen kirchlichen Kreisen”
gemeint sein? – zu ihr in Aussicht gestellt. Es leuchtet
ein, dass eine derartige Kombination die zur Neubelebung
der überholten Praxis entschlossenen Geistlichen und
Laien ermutigen musste. Zu oft hatte man in den letzten
Jahren erlebt, wie jene, die sich auf liturgischem
Gebiet Freiheiten herausgenommen hatten, durch die
nachfolgende kirchliche Gesetzgebung recht bekommen
hatten.
So durften die progressistischen Kreise damit rechnen,
dass der Episkopat auch diesmal wieder den Wünschen und
dem Tun der sog. Avantgardisten folgen würde. Es ist
auch nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, dass
gewisse Teile des Episkopats das Vorantreiben der
Entwicklung via facti nicht ungern sahen. Denn dies
verschaffte ihnen die Möglichkeit, bei dem Einkommen um
die Genehmigung des Heiligen Stuhles auf die eingeführte
Praxis verweisen zu können, die angeblich nicht wieder
abgestellt werden könne. Vermutlich erklärt sich die
Offenheit „offizieller kirchlicher Kreise” gegenüber der
„Katholischen Nachrichten-Agentur” in der Sache der
Handkommunion aus diesem Motiv.
b) Die Meldung vom Mai 1969
Im Mai 1969, und zwar vor Bekanntwerden der mit dem
Datum des 29. Mai 1969 versehenen Instruktion „Memoriale
Domini”, die in dem Heft Nr. 8 der „Acta Apostolicae
Sedis” vom 8. August 1969 veröffentlicht wurde und nach
c. 9 CIC am 9. November 1969 in Kraft trat, brachte die
„Katholische Nachrichten-Agentur” erneut eine
einschlägige Meldung.
Die Handkommunion werde, so hieß es da, „in fast allen
deutschen Diözesen” neben der bisherigen Form der
Kommunionspendung „auf Wunsch der Gläubigen ermöglicht”.
Die deutschen Bischöfe seien dafür eingetreten, dass der
Heilige Stuhl die Handkommunion als zweite Form
gestatte. Bisher sei die erbetene Erlaubnis „offiziell”
noch nicht gegeben worden. „Intern” werde „in der
Bundesrepublik” Deutschland darauf hingewiesen, dass die
Gläubigen, die die Austeilung
der Kommunion in die Hand wünschen, „weder
zurückgewiesen noch zur Kommunion in der bisherigen Form
gezwungen werden können”. Es sei jedoch keinem Priester
erlaubt, die Handkommunion „generell einzuführen oder zu
propagieren“.
Diese Meldung der „Katholischen Nachrichten-Agentur” ist
nun in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich.
Zunächst einmal berührt es merkwürdig, dass eine Quelle
dieser hochbedeutsamen Mitteilung nicht angegeben wurde.
Die „Katholische Nachrichten-Agentur” berief sich weder
auf eine amtliche Verlautbarung noch auf irgendwelche
„kirchliche Kreise”; sie schwieg völlig über den Urheber
ihrer Meldung. Indes lässt sich aus der Nachricht
erschließen, woher sie kam. Aus ihrem Inhalt ergibt
sich, dass die Quelle Kenntnis von den Verhältnissen in
allen Diözesen der Bundesrepublik Deutschland haben
muss. Sie ist ferner darüber unterrichtet, dass die
deutschen Bischöfe eine Eingabe an den Apostolischen
Stuhl gemacht haben, die indes wenigstens bis dahin
nicht positiv beschieden wurde. Schließlich spricht die
Quelle derart autoritativ, dass die Vermutung nahe
liegt, sie sei im Besitz hoheitlicher Hirtengewalt. Alle
diese Merkmale zusammengenommen treffen in Deutschland
nur auf eine Persönlichkeit zu, nämlich auf den
derzeitigen Vorsitzenden der Deutschen
Bischofskonferenz, den Erzbischof von München und
Freising, Julius Kardinal Döpfner. Er bzw. seine
Umgebung dürfte die Quelle der Meldung der „Katholischen
Nachrichten-Agentur” sein.
Dieser aus inneren Kriterien gewonnene Schluss wurde
nach amtlicher Zulassung der Handkommunion durch die
auffällige Parallelität der Meldung mit der späteren
Verlautbarung der deutschen Bischöfe zur Handkommunion
bestätigt.
Beide Texte zeigen dieselbe Anordnung und Abfolge der
Gedanken: zuerst die Entstehungsgeschichte (Antrag der
deutschen Bischöfe, Zögern des Apostolischen Stuhles),
dann der dispositive Teil (Gestattung des Empfanges und
Verpflichtung zur Austeilung der Kommunion in die Hand),
zum Schluss die Mahnung (Koexistenz beider Formen des
Kommunionempfanges).
Die Absicht, die Kardinal Döpfner hatte, als er diese
Meldung der „Katholischen Nachrichten-Agentur” lanzierte
bzw. lanzieren ließ, lässt sich aus dem Text
erschließen. Die nachgesuchte Erlaubnis des
Apostolischen Stuhles zur Handkommunion lag („bisher” …
„noch”) nicht vor. Döpfner rechnete aber damit, dass er
sich in „Rom” durchsetzen würde, wie er sich schon oft
durchgesetzt hatte. Die Erteilung der Erlaubnis durch
den Apostolischen Stuhl war für ihn nur eine Frage der
Zeit. Er beschloss, den Gang der Ereignisse, vor allem
des Verfahrens an der Römischen Kurie, zu beschleunigen.
Da der Heilige Vater Erfahrungsberichte zur Frage der
Spendung der heiligen Kommunion in die Hand eingefordert
hatte, musste man kräftig Erfahrungen zu machen suchen.
(Dass die gemachten Erfahrungen nur gute sein konnten,
versteht sich von selbst.) Döpfner war vermutlich der
Ansicht, dass es für den Apostolischen Stuhl umso
schwieriger sein werde, die Verhältnisse zu ändern, je
weiter sie gediehen waren. Dieses Rezept war ja in
Holland auf verschiedenen Gebieten erfolgreich
ausprobiert worden. Deswegen durfte der Handkommunion
kein Hindernis entgegengesetzt werden.
Da ihre Ausbreitung vor allem an dem Widerstand des
Klerus scheitern konnte, der die Handkommunion mit
überwältigender Mehrheit ablehnte, musste dieser
ausgeschaltet werden. Daher „verordnete” die Meldung der
„Katholischen Nachrichten-Agentur”, dass der Klerus die
Handkommunion auf Wunsch gewähren müsse. Von einer
„Verordnung” muss man deswegen sprechen, weil die
Meldung die einzige, wenn auch mittelbare Äußerung des
Episkopates zu der Frage der Handkommunion zu dem
gegebenen Zeitpunkt war. Freilich lag Döpfner nichts
daran, die Genehmigung des Apostolischen Stuhles zu
dieser Praxis dadurch hintan zu halten oder gar zu
vereiteln, dass von der Handkommunion erschreckte oder
durch rigoroses Vorgehen progressistischer Geistlicher
verärgerte Gläubige eine Gegenbewegung ins Leben riefen
oder den Heiligen Stuhl alarmierten. Deswegen bremste er
allzu stürmische Progressisten durch ein Verbot
genereller Einführung oder Propagierung der
Handkommunion.
Die Funktion der Meldung der „Katholischen
Nachrichten-Agentur” ist also klar. Sie diente dazu, die
Durchsetzung der Handkommunion zu befördern. Die
Einführung derselben auf dem Wege der förmlichen
partikulären Gesetzgebung — ohne die erforderliche
Erlaubnis des Apostolischen Stuhles — wäre offene
Empörung gewesen. Dazu vermochte man sich nicht zu
verstehen. So führte man die Praxis auf versteckte, aber
dennoch quasi-autoritative Weise ein. Man ließ melden,
was man wünschte, dass geschehe, und kam auf diese Weise
auch zu dem erstrebten Ziel. Wir stehen also vor dem
erstaunlichen Faktum, dass heute „Gesetzgebung” auf dem
Wege über Nachrichten erfolgt, ja dass die Meldung einer
Nachrichten-Agentur gewissermaßen gesetzesvertretende
Bedeutung besitzen kann.
Der Vorgang ist in der Gegenwart weniger singulär und
unerhört, als es zunächst scheinen mag. Dass heutzutage
Nachrichten über Gesetze oder sogar über bloße
Gesetzgebungsvorhaben, die von den Publikationsmitteln
verbreitet werden, als Legitimation zum Handeln im Sinne
dieser Gesetze oder Gesetzesvorschläge verstanden
werden, und zwar ohne Rücksicht auf die erforderliche
amtliche Veröffentlichung und den Ablauf der rechtlichen
Schwebefrist (vacatio legis), ist eine offenkundige
Tatsache. Sie hat begonnen, die Aufmerksamkeit der
Hirten der Kirche zu erregen. So sah sich beispielsweise
die Diözese Feldkirch veranlasst, darauf hinzuweisen,
dass Verlautbarungen kirchlicher Gesetze und
Verordnungen in der Presse oder im Rundfunk keine
Rechtskraft haben. Niemand sei berechtigt, sich auf sie
zu berufen, oder verpflichtet, sie durchzuführen, zumal
sie oft gekürzt und unvollständig wiedergegeben würden.
Die Seelsorger wurden daher „in ihrem Interesse”
gebeten, bei neuen Verordnungen die Veröffentlichung im
Diözesanblatt abzuwarten,
„um nicht Gefahr zu laufen, sich nachher korrigieren zu
müssen“.
Aufgrund dieser Tatsachen und ähnlicher Vorgänge, sowie
angesichts der von mächtigen Meinungstrusts erzeugten
Abneigung gegen das Recht und des Verlustes der Gabe der
Unterscheidung wird es verständlich, dass die Autoren
der Meldung der „Katholischen Nachrichten-Agentur” damit
rechnen konnten, die Nachricht werde von Klerus und Volk
mehrheitlich als verbindliche Anordnung verstanden
werden. Wie die Erfahrung bewies, hatten sie sich nicht
verrechnet.
Man kann gegen diese Überlegungen nicht einwenden, die
deutschen Bischöfe könnten nicht mit der Meldung eines
Nachrichten-Büros gleichgesetzt werden. Es sei hier
einmal abgesehen von den inhaltlichen Kriterien, die
dafür sprechen, dass diese Meldung aus der Umgebung des
Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,
unmittelbar oder mittelbar, an die Agentur gegeben
wurde. Dann bleibt erstens zu beachten, dass die
„Katholische Nachrichten-Agentur” finanziell in der
Hauptsache von den deutschen Diözesen getragen wird.
Diese haben damit aber auch einen großen Einfluss auf
deren Tätigkeit. Sie können leicht Nachrichten, deren
Verbreitung sie wünschen, der Agentur übergeben und
ebenso die Verbreitung unerwünschter verhindern.
Zweitens liegen genügend Fälle vor, in denen deutsche
Bischöfe bei der Agentur vorstellig geworden sind, wenn
eine Meldung angeblich oder wirklich nicht den Tatsachen
oder ihren Absichten entsprach. Wäre die Meldung über
die Handkommunion aus der Luft gegriffen oder falsch
gewesen, hätte der Vorsitzende der Deutschen
Bischofskonferenz oder ein anderer ihm nahestehender
Bischof zweifellos eine Berichtigung verlangt. Bei einer
so wichtigen Sache hätte der deutsche Episkopat gewiss
nicht geschwiegen, falls die Meldung nicht seinen
Intentionen entsprochen hätte. Nichts dergleichen
geschah. Die Meldung blieb unbeanstandet. Es erfolgte
deswegen keine Richtigstellung, weil sie richtig war.
Der Modus, wie hier durch eine Meldung Anweisungen an
Klerus und Volk ergingen, war zweifellos ungewöhnlich.
Noch viel erstaunlicher ist jedoch der Inhalt dieser
Meldung.
An erster Stelle wird das Begehren der Handkommunion auf
die Initiative der Gläubigen zurückgeführt. Zweimal ist
von dem Wunsch der Gläubigen die Rede. Nun ist es
zweifellos richtig, dass manche Gläubige die
Handkommunion wünschten, aber das ist nur die halbe
Wahrheit. Man muss hinzufügen, dass dieser Wunsch den
Gläubigen von gewissen Theologen und Journalisten
eingeflößt, aufsuggeriert oder sogar aufoktroyiert
wurde. Die Gläubigen sind von sich aus mitnichten
auf die Handkommunion verfallen. Sie sind vielmehr das
Opfer der Agitation und der Manipulation von
Progressisten geworden.
Wenn dann über die Ausdehnung dieser Praxis des
Kommunionempfanges gesagt wird, dass sie „in fast allen
deutschen Diözesen” üblich sei, so wird damit der
Anschein erweckt, als ob in den meisten Bistümern die
veränderte Form der Kommunionspendung von einer
beträchtlichen Zahl von Gläubigen in allen
Gottesdiensten geübt würde. Das war jedoch mitnichten
der Fall. In den allermeisten Pfarreien war, wie schon
oben bemerkt, überhaupt niemand, der die Handkommunion
verlangte. Nur in wenigen Pfarreien traten ganz
vereinzelt Gläubige an die Kommunionbank und streckten
die Hand aus. Eine nennenswerte Zahl von Katholiken, die
sich die Handkommunion zu ertrotzen suchten, gab es nur
in verschwindend wenigen Kirchen, eben dort, wo
progressistische Geistliche wirkten, die selbst
ungehorsam waren und andere, meist unreife Personen, zum
Ungehorsam verleiteten.
Weiter liest man in der Meldung mit Befremden, die
Handkommunion werde in fast allen deutschen Diözesen
„ermöglicht”.
Dieser Ausdruck ist völlig unangebracht. Er erweckt den
Anschein, als würde hier von den Geistlichen ein
legitimes Bedürfnis des gläubigen Volkes befriedigt. Der
gemeinte Tatbestand ist jedoch erheblich anderer Art.
Denn in Wirklichkeit wurde einem Verlangen gewillfahrt,
das im Widerspruch zur geltenden Ordnung der Kirche
propagiert und in den Kommunikanten erzeugt wurde.
Strafrechtlich gesprochen handelt es sich darum, dass
gewisse Theologen und Geistliche die Gläubigen
angestiftet haben, einem Kirchengesetz zuwiderzuhandeln,
dass manche Gläubige sich anstiften ließen und dass sie
wiederum die Spender der Kommunion anstifteten, ein
Kirchengesetz zu übertreten. Diese Kette von
Anstiftungen und Mittäterschaft mit dem Ausdruck
„ermöglichen” zu bezeichnen, bedeutet eine schwere
Verzeichnung des Tatbestandes. Die Wendung verharmlost
die Sache, um die es geht, und verschleiert die Folge
von Übertretungen eines wichtigen Kirchengesetzes. Sie
ist geeignet, die Gewissen zu verbilden.
Rätselhaft ist dann die Wendung in der Meldung, die von
den deutschen Bischöfen erbetene Erlaubnis zur
Handkommunion sei bisher von dem Apostolischen Stuhl
„offiziell” noch nicht gegeben worden. Man fragt sich,
was dieses Wort bedeuten soll. Eine Erlaubnis wird
entweder gegeben oder verweigert. Tertium non datur. In
der Meldung scheint aber die Meinung enthalten zu sein,
dass es doch ein Drittes gebe. Sie legt die Ansicht
nahe, dass eine Erlaubnis zwar „offiziell” verweigert,
„inoffiziell” jedoch gegeben werden könne. Darin liegt
die Unterstellung, dass gewissermaßen die rechte Hand
des (obersten) Gesetzgebers der Kirche nicht weiß, was
die linke tut. Mit dieser Unterscheidung wird also ein
Zwiespalt in den Apostolischen Stuhl selbst
hineingetragen. Es bedarf keines Wortes, dass sie
rechtstheoretisch unmöglich ist und praktisch zu größter
Konfusion, ja zur Verachtung des Gesetzgebers führen
muss.
Ebenso rätselhaft wie das Wort „offiziell” ist das
andere „intern”. Da kurz vorher von „Rom”, d. h. von dem
Apostolischen Stuhl, die Rede war, ist zu vermuten, dass
jetzt von Deutschland gesprochen werden soll. Diese
Vermutung wird dadurch bestätigt, dass die Sprache auf
die „Bundesrepublik” kommt. Es sollen offenbar
gegenübergestellt werden:
„Rom”, d. h. der Apostolische Stuhl, und die
„Bundesrepublik” Deutschland, d. h. die Deutsche
Bischofskonferenz.
„Rom” hat die Erlaubnis zur Handkommunion „bisher”
„offiziell” „noch nicht” erteilt. Was tut man in der
„Bundesrepublik” Deutschland? Was tun die deutschen
Bischöfe? Halten sie sich an das, was „Rom”, d. h. der
Papst, befiehlt? Mitnichten!
Sie nehmen das Fehlen der Erlaubnis zur Kenntnis, aber
sie beachten es nicht. Sie begehren nicht expressis
verbis gegen „Rom” auf, aber sie tun das Gegenteil von
dem, was „Rom” gebietet bzw. verbietet. Sie erlassen
formell kein partikuläres Gesetz (was rechtlich
unmöglich ist, da ihnen die Ermächtigung dazu fehlt),
aber sie geben Anweisung, sich um das Verbot „Roms”
nicht zu kümmern. Das also ist der Sinn des Wortes
„intern”: „In der Bundesrepublik” Deutschland braucht
man sich in dem vorliegenden Fall an das, was „Rom”
anordnet, nicht gebunden zu halten. Was draußen (extern)
in „Rom” geschieht, ist drinnen („intern“) nur
beachtlich, wenn es von der Deutschen Bischofskonferenz
als beachtenswert taxiert wird. Eben das ist bei dem
Verbot der Handkommunion nicht der Fall. Mit anderen
Worten:
Die Deutsche Bischofskonferenz spricht einem päpstlichen
Gesetz die Geltung für Deutschland ab. Das Wort „intern”
besagt nicht mehr und nicht weniger, als dass der
universale Jurisdiktionsprimat des Papstes an einer
Stelle praktisch in Frage gestellt wird.
Dass diese Deutung des Wortes „intern” richtig ist,
ergibt sich aus dem eigentlichen Corpus der Meldung, das
dem normativen Teil eines Gesetzes entspricht. Danach
wird es den Gläubigen anheim gestellt, den Empfang der
Kommunion in die Hand zu verlangen. Es bleibt ihrer Wahl
überlassen, ob sie den Mund öffnen oder die Hand
hinstrecken. Das bedeutet rechtlich, dass die deutschen
Bischöfe die Übertretung eines Gesetzes der Gesamtkirche
zumindest dulden. Es wird sich aber sofort zeigen, dass
das Verhalten der Bischöfe über die Duldung hinausgeht
und zum Gestatten wird.
Die heilige Kommunion ist, wenn man von dem
bevollmächtigten Spender absieht und die Selbstbedienung
ausschließt, notwendig ein Vorgang, an dem zwei Personen
beteiligt sind, der Spender und der Empfänger. Der
Empfänger tritt vor den Spender hin und offenbart seine
Bitte, den Leib des Herrn zu empfangen. Der Spender
erfüllt das Begehren, indem er dem Empfänger die heilige
Hostie reicht.
Die deutschen Bischöfe verpflichten nun den Spender, die
heilige Kommunion auch denen zu geben, die in
Übertretung des geltenden Kirchengesetzes den Leib des
Herrn auf die Hand empfangen wollen. Nichts anderes
bedeutet es, wenn gesagt wird: Der Spender darf solche
Katholiken weder zurückweisen, d. h. übergehen, noch zu
einem dem Gesetz entsprechenden Kommunionempfang
anhalten. Er muss vielmehr bei ihrer Übertretung des
Gesetzes mitwirken.
Das heißt, strafrechtlich gesprochen: Die deutschen
Bischöfe verpflichten die Spender der heiligen Kommunion
zu positiver Beihilfe.
Nach dieser „Anordnung” der Bischöfe stehen sich
gegenüber: die Wahlmöglichkeit, die dem Empfänger der
heiligen Kommunion eingeräumt wird (die Handkommunion
wird ja in fast allen deutschen Diözesen „ermöglicht“!),
und die Verpflichtung, die dem Spender auferlegt wird.
Das ist etwas sehr Ungleiches. An sich würde dem
Gewissensentscheid des Empfängers der Gewissensentscheid
des Spenders korrespondieren. Aber die deutschen
Bischöfe tragen in dieser Meldung nur dem Gewissen des
Empfängers Rechnung. Dem Gewissen des Spenders wird
keine Freiheit der Betätigung gewährt.
Die deutschen Bischöfe bekunden hohe Achtung vor den
Gläubigen, die nicht nach der herkömmlichen Weise
kommunizieren wollen. Man muss ihnen den Willen tun. Sie
dürfen zur Kommunion in der bisherigen Form „nicht
gezwungen werden”. Gezwungen wird nur der Priester, der
sich etwa weigert, ein geltendes Gesetz zu übertreten.
Es ist höchst merkwürdig, dass das Anhalten zur
Beobachtung eines geltenden Gesetzes hier als
unzulässiger Zwang bezeichnet und
dementsprechend abgelehnt wird. Man fragt sich, was
geschehen soll, wenn dieses Verfahren Schule macht. Im
Augenblick geht es „nur” um die zwei Arten des
Kommunionempfanges; es darf niemand zu der
(vorgeschriebenen) Mundkommunion veranlasst werden, der
die (verbotene) Handkommunion praktizieren möchte.
Gewisse Gruppen in der Kirche haben sich, indem sie sich
über das geltende Gesetz hinwegsetzten, eine andere,
nunmehr amtlich anerkannte Form der Kommunionspendung
erzwungen. Es fragt sich nun, was geschieht, wenn eine
neue Bewegung einsetzt, die mit diesen zwei
Möglichkeiten nicht einverstanden ist und ein dritte
einführen möchte. Wiederholt sich dann der soeben
beobachtete Vorgang? Dürfen die Anhänger dieser jüngeren
Bewegung ebenfalls nicht „gezwungen werden“, die heilige
Kommunion in den (dann schon wieder überholten) zwei
üblichen Arten zu empfangen? Mit anderen Worten: Wie
viele Arten der Kommunionspendung sind denkbar, auf die
sich, da „Zwang“, d. h. Anhalten zur Achtung der Gesetze
vermieden werden soll, künftig der Spender der
Eucharistie einstellen muss?
Außerdem ist nicht einzusehen, wie der hier sich
abzeichnende Vorgang des Verzichtes auf die Befolgung
der Gesetze sachlich eingegrenzt werden soll. Es lässt
sich kein Grund einsichtig machen, weshalb sich das bei
der Kommunionspendung „erfolgreich” angewendete
„Verfahren” auf dieses Gebiet oder auch das der Liturgie
sollte beschränken lassen. Grundsätzlich ist es auf
allen Gebieten des kirchlichen Lebens denkbar, dass
jemandem etwas einfällt, was er, in Abweichung vom
geltenden Recht, durchsetzen und zum Gesetz erhoben
sehen möchte. Gilt dann immer auch, dass
niemand zur „bisherigen Form” des Rechts „gezwungen
werden” kann?
Am Schluss der Meldung wird anscheinend eine Barriere
gegen das Wuchern der Handkommunion aufgerichtet. „Es
ist … keinem Priester erlaubt, die Handkommunion
generell einzuführen oder zu propagieren.” Bei näherem
Zusehen erkennt man jedoch, dass die hier aufgerichtete
Schranke nur eine scheinbare ist.
Zunächst ist nicht einzusehen, weshalb es nur dem
„Priester” nicht erlaubt sein soll, die Handkommunion zu
verbreiten, d. h. zur Übertretung eines Gesetzes
aufzufordern. Offenbar ist dasselbe also Laien erlaubt.
Gerade unter den Laien gibt es aber – jedenfalls in
Deutschland – eine immer größer werdende Zahl von
Theologen, die die lebhaftesten Wortführer eines
radikalen Progressismus und ebenso der Handkommunion
sind. Sie besitzen dazu eine respektable Macht, denn sie
halten Schlüsselstellungen in den Massenmedien, vor
allem im Fernsehen, in der kirchlichen
Erwachsenenbildung und in den Verlagen besetzt und sind
so in der Lage, einen erfolgreichen Propagandafeldzug
für die Handkommunion zu unternehmen. Ein auf die
Priester eingeschränktes Verbot, die Handkommunion zu
verbreiten, muss darum weithin unwirksam sein.
Sodann ist auf das zu achten, was verboten wird.
Verboten werden zwei Dinge: die generelle Einführung und
die Propagierung der Handkommunion. Generelle Einführung
ist die allgemeine Unterweisung bzw. Anleitung der
Gläubigen, die Handkommunion zu üben. Unter Propagierung
ist die öffentliche Werbung für die Handkommunion zu
verstehen. Beide Begriffe sind jedoch dehnbar. Ein
Pfarrer beispielsweise, der in der Gruppenstunde der
Jugend nur beiläufig auf die „moderne” Weise des
Kommunionempfanges hinweist, tut weder das eine noch das
andere. Dennoch kann er gewiss sein, dass die Mehrzahl,
wenn nicht die Gesamtheit der Jugendlichen sehr rasch
die „neue” Form praktizieren wird, wenn er sich nicht
entschieden gegen sie ausspricht. Außerdem ist der ganze
Tenor der Meldung so positiv gegenüber der Handkommunion
eingestellt, die ja nur „noch nicht” von „Rom” gestattet
ist, dass Priester, die sich an dieses zuletzt stehende
Verbot nicht gebunden halten, geradezu der Meinung sein
können, damit die wahre Intention der Bischöfe zu
treffen, die eben vorläufig – leider – Rücksicht auf
„Rom” nehmen müssen. Zu oft hat man in den letzten
Jahren erlebt, wie deutsche Bischöfe sich
„fortschrittlich” gerierten, „Verständnis” für die
„Anliegen” des Progressismus zeigten und zu verstehen
gaben, dass sie nur wegen „Rom” nicht so könnten, wie
sie wollten. Diese Äußerungen haben die Progressisten
allemal dahin verstanden, dass sie durch Setzen von
Tatsachen dem bischöflichen Begehren zu Hilfe kommen
könnten und sollten. Niemals ist bekannt geworden, dass
derartige Eigenmächtigkeiten geahndet worden wären.
Die beiden Meldungen der „Katholischen
Nachrichten-Agentur” wurden überall bekannt gemacht. Sie
haben für die faktische Ausbreitung der Handkommunion
große Bedeutung gehabt. Denn wie immer es auch um die
vorstehenden Überlegungen bestellt sein mag, eines ist
sicher: Aus ihnen wurden die Folgerungen gezogen, die
man von ihnen erwartet hatte.

1. Erlass
Die Meldung der „Katholischen Nachrichten-Agentur” zur
Handkommunion, in der versteckt eine Anweisung der
deutschen Bischöfe enthalten war, wurde in der Presse am
27./28. Mai 1969 abgedruckt. Es war dies die Zeit, in
der an dem Apostolischen Stuhl die Entscheidung über
diese Frage fiel. Am 28. Mai 1969 approbierte der
Heilige Vater die Instruktion „Memoriale Domini” der
Kongregation für den Gottesdienst. Am 29. Mai 1969 wurde
das Dokument von den beiden zuständigen Beamten der
Römischen Kurie, dem Präfekten und dem Sekretär der
Kongregation für den Gottesdienst, Benno Kardinal Gut
und Annibale Bugnini, unterzeichnet.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass der Leistung
der Unterschriften unter die Instruktion ein langes,
wechselreiches und dramatisches Tauziehen vorangegangen
war. Die Spuren dieses Ringens sind in der Instruktion
deutlich zu erkennen; es ist aber teilweise auch nach
außen gedrungen.
2. Beschreibung der faktischen Einführung der
Handkommunion
Nach einer Einleitung über Unveränderliches und
Veränderliches in dem eucharistischen Opfersakrament
kommt die Instruktion auf die rituellen Veränderungen in
der jüngsten Vergangenheit zu sprechen. Sie werden mit
den menschlichen Bedürfnissen begründet. Vor allem wird
auf die Wiedereinführung der Kommunion unter beiden
Gestalten verwiesen, wodurch das Zeichen des
eucharistischen Mahles und die Erfüllung des Gebotes des
Herrn durchsichtiger und lebendiger geworden seien. Nach
diesen Hinweisen ist die Instruktion nun bei ihrem
eigentlichen Gegenstand angelangt.
Die „vollere Teilnahme“ an der eucharistischen Feier,
die durch die sakramentale Kommunion angezeigt wird, hat
nämlich nach der Instruktion „hier und da” in den
„letzten Jahren” den Wunsch erweckt, zu jenem Brauch
zurückzukehren, wonach das eucharistische Brot in die
Hand des Gläubigen gelegt wird, der es selbst zum Munde
führt.
Über die Logik dieser Begründung ist man einigermaßen
ratlos. Denn zunächst ist nicht einzusehen, weshalb die
Kommunion unter beiden Gestalten irgendwie die
Niederlegung des Leibes des Herrn in die Hand des
Empfängers nahe legen soll. Die Kommunion muss immer
würdig, d. h. frei von schwerer Sünde, und in der
rechten Absicht empfangen werden. Aber über die Art und
Weise des Empfanges ist damit nichts gesagt. Wie weiter
unten zu zeigen sein wird, gibt es sogar eine bestimmte
– die einfachste und leichteste – Form der Kommunion
unter beiden Gestalten, die die Handkommunion
ausschließt. Ebenso ist unerfindlich, wieso die „vollere
Teilnahme an der eucharistischen Feier” durch die
„sakramentale Kommunion” den Wunsch nach
(Wieder-)Einführung der Handkommunion soll begründen
können. Denn dass in der heiligen Messe die heilige
Kommunion empfangen und damit in vollerer Weise als ohne
den Kommunionempfang an ihr teilgenommen wird, ist ja
nicht neu, sondern so alt wie die Eucharistiefeier. Über
die Art und Weise des äußeren Empfanges ist damit
ebenfalls nichts ausgesagt.
Aber offenbar ist so strenge Gedankenführung nicht in
der Absicht der Instruktion gelegen. Vermutlich soll der
Hinweis auf die Wiedereinführung der Kommunion unter
beiden Gestalten, ähnlich wie die vorhergehende
Erwähnung der vielen Änderungen in der Liturgie der
Kirche, nur dazu dienen, das allgemeine Klima, der
Änderungsbereitschaft und der Experimentierfreudigkeit
zu schildern, aus dem dann auch der „Wunsch” nach
„Rückkehr” zur Handkommunion erwachsen ist.
Man ist, wie die Instruktion fortfährt, bei dem Wunsch
nicht stehen geblieben. „In manchen Gemeinschaften und
an manchen Orten” hat man die Handkommunion bereits
praktiziert, und zwar, wie die Instruktion bemerkt, ohne
vorher die erforderliche Erlaubnis des Apostolischen
Stuhles einzuholen und manchmal auch ohne geeignete
Vorbereitung der Gläubigen“.
Diese Darstellung der Vorgänge um die Handkommunion
mutet aus mehreren Gründen merkwürdig an.
Sie schweigt einmal darüber, wo der Wunsch nach der
Handkommunion entstanden ist und wo sie bereits
praktiziert wird. Die Ausdrücke „hier und da” (hic et
illic) und „in gewissen Gemeinschaften und an gewissen
Orten” (in quibusdam communitatibus et locis) sind
völlig unbestimmt. Sie scheinen auch den Tatbestand
nicht ganz zutreffend wiederzugeben. Denn zumindest in
Holland war die Handkommunion zu der Zeit, da die
Instruktion „Memoriale Domini” abgefasst wurde, ziemlich
weit verbreitet. Es kann aber sein, dass die Instruktion
absichtlich Ausdrücke wählt, die nicht nur die Gebiete,
in denen die Handkommunion aufgekommen ist und geübt
wird, ungenannt lassen, sondern auch den Eindruck
erwecken, die Übung sei auf kleine Kreise beschränkt.
Denn, wie gleich zu zeigen sein wird, die Instruktion
hat in ihrer ursprünglichen Fassung kein Interesse an
der Verbreitung der Handkommunion, sondern zielt auf
ihre Abschaffung. Zu diesem Ziel schien es hilfreich,
die bisherige Anwendung der Handkommunion als minimal
hinzustellen. Darin liegt, aus der Sicht der Weltkirche
gesehen, keine Fälschung. Dazu kommt eine andere, der
Klugheit entspringende Erwägung.
Das Wort Holland fällt vermutlich deswegen nicht, weil
man in Rom das Selbstbewusstsein und die Empfindlichkeit
der tonangebenden Kreise der holländischen Katholiken
kennt und seit Jahren mit peinlicher Sorgfalt bemüht
ist, dieser Eigenart Rechnung zu tragen. Es sollte nicht
neuer Zündstoff in die gereizte Atmosphäre der
katholischen Kirche der Niederlande getragen werden.
In einer wissenschaftlichen Abhandlung ist es leider
nicht möglich, ein ebenso diplomatisches Schweigen zu
beobachten wie in einer Instruktion des Apostolischen
Stuhles. Hier müssen die Dinge beim Namen genannt
werden. So muss in erster Linie darauf hingewiesen
werden, dass es unzutreffend ist, wenn die Instruktion
„Memoriale Domini” das Entstehen des Rufes nach der
Handkommunion auf die „vollere Teilnahme” an der
eucharistischen Feier zurückführt. Der Wunsch nach einer
anderen Weise der Kommunionspendung ist, wie oben
bemerkt, überhaupt nicht spontan in den Empfängern der
heiligen Kommunion, d. h. in dem gläubigen Volk,
entstanden. Er ist vielmehr diesem von den Spendern der
heiligen Kommunion, nämlich gewissen Theologen und
Priestern, aufgedrängt worden. Diese Suggestion geschah
teilweise unter Verächtlichmachung der in Geltung
stehenden, allein zulässigen Weise der
Kommunionspendung.
Weiter ist daran zu erinnern, dass, wie ebenfalls schon
oben erwähnt, die Überlegungen, die zuerst und
ursprünglich zu der Einführung der Handkommunion
führten, nicht liturgischer, sondern dogmatischer Art
waren, vor allem in Holland, aber nicht allein in
Holland. In gewissen Teilen der Kirche wurde die
katholische Lehre von der Eucharistie durch eine
nichtkatholische ersetzt. An die Stelle der
Transsubstantiation trat die Transfinalisation bzw. die
Transsignifikation, d. h. die Realität des geopferten
Leibes des verklärten Herrn wich in der Lehre dieser
Theologen einem leeren Symbol.
Was danach bei der heiligen Kommunion empfangen wird,
ist nicht der durch die Wandlung gegenwärtig gewordene
Leib Jesu Christi, sondern ein Stück Brot, das auf Jesus
oder Gott als Geber der Gabe in irgendeiner Hinsicht
verweist. Es versteht sich von selbst, dass eine so
tiefgehende Änderung, ja Zerstörung des eucharistischen
Glaubens der Kirche Rückwirkungen auf die Praxis haben
musste. Wenn der Inhalt des zu Empfangenden sich ändert,
liegt es nahe, die Form des Empfanges zu ändern. Die
Ehrfurcht und Sorgfalt, die der Wirklichkeit des
leibhaftig gegenwärtigen Herrn angemessen sind, brauchen
gegenüber einem Symbol nicht angewandt zu werden. So
sind gewisse modernistische Kreise zuerst in Holland
dazu übergegangen, die heilige Hostie nicht mehr auf die
Zunge zu legen, sondern in die Hand zu geben.
Dies war der Anfang. Andere machten es nach, was die
erwähnten Theologen praktizierten. Es sei auch an dieser
Stelle ausdrücklich noch einmal erwähnt, dass nicht
alle, die sich der Übung anschlossen, ebenfalls am
Glauben Schiffbruch erlitten hatten. Auch Katholiken,
die dem Glauben der Kirche treu blieben, übernahmen den
Brauch und machten ihn mit, einige aus Freude am „Neuen”
und „Modernen”, andere aus Menschenfurcht und
Opportunismus, wieder andere in der Überzeugung, auf
diese Weise dem Ursprünglichen nahe zu sein.
Aus welchen Motiven nun aber auch die Handkommunion
eingeführt und geübt wurde, eines ist sicher: Es war
dies ein schwerer Missbrauch und eine ernste Übertretung
des geltenden gesamtkirchlichen Rechtes der
Kommunionspendung.
Die seit dem 9. Jahrhundert allgemein vorgeschriebene
und bis in die jüngste Zeit von niemandem in Frage
gestellte Weise der Kommunionspendung in den Mund des
Empfängers stand in voller Geltung. Die Instruktion
selbst bezeichnet die Spendung der heiligen Kommunion in
den Mund als geltendes Gesetz. Der CIC hatte die
liturgischen Gesetze, einerlei ob geschrieben oder
ungeschrieben, grundsätzlich unangetastet gelassen. Die
Instruktion der SC Sacr. vom 26. März 1929 hatte den
Gebrauch der Kommunionpatene für die gesamte Kirche
vorgeschrieben und damit die traditionelle
Praxis des Kommunionempfanges bestätigt. Die
Kommunionspendung auf die Zunge war also seit vielen
Jahrhunderten gesamtkirchliches Gewohnheitsrecht, das
allein von dem höchsten Gesetzgeber der Kirche, dem
Papst oder dem Allgemeinen Konzil, hätte geändert werden
können. Es stand — auch nach dem Zweiten Vatikanischen
Konzil — nicht in der Macht der Ortsoberhirten, die
allgemeine Durchbrechung eines gesamtkirchlichen
Gesetzes zu gestatten. Es wäre im Gegenteil ihre Pflicht
gewesen, sie abzustellen. Der einzig zuständige
Apostolische Stuhl, näherhin die Ritenkongregation bzw.
die Kongregation für den Gottesdienst, wurde jedoch von
der eigenmächtigen Änderung im Ritus der
Kommunionspendung weder unterrichtet noch um Genehmigung
angegangen. „Quin etiam, in quibusdam communitatibus et
locis, eiusmodi ritus est peractus, quamquam approbatio
Sedis Apostolicae antea impetrata non Brat”, stellt die
Instruktion „Memoriale Domini” der Kongregation für den
Gottesdienst kommentarlos fest. Es liegt also ein
offenkundiger, langanhaltender Ungehorsam einzelner
Priester und Gläubiger, ja ganzer Gemeinden, vielleicht
sogar einer ganzen Kirchenprovinz vor. Dazu stimmt die
Beobachtung, dass die Instruktion weiter unten von einer
Übung, die sich schon verfestigt hat, spricht.
Man erwartet nun, dass die Instruktion diese Abweichung
von dem gesamtkirchlichen Recht als das bezeichnet, was
sie ist, nämlich als Übertretung eines wichtigen
Gesetzes und als grobe Unbotmäßigkeit. Aber weit
gefehlt! Die Instruktion gebraucht an keiner Stelle das
Wort Ungehorsam. Es fällt kein Wort der Kritik, der
Missbilligung oder des Tadels des beschriebenen
Verhaltens. Der Ungehorsam erscheint im Gegenteil als
Ausfluss der „volleren Teilnahme an der Feier der
Eucharistie, die durch die sakramentale Kommunion
bezeichnet wird, die vermutlich den kurz vorher
erwähnten Änderungen im Ritus der Messfeier
zugeschrieben wird.
Dies ist ein einigermaßen erstaunliches Phänomen. Ein
Gesetzgeber, der seine Gesetze ernstnimmt und auf ihre
Befolgung rechnet, muss ihre Übertretung beim Namen
nennen.
Die Gründe dafür, weshalb der Ungehorsam bezüglich der
Kommunionspendung weder getadelt noch bedauert wird,
lassen sich nur vermuten. Einmal ist die Führung der
Kirche in den letzten zehn Jahren allgemein davon
abgekommen, ihren Gesetzen rasch und nachhaltig Achtung
zu verschaffen. In allzu vielen Fällen hat sie nicht
sehen wollen, was doch offen vor aller Augen lag, dass
nämlich nicht wenige Geistliche und Laien sich auf
verschiedenen Gebieten, vor allem dem der Liturgie,
Freiheiten herausnahmen, die eine glatte Missachtung der
kirchlichen Gesetze waren. Am weitesten sind die Dinge
in jeder Hinsicht in Holland gediehen. Hier haben sich
in allen Bereichen des kirchlichen Lebens, auch dem des
Glaubens, teilweise anarchische Zustände herausgebildet.
Es ist nicht bekannt geworden, dass der Apostolische
Stuhl irgendwann einmal energisch eingegriffen und die
Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen hätte. Wenn er
nun auf anderen, manchmal noch wichtigeren Gebieten so
viel hingehen ließ, konnte er sich schwerlich bei der
eigenmächtigen Veränderung der Kommunionpraxis entrüstet
zeigen. Das dürfte der erste Grund für die gelinde
Beschreibung der Eigenmächtigkeiten in der
Kommunionspendung sein.
Der zweite Grund ist vermutlich in der Absicht gelegen,
den unerhörten Vorgang zu verschleiern, dass in der
Instruktion in ihrer zweiten Redaktion der Ungehorsam
gegen das Gesetz vom Gesetzgeber sanktioniert wird. Weil
der Gesetzgeber entschlossen war, den Ungehorsamen zu
Willen zu sein und ihre Praxis in den Rang eines
Gehorsam fordernden Gesetzes zu erheben, vermied er es,
den Ungehorsam deutlich als solchen zu kennzeichnen. Im
Hinblick auf diese Absicht erscheint der Ungehorsam als
einfache Vorwegnahme einer kommenden Normierung. So klug
diese Taktik zu sein scheint — sie hat doch einen
entscheidenden Fehler. Man hat nämlich dabei vergessen,
dass Gehorsam in jeder Gemeinschaft unentbehrlich ist
und auch gegenüber den neuen Vorschriften, die jetzt —
aufgrund des Tuns der Ungehorsamen — geschaffen werden
sollen, erwartet wird. Deswegen steht die auf die
Bekräftigung der hergebrachten Weise der
Kommunionspendung folgende ernste Mahnung an Bischöfe,
Priester und Gläubige, dem in Kraft stehenden und
neuerlich eingeschärften Gesetz eifrigen Gehorsam zu
leisten, in einem nicht leicht auszuräumenden Gegensatz
zu der fehlenden Verurteilung der schwerwiegenden
Gesetzesübertretung.
3. Begründung der hergebrachten Praxis des Empfanges der
heiligen Kommunion
Die Instruktion stellt dann gegen die eigenmächtig
wiederaufgenommene Praxis der Handkommunion die
Geschichte des Übergangs von der Hand- zur Mundkommunion
dar. Schon zu der Zeit, in der die heilige Speise in die
Hand genommen wurde, mahnte man zu größter Ehrfurcht und
Sorgfalt im Umgang mit dem Leib des Herrn und sonderte
man Gläubige zum Dienst an dem Sakrament aus, womit auf
die Kostbarkeit, ja Einzigartigkeit dieser Speise
hingewiesen wurde. Im Besonderen wurde mit Rücksicht auf
die dem Leib des Herrn geschuldete Ehrfurcht die
Überbringung der Eucharistie an Abwesende bald (mox)
bestimmten Dienern vorbehalten. Das tiefere Eindringen
der Kirche in das unermessliche Geheimnis der
Eucharistie erforderte neue Formen des Umgangs mit dem
Leib des Herrn, namentlich bei Spendung und Empfang, die
ein angemessener Ausdruck der ihm geschuldeten Ehrfurcht
und Demut waren. So entstand die Gewohnheit, die heilige
Hostie auf die Zunge des Kommunikanten zu legen. Diese
Art der Kommunionspendung ist im allgemeinen, so
bestimmt die Instruktion schon an dieser Stelle, d. h.
mit den unten zu besprechenden Ausnahmen, beizubehalten.
Anschließend werden die Gründe für diese Anordnung
aufgezählt. An erster Stelle spricht für sie ihr Alter.
Die traditionelle Weise des Kommunionempfangs steht seit
mehreren Jahrhunderten in Übung. Für sie gilt der Satz:
Melior est condicio possidentis. Wichtiger als dieser
Grund ist der andere, dass hierdurch die schuldige
Ehrfurcht gegenüber dem Sakrament in geeigneter Weise
ausgedrückt wird. Diese Ehrfurcht wiederum ist ein
Zeichen des Glaubens. Sie zeigt an, dass hier nicht
gewöhnliche Speise und gewöhnlicher Trank dargeboten
werden, sondern Leib und Blut Christi.
Diesen dem Aufbau der Haltung des Christen vor der
heiligen Kommunion dienenden Gründen tritt ein den
Schutz der heiligen Eucharistie bezweckender Grund zur
Seite. Die hergebrachte Weise der Kommunion stellt
nämlich wirksamer sicher, dass die heilige Kommunion mit
gebührender Ehrfurcht, Schicklichkeit und Würde
ausgeteilt wird, dass die Gefahr der Entweihung der
Hostien abgehalten wird und dass die Bruchstücke der
Hostien sorgfältig aufbewahrt werden.
4. Die Befragung der Bischöfe des lateinischen Ritus
Die Instruktion hat jetzt die Gründe erschöpfend
aufgezählt, die für den hergebrachten Ritus des
Kommunionempfanges sprechen. Sie waren auch vor dem
Erlass der Instruktion allgemein bekannt. Ihnen zum
Trotz haben sich, „einige wenige Bischofskonferenzen und
manche Einzelbischöfe“, vermutlich dem Druck gewisser
Theologen folgend, an den Apostolischen Stuhl mit der
Bitte gewandt, für ihre Gebiete die Handkommunion zu
gestatten. Der Papst, eingedenk des auf dem Zweiten
Vatikanischen Konzil proklamierten Prinzips der
Kollegialität, wollte die Entscheidung über diese
Anträge nicht fällen, ohne den Episkopat der
Gesamtkirche zuvor gehört zu haben. Er ließ eine Anfrage
an jeden einzelnen Bischof der lateinischen Kirche
richten, ob es angebracht sei, den Ritus der
Handkommunion einzuführen. Der Papst nahm also eine
Befragung in einer an sich (zunächst) disziplinären
Angelegenheit vor. Aber er tat dies, weil er klar
erkannte, dass die veränderte Weise der
Kommunionspendung den Bereich der Disziplin, d. h. der
bloßen Ordnungsvorschriften, weit übersteigt. Er sah die
Gefahren der Verminderung der Ehrfurcht vor dem
Allerheiligsten Sakrament, der Entweihung desselben und
sogar der Verfälschung des Glaubens, die sich mit der
Wiedereinführung des in der Geschichte als unzulänglich
erwiesenen Ritus erhoben. Die Instruktion nimmt diese
Gefahren so ernst, dass sie weiter unten noch einmal von
dem Verlust der Ehrfurcht (reverentiae defectus) und dem
Entstehen falscher Auffassungen über die Eucharistie
(falsae de Sanctissima Eucharistia opiniones) möglichen
Folgen der veränderten Praxis spricht. Obwohl der Papst
die Entscheidung selbst rein aufgrund der sachlichen
Überlegungen hätte fällen können, ersuchte er die
Bischöfe um ihre Meinungsäußerung.
Es fällt auf, dass die Anfrage nur an die Bischöfe des
lateinischen Ritus gerichtet wurde. Die Bischöfe der
orientalischen Riten wurden nicht befragt. Vermutlich
geschah das deswegen, weil Anträge, die Handkommunion zu
gestatten, nur von Bischöfen des lateinischen Ritus an
den Apostolischen Stuhl gerichtet worden waren und die
ablehnende Haltung der Bischöfe der orientalischen Riten
in dieser Sache bekannt war bzw. präsumiert werden
konnte.
Dem Episkopat des lateinischen Ritus wurden nun drei
Fragen zur Beantwortung vorgelegt. Die Instruktion
veröffentlicht mit den Fragen zugleich die Antworten,
die bis zum 12. März 1969 eingegangen waren. Die
Befragung muss also Ende 1968 / Anfang 1969 angeordnet
und durchgeführt worden sein. Da nichts anderes gesagt
ist, ist anzunehmen, dass Diözesanbischöfe und
Hilfsbischöfe, Bischöfe, die sich im Amt befanden, und
solche, die auf ihr Amt verzichtet hatten, in gleicher
Weise befragt wurden.
Die erste Frage ging dahin, ob neben der überlieferten
Weise der Kommunionspendung auch der Empfang der
heiligen Kommunion in die Hand gestattet werden solle.
In ihrer Beantwortung wurden 2.135 Stimmen abgegeben.
Davon stimmten 567 mit Ja, 1.233 mit Nein, 315 mit
bedingtem Ja; 20 Stimmen waren ungültig.
An zweiter Stelle wurde gefragt, ob zuvor mit Zustimmung
des Ortsoberhirten Experimente dieses neuen Ritus in
kleinen Gemeinschaften veranstaltet werden sollten. Von
den 2.036 Antworten waren 751 bejahend, 1.215
verneinend; 70 Stimmen waren ungültig.
Die dritte Frage lautete, ob die Bischöfe glaubten, die
Gläubigen würden den neuen Ritus nach ordentlicher
katechetischer Vorbereitung gern annehmen. Diesmal gaben
2.148 Bischöfe ihre Stimme ab, und zwar 835 mit Ja,
1.185 mit Nein; 128 Stimmen waren ungültig.
Diese Abstimmungsergebnisse bedürfen einer sorgfältigen
Interpretation. Es fällt als erstes auf, dass die Zahl
der abgegebenen Stimmen bei den drei Fragen variiert.
Zwischen der höchsten (2.148) und der niedrigsten Zahl
(2.036) besteht ein Unterschied von 112. Das ist umso
merkwürdiger, als sich die Fragen an denselben
Personenkreis richteten und in ein und demselben
Zeitpunkt zu beantworten waren. Die Unterschiede lassen
sich nur so erklären, dass sich eine bei den drei Fragen
wechselnde Zahl von Bischöfen der Stimme enthalten hat.
Weiter sind die Stimmenthaltungen von den ungültigen
Stimmen unterschieden und nicht mitgezählt worden. Nur
so erklärt sich, dass sich, wenn man die Zahl der
abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen
zusammenrechnet, für die drei Fragen unterschiedliche
Summen (2.135, 2.036 und 2.148) ergeben. Unbekannt
bleibt, wie viele Bischöfe überhaupt auf eine
Beantwortung der Fragen verzichtet hatten bzw. ihre
Antwort erst nach dem 12. März 1969 der Kongregation für
den Gottesdienst zuleiteten.
Die hohe Zahl der Bischöfe, die bei der ersten Frage mit
bedingtem Ja (Placet iuxta modum) antworteten, war bei
der zweiten und dritten Frage verschwunden. Offenbar war
in diesen beiden Fragen den Bedenken, die sie abhielten,
auch die erste Frage zu bejahen, Rechnung getragen. Ihre
Gegnerschaft gegen die Handkommunion entsprang also
pädagogischen Rücksichten.
Es fragt sich, wie Stimmenthaltungen und ungültige
Stimmen zu werten sind. Vermutlich liegt beide Male ein
Protest gegen die Befragung bzw. gegen deren Inhalt vor.
Das lässt sich daraus erschließen, dass bei der Frage,
bei der die kompromissloseste und zugleich
weittragendste Entscheidung möglich war, nämlich bei der
ersten, die Zahl der Neinstimmen am höchsten und die
Gesamtzahl der Stimmenthaltungen und der ungültigen
Stimmen am niedrigsten sind. Indem die Gegner der
Handkommunion sich hier klar ausgesprochen hatten, sahen
jedenfalls die konsequentesten unter ihnen die
Beantwortung der beiden folgenden Fragen als überflüssig
an. In der Tat sind dies Abschwächungen der ersten Frage
und logisch mit ihr nicht zu vereinbaren.
Die hohe Zahl der ungültigen Stimmen bei der dritten
Frage könnte als Zeichen des Unwillens über die
Fragestellung gedeutet werden. Es ist denkbar, dass die
Väter, die hier ihre Stimme ungültig machten, der
düsteren Meinung waren, bei gehöriger Propaganda lasse
sich den Menschen beinahe alles suggerieren, natürlich
auch die Handkommunion, und dass sie deswegen die
Fragestellung als unangebracht ablehnten.
Die ebenfalls hohe Zahl der Jastimmen bei dieser Frage
wäre dann ebenso, nur in umgekehrter Richtung, zu
erklären. Sie drückte vermutlich die Zuversicht der
Bischöfe aus, das gläubige Volk — dank seiner
Anhänglichkeit an die Kirche und dank seines Vertrauens
zu den Bischöfen — auch für die neue Weise des
Kommunionempfanges gewinnen zu können.
Es ist nicht anzunehmen, dass den 1.185 mit Nein
stimmenden Bischöfen diese Einstellung in der Mehrheit
des Kirchenvolkes unbekannt war. Man hat dann in ihrer
Stimmabgabe weniger eine Aussage über die Möglichkeit,
das Volk an die Handkommunion zu gewöhnen, zu sehen als
vielmehr eine Erklärung über die von ihnen gewünschte
feste Haltung der Gläubigen gegenüber einer Praxis, die
sie selbst missbilligten, und über ihre eigene
Abneigung, das Volk an den von ihnen verurteilten Brauch
zu gewöhnen.
Möglicherweise sind die 128 ungültigen Stimmen aber auch
so zu verstehen, dass die Bischöfe ihre Skepsis darüber
ausdrücken wollten, dass das Volk den neuen Ritus gern
(libenter) annehmen werde.
Wie immer es auch um diese Überlegungen zur Deutung des
Abstimmungsergebnisses bestellt sein mag, eine Tatsache
ist unbestreitbar: Eine eindrucksvolle Mehrheit der
Bischöfe des lateinischen Ritus hat die fakultative
Einführung der Handkommunion abgelehnt. Die Instruktion
zieht denn auch aus dem eindeutigen Abstimmungsergebnis
den allein richtigen Schluss, dass nämlich die große
Mehrheit der Bischöfe eine Änderung der gegenwärtigen
Ordnung der Kommunionspendung ablehne, ja daran Anstoß
nehmen würde.
5. Die Entscheidung des Papstes
Die Befragung der Bischöfe hatte den Heiligen Vater in
seiner aus sachlichen Überlegungen gewonnenen Haltung
der Ablehnung der Handkommunion bestärkt. Aufgrund des
Votums der Bischöfe und angesichts der Wichtigkeit der
Sache und der Bedeutung der angeführten Argumente lehnte
der Papst — der hier selbst genannt wird — eine Änderung
der hergebrachten Weise der Kommunionspendung ab. Unter
Berufung auf diese seine Entscheidung (quapropter)
ermahnt der Apostolische Stuhl die Bischöfe und Priester
sowie die Gläubigen streng zum Gehorsam. Er gibt den so
Angesprochenen drei Motive für die Leistung des
geforderten Gehorsams: das Urteil der Mehrheit der
Bischöfe, die in Übung stehende Praxis der Kirche und
das Gemeinwohl der Kirche.
6. Die Zulassung der Handkommunion für bestimmte Orte
Man erwartet, dass die Instruktion „Memoriale Domini” an
dieser Stelle endet. Denn der Gegenstand ist erschöpft.
Das von einigen angefochtene Gesetz ist bestätigt, seine
Begründung erneut vorgelegt worden, die ihm
Unterworfenen sind entschieden zum Gehorsam gegen es
angehalten worden. Was übrig bleibt, so sollte man
annehmen, ist die Durchführung des Gesetzes, d. h. vor
allem die Unterbindung der Praxis der Handkommunion, die
„hie und da” im Ungehorsam gegen das Gesetz eingeführt
worden ist. Aber das Erstaunliche ist, dass die
Instruktion nach dem Gesagten gerade nicht abbricht. Es
folgt vielmehr ein Anhang. der, wie sogleich aufgewiesen
wird, in vollendetem Gegensatz zu dem bisherigen Tenor
der Instruktion steht und der der Instruktion nach deren
Fertigstellung angefügt wurde. Das Datum des 12. März
1969 für die Feststellung des Ergebnisses der Befragung
der Bischöfe lässt Schlüsse für den Zeitpunkt der
Anfertigung der ersten Redaktion der Instruktion zu. Sie
muss kurz nach dem 12. März 1969 liegen.
Gewisse Kreise, Theologen und Bischöfe, haben sich mit
dem nach der Abstimmung vorauszusehenden Entscheid des
Papstes nicht zufrieden gegeben. Sie sind vielmehr, als
das Ergebnis der Umfrage feststand, bei der Kongregation
für den Gottesdienst und dem Papst erneut vorstellig
geworden. Obwohl es dafür keine veröffentlichten
Dokumente gibt, ist es sicher, dass nach dem 12. März
1969 bzw. nach der Fertigstellung der Instruktion
„Memoriale Do ini” eine fieberhafte Tätigkeit der
Befürworter der Handkommunion einsetzte, die den Erlass
der Instruktion erheblich verzögerte und ihre bis dahin
klare Linie gänzlich umbog. Das Ergebnis ihrer
Bemühungen ist die zweite Redaktion der Instruktion, die
in der Fassung vom 29. Mai 1969 vorliegt. Auf diese
Kreise haben die durchschlagenden Argumente gegen die
Handkommunion, die beschwörenden Hinweise des Heiligen
Vaters und das Urteil der Mehrheit der Bischöfe, die
Mahnung der Kongregation für den Gottesdienst, den
geltenden Ritus und das Gemeinwohl der Kirche zu
bedenken, offensichtlich keinen Eindruck gemacht. Sie
haben vielmehr alles aufgeboten, um die drohende
Unterbindung der eigenmächtig eingeführten Handkommunion
zu verhindern und die Herausgabe der redaktionell fertig
vorliegenden Instruktion „Memoriale Domini” zu
verzögern, damit die ihnen wünschenswert erscheinenden
Änderungen in sie eingefügt würden.
Es ist erstaunlich, dass heute, wo in der Kirche sehr
viel von Demokratie, Wahlen, Abstimmungen und
Mehrheitsentscheidungen die Rede ist, der einwandfrei
ermittelte Mehrheitswille der Bischöfe der lateinischen
Kirche sich nicht durchsetzen konnte. Nach
demokratischen Prinzipien hätte es nahegelegen, dass die
Minderheit sich der Mehrheit gefügt und auf ihre
Sonderwünsche um der Einheit und Einheitlichkeit in der
Kirche willen verzichtet hätte. Aber die
Bischofskonferenzen von Deutschland, Belgien und
Frankreich vermochten sich zu einer solchen Anerkennung
der demokratischen Spielregeln nicht durchzuringen. Auch
die Mahnung, der Verbindung mit den anderen Ortskirchen
und mit der Gesamtkirche eingedenk zu sein, die die
Instruktion „Memoriale Domini” am Schluss aussprach,
hatte auf die Mehrheit der französischen, belgischen und
deutschen Bischöfe offensichtlich keinen Eindruck
gemacht.
Bei dem Erlass der Enzyklika „Humanae vitae” wurden
gegen den Papst schwerste Vorwürfe erhoben, weil er sich
nicht dem Votum der Mehrheit, sondern dem der Minderheit
jener Kommission, die zum Studium der anstehenden Fragen
berufen worden war, angeschlossen hatte. In dem Falle
der Handkommunion, wo nicht eine kleine Schar von
Theologen, sondern beinahe der gesamte Episkopat befragt
worden war, verlangte die unterlegene Minderheit, dass
der Papst ihr folge und die Meinungsäußerung der
Mehrheit unbeachtet lasse.
Das Bemerkenswerte ist, dass diejenigen Kreise, die sich
bei der Mehrheitsentscheidung der Bischöfe nicht
beruhigten, dieselben sind, die fortwährend mit dem
Kollegialitätsprinzip operieren und das
Bischofskollegium gegen den Papst ausspielen. Nun hatte
der Papst kollegial gehandelt und das Bischofskollegium
befragt. Aber was dabei herauskam, war diesen Kreisen
unbequem. So setzten sie das Kollegialitätsprinzip
beiseite. Diese Tatsache ruft den Verdacht wach, dass
manche in dem Kollegialitätsprinzip nur ein Instrument
sehen, ihre eigenen Vorstellungen dem Papst
aufzuzwingen.
Solange das Mittel zum gewünschten Erfolg führt, d. h.
sich in einer bestimmten Richtung ausspricht, ist es
willkommen.
Wenn es sich aber anders verhält, wird es aus der Hand
gelegt.
Das Erstaunliche geschah: Die ohne Rücksicht auf
Mehrheitsentscheidung und Kollegialitätsprinzip
agierenden Befürworter der Handkommunion hatten Erfolg.
Der Heilige Vater schenkte ihnen Gehör. Er setzte eigene
und fremde Bedenken beiseite. Der Präfekt der
Kongregation für den Gottesdienst, Benno Kardinal Gut,
wehrte sich nach seiner eigenen Aussage beim Heiligen
Vater „bis zum äußersten” gegen die Zulassung der
Handkommunion. Der Heilige Vater gab jedoch dem Drängen
der genannten Bischöfe nach, und die Kongregation musste
dann das Dekret in der veränderten Gestalt
veröffentlichen.
Die Erwartung, es würden nun, nach der oben geschehenen
Einschärfung des geltenden Gesetzes, die
Gesetzesübertreter zur Achtung vor dem Gesetz und gegen
den Papst zurückgerufen, war also trügerisch. Dies
geschah nicht, sondern das gerade Gegenteil. Ihr
Ungehorsam wurde anerkannt, honoriert, mit Gesetzeskraft
ausgestattet. An den fertig vorliegenden Text der
Instruktion, von mir Corpus genannt, wurden zwei Absätze
angehängt, die alles Vorhergehende desavouieren, ja in
vollendetem Gegensatz dazu stehen.
Dieser Anhang, der ein Nachtrag ist, befasst sich mit
den Orten, in denen eine gegenteilige Übung der
Kommunionspendung schon Wurzel geschlagen hat. Er
enthält nicht wenige Ungereimtheiten und Unklarheiten.
Gleich am Anfang ist zu fragen, was unter den Worten
„dort, wo eine gegenteilige Übung schon eingebürgert
ist” zu verstehen ist. Wird die Wendung ernstgenommen,
dann kann er nur die Orte bzw. Kirchen besagen, in denen
die Handkommunion seit geraumer Zeit üblich ist. Denn
nur dort kann sinnvoll von einer Praxis gesprochen
werden, wo sie tatsächlich geübt wird. Es wird also eine
in der Vergangenheit begonnene und jetzt noch bestehende
Übung angesprochen, die auf bestimmte Orte beschränkt
ist. Damit ist an sich jeder künftigen Ausweitung ein
Riegel vorgeschoben.
Man fragt sich weiter, was es heißen soll, eine
„gegenteilige Übung” (contrarius usus) habe „sich schon
eingebürgert” (iam invaluerit). Von der Bildung eines
Gewohnheitsrechts kann selbstverständlich nicht die Rede
sein. Denn die dazu erforderliche 40jährige Dauer der
Übung wird bei der Spendung der Handkommunion auch nicht
annähernd erreicht, von den anderen Voraussetzungen
einmal abgesehen. Sogar in Holland dürfte der Brauch
nicht älter als 6-7 Jahre sein.
Offenbar stellt die Instruktion einfachhin auf das
Faktum einer „gegenteiligen Übung” ab, ohne irgendwelche
Voraussetzungen an die zeitliche Dauer zu stellen. Es
ist auch schwer zu bestimmen, wann die „gegenteilige
Übung” als „eingebürgert” zu gelten hat. Es fragt sich,
ob dies gegeben ist, wenn beispielsweise einige
Studentenpfarrer die ihnen Anvertrauten zu der Praxis
verleitet haben oder wenn die Handkommunion in 10
Pfarreien von 250 einer Diözese von 2 Prozent der
Gläubigen geübt wird. Hier bleibt beinahe alles offen.
Die Instruktion sieht in keinem Falle die Einführung der
Handkommunion an Orten vor, in denen sie zum Zeitpunkt
ihres Erlasses noch nicht „eingebürgert” war. In jedem
Falle muss eine „gegenteilige Übung” in der
Vergangenheit begonnen haben und zum Zeitpunkt des
Erlasses der Instruktion noch anhalten. Dies ist die
Voraussetzung für die folgenden Bestimmungen.
Das Nachgeben des Apostolischen Stuhles gegenüber dem
Andringen einiger Bischofskonferenzen, die ihrerseits
wieder unter dem Druck gewisser Theologen und der von
diesen entfachten Wirbel stehen, wird in der Instruktion
mit den Zeitumständen begründet. Das bedeutet jedoch den
Verzicht auf eine Begründung, die nicht möglich ist. Da
alle sachlichen Argumente für die überlieferte Weise der
Kommunionspendung sprechen und solche daher für die
veränderte Form der Kommunionspendung nicht mehr zur
Verfügung stehen, verweist man auf den Druck als Grund
für das Nachgeben gegenüber dem Druck und benutzt den
Druck, der auf die Bischöfe ausgeübt wird, als Erklärung
für das Zurückweichen vor dem Druck, den diese auf den
Apostolischen Stuhl ausüben. Offensichtlicher kann die
Weise, wie heute Gesetze der Kirche zustandekommen,
schwerlich aufgedeckt werden.
Die Instruktion überlässt es den Bischofskonferenzen,
da, wo sich eine gegenteilige Übung „eingebürgert“ hat,
die „etwaigen besonderen Umstände”, die das
Weiterbestehen der Übung nahe legen (so ist zu
ergänzen), „abzuwägen“.
Die hinzugefügte Bedingung, dass gegen Gefahren für
Glaube und Ehrfurcht Vorsorge getroffen werde und dass
andere Unzuträglichkeiten beseitigt würden, ist
angesichts der vorher gegen die Praxis erhobenen
schweren Bedenken wenig glaubwürdig; sie dient
vermutlich, wie bei derartigem Zurückweichen üblich, der
Beschwichtigung der Bedenken, die gegen ein Abgehen von
der überkommenen Weise der Kommunionspendung nach wie
vor bestehen, und zur notdürftigen
Verkleisterung des Bruches, der zwischen dem Anhang und
dem Corpus der Instruktion klafft.
Die Bischofskonferenzen der Länder, in denen die
Handkommunion „schon eingebürgert ist“, haben
Überlegungen über deren Beibehaltung anzustellen. Sie
sind mit einer geheimen Abstimmung abzuschließen, für
die eine Zweidrittelmehrheit vorgeschrieben ist. Der
Beschluss mit Begründung ist dem Heiligen Stuhl zur
Bestätigung vorzulegen. Nach der Anmerkung liegt hier
eine Bestätigung im Sinne des Art. 38 Ziff. 4 des
Dekretes „Christus Dominus” des Zweiten Vatikanischen
Konzils vor. Das heißt: Ein solcher vom Heiligen Stuhl
bestätigter Beschluss der Bischofskonferenz besitzt
rechtliche Verbindlichkeit. Im vorliegenden Fall besteht
die Verbindlichkeit darin, dass jedes Mitglied der
Bischofskonferenz, das Ortsoberhirt ist, berechtigt ist,
die Handkommunion in seinem Gebiet freizugeben.
In den letzten Jahren sind mehrfach für bestimmte
Gegenstände Beschlüsse von Bischofskonferenzen zur
Erlangung von Ermächtigungen vorgesehen (und gefasst)
worden, bei denen es den einzelnen Bischöfen
freigestellt wurde, ob sie sich der ihnen erteilten
Ermächtigung bedienen wollten oder nicht. Ein derartiges
Verfahren scheint die Freiheit des einzelnen Bischofs
gegenüber einer Neuerung zu wahren. In Wirklichkeit hat
er in den meisten Fällen keine Wahl.
Wenn erst einmal einige Bischöfe des Gebietes einer
Bischofskonferenz eine populäre oder populär gemachte
Änderung einführen, lässt sich deren Übergreifen auf
andere Diözesen desselben Gebietes kaum je verhindern.
Es setzt ein Druck auf die ablehnenden Bischöfe ein, der
sich bis zum gesellschaftlichen Zwang steigern kann und
sie über kurz oder lang nötigt, dasselbe zuzulassen, was
in benachbarten Bistümern eingeführt wurde. Die
rechtliche Freiheit des Einzelbischofs ist also bei
einem derartigen Verfahren der Bischofskonferenzen durch
die öffentliche Nötigung paralysiert.
Der Heilige Stuhl verheißt eine genaue Prüfung eines
jeden Einzelfalles, in dem eine Bischofskonferenz den
Antrag auf Zulassung der Handkommunion stellt, also
keineswegs eine durchgängige Gutheißung. Bei der Frage
der Gewährung der Bestätigung will sich der Heilige
Stuhl vor allem von dem Blick auf die Verbindung leiten
lassen, die zwischen den einzelnen Ortskirchen
untereinander und einer jeden von ihnen mit der
Gesamtkirche besteht, um das Gemeinwohl und die
gemeinsame Erbauung voranzubringen und um den Glauben
und die Frömmigkeit zu fördern, was von dem
gegenseitigen Beispiel zu erhoffen ist. Man kann aus
diesen Bemerkungen herauslesen, dass der Apostolische
Stuhl beabsichtigt, die Einführung der Handkommunion
nicht für eine einzelne Diözese, sondern nur für ein
größeres Gebiet zu gestatten.
Es ist klar, dass dieses Verfahren — Prüfung und
Überlegungen der Bischofskonferenz, Abstimmung, Vorlage
des Beschlusses zur Bestätigung, Bestätigung durch den
Apostolischen Stuhl — ein Gesetzgebungsverfahren für das
Jurisdiktionsgebiet einer Bischofskonferenz ist. Mit
diesen Vorschriften des Anhangs der Instruktion hat der
Apostolische Stuhl wider seine bessere Überzeugung dem
Drängen gewisser Bischofskonferenzen, vielleicht auch
nur dem Drängen
der Vorsitzenden gewisser Bischofskonferenzen
nachgegeben. Diese wollten den Teil ihres Klerus und
ihrer Gläubigen, der das in Kraft stehende Gesetz über
die Kommunionspendung missachtete, dessen Übertretung
sie geduldet oder ermuntert hatten, nicht mehr zum
Gehorsam zurückführen.
Vielleicht gebrach es ihnen — außer an Festigkeit — auch
an Demut, die bereit gewesen wäre einzugestehen, dass
Pflichten der Aufsicht versäumt worden waren. Um selbst
nicht in die Verlegenheit zu kommen, die Duldung und
Ermunterung des Ungehorsams rückgängig machen zu müssen,
muteten sie dem Heiligen Stuhl zu, sie zu decken, indem
durch die Gesetzgebung aus Unrecht Recht wurde. Diese
Kette beschämender Vorgänge ist nichts anderes als eine
Kapitulation vor den im Ungehorsam geschaffenen Fakten.
Nach dem hier vorliegenden Präzedenzfall kirchlicher
Gesetzgebung hat die Bischofskonferenz nur die Aufgabe,
der „Vorhut” zu folgen, die im Ungehorsam geborene Übung
mit Gesetzeskraft auszustatten. Die Instruktion
bezeichnet dies mit den Worten „ad eiusmodi usum recte
ordinandum“.
7. Die Widersprüche der Instruktion
Die Instruktion „Memoriale Domini” wird in die
Geschichte eingehen als ein Dokument der Widersprüche.
Sie sollen zum Schluss dieses Abschnittes noch einmal
zusammenfassend aufgezeigt werden.
Es ist auf den ersten Blick zu erkennen, dass die
Instruktion zwei Stellungnahmen zu der Frage der
Handkommunion enthält, die nicht miteinander vereinbart
werden können. Sie erklären sich aus der Weise ihres
Zustandekommens.
Der ursprüngliche Text der Instruktion endete mit dem
Wort „respicientes”. Die beiden Abschnitte der
Instruktion, die mit „Sicubi” und „Porro” beginnen,
waren in der ersten Redaktion der Instruktion nicht
enthalten; sie sind nachträglich angefügt worden. Aber
auch im Corpus der Instruktion sind bei der
Schlussredaktion Änderungen vorgenommen worden, die
deutlich von dem ursprünglichen Text zu unterscheiden
sind. Dies ergibt sich aus inhaltlichen und
stilistischen Kriterien.
Der gesamte ursprüngliche Text der Instruktion — ohne
gewisse Einfügungen und ohne die beiden Abschnitte
„Sicubi” und „Porro” — entscheidet sich so eindeutig für
die traditionelle Weise des Kommunionempfanges, dass
daneben der Gedanke einer zulässigen zweiten Art keinen
Platz hat. Alle Argumente für die Mundkommunion werden
zustimmend angeführt, alle Einwände dagegen als
unbeachtlich abgetan. Das Corpus der Instruktion sieht
alle die Werte, die bei der Mundkommunion verwirklicht
werden, bei der Handkommunion gefährdet. Es wäre
unbegreiflich, wie angesichts solch massiver Unterbauung
der traditionellen Weise der Kommunionspendung eine
andere, gegenteilige Praxis in ein und demselben
Dokument hätte zugelassen werden können, wenn dies nicht
durch eine nachträgliche Überarbeitung geschehen wäre.
Diese hat auch terminologisch ihre Spuren hinterlassen.
Wenn man im Anhang der Instruktion die im Corpus
verurteilte Handkommunion doch zuließ, musste man
bestrebt sein, die mit ihr verbundenen Nachteile
abzuschwächen. Dies ist auch geschehen. Man vergleiche
die Schilderung der Gefahren, die bei der Handkommunion
entstehen, im Corpus der Instruktion und in dem
nachträglich eingefügten Teil. In ersterem ist in
starken Ausdrücken von „minor erga Augustum altaris
Sacramentum reverentia“, von „eiusdem Sacramenti
profanatio“ und „rectae doctrinae adulteratio“ die Rede.
In letzterem stehen die vergleichsweise milden Wendungen
„reverentiae defectus“, „falsae de Sanctissima
Eucharistia opiniones” und „alia incommoda”. Dass
Gefahren bei der Handkommunion bestehen, konnte auch im
Nachtrag nicht geleugnet werden. Da man sich aber
entschlossen hatte, diese zu gestatten, mussten sie im
Nachtrag gegenüber dem Corpus der Instruktion, das mit
der Gestattung der Handkommunion nicht rechnete, relativ
gering angesetzt werden.
In der ersten Redaktion der Instruktion wurde die
Beibehaltung der traditionellen Praxis der
Kommunionspendung fest und ausnahmslos statuiert: „Hic
sanctam Communionem distribuendi modus servari debet.”
In der Schlussredaktion wurde dieser Befehl durch eine
Einfügung zwischen den Worten „modus” und „servari”
erheblich abgeschwächt. So lautet der endgültige Text:
„Hic sanctam Communionem distribuendi modus, hodierno
Ecclesiae statu in Universum considerato, servari
debet“. Die Beibehaltung kann infolge der Einfügung am
Schluss nicht mehr ausnahmslos, sondern nur noch als
Regel festgesetzt werden, und sie gilt auch nicht mehr
für alle Zukunft, sondern nur für die Gegenwart. Die
Einfügung, die die Worte „servari debet abschwächt,
stößt sich deutlich mit den Worten: „Summo Pontifici non
est visum modum iamdiu receptum sacrae Communionis
fidelibus ministrandae immutare”. Denn diese vertragen
keine Einschränkung.
Wenn einerseits an der überkommenen Weise der
Kommunionspendung nichts geändert, andererseits aber der
Ritus der Handkommunion in bestimmten Grenzen zugelassen
wird, dann ist das ein Widerspruch, der durch keine
logische Operation ausgeräumt werden kann.
Die etwaigen „besonderen Umstände” (peculiaria adiuncta,
si quae sunt), die nach dem Anhang die
Bischofskonferenzen, die der Handkommunion geneigt sind,
bedenken sollen, sind ja doch schon bei der Umfrage, die
nach dem Corpus der Instruktion an die Bischöfe
gerichtet wurde (singuli universi Ecclesiae latinae
Episcopi), bedacht worden. Sie waren also dem
Apostolischen Stuhl bekannt, als er sich entschloss, an
der überkommenen Weise des Kommunionempfanges
festzuhalten. Es ist nicht zu erkennen, welche neuen
Gesichtspunkte in der Zeit von März bis Mai 1969
aufgetreten sein sollen, die eine Revision der damaligen
Meinungsäußerung forderten.
Das Corpus der Instruktion sagt, es sei der Wille der
Mehrheit der Bischöfe, die hergebrachte Weise der
Kommunionspendung keineswegs zu ändern, ja diese und der
größere Teil der Gläubigen nähmen an einer Änderung, d.
h. an der Zulassung der Handkommunion, Anstoß zum
Schaden ihrer Frömmigkeit; es erklärt kategorisch, dass
die traditionelle Form des Kommunionempfanges notwendig
zum höchst fruchtbaren Empfang gehört. All dem zum Trotz
wird dann doch ein Weg eröffnet, die Handkommunion zu
praktizieren. Die befürchteten Schäden, der Anstoß bei
Bischöfen und Gläubigen und die Minderung der
Fruchtbarkeit des Kommunionempfanges, werden also
bewusst in Kauf genommen, um einigen Bischofskonferenzen
zu Willen zu sein.
Das Corpus der Instruktion erklärt, dass der Übergang
von der Handkommunion zur Mundkommunion in der
Geschichte der Kirche aus dogmatischen Gründen vollzogen
wurde. Die tiefere Erkenntnis des Inhaltes des
eucharistischen Opfersakramentes verlangte nach einem
gesteigerten Ausdruck der Ehrfurcht und der Demut. Mit
Absicht hebt schon der erste Satz der Instruktion
hervor, dass die Kirche „eben durch den Ritus“ (ipso
ritu) ihren Glauben an Christus und die Anbetung des im
Opfer gegenwärtigen Christus bezeugt. Eben wegen des im
Ritus geschehenden Zeugnisses (hac de causa) genügt es
nicht, dass die Eucharistie in irgendeiner Weise
gefeiert bzw. mitgefeiert wird, sondern in einer
„möglichst würdigen” Weise. Eine Rückkehr zu der
aufgegebenen Form wäre danach, logisch betrachtet, nur
möglich, indem auf ein früheres Stadium des
Eucharistieverständnisses zurückgegangen wird, also die
Definition Allgemeiner Konzilien, die Lehre zahlreicher
Päpste und unzähliger Bischöfe und die Arbeit großer
Theologen beiseitegesetzt werden.
Ein solches Vorgehen wäre jedoch nicht nur unkatholisch,
es wäre vielmehr die Selbstpreisgabe der Kirche.
Trotzdem wird im Anhang die Wiedereinführung der
Handkommunion zugelassen, gegen die alle diese
dogmatischen Gründe stehen, und eine Form des
Kommunionempfanges gestattet, die dem Erfordernis der
größtmöglichen Entsprechung zwischen Inhalt und Form
nicht genügt.
Man kann schließlich schwerlich für die „Einbürgerung”
(invaluerit) der Handkommunion, die noch kein Jahrzehnt
alt ist, denselben Ausdruck gebrauchen wie für die
„Einbürgerung” (invaluit) der Kommunion unter einer
Gestalt, die zur Zeit des Tridentinums Jahrhunderte alt
war.
So führt kein Weg darum herum: Die Instruktion
„Memoriale Domini” ist ein Gesetz mit unaufhebbaren,
schwerwiegenden inneren Widersprüchen. Sie sind durch
eine zweite Redaktion in sie hineingekommen und stehen
unausgeglichen nebeneinander.
Trotz der in ihr ausgesprochenen grundsätzlichen
Zulassung der Handkommunion ist die Instruktion für
deren Anhänger kein ganz erfreuliches Dokument. Ihr
massiver Einsatz für die überkommene Weise des
Kommunionempfanges macht sie ungeeignet, bei der
Propagierung der Handkommunion verwendet zu werden. Es
ist bezeichnend, dass die Instruktion m. W. von den
meisten deutschen Bischöfen bis zur Stunde weder in den
Amtsblättern noch in deren Beilagen veröffentlicht
worden ist. Diese Unterlassung ist umso befremdlicher,
als die Amtsblätter der letzten 10 Jahre zahllose
Abdrucke von Dokumenten und Texten, die auf liturgische
Fragen Bezug haben, enthielten. Der Grund für das
Versäumnis kann vielleicht in der Absicht gefunden
werden, die in ihr ausgesprochene gequälte Zulassung der
Handkommunion nicht von deren Gegnern benutzen zu
lassen, um die traditionelle Weise des
Kommunionempfanges als einzige beizubehalten.

1. Funktion
Die Handkommunion wurde durch die Instruktion „Memoriale
Domini” als grundsätzlich zulässig erklärt. Um sie im
Einzelfall in erlaubter Weise praktizieren zu dürfen,
bedarf es jedoch des oben beschriebenen Verfahrens, also
des Zusammenwirkens von Bischofskonferenz und
Kongregation für den Gottesdienst. Die Kongregation für
den Gottesdienst arbeitete das Formular eines Indultes
aus, das, in die Landessprache übersetzt, an jene
Bischofskonferenzen gesandt wurde, die rechtmäßig den
Antrag gestellt hatten, die Handkommunion praktizieren
zu dürfen. In den „Acta Apostolicae Sedis” wurde die
französische Fassung des Formulars abgedruckt. Das
Indult erteilt jedoch nicht nur die Genehmigung, die
Austeilung der heiligen Kommunion in die Hand gestatten
zu dürfen, falls der Heilige Vater die vorgebrachten
Gründe als stichhaltig befindet und der Antrag mit der
erforderlichen Mehrheit gestellt ist, sondern es
beansprucht auch, wie die Vorbemerkung seines Abdrucks
erklärt, die Instruktion nach der pastoralen Seite zu
ergänzen.
2. Überschreitung des Rahmens der Instruktion
Dieses Indult ist nun außerordentlich aufschlussreich
für die Tatsache, dass heute selbst der Apostolische
Stuhl im Umgang mit dem Recht unsicher geworden ist. Das
Indult spricht nicht — wie die Instruktion „Memoriale
Domini” — davon, dass eine „gegenteilige Übung”, die
„schon eingebürgert ist”, jetzt „recht geordnet” werden
soll. Es erklärt offen, dass es um die „Einführung”
eines „neuen Ritus” der Kommunionspendung geht“ und
verlässt damit den von der Instruktion gezogenen Rahmen.
Es fragt sich, ob ein Indult, das kraft Ermächtigung
durch eine Instruktion erteilt wird, die aufgrund eines
Spezialmandates des Papstes erlassen und von ihm
speziell approbiert worden ist, in wesentlichen Punkten
von dieser abweichen darf. Die Frage ist zu verneinen.
Instruktion und Indult liegen, rechtlich gesehen, nicht
auf derselben Ebene. Vielmehr ist die Instruktion eine
Norm höheren Ranges; sie ist die rechtliche Grundlage
des Indults.
Die Instruktion legt die Voraussetzungen fest, unter
denen eine Genehmigung in Gestalt eines Indults erteilt
werden kann. Liegen jene nicht vor, kann diese nicht
gegeben werden. Indem das Indult teilweise die
Voraussetzungen ignoriert, die von der Instruktion
aufgestellt werden, setzt es sich in Gegensatz zu
dieser. Da es aber seine rechtliche Existenz der in der
Instruktion prinzipiell erteilten Ermächtigung verdankt,
kann es den von der Instruktion gezogenen Rahmen nicht
überschreiten, ohne unwirksam zu werden.
Das Indult geht aber nicht nur im Hinblick auf die
Voraussetzungen von der Instruktion ab. Die Bedingungen,
die das Indult aufstellt, damit der einzelne
Ortsoberhirt (nach vorgängiger Erteilung der Genehmigung
an die zuständige Bischofskonferenz) die Handkommunion
in seiner Diözese einführen kann, sind Vermeidung von
Verwunderung der Gläubigen und Vermeidung der Gefahr der
Verunehrung. Dabei sind zwei ausschlaggebende Gründe,
die die Instruktion für die Beibehaltung der
traditionellen Weise der Kommunionspendung anführt, die
Gefahr der Profanation des Sakramentes (z. B. durch
herabfallende Teile) und die Gefahr der Verfälschung der
Glaubenslehre ausgelassen. Diese Verkürzung der
Bedingungen zur Zulassung der Handkommunion ist um so
überraschender, als gerade die Beseitigung der Gefahr
für das Auftreten falscher Lehren aufgrund der
veränderten Praxis von der Instruktion an der Stelle, an
der von der Gestattung der „gegenteiligen Übung” der
Handkommunion die Rede ist, noch einmal ausdrücklich zur
Bedingung gemacht wurde. Das Indult stimmt insofern
nicht mit der Instruktion überein. Weiter unten gibt das
Indult zwar zu erkennen, dass es um beide Gefahren weiß.
Aber sie erscheinen nur als Gegenstand der Katechese,
sind keine Bedingungen der Einführung der Handkommunion
in einer Diözese.
3. Dispositiver Teil
Der dispositive Teil des Indults enthält sieben Punkte.
Das Indult hebt als ersten Punkt seiner
Ausführungsbestimmungen die Wahrung der Freiheit bei der
Form des Kommunionempfanges hervor. Beide Weisen sind
gleichberechtigt. Zwischen ihnen besteht eine
Koexistenz. Mit seltener Hellsichtigkeit sieht das
Indult voraus, dass der Progressismus darauf aus ist,
die herkömmliche Weise der Kommunion zu verdrängen. Es
setzt sich daher entschieden für das Recht der Gläubigen
ein, auch dann die Hostie auf die Zunge zu empfangen,
wenn andere die Handkommunion üben.
Ebenso ahnt das Indult den Zank und die Zwietracht, die
sich in den Gemeinden künftig ob der verschiedenen
Formen des Kommunionempfanges erheben werden, und das
bei dem Sakrament der Einheit und Liebe.
Das Indult warnt dann vor unterschiedsloser, rascher und
plötzlicher Einführung der Handkommunion. Es fordert
Vorbereitung und stufenweise sich vollziehende
Einführung, zuerst in besonderen und gut vorbereiteten
Gruppen und nach einer angemessenen Unterweisung.
Die Autoren des Indults scheinen sich nicht darüber klar
zu sein, wie schwach der Glaube – auch und gerade der
Glaube an die Gegenwart des verklärten Leibes des Herrn
im Sakrament – und wie gering die Ehrfurcht heute sind,
wie groß vor allem die allgemeine Gleichgültigkeit in
bezug auf Erhaltung des Glaubens und Wahrung der
Ehrfurcht ist. Sonst könnten sie nicht in dieser zweiten
Ausführungsbestimmung von dem Bild von Gemeinden
ausgehen, die im wesentlichen intakt sind.
Die Handkommunion konnte doch nur aufkommen und ihren
Siegeszug antreten, weil die übergroße Mehrheit der
Katholiken unsicher im Glauben, unwillig zu sittlicher
Anstrengung und zum Bequemen geneigt ist. Es ist doch
heute weitgehend dahin gekommen, dass man „den Leib
nicht unterscheidet” (1 Kor 11, 29).
Erstaunlich realistisch zeigt sich das Indult, wenn es
in Nr. 3 der Durchführungsbestimmungen davor warnt, die
veränderte Weise der Kommunionspendung zum Anlass zu
nehmen, den vollen Inhalt der Eucharistie preiszugeben.
Die Handkommunion soll im Gegenteil den Glauben des
Empfängers an die Wirklichkeit der leibhaftigen
Gegenwart des Herrn, den er mit seinen Händen berührt,
vermehren. Seine Ehrfurcht soll seinem Tun entsprechen.
Wie die Vermehrung des Glaubens infolge der veränderten
Praxis vor sich gehen soll, wird nicht angegeben. Man
wird diese optimistische Wendung des Indults nach allen
Erfahrungen als eine Leerformel bezeichnen müssen.
Im Zusammenhang damit wird noch auf eine andere von der
Handkommunion erhoffte positive Wirkung hingewiesen.
Sie soll nämlich in dem Empfänger das Bewusstsein seiner
Würde als Glied des Mystischen Leibes Christi vermehren.
Das Argument der Würde der Person war ja im Zusammenhang
mit der Propagierung der Handkommunion besonders gern in
den Vordergrund gestellt worden. Man hatte teilweise die
Spendung der heiligen Kommunion in den Mund als mit der
Würde der Person unverträglich ausgegeben. Die
Instruktion hatte aber derartigen Behauptungen gerade
eine Abfuhr erteilt, und man ist überrascht, das von der
Instruktion abgewiesene Argument in dem Indult wieder
auftauchen zu sehen, freilich mit dem Unterschied, dass
das Indult nicht auf die Würde der Person, sondern auf
die Würde des Kirchengliedes abstellt.
Das Indult kommt in Nr. 4 seiner
Durchführungsbestimmungen auf den praktischen Vollzug
der Handkommunion zu sprechen. Es stellt dabei zwei
Möglichkeiten zur Wahl. Das ist deswegen erstaunlich,
weil die Instruktion nur eine Weise der Handkommunion
kennt. Sie besteht darin, dass der Spender der hl.
Kommunion die hl. Hostie den Gläubigen in die Hand legt.
Das Indult geht darüber hinaus und schlägt eine zweite
Form der Handkommunion vor, die darin besteht, dass der
Gläubige die Hostie unmittelbar aus dem Gefäß nimmt.
Diese Weise steht aber nun in Widerspruch zu der
Begründung der Handkommunion. Denn diese zielte ja
gerade darauf, dass der Gestus des Gebens und Empfangens
durch das Ausstrecken der Hand und das Darreichen der
Hostie in diese angeblich besser versinnbildlicht würde
als bei der Kommunion in den Mund. Der Gestus wird aber
zerstört, wenn jeder selbst in das Ziborium hineinlangt.
Indes dürften sich die Anhänger der Handkommunion bei
diesem Widerspruch nicht lange aufhalten. Da keines
ihrer Argumente wirklich zutreffend oder gar
durchschlagend ist, vielmehr alle nur dazu dienen, eine
vorgefasste Meinung zu „stützen”, spielt es keine Rolle,
wenn sie durch die weitere Entwicklung außer Kurs
gesetzt werden.
Um letzte Bedenken gegen die Handkommunion zu
beschwichtigen, die in den Autoren des Indults selbst
aufgestiegen sind, wird bestimmt, dass der Gläubige „in
jedem Fall” die Hostie verzehren muss, bevor er an
seinen Platz zurückkehrt.
Später, in Nr. 5 der Durchführungsbestimmungen des
Indults, wird die Gefahr der Profanation konkretisiert.
Dort wird aufgefordert, achtzugeben, dass Bruchstücke
der Hostie nicht zu Boden fallen und verstreut werden.
Beides wird in vielen Fällen unvermeidlich sein. Denn
oft lösen sich Teilchen von der Hostie, vor allem von
ihrem Rand, zumal bei den bröseligen sog. Brothostien,
die seit einigen Jahren in manchen Ländern, wie in
Deutschland, verwendet werden. Diese Teilchen bleiben in
der Hand zurück, werden abgestreift und fallen zu Boden.
Ihr Verlust wäre nur vermeidbar, wenn die Gläubigen die
Hand mit der Zunge ablecken würden. Diese Sorgfalt ist
jedoch nie beobachtet worden. Der Hinweis auf die
erforderliche Sauberkeit der Hände ist ein schwacher
Nachklang jener Sorgfalt, die diesem Gegenstand im
christlichen Altertum gewidmet wurde.
Die Handkommunion wird nach Nr. 6 der
Durchführungsbestimmungen des Indults unanwendbar, wenn
die Kommunion unter zwei Gestalten in der Form gespendet
wird, dass die heilige Hostie in das heilige Blut
getaucht wird. Die Verfechter der Handkommunion, die zum
erheblichen Teil auch Propagatoren der Kommunion unter
beiden Gestalten sind, geraten hier in eine schwierige
Lage. Sie wollen weder auf das eine noch auf das andere
verzichten. Vermutlich werden sie auf andere Formen der
Kommunion unter beiden Gestalten auszuweichen versuchen.
Das behebt zwar die eine Schwierigkeit, bringt aber eine
neue mit sich. Denn wenn das heilige Blut aus dem
gemeinsamen Kelch getrunken wird, machen sich die
hygienischen Gründe, die angeblich gegen die
Mundkommunion sprechen, in verstärktem Maße geltend.
Wird es aber durch ein Löffelchen gereicht, ist man
wieder bei der Mundkommunion angelangt, die als
unpassend abgelehnt wird. Es ist wirklich nicht leicht,
ein konsequenter Verfechter der Handkommunion zu sein.
Auch nach amtlicher Einführung der Handkommunion sind
offenbar nicht alle Sorgen des Heiligen Vaters
vertrieben.
Denn in Nr. 7 der Durchführungsbestimmungen des Indults
werden die Bischöfe, denen die Erlaubnis zur Einführung
der neuen Mode der Kommunion gegeben wurde, gebeten,
nach sechs Monaten einen Erfahrungsbericht an die
Kongregation für den Gottesdienst einzusenden. Es fragt
sich, ob es günstig ist, dieselben zum Bericht über eine
Praxis einzuladen, die diese aus angeblich gewichtigen
Gründen eingeführt haben. Denn ihnen fehlt meist die
kritische Distanz gegenüber ihrem eigenen Tun. Der
Erfassung der Wirklichkeit wäre besser gedient, wenn
ausgewählte, unabhängige Persönlichkeiten mit der
Untersuchung der Praxis der Kommunionspendung und mit
der Berichterstattung über sie betraut würden.

1. Erteilung des Indults
Als die am 29. Mai 1969 datierte Instruktion „Memoriale
Domini” erlassen wurde, lagen bereits die Anträge
mehrerer mittel- bzw. westeuropäischer
Bischofskonferenzen auf Zulassung der Handkommunion vor.
Ihre Genehmigung ist offenbar pauschal, ohne
Differenzierung nach Ländern und Gegebenheiten, erteilt
worden. Denn die entsprechenden Schreiben an die
Deutsche und die Französische Bischofskonferenz datieren
von demselben Tage, dem 6. Juni 1969.
Die Kürze der Zeit zwischen dem Erlass der Instruktion
und der Erteilung des Indults zeigt die verwunderliche
Eile, mit der Bischofskonferenzen und Apostolischer
Stuhl sich bemühten, die im Ungehorsam eingeführte
Praxis zu legalisieren.
Als das Indult erteilt wurde, war die Schwebefrist des
Gesetzes, auf dem es beruht, nämlich der Instruktion
„Memoriale Domini”, noch keineswegs abgelaufen. Sie
endete rechtens mit dem Ablauf des 8. November 1969. Es
ist unerfindlich, wie eine Ermächtigung – das Indult –
soll rechtswirksam erteilt werden können, bevor das
Gesetz – die Instruktion —, das zu der Erteilung der
Ermächtigung berechtigt, in Kraft getreten ist.
2. Benutzung des Indults
Das an den Vorsitzenden der Bischofskonferenz
adressierte Indult des Apostolischen Stuhles enthält,
wie gesagt, nicht eine Verpflichtung, sondern eine
Ermächtigung der der Konferenz angehörigen Bischöfe, die
Handkommunion zu gestatten.
Jeder einzelne Bischof muss für sein Gebiet davon
Gebrauch machen, falls er die Einführung dieser Art des
Kommunionempfanges wünscht.
Wie zu erwarten war, hat ein deutscher Bischof nach dem
anderen die Handkommunion in seiner Diözese freigegeben.
Faktisch blieb auch den Bischöfen, die der Handkommunion
ablehnend gegenüberstehen, kaum eine andere Wahl. Wie
eine Mode in der Kleidung nicht an der Grenze eines
Landes halt macht, so ist es heute auch mit einer
modischen Praxis im religiösen Bereich. Ist sie erst
einmal in einer Diözese eingeführt, greift sie
unweigerlich auf andere Bistümer über.
Die gesetzliche Schwebefrist war, wie erwähnt, bei der
Erteilung des Indults unbeachtet geblieben. Es wurden
aber vereinzelt nicht einmal die angekündigten „näheren
Anweisungen” der Deutschen Bischofskonferenz für eine
einheitliche Regelung der Handkommunion abgewartet.
Diese sollten zunächst Anfang oder Ende September 1969
ergehen.
Aber mit einer Geschwindigkeit, die bei wichtigeren
Fragen bisher unbekannt war, drängte man auf ihren
Erlass. Er kam denn auch noch Mitte Juli zustande.
Indes beeilte sich der Erzbischof von Köln, Joseph
Kardinal Höffner, noch vor der Verabschiedung der
„näheren Anweisungen” der Deutschen Bischofskonferenz in
einem Schreiben vom 26. Juni 1969 dem Klerus seines
Sprengels die Einführung der Handkommunion zu gestatten.
Das Seelsorgeamt des Erzbistums machte schon am 3. Juli
1969 einen Vorschlag für eine „einfache und würdige
Form” der Handkommunion, wobei es sich auf die
Erfahrungen gewisser „Mitbrüder” stützte, die vermutlich
in jener Zeit gewonnen worden waren, als diese Form der
Kommunionspendung noch verboten war.
Auch der Bischof von Fulda, Adolf Balte, erließ am 8.
Juli 1969, also ebenfalls noch vor der Verabschiedung
der „näheren Anweisungen” der Deutschen
Bischofskonferenz, ein Handschreiben an die Geistlichen
seines Bistums. Darin „empfahl” er einerseits, mit der
Einführung des „neuen Ritus” zu warten, bis diese
Anweisungen veröffentlicht sein würden. Andererseits sei
es „nicht angängig”, „in der Zwischenzeit die
‚Handkommunion‘ zu untersagen, zumal sie in einigen
Teilen Deutschlands bereits praktiziert” werde.
Gläubigen aus anderen Diözesen könne ein Verbot „nicht
zugemutet werden”. Daher „gestatte” er „grundsätzlich”
die Austeilung der hl. Kommunion in die Hand und
„möchte, dass dieser Ritus keinem Gläubigen, der so zu
kommunizieren wünscht, verweigert werde. In diesem
Schreiben des Fuldaer Bischofs wird eindeutig auf die im
Ungehorsam gesetzten Fakten zur Begründung der
Gestattung der Handkommunion abgestellt. Der
Ortsoberhirt gibt einem Druck nach, der sich von Seiten
mancher Gläubigen anderer Diözesen und gewisser
Geistlichen erhoben hat. Das Warten auf nähere
Anweisungen wird nur „empfohlen”. So handelt eine
Autorität, die ihrer selbst nicht mehr sicher ist.
3. Verschiedene Haltung der Bischöfe
Die rechtswirksame Zulassung der Handkommunion wurde in
den meisten deutschen Diözesen durch Verordnungen in den
kirchlichen Amtsblättern vorgenommen. Diese Verordnungen
stimmen nicht gänzlich miteinander überein. Ihnen liegt
zwar ein gemeinsamer Text der Deutschen
Bischofskonferenz zugrunde. Er wurde aber von den
Oberhirten der einzelnen Diözesen verschieden behandelt.
Die einen druckten ihn unverändert ab, die anderen
trafen charakteristische Veränderungen. Am weitesten
entfernt sich die Verordnung des Erzbischofs von
Freiburg, Hermann Schaufele, vom 16. August 1969 von der
Vorlage. Manche Bischöfe zeigten sich sehr engagiert für
die Handkommunion, andere waren zurückhaltender. Zu
ersteren gehörte der Erzbischof von München und
Freising. Die Verordnung für die Erzdiözese München und
Freising suchte den „Bedenken einer Unwürdigkeit zum
Empfang der heiligen Hostie in die Hand” mit dem etwas
dubiosen Hinweis zu begegnen, „dass wir in allen Formen
der heiligen Kommunion der großen Gabe Gottes unwürdig
sind“. Wenn diese Argumentation zuträfe, wäre man der
Notwendigkeit einer Überlegung, in welcher Weise der
Leib des Herrn empfangen werden soll, überhaupt
enthoben. Hier liegt offenbar ein sophistisches Spiel
mit Begriffen vor, das den Fragepunkt völlig verschiebt.
Denn die Würdigkeit betrifft allein den Zustand der
Seele, die innere Zurüstung des Empfängers, also die
Freiheit von Sünden und die rechte Absicht, nicht die
äußere Seite, die praktische Handhabung.
Die Würdigkeit liegt als selbstverständliche
Voraussetzung zum Kommunionempfang vor der Frage, in
welcher Form dieser zu geschehen habe.
Auch die Form, in der die Handkommunion zugelassen
wurde, war in den einzelnen Bistümern verschieden. In
der Diözese Mainz erging ein „Erlass” des Bischofs mit
seiner vom 24. Juli 1969 datierten Unterschrift. Er
wurde in dem mit dem Datum des 1. August 1969 versehenen
Stück Nr. 13 des 111. Jahrgangs des Kirchlichen
Amtsblattes veröffentlicht.
In der Erzdiözese München und Freising erschien eine
„Pastorale Anweisung” des „Erzbischöflichen
Generalvikariates” ohne Datum und Unterschrift in dem
Stück Nr. 11 des Amtsblattes vom 13. August 1969. Der
Erzbischof, der als Vorsitzender der Deutschen
Bischofskonferenz entscheidenden Anteil an der
Einführung der Handkommunion hat, trat hier überhaupt
nicht in Erscheinung. In der Erzdiözese Freiburg erließ
der Erzbischof eine nicht näher bezeichnete Erklärung
über „Kommunionspendung und Kommunionempfang” unter dem
Datum des 16. August 1969.
4. Der Weg zur Gestattung der Handkommunion
Die gemeinsame Verlautbarung der Deutschen
Bischofskonferenz zur Einführung der Handkommunion kann
ihre Verwandtschaft mit der Meldung der „Katholischen
Nachrichten-Agentur” von Ende Mai 1969 nicht verbergen;
sie geht offenbar auf dieselbe Münchener Quelle zurück.
Aber da sie umfangreicher ist als die Meldung, können
aus ihr weitere Einzelheiten zu der Vorgeschichte des
Indultes vom 6. Juni 1969 entnommen werden. Die
Verlautbarung teilt nämlich mit, dass sich die deutschen
Bischöfe wegen dieser Angelegenheit bereits im Frühjahr
1968 an den Apostolischen Stuhl gewandt hatten. Sie
waren daraufhin unter dem 6. Juli 1968 „von ihrer
diesbezüglichen Vollmacht informiert worden”.
Das heißt offenbar: Sie erhielten damals die Vollmacht
und hätten schon damals die Handkommunion einführen
können, wenn sich nicht im letzten Augenblick vor
Inanspruchnahme der Vollmacht retardierende Momente
geltend gemacht hätten. Man geht wohl nicht fehl in der
Annahme, dass hier ein persönliches Eingreifen des
Papstes vorlag. Der Papst hatte die Angelegenheit an
sich gezogen und sich die Entscheidung vorbehalten. Beim
Papst mag außer den sachlichen Überlegungen die Erwägung
eine Rolle gespielt haben, dass man bei einer so
wichtigen Sache heute, im Zeichen des
Kollegialitätsprinzips, nicht ohne Rücksicht auf die
Bischöfe anderer Länder vorgehen könne. Es wurde also
eine Befragung „aller Bischofskonferenzen der
lateinischen Kirche” angeordnet, genauer gesagt: aller
einzelnen Bischöfe der lateinischen Kirche. „Im Hinblick
auf” diese Befragung „musste die allgemeine öffentliche
Bekanntgabe dieser Nachricht damals zurückgestellt
werden”. Diese Aussage der Verlautbarung ist zumindest
missverständlich. Es wurde nämlich nicht nur die
„Bekanntgabe” – diese ist übrigens immer „allgemein”, d.
h. „öffentlich” – der Vollmachtserteilung sistiert,
sondern der Gebrauch der erteilten Vollmacht
suspendiert, d. h. vorläufig verboten, vielleicht sogar
die Erteilung der Vollmacht rückgängig gemacht. Denn
offensichtlich sollte die (vielleicht ohne Wissen und
Willen des Papstes vorgenommene) Erteilung der Vollmacht
im Licht der Meinungsäußerung der Bischöfe der
lateinischen Kirche überprüft werden.
Angeblich wurde die Ausführung des Indultes auch in der
Absicht sistiert, die deutschen Bischöfe erst
Erfahrungen über das Für und Wider der Handkommunion
sammeln zu lassen, die dem Papst vorgelegt werden
sollten. Diese konnten freilich nur durch eigenmächtig
unternommene oder oberhirtlich gestattete „Experimente”
gewonnen werden.
Es fragt sich, aus welchem Grunde in der gemeinsamen
Verlautbarung der Deutschen Bischofskonferenz die
Genesis ihrer Vollmacht geschildert wird, vor allem
weshalb erwähnt wird, dass die Bischöfe „bereits im
Frühjahr 1968”, also sehr früh, bei dem Apostolischen
Stuhl um die Vollmacht eingekommen waren. Diese
Mitteilung ist vermutlich so zu verstehen, dass sich die
Bischöfe gewissermaßen entschuldigen, nicht schnell
genug den Wünschen ungeduldiger Progressisten
nachgekommen zu sein und den Ungehorsam in der
Kommunionspendung sanktioniert und zur Grundlage einer
gesetzlichen Regelung gemacht zu haben. Sie wollen
anscheinend dem Vorwurf begegnen, ihr Säumen habe die
Anerkennung der Eigenmächtigkeit verzögert. Man geht
wohl nicht fehl in der Annahme, dass diese Apologie der
Bischöfe von dem Vorsitzenden der Deutschen
Bischofskonferenz, Kardinal Döpfner, in die
Verlautbarung hineingebracht wurde. Denn er war
einerseits dafür bekannt, ein Befürworter der
Handkommunion zu sein, und von ihm weiß man, dass er
gesteigerten Wert darauf legt, als „moderner” Bischof zu
gelten. Diese Vermutung wird durch die Beobachtung
gestützt, dass der Erzbischof von Freiburg, der der
Handkommunion äußerst reserviert gegenübersteht, die
apologetischen Absichten entspringende Schilderung der
Stadien der Gewährung der Handkommunion in seine
Verordnung vom 16. August 1969 nicht aufgenommen hat. Er
bedurfte ihrer nicht.
Die Verlautbarung der Deutschen Bischofskonferenz über
die Handkommunion erwähnt zwar die „Befragung” der
„Bischofskonferenzen der lateinischen Kirche“, schweigt
sich jedoch über jede Einzelheit, vor allem über das
Ergebnis der Befragung aus. Und doch wäre es Klerus und
Gläubigen zweifellos erwünscht gewesen, zu erfahren, wie
der Episkopat der katholischen Kirche des lateinischen
Ritus über eine so bedeutsame, in das Leben jeder
Gemeinde, ja jedes Katholiken eingreifende Angelegenheit
denkt. Man wäre dann freilich nicht daran
vorbeigekommen, zu erklären, aus welchen schwerwiegenden
Gründen die Entscheidung der Mehrheit des Episkopates
der lateinischen Kirche zugunsten des mit
Zweidrittelmehrheit zustande gekommenen Beschlusses der
Bischofskonferenzen Belgiens, Frankreichs und
Deutschlands beiseitegeschoben wurde.
5. Ausweitung der Instruktion
Wie schon in dem Indult zu erkennen war, wurde auch in
den bischöflichen Ausführungsbestimmungen aus der
Gestattung der Handkommunion an den Orten, an denen sie
sich bereits eingebürgert hatte, wie sie die Instruktion
vorgesehen hatte, die allgemeine Einführung der
Handkommunion in der ganzen Diözese.
Soweit ich die Praxis überschaue, wird die Instruktion
allgemein dahin verstanden, dass, wenn an irgendeinem
Ort des Gebietes, für das eine Bischofskonferenz
zuständig ist, eine „gegenteilige Übung” sich gebildet
hat, die Bischofskonferenz sich für berechtigt hält, die
Einführung der Handkommunion in dem Sinne zu
beschließen, dass jeder Ortsoberhirt ermächtigt wird,
sie in dem gesamten Gebiet seiner Diözese einzuführen.
Das bedeutet, dass die Klausel der Instruktion: „dort,
wo eine gegenteilige Übung schon eingebürgert ist”
unbeachtet bleibt, ja in ihr Gegenteil verkehrt wird.
Die Handkommunion bleibt entgegen dem Wortlaut der
Instruktion nicht beschränkt auf Orte, in denen sie sich
in der Vergangenheit gebildet hat, sondern breitet sich
auf Gebiete aus, die von ihr nicht erfasst waren. Ja,
sie greift über auf ganze Diözesen, die bisher von ihr
unberührt blieben. Denn einmal mag nicht leicht ein
Bischof hinter einem anderen zurückstehen, wenn etwas
„Neues” getan wird. Zum anderen ließe sich die
veränderte Praxis der Kommunionspendung auch nicht
leicht an den Grenzen einer Diözese aufhalten. Bei dem
heutigen Hang zur Nachahmung und dem Zwang der Mode
breitet sich eine irgendwo geschaffene, populär gemachte
und propagierte Neuerung mit Windeseile überallhin aus.
Die Autorität der Ortsoberhirten ist derart geschwächt,
dass ein Verbot, das zu tun, was in der Nachbardiözese
geübt wird, vielfach unbeachtet bliebe, sofern nicht
Strafsanktionen ergriffen werden.
In den deutschen Bistümern wurde jedenfalls jeweils für
das gesamte Gebiet, „in allen Gemeinden und
Gottesdiensten“, gestattet, von der Erlaubnis zur
Darreichung der Kommunion in die Hand Gebrauch zu
machen. Das bedeutet, dass in Diözesen, in denen sich
bisher nur in einer Pfarrei oder in wenigen Pfarreien
die Übung eingebürgert hatte, nun in allen die
Handkommunion eingeführt wird.
6. Gleichberechtigung beider Arten des
Kommunionempfanges
Alle bischöflichen Verordnungen heben hervor, dass es
fortan zwei Weisen des Kommunionempfanges gibt. Beide
Formen sind gleichberechtigt. Die Gläubigen haben
Freiheit, welche der beiden Formen sie wählen wollen.
Sie sollen ihre Entscheidung von der Überlegung abhängig
machen, welche Art „ihnen persönlich als größere Hilfe
zum andächtigen Empfang des Herrenleibes erscheint“.
Religiöse Gründe sollen also die Wahl leiten, nicht
sachfremde Motive. Der Erzbischof von Freiburg verlangte
von denen, die sich zur Handkommunion entschließen, dass
sie dies tun „nicht aus Mode und Überheblichkeit,
sondern aus Ehrfurcht und Glauben“. Er widmete der
nunmehrigen Doppelheit der Weise der Kommunionspendung
weitere eingehende Ausführungen und warnte davor, dass
„Spaltung, Überheblichkeit oder gegenseitige Vorbehalte”
wegen der verschiedenen Art des Kommunionempfanges
entstehen und dass die Gläubigen hinfort in „zwei
Klassen”, in „Mündige und Unmündige, Fortschrittliche
und Rückschrittliche” eingeteilt würden.
7. Praktische Handhabung
Es werden dann die Einzelheiten der Haltung bei der
Handkommunion angegeben. Dabei wird zwischen dem Legen
der Hostie in die offene Hand des Empfängers und dem
Übergeben der Hostie in die Finger des Empfängers
unterschieden.
Die Handkommunion zerfällt also selbst wieder in zwei
verschiedene Weisen. Ja, es ist sogar eine dritte Weise
möglich. Die Kommunikanten „sollen” sich zwar nicht
selbst die Hostie aus einem aufgestellten Speisekelch
nehmen.
Dafür werden verschiedene Begründungen gegeben. Nach der
Verordnung für die Erzdiözese München und Freising ist
der Grund, „weil das Zeichen des Darreichens dabei
verlorengeht“, also ein vom Zeichen genommener Grund,
nach jener für die Diözese Mainz, „weil dabei leicht
mehrere Hostien berührt oder gegriffen werden können”,
d. h. ein hygienischer Grund. Das Wegnehmen von einer
Patene ist dagegen in kleinen Gemeinschaften erlaubt,
„wenn … der Kommunizierende eine Hostie greifen kann,
ohne andere Hostien dabei zu berühren”. — In Belgien
gestatteten die Bischöfe den Gläubigen unter bestimmten
Umständen, die Hostie selbst aus dem Speisekelch zu
nehmen.
Auch die Kinder haben nach der gemeinsamen Verlautbarung
der Deutschen Bischofskonferenz „grundsätzlich” das
Recht zur Handkommunion. Dieser Passus fehlt jedoch in
der Verordnung für die Erzdiözese Freiburg.
8. Verpflichtung des Kommunionspenders
Die Zulassung der Handkommunion stellt einseitig auf das
Recht der Gläubigen, die Weise des Kommunionempfanges zu
bestimmen, ab. Der Gläubige hat die Möglichkeit der
Auswahl. Die Entscheidung ist seinem gewissenhaften
Urteil anheim gestellt. Die Spender der heiligen
Kommunion werden hingegen nach der Verlautbarung der
Deutschen Bischofskonferenz „verpflichtet“, „sich nach
dem Wunsch des Empfangenden zu richten”. Diese
verbindliche Anordnung wirkt angesichts der Umstände,
die zur Einführung der Handkommunion führten, etwas
peinlich. Während seit Jahren die „Verpflichtung” der
Empfänger und der Spender, die Hostie in den Mund zu
empfangen bzw. zu legen, von denen, die eigenmächtig die
Handkommunion praktizierten, unbeachtet gelassen und von
den Hirten der Kirche nicht urgiert wurde, wird jetzt,
nachdem die Eigenmächtigkeit von den Hirten zum Gesetz
erhoben worden ist, den Spendern die Verpflichtung, die
Handkommunion auf Wunsch zu praktizieren, eingeschärft.
Dabei wird ganz übersehen, dass auch der Spender der
heiligen Kommunion nach seinem Gewissen handeln muss. Es
könnte sein, dass nicht jeder Priester gewissensmäßig in
der Lage ist, die Kommunionspendung in der Gestalt der
Handkommunion zu vollziehen. Tatsächlich gibt es
Priester, denen ihr Gewissen die Austeilung der heiligen
Kommunion in die Hand nicht gestattet. Ihnen muss bei
einer künftigen Ordnung der Kommunionspendung Rechnung
getragen werden. Man muss hier konsequent sein. Wenn es
nach dem Indult dem Gewissen des Bischofs überlassen
ist, zu entscheiden, ob er die Handkommunion in einer
Diözese einführen will, und wenn damit diese
Entscheidung als das Gewissen angehend gekennzeichnet
ist, dann wird man auch dem Spender das Recht auf einen
Gewissensentscheid in dieser Frage zubilligen müssen.
Diese Notwendigkeit hat der Erzbischof von Freiburg
offenbar empfunden. Nach seiner Verordnung werden die
Ausspender der heiligen Kommunion „gebeten”, „jedem
Gläubigen das Sakrament auf die Art zu spenden, die er
für sich wünscht“. Es besteht also in der Erzdiözese
Freiburg keine Pflicht zur Spendung der Kommunion in die
Hand. Ja, es kann nach der Verordnung für Freiburg u. U.
sogar die Pflicht bestehen, die Handkommunion zu
verweigern. Wenn nämlich der Spender der heiligen
Kommunion „begründeten Verdacht” hegt, durch die
Spendung der heiligen Kommunion in die Hand könne „im
Einzelfall die schuldige Ehrfurcht verletzt werden oder
mit dem Sakrament Missbrauch getrieben werden, muss er
von dieser Form Abstand nehmen”.
9. Auswirkungen
Es gibt künftighin, was die Weise der Kommunionspendung
angeht, zwei Rechtskreise innerhalb der lateinischen
Kirche.
In dem einen ist die einzig zulässige Art der
Kommunionspendung das Legen der Hostie auf die Zunge des
Empfängers.
Wer immer in diesem Rechtsgebiet die heilige Kommunion
spendet oder empfängt, ist zu dieser Art der
Kommunionspendung bzw. des Kommunionempfanges
verpflichtet.
In dem anderen Rechtskreis gibt es zwei Arten der
Kommunionspendung, in den Mund und auf die Hand. Der
Empfänger hat die Möglichkeit der Wahl. Der Spender ist
grundsätzlich verpflichtet, dem Empfänger zu willfahren,
sofern ihm die Spendung auf die Hand nach seinem
Gewissen möglich ist.
Die Einführung der Handkommunion sieht von den
ökumenischen Implikationen der Neuerung völlig ab. Die
Rücksicht auf die Ostchristen — unierte und nichtunierte
in gleicher Weise — wurde gänzlich außer acht gelassen.
Die Ostkirche kennt, die Nestorianer ausgenommen, den
Brauch der Handkommunion nicht; sie lehnt ihn sogar
entschieden ab und denkt nicht an seine Einführung.
Ebenso blieben die Abendmahlsriten der Lutheraner
unbeachtet, die in der Regel nicht die Handkommunion
praktizieren. Die einzige große protestantische Gruppe,
die die Handkommunion kennt, sind die Reformierten. Das
ist kein Zufall, sondern ergibt sich aus ihrer
Eucharistielehre, die keine leibhaftige Gegenwart des
Herrn im Abendmahl kennt. Es ist erschreckend, dass ein
Brauch in die Kirche eingeführt wird, der ausgerechnet
bei jenen getrennten Christen üblich ist, die in der
Eucharistielehre am weitesten vom Glauben der Kirche
entfernt sind.
Die aus der Instruktion „Memoriale Domini” sprechende
naive Hoffnung, die Übung der Handkommunion könne auf
die Orte bzw. Diözesen beschränkt werden, wo sie „schon
eingebürgert ist”, ist unrealistisch. Dies ergibt sich
schon aus der verwendeten Terminologie. Statt des Bildes
aus dem Bürgerrecht (im Deutschen) bzw. aus dem
Pflanzenreich (invalescere, im Lateinischen) hätte man
besser das Bild von einem Steppenbrand oder einem
Dammbruch verwendet.
Wer den Massenmenschen und den Einfluss der Massenmedien
von heute auch nur einigermaßen kennt, ist sich darüber
im klaren, dass alles, was als „modern” gilt, sich mit
der Gewalt eines Sturms und mit der Sicherheit einer
Epidemie ausbreitet. Man wird der Voraussage eines
progressistischen Liturgikers zustimmen müssen, dass
sich die Zulassung der Handkommunion in einigen Ländern
„auch dort, wo diese Form weiter als unerlaubt gilt,
auswirken wird“. Dafür liegen schon jetzt Zeugnisse vor.
Manche Kommunionspender anderer Länder führen sie ein,
ohne eine rechtliche Grundlage zu besitzen, also in
offenem Ungehorsam; Besucher aus Ländern, in denen sie
gestattet ist, suchen sie zu ertrotzen. Noch versuchen
manche Ortsoberhirten, das Übergreifen der Praxis auf
ihre Gebiete zu verhindern. So ließ der Erzbischof von
Salzburg zweimal im kirchlichen Amtsblatt und durch
Anschlag auf den kirchlichen Anschlagtafeln sowie durch
Verkündigung bekannt geben, dass die „allgemein übliche
Praxis”, die heilige Kommunion in den Mund des
Empfängers zu reichen, beibehalten werde und dass sich
auch Gäste aus anderen Ländern „dieser einheitlichen
Praxis” anzugleichen hätten. Es besteht kein Zweifel,
dass diese Mahnung (ebenso wie zahllose frühere, auf
andere Gegenstände der Liturgie bezügliche Anordnungen
auf die Dauer nichts fruchten wird.
Das Indult zur Zulassung der Handkommunion wurde unter
der Bedingung gewährt, dass die gebräuchliche Weise des
Kommunionempfanges dadurch nicht ausgeschlossen werden
darf. Es hat nicht den Anschein, dass die Anhänger der
Handkommunion, wenn sie erst einmal die Mehrheit sind,
den Gläubigen, die auf die andere, gleichberechtigte
Weise die heilige Kommunion empfangen, das gleiche Maß
an Geduld, Achtung und Liebe beweisen, das sie erfahren
haben, als sie im Ungehorsam gegen das geltende Gesetz
die Kommunionspendung bzw. den Kommunionempfang auf die
Hand praktizierten bzw. ertrotzten. Der Progressismus
arbeitet nach einem strategischen Gesamtplan, dem er die
taktischen Operationen unterordnet. Die Begründung, die
er einerseits der Handkommunion gibt, und die Abwertung,
die er andererseits der überkommenen Form der
Kommunionspendung zuteil werden lässt, lassen die
Absicht erkennen, die bisherige Form der Kommunion
völlig durch die Handkommunion zu ersetzen. Der Zustand
der Koexistenz beider Formen ist nur eine Konzession an
den Apostolischen Stuhl, eine Etappe, die bald
überwunden werden soll. Das Endziel ist die alleinige
Praktizierung der Handkommunion.
Gewisse Theologen geben eine Darstellung der beiden
nunmehr zulässigen Weisen des Kommunionempfanges, die so
einseitig auf die angeblichen Vorzüge der Handkommunion
ausgerichtet ist, dass sie von manchen Gläubigen als
Diffamierung derer, die bei der überkommenen Praxis des
Kommunionempfanges verblieben, empfunden wird. So wird
die Mundkommunion als „unpraktisch” und „mühsam”
abgetan. Der Berliner Pfarrer Johannes Günther
bezeichnete die Handkommunion als „weniger schwierig”
und „würdiger“. In einer Beilage zu dem Amtsblatt für
die Diözese Mainz wurde die Kommunionpatene als
abgeschafft erklärt. „Darum” sei bei den Gläubigen, die
den Empfang der heiligen Kommunion in den Mund wünschen,
von Seiten des Spenders „besondere Vorsicht” geboten.
In manchen – und offenbar nicht wenigen – Pfarreien hat
die Handkommunion die Mundkommunion schon jetzt fast
gänzlich verdrängt. Der Empfang in der herkömmlichen
Weise wird dadurch psychologisch außerordentlich
erschwert, weil der die heilige Kommunion in dieser
Weise Empfangende leicht zum Gegenstand der Verwunderung
wird, ja Anlass zum Ärgernis gibt. Bereits jetzt klagen
Gläubige, die in der herkömmlichen Weise kommunizieren
wollen, dass sie geziehen
werden, Zwietracht zu erregen, und dass sie deswegen nur
noch an Werktagen, wenn wenige Menschen die heilige
Messe mitfeiern, sich getrauen, die heilige Kommunion zu
empfangen. Manche Priester geben sich alle Mühe, die
Spendung der heiligen Kommunion auf die Zunge des
Empfängers durch diskriminierende Platzanordnung der
Kommunikanten zum Verschwinden zu bringen. An einigen
Stellen werden Gläubige, die die Handkommunion nicht
mitmachen, sogar bei der heiligen Kommunion übergangen.
Der Bischof von Mainz hat diese Entwicklung vermutlich
vorausgeahnt. Denn er hat sich in seiner Verordnung zur
Einführung der Handkommunion dagegen gewandt, dass
derjenige, der bei der traditionellen Form des
Kommunionempfanges bleibt, sich selbst als „rückständig”
betrachtet oder so angesehen wird. Er schließt diese
Mahnung mit dem erstaunlichen Satz: „denn man kann die
hl. Kommunion in jeder der beiden Arten ehrfürchtig und
fromm empfangen”, erstaunlich deswegen, weil es schon
notwendig ist, das für die Kommunion in der
überlieferten Weise festzustellen.
1. Die Handkommunion ist kein Teil der Liturgiereform.
Weder auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil noch nach ihm
ist sie von den Bischöfen als mögliche Form der
Kommunionspendung bzw. des Kommunionempfanges in
Erwägung gezogen worden. Sie ist ihnen vielmehr von progressistischen Theologen aufgezwungen worden.
2. Dieser Prozess verlief in verschiedenen Stadien.
Zuerst in Holland, dann in anderen Ländern haben sich
gewisse Theologen für diese Form des eucharistischen
Mahles ausgesprochen. Bei nicht wenigen erwuchs der
Wunsch nach Zulassung der Handkommunion aus einer
Eucharistieauffassung, die sich weit von der amtlichen
Eucharistielehre der Kirche entfernt hat. Diese
Theologen blieben bei theoretischen Aufstellungen nicht
stehen. Sie warben für die ihnen vorschwebende
veränderte Weise der Kommunionspendung, führten sie
eigenmächtig ein und stifteten andere dazu an.
Die meisten zuständigen Bischöfe sahen der Entwicklung
tatenlos zu, duldeten sie, ja praktizierten diese Weise
des Kommunionempfanges teilweise selbst. Sie
vernachlässigten ihre Aufsichtspflicht über die
liturgische Gesetzgebung der Kirche und beteiligten sich
an der Übertretung eines gesamtkirchlichen Gesetzes. Nur
wenige Bischöfe versuchten, vielfach von Gläubigen
gedrängt, die Geistlichen zur Beobachtung des geltenden
Rechts anzuhalten. Sie kamen jedoch über Mahnungen nicht
hinaus, die in der Regel fruchtlos blieben. Auch der
Apostolische Stuhl, zu dessen Kenntnis diese
schwerwiegenden Vorgänge gelangten, griff nicht wirksam
ein. Offensichtlich sind weder die Bischöfe noch der
Heilige Stuhl zur Zeit gewillt, eigenmächtige Änderungen
auf liturgischem Gebiet mit Strafdrohungen zu belegen
und strafrechtlich zu ahnden.
3. Die aus Holland nach Deutschland, Belgien und
Frankreich eingedrungene Praxis gewann allmählich unter
dem Episkopat dieser Länder in steigendem Maße Anhänger,
wobei dahingestellt bleiben kann, aus welchen Motiven
dies geschah.
Deren Sympathien verdichteten sich in dem mit
Zweidrittelmehrheit zustande gekommenen Beschluss der
zuständigen Bischofskonferenzen, den Antrag an den
Apostolischen Stuhl zu stellen, die im Ungehorsam
entstandene Übung in den Rang eines partikulären
Gesetzes zu erheben. Um widerstrebende Bischöfe für die
zur Antragstellung erforderte Zweidrittelmehrheit zu
gewinnen, sollte die veränderte Weise des
Kommunionempfanges nicht für das Gebiet der
Bischofskonferenz vorgeschrieben, sondern ihre
Einführung der Entscheidung des einzelnen Ortsoberhirten
überlassen werden.
4. Der Apostolische Stuhl mit dem Papst an der Spitze
war der Handkommunion abgeneigt. Der Heilige Vater
mochte sich jedoch nicht zu einem sofortigen klaren Nein
zu entschließen, führte vielmehr eine Befragung des
Episkopates des lateinischen Ritus herbei. Sie ergab
eine starke Mehrheit gegen eine Zulassung der
Handkommunion. Trotz dieses klaren Ergebnisses der
Umfrage drangen die Vorsitzenden der erwähnten
Bischofskonferenzen weiter in den Heiligen Vater. Der
Papst gab schließlich ihrem Drängen nach und gestattete
die Handkommunion für den Bereich dieser
Bischofskonferenzen in der Gestalt einer Ermächtigung
der einzelnen Ortsoberhirten.
5. Aus diesen Tatsachen ergibt sich: Eine Übung, die
sich im Gegensatz zum geltenden gesamtkirchlichen Recht
auf lokaler Ebene entwickelt, wird heute nicht nur
geduldet, sondern hat unter Umständen Aussicht, vom
höchsten kirchlichen Gesetzgeber zur Grundlage einer
partikulären Gesetzgebung gemacht zu werden. Dies gilt
auch dann, wenn diese Übung nicht die Eigenschaften
besitzt, die zur Bildung von Gewohnheitsrecht erfordert
sind. Das bedeutet: Den Ungehorsamen wird durch den
Beschluss der Bischofskonferenz bzw. das Indult des
Apostolischen Stuhles gleichsam bestätigt, dass ihr
Ungehorsam gerechtfertigt war und sie darum jetzt recht
bekommen.
6. Man muss sich darüber klar sein, dass hiermit ein
gewichtiger Präzedenzfall geschaffen worden ist. Dies
gilt zunächst für den Gegenstand, bei dem der Druck von
unten zum Erfolg geführt hat, für den Empfang der
heiligen Kommunion. Hier können noch andere
Möglichkeiten ersonnen und praktiziert werden.
Tatsächlich wurde auch schon der Vorschlag gemacht, die
Hostie nicht von den Fingern des Priesters berühren zu
lassen, sondern sie mit „einer Art kleiner Gebäckzange”
in die Hand des Empfängers zu legen“. Ebenso wird es
sich nicht verhindern lassen, dass manche Gläubige beim
Empfang der heiligen Kommunion Handschuhe tragen. Die
Anmerkung in der Verordnung für München und Freising:
„Es versteht sich, dass man bei der Handkommunion keine
Handschuhe trägt” kann die Einführung einer
„Handschuhkommunion” schwerlich hintanhalten, falls nur
jemand auf den Gedanken kommt, sie zu propagieren. In
den Niederlanden ist es vorgekommen, dass ein Priester
die Brautleute die heilige Kommunion an ihre Eltern und
Freunde austeilen ließ.
7. Sodann kann niemand ausschließen, dass die Art und
Weise, in der die Gesetzgebung über die Handkommunion
eingeführt wurde, Schule machen und auf andere
Gegenstände der kirchlichen Gesetzgebung übertragen
werden kann.
Grundsätzlich steht von nun an jeder Gegenstand der
kirchlichen Disziplin, jedes Gesetz, das der Ordnung in
der Kirche dient, unter der Drohung, via facti
überwunden zu werden, und zwar, was das entscheidend
Neue und Revolutionäre ist, ohne dass die zur Schaffung
von Gewohnheitsrecht erforderlichen Bedingungen erfüllt
sind. Niemandem kann künftig von vornherein verwehrt
werden, zu meinen, das Gesetz, das er zum Gegenstand der
Kontestation macht, werde, wenn sich nur genügend
Kontestanten finden, aus den Angeln gehoben werden
können. Bei jedem Gesetz lässt sich künftig die
Erwartung hegen bzw. wecken, die Hirten der Kirche
werden, wenn die Übertretungen nur genügend zahlreich
und weitverbreitet sind, den Willen der Übertreter zur
Grundlage einer neuen Normierung machen. Es dürfte nicht
zu viel gesagt sein, wenn man feststellt, dass damit die
Subversion in der Kirche geradezu ermutigt wird.
8. Im Zusammenhang mit der Einführung der Handkommunion
und anderen progressistischen Bestrebungen wurde in
Kreisen der Bischöfe häufig davon gesprochen, man müsse
solche Bewegungen „auffangen”. Mit „Auffangen” ist
vermutlich das Bemühen gemeint, den berechtigten Kern
exzessiver Forderungen zu erkennen und zu erfüllen, um
dadurch die Radikalisierung dieser Kreise zu verhüten.
Nun ist im Falle der Handkommunion nicht zu sehen, mit
welchem Recht hier von „Auffangen” gesprochen werden
kann. Denn die Bischöfe haben sich ja tatsächlich zu
Vollstreckern des Willens aggressiver Minderheiten
gemacht und sich damit in gänzliche Abhängigkeit von
progressistischen Agitatoren begeben. Außerdem ist zu
fragen, wie eine Bewegung noch radikaler werden kann,
die in ihren führenden Vertretern bis zur Leugnung des
Glaubens, der Grundlage der Kirche, fortgeschritten ist.
Die Politik der Beschwichtigung hat gegenüber zu allem
entschlossenen, rücksichtslosen Gruppen noch nie Erfolg
gehabt.
9. Beachtenswert ist weiter das Verhalten des höchsten
kirchlichen Gesetzgebers. Die Einführung der
Handkommunion zeigt, dass der Apostolische Stuhl dem
Drängen mancher Bischofskonferenzen, das sich auf
vollendete Tatsachen stützen kann, auch dann nachgibt,
wenn, wie in dem vorliegenden Falle, schwerwiegendste
Argumente gegen deren Ansinnen sprechen. Die Faktizität
eines Geschehens ist stärker als ein ganzes Bündel
durchschlagender Gründe. Druck von unten und die Politik
vollendeter Tatsachen vermögen jede noch so
beweiskräftige Überlegung zu entwerten.
10. Die Beiseitesetzung der Meinungsäußerung des
Episkopates bei der Einführung der Handkommunion zeigt
die Relativität der Bedeutung einer derartigen Befragung
und die Brüchigkeit des Kollegialitätsprinzips.
Mehrheiten sind offenbar nur beachtlich, solange sie
sich in einem bestimmten Sinn aussprechen. Entscheiden
sie sich anders, werden sie beiseitegelassen. Umgekehrt
hat eine eigenmächtig eingeführte Praxis, falls sie dem
progressistischen Trend entspricht, auch dann Aussicht,
von einzelnen Bischofskonferenzen aufgenommen und von
der Gesetzgebung der Kirche sanktioniert zu werden, wenn
die Mehrheit der Bischöfe sie ablehnt. Die Kollegialität
wird, so scheint es, vor allem dann angewandt, wenn es
gilt, dem Papst Rechte abzutrotzen. Sie wird jedoch
fallengelassen, wenn die Mehrheit der Bischöfe mit dem
Papst einig geht. Man mache sich noch einmal die
Verteilung der Gewichte bei der Frage der Handkommunion
klar. Auf der einen Seite standen das eindeutige Votum
der Mehrheit der Bischöfe, das Gewicht der Sache und die
Bedeutung
der angeführten Argumente, schließlich auch der Papst,
auf der anderen Seite eine Minderheit von Bischöfen und
der Druck progressistischer Rebellen. Trotz des
erdrückenden Übergewichtes der ersten Gruppierung hat
sich die zweite durchgesetzt.
11. Die Einführung der Handkommunion stellte die mit der
Formulierung des Gesetzes, der Instruktion, betrauten kurialen Organe vor eine kaum zu lösende Aufgabe. Sie
standen nicht nur unter Zeitdruck, sondern auch unter
dem Zwang, Unvereinbares zu vereinen, die hergebrachte
Weise der Kommunion, für die alle Argumente sprechen,
und die den Hirten der Kirche von unten aufgezwungene
Form, für die keine Argumente zur Verfügung stehen. Ein
Gesetz, in dem widerstreitende Aussagen und
entgegengesetzte Regelungen Platz finden, die nur
äußerlich notdürftig miteinander verknüpft sind, bildet
keine Einheit. Es ist ambivalent und vermag deswegen die
ihm Unterworfenen nicht zu überzeugen.
12. Schließlich weist die Durchführung des auf so
merkwürdige Weise zustande gekommenen und in sich
widerspruchsvollen Gesetzes schwerwiegende Mängel auf.
Bei ihr wurden rechtliche Schranken beiseitegesetzt. Die
Rangordnung der Normen, die sich aus formalen und
materialen Kriterien ergibt, wurde nicht beachtet. Die
Durchführungsbestimmungen widersprachen teilweise dem
Gesetz, das zu ihrer Aufstellung berechtigte und deren
Ausführung sie dienen sollten. Schon das Indult
entfernte sich von der Instruktion. Die Verordnungen der
Bischöfe gingen über beides hinaus. Der höchste
Gesetzgeber der Kirche musste erleben, wie sein
Nachgeben nicht honoriert wurde.
Der gesamte Vorgang der Einführung der Handkommunion ist
ein erschütterndes Beispiel dafür, wie eine Autorität
selbst dazu beiträgt, den Respekt vor ihr zu zerstören
und die Kontestation zu ermuntern. Mit ihr wurde ein Weg
eingeschlagen, der, wenn er weitergegangen wird, zur
Auflösung der Kirche als einer geordneten Gemeinschaft
führen kann.
Prof. Dr.
Georg May über die Einführung der Handkommunion und die
Bedeutung der Mundkommunion.
Warum die Handkommunion?
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