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Das persönliche
und hohe-
priesterliche Gebet

   
   





  

Das persönliche Gebet

Das Verhältnis der Seele zum Dreifaltigen Gott offenbart sich zunächst im Gebet! Es ist seinem Wesen nach Hinkehr zum Jenseitigen, also zur Übernatur, zum Göttlichen. So wurzelt es in den Glaubensgeheimnissen, vor allem in jenem, das sich der Mensch zum Lebensgeheimnis wählt. Dieses bildet den Kern für das Gebet, sei es privat oder öffentlich, innerlich oder mündlich. Ohne eine Mitte bleibt es mehr oder weniger nur Schall und Schein, leblose Form. Die Lebendigkeit unseres Gebetes hängt ab vom Leben in uns, vom Mass unserer Teilnahme am göttlichen Leben. Dieses Leben ist der Hl. Geist, der uns gegeben ist. Von IHM heisst es, dass ER mit «unaussprechlichen Seufzern» in uns bete (Röm 8,26). Sehen wir uns diese Tatsache der Abhängigkeit unseres Geistes vom göttlichen, uns innewohnenden Geist näher an!

Die Weitsicht des inneren Auges

Wer in Wahrheit beten will, wendet sein inneres  dem Übernatürlichen zu. Er will Zwiesprache halten mit Personen der «anderen Welt». Also öffnet er sein inneres Auge, seine übernatürliche Sehfähigkeit und wendet sich dadurch mit seinem ganzen Interesse DEM zu, den er ansprechen will.  Das aber kann der natürliche Menschengeist unmöglich aus sich selbst. Das menschliche Auge reicht nicht hin, um Übernatürliches zu schauen. Das ist eine erste Erkenntnis, wenn der Mensch beten will. Also braucht es in Wahrheit ein neuesAuge! Nur «der Geist erforscht die Tiefen der Gottheit' (1 Kor 2,10). So ist das neue Sehvermögen niemand anders als eben der Geist GOTTES selbst.
Wenn Christus sagt: «Ohne mich könnt ihr nichts tun», ist das buchstäblich zu nehmen. Sein Geist —der Geist des Vaters und des Sohnes— muss die Lust zu beten anregen, ER muss das Interesse wecken und damit die Liebe des Herzens entfachen, von der beispielsweise die Hl. Theresia vom Kinde Jesu sagt: «Wir lieben GOTT erst richtig, wenn wir IHN mit seiner Liebe lieben.» Das haben wohl alle Heiligen erkannt.

«Auge ins Weltall» nennt man die Teleskope (hier das europ. Observatorium ESO in Chile auf 2400m). Mit grossen ,Fernrohren' wird der Himmel rund um die Uhr erforscht.

So geht es im Gebet nicht in erster Linie um unser Tun. Es geht vielmehr darum zu erkennen, dass es um die totale Abhängigkeit vom Hl. Geiste geht. Was nützt es, einem Blinden zu sagen: «Tu die Augen auf?»— Ebenso unmöglich ist ein wahres Beten ohne das neue Auge. Was aber ist es um dieses so notwendige neue Sehorgan? Der uns innewohnende göttliche Geist von Vater und Sohn wird uns zum dreifachen neuen Auge durch die Gabe der Weisheit, der Einsicht und der Wissenschaft.

Weisheit ist die Erkenntnis, dass auch der HI. Geist selbst nur mit Hl. Geist zu schauen ist. «GOTT hat uns den HI. Geist verliehen, damit wir erkennen, was ER uns gegeben hat...» ER ist also das Auge, das sich selber schaut im Vater und Sohn. Welche Gabe, welches Geschenk ist ER uns also durch seine Weisheit! «Nur in seinem Lichte schauen wir das Licht!» Indem der Hl. Geist dem Menschen zur Einsicht wird (Verstand), öffnet sich der Blick unserer Seele, indem sie schauen kann, wo dieser Geist zu Hause ist. Sie vermag mit IHM in das Innere GOTTES zu blicken, ja in das Allerinnerste, soweit die übernatürliche Sehkraft entwickelt ist. In der sichtbaren Schöpfung durchschaut der Mensch die Hintergründigkeit aller Dinge, wenn sich ihm das Auge der Wissenschaft als Geistesgabe leiht. Dann werden alle Wesen, die kleinen und die grossen, wirklich zum Gebetsanlass. Sie zeigen ihr wahres Gesicht, wie es vom übernatürlichen Licht getroffen ist. Dann wird das Geschöpfliche, das Irdische und Vergängliche in der Transformation zur Verklärung hin geschaut. Auch die Bestimmung des einzelnen Schöpfungsdinges wird offenbar, und der Mensch erkennt, dass alle Dinge zur Hingabe da sind.

Das neue Teleskop

Der betende Mensch braucht auch ein neues Ohr auf GOTT hin. Auch dies kann nur der Hl. Geist verleihen. Aus sich ist der Erdgeborene taub für die Ansprache von oben. Ein neues Ohr wird uns in der Gabe des Rates. Da entwickelt sich eine immer mehr zunehmende Feinhörigkeit auf jeden Anruf der Gnade. Die Ausgerichtetheit nach dem Willen des Vaters gibt jeder Situation das freudige «Ja!» Dadurch werden nicht nur die eigentlichen Gebetszeiten Einkehr ins Innere, sondern der ganze Tag mit allen Augenblicken wird konsekriert. Dann erreicht die Seele den Zustand, von dem Christus sagt: «Ihr sollt allezeit beten und nicht nachlassen!» (Lk 21,36). Vor allem ist es die Gabe der Frömmigkeit, die Mund und Hand zum Werkzeug des Betens macht. Sie ist eigentlich die Christliche Tat. Sie macht den Menschen selber zum Gebet. <6>

«Ohr zum Weltall» heissen die Radio-Teleskope (mit 100m Durchmesser das grösste bei Effelsberg in der Eifel). Man sucht mit Milliardenaufwand auch nach ‚intelligenten' Signalen aus dem Weltall (seit 1960 in Green Bank/USA).

Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret

Der Mund öffnet sich zum sechsfachen Gebetsausdruck: In der Anbetung anerkennt das Geschöpf die vollkommene Abhängigkeit vom Schöpfer. Es weiss, dass alles empfangen ist, das leibliche, das geistige und vor allem das göttliche Leben. So ist der Mensch in der Demut begründet und weit entfernt, sich in irgendeine Weise als Ko-Existenz neben GOTT zu setzen. Weiter öffnet der HI. Geist den Mund des Gerechten zum Lob. Jede Eigenschaft GOTTES ist wahrhaft lobwürdig. Wie ein gutes Kind vom irdischen Vater behauptet: «Mein Vater kann alles, so erhebt sich die Seele des Gotteskindes zum Lob aller Eigenschaften seines Vaters. Schaut es die Auswirkungen dieser Eigenschaften in all den sichtbaren Schöpfungswundern, füllt sich sein Mund mit Preis, das heisst, es besingt in einem immer neuen «Benedicite» die Werke des Herrn.

Lobe den Herren, den mächtigen
König der Ehren... ,
Lobe den Herren, der alles
so herrlich regieret...
Lobe den Herren, der sichtbar
Dein Leben gesegnet
Lobe den Herren, was in mir ist,
lobe den Namen...

Dass in all diesem staunenden Tun ein tiefes Dankgefühl erwacht, ist selbstverständlich. Aber auch ein stetig wachsendes Bittgebet formt sich im Menschen, da er ja seine eigene Unfähigkeit mehr und mehr erkennt. So wird sein Inneres einer weitgeöffneten Schale gleich, und ohne zu ermüden wird immer inniger die Bitte aufsteigen, die eine grosse Bitte, wie es das Bittevangelium allen nahelegt: «Wie viel mehr wird der Vater seinen guten Geist denen geben, die IHN darum bitten!»

Und endlich regt der Hl. Geist die Seele zur Sühne an. Wer soll Ersatz leisten für allen Undank, alle Kälte und Herzenshärte dem unendlich liebenden Gott gegenüber, wenn nicht Seelen, die vom guten Geist erfüllt beten? Unser Beten wird durch die Liebe zur Hand jener Liebe, die der HI. Paulus in seinem «Hohelied der Liebe» besingt. Gut-sein ist wirkliches Gebet, also ein Handeln nach dem Wort: « Im lieben Nächsten bedarf der Geliebte gar vieler Dinge.»

Die Gabe der Stärke ist wie die Schulter, die den Christen befähigt, schwere Lasten zu tragen: Verfolgung, Leiden aller Art bis zum Martyrium. Die Hingabe des Lebens ist der höchste Gebetsakt, den der Mensch setzen kann. Ob es die sich alltäglich hingebende Liebe ist oder ein schmerzvolles Lebensende für GOTT, immer ist das Mass der Liebe entscheidend.

Beten und Leben sind eins

Die siebente Gabe, jene der Ehrfurcht (Gottesfurcht), bildet gleichsam das Herz im betenden Menschen. Wie das Blut vom Herzen aus in alle Teile des Leibes gedrängt wird, so belebt die wahre Ehrfurcht vor GOTT jeden Pulsschlag der Andacht. Ohne sie wäre das Beten eine leere Schale, durch sie aber wird es zum Gefäss, das alle guten Gedanken trägt. Gut ist ja nur GOTT und was GOTTES ist. Gut ist nur der Geist des Vaters und des Sohnes und was ER in Gedanken, Worte und Taten kleidet. Diese Ganzheitsidee, dass wir nur im HI. Geiste beten können, ist also unsere Grundlage für das lebensvolle Gebet oder das gebetsgetragene Leben. Es darf keine Kluft bestehen zwischen dem Beten und Leben. Der Christ steht in der Gebetsgemeinschaft mit GOTT ebenso wie in der Arbeitsgemeinschaft. Aus dieser Schau heraus gibt es für den Christen nur eines: den Willen, GOTT ZU
verherrlichen. Gerade deshalb möchte der innerliche Mensch etwas haben wie einen «goldenen Faden», der sich durch jeden Augenblick des Tages zieht. Hier gilt wiederum das Wort: «Ich verfolge einen Gedanken, bis er mich verfolgt!» Dieser Satz beruht auf einem psychologischen «Trick». Es ist nämlich möglich, dass ein bestimmter Gedanke, immer und immer wiederholt, sich der Seele unauslöschbar einprägt. Auf Schritt und Tritt «verfolgt » er dann den Menschen. Hier geht es um ein glückliches «Verfolgt-sein», denn dieser Gedanke huscht dann oft mitten in der Arbeit durch die Seele und erinnert sie, wo sie eigentlich «zu Hause» ist! Es ist klar, dass es ein Leuchtgedanke sein muss, aus dem erwählten Lebensgeheimnis heraus geboren! Reich beladen mit vielen frohen Erlebnissen, wird solch ein kurzer Gedanke ein steter Erwecker der Freude. So kann die Seele oft in stiller Einkehr in ihren geistigen Innenraum froh mit GOTT verkehren, und es zieht sie immer mehr hinein. Diese Innerlichkeit, diese inwendige Welt ist ja das einzige, was dem Menschen ganz gehört. Aus diesem Hintergrund kommt alles...

Die Einzelseele müht sich also um ein ganz persönliches kurzes Gebet, das ihr zum genannten «goldenen Faden» wird. Hat sie es gefunden, kommt eine grosse Aufgabe für sie. Sie will mit diesem kurzen Anruf an GOTT möglichst alles sagen, was ihr Herz erfüllt: Alle guten Meinungen sollen darin eingeschlossen sein. Diesen Wunsch drückte eine Seele so aus: «Oh, mein GOTT, ich möchte Dich lieben mit den Affekten des Weltalls und mit der Wonne der Gottheit!» (Hl. Gertrud).

 

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Das 17. Johannes-Kapitel ist eines der schönsten in der Bibel überhaupt. Es gestattet einen Einblick in die innerste Gesinnung Christi, des Herrn.

 

1. Die Stellung dieses Gebetes

Das Ganze ist wie eine Wiederholung des Prologes und bringt damit das ganze Wirken des Herrn zu einem Abschluss. Im Prolog ist Christus dargestellt als der, der war, ehe die Welt wurde. Im hohenpriesterlichen Gebet wird das gleiche mit andern Worten gesagt. Es wird betont: «Du liebtest mich, ehe die Welt wurde.» Es gibt also den präexistenten Christus, der in der Herrlichkeit des Vaters war und in seiner Liebe lebte, bevor irgend etwas geschaffen wurde. Im Prolog ist die Rede von der Menschwerdung des Logos. Dieser Gedanke kehrt hier wieder. «Ich habe Dich auf Erden verherrlicht.» «Ich bin von Dir ausgegangen, und sie haben geglaubt, dass Du mich gesandt hast.» Im Prolog wird betont, dass die Finsternis das Licht nicht aufgenommen hat. Auch dieser Gedanke wird hier wiederholt. «Die Welt hat sie (die Jünger) gehasst, weil sie nicht von der Welt sind.» «Behüte sie vor dem Bösen.» Die Scheidung der Geister wird betont. Weiter heisst es im Prolog: «Die ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Kinder GOTTES zu werden.» Auch das ist feinsinnig nochmals hervorgehoben: «Wie Du, Vater, in mir bist, bin ich in Dir und so sollen sie in uns eins sein.» Sie werden also in das Verhältnis Vater und Sohn aufgenommen und dadurch Kinder GOTTES im eigentlichen Sinn des Wortes. Der Prolog schliesst: «Wir haben seine Herrlichkeit gesehen.» Und im hohenpriesterlichen Gebet heisst es «damit sie meine Herrlichkeit sehen». Was im Prolog mehr als Gedanke aufgestellt war, ist hier als Gebet und als vollendete Wirklichkeit lebendig gemacht.

2. Die Art dieses Gebetes

Wir finden bei Jesus als erste Art sein persönliches Gebet vor dem Vater. Es ist etwas Einmaliges, denn so kann nur ER, der Sohn, zum Vater sprechen. So hat ER gebetet in der Einsamkeit und in der Nacht auf den Bergen. Aber diese Art des Betens bleibt uns verborgen und ist von den Schleiern des Geheimnisses überdeckt. Die zweite Art des Betens Jesu ist ein Gebet, das ER uns lehrt: das Vater unser. Die grossen Herzensanliegen Jesu sind darin offenbar. Es gestattet uns einen Einblick in sein Denken. Das hohepriesterliche Gebet gehört in die Mitte zwischen die erste und zweite Art. Es ist ein wirkliches Gebet Jesu, aber zugleich ein Gebet für uns. Man kann es das Abendgebet des Herrn nennen, denn es ist Rückblick auf sein Leben, Zusammenfassung all dessen, um was es ihm ging. Zugleich ist es eine Art Morgengebet des Herrn, denn es ist der Beginn seiner Herrlichkeit, der Anfang einer neuen Zeit. Vor allem ist es das Priestergebet Jesu. Daher auch der Name hohepriesterliches Gebet. Jesus ist der Priester der Menschheit, vom Vater zum Priester des ganzen Menschengeschlechtes bestellt. Im Priestergebet vollzieht er die Hingabe an den Vater. So ist es ein Opfergebet. Er weiht sich und heiligt sich für das grosse Opfer, das er in der Passion darbringt. Entsprechend ist die Situation:
Er blickt zum Vater empor. Um ihn herum stehen die Erwählten, die in seinem Auftrag an seinem Priestertum teilhaben sollen. Der weitere Kreis sind die Seinen, d. h. alle. die ihn durch den Glauben aufnehmen. Draussen steht die feindliche Welt. So ist er die grosse Mitte, alles ist um ihn geschart. und er selbst blickt zum Vater empor.

 

 

 

 

 

 

Wie Du mich in die Welt gesandt hast, so
sende ich sie in die Welt   Joh 17, 18

Er ist wirklich der Priester der Menschheit, der hier für alle betend sich opfert. Beim Opfer zählt die innere Gesinnung der Hingabe. Sie ist hier in feierlichster Form ausgesprochen und vollzogen. Die alttestamentlichen Opfer sind zu Ende, das neutestamentliche Opfer der Eucharistie ist gefeiert. Es hat aber seine Kraft vom entscheidenden Opfer des Herrn am Kreuz.

 

3. Zum Inhalt

Das Gebet entwickelt sich inhaltlich in drei konzentrischen Kreisen: Der 1. Kreis ist Christus selbst (er ist Mitte und Mittler). Der 2. Kreis sind die von ihm erwählten Apostel (sie sollen sein Mittleramt weitertragen). Der 3. Kreis sind die Jünger im allgemeinen (d. h. alle, die ihn als ihren Meister betrachten). So reicht das Gebet, das von Christus ausgeht, immer weiter.
Das Gebet Christi für sich selbst
«Vater, die Stunde ist gekommen, verherrliche Deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrliche.» «Die Stunde ist gekommen»: Es ist für Christus nicht in erster Linie die Stunde des Endes seines irdischen Lebens, die Stunde des Dunkels, des Schreckens in Leiden und Tod, sondern es ist die Stunde der Verherrlichung. Die Stunde seiner Erhöhung nicht nur am Kreuz, sondern in die Herrlichkeit. Jetzt, wo sein irdisches Leben sich abrundet, bricht seine Herrlichkeit auf. Noch ist sie nur im Glauben sichtbar, aber deswegen ist sie trotzdem Wirklichkeit. Es ist eine neue Zeit, die jetzt mit dem Tod und der Auferstehung des Herrn beginnt. Der neue Äon bricht herein, die Herrlichkeit GOTTES leuchtet auf. Es ist die Stunde, von der alle andern Stunden ihren letzten Sinn bekommen. Durch das Hineingenommenwerden in die Herrlichkeit des unendlichen GOTTES erhält alles eine letzte Unvergänglichkeit. Es wird nicht von der Nacht verschluckt. sondern in ein Meer von Licht aufgenommen, ist nicht Sein zum Tode, sondern Schreiten zum Leben. Verherrliche Deinen Sohn»: Der Sohn hat, weil er Sohn GOTTES ist, die Herrlichkeit in sich selbst. Aber er hat durch die Menschwerdung die Knechtsgestalt angenommen, also sich der sichtbaren Herrlichkeit entäussert. Nun legt er die Knechtsgestalt ab und es wird ihm jene Herrlichkeit gegeben, die ihm gebührt. GOTT ist der Herrliche, der anders ist als alles andere. Er ist so herrlich, dass der Mensch nicht imstande ist, in dieses Licht zu schauen, weil er sich der Nichtigkeit eigener Existenz bewusst wird. Nun wird der Vater den Sohn verherrlichen. Es wird jetzt zum erstenmal ein Mensch an der Herrlichkeit GOTTES Anteil haben, so dass er selbst in dieses Licht hineingenommen ist. Die Feuer der Herrlichkeit GOTTES verbrennen ihn nicht, sondern durchstrahlen ihn. Der menschgewordene GOTT, der den Glanz GOTTES verhüllt hat, um in der Niedrigkeit des Menschlichen zu leben, wird nun mit eben dieser Menschlichkeit in den Glanz und die Herrlichkeit GOTTES seines Vaters hinauf- und hineingenommen. Das ist die grosse Stunde der Gloria Dei.

Damit der Sohn Dich verherrliche»: Vater und Sohn sind eins im HI. Geist. Darum ist zwischen der Herrlichkeit des einen und des andern kein Unterschied. Jetzt aber wird zum erstenmal der menschgewordene Sohn in die Herrlichkeit hinaufgenommen. So wird am verherrlichten Menschen sichtbar, wie die Herrlichkeit GOTTES selber ist. Es endet durch die Rückkehr des Sohnes zum Vater letztlich alles in Gott dem Einen und Einzigen, er ist Ursache und Ziel aller Dinge. Die Verherrlichung eines Menschen, die nicht GOTT verherrlichen würde, ist religiös undenkbar. Denn was nicht auf GOTT hingeordnet ist, ist nicht herrlich, hat nicht teil am Glanz, an der Schönheit und Grösse des allein herrlichen GOTTES. Der verherrlichte Sohn wird also nun den Vater verherrlichen. Das, was auf Tabor nur einen Augenblick sichtbar wurde, wird jetzt dauernde Wirklichkeit: der verklärte Christus.

 

Du hast ihm Macht gegeben über alles Fleisch, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben gebe.» Neben der Herrlichkeit GOTTES steht hier auf einmal das Fleisch des Menschlichen, d. h. das bloss Naturhafte, Irdische. Aber nun wird der irdische Mensch in den überirdischen hineingenommen. Der Vater hat dem Sohn die Macht gegeben, damit dieser, aus dieser Machtvollkommenheit heraus, den Menschen Anteil gebe am ewigen Leben, also am Leben der Herrlichkeit. Vom Vater geht die Herrlichkeit aus. Sie ergreift den menschgewordenen Sohn und umfasst durch ihn alle Menschen, die am menschgewordenen GOTT und damit selbst an der Herrlichkeit seines göttlichen Wesens Anteil erlangen. Jetzt, wo menschlich gesehen die Stunde der Ohnmacht gekommen ist, in welcher Christus der Macht der Menschen erliegt, spricht er von der Macht über alles Fleisch, die ihm gegeben sei. Diese Macht zeigt sich nicht nur darin,
dass er ein Leben gibt, das sie weder haben noch geben können: das ewige Leben. Sie können ihm und andern das irdisch-menschliche Leben nehmen, aber sie können weder sich noch andern überirdisches, ewiges Leben geben. Sie sind an den Raum und an die Zeit gebunden, haben also letztlich keine Macht über das Fleisch, weil sie selbst Fleisch sind und dem Fleischlichen verfallen. Sie sind nicht mächtiger als die andern, über die sie Macht zu haben scheinen, sondern sie sind alle gleichermassen der Ohnmacht verfallen, machtlos dem Tode ausgeliefert.

Johannes Paul II. in tiefer Anbetung vor dem von ihm geweihten Altar in Einsiedeln (15.6. 1984).

Er dagegen, als Sohn GOTTES, hat vom Vater wirkliche Macht über das Fleisch erlangt, durch die Verherrlichung nach der Auferstehung ist er nicht mehr raum- und zeitgebunden. Er hat ein Leben, das sie ihm nicht nehmen können, und darüber hinaus hat er die Vollmacht, anderen solches Leben zu geben. So ist er wirklich der Lebendige und der Lebenspender. So wie er jetzt vor der scheinbaren Erniedrigung nur von der Herrlichkeit spricht, so redet er jetzt und vor dem Tod in Wirklichkeit nur vom Leben.

 

Das aber ist das ewige Leben, dass sie Dich, den einzig wahren GOTT erkennen und den Du gesandt hast, Jesus Christus.» Es geht hier nicht um ein Erkennen rein intellektueller Art, ein logisches Nachdenken über GOTT, ein theoretisches Fragen und Forschen nach der letzten Ursache und dem letzten Ziel aller Dinge, um so zur Erkenntnis des Daseins GOTTES zu gelangen. Sondern es geht um Annahme der Offenbarung, also um eine Erkenntnis, die der Mensch nicht aus sich selbst haben kann, sondern nur dadurch besitzt, dass GOTT sich ihm mitgeteilt hat. Diese Selbstmitteilung ist erfolgt durch den Sohn. Der Sohn gibt ihnen Anteil am ewigen Leben des Vaters, weil er ihnen den Vater kundgetan hat und tut. Die Glaubenserkenntnis ist somit etwas Vitales, nicht nur ein grundsätzliches theoretisches Jasagen, sondern wirklich ein Aufnehmen der Offenbarung GOTTES. Und damit ein Aufnehmen GOTTES selbst. GOTT aber ist der lebendige GOTT, darum ist seine Aufnahme im Glauben die Aufnahme des Lebens. Selbstverständlich geht es dabei nur um den «einzig wahren GOTT», nicht um irgendein menschliches Begriffsgebilde oder ein Pseudoerlebnis oder ein vages, unbestimmtes Göttliches, also um einen vermeintlichen oder vom Menschen her konstruierten GOTT, sondern um den wirklich wahren und einzig wahren, lebendigen und lebenspendenden GOTT. Und es geht weiterhin um denjenigen, der diesen GOTT in der Fülle kundgetan hat und der dazu gesandt worden ist. Johannes fügt von sich aus dessen Namen hinzu: JESUS CHRISTUS. Wer also die rechte Erkenntnis Jesu Christi hat, der hat das ewige Leben. Das heisst, wer wirklich in GOTT und aus GOTT und für GOTT leben will, kann es nur dadurch, dass er Jesus Christus kennt. Dazu braucht es weder geschichtliches Studium, noch theologische Forschung, noch intellektuelle Begabung, sondern die schlichte, aber ganze Aufnahme Jesu Christi als des menschgewordenen Gotteswortes im Geist und Herzen des Menschen.

Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk vollbracht, das Du mir zu vollenden aufgetragen hast.» Jesus steht am Ende seines irdischen Lebens und kann rückblickend feststellen, dass er den Vater verherrlicht und dass er die Aufgabe, die ihm übertragen wurde, gelöst hat. Ein unerhörtes Selbstbewusstsein spricht aus diesem Wort. Im Abschiedsgebet Christi ist nicht die leiseste Spur von Reue oder auch von Trauer über das Unvollendete, sondern es ist nur die Rede von Vollendung und Vollbrachthaben. Hier zeigt er sich als den ganz andern, als den Einen und Einzigen unter den Menschen. Sein Lebenswerk war Verherrlichung des Vaters, durch die Verkündigung des Wortes, durch die Werke der Liebe, durch die Schaffung des neuen Gottesvolkes, durch die Darbringung des einen, grossen Opfers und durch Verkündigung und Verwirklichung vom Gesetz und Geist der Liebe.

Und nun verherrliche Du mich, Vater, bei Dir, mit der Herrlichkeit, die ich hatte, bevor die Welt war.» Aus der Herrlichkeit des Vaters ist der Sohn hervorgetreten, hat den Menschen diese Herrlichkeit verkündet und so den Vater auf der Erde verherrlicht. Nun kehrt er zurück in die Herrlichkeit beim Vater. Dadurch zeigt sich Christus als ausser und über der Welt stehend. Über dem ersten, innersten Kreis des hohenpriesterlichen Gebetes stehen somit drei Gedanken: die Herrlichkeit GOTTES, die Aufnahme in diese Herrlichkeit auch für den menschgewordenen Sohn und die Mitteilung dieser Herrlichkeit durch Ihn an die Seinen. So ist alles überstrahlt von der Herrlichkeit des Herrn. Etwas unerhört Freies, Weites, Grosses, Strahlendes liegt im Beten Jesu. Es ist Melodie aus einer andern Welt. Alles ist durchglüht von den Feuern GOTTES, durchsonnt von der Liebe GOTTES, durchrauscht von den Meeren der Freude GOTTES, geheimnisvoll erfüllt von der Herrlichkeit GOTTES.

 

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