Der zerrissene Rock
Die
zerrissene Christenheit lässt uns stets von neuem auf
den «Rock Christi» blicken, gewoben aus einem einzigen
Stück, so dass die römischen Soldaten um ihn würfelten,
statt ihn zu zerteilen... Die zerrissene Christenheit
klagt uns alle an.
Die Pilatusfrage:
«Was ist Wahrheit?»
(Joh 18,38)
Die Philosophentheorien über die Wahrheit
gleichen Bewerbungen von Stellensuchenden: sie
verschweigen, was man am liebsten wissen möchte. Und sie
sind wohl deshalb immer wieder erfolgreich, weil die
Menschen wohl nach Wahrheit dürsten, sie aber nur dort
annehmen, wo sie ihnen behagt. Eines aber ist sicher:
Christus hat nur
eine
Wahrheit gelehrt, nur
ein
Evangelium hinterlassen, nur
eine
Kirche gestiftet! Sein Wort :
«Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen»
(Mt 16,18)
spricht von einer einzigen Kirche und nicht von vielen.
Seine Apostel haben nur eine Kirche als
«Säule und Grundfeste der
Wahrheit» gekannt
(1Tim 3,15).
Den Kirchenvätern, den Lehrmeistern aus der Schule der
Apostel, war die Tunika des Herrn
«ohne Naht von oben bis unten aus
einem
Stück gewebt»
(Joh 19,22),
ein treffendes Gleichnis für die Einheit der Kirche.
Maria, die Mutter des Herrn, hatte nach der Sitte jener
Zeit die nahtlose Tunika auf ihrem Webstuhl gewoben.
Diese Mutter, die Königin des Friedens, möge für unsere
im Glauben zerrissene Welt Fürsprache einlegen!
Nackte
Wahrheit oder vergoldete Lüge
Die wahre
Kirche ist von ihrer Stiftung her wesentlich...
♥...die
Gemeinschaft in der ihr eigenen Struktur,
♥...jene
Wahrheit, die einer bejahen, u mfassen muss, um
den Glaubensakt an Christus vollziehen zu können.
♥...an
die Gnadenmittel
(Sakramente)
gebunden, die Christus für die Erlösung der Menschen
eingesetzt hat.
Paulus erklärt deutlicher: «Ein
Leib, ein
Glaube, eine
Taufe»
(Eph,4f). Die Kirche sagt nun: Wer sich von der
Gemeinschaft getrennt oder etwas von der wahren Lehre
einschliesslich der Gnadenmittel preisgegeben oder
verfälscht hat, ist nicht mehr im vollen und unteilbaren
Sinn die Kirche Christi, auch wenn er vielleicht manches
von ihr bewahrt, v.a. das Grundelement der Taufe.
Das «Ich» als Spaltwurzel
Die
Reklame für den Individualismus, die Überbetonung des
Eigenwerts und der Eigenständigkeit hat schon
verschiedene Anläufe genommen, um zur Erkenntnis der
Wahrheit zu kommen:
♦
in der
Philosophie: im Empirismus
(alles durch Erfahrung
erkennen), im
Sensualismus
(alles durch menschl. Sinneswahrnehmung),
im Rationalismus
(alles durch die Vernunft)
und in der Aufklärung mit hemmungsloser Kritik gegen die
Kirche.
♦
in der Gesellschaft:
im Liberalismus (alle
gesellschaftlichen Ordnungen inkl. Kirche seien auf der
Freiheit der Individuen begründet).
Was diesen «Freiheitlichen» entgegensteht, wird offen
oder subtil bekämpft und eliminiert.
♦
In der
Religion: die aufgeführten -ismen sind auch
«religiös», weil sie den Einzelmenschen aufrufen, sich
von jeder übergeordneten Bindung freizumachen. Der
Durchbruch des religiösen Individualismus im 16. Jh.
(das
Reformationsgeschehen, bzw. die religiöse Revolution)
löst den Zerfall aus. Der Subjektivismus bricht durch
(es gebe keine religiöse absolute Wahrheit mehr, nur
subjektive Werturteile als Ausfluss inneren Erlebens):
♦
der
Glaube wurde dem Empfinden und der Schriftauslegung
des Einzelnen unterstellt
(nicht mehr der von GOTT
verordneten Lehrgewalt).
Der Schlachtruf «Der Glaube
allein» übertönte die Parole
«Die Schrift allein».
Ausser den «Protest»-Konfessionen der
individual-christlichen Richtung gehen alle Sekten auf
diese Wurzel zurück. Das Individum wird zum Selbstzweck,
der Mensch macht sich zum Mass aller Dinge. Daraus
folgen:
♦
Autonomes
(selbstgebildetes) Gewissen.
♦
Autonomie
der sittlichen Vernunft (letzter Maßstab sei das
jeweils Nützliche bei Lustempfindung, beim Ausleben der
«natürlichen Triebe» usw.).
♦
Absolute
Selbstbestimmung des Einzelnen im Bereich des
Moralischen.
«Lehret sie alles beobachten, was
ich euch geboten habe»
(Mt 28,20);
Christi Wort an Seine Kirche gilt für den religiös
Selbständigen nicht oder nur mit spitzfindigen
Ausnahme-Interpretationen.
Der von diesem «Freidenken» angestrebte Übermensch steht
jenseits von Gut und Böse. Jede kirchliche und göttliche
Bindung ist für ihn ein Hindernis und er wird als
Bekämpfer der kath. Weltkirche zum Helden.
Kennzeichen für Abspaltungen
Das erste
Kennzeichen der meisten Spalter ist, dass sie
protestieren, fast alles bestreiten und oft durch
Leugnen auch bestätigen, so wie Tertullian von allen
Häretikern schrieb: «...glauben und doch nicht
glauben»..., darin verschieden von den Heiden, die
«nicht glauben und doch glauben».
Doch Christus hat Seiner Kirche vier untrügliche
Kennzeichen mitgegeben:
●
sie ist
einzig |
●
sie ist
katholisch |
|
|
●
sie ist
heilig |
●
sie ist
apostolisch. |
Bei der
Beurteilung geht es nicht um die subjektive Haltung der
Gläubigen oder einer Verurteilung der Irrenden, sondern
um die Feststellung des objektiv wahren, von Christus
gewiesenen Weges ohne falsche Rücksichtsnahme. Fehlt nur
ein einziges dieser vier Kennzeichen bei einer
christlichen Gemeinschaft, so kommt sie als wahre Kirche
Christi nicht in Frage. Wer diesen Maßstab ansetzt, wird
immer auf die katholische Kirche stossen, die die von
Christus ausgehende Bewegung als breiter Strom über alle
Jahrhunderte getragen hat und weiter tragen wird. Die
andern «Kirchen» sind Rinnsale, die sich vom Strom
abgezweigt haben und weder an äusserer Fülle noch an
innerer Dynamik mit ihr wetteifern können, sofern sie
nicht versandet oder gar zurückgeflossen sind.
Wer sich
von der Mutterkirche losgesagt hat, geht nicht aller,
aber sehr vieler Gnaden verlustig, die von Christus
ausgehen.
Der
Papst bei einer HI. Messe mit Kardinälen und Bischöfen.
Das grosse katholische Ärgernis besteht darin, dass die
röm.-kath. Kirche sagt, sie allein sei die von Christus
gestiftete Kirche. Der Nachweis der ununterbrochenen
Linie ihrer Gemeinschaft seit Petrus anhand der Bischöfe
von Rom wird von den Gegnern mangels Argumenten
ignoriert, v.a. weil Irenäus v. Lyon ihn schon um 180
erstmals führte. Nichts, was von der HI. Schrift her als
apostolische Tradition bekannt ist, ist in der kath.
Kirche untergegangen.
Einheit in der Verschiedenheit
Die zu
überwindenden Spaltungen dispensieren uns nicht davon,
die Einheit wieder zu finden; denn die Kirche ist nur
Eine. Fehlende Einheit im Glauben, in den Sakramenten
und in den Ämtern sind die Haupthindernisse, die nicht
überwunden werden, wenn Annäherung durch verwässernde
Preisgabe geschieht. «Das was uns gemeinsam ist, ist
mehr hervorzuheben als das, was uns trennt.»
(Paul VI.)
Schuldscheine zerreissen
Mit dem
Bild der zerrissenen Tunika wird die zerspaltene
Christenheit beschrieben. Alle wahren Christen müssen
die Sehnsucht haben, den zerrissenen Rock zu flicken.
Über das Wie wurde schon viel geschrieben und
gesprochen. Eine Sackgasse scheint von vielen erkannt:
mit Schuldzuweisungen ist die Einheit nicht zu
erreichen, denn Schuld tragen alle. Die heutige Schuld
besteht darin, dass das Getrenntsein gerechtfertigt oder
als unabwendbares Übel hingenommen wird. Die Dokumente
des Il. Vatikanums haben einiges in Bewegung gebracht
(Dekret über den
Ökumenismus).
Ökumenisch bedeutet dasselbe wie katholisch:
weltumfassend. Leider schaden jene der wahren Ökumene,
die die Unterschiede in falsch verstandener Toleranz
übersehen, verwässern oder gar den eigenen Glauben
verleugnen. Darum liegen Fortschritte nicht in der
ungestümen Forderung der Interkommunion; denn ein
zwinglianisches Abendmahl
wird nie ein Hl. Messopfer, das «Zentrum» des
katholischen Glaubens, ersetzen
können. Ökumene heisst, die Stärken der anderen
erkennen. Man soll miteinander für die Einheit beten.
Papst Pius XI. gab schon 1925 die Losung:
«Betet um den Völkerfrieden!
Betet um die Rückkehr zur Einheit im Glauben!»
Ökumene heisst aber nie, den eigenen Glauben zu
reduzieren.
Evangelisten - Vorbild für Einheit trotz Verschiedenheit
Die vier
Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes
stammen alle aus dem Nahen Osten, aus derselben Zeit und
Kultur. Trotzdem haben sie dieselbe Unterweisungen
unseres Herrn auf verschiedene Weise geschrieben. Jeder
hielt fest, was ihn besonders beeindruckt hat, und
interpretierte es gemäss seinem Charakter und seiner
Bildung. Die Kirche anerkannte die Rechtmässigkeit
dieser widerspruchslosen Unterschiede. Sie nahm die vier
Evangelien in den Bibelkanon auf. Sie sah in ihnen
ergänzende Berichte, die zusammen das EVANGELIUM JESU
CHRISTI bilden.
Die
Hl. Dreieinigkeit
Fels für Einheit in Verschiedenheit
Die Kirche
kann auch als Bild der Hl. Dreieinigkeit gesehen werden.
Die Väter wiederholen das oft. In ihrem Licht enthüllt
sich die schönste Eigenschaft der Kirche, ihre
Katholizität in ihrem wahren christlichen Sinn.
«Universal» ist zu abstrakt um wiederzugeben, dass
katholisch nicht nur Einheit, sondern auch Vielfalt
umfasst. Katholisch bezeichnet also eine gewisse
Identität von beiden. Dies heisst aber, dass die Kirche
als Ganzes, wie auch in jedem einzelnen ihrer Teile,
katholisch ist. Das schlechthin «katholische» Dogma der
Dreieinigkeit ist das Vorbild, der «Kanon» aller Kanones
der Kirche.
Indem man das «Filioque»
(= Credozusatz «...und
vom Sohne»)
dogmatisierte
(seit Patriarch Photius und Papst Nikolaus I. ein
Kontroversthema zwischen der Ost- u. Westkirche),
schuf man in
den Augen der Byzantiner ein unnötiges Hindernis
(später folgten andere)
für die Einheit. Die Rivalitäten zwischen Rom und Byzanz
führten über z.T. kleinliche Unterschiede zu Gegensätzen
und endeten in Feindschaft und Schisma. Seither gibt es
im Westen den einzigen apostolischen Stuhl von Rom,
während der Osten mehrere apostolische Stühle und damit
Mutterkirchen kennt. Wenn man bedenkt, dass vorwiegend
politische und menschliche Konflikte am Anfang des
Schismas standen, hofft man auf die Bewältigung der
religiösen Streitigkeiten. Haben wir ein Recht, die Zeit
für die Heilung der Sünde dieses Bruches weiter
verstreichen zu lassen? «Wie
lange soll ich euch noch ertragen?» rief
Jesus einst den Gesetzeslehrern zu.
Wahrheit
bedeutet Kampf
Irrtum ist kostenlos
«Das Verlangen,
zur Einheit aller Christen zurückzufinden, ist
eine Gabe Christi und ein Ruf des HI. Geistes»
(Dekret
über den Ökumenismus).
Dazu bedarf es nach dem Weltkatechismus...
♥
...einer
dauernden Erneuerung der Kirche in einer
grösseren Treue zu ihrer Berufung. Diese ist die
Triebkraft der Bewegung hin zur Einheit;
♥
...der
Bekehrung des Herzens, um nach einem reinen
Leben gemäss dem Evangelium zu streben, denn die
Untreue der Glieder gegenüber der Gabe Christi
verursacht die Trennungen;
♥
...des
gemeinsamen Gebets ...;
♥
...der
gegenseitigen brüderlichen Kenntnis;
♥
...der
ökumenischen Bildung der Gläubigen u. v.a.
der Priester;
♥
...des
Gesprächs zwischen den Theologen und ...
♥
...der
Zusammenarbeit in versch. karitativen
Bereichen...
Wir sollten...
♥
...zuerst
eins werden im Glauben.
♥
...zweitens die Einheit in den Sakramenten
finden und...
♥
...drittens die Einheit in den Ämtern
verwirklichen.
Wir sollten nicht...
...durch Gewaltmittel
(auch Geld ist
Gewalt)
die Einheit anstreben...
...oder durch
gemeinsame «Abendmahlfeiern»...
...oder durch öffentliche Streitreden oder....
|
Ökumene ja,
aber richtig verstanden
«Mir geschehe nach Deinem Wort»
(Lk 1,45).
Durch die Zustimmung Marias zur Empfängnis des Kindes
Jesus Christus wurde sie der neue Anfangsteil des neuen
Gottesreiches. Die Kirche ist das sich stets neu
hinzufügende Volk, das nun selber wieder im Mass seiner
Gläubigkeit Christus im HI. Geist empfängt und zur
Strahlungskraft GOTTES wird in der Welt. So wird die
Gottesherrschaft immer weiter ausgedehnt, indem das
himmlische Jerusalem mit Maria als Tochter Zion durch
immer neue aus der Taufe geborene Glaubende unaufhörlich
wächst an Zahl und Vollmacht. Denn hinter der irdischen
Kirche steht die himmlische, von der die irdische der
äusserste Teil der Zweige, der Knospungsort am Baume
ist. In diesem neuen Gottesvolk, der Kirche der
Getauften, wirkt Jesus im Hl. Geist den Glauben, die
Sakramente, die Ämter und die Charismen
( Grafik
unten)
und gerade dadurch macht er sie zu einem geordneten
Volk, zu seinem zusammengefügten einen Leib und zum
Strahlungsort seiner belebenden Kraft in der Welt.
Die Spaltungen
In dieser durch Glauben, Sakramente, Ämter und Charismen
zusammengefügten Kirche hat es immer Unterschiede und
Streitigkeiten gegeben, ähnlich wie in einer geeinten
Familie sich Meinungsverschiedenheiten austragen. Wenn
aber in einer Familie die Uneinigkeit so weit geht, dass
die Glieder auseinanderstreben und nicht mehr
beieinander wohnen, oder die Eltern sich scheiden, so
ist das nicht mehr bloss eine Uneinigkeit, sondern eine
Spaltung. Trotzdem bleiben sie die eine Familie;
es liegt nicht in ihrer Vollmacht, es rückgängig zu
machen, dass Vater und Mutter gemeinsam den Kindern das
Leben gaben und diese unter sich Geschwister sind. Sie
sind, durch eine tragische Schicksals- und
Schuldverwicklung getrennt, trotzdem auf immer die eine
aus GOTT gewordene Familie.
So hat sich im 11. Jh. die eine Kirche in zwei Hälften
abgesondert, die Ost- und die West-Kirche, die in
der Auffassung des Petrusamtes auseinandergehen
(1054).
Die westliche Teilkirche hat sich zur Zeit der
Reformation noch tiefgreifender und in viele Teile
gespaltet. Diese Kirchenteile stimmen
untereinander nicht mehr überein in den Ämtern,
in den Sakramenten und in manchen
Glaubenslehren. Diese Uneinigkeiten wurden nicht
innerhalb der geeinten Kirche ausgetragen, sondern die
Streitenden gingen auseinander, wie es der Vergleich mit
der Familie zeigt. Diese Spaltung wird vor allem darin
offenbar, dass die Getrennten nicht mehr
gemeinsam die Sakramente feiern und dass die Hirten der
Kirche untereinander nicht Gemeinschaft halten und
die Kirche nicht gemeinsam weiden.
Die Frage nach der
Schuld
Wir müssen die Frage nach der Schuld
entkonfessionalisieren. Wie bei jeder Schuld, und ganz
besonders wenn es um eine Schuld in der
Menschheitsgeschichte geht, ist diese unentwirrbar
verfangen in einem Schicksal, d.h. in dem damaligen
Entwicklungszustand, in der Geschichtssituation der
Welt. Die abendländische Christenheit als Ganzes hat
versagt und ist deshalb auseinandergebrochen. Dann
begann das Verhängnis. Beide Teile haben die Spaltung zu
rechtfertigen gesucht. Der röm.-kath. Teil der
auseinandergebrochenen Gesamtkirche hat den Namen
«Kirche» und damit auch die Aussage von ihrer allein
seligmachenden Kraft auf sich zurückgezogen und alle
anderen Christen als ausserhalb der Kirche stehend
betrachtet. Umgekehrt sahen die reformatorischen Teile
der Kirche sich als einen völligen Neubeginn, der am
Urchristentum angeknüpft habe und die dazwischen
liegende röm.-kath. Zeit als Fehlentwicklung ablehnt.
Darum haben sie schliesslich die Trennung als eine
dauernde angeschaut. Dies kam auf beiden Seiten nicht
durch einen Beschluss soweit, sondern durch eine
langsame Auseinanderentwicklung. Die Stellungen haben
sich verhärtet und jeder Teil suchte theologische
Gründe, um das Getrenntsein zu rechtfertigen. So
entstand eine auseinanderstrebende Kontrovers-Theologie.
Der römische Teil der Kirche hat dann auch den Namen
«katholisch» auf sich allein bezogen
(da dieses griech. Wort
allumfassend heisst, ist so das Bewusstsein noch
verstärkt worden, die röm.-kath. Kirche betrachte sich
allein schon als die gesamte Kirche),
weshalb ihr der Vorwurf des Absolutheitsanspruches
gemacht wurde. Soweit aber die röm.-kath. Kirche doch
nicht als das Ganze gesehen war, bekam das Wort
«katholisch» den Sinn einer Konfessionsbezeichnung, was
in sich einen Widerspruch bedeutet. Durch diese
Entwicklung wurden die nicht röm.-kath. Teile der Kirche
in ihrer eigenen Fehlhaltung bestärkt, die Trennung als
endgültig und notwendig anzusehen.
Aber gerade diese Widersprüche haben zu neuen
Überlegungen und neuen Einsichten geführt. In der röm.-kath.
Kirche war man sich im Grunde immer bewusst, dass auch
ausserhalb ihrer juridischen Grenzen die Taufe in den
Leib Christi eingliedert, dass alle an Jesus Christus
lebendig Glaubenden Erlöste sind und deshalb sich auf
dem Wege des ewigen Heiles befinden. Es wurden die
verschiedensten Theorien aufgestellt, durch die
einsichtig werden sollte, wie diese getrennten Christen,
obwohl sie «draussen» sind, doch irgendwie zur Kirche
gehören können. Diese innere Spannung trieb die
Entwicklung weiter, bis schliesslich das 2. Vatikan.
Konzil bekannte: «Den Menschen, die jetzt in solchen
(von der röm.-kath,
Kirche getrennten)
Gemeinschaften geboren sind und in ihnen den Glauben an
Christus erlangen, darf die Schuld der Trennung nicht
zur Last gelegt werden; die katholische Kirche
betrachtet sie als Brüder in Verehrung und Liebe. Sie
sind durch den Glauben in der Taufe gerechtfertigt und
Christus eingegliedert; darum gebührt ihnen der
Ehrenname des Christen, und mit Recht werden sie von den
Söhnen der katholischen Kirche als Brüder im Herrn
anerkannt.» Das Konzil weiss, dass «viele und bedeutende
Elemente oder Güter, aus denen insgesamt die Kirche
erbaut wird und ihr Leben gewinnt», auch den nicht röm.-kath.
Gemeinschaften anvertraut sind, nämlich : «Das
geschriebene Wort Gottes, das Leben der Gnade, Glaube,
Hoffnung und Liebe und andere innere Gaben des HI.
Geistes und sichtbare Elemente; all dieses, das von
Christus ausgeht und zu ihm hinführt, gehört rechtens zu
der einzigen Kirche Christi.»
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